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Was haltet Ihr von Nagels Buch? |
Ich habe es gelesen, das Buch ist grottenschlecht |
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Ich habe es gelesen und fand das Buch anregend aber mit Schwächen |
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Ich habe es gelesen und fand das Buch gut |
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Ich habe es nicht gelesen und werde es aufgrund der wirren Argumentation auch nicht tun |
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Ich möchte es lesen, muss mich wohl aber dazu zwingen |
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Ich möchte es lesen und freue mich schon sehr darauf |
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Nagel und das Thema seines Buch interessieren mich nicht die Bohne |
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Stimmen insgesamt : 20 |
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Autor |
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1903981) Verfasst am: 21.02.2014, 14:48 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe zwar nicht, wie Lesch hier ins Spiel kommt. |
Als Beispiel für einen Wissenschaftler, der wissenschaftliche Theorien und philosophische (und in seinem Fall auch religiöse) Deutungen gern vermischt.
zelig hat folgendes geschrieben: | Du magst ihn nicht, aber vielleicht könnte man würdigen, daß er immerhin ein ausgezeichneter Kommunikator naturwissenschaftlicher Fragestellung ist. |
Ja, das sehe ich auch so. Früher mochte ich ihn sogar, aber seine eitle und pastorale Art trat nach meinem Empfinden immer stärker in den Vordergrund. Der Versuchung, seine persönliche Metaphysik zu vermitteln, ist er inzwischen mE vollständig erlegen.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich werde jedoch skeptisch, wenn in einer Entgegnung Philosophie und Theologie in einen Topf geworfen werden (ich nehme Deinen Text nur exemplarisch, mir scheint das hier ein gängiges Verfahren zu sein). |
"Ein Topf" aber nicht in bezug auf die gesamte Philosophie, sondern nur den einen Aspekt, um den es mir hier ging: ontologische (hier im Sinne von "Sein des Seins"), metaphysische, transendetale Kategorien und nichtüberprüfbare Hypothesen und Voraussetzungen.
zelig hat folgendes geschrieben: | Inhaltlich möchte ich noch schreiben, daß ich nicht im Geringsten sehe, wo der empirisch-reduktionistische Approach ohne ontologische Zusatzannahmen (wie Epiphänomenalismus oder Eliminativismus) auch nur ein Konzept des Geistes erstellen könnten. |
Was heißt hier "nur"? Und was heißt "Konzept"? - Eine Theorie, wie Bewußtsein funktioniert, die zu überprüfbaren Voraussagen führt und evtl. ein Bewußtsein sogar baubar macht - das wäre ja schon ziemlich viel.
zelig hat folgendes geschrieben: | Oder wie Konzepte wie Occams Razor ohne Überlegungen zur Ontologie Bestand haben könnten. |
Occam's Razor als ontologische Voraussetzung ist für die Wissenschaft unnötig. Man sieht das auch daran, daß es in der Wissenschaft eigentlich nicht angewendet wird, nur in der Ontologie bzw. Philosophie. Ich mag Occam's Razor sowieso nicht, denn es ist schlecht begründet.
Wie würde denn z.B. Newtons Gravitationsgesetz ohne Occams Razor aussehen? Sagen wir, es hätte zusätzliche, sich herauskürzende mathematische Terme - um die rauszukürzen, brauche ich aber Occams Razor nicht - sondern es geht rein pragmatisch um eine elegante aber äquivalente Darstellung.
zelig hat folgendes geschrieben: | Und wie zum jetzigen Zeitpunkt (und womöglich für immer), eine Position zu den unterschiedlichen viele-Welten Theorien gefunden werden soll. Das sind Wechsel, die nicht eingelöst werden - aber es wird der Eindruck erweckt, als wäre dem so. |
Bei dem Punkt bin ich selbst aber auch vorsichtig - ich meine zwar, daß es letztlich nicht nur eine Ontologie sein wird, sondern eine Theorie, aber ich gebe zu, daß man das jetzt nur schlecht belegen kann - deswegen "Interpretation".
zelig hat folgendes geschrieben: | Es sei noch gesagt, daß ich damit in keiner Weise die Beutung der empirischen Wissenschaften schmälere. Im Gegenteil glaube ich, daß man für ihre Bedeutung wirbt, wenn man ihre Grenzen aufzeigt. |
Grenzen der Wissenschaft einzusehen habe ich denke ich weniger ein Problem, eher mit der Behauptung, Ontologie und Metaphysik könnten jenseits dieser Grenzen etwas Wesentliches aussagen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1904220) Verfasst am: 22.02.2014, 20:46 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Inhaltlich möchte ich noch schreiben, daß ich nicht im Geringsten sehe, wo der empirisch-reduktionistische Approach ohne ontologische Zusatzannahmen (wie Epiphänomenalismus oder Eliminativismus) auch nur ein Konzept des Geistes erstellen könnten. |
Was heißt hier "nur"? Und was heißt "Konzept"? - Eine Theorie, wie Bewußtsein funktioniert, die zu überprüfbaren Voraussagen führt und evtl. ein Bewußtsein sogar baubar macht - das wäre ja schon ziemlich viel. |
Eine erste Anlaufstelle, um sich ein Bild vom Bewußtsein zu machen, ist ein Vergleich von Hirnströmen und -kaskaden während einer Narkose, während Wachseins, Schlafens und Träumens. Narkose schaltet das Bewußtsein aus, zeitgleich verschwinden manche Aktivierungsmuster. Damit ist überprüfbar gezeigt, daß Bewußtsein mit "rhythmisierten/synchronisierten" Signalkaskaden zu tun hat.
Die zweite Anlaufstelle ist ein Blick in Richtung KI, wie man Information und Bedeutung darstellen kann. Ganz salopp und unvollständig gesagt gibt es zwei Ansätze in der KI: einen formalen Ansatz und einen "erlebnisbasierten Ansatz".
Witziger Weise taugt diese Unterscheidung dazu, die Meinungsverschiedenheiten der Ontologie- und der Empiriker-Fraktion etwas näher zu beleuchten. Sonst hätte ich das nicht so langwierig ausgebreitet.
Formaler Ansatz (klassiche KI)
Wissen liegt in Form von Regeln, Fakten und Relationen vor. Damit kann man einen Entscheidungsbaum bauen, den man durchlaufen muß, um eine bestimmte Aussage abzuleiten. Beispiel:
Code: | Relation:
Ein Auto ist ein Fahrzeug.
Ein Auto hat einen Tank.
Regel:
Wenn der Tank leer ist, fährt das Auto nicht.
Wenn das Auto fährt, verringere den Tankinhalt dem Verbrauch entsprechend.
Fakt:
Tank hat 10% Füllstand.
Auto verbraucht 7l / 100 km |
Dieser Ansatz funktioniert ganz gut, wenn die beschriebene Welt klein bleibt. Das war's dann aber auch schon.
Zählen und Merken (Neuronale Netze, Künstliches Leben)
Code: | - Zähle, wie oft du Autos siehst, welche davon Tanks hatten, wie deren Füllstand war, wie weit sie damit noch fuhren, oder ob sie bereits standen.
- Verknüpfe alle Zähleinheiten
- Finde Korrelationen.
- Verrechne Zahlen und Korrelationen zu einer Gewichtung.
- Speichere die Gewichtung in der jeweiligen Verknüpfung. Die Zahlen vergiß.
- Wiederhole den Vorgang, bis du genug Autos und Tanks gesehen hast und die Gewichte sich stabilisieren. |
Die Formalisten haben offensichtlich ontologische Probleme. "Fahrzeug", "Auto", "Tank" sind nur durch weitere Regeln, etc. genauer festlegbar. Deshalb neigen Formalisten zur Aussage, wir wüßten wir nichts über die Welt. Die Zahl der notwendigen Festlegungen steigt ins Unermessliche, sobald man nicht nur eine Spezialwelt beschreiben möchte.
Die "Zähler und Merker" haben das Problem nicht. Sie brauchen nicht zu wissen, was ein Auto wirklich ist. "Auto" ergibt sich von selbst aus den Relationen, Regeln und Fakten, die in den Gewichtungen gespeichert, aber nicht in Stein gemeißelt sind. Inhaltlich ergibt sich das gleiche wie in der formalen Darstellung. Es war jedoch kein Vorwissen nötig, und keine Ontologie, um dieses Weltwissen zu erlangen. Das ist analog zu dem, was die Empirie-Fraktion behauptet zu tun.
zelig hat folgendes geschrieben: | Und wie zum jetzigen Zeitpunkt (und womöglich für immer), eine Position zu den unterschiedlichen viele-Welten Theorien gefunden werden soll. Das sind Wechsel, die nicht eingelöst werden - aber es wird der Eindruck erweckt, als wäre dem so. |
Ich würd' auf Bargeld bestehen.
Der Unterschied zwischen gut bestätigter Theorie, mehr oder weniger schlüssig begründeter Hypothese und wilder Spekulation verschwimmt in der medialen Wiedergabe gelegentlich.
Forscher haben ein Interesse, ihr Projekt in ein möglichst gutes Licht zu rücken. Ob immer drin ist, was drauf steht, darf bezweifelt werden. Die Wissenschaftsjournalisten der Tageszeitungen und Magazine schreiben naturgemäß gerne über Spektakuläres. Leider sind die Inhalte moderner Forschung nur mit einem gehörigen Maß an Grundwissen zu verstehen, Übertragunsfehler schleichen sich ein oder hinkende Analogien. So entsteht ein Hype um gewisse Themen und der Eindruck, die Beute sei schon erlegt, man müsse sie nur noch verteilen.
Stringtheorie, SUSY, Multiversen, viele-Welten-Interpretation: nichts davon hat auch nur ein einziges Resultat. Diese Thesen sind in der Diskussion überrepräsentiert.
zelig hat folgendes geschrieben: | Es sei noch gesagt, daß ich damit in keiner Weise die Beutung der empirischen Wissenschaften schmälere. Im Gegenteil glaube ich, daß man für ihre Bedeutung wirbt, wenn man ihre Grenzen aufzeigt. |
Gut, dann kommt jetzt Werbung.
Grenzen der Wissenschaft. Wo siehst du die?
1) Welt grundsätzlich unverständlich (Begründung bitte nachreichen, mir fällt nichts ein.)
2) Welt grundsätzlich verstehbar, aber Mensch zu dumm
3) Welt verstehbar. Aber wesentliche Tatsachen liegen hinter Horizonten (Big Bang, zukünftiger Ausdehnungs-Horizont) und sind damit verloren. Für die Alltagsphysik bis zur Ebene von Galaxiehaufen nicht relevant. Aber womöglich keine Antwort mehr auf allerletzten Fragen.
4) Welt verstehbar, aber Meßtechnik ausgereizt. Verbesserungen kommen immer seltener. Ein noch größerer Beschleuniger bräuchte mehr Energie, als unser Sonnensystem zur Verfügung stellt.
5) Welt verstehbar, Meßtechnik grundsätzlich machbar, aber niemand kann oder will das bezahlen.
3, 4 und 5 finde ich plausibel. Aber ob das gemeint ist, wenn von den Grenzen der Wissenschaft die Rede ist?
step hat folgendes geschrieben: | Grenzen der Wissenschaft einzusehen habe ich denke ich weniger ein Problem, eher mit der Behauptung, Ontologie und Metaphysik könnten jenseits dieser Grenzen etwas Wesentliches aussagen. |
Ontologie und Metaphysik sagen wegen dieseits noch jenseits etwas aus. Gibt es einen Satz aus Ontologie oder Metaphysik, die man in das oben skizzierte formale Model einbauen kann, so daß neue Schlüsse möglich sind? Mir fällt nichts ein. Beispiele willkommen.
Metaphysik kann vielleicht ein Forschungsprogramm inspirieren, das fällt mir noch ein.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1904222) Verfasst am: 22.02.2014, 21:06 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Die Formalisten haben offensichtlich ontologische Probleme. ... |
Man könnte diese Probleme auch als praktische Probleme ansehen. Der Regel-Ansatz auf höherer Ebene taugt bei höherer Komplexität nicht, wohl dagegen einer, der auf niedrigerer Ebene simuliert und bei dem sich die "Regeln" implizit einstellen.
smallie hat folgendes geschrieben: | Gibt es einen Satz aus Ontologie oder Metaphysik, die man in das oben skizzierte formale Model einbauen kann, so daß neue Schlüsse möglich sind? Mir fällt nichts ein. |
Mir auch nicht.
smallie hat folgendes geschrieben: | Metaphysik kann vielleicht ein Forschungsprogramm inspirieren, das fällt mir noch ein. |
Das kann Alkohol auch.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1904260) Verfasst am: 23.02.2014, 02:44 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Eine erste Anlaufstelle, um sich ein Bild vom Bewußtsein zu machen, ist ein Vergleich von Hirnströmen und -kaskaden während einer Narkose, während Wachseins, Schlafens und Träumens. Narkose schaltet das Bewußtsein aus, zeitgleich verschwinden manche Aktivierungsmuster. Damit ist überprüfbar gezeigt, daß Bewußtsein mit "rhythmisierten/synchronisierten" Signalkaskaden zu tun hat.
Die zweite Anlaufstelle ist ein Blick in Richtung KI, wie man Information und Bedeutung darstellen kann. Ganz salopp und unvollständig gesagt gibt es zwei Ansätze in der KI: einen formalen Ansatz und einen "erlebnisbasierten Ansatz".
Witziger Weise taugt diese Unterscheidung dazu, die Meinungsverschiedenheiten der Ontologie- und der Empiriker-Fraktion etwas näher zu beleuchten.  |
Vorweg: ich habe nicht die ganze Diskussion gelesen, daher mögen meine Anmerkungen etwas OT sein, in dem Falle bitte ich, das zu entschuldigen.
Nach meiner (philosophischen Laien-) Ansicht behandelt Ontologie schlicht die Frage, was es gibt. Außerdem meine ich, dass jemand bei bestimmten Behauptungen ontologische Verpflichtungen eingeht. Und ich meine daher auch, dass jeder eine Ontologie vertritt, entweder implizit oder explizit. Besser wäre jedoch, (finde ich zumindest), wenn er das explizit täte, d.h. sich selber ob seiner zugrundegelegten ontologischen Annahmen bewusst wäre.
Daher gibt es mE auch keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen einer "Empiriker-" und einer "Ontologie-Fraktion". Auch Empiriker haben eine (wenngleich evtl. lediglich unbewusste) Ansicht darüber, was sie als existent und was sie als nicht existent ansehen. Denn es ergäbe logischerweise keinen Sinn, wenn Empiriker etwas ihrer Ansicht nach Nicht-Existentes empirisch untersuchen würden. Denn etwas Nicht-Existentes kann logischerweise nicht empirisch untersucht werden.
Zum Beispiel: jemand, der von Bewusstsein redet, von Schlaf, von Narkose, von Traum, von Signalen, von Aktivierungsmustern und dies empirisch untersuchen will, nimmt unweigerlich an, dass das von ihm Untersuchte existiert.
Ich hielte es nun für einen performativen Widerspruch, wenn jemand behauptete, er habe mit Ontologie nichts am Hut, würde keine ontologischen Annahmen treffen. Sogar der Extrem-Solipsist trifft eine ontologische Annahme, (nämlich die, dass nichts außer seinem Hier-und-Jetzt-Erleben existiert).
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1904261) Verfasst am: 23.02.2014, 06:34 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Die Formalisten haben offensichtlich ontologische Probleme. ... |
Man könnte diese Probleme auch als praktische Probleme ansehen. Der Regel-Ansatz auf höherer Ebene taugt bei höherer Komplexität nicht, wohl dagegen einer, der auf niedrigerer Ebene simuliert und bei dem sich die "Regeln" implizit einstellen. |
Ich hatte zwei Absätze im Beitrag, die ein klein bisschen in die Richtung gingen, hab' sie aber wieder rausgenommen, weil sie den Lesefluß störten und ganz einfach zu viel waren.
Hab's angefügt. Und etwas erweitert.
Wenn zelig "Konzept" sagt, dann löst das bei mir zwei Assoziationen aus: Plan und TopDown.
Bei Nagel ist zuerst Geist als Konzept da, später sucht er sich einen Weg in die Welt und die die Gehirne. So läufts aber nicht. In der Natur läuft es anders herum: von einfachen, kleinen zu großen, komplexen Strukturen. Bottom-Up. Gilt zumindest für die Jahrmilliarden mit Sonnenschein. Läßt sich vermutlich auch theoretisch begründen: die Gesamtentropie nimmt zu, dafür dürfen Strukturen fern des thermodynamischen Gleichgewichts bergauf laufen. Siehe Ila Prygone und die Dissipativen Strukturen.
Die Behauptung, daß zuerst das Komplexe war, ist ontologisch teuer, sie braucht einen theoretischen Rahmen, den es noch nicht gibt, irgendwas wie Entropie- oder Zeitumkehr. Wer so tief in die Trickkiste greift, braucht einen wirklich guten Grund.
Nagel kann sich nicht vorstellen, daß Geist allmählich in der Welt entstehen könne. Also müsse es Geist als Urgröße geben. Damit hat Nagel das Problem nur vergrößert. Die Erklärungslücke, die er beim Lokal-Geist im Gehirn sieht, hat er zeitlich einfach auf den Anfang geschoben.
- Die Lage analog zum Argument mit Gott, der Evolution und dem Jumbo-Jet. Das kommt davon, wenn man zu langen mit diesen Kreationisten zusammensitzt -
Zusätzlich müßte Nagel noch erklären, wie Geist es schafft, sich in den Gehirnen von Menschenkindern einzunisten. Dazu hätte Nagel aber schon was schreiben können. Etwa derart: Geist weiß, wie es um die Gehirnentwicklung eines Kindes bestellt ist. Kinder mit Hirnschädigung verschmäht er. Schlaganfallpatienten mag er auch nicht so gern, zumindest vorübergehend. So ein gemeiner Geist! Das wäre nun eine bahnbrechende Erkenntnis gewesen.
Wie verhält es sich mit dem Geist? Wo findet man ihn? Ist Geist gleichmäßig im All verteilt? Oder bevorzugt er Planeten? Liegt Geist also auch auf dem Mars herum? Glücklicherweise gibt es auf Erden genug Geist, um die Gehirne von 7 Mrd. Menschen zu füllen. Als es nur eine Million Menschen gab, erhielten diese aber nicht siebentausend mal mehr Geist. Wie viel Geist jemand erhält, muß von dem umstrittenen Faktor abhängen, der besagt, Intelligenz sei zu soundsoviel Prozent erblich. Mist, jetzt geht diese Diskussion wieder los.
Ist schon erstaunliches Zeug, dieses Geist. Um sein Wirken zu verstehen, muß man sehr genau über das Gehirn bescheid wissen. So wie Geist eben auch immer alles über sein Gastgehirn weiß. Man könnte glatt auf die Idee kommen, es reichte, nur vom Gehirn zu sprechen.
zelig hat folgendes geschrieben: | Inhaltlich möchte ich noch schreiben, daß ich nicht im Geringsten sehe, wo der empirisch-reduktionistische Approach ohne ontologische Zusatzannahmen (wie Epiphänomenalismus oder Eliminativismus) auch nur ein Konzept des Geistes erstellen könnten. |
Die Dinge der Welt existieren unabhängig davon, ob wir ein Konzept von ihnen haben.
Ein paar Zahlen, um die Größenordnungen deutlich zu machen:
100 Mrd Gehirnzellen
10 Schaltvorgänge pro Sekunde
=
1 Terabyte/s
Eine ganz fürchterliche Milchmädchenrechnung:
- aus der Einheit 8 Byte pro Schaltvorgang geklaut Das ist schlampig, weil das Gehirn kein Digitalrechner ist.
- 10 Schaltvorgänge/s ist die untere Grenze. Hab auch schon 1000/s gelesen.
- Einzelne Hirnzellen sind mit bis zu tausend anderen verknüpft. Da könnten nochmal ein paar Größenordnungen versteckt sein.
Ich hätte auch Petabyte/s sagen können. Allzu wörtlich darf man die Zahlen nicht nehmen, wegen Analogrechner und weil alles sicher viel komplizierter ist, als ich weiß.
Noch eine Zahl:
Wieviele künstliche Neuronen braucht man für eine Ziffernerkennung? 5*7 Zellen entsprechend einer alten Ziffern-Matrix und 10 Zellen für die 10 Ziffern.
Ein Netz aus 45 simpel gestrickten künstlichen Neuronen kann Ziffern erkennen.
Preisfrage: was können 100 Mrd. Neuronen?
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1904263) Verfasst am: 23.02.2014, 07:33 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich hielte es nun für einen performativen Widerspruch, wenn jemand behauptete, er habe mit Ontologie nichts am Hut, würde keine ontologischen Annahmen treffen. Sogar der Extrem-Solipsist trifft eine ontologische Annahme, (nämlich die, dass nichts außer seinem Hier-und-Jetzt-Erleben existiert). |
Das ist ein schönes Beispiel wie sehr diese ontologischen Sophistereien zur Vernichtung jeder Wahrheit beitragen.
Die Welt eines selbsterklärten Solipsisten ändert sich nicht, egal wie oft er seine neue Ontologie verkündet oder ablegt. Seine Nachbarn sind immer noch seine Nachbarn, seine Kollegen sind immer noch seine Kollegen. Und so weiter.
Denk an das obige Beispiel mit der formalen Logik. Es gibt keinen Weg, Solipsismus so einzubauen, daß sich etwas ändert.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1904265) Verfasst am: 23.02.2014, 09:30 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nach meiner (philosophischen Laien-) Ansicht behandelt Ontologie schlicht die Frage, was es gibt. |
Ja, aber die Frage ist, ob dieses "existieren" in einem guten Modell eher die Rolle einer metaphysischen Deutung oder die einer notwendigen Voraussetzung einnimmt. Ich behaupte Ersteres.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Denn es ergäbe logischerweise keinen Sinn, wenn Empiriker etwas ihrer Ansicht nach Nicht-Existentes empirisch untersuchen würden. Denn etwas Nicht-Existentes kann logischerweise nicht empirisch untersucht werden. |
Hier steckst Du jedoch in "Nicht-Existentes" bereits die Annahme hinein, daß wir ein gutes Modell haben, in dem dieses nicht vorkommt. Und es wäre diese Tatsache, die eine Untersuchung mglw. nutzlos erscheinen liesse.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Sogar der Extrem-Solipsist trifft eine ontologische Annahme, (nämlich die, dass nichts außer seinem Hier-und-Jetzt-Erleben existiert). |
In diesem Fall wirkt der Solipsist als Ontologe (siehe smallies Einwand), es sei denn er schafft es, dies nicht als reine metaphysische Annahme zu treffen, sondern als prüfbare Hypothese aufzustellen, die er in einem entsprechenden Modell operationalisiert.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1904282) Verfasst am: 23.02.2014, 12:36 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Nach meiner (philosophischen Laien-) Ansicht behandelt Ontologie schlicht die Frage, was es gibt. Außerdem meine ich, dass jemand bei bestimmten Behauptungen ontologische Verpflichtungen eingeht. Und ich meine daher auch, dass jeder eine Ontologie vertritt, entweder implizit oder explizit. Besser wäre jedoch, (finde ich zumindest), wenn er das explizit täte, d.h. sich selber ob seiner zugrundegelegten ontologischen Annahmen bewusst wäre.
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Sorry, aber ich bin anderer Ansicht. Ich halte "Seins"-Fragen für reine Metaphysik. Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht. Ich halte es auch für illusorisch, in Erkenntnisfragen nach einem "archimedischen Punkt" gewissermaßen außerhalb oder unabhängig von uns selbst zu suchen.
Philosophie ist eine Weltanschauung, oder genauer gesagt, ein Sammelbegriff für viele, unterschiedliche Weltanschauungen. Sie haben ein paar Gemeinsamkeiten, und viele, viele Unterschiede. Ein Aspekt der Philosophie, mit denen wir uns hier wohl wesentlich beschäftigen, ist der Versuch, sich durch reines Nachdenken in dieser Welt zu orientieren. Ich habe nicht den Eindruck, dass uns diese Art von Bemühungen in den Jahrhunderten, in denen sie betrieben wird, wesentlich weiter gebracht hat. Weder hat es zu den Gewissheiten geführt, nach denen die Menschen suchen, noch hat es zu irgendwelchen neuen Erkenntnissen geführt.
Statt dessen ist menschlicher Erkenntnisgewinn in der Praxis offenbar eine wechselnde Folge von Tatsachenbeobachtungen und Modellbildung. Jeder Tatsachenbeobachtung liegt ein Modell zu Grunde, und jedem Modell, wenn es nicht eine reine Fantasievorstellung ist, mehr oder weniger gesicherte Tatsachen, wobei diese Modelle aus einer Mischung von realistischen und Fantasievorstellungen bestehen. Es gibt keinen absoluten Anfang, und vermutlich auch kein Ende. Der ein oder andere mag eine bestimmte Art von Weltanschauung als Grundlage seiner gedanklichen Bemühungen betrachten, aber erstens ist nicht klar, welchen Einfluss das auf die Ergebnisse hat, wie gesagt, Newton war Alchimist, und zweitens dürfte das meistens nicht wirklich die Grundlage geistiger Arbeit sein, sondern eine nachträgliche Rationalisierung.
Sicher beginnt jeder von uns an irgendeiner Stelle mit seiner gedanklichen Arbeit, aber je nachdem, ob man ein Physiker, Biologen oder Soziologie ist, ist dieser Punkt ein anderer. Die Behauptung, dies alles müsste mit einer bestimmten Form von Philosophie beginnen, ist eine Weltanschauung, die ich nicht teile. Vielmehr scheint es mir darum zu gehen, emotionale Bedürfnisse zu befriedigen, die ich so nicht habe. Erkenntnisgewinn im Sinne von vermehrtem Tatsachenwissen ist es jedenfalls erkennbar nicht.
Noch ein Wort zum Schluss: ich habe nichts gegen Weltanschauungen, egal ob Religion oder Philosophie, solange niemand versucht, sie mir aufzunötigen, oder andere sonst wie darunter zu leiden haben. Allerdings reagiere ich ein wenig ungehalten, wenn jemand versucht, mir eine Weltanschauung zu unterstellen, die ich nicht habe, egal ob man mich zum „anonymen Christen“, oder zum „anonymen Metaphysiker“ zu machen versucht.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1904332) Verfasst am: 23.02.2014, 17:30 Titel: |
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben: | Nur falls es jemanden interessieren sollte, ich habe eine Rezension zu Nagels Buch geschrieben. |
Etwas spät im Thread noch Anmerkungen zu einer Stelle daraus. Knüpft nahtlos an das oben kurz angesprochene Thema "Grenzen der Wissenschaft".
Alle Zitate aus El Schwalmos Rezension.
Zitat: | Diese Kritik an den Naturwissenschaften überzeugt deshalb nicht, weil Nagel als Rationalist zusätzlich fordert, dass das Universum letztlich intelligibel sein muss und dass Erklärungen zeigen können müssen, dass der aktuell vorliegende Endzustand einer Entwicklung wahrscheinlicher ist als alle anderen Alternativen. Im Bereich der Naturwissenschaften hat man sich von dieser Art Erklärung aber längst verabschiedet, vor allem weil aufgrund der historischen Zufälligkeiten, die im Laufe einer Entwicklung Einfluss nehmen können, die Evolution eines Systems zwar nachträglich im Einklang mit den Naturgesetzen beschrieben, aber nicht vorhergesagt werden kann.
Als Beispiel soll der Befund dienen, dass eine Frau zwei Mädchen geboren hat. Aufgrund der Gesetze der Vererbung lässt sich angeben, was alles passiert sein musste, damit zwei Mädchen geboren werden konnten, man kann sogar berechnen, wie wahrscheinlich das war. Mehr als diese Beschreibung kann eine naturwissenschaftliche Erklärung aber nicht leisten. Niemand konnte voraussagen, dass die Frau tatsächlich zwei Mädchen zur Welt bringen wird. Selbst wenn die Frau zwei Mädchen geboren hat, ist es nicht möglich, zu zeigen, dass dieser Fall wahrscheinlicher war als die Geburten beispielsweise eines Mädchens und eines Jungen.
Letztlich muss immer wieder konstatiert werden, dass bestimmte Phänomene „einfach so“ vorliegen, ohne dass ein Grund dafür genannt werden kann.
http://www.miz-online.de/node/416 |
Für ein Erklärung des intelligibel-Begriffs wäre ich dankbar. Naturwissenschaftler erwarten nicht, daß das Universum intelligibel ist? Dann weiß ich nicht, was das bedeuten soll.
Zitat: | Diese Kritik an den Naturwissenschaften überzeugt deshalb nicht, weil Nagel als Rationalist zusätzlich fordert, dass das Universum letztlich intelligibel sein muss und dass Erklärungen zeigen können müssen, dass der aktuell vorliegende Endzustand einer Entwicklung wahrscheinlicher ist als alle anderen Alternativen. |
Eine starke Forderung.
*smallie nimmt einen Würfel. Würfelt. Es fällt die Fünf*
Verflixt, jetzt kann ich aus dem Stegreif nicht erklären warum die Vier ausgeblieben ist. Folge ich dem Zitat, ist das Universum ab sofort unintelligibel!
Was immer das heißen mag. Im Prinzip weiß man, wie Würfel fallen. Es fehlt nur der Apparat, der Würfel und Tischoberfläche misst und beim Wurf Abwurfdrall, Abwurfgeschwindigkeit und Abwurfwinkel des Würfels feststellt. Da ein Würfelwurf kein hochgradig chaotisches System ist wie ein Doppelpendel, denke ich, daß mit geeigneter Technik berechnet werden kann, welche Seitenach oben fällt. Es macht halt niemand, weil man daraus nichts lernen kann - außer man wollte lernen, wie man Meßapparate baut.
Zitat: | Im Bereich der Naturwissenschaften hat man sich von dieser Art Erklärung aber längst verabschiedet, vor allem weil aufgrund der historischen Zufälligkeiten, die im Laufe einer Entwicklung Einfluss nehmen können, die Evolution eines Systems zwar nachträglich im Einklang mit den Naturgesetzen beschrieben, aber nicht vorhergesagt werden kann. |
*smallie legt Würfel weg, holt sich einige Gasriesen*
Es dürfte schwer fallen, aus der heutigen Position von Jupiter, Saturn und den ferner liefen noch sagen zu können, welcher Körper im jungen Sonnensytem mit welchem kollidiert ist. Historische Zufälligkeiten. Aber wo ist das Problem? Ist deshalb das Gravitationsgesetz falsch?
Was haben historische Ereignisse mit Naturgesetzen zu tun? Dem Naturgesetz kann es egal sein, wie die Geschichte verläuft. Die Geschichte folgt den Naturgesetzen, unabhängig von den geschichtlichen Ereignissen.
Zitat: | Als Beispiel soll der Befund dienen, dass eine Frau zwei Mädchen geboren hat. Aufgrund der Gesetze der Vererbung lässt sich angeben, was alles passiert sein musste, damit zwei Mädchen geboren werden konnten, man kann sogar berechnen, wie wahrscheinlich das war. Mehr als diese Beschreibung kann eine naturwissenschaftliche Erklärung aber nicht leisten. |
Mehr? Wir sind doch schon fertig.
Eine Erklärung ist ausreichend, wenn sie den ultimate cause nennt. El Schwalmo kennt das bestimmt, für Mitleser sollte ich es kurz erklären.
ULTIMATE vs. PROXIMATE CAUSE - LETZLICHER GRUND und STELLVERTRETERGRUND
F: Warum ging die Titanic unter?
A: sie schrammte einen Eisberg.
F: Warum schrammte sie einen Eisberg?
A: Sie fuhr zu schnell, um ihm ausweichen zu können
F: Warum fuhr sie so schnell?
A: Der Kapitän hat es angeordnet, die Reederei wollte das Blaue Band holen.
Für den Inhalt übernehme ich keine Gewähr, aber die Botschaft sollte klar sein: die letzte Antwort entspricht ultimate cause, die vorigen nur Stellvertretergründen.
Das Beispiel lädt dazu ein, weiter zu fragen, warum die Reederei das angeordnet hat. Das habe ich absichtlich aus didaktischen Gründen so gemacht. Nicht etwa, weil mir gerade nichts besseres einfiel.
Zurück zu den Geschlechterverhältnissen. Der eigentliche Grund für die Geschlechterverhältnisse ist dieser:
Code: | GESCHLECHTERVERHÄLTNIS BEI INDIVIDUALSELEKTION
Nehmen wir zwei Mütter A und B. Jede soll 10 Kinder haben.
A gebärt männliche und weibliche Kinder im Verhältnis 1:1
B gebärt männliche und weibliche Kinder im Verhältnis 1:9
A gebiert also 5 Töchter und 5 Söhne.
B gebiert 9 Töchter und 1 Sohn.
Macht 14 Töchter und 6 Söhne insgesamt.
In der nächsten Generation soll jede Tochter wieder 10 Kinder haben, macht 140 Kinder insgesamt. Damit hätte ein Sohn im Schnitt 140/6 = 23 Kinder.
Großmutter A hätte 5 * 10 + 5 * 23 = 165 Enkel.
Großmutter B hätte 9 * 10 + 1 * 23 = 113 Enkel.
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http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1803772#1803772
Unterschiedliche Sterberate zwischen männlichen und weiblichen Nachkommen müßten noch mit rein, wenn man es ganz genau haben will. Bei manchen Insekten läuft das anders, steht im Link.
Nachdem das geklärt ist, kann ich meine Frage wiederholen:
Zitat: | Mehr als diese Beschreibung kann eine naturwissenschaftliche Erklärung aber nicht leisten. |
Was fehlt noch? Die eigentliche Ursache ist benannt.
Zitat: | Niemand konnte voraussagen, dass die Frau tatsächlich zwei Mädchen zur Welt bringen wird. |
Ja wie denn auch?
Wie viele Spermien enthält ein Ejakulat? Eine zweistellige Millionenzahl. Und jetzt möchtest du, daß Wissenschaft in der Lage ist, vorauszusagen, welches Spermium zuerst die Eizelle erreicht, und ob es ein x oder ein y-Chromosom trägt?
Zitat: | Selbst wenn die Frau zwei Mädchen geboren hat, ist es nicht möglich, zu zeigen, dass dieser Fall wahrscheinlicher war als die Geburten beispielsweise eines Mädchens und eines Jungen. |
Natürlich nicht. Der Fall ist unwahrscheinlicher.
Mögliche Geschlechterverteilung bei zwei Geburten:
Code: |
J J (1/4)
J M (1/4)
M J (1/4)
M M (1/4) |
Wahrscheinlichkeit für zwei Jungs oder zwei Mädel: je ein Viertel.
Wahrscheinlichkeit für Junge und Mädel: ein Halb.
Zitat: | Letztlich muss immer wieder konstatiert werden, dass bestimmte Phänomene „einfach so“ vorliegen, ohne dass ein Grund dafür genannt werden kann. |
Wenn du mich jetzt frägst, warum Massen träge sind, dann muß ich passen. Ist halt so.
Die Frage nach den Geschlechterverhältnissen hingegen ist ursächlich geklärt. Im Sinne von ultimate cause.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1904352) Verfasst am: 23.02.2014, 19:01 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: |
zelig hat folgendes geschrieben: | Es sei noch gesagt, daß ich damit in keiner Weise die Beutung der empirischen Wissenschaften schmälere. Im Gegenteil glaube ich, daß man für ihre Bedeutung wirbt, wenn man ihre Grenzen aufzeigt. |
Gut, dann kommt jetzt Werbung. :mrgreen:
Grenzen der Wissenschaft. Wo siehst du die? |
Da Wissenschaft methodisches Vorgehen bedeutet, dort wo die zu untersuchende Sache sich der Methodik entzieht. Dagegen ziehen wir die Grenzen zu den empirischen Wissenschaften dort, wo sie keinen Bezug zur einer Erfahrung haben. In der Mathematik etwa, oder der Logik.
smallie hat folgendes geschrieben: |
1) Welt grundsätzlich unverständlich (Begründung bitte nachreichen, mir fällt nichts ein.)
2) Welt grundsätzlich verstehbar, aber Mensch zu dumm
3) Welt verstehbar. Aber wesentliche Tatsachen liegen hinter Horizonten (Big Bang, zukünftiger Ausdehnungs-Horizont) und sind damit verloren. Für die Alltagsphysik bis zur Ebene von Galaxiehaufen nicht relevant. Aber womöglich keine Antwort mehr auf allerletzten Fragen.
4) Welt verstehbar, aber Meßtechnik ausgereizt. Verbesserungen kommen immer seltener. Ein noch größerer Beschleuniger bräuchte mehr Energie, als unser Sonnensystem zur Verfügung stellt.
5) Welt verstehbar, Meßtechnik grundsätzlich machbar, aber niemand kann oder will das bezahlen.
3, 4 und 5 finde ich plausibel. Aber ob das gemeint ist, wenn von den Grenzen der Wissenschaft die Rede ist? |
Diese Alternativen setzen bei einer anderen Frage an, nämlich ob die Welt intelligibel ist. Ehrlich gesagt habe ich dazu keinen festen Standpunkt. Meine Alltagsintuition sagt mir aber, daß a) ich die Welt sowieso unverständlich finde, und b) es möglicherweise in der Natur unseres Zugangs zur Wirklichkeit liegt, die es ausschließt, sie jemals ohne Rest modellieren zu können.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1904465) Verfasst am: 24.02.2014, 18:33 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht. Ich halte es auch für illusorisch, in Erkenntnisfragen nach einem "archimedischen Punkt" gewissermaßen außerhalb oder unabhängig von uns selbst zu suchen. |
Dass es "uns selbst" gibt, weisst du also dementsprechend schon?
Sobald jemand behauptet, er wüsste nicht, was es gibt, steht er schon mit mindestens einem Bein im performativen Widerspruch.
Philosophie ist u.A. auch das Aufdecken impliziter Reflexivität. Und der Nutzen davon ist, dass man nicht versehentlich Unsinn redet.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1904466) Verfasst am: 24.02.2014, 19:00 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht. Ich halte es auch für illusorisch, in Erkenntnisfragen nach einem "archimedischen Punkt" gewissermaßen außerhalb oder unabhängig von uns selbst zu suchen. |
Dass es "uns selbst" gibt, weisst du also dementsprechend schon?
Sobald jemand behauptet, er wüsste nicht, was es gibt, steht er schon mit mindestens einem Bein im performativen Widerspruch.
Philosophie ist u.A. auch das Aufdecken impliziter Reflexivität. Und der Nutzen davon ist, dass man nicht versehentlich Unsinn redet. |
Oh, sind wir jetzt auf der Ebene von Sofistereien? Ich dachte, zu behaupten, daß es "uns selbst" gibt, sei naiver Realismus. Aber du hast mich natürlich genau verstanden, nicht wahr?
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1904470) Verfasst am: 24.02.2014, 19:31 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich halte "Seins"-Fragen für reine Metaphysik. Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht. Ich halte es auch für illusorisch, in Erkenntnisfragen nach einem "archimedischen Punkt" gewissermaßen außerhalb oder unabhängig von uns selbst zu suchen. |
Du kannst zumindest nicht die Existenz deiner Bewusstseinserfahrungen, deiner Erlebnisse bezweifeln oder bestreiten. Außerdem kannst du deine eigene Existenz als Bewusstseinsträger, als Erlebnissubjekt nicht leugnen. Allen anderen Existenzfragen gegenüber kannst du dich freilich agnostisch neutral verhalten. Aber glaubst du wirklich nicht, dass der Stuhl, auf dem du sitzt, der Tisch, an dem du isst, der Computer, an dem du schreibst, und das Bett, in dem du schläfst, existieren? Glaubst du wirklich nicht, dass deine Eltern und Freunde sowie die Erde und die Sonne existieren?
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1904472) Verfasst am: 24.02.2014, 19:41 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nach meiner (philosophischen Laien-) Ansicht behandelt Ontologie schlicht die Frage, was es gibt. |
Ja, aber die Frage ist, ob dieses "existieren" in einem guten Modell eher die Rolle einer metaphysischen Deutung oder die einer notwendigen Voraussetzung einnimmt. Ich behaupte Ersteres. |
Beides, würde ich sagen. Und ich würde auch meinen, dass jemand, der ein Modell aufstellt, sich fragen sollte, von was er ein Modell aufstellt.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Denn es ergäbe logischerweise keinen Sinn, wenn Empiriker etwas ihrer Ansicht nach Nicht-Existentes empirisch untersuchen würden. Denn etwas Nicht-Existentes kann logischerweise nicht empirisch untersucht werden. |
Hier steckst Du jedoch in "Nicht-Existentes" bereits die Annahme hinein, daß wir ein gutes Modell haben, in dem dieses nicht vorkommt. Und es wäre diese Tatsache, die eine Untersuchung mglw. nutzlos erscheinen liesse. |
Mein Punkt war nur der: ein Empiriker nimmt mE notwendigerweise an, dass das, was er empirisch untersucht, existiert. Ein Empiriker kann nicht nur Modelle untersuchen.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Sogar der Extrem-Solipsist trifft eine ontologische Annahme, (nämlich die, dass nichts außer seinem Hier-und-Jetzt-Erleben existiert). |
In diesem Fall wirkt der Solipsist als Ontologe (siehe smallies Einwand), es sei denn er schafft es, dies nicht als reine metaphysische Annahme zu treffen, sondern als prüfbare Hypothese aufzustellen, die er in einem entsprechenden Modell operationalisiert. |
So ein Solipsist wäre wohl eher von dem Bedürfnis geleitet, auf jegliche metaphysische Annahme zu verzichten. Daher möchte er keinerlei ontologischen Annahmen treffen, wenn die nicht absolut sicher sind. Dass er selber (seine hier-und-jetzt-Erlebnisse) existiert, ist kaum abzustreiten. Dass irgendwas anderes außerhalb seiner hier-und-jetzt-Erfahrungen existiert, sieht er jedoch als unzulässige metaphysische Annahme an, da die nicht bewiesen werden kann. Und insofern ist die Ansicht dieses Solipsisten mE sowohl kohärent als auch metaphysikfrei.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1904473) Verfasst am: 24.02.2014, 19:52 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Nach meiner (philosophischen Laien-) Ansicht behandelt Ontologie schlicht die Frage, was es gibt. Außerdem meine ich, dass jemand bei bestimmten Behauptungen ontologische Verpflichtungen eingeht. Und ich meine daher auch, dass jeder eine Ontologie vertritt, entweder implizit oder explizit. Besser wäre jedoch, (finde ich zumindest), wenn er das explizit täte, d.h. sich selber ob seiner zugrundegelegten ontologischen Annahmen bewusst wäre. |
Sorry, aber ich bin anderer Ansicht. Ich halte "Seins"-Fragen für reine Metaphysik. Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht. Ich halte es auch für illusorisch, in Erkenntnisfragen nach einem "archimedischen Punkt" gewissermaßen außerhalb oder unabhängig von uns selbst zu suchen. |
"Seins"-Fragen sind Metaphysik, ja. Mir ging es jedoch nicht darum, nach einem "archimedischen Punkt" zu suchen, sondern nur darum, darauf hinzuweisen, dass mE bestimmte Aussagen und Handlungen ontologische Implikationen haben, man damit ontologische Verpflichtungen eingeht.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Philosophie ist eine Weltanschauung, [...] |
Nein.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Statt dessen ist menschlicher Erkenntnisgewinn in der Praxis offenbar eine wechselnde Folge von Tatsachenbeobachtungen und Modellbildung. |
"Tatsachen" und "Modell" implizieren z.B. ontologische Annahmen. Der o.g. metaphysikfeindliche Solipsist würde die nicht treffen wollen, (bzw.: "Tatsachen" wären für ihn nur seine hier-und-jetzt-Gedanken).
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Sicher beginnt jeder von uns an irgendeiner Stelle mit seiner gedanklichen Arbeit, aber je nachdem, ob man ein Physiker, Biologen oder Soziologie ist, ist dieser Punkt ein anderer. Die Behauptung, dies alles müsste mit einer bestimmten Form von Philosophie beginnen, [...] |
Wer behauptet sowas?
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Erkenntnisgewinn im Sinne von vermehrtem Tatsachenwissen ist es jedenfalls erkennbar nicht. |
Die Haupt-Aufgabe von Philosophie ist es mE, Begriffe zu klären und so inkohärente Annahmen/Argumentation darzulegen. Würde ich durchaus (falls erfolgreich) als Erkenntnisgewinn und vermehrtes Tatsachenwissen ansehen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1904476) Verfasst am: 24.02.2014, 20:00 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich hielte es nun für einen performativen Widerspruch, wenn jemand behauptete, er habe mit Ontologie nichts am Hut, würde keine ontologischen Annahmen treffen. Sogar der Extrem-Solipsist trifft eine ontologische Annahme, (nämlich die, dass nichts außer seinem Hier-und-Jetzt-Erleben existiert). |
Das ist ein schönes Beispiel wie sehr diese ontologischen Sophistereien zur Vernichtung jeder Wahrheit beitragen. |
Welche Wahrheits-Theorie vertrittst Du, was meinst Du hier mit "Wahrheit"?
smallie hat folgendes geschrieben: | Die Welt eines selbsterklärten Solipsisten ändert sich nicht, egal wie oft er seine neue Ontologie verkündet oder ablegt. Seine Nachbarn sind immer noch seine Nachbarn, seine Kollegen sind immer noch seine Kollegen. Und so weiter. |
Der Solipsist teilt Deine Ontologie, (es gibt Nachbarn, Kollegen und so weiter), jedoch nicht, seiner Ansicht nach gibt es nur seine hier-und-jetzt-Gedanken, weil das alles ist, dessen er sich sicher sein kann. Zusätzlich Nachbarn und Kollegen anzunehmen würde er als unzulässige Metaphysik ablehnen.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1904478) Verfasst am: 24.02.2014, 20:05 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich halte "Seins"-Fragen für reine Metaphysik. Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht. Ich halte es auch für illusorisch, in Erkenntnisfragen nach einem "archimedischen Punkt" gewissermaßen außerhalb oder unabhängig von uns selbst zu suchen. |
Du kannst zumindest nicht die Existenz deiner Bewusstseinserfahrungen, deiner Erlebnisse bezweifeln oder bestreiten. Außerdem kannst du deine eigene Existenz als Bewusstseinsträger, als Erlebnissubjekt nicht leugnen. Allen anderen Existenzfragen gegenüber kannst du dich freilich agnostisch neutral verhalten. Aber glaubst du wirklich nicht, dass der Stuhl, auf dem du sitzt, der Tisch, an dem du isst, der Computer, an dem du schreibst, und das Bett, in dem du schläfst, existieren? Glaubst du wirklich nicht, dass deine Eltern und Freunde sowie die Erde und die Sonne existieren? |
Warum schreib ich hier, wenn es keiner liest? Ich habe hier ich denke ausführlich dargelegt, wie ich mir ein realistischeres Modell menschlicher Wissensentwicklung vorstelle. Sicherlich ist das nicht vollständig, beantwortet auch nicht alle Frage, aber mir Solipsismus oder sonst irgendeine Spinnerei zu unterstellen, wäre nun wirklich nicht nötig gewesen.
Unser Thema war "Ontologie", du erinnerst dich? Was ich mit der Bemerkung, ich wissen nicht, "was es gibt", gemeint habe, war schlicht die Tatsache, daß ich keine Vorstellung von der "Einteilung des Seienden", den "Grundstrukturen der Wirklichkeit" habe, das, was Wiki unter dem Stichwort "Ontologie" schreibt. Daß Tarvoc und du daraus die Frage macht, ob ich wüßte, ob es mich gibt, oder den Stuhl, auf dem ich sitze, finde ich schon lustig.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1904483) Verfasst am: 24.02.2014, 20:20 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Nach meiner (philosophischen Laien-) Ansicht behandelt Ontologie schlicht die Frage, was es gibt. Außerdem meine ich, dass jemand bei bestimmten Behauptungen ontologische Verpflichtungen eingeht. Und ich meine daher auch, dass jeder eine Ontologie vertritt, entweder implizit oder explizit. Besser wäre jedoch, (finde ich zumindest), wenn er das explizit täte, d.h. sich selber ob seiner zugrundegelegten ontologischen Annahmen bewusst wäre. |
Sorry, aber ich bin anderer Ansicht. Ich halte "Seins"-Fragen für reine Metaphysik. Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht. Ich halte es auch für illusorisch, in Erkenntnisfragen nach einem "archimedischen Punkt" gewissermaßen außerhalb oder unabhängig von uns selbst zu suchen. |
"Seins"-Fragen sind Metaphysik, ja. Mir ging es jedoch nicht darum, nach einem "archimedischen Punkt" zu suchen, sondern nur darum, darauf hinzuweisen, dass mE bestimmte Aussagen und Handlungen ontologische Implikationen haben, man damit ontologische Verpflichtungen eingeht. |
Innerhalb deiner Philosophie vielleicht. Sonst nicht. Ich habe zB auf das Faktum hingewiesen, daß man aufgrund ganz unterschiedlicher Weltanschauungen zu gleichen oder ähnlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen kommen kann, daß selbst Esoterik, wie die Neigung von Newton zur Alchemie zB, wissenschaftlich brauchbare Ergebnisse offenbar nicht verhindert. Bei der Art, wie hier argumentiert wird, möchte ich aber ausdrücklich darauf hinweisen, daß dies nicht als Aufforderung zur Esoterik im allgemeinen, oder zur Alchemie im besonderen verstanden werden soll.
Erstaunlich inhaltsreiche Argumentation.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Statt dessen ist menschlicher Erkenntnisgewinn in der Praxis offenbar eine wechselnde Folge von Tatsachenbeobachtungen und Modellbildung. |
"Tatsachen" und "Modell" implizieren z.B. ontologische Annahmen. Der o.g. metaphysikfeindliche Solipsist würde die nicht treffen wollen, (bzw.: "Tatsachen" wären für ihn nur seine hier-und-jetzt-Gedanken).
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Du hältst mich für einen Solipsisten. Bitte lies meinen oben zitierten Post.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Erkenntnisgewinn im Sinne von vermehrtem Tatsachenwissen ist es jedenfalls erkennbar nicht. |
Die Haupt-Aufgabe von Philosophie ist es mE, Begriffe zu klären und so inkohärente Annahmen/Argumentation darzulegen. Würde ich durchaus (falls erfolgreich) als Erkenntnisgewinn und vermehrtes Tatsachenwissen ansehen. |
Ein Anspruch, mit dem die Philosophie erkennbar überfordert war und gescheitert ist. Ob dies von zeitgenössischen Philosophen überhaupt noch vertreten wird, kann ich nicht sagen. Fest steht, daß es für den Fortschritt der Wissenschaften ohne Belang ist. Die Vorstellung, ein Fachfremder beansprucht, der Physik oder Biologie ihre Begriffe oder Methoden vorschreiben zu können, hat schon etwas lächerliches. Und die Idee, es gäbe eine für alle Wissenschaften gültige Methode, unabhängig von deren Inhalten, ist eine schlichte Illusion.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
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Friedrich Nietzsche
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1904489) Verfasst am: 24.02.2014, 20:52 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ich würde auch meinen, dass jemand, der ein Modell aufstellt, sich fragen sollte, von was er ein Modell aufstellt. |
Das kann er in seiner Freizeit tun, insbesondere wenn er den Begriff "Modell von etwas" sehr ontologisch versteht. Mich stört tatsächlich an dem Begriff "Modell", daß er im Sprachgebrauch gleich die "Existenz eines Originals" impliziert.
Man muß das aber nicht tun, insbesondere nicht als Voraussetzung - für mich ist das wirklich eine optionale, nachgeordnete, deutende Tätigkeit. Vielleicht versteht man das besser, wenn man sich überlegt, daß "real" bzw. "existent" nur von uns pragmatisch gewählte Attribute von Unterklassen der Klasse "Modellierbares" oder "Modell" bezeichnen. Anders ausgedrückt: Wir nennen etwas "real", wenn es in Modellen vorkommt, die aus Erfahrung bestimmte (z.B. intersubjektiv überprüfbare) Eigenschaften haben.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ein Empiriker nimmt mE notwendigerweise an, dass das, was er empirisch untersucht, existiert. Ein Empiriker kann nicht nur Modelle untersuchen. |
Damit bin ich so nicht einverstanden. Ein Empiriker muß nur davon ausgehen, daß seine Methode funktioniert, also daß er hinreichend regelmäßige Ergebnisse erhält. Aber selbst das ist keine logische Voraussetzung, sondern eher etwas, auf das er sich verlassen muß, weil sonst seine Methode erfolglos wäre - eben selbst wieder eine Findung.
Natürlich können wir gern den Begriff "existieren" trotzdem verwenden, es ist aber nicht so, daß er den Theorien zugrundeliegt, sondern eher so, daß er selbst eine (oft unbewußte, aber sehr alte, empirische) Theorie beinhaltet.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | So ein Solipsist wäre wohl eher von dem Bedürfnis geleitet, auf jegliche metaphysische Annahme zu verzichten. Daher möchte er keinerlei ontologischen Annahmen treffen, wenn die nicht absolut sicher sind. Dass er selber (seine hier-und-jetzt-Erlebnisse) existiert, ist kaum abzustreiten. |
Hmm ... ich denke, man kann selbst das als metaphysisch kritisieren, wenn er den Inhalt seiner Erlebnisse unnötig reifiziert. Und wer ist "er"? Undsoweiter.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1904497) Verfasst am: 24.02.2014, 21:39 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich dachte, zu behaupten, daß es "uns selbst" gibt, sei naiver Realismus. |
Was du nicht alles dachtest. Abgesehen davon, dass das Unsinn ist, was du da dachtest, ist es leider im Kontext dieser Diskussion auch völlig irrelevant.
Anscheinend ist dir nicht ganz klar, was ein performativer Widerspruch ist - was natürlich auch erklärt, warum dein ganzer Beitrag voll davon war. Allein dein Satz "Ich weiß nicht, "was es gibt", und du weißt es auch nicht" erzeugt im Kontext deines Beitrags nicht nur einen, sondern gleich eine ganze Reihe performativer Widersprüche. Zum Beispiel: Wie kommst du eigentlich darauf, dass du das nicht weisst? Jedenfalls nicht durch empirische Beobachtung, so viel steht fest. Du bringst leider auch sonst nicht das geringste Argument für die Behauptung. Die Frage, wo du den Satz her hast, kann hier also im Grunde nur eine Frage nach der ideengeschichtlichen Aneignungs- und Rezeptionsgeschichte sein. Einfacher gesagt lautet die Frage, woher dieser Gedanke eigentlich stammt bzw. von wem du ihn hast. Zunächst mal ist dieser Satz eine bestimmte Positionierung hinsichtlich der philosophischen Frage nach der Semantik von Existenzaussagen. Tatsächlich handelt es sich um eine versimpelte Aneignung von Kants Argumentation, dass Existenz kein Prädikat ist (und es kommt hier nicht darauf an, ob diese Aneignung in deinem Falle primär durch Kantlektüre oder sekundär durch andere Quellen geschah), und zwar findet diese Aneignung hier im Rahmen eines Wissensbegriffs statt, der Wissen an Prädikation koppelt. Es geht mir hier zunächst mal weder darum, ob diese Positionen sich als solche argumentativ verteidigen lassen, noch darum, ob die Aneignung in dieser Kombination funktioniert. Der Punkt ist, dass du eine These, die du nur aus der (direkten oder indirekten) Rezeption und Entwicklung philosophischer Positionen und Argumentationen gewonnen haben kannst, dazu benutzt, dafür zu argumentieren, dass die Rezeption und Entwicklung philosophischer Positionen und Argumentationen irrelevant ist. Und genau das ist der performative Widerspruch.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Unser Thema war "Ontologie", du erinnerst dich? |
Ja und? Du bist hier derjenige, der als einziger meint, dass in diesem Kontext Worte der Alltagssprache plötzlich irgendwie ganz anders zu verwenden wären als sonst auch immer. Sonst hat das hier niemand behauptet. Wenn du sagst, dass du nicht weisst, was es gibt, dann gehe ich davon aus, dass du den Satz so meinst, wie er da steht. Und genau so habe ich den Satz ja auch behandelt. Wenn du direkt einen Satz später wieder davon ausgehst, dass es etwas gibt, dann kann ich gar nicht anders als hier einen Widerspruch festzustellen. Es geht dabei auch nicht darum, dir irgendwelche Positionen wie etwa naiven Realismus oder dergleichen zu unterstellen. Es geht darum, dich darauf aufmerksam zu machen, dass du dich in Widersprüche verstrickst. Dass du daneben auch noch anderen Leuten ganz merkwürdige Positionen unterstellst, nur um deinen Punkt verteidigen zu können, und so permanent gegen Strohmänner anrennst, ist zwar schlechter Stil, wäre aber verzeihbar. Dass du das Aufmerksam-Machen auf Widersprüche als Sophisterei bezeichnest und dich mit dem selben Vorwurf dagegen verwehrst, dass man deine Aussagen, so wie sie tatsächlich da stehen, beim Wort nimmt, ist hingegen ziemlich die Höhe und disqualifiziert dich eigentlich fast als Diskussionsteilnehmer.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 24.02.2014, 22:00, insgesamt einmal bearbeitet |
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1904503) Verfasst am: 24.02.2014, 21:59 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich dachte, zu behaupten, daß es "uns selbst" gibt, sei naiver Realismus. |
Was du nicht alles dachtest. Abgesehen davon, dass das Unsinn ist, was du da dachtest, ist es leider im Kontext dieser Diskussion auch völlig irrelevant.
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So, und du entscheidest, was "Unsinn" ist, und was "im Kontext dieser Diskussion" völlig irrelevant ist? Interessant!
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1904505) Verfasst am: 24.02.2014, 22:01 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | So, und du entscheidest, was "Unsinn" ist, und was "im Kontext dieser Diskussion" völlig irrelevant ist? Interessant! |
Deine Äußerung war eine Reaktion auf ein Argument von mir. Wenn ich sage, dass sie im Kontext dieser Diskussion irrelevant ist, dann deshalb, weil sie an meinem Argument vorbeigeht bzw. mit diesem nichts zu tun hat.
Ach ja, wo wir eben beim Thema Sophisterei waren: Dieser Beitrag von dir ist übrigens ein perfektes Beispiel für Sophisterei.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 24.02.2014, 22:06, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1904506) Verfasst am: 24.02.2014, 22:04 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ich habe zB auf das Faktum hingewiesen, daß man aufgrund ganz unterschiedlicher Weltanschauungen zu gleichen oder ähnlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen kommen kann, daß selbst Esoterik, wie die Neigung von Newton zur Alchemie zB, wissenschaftlich brauchbare Ergebnisse offenbar nicht verhindert. |
"Brauchbar" inwiefern? Dass Vorhersagen stimmen, insofern, dass sie mit der Realität übereinstimmen, diese mehr oder weniger richtig vorhersagen? Was mE auf Ontologie hinausliefe. Wenn nicht: was sonst?
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Erstaunlich inhaltsreiche Argumentation. |
Einer absurden Behauptung braucht man mE nicht mit Gründen begegnen. Da reicht ein reiner Widerspruch.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Statt dessen ist menschlicher Erkenntnisgewinn in der Praxis offenbar eine wechselnde Folge von Tatsachenbeobachtungen und Modellbildung. | "Tatsachen" und "Modell" implizieren z.B. ontologische Annahmen. Der o.g. metaphysikfeindliche Solipsist würde die nicht treffen wollen, (bzw.: "Tatsachen" wären für ihn nur seine hier-und-jetzt-Gedanken). |
Du hältst mich für einen Solipsisten. Bitte lies meinen oben zitierten Post. |
Wie kommst Du auf die merkwürdige Idee, dass ich Dich für einen Solipsisten halten würde? Mein Punkt war, dass Du metaphysische ontologische Annahmen triffst, gleichzeitig aber leugnest, dass Du das tust. Was ich für selbstwidersprüchlich halte.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Die Haupt-Aufgabe von Philosophie ist es mE, Begriffe zu klären und so inkohärente Annahmen/Argumentation darzulegen. Würde ich durchaus (falls erfolgreich) als Erkenntnisgewinn und vermehrtes Tatsachenwissen ansehen. |
Ein Anspruch, mit dem die Philosophie erkennbar überfordert war und gescheitert ist. |
Finde ich nicht.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Ob dies von zeitgenössischen Philosophen überhaupt noch vertreten wird, kann ich nicht sagen. Fest steht, daß es für den Fortschritt der Wissenschaften ohne Belang ist. |
Finde ich auch nicht. Dein Trick scheint mir hier der zu sein, dass Du nur Erkenntnisse über empirische Sachverhalte als von Belang zählst. Aber das erscheint mir aus zweierlei Gründen als absurd: erstens ist mir nicht einsichtig, wieso aus Methodenkritik keine Erkenntnis folgen könne und zweitens wäre die Frage, was hier überhaupt Fortschritt ist, bzw., anders gesagt: was Wissen ist und wann Wissen Wissen ist.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Die Vorstellung, ein Fachfremder beansprucht, der Physik oder Biologie ihre Begriffe oder Methoden vorschreiben zu können, hat schon etwas lächerliches. |
Weil? Methodenkritik ist eher nicht ein Gebiet der Naturwissenschaften, oder?
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Und die Idee, es gäbe eine für alle Wissenschaften gültige Methode, unabhängig von deren Inhalten, ist eine schlichte Illusion. |
Strohmann.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1904507) Verfasst am: 24.02.2014, 22:06 Titel: |
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Ich frag' dich einfach auch mal: Wie kommst du zu diesem Satz und wie begründest du ihn?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1904511) Verfasst am: 24.02.2014, 22:11 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Marcellinus hat folgendes geschrieben: | So, und du entscheidest, was "Unsinn" ist, und was "im Kontext dieser Diskussion" völlig irrelevant ist? Interessant! |
Deine Äußerung war eine Reaktion auf ein Argument von mir. |
Hast du mal versucht, zu lesen, was ich schreibe? Ich habe nicht den Eindruck.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1904513) Verfasst am: 24.02.2014, 22:14 Titel: |
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Mal abgesehen davon, dass der Beitrag von dir schon mit einem Strohmann anfängt und entsprechend weitergeht: Inwiefern ist das relevant hinsichtlich meiner Argumentation? Vor allem habe ich mich auf einen völlig anderen Beitrag von dir bezogen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1904515) Verfasst am: 24.02.2014, 22:20 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ich würde auch meinen, dass jemand, der ein Modell aufstellt, sich fragen sollte, von was er ein Modell aufstellt. |
Das kann er in seiner Freizeit tun, insbesondere wenn er den Begriff "Modell von etwas" sehr ontologisch versteht. Mich stört tatsächlich an dem Begriff "Modell", daß er im Sprachgebrauch gleich die "Existenz eines Originals" impliziert. |
Ja, allerdings. Der Begriff "Modell" ergibt keinen Sinn, wenn ein Modell nicht ein Modell von etwas ist. Ebenso wie der Begriff "Fälschung" ein Original impliziert, es können schlicht nicht alles Fälschungen sein. Verwende einfach einen anderen Begriff als "Modell", wenn Dich das stört.
step hat folgendes geschrieben: | Man muß das aber nicht tun, insbesondere nicht als Voraussetzung - für mich ist das wirklich eine optionale, nachgeordnete, deutende Tätigkeit. |
Aber wenn man ein Modell aufstellt, dann ein Modell von etwas und zwar ein Modell von etwas, das man als existierend ansieht. Man (der einzelne Forscher) braucht sich zwar keine Gedanken darüber zu machen, aber implizit wird dieses etwas modelliert. Ich denke nach wie vor, dass es besser wäre, sich Gedanken darüber zu machen; was mE nicht geht, ist, zu behaupten, man mache ein Modell von gar nichts. Das wäre unglaubwürdig.
Unglaubwürdig wäre auch, wenn Naturwissenschaftler behaupten würden, sie würden nur Modelle von lediglich Erdachtem aufstellen. Nun könnte man das zwar prinzipiell machen, so wie jemand lediglich ausgedachte Karten von nicht existierenden Gebieten zeichnen könnte. Vermute aber nun nicht, dass Naturwissenschaftler sowas behaupten wollen.
step hat folgendes geschrieben: | Vielleicht versteht man das besser, wenn man sich überlegt, daß "real" bzw. "existent" nur von uns pragmatisch gewählte Attribute von Unterklassen der Klasse "Modellierbares" oder "Modell" bezeichnen. |
Denke ich nicht, ich denke vielmehr, dass wir unterscheiden zwischen dem, was es gibt, (real ist), und dem, was wir erkennen/modellieren können. Ansonsten müsste man der Meinung sein, dass etwas dadurch, dass es erkannt/modelliert wird, in seine Existenz träte, (was zwar tatsächlich einige tun, was aber mE prima facie absurd ist). Z.B. wurde Radioaktivität im Jahre X entdeckt, jedoch gab es auch schon vorher Radioaktivität, mE.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ein Empiriker nimmt mE notwendigerweise an, dass das, was er empirisch untersucht, existiert. Ein Empiriker kann nicht nur Modelle untersuchen. |
Damit bin ich so nicht einverstanden. Ein Empiriker muß nur davon ausgehen, daß seine Methode funktioniert, also daß er hinreichend regelmäßige Ergebnisse erhält. |
Inwiefern funktioniert, Ergebnisse in welchem Sinne?
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | So ein Solipsist wäre wohl eher von dem Bedürfnis geleitet, auf jegliche metaphysische Annahme zu verzichten. Daher möchte er keinerlei ontologischen Annahmen treffen, wenn die nicht absolut sicher sind. Dass er selber (seine hier-und-jetzt-Erlebnisse) existiert, ist kaum abzustreiten. |
Hmm ... ich denke, man kann selbst das als metaphysisch kritisieren, wenn er den Inhalt seiner Erlebnisse unnötig reifiziert. Und wer ist "er"? Undsoweiter. |
Der von mir skizzierte Minimal-Solipsist, der deswegen ein solcher ist, weil er jede metaphysische Annahme ablehnt, reifiziert nicht. Nach seiner Ansicht gibt es nur seine hier-und-jetzt-Erlebnisse und sonst gar nichts. Das ist mE die einzig kohärente Ansicht, falls jemand jegliche Metaphysik ablehnt.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1904520) Verfasst am: 24.02.2014, 22:30 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Ich frag' dich einfach auch mal: Wie kommst du zu diesem Satz und wie begründest du ihn? |
Unter "Metaphysik" fallen für mich alle diejenigen Fragen, die nicht empirisch oder mit sonstigen Methoden der naturwissenschaft beantwortet werden können.
Zum Beispiel: existiert mein Nachbar oder bilde ich ihn mir nur ein? Hast Du ein Bewusstsein oder meine ich das nur?
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1904521) Verfasst am: 24.02.2014, 22:33 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Mal abgesehen davon, dass der Beitrag von dir schon mit einem Strohmann anfängt und entsprechend weitergeht: Inwiefern ist das relevant hinsichtlich meiner Argumentation? Vor allem habe ich mich auf einen völlig anderen Beitrag von dir bezogen. |
Nein, genau genommen, hast du dich nur auf einen Satz von mir bezogen, und unabhängig vom Zusammenhang. Eine Debatte dieser Art ist sinnlos.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44647
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(#1904527) Verfasst am: 24.02.2014, 22:47 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Nein, genau genommen, hast du dich nur auf einen Satz von mir bezogen, und unabhängig vom Zusammenhang. Eine Debatte dieser Art ist sinnlos. |
Soll ich jetzt jeden einzelnen Fall in diesem Thread hervorkramen, in dem du dich auf Einzelsätze unabhängig vom Zusammenhang beziehst? Bei deiner Art des Zitierens und Kommentierens käme dabei nämlich einiges zusammen.
Machst du das eigentlich immer so, die Maßstäbe, an denen du andere misst, nicht auch auf dich selbst anzuwenden? Übrigens noch eine recht typische Angewohnheit von Sophisten.
Im Übrigen habe ich den einen Satz von dir sehr wohl im Zusammenhang mit dem Rest deines Beitrags diskutiert.
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