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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1912777) Verfasst am: 30.03.2014, 19:38 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Übrigens bin ich nicht grundsätzlich gegen social engineering, im Gegenteil. Es darf nur nicht darauf hinauslaufen, daß mehr Interessen verletzt als geschützt werden. |
Nun, Social Engineering zielt ja auch darauf, "Interessen" überhaupt erst zu produzieren. Diese ganzen Wissensgebiete sind insgesamt nicht unproblematisch, weil sie immer einen beeinflussenden Akteur und einen zu beeinflussenden Bevölkerungsteil voraussetzen.
Social Self-Engineering ist etwas, das eigentlich erst noch zu erfinden wäre. Allerdings besteht an solchen Forschungsunternehmen leider nur wenig Interesse. Im Bereich Überwachung gibt's ja schon Ansätze unter dem Stichwort "Sousveillance".
step hat folgendes geschrieben: | Anders ausgedrückt, wen trifft Euer Vorwurf denn eigentlich in Deutschland? |
Tja, wer hat ein Interesse an solchen Techniken in den europäischen Staaten? Erstens die Staaten selbst und zweitens so manche größeren Unternehmen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1912786) Verfasst am: 30.03.2014, 19:51 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Übrigens bin ich nicht grundsätzlich gegen social engineering, im Gegenteil. Es darf nur nicht darauf hinauslaufen, daß mehr Interessen verletzt als geschützt werden. | Nun, Social Engineering zielt ja auch darauf, "Interessen" überhaupt erst zu produzieren. Diese ganzen Wissensgebiete sind insgesamt nicht unproblematisch, weil sie immer einen beeinflussenden Akteur und einen zu beeinflussenden Bevölkerungsteil voraussetzen. |
Ja, das sehe ich ähnlich. Einfach mit dem Holzhammer "umerziehen" geht nicht und wäre auch ethisch fragwürdig. Einflüsse der "Akteure" müssen relativ defensiv erfolgen (Angebote, liberale Erziehung, Aufklärung usw.) - beim Thema Strafrecht etwa könnte man dem Täter in bestimmten Fällen eine Wahl anbieten.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Anders ausgedrückt, wen trifft Euer Vorwurf denn eigentlich in Deutschland? | Tja, wer hat ein Interesse an z.B. Überwachung in den europäischen Staaten? Erstens die Staaten selbst und zweitens so manche größeren Unternehmen. |
Genau, hier geht es gar nicht primär um das Bürgertum, sondern wenn dann um ganz andere Akteure.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1912792) Verfasst am: 30.03.2014, 20:01 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Einflüsse der "Akteure" müssen relativ defensiv erfolgen (Angebote, liberale Erziehung, Aufklärung usw.). |
Mir kommt's eher darauf an, dass die so Beeinflussten selbst zu Akteuren werden können. (Emanzipation)
step hat folgendes geschrieben: | Genau, hier geht es gar nicht primär um das Bürgertum, sondern wenn dann um ganz andere Akteure. |
Wenn Skeptiker "Bürgertum" sagt, meint er das im Sinne von bourgeois - also von Eigentümer.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1912809) Verfasst am: 30.03.2014, 20:20 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Anders ausgedrückt, wen trifft Euer Vorwurf denn eigentlich in Deutschland? |
Tja, wer hat ein Interesse an z.B. Überwachung in den europäischen Staaten? Erstens die Staaten selbst und zweitens so manche größeren Unternehmen. |
Ja, und ich hatte vor einiger Zeit ja auf das Projekt INDECT hingewiesen. Zusätzlich gibt es Visionen der genetischen Optimierung (Slojterdijk, "Ideen für einen Menschenpark").
Es sind keine Stammtischproleten, die solche Projekte der "sozialen und genetischen Transparenz" verfolgen und einem "Totalitarismus der Konformität" frönen. Sondern das sind Wissenschaftler, Techniker und Philosophen im Dienste des HERRN - des irdischen, versteht sich, also an der *subjektlosen Gewalt* der bürgerlichen Gesellschaft.
Das Stichwort heisst "Konformismus". Das Problem dabei ist, dass auch die Formung des Individuums, auch wenn sie mit schonenden Verfahren geschieht, die bestehenden Produktionsverhältnisse als das Maß jener Formung betrachtet.
Was bleibt, ist der Wahn, allein den Menschen anpassen zu müssen an die Verhältnisse, anstatt auch umgekehrt.
Diese nahezu totale Einseitigkeit der Anpassungsrichtung bezeichne ich als die bürgerliche Schranke oder auch als das absolute *no go* des gesellschaftlichen Fortschritts.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1912828) Verfasst am: 30.03.2014, 21:01 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Einflüsse der "Akteure" müssen relativ defensiv erfolgen (Angebote, liberale Erziehung, Aufklärung usw.). | Mir kommt's eher darauf an, dass die so Beeinflussten selbst zu Akteuren werden können. (Emanzipation) |
Da gehe ich gern mit.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1912842) Verfasst am: 30.03.2014, 21:58 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Verantwortung im Nachhinein zu übernehmen mag insofern sinnvoll sein, als es dabei helfen kann, zukünftig konformes Verhalten zu vermitteln: Wenn ein Verbrecher etwa plausibel machen kann, daß er die Unerwünschtheit seiner Tat einsieht und bereit ist daran mitzuarbeiten, daß dies nicht wieder geschieht, und dies auch vielleicht noch durch Taten (Therapien oder was auch immer) untermauert, dann fällt es mir leichter, ihm auch weiterhin Verantwortung zuzuweisen, also ihm z.B. seinen Führerschein zurückzugeben oder im Extremfall ihn unbeaufsichtigt herumlaufen zu lassen. |
Nehmen wir mal ein extremeres Beispiel als Falschparken:
Jemand begeht einen von langer Hand geplanten Mord aus Habgier. Nun wird der Mörder von der Polizei ermittelt und festgenommen. Der Mörder sagt nun:"Ok sorry, war ne blöde Sache. Wird in Zukunft nicht wieder vorkommen, ehrlich."
Dann soll die Justiz nun sagen:"Nagut, dann geh mal wieder nach Hause. Aber schön lieb sein in Zukunft, ja?"
Eine Therapie macht ja keinen Sinn, wenn der Mörder nicht psychisch krank ist. Also einfach laufen lassen. Es wurde zwar ein Mensch umgebracht, aber Schwamm drüber. Der Mörder wird das ja in Zukunft nun nicht mehr tun.
Stellst du dir das so vor?
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1912847) Verfasst am: 30.03.2014, 22:04 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Jemand begeht einen von langer Hand geplanten Mord aus Habgier. Nun wird der Mörder von der Polizei ermittelt und festgenommen. Der Mörder sagt nun:"Ok sorry, war ne blöde Sache. Wird in Zukunft nicht wieder vorkommen, ehrlich."
Dann soll die Justiz nun sagen:"Nagut, dann geh mal wieder nach Hause. Aber schön lieb sein in Zukunft, ja?"
Eine Therapie macht ja keinen Sinn, wenn der Mörder nicht psychisch krank ist. Also einfach laufen lassen. Es wurde zwar ein Mensch umgebracht, aber Schwamm drüber. Der Mörder wird das ja in Zukunft nun nicht mehr tun. |
Unfug. Davon, dass er es nicht doch wieder tut, kann man doch nicht mal eben einfach so ausgehen. Und das folgt auch nicht aus dem, was step geschrieben hat.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1912849) Verfasst am: 30.03.2014, 22:06 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Stellst du dir das so vor? |
Nein
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1912857) Verfasst am: 30.03.2014, 22:30 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Nein |
Dann mach es doch mal konkret, wie das Vorgehen in so einem Fall aussehen sollte/könnte, deiner Vorstellung nach.
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Fake auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 11.11.2011 Beiträge: 3548
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(#1912888) Verfasst am: 31.03.2014, 09:48 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: |
Nehmen wir mal ein extremeres Beispiel als Falschparken:
Jemand begeht einen von langer Hand geplanten Mord aus Habgier. Nun wird der Mörder von der Polizei ermittelt und festgenommen. Der Mörder sagt nun:"Ok sorry, war ne blöde Sache. Wird in Zukunft nicht wieder vorkommen, ehrlich."
Dann soll die Justiz nun sagen:"Nagut, dann geh mal wieder nach Hause. Aber schön lieb sein in Zukunft, ja?"
Eine Therapie macht ja keinen Sinn, wenn der Mörder nicht psychisch krank ist. Also einfach laufen lassen. Es wurde zwar ein Mensch umgebracht, aber Schwamm drüber. Der Mörder wird das ja in Zukunft nun nicht mehr tun.
Stellst du dir das so vor? |
Ein klassischer Gutmenschendreisatz:
1. Tatsachenbehauptung. Hier: Es gibt keine Handlungsfreiheit.
2. Bewertung. Hier: Der Gedanke ist mir unangenehm, ich fühle mich degradiert.
3. Schlußfolgerung: Tatsachenbehauptung muss falsch sein.
Herzlichen Glückwunsch damit hast du dich für die Sarrazin-Diskussion qualifiziert!
Natürlich kann die Tatsachenbehauptung falsch sein. Aber nicht weil sie die nicht gefällt. Deine ganzen "dann-wäre-jas" sind keine Gegenargumente gegen die These, sondern emotionale Reaktionen auf die These. Eins Schlussfolgerung kann aber nie alleine mit einer Bewertung begründet werden.
Ob die Handlungsfreiheit existiert oder nicht, können nur Hirnforscher, Verhaltensbiologen etc. sicher beurteilen. Was auch immer ihr Ergebnis sein wird, für uns ändert sich erst mal nichts. Denn wir verlieren ja nicht plötzliche eine Freiheit, wir gewinnen die Erkenntnis, dass wir sie nie hatten.
Letztlich geht es um die spannende Frage, wie wir funktionieren. Es gab in der Geschichte immer Menschen, die neues Wissen aus Angst vor Veränderungen bekämpft haben. Du solltest dich mal ganz nüchtern fragen, auf welcher Seite du stehen möchtest.
siehe auch: Sternstunde Philosophie - Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#1912904) Verfasst am: 31.03.2014, 10:45 Titel: |
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Fake hat folgendes geschrieben: |
Ob die Handlungsfreiheit existiert oder nicht, können nur Hirnforscher, Verhaltensbiologen etc. sicher beurteilen.
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Ich wüsste nicht, was sie zur Frage der Handlungsfreiheit beisteuern können, bis auf die von Astarte bereits genannten Punkte.
Das tangiert das Problem der Handlungsfreiheit aber nur.
Dafür dass es Handlungsfreiheit im Sinne Schöngeists(?), die weder mit dem Determinismus noch mit Indeterminismus vereinbar ist, nicht gibt, brauche ich keinen Hirnforscher.
Allerdings gibt es ja auch andere Konzepte der Handlungsfreiheit, die weder der Hirnforschung noch einem Determinismus widersprechen.
_________________ Trish:(
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#1912918) Verfasst am: 31.03.2014, 11:50 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: |
Ich wüsste nicht, was sie zur Frage der Handlungsfreiheit beisteuern können, bis auf die von Astarte bereits genannten Punkte.
Das tangiert das Problem der Handlungsfreiheit aber nur.
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Das ist richtig. Genauso ist es noch lange keine Antwort auf die Frage nach Verantwortung und wie sich das im Strafrecht niederschlagen sollte.
Wissen zB wie ein Mensch seine Entscheidungen trifft, ist aber eine gute Möglichkeit dass man über eine rein emotionale Bewertung zu einer doch etwas vernünftigeren Bewertung kommen kann.
Wie zB zum Strafrecht das Gefühl: "das is böse und wenn der nicht schlimm bestraft wird, ist das volle ungerecht menno!" Vernünftiger wäre zu fragen, was uns rächende/vergeltende Strafen bringen. Sie machen nichts ungeschehen, aber was nutzen sie dann: schrecken sie ab, wirken sie erzieherisch, (und welche wie), verhindern sie ausreichend, schützen sie, helfen sie den Opfern wirklich, brauchen Unbeteiligte sie zur Abgrenzung und für ihr Selbstbild als "die Guten"? usw.
_________________ Tja
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1913215) Verfasst am: 01.04.2014, 11:42 Titel: |
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astarte hat folgendes geschrieben: | Vernünftiger wäre zu fragen, was uns rächende/vergeltende Strafen bringen. Sie machen nichts ungeschehen, aber was nutzen sie dann: schrecken sie ab, wirken sie erzieherisch, (und welche wie), verhindern sie ausreichend, schützen sie, helfen sie den Opfern wirklich, brauchen Unbeteiligte sie zur Abgrenzung und für ihr Selbstbild als "die Guten"? usw. |
Mach es doch malö konkret anhand meines Beispiels:
Jemand begeht einen von langer Hand geplanten Mord aus Habgier. Nun wird der Mörder von der Polizei ermittelt und festgenommen. Der Mörder sagt nun:"Ok sorry, war ne blöde Sache. Wird in Zukunft nicht wieder vorkommen, ehrlich."
Dann sagt die Justiz:"Nagut, dann geh mal wieder nach Hause. Aber lass das morden bitte in Zukunft einfach sein, ok?"
Es wurde zwar ein Mensch umgebracht, aber Schwamm drüber. Der Mörder wird das ja in Zukunft nun nicht mehr tun, ergo braucht man auch keine Strafe?
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Waschmaschine777 auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.07.2008 Beiträge: 4007
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(#1913217) Verfasst am: 01.04.2014, 11:45 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: |
Jemand begeht einen von langer Hand geplanten Mord aus Habgier. Nun wird der Mörder von der Polizei ermittelt und festgenommen. Der Mörder sagt nun:"Ok sorry, war ne blöde Sache. Wird in Zukunft nicht wieder vorkommen, ehrlich."
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Und was sagen in deinem Beispiel die gerichtlich bestellten Gutachter?
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Fake auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 11.11.2011 Beiträge: 3548
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(#1913220) Verfasst am: 01.04.2014, 11:53 Titel: |
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Ob und wie ein Mörder bestraft wird, hat nichts mit der Handlungsfreiheit zu tun. Diese Frage ist nur für die Art der Begründung von Strafe relevant. Keine Handlungsfreiheit bedeutet nicht keine Strafe, sondern Strafe mit anderer Begründung.
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1913232) Verfasst am: 01.04.2014, 12:45 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: | astarte hat folgendes geschrieben: | Vernünftiger wäre zu fragen, was uns rächende/vergeltende Strafen bringen. Sie machen nichts ungeschehen, aber was nutzen sie dann: schrecken sie ab, wirken sie erzieherisch, (und welche wie), verhindern sie ausreichend, schützen sie, helfen sie den Opfern wirklich, brauchen Unbeteiligte sie zur Abgrenzung und für ihr Selbstbild als "die Guten"? usw. |
Mach es doch malö konkret anhand meines Beispiels:
Jemand begeht einen von langer Hand geplanten Mord aus Habgier. Nun wird der Mörder von der Polizei ermittelt und festgenommen. Der Mörder sagt nun:"Ok sorry, war ne blöde Sache. Wird in Zukunft nicht wieder vorkommen, ehrlich."
Dann sagt die Justiz:"Nagut, dann geh mal wieder nach Hause. Aber lass das morden bitte in Zukunft einfach sein, ok?"
Es wurde zwar ein Mensch umgebracht, aber Schwamm drüber. Der Mörder wird das ja in Zukunft nun nicht mehr tun, ergo braucht man auch keine Strafe? |
1. Ist die Selbstauskunft des täters für die Wiederholungsgefahr völlig unerheblich
2. Ist eine Strafe auch erforderlich, um ANDERE Täter von der Tat abzuhalten
3. Um ein Vertrauen in die Geltungskraft der Norm aufrechtzuhalten (was du mit deinem obskuren Gerechtigkeitsbegriff nur unzureichend umschreibst).
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1913349) Verfasst am: 01.04.2014, 22:57 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | 1. Ist die Selbstauskunft des täters für die Wiederholungsgefahr völlig unerheblich |
Wieso das? Wenn der Täter nicht psychisch krank ist, sondern eben ein "ganze normaler" Mörder?
Samson83 hat folgendes geschrieben: | 3. Um ein Vertrauen in die Geltungskraft der Norm aufrechtzuhalten (was du mit deinem obskuren Gerechtigkeitsbegriff nur unzureichend umschreibst). |
Was ist denn für dich Gerechtigkeit, wenn beim Begriff von Gerechtigkeit für dich "obskur" ist?
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1913351) Verfasst am: 01.04.2014, 23:04 Titel: |
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Fake hat folgendes geschrieben: | Ob und wie ein Mörder bestraft wird, hat nichts mit der Handlungsfreiheit zu tun. |
Natürlich hat es das. Wenn ein Mensch in einer schweren schizophrenen Psychose einen anderen Menschen umbringt, dann wird er dafür nicht bestraft, weil er in seinem geisteskranken Zustand gar nicht schuldfähig ist.
Nach der Logik derjenigen, die eine generelle Handlungsfreiheit des Menschen negieren, gilt diese generelle Schuldunfähigkeit für alle Menschen, weil eben niemand etwas dafür kann, wie er sich verhält. Ergo dürfte man keinen Verbrecher mehr bestrafen.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1913352) Verfasst am: 01.04.2014, 23:15 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: | 1. Ist die Selbstauskunft des täters für die Wiederholungsgefahr völlig unerheblich |
Wieso das? Wenn der Täter nicht psychisch krank ist, sondern eben ein "ganze normaler" Mörder? |
Bekanntlich sind ja nur psychisch kranke Menschen dazu in der Lage, jemals etwas Falsches über sich selbst zu sagen.
Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Natürlich hat es das. Wenn ein Mensch in einer schweren schizophrenen Psychose einen anderen Menschen umbringt, dann wird er dafür nicht bestraft, weil er in seinem geisteskranken Zustand gar nicht schuldfähig ist.
Nach der Logik derjenigen, die eine generelle Handlungsfreiheit des Menschen negieren, gilt diese generelle Schuldunfähigkeit für alle Menschen, weil eben niemand etwas dafür kann, wie er sich verhält. Ergo dürfte man keinen Verbrecher mehr bestrafen. |
Unfug. Man muss keinen freien Willen annehmen, um zwischen geistig kranken und geistig gesunden Menschen unterscheiden zu können.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Schöngeist permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 06.10.2013 Beiträge: 803
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(#1913364) Verfasst am: 02.04.2014, 00:55 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Bekanntlich sind ja nur psychisch kranke Menschen dazu in der Lage, jemals etwas Falsches über sich selbst zu sagen.  |
Wie willst du feststellen, ob der Täter die Wahrheit sagt oder nicht?
Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Unfug. Man muss keinen freien Willen annehmen, um zwischen geistig kranken und geistig gesunden Menschen unterscheiden zu können. |
Wenn man behauptet, Menschen hätten generell keine Handlungsfreiheit, dann sind alle Menschen unschuldig für alle ihre Handlungen.
Deshalb müsste man geistig gesunde Menschen genauso mit Strafen verschonen wie Geisteskranke.
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Murphy auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.04.2011 Beiträge: 5000
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(#1913365) Verfasst am: 02.04.2014, 02:15 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: |
Wenn man behauptet, Menschen hätten generell keine Handlungsfreiheit, dann sind alle Menschen unschuldig für alle ihre Handlungen. |
Da offenbar hier niemand willens oder fähig ist, Dir zu erklären was Determinismus ist, werd ich das jetzt mal tun, auch wenn das natürlich bedeutet mich hier vorm gesamten FGH lächerlich zu machen. Nun gut, wär ja nicht das erste mal.
Also schau: Du glaubst mir doch sicher, wenn ich Dir sage, dass nichts im Universum ohne Ursache entsteht, oder? Wenn irgendwas passiert, dann hat das doch auch eine Ursache, das leuchtet doch ein, oder? Wenn ein Blatt vom Baum fällt, dann z.B. weil ein Windstoß es vom Zweig gerissen hat, nachdem es vorher schon ausgetrocknet war.
Und es fällt nach bestimmten Gesetzen, der Schwerkraft z.B. und schneller oder langsamer, je nachdem, wieviel Luftwiderstand es hat, was wiederum von der Oberfläche abhängt, die dieses Blatt aufweist.
Wenn ich jetzt alle Informationen über dieses Blatt hätte: Also, wie es genau aussieht, wie schwer es ist, in welchem Winkel es vom Baum hing etc. etc., einfach alles wüsste über dieses Blatt und zusätzlich noch genau alles über die Umgebung dieses Blattes, also welcher Wind geht, wie schnell etc usw., kurz: Wenn ich alle Informationen darüber hätte, dann könnte ich doch anhand dieser Daten nach den herrschenden Gesetzmäßigkeiten ausrechnen, wo das Blatt wann wie landen würde. Ich könnte es doch einfach vorausberechnen, sofern ich alle dazu notwendigen Informationen besäße, oder nicht?
Das Blatt kann auch letzten Endes gar nicht anders vom Baum fallen, als wie es das tut, weil es eben von Gesetzmäßigkeiten und den Eigenschaften, die es hat, abhängt. Oder denkst Du es ist nur Zufall, dass das Blatt nach unten fällt und theoretisch könnte es auch nach oben fallen wenn kein Wind geht? Oder es ist nur Zufall, dass es hierhin fällt und nicht dorthin, obwohl doch der Wind so und so war und das Blatt so und so schwer?
Und so funktioniert alles im Universum: Es ist alles eine riesengroße Kausalkette und alles was passiert ist die Wirkung irgendeiner Ursache und wird wiederum Ursache einer anderen Wirkung. D.h. das Universum läuft ab wie ein riiiieeeesiges Uhrwerk von Anfang an führt eins zum andern und das wiederum führt zum nächsten und so weiter und so weiter, bis irgendwann der Mensch rauskommt.
Und wie ist das beim Menschen? Auch der Mensch wirkt nicht einfach so ohne Ursache, sondern alles was er tut steht genauso am Ende einer schier unendlich langen Kausalkette. Jeder Gedanke und jedes Gefühl ist irgendein bestimmter Zustand von Gehirn- und Nervenzellen in unserem Körper und diese wiederum sind geprägt durch die Erfahrungen und Erlebnisse, die bereits gemacht wurden und durch eine ganze Menge mehr. Aber sie funktionieren auch mit chemischen Prozessen und/oder elektrischer Energie oder was weiß ich, jedenfalls auch nach den Naturgesetzen und nicht beliebig.
Und auch da führt eine Reaktion zur Nächsten, jede Ursache zu einer ganz bestimmten Wirkung und nur zu einer einzigen, möglichen und das nicht durch Zufall, sondern nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten. So, und wenn ich jetzt alles ganz genau wüsste: Deine ganzen Eindrücke, Erlebnisse, Erfahrungen usw. jeder einzelnen Zelle in Deinem Gehirn und wenn ich zusätzlich noch Deine ganze Umwelt, mit der Du wechselwirkst, bis ins Detail kennen würde, dann könnte ich anhand dieser herrschenden Gesetzmäßigkeiten zumindest theoretisch vorausberechnen, wie Du Dich weiter verhalten würdest, denn es ist ja die logische Konsequenz einer Kausalkette. Oder denkst Du Neuron xy feuert jedesmal dreimal, wenn es gereizt wird, nur manchmal halt nicht, dann hat es keine Lust dazu oder sich plötzlich 'anders entschieden'? Oder woher soll eine 'freie Entscheidung' (und frei wovon???) plötzlich kommen, wenn nicht als logische, gesetzmäßige Fortführung einer Kausalkette?
Das heißt also, wenn ich genügend Information hätte und einen Rechner groß genug um das alles zu verarbeiten (und schnell genug müsste er auch noch sein), dann könnte ich alles im Universum vorausberechnen, weil alles eben, einmal in Gang gesetzt, in einer gigantischen Kausalkette abläuft. Das bedeutet Determinismus. Und nach dem gibts eben keine frei Entscheidung und auch kein Wirken außerhalb der Kausalkette.
Muss man nicht mögen, ist vielleicht nicht 100% korrekt dargestellt, entspricht nicht der 'kopenhagener Deutung' und ist vielleicht nicht gerade auf dem neuesten Stand, aber es ist Determinismus und der nimmt einfach jeden und alles aus der Verantwortung, zumindest prinzipiell.
Und es ist aber auch scheißegal, ob dann ein Mensch irgendwie verantwortlich für sein Handeln genannt oder gemacht wird, weil die Richter, Staatsanwälte, genauso wie der Rest der Welt um ihn herum genauso determiniert sind wie er selbst und nichts, aber auch gar nichts, anders geschehen kann als so wie es geschieht und darum sagt Nietzsche auch mit Recht:
Nietzsche hat folgendes geschrieben: | Niemand ist dafür verantwortlich, daß er überhaupt da ist, daß er so und so beschaffen ist, daß er unter diesen Umständen, in dieser Umgebung ist. Die Fatalität seines Wesens ist nicht herauszulösen aus der Fatalität alles Dessen, was war und was sein wird. |
Und in diesem Sinne ist niemand verantwortlich und schon gar nicht schuldig.
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Murphy auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.04.2011 Beiträge: 5000
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(#1913366) Verfasst am: 02.04.2014, 04:54 Titel: |
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Im Übrigen brauchts den ganzen Schmonz gar nicht, Du brauchst bloß ne ehrliche Antwort geben auf die Frage, ob Du schon jemals eine Entscheidung getroffen hast, die Dir nicht als die beste erschien.
Sicher, Du hast schon oft Entscheidungen getroffen, die Dir nicht als die beste aller denkbar möglichen erschienen, bzw. die Wahl getroffen für das kleinere von mehreren Übeln. Aber unterm Strich entscheidest Du Dich immer für eine ganz bestimmte unter den gegebenen Umständen beste Möglichkeit zu handeln, und sei es, ein primäres Übel in Kauf zu nehmen um ein im übergeordneten Sinne höheres Gut zu erlangen. D.h. das wofür Du Dich entscheidest erscheint Dir immer als die beste Möglichkeit zu handeln, anders könntest Du Dich gar nicht dafür entscheiden. Die Bewertung, ob eine Entscheidung tatsächlich richtig oder falsch war erfolgt ja immer erst hinterher.
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#1913376) Verfasst am: 02.04.2014, 09:25 Titel: |
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Murphy hat folgendes geschrieben: |
Und in diesem Sinne ist niemand verantwortlich und schon gar nicht schuldig. |
Genau damit hat er ja ein Problem. Da wird nur wieder kommen und sich wiederholen: aber, wenn der heimtückische Raubmörder sich doch für den Raubmord entscheidet, was ich ja aus rationalen Gründen nicht mache, dann sagst du 'passt scho, bist nicht schuld, duziduzi, geh fein heim, und machs nimmer, ge'
Weil er das hier: Murphy hat folgendes geschrieben: | Im Übrigen brauchts den ganzen Schmonz gar nicht, Du brauchst bloß ne ehrliche Antwort geben auf die Frage, ob Du schon jemals eine Entscheidung getroffen hast, die Dir nicht als die beste erschien.
Sicher, Du hast schon oft Entscheidungen getroffen, die Dir nicht als die beste aller denkbar möglichen erschienen, bzw. die Wahl getroffen für das kleinere von mehreren Übeln. Aber unterm Strich entscheidest Du Dich immer für eine ganz bestimmte unter den gegebenen Umständen beste Möglichkeit zu handeln, und sei es, ein primäres Übel in Kauf zu nehmen um ein im übergeordneten Sinne höheres Gut zu erlangen. D.h. das wofür Du Dich entscheidest erscheint Dir immer als die beste Möglichkeit zu handeln, anders könntest Du Dich gar nicht dafür entscheiden. Die Bewertung, ob eine Entscheidung tatsächlich richtig oder falsch war erfolgt ja immer erst hinterher. |
Nicht verstehen kann oder/und nicht glauben will.
Dass es an besagter sehr vielschichtiger und schwer nachzuvollziehender Kausalkette hängt, dass er selbst sich gegen zB Diebstahl oder Mord entscheiden kann, sogar wenn der Affekt ihm das grad schmackhaft machen will, und ein andere aber nicht, ist ihm nicht einsichtig.
Es ist ja auch in vielem schwer zu verstehen, wieso jemand Verbrechen begeht die einem selbst sowas von fern wären und hinterhältig, brutal und grausam erscheinen. Und der Gerechtigkeitssinn, der wünscht das würde irgendwie ausgeglichen ist auch menschlich. Und ebenso die Hoffnung, je schlimmere Strafe droht, diese umso abschreckender wirkt - das funktioniert ja aber bekanntlich leider nicht so besonders gut. Die Frage wie gehen wir mit Verbrechern um, ist nun mal keine einfache.
(und die Ansicht was strafwürdige Verbrechen sind, ist nichts statisches und festes, manche halten Homosexualität für ein todeswürdiges Verbrechen und halten das für gerecht.Früher hielt man Prügel für Kinder als unverzichtbares Erziehungsmittel, auch wer sein Kind liebte. )
Um da bisschen dahinter zu steigen, müsste man aber ein wenig offener sein und bereit sich damit zu beschäftigen, das sehe ich bei Schöngeist aber gar nicht und halte ich die Antworten hier für sinnlos, wenn man ihm das näherbringen wollte.
Ich finde das Thema aber sehr interessant.
Hier ein Artikel der sich mit Täterpersönlichkeiten auseinander setzt und ein bisschen die Konsequenz fürs Strafrecht anreißt:
http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article113639377/Bleiben-wir-ein-Leben-lang-dieselben.html
drei Täterpersönlichkeiten beschreibt der da:
Zitat: | Die instrumentellen Gewalttäter, die etwa ein Drittel der Intensivstraftäter ausmachen, seien nicht psychisch krank, sondern in einem Umfeld aufgewachsen, in der Gewalt zum Überleben notwendig war oder die bevorzugte Strategie zur Konfliktlösung. Ihnen fehle ein Unrechtsbewusstsein, so Roth, und sie sind gewissermaßen falsch konditioniert worden.
Bei dem größten Teil – etwa 60 Prozent aller Intensivtäter – handelt es sich aber um impulsiv-reaktive Täter. Diese Gruppe fühlt sich sehr schnell von anderen bedroht und reagiert darauf unangemessen, was bedeutet: Sie schlagen zu.
"Wir gehen davon aus, dass es ganz unterschiedliche Systeme gibt, die unsere Psyche organisieren", sagt Roth. Das allererste sei das Stressverarbeitungssystem. Bei den impulsiv-reaktiven Gewalttätern zeige sich, dass sie nicht gut Stress aushalten – sie fühlen sich zu schnell und zu viel bedroht.
"Das zweite ist die mangelnde Impulshemmung, die dazu führt, dass bei vermeintlicher Bedrohung schnell zugeschlagen wird. Und das dritte ist ein Defizit im Selbstberuhigungssystem", erklärt Roth.
Häufig sei bei den jugendlichen Schwerkriminellen die Fähigkeit zum Mitgefühl geschwächt. "Denen tut es ein bisschen leid, wenn sie jemandem wehgetan haben, aber das ist ganz schnell vorbei", sagt Roth. Schon im Kindergartenalter falle diese Gruppe auf: durch motorische Unruhe, Schwierigkeiten bei der Impulskontrolle, wenig Empathie und mangelndes Selbstvertrauen.
Die dritte und kleinste Gruppe machen mit rund zehn Prozent die Psychopathen aus. Sie zeigen bereits als kleine Kinder manipulatives Verhalten, Reuelosigkeit und lügen chronisch. Und auch im Erwachsenenalter sind dies die wichtigsten Merkmale. "Dazu kommt ihre Furchtlosigkeit und ihr hervorragendes manipulatorisches Geschick", erklärt Roth. "Psychopathen können die Gefühle anderer außerordentlich gut lesen, sind aber gleichzeitig völlig gefühllos und reuelos. Und sie haben dieses Charisma, diese extreme Außenwirkung – das macht sie so gefährlich."
....
Roth betont, dass man hier mit Abschreckung nicht weiterkommt. Zwar machen sie nur etwa zehn Prozent aller Täter aus – sie begehen aber 90 Prozent der Straftaten.
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Ich lese da raus, dass man der Kausalkette besonder bei den Tätern der ersten und zweiten Gruppe gezielt neue Glieder zufügen versucht (zB Lernen stabile Beziehungen einzugehen), und andere zu schwächen versucht (zB das Umfeld meiden in dem Aggression ausleben anerkannt wird) usw
_________________ Tja
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Samson83 registrierter User
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(#1913378) Verfasst am: 02.04.2014, 09:29 Titel: |
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Schöngeist hat folgendes geschrieben: |
Wieso das? Wenn der Täter nicht psychisch krank ist, sondern eben ein "ganze normaler" Mörder? |
Wieso sollte er nicht lügen?
Zitat: |
Was ist denn für dich Gerechtigkeit, wenn beim Begriff von Gerechtigkeit für dich "obskur" ist? |
Für mein Strafverständnis ist dieser Begriff völlig überflüssig.
Zitat: | Wenn man behauptet, Menschen hätten generell keine Handlungsfreiheit, dann sind alle Menschen unschuldig für alle ihre Handlungen. Deshalb müsste man geistig gesunde Menschen genauso mit Strafen verschonen wie Geisteskranke. |
Gefährliche Geisteskranke werden nicht "verschont", sondern eingesperrt.
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step registriert
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Wohnort: Germering
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(#1913382) Verfasst am: 02.04.2014, 10:23 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Was ist denn für dich Gerechtigkeit, wenn beim Begriff von Gerechtigkeit für dich "obskur" ist? | Für mein Strafverständnis ist dieser Begriff völlig überflüssig. |
Schöngeist's Verständnis von "Gerechtigkeit" ist eher alttestamentarisch, so etwas wie Vergeltung / Rache / Sühne.
Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Wenn man behauptet, Menschen hätten generell keine Handlungsfreiheit, dann sind alle Menschen unschuldig für alle ihre Handlungen. |
Selbst wenn Menschen Handlungsfreiheit haben, aber keine Willensfreiheit, wenn sie also zwar präferent handeln, aber ihre Präferenzen nicht selbst bestimmen, macht ein traditioneller Schuldbegriff keinen Sinn, in dem Sinne, daß derjenige tatsächlich anders hätte handeln können und daher schuldig sei.
Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Deshalb müsste man geistig gesunde Menschen genauso mit Strafen verschonen wie Geisteskranke. |
Zumindest dürfte man Sanktionen nihct mit Schuld begründen.
Samson83 hat folgendes geschrieben: | Gefährliche Geisteskranke werden nicht "verschont", sondern eingesperrt. |
Genau, und zwar weil man sie für gefährlich hält, nicht weil sie gesündigt haben. Das Sanktionsrecht mag wieder andere ethische Probleme aufwerfen (z.B. wie gut kann man die Gefährlichkeit beurteilen), aber das ist wieder eine andere Diskussion.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
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Wohnort: Germering
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(#1913383) Verfasst am: 02.04.2014, 10:29 Titel: |
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astarte hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Roth betont, dass man hier mit Abschreckung nicht weiterkommt. Zwar machen [die Psychopathen] nur etwa zehn Prozent aller Täter aus – sie begehen aber 90 Prozent der Straftaten. |
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Das kann ich ja kaum glauben. Vermutlich sind hier nur bestimmte Straftaten gemeint.
astarte hat folgendes geschrieben: | Ich lese da raus, dass man der Kausalkette besonder bei den Tätern der ersten und zweiten Gruppe gezielt neue Glieder zufügen versucht (zB Lernen stabile Beziehungen einzugehen), und andere zu schwächen versucht (zB das Umfeld meiden in dem Aggression ausleben anerkannt wird) usw |
Ja, so sehe ich das auch. Kausalketten beeinflussen ist zwar auch im weitesten Sinne manipulativ, aber auf eine für die Gemeinschaft effizientere und für den potenziellen Täter weniger würdeverletzende Art als z.B. Gefängnisstrafen und Verbrechenskreisläufe.
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Wolf registrierter User
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(#1913384) Verfasst am: 02.04.2014, 10:36 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: | Schöngeist hat folgendes geschrieben: | Was ist denn für dich Gerechtigkeit, wenn beim Begriff von Gerechtigkeit für dich "obskur" ist? | Für mein Strafverständnis ist dieser Begriff völlig überflüssig. |
Schöngeist's Verständnis von "Gerechtigkeit" ist eher alttestamentarisch, so etwas wie Vergeltung / Rache / Sühne. |
Fordert er Körperstrafen?
Ansonsten wüsste ich nicht was an Schöngeists Gerechtigkeitsverständnis typisch alttestamentarisch ist.
_________________ Trish:(
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#1913401) Verfasst am: 02.04.2014, 12:55 Titel: |
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Wolf hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Schöngeist's Verständnis von "Gerechtigkeit" ist eher alttestamentarisch, so etwas wie Vergeltung / Rache / Sühne. | Fordert er Körperstrafen? |
Ja, irgendwie schon - jahrelang in eine Zelle eingeschlossen zu sein usw. kommt einer Körperstrafe schon recht nahe.
Wolf hat folgendes geschrieben: | Ansonsten wüsste ich nicht was an Schöngeists Gerechtigkeitsverständnis typisch alttestamentarisch ist. |
Daß er den Racheaspekt der Gerechtigkeit so stark betont.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1913405) Verfasst am: 02.04.2014, 13:07 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | astarte hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Roth betont, dass man hier mit Abschreckung nicht weiterkommt. Zwar machen [die Psychopathen] nur etwa zehn Prozent aller Täter aus – sie begehen aber 90 Prozent der Straftaten. |
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Das kann ich ja kaum glauben. Vermutlich sind hier nur bestimmte Straftaten gemeint.
astarte hat folgendes geschrieben: | Ich lese da raus, dass man der Kausalkette besonder bei den Tätern der ersten und zweiten Gruppe gezielt neue Glieder zufügen versucht (zB Lernen stabile Beziehungen einzugehen), und andere zu schwächen versucht (zB das Umfeld meiden in dem Aggression ausleben anerkannt wird) usw |
Ja, so sehe ich das auch. Kausalketten beeinflussen ist zwar auch im weitesten Sinne manipulativ, aber auf eine für die Gemeinschaft effizientere und für den potenziellen Täter weniger würdeverletzende Art als z.B. Gefängnisstrafen und Verbrechenskreisläufe. |
Mal 2 Fragen dazu:
1. Sind *Täter* für dich also lediglich *unsozial* oder *krank*?
2. Wie sehen deiner Vorstellung nach die *manipulativen Eingriffe* an Stelle von Gefängnisstrafen aus?
Und eine Zusatzfrage:
3a. Geht es dir primär darum, durch die Einführung manipulativer und kontrollierender an Stelle von Verfahren strafenden Verfahren, die Gesellschaft, wie sie ist, zu stabilisieren oder was sind deine Ziele bei deinen Überlegungen und Konzepten?
3b. Was ist, wenn die gesellschaftliche Struktur grundsätzlich nicht in Ordnung/ablehnenswert/usw. ist (- nach welchen Kriterien, lasse ich jetzt mal bei seite, es können auch deine sein -) und so eine Gesellschaft ihre Bevölkerung mit den von dir vorgeschlagenen manipulativen und kontrollierenden Methoden *sozialisiert*?
Hintergrund ist, dass verschiedene Gesellschaften und Kulturen ziemlich unterschiedliche Vorstellungen von sozialem Verhalten, Normalität oder Fairness, was auch immer haben.
Oder anders gefragt: Wer kontrolliert und manipuliert wen zu welchen Zwecken? Ist Kontrolle und Manipulatiion überhaupt zu bewerten ohne zuerst die Ziele dahinter zu hinterfragen?
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1913420) Verfasst am: 02.04.2014, 13:56 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... Kausalketten beeinflussen ist zwar auch im weitesten Sinne manipulativ, aber auf eine für die Gemeinschaft effizientere und für den potenziellen Täter weniger würdeverletzende Art als z.B. Gefängnisstrafen und Verbrechenskreisläufe. | 1. Sind *Täter* für dich also lediglich *unsozial* oder *krank*? |
Täter sind mindestens einmalig vom erwarteten Verhalten abgewichen, sie haben ein verhalten außerhalb der Norm gezeigt - und zwar in einem Bereich, in dem die Gesellschaft das nicht für harmlos hält. Beispiele:
- hochspekulative Finanzprodukte an Oma verkaufen: gilt als innerhalb der Norm -> Täter ist kein Verbrecher
- Nachbarn nicht grüßen: gilt als außerhalb der Norm aber harmlos -> Täter ist kein Verbrecher
- Homosex in Russland: gilt als außerhalb der Norm und gefährlich -> Täter ist ein Verbrecher
Man sieht, daß aus anderem Blickwinkel die Bewertung ganz anders aussehen kann. Selbst bei Krieg, Mord, Vergewaltigung, Betrug, Tierquälerei und Kinderprügeln. Du schreibst das ja auch weiter unten ganz richtig selbst:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Hintergrund ist, dass verschiedene Gesellschaften und Kulturen ziemlich unterschiedliche Vorstellungen von sozialem Verhalten, Normalität oder Fairness, was auch immer haben. |
Der Begriff "unsozial" betrifft eher die moralische Bewertung, zum Beispiel könnte eine Gesellschaft den Nichtgrüßer und den Finanzberater oben, oder auch einen Geizigen, als unsozial empfinden, gleichwohl nicht als Verbrecher. Der Begriff "krank" andererseits birgt die Gefahr der zu engen Sicht auf körperliche/geistige Fehlfunktionen. Also lassen wir diese Begriffe im Moment mal beiseite, um keine Nebendiskussion zu bekommen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | 2. Wie sehen deiner Vorstellung nach die *manipulativen Eingriffe* an Stelle von Gefängnisstrafen aus? |
Mit abnehmender Anwendungsbreite:
- "Erziehung"
- Therapien (siehe z.B. astartes Beitrag oben)
- Überwachung
- Sicherheitsverwahrung
Es ist übrigens eine schwierige Frage, wie stark man da überhaupt einfließen läßt, ob jemand schonmal zum Täter wurde oder nicht.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | 3a. Geht es dir primär darum, durch die Einführung manipulativer und kontrollierender an Stelle von Verfahren strafenden Verfahren, die Gesellschaft, wie sie ist, zu stabilisieren oder was sind deine Ziele bei deinen Überlegungen und Konzepten? |
Hauptziele:
- wenig Verbrechen
- keine Quälerei der Täter
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | 3b. Was ist, wenn die gesellschaftliche Struktur grundsätzlich nicht in Ordnung/ablehnenswert/usw. ist (- nach welchen Kriterien, lasse ich jetzt mal bei seite, es können auch deine sein -) und so eine Gesellschaft ihre Bevölkerung mit den von dir vorgeschlagenen manipulativen und kontrollierenden Methoden *sozialisiert*? |
Aus der Sicht dessen, der die grundlegenden Normen gern anders hätte, sollte es in einer offenen, modernen Gesellschaft einen Prozeß geben, wie er seine Wünsche veröffentlichen und einbringen kann. Die Manipulation darf daher auf keinen Fall soweit gehen, daß die Leute nicht mehr kritisch nachdenken können/wollen. Überigens haben wir dieses Problem mit dem geltenden Strafrecht genauso. Gerade dessen Befürworter argumentieren ja mit der general- und spezialpräventiven Abschreckungswirkung, die drakonische Strafen haben.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Oder anders gefragt: Wer kontrolliert und manipuliert wen zu welchen Zwecken? Ist Kontrolle und Manipulatiion überhaupt zu bewerten ohne zuerst die Ziele dahinter zu hinterfragen? |
Natürlich nicht. Wie ich schon oft geschrieben habe, steht am Anfang einer Ethik ein interessensausgleichender Zielkonsens, dann kommen die vereinbarten Werte und am Schluß werden daraus die geeigneten Mittel abgeleitet.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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