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Wenn für das Licht die Zeit still steht ....
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1948935) Verfasst am: 10.09.2014, 11:53    Titel: Antworten mit Zitat

Nachtrag: Über die These, dass Kant in wesentlichen Punkten einen Rückschritt gegenüber Bacon darstellt, lässt sich durchaus reden. Ich bin nicht gerade ein Fan von Kant und schon deshalb solchen Thesen gegenüber aufgeschlossen. Nur setzt eine solche Diskussion für mich ein Klima voraus, in dem Anliegen und Argumente grundsätzlich ernst genommen werden - auch die von Kant. Und das sehe ich hier leider nicht gegeben.

Insofern breche ich die Diskussion über Kant hier mal ab. Ist sowieso nicht Threadthema.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3726

Beitrag(#1949092) Verfasst am: 10.09.2014, 22:54    Titel: Re: Wenn für das Licht die Zeit still steht .... Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wie das geht stand im Kommentar zum Bildchen mit Cthulhu.

Nicht nachvollziehbar. Wie auch sonst das meiste, was du hier schreibst.

Mein Fehler, das nicht verständlicher gesagt zu haben.

Obwohl, hmm? aus meinem ersten Beitrag hier:

smallie hat folgendes geschrieben:
[Kant irrt] Einmal wegen Darwin: Raum und Zeit ist keine Wahrnehmung a priori, sondern wurde in der biologischen Geschichte entwickelt.


Das ist doch eigentlich eine verständliche Zusammenfassung von:

Zitat:
Donald T. Campbell 1916 – 1996

Campbell prägte den Begriff der evolutionären Erkenntnistheorie (evolutionary epistemology), der Ausdehnung der Darwinschen Evolutionstheorie auf die Entwicklung von kognitiven Mechanismen, und einer Verallgemeinerung von Karl Poppers Falsifikationismus. In diesem Bereich gehen die Konzepte der „blinden Selektion und selektiven Retention“ (Blind Variation and Selective Retention (BVSR)) sowie der „mittelbaren Selektion“ (vicarious selectors) auf ihn zurück, mit denen er erklärte, wie aus ursprünglich blinden Versuchen intelligenzgesteuerte Suchen mit früher entwickeltem Wissen entstehen können.

http://de.wikipedia.org/wiki/Donald_T._Campbell


Das gefettete ist genau der Grund, warum Kant mit seinen "Voraussetzungen" irrt.


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Nachtrag: Über die These, dass Kant in wesentlichen Punkten einen Rückschritt gegenüber Bacon darstellt, lässt sich durchaus reden.

Ok.


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Nur setzt eine solche Diskussion für mich ein Klima voraus, in dem Anliegen und Argumente grundsätzlich ernst genommen werden - auch die von Kant. Und das sehe ich hier leider nicht gegeben.

Eins habe ich gelernt in diesem Thread: was Ding-an-sich sein soll.

Ich dachte an derartiges. Vom Atom zum Beispiel haben wir zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Vorstellung. Die Griechen hatten ihre Sicht, nach Newton wurde diese Sicht spekulativ verfeinert. Dalton hatte die erste konkrete Vorstellung von einem Atom. Dann kamen Rutherford und Bohr und Schrödinger und und und... Das Atom als Ding-an-sich wäre nun die Kenntnis des Atoms in all seiner Pracht, die Kenntnis all seiner Eigenschaften. So dachte ich. Was sonst könnte sinnvollerweise gemeint sein?

Nun weiß ich, Dinge-an-sich, im Sinne Kants - die fallen bei mir unter Esoterik.


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Insofern breche ich die Diskussion über Kant hier mal ab. Ist sowieso nicht Threadthema.

Kant beiseite.

Ich finde, die Eingangsfrage eignet sich hervorragend als Anschauungsbeispiel für Erkenntnistheorie. Da kommen Philosophie, Evolutionsbiologie und Physik zusammen. Besser wird's nicht, wenn man darüber reden wollte.
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"There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1949103) Verfasst am: 10.09.2014, 23:24    Titel: Re: Wenn für das Licht die Zeit still steht .... Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Das Atom als Ding-an-sich wäre nun die Kenntnis des Atoms in all seiner Pracht, die Kenntnis all seiner Eigenschaften. So dachte ich.

Nicht die Kenntnis, sondern das Gekannte. Für Kant gibt es zwischen der Erkenntnis und dem erkannten Objekt immer eine Differenz, die schlechthin unüberbrückbar ist: Selbst wenn wir alles am Gegenstand kennen und erkennen, was wir kennen und erkennen können, kennen wir trotzdem immer nur seine Erscheinung und nicht den Gegenstand an sich.
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#1949112) Verfasst am: 10.09.2014, 23:40    Titel: Re: Wenn für das Licht die Zeit still steht .... Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Das Atom als Ding-an-sich wäre nun die Kenntnis des Atoms in all seiner Pracht, die Kenntnis all seiner Eigenschaften. So dachte ich.

Nicht die Kenntnis, sondern das Gekannte. Für Kant gibt es zwischen der Erkenntnis und dem erkannten Objekt immer eine Differenz, die schlechthin unüberbrückbar ist: Selbst wenn wir alles am Gegenstand kennen und erkennen, was wir kennen und erkennen können, kennen wir trotzdem immer nur seine Erscheinung und nicht den Gegenstand an sich.


Ist Dinge-an sich zu "kennen" nicht eigentlich nur .. uneigentliches Sprechen? Die Aussage "Ding an-sich kennen" macht doch im Kant'schen Rahmen überhaupt keinen Sinn. Das ist doch schon qua Definition ausgeschlossen.
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"A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1949118) Verfasst am: 10.09.2014, 23:55    Titel: Re: Wenn für das Licht die Zeit still steht .... Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Ist Dinge-an sich zu "kennen" nicht eigentlich nur .. uneigentliches Sprechen? Die Aussage "Ding an-sich kennen" macht doch im Kant'schen Rahmen überhaupt keinen Sinn. Das ist doch schon qua Definition ausgeschlossen.

Ja genau, das meinte ich ja.
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step
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Beitrag(#1949184) Verfasst am: 11.09.2014, 10:28    Titel: Re: Wenn für das Licht die Zeit still steht .... Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Ist Dinge-an sich zu "kennen" nicht eigentlich nur .. uneigentliches Sprechen? Die Aussage "Ding an-sich kennen" macht doch im Kant'schen Rahmen überhaupt keinen Sinn. Das ist doch schon qua Definition ausgeschlossen.
Ja genau, das meinte ich ja.

Dann hat smallie in diesem Kritikpunkt aber recht, oder? Ein "Ding-an-sich" als Element einer Erkenntnistheorie überhaupt nur zu erwähnen, ist dann irgendwie mindestens sinnlos.
smallie hat folgendes geschrieben:
Ich finde, die Eingangsfrage eignet sich hervorragend als Anschauungsbeispiel für Erkenntnistheorie. Da kommen Philosophie, Evolutionsbiologie und Physik zusammen. Besser wird's nicht, wenn man darüber reden wollte.

Sehe ich ähnlich. Und wenn man heute über Kategorien, Erkenntnistheorie, Realismus usw. philosophiert, sollte man möglichst Beispiele nehmen, die nicht in unsere intuitive Abdeckung fallen.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1949204) Verfasst am: 11.09.2014, 11:39    Titel: Re: Wenn für das Licht die Zeit still steht .... Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ein "Ding-an-sich" als Element einer Erkenntnistheorie überhaupt nur zu erwähnen, ist dann irgendwie mindestens sinnlos.

Nein, Kant geht es ja um die Voraussetzungen empirischer Erkenntnis. Die Affizierung der Sinne von außen ist eben eine davon.
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Zumsel
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Beitrag(#1949208) Verfasst am: 11.09.2014, 11:41    Titel: Re: Wenn für das Licht die Zeit still steht .... Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Ist Dinge-an sich zu "kennen" nicht eigentlich nur .. uneigentliches Sprechen? Die Aussage "Ding an-sich kennen" macht doch im Kant'schen Rahmen überhaupt keinen Sinn. Das ist doch schon qua Definition ausgeschlossen.
Ja genau, das meinte ich ja.

Dann hat smallie in diesem Kritikpunkt aber recht, oder? Ein "Ding-an-sich" als Element einer Erkenntnistheorie überhaupt nur zu erwähnen, ist dann irgendwie mindestens sinnlos.


Das ist ja nun so ziemlich der älteste Kritikpunkt überhaupt, den es gegen Kant gibt. Kant versucht ihm mit der angeblichen Notwendigkeit der "Erfahrung" als zeitliches Wesen durch die Wahrneumung äußerer Gegenstände zu begegnen.

http://gutenberg.spiegel.de/buch/kritik-der-reinen-vernunft-2-auflage-3502/65

Unabhängig davon, ob man das jetzt für plausibel hält oder nicht, denke ich aber, dass der Begriff "Ding an sich" für Kants Erkenntnistheorie nicht unbedingt notwendig ist.
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#1949212) Verfasst am: 11.09.2014, 11:55    Titel: Antworten mit Zitat

vielen Dank an tarvoc und smallie für das "philosophische" Unterhaltungsprogramm Sehr glücklich

ev. was für smallie:
http://www.philolex.de/kant.htm
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1949241) Verfasst am: 11.09.2014, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein "Ding-an-sich" als Element einer Erkenntnistheorie überhaupt nur zu erwähnen, ist dann irgendwie mindestens sinnlos.
Nein, Kant geht es ja um die Voraussetzungen empirischer Erkenntnis. Die Affizierung der Sinne von außen ist eben eine davon.

Einspruch. Du selbst hast oben (mE zurecht) geschrieben, daß wir unser Wissen immer nur an Erscheinungen festmachen. Diese Tatsache darf (und muß) in eine vernünftige Erkenntnistheorie einfließen. Daraus folgt aber nun erstens nicht, daß es dahinter Dinge-an-sich gebe. Insbesondere jedoch, zweitens, sollten diese (nur als ideeller Komplementärentwurf existierenden) "Dinge-an-sich" keinesfalls als wesentliches Element in einer Erkenntnistheorie auftreten, da auch die Erkenntnistheorie selbst eine gute Theorie sein soll, und nicht nur eine schlechte Metaphysik guter Theorien.

Ich hätte noch einen dritten Einwand, aber dess Gültigkeit hängt davon ab, worin genau denn der Zusammenhang zwischen "Dingen-an-sich" und "Voraussetzungen empirischer Erkenntnis" bestehen soll. Vielleicht kannst Du das ja noch genauer spezifizieren.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Das ist ja nun so ziemlich der älteste Kritikpunkt überhaupt, den es gegen Kant gibt. Kant versucht ihm mit der angeblichen Notwendigkeit der "Erfahrung" als zeitliches Wesen durch die Wahrneumung äußerer Gegenstände zu begegnen.

http://gutenberg.spiegel.de/buch/kritik-der-reinen-vernunft-2-auflage-3502/65

Ja, da graut mir schon nach ein paar Sätzen - die ganze Kategorisierung mit "inneren" vs. "äußeren" Erfahrungen ... und das verfehlte Ziel: Er selbst schreibt ja nach all den Kopfständen zusammenfassend:
Zitat:
Es hat hier, nur, bewiesen werden sollen, daß innere Erfahrung überhaupt nur durch äußere Erfahrung überhaupt möglich sei.
Man könnte auch etwas schärfer formulieren: Daß jede Erfahrung äußere Erfahrung ist. Selbst wenn man seiner Beweisführung zustimmen würde, könnte man allerhöchstens folgern, daß eine Erkenntnistheorie auch der Frage nachgehen sollte, welcher speziellen Natur intersubjektiv stabile Erfahrungen sind (Kant nennt das glaube ich "beharrlich").

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Unabhängig davon, ob man das jetzt für plausibel hält oder nicht, denke ich aber, dass der Begriff "Ding an sich" für Kants Erkenntnistheorie nicht unbedingt notwendig ist.

Ja, das vermute ich ebenfalls, aus dem hier Gesagten und Zitierten.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#1949262) Verfasst am: 11.09.2014, 14:24    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ja, da graut mir schon nach ein paar Sätzen - die ganze Kategorisierung mit "inneren" vs. "äußeren" Erfahrungen ...


Das muss man im Kontext von Kants Absicht verstehen, rein idealistischen oder gar soliphistischen Ansätzen den Boden zu entziehen. Das ist m.E. auch der eigentliche Hintergrund des Ding-an-sich-Gedöns.

step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn man seiner Beweisführung zustimmen würde, könnte man allerhöchstens folgern, daß eine Erkenntnistheorie auch der Frage nachgehen sollte, welcher speziellen Natur intersubjektiv stabile Erfahrungen sind (Kant nennt das glaube ich "beharrlich").


So kann man die Kategorientafel natürlich auch interpretieren.

step hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Unabhängig davon, ob man das jetzt für plausibel hält oder nicht, denke ich aber, dass der Begriff "Ding an sich" für Kants Erkenntnistheorie nicht unbedingt notwendig ist.

Ja, das vermute ich ebenfalls, aus dem hier Gesagten und Zitierten.


Es kommt halt drauf an, ob man in der Überwindung des Idealismus als für die Konsistent von Kants Philosophie notwendig erachtet.
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uwebus
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Anmeldungsdatum: 23.06.2011
Beiträge: 4688

Beitrag(#1949265) Verfasst am: 11.09.2014, 14:39    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
vielen Dank an tarvoc und smallie für das "philosophische" Unterhaltungsprogramm Sehr glücklich

ev. was für smallie:
http://www.philolex.de/kant.htm


Ein "lustiger" Auszug:

KANT: Der Mensch ist der Gesetzgeber der Natur! Unsere Erkenntnis richtet sich nicht nach den Gegenständen, sondern die Gegenstände richten sich nach unserer Erkenntnis!

Das heißt, vor dem Menschen können die Äpfel auch vom Boden auf den Apfelbaum aufgestiegen sein? Jetzt weiß ich auch, warum ich nach gut 4 Semestern Philosophie den Kram als akademisches Geschwafel an den Nagel gehängt habe, Kant übrigens schon früher.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1949267) Verfasst am: 11.09.2014, 14:52    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein "Ding-an-sich" als Element einer Erkenntnistheorie überhaupt nur zu erwähnen, ist dann irgendwie mindestens sinnlos.
Nein, Kant geht es ja um die Voraussetzungen empirischer Erkenntnis. Die Affizierung der Sinne von außen ist eben eine davon.

Einspruch. Du selbst hast oben (mE zurecht) geschrieben, daß wir unser Wissen immer nur an Erscheinungen festmachen.

Wie bitte? Es geht Kant um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Erscheinungen und die Erkenntnisse über sie überhaupt zustande kommen bzw. synthetisiert werden. Es gibt für Kant eben nicht nur die Sinnlichkeit, sondern noch eine zweite Erkenntnisquelle, nämlich den Verstand, und dieser ist selbstbezüglich, nämlich in Form des Cogito (des Ich-denke, das alle meine Vorstellungen a priori begleitet). Sobald dieses auf die eigenen Voraussetzungen reflektiert, haben wir Vernunft, und die Vernunft kann durch Reflektion darauf kommen, dass eine Voraussetzung von Sinnlichkeit darin besteht, dass die Sinne von außen affiziert werden. Auf die Dinge an sich kommt Kant also nicht durch Empirie, sondern durch Nachdenken, Reflektion auf die eigenen Voraussetzungen.

step hat folgendes geschrieben:
Ich hätte noch einen dritten Einwand, aber dess Gültigkeit hängt davon ab, worin genau denn der Zusammenhang zwischen "Dingen-an-sich" und "Voraussetzungen empirischer Erkenntnis" bestehen soll.

Die Dinge an sich gehören zu den Voraussetzungen. Anders als die subjektiven Voraussetzungen (Anschauungsformen, Verstandeskategorien) können sie als Voraussetzung allerdings nur gesetzt und nicht auch bestimmt werden.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1949271) Verfasst am: 11.09.2014, 14:56    Titel: Antworten mit Zitat

uwebus hat folgendes geschrieben:
Ein "lustiger" Auszug:

KANT: Der Mensch ist der Gesetzgeber der Natur! Unsere Erkenntnis richtet sich nicht nach den Gegenständen, sondern die Gegenstände richten sich nach unserer Erkenntnis!

Das heißt, vor dem Menschen können die Äpfel auch vom Boden auf den Apfelbaum aufgestiegen sein?

Da steht der Mensch, nicht der menschliche Wille. Naturgesetze zu formulieren ist nach Kant Aufgabe der theoretischen und nicht der praktischen Vernunft. Kant hat damit m.E. zwar trotzdem Unrecht, aber ganz so leicht kann man es sich dann eben doch nicht machen.
Die (heute meist Konstruktivismus genannte) Ansicht, dass Naturgesetze Konstrukte unserer Theorien sind und nicht objektive Tatsachen, gibt es auch heute noch, und zwar keineswegs nur in der Philosophie. Das ist auch in unseren Modellbegriff eingegangen.
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Smode
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Beiträge: 308

Beitrag(#1949289) Verfasst am: 11.09.2014, 16:04    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein "Ding-an-sich" als Element einer Erkenntnistheorie überhaupt nur zu erwähnen, ist dann irgendwie mindestens sinnlos.
Nein, Kant geht es ja um die Voraussetzungen empirischer Erkenntnis. Die Affizierung der Sinne von außen ist eben eine davon.

Einspruch. Du selbst hast oben (mE zurecht) geschrieben, daß wir unser Wissen immer nur an Erscheinungen festmachen.

Wie bitte? Es geht Kant um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Erscheinungen und die Erkenntnisse über sie überhaupt zustande kommen bzw. synthetisiert werden. Es gibt für Kant eben nicht nur die Sinnlichkeit, sondern noch eine zweite Erkenntnisquelle, nämlich den Verstand, und dieser ist selbstbezüglich, nämlich in Form des Cogito (des Ich-denke, das alle meine Vorstellungen a priori begleitet). Sobald dieses auf die eigenen Voraussetzungen reflektiert, haben wir Vernunft, und die Vernunft kann durch Reflektion darauf kommen, dass eine Voraussetzung von Sinnlichkeit darin besteht, dass die Sinne von außen affiziert werden. Auf die Dinge an sich kommt Kant also nicht durch Empirie, sondern durch Nachdenken, Reflektion auf die eigenen Voraussetzungen.


der verstand und die vernunft sind dann auch a priori? wenn nicht gehst du nicht wirklich auf die bemerkung ein..
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1949291) Verfasst am: 11.09.2014, 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

Smode hat folgendes geschrieben:
der verstand und die vernunft sind dann auch a priori?

Als Voraussetzungen von Erkenntnis, ja natürlich.
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uwebus
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Anmeldungsdatum: 23.06.2011
Beiträge: 4688

Beitrag(#1949296) Verfasst am: 11.09.2014, 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Die (heute meist Konstruktivismus genannte) Ansicht, dass Naturgesetze Konstrukte unserer Theorien sind und nicht objektive Tatsachen, gibt es auch heute noch, und zwar keineswegs nur in der Philosophie.


Es gibt keine "Naturgesetze", es gibt nur mathematische (abstrakte) Beschreibungen natürlicher Abläufe aufgrund von Beobachtungen/Experimenten.

"Objektive" Tatsachen gibt es ebenfalls nicht, sondern nur Tatsachen, die experimentell vor einem beliebigem Publikum wiederholt werden können. Denn "objektiv" kommt von Objekt und was ein Objekt ist weiß bis heute kein Mensch.

Das einzig Sinnvolle, was ich mir aus meinem mehrsemestrigen "Besuch" der Philosophie rausgepult habe, sind die Urfassung des Energieerhaltungssatzes (Sein=Substanz+Form; Form=Potenz+Akt, was mir Aristoleliker in dieser Form sowieso nicht abnehmen) sowie das monistische apeiron des Anaximander und dessen in endliche Kleinstmengen teilbare Atom des Demokrit.

Egal wie man die Natur zu verstehen sucht, man muß eine metaphysische Grundannahme treffen und versuchen darauf seine technische Weltsicht aufzubauen, denn das Sein als solches ist experimentell nicht nachweisbar, sondern nur in Form seiner Manifestationen, und da man ja selbst aus diesem Zeugs besteht kann man es nicht deduzieren. Damit steht die Aussage des Parmenides: Zum Sein gibt es keine denkbare Alternative, Nichtsein ist nicht denkbar.

Mehr brauchte ich nicht, um mir daraus meine Welt als Perpetuum mobile zu entwerfen. Also EINE EINZIGE Urform kreieren und die so hinzubiegen versuchen, daß man damit alle Beobachtungen der Naturwissenschaften erklären kann. Auf solch ein Modell warte ich seitens des Physik vergebens und solange hier mit den weiter oben kritisierten Begriffen wie Raum und Zeit gearbeitet wird, wird da auch nichts kommen.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1949308) Verfasst am: 11.09.2014, 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

Mit den Augen rollen
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#1949321) Verfasst am: 11.09.2014, 18:26    Titel: Antworten mit Zitat

uwebus hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
vielen Dank an tarvoc und smallie für das "philosophische" Unterhaltungsprogramm Sehr glücklich

ev. was für smallie:
http://www.philolex.de/kant.htm


Ein "lustiger" Auszug:

KANT: Der Mensch ist der Gesetzgeber der Natur! Unsere Erkenntnis richtet sich nicht nach den Gegenständen, sondern die Gegenstände richten sich nach unserer Erkenntnis!

Das heißt, vor dem Menschen können die Äpfel auch vom Boden auf den Apfelbaum aufgestiegen sein? Jetzt weiß ich auch, warum ich nach gut 4 Semestern Philosophie den Kram als akademisches Geschwafel an den Nagel gehängt habe, Kant übrigens schon früher.


Nein, das heisst es nicht - tarvoc hat es schon skizziert. Und Kant kann sicher nichts dafür dass du ihn dank deines sehr "schlichten mechanistischen" Weltbildes falsch - oder eher gar nicht - verstehst.

Wenn du Adorno der Philoschwurbelei bezichtigst, hättest du mein Verständnis zwinkern
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step
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Beitrag(#1949322) Verfasst am: 11.09.2014, 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es geht Kant um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Erscheinungen und die Erkenntnisse über sie überhaupt zustande kommen bzw. synthetisiert werden.

Ja, das ist mir bekannt.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es gibt für Kant eben nicht nur die Sinnlichkeit, sondern noch eine zweite Erkenntnisquelle, nämlich den Verstand, ...

Bis dahin kann ich ihm folgen. Zum Erkennen gehört u.a. auch das Systematisieren und Abstrahieren, das rein sinnlich üblicherweise nicht erfolgt.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... und dieser ist selbstbezüglich, nämlich in Form des Cogito (des Ich-denke, das alle meine Vorstellungen a priori begleitet). Sobald dieses auf die eigenen Voraussetzungen reflektiert, haben wir Vernunft, und die Vernunft kann durch Reflektion darauf kommen, dass eine Voraussetzung von Sinnlichkeit darin besteht, dass die Sinne von außen affiziert werden. Auf die Dinge an sich kommt Kant also nicht durch Empirie, sondern durch Nachdenken, Reflektion auf die eigenen Voraussetzungen.

Und an dieser Stelle ist er auf gewisse Weise selbst dem Idealismus verfallen, den er widerlegt. Kants Gehirn folgert die o.g. Dinge (zurecht oder auch nicht) auf der Basis einer modellhaften Repräsentation von sich selbst und der Welt. Etwas in seinem Gehirn verarbitet/deutet Reize, ob sie nun von außen oder von innen kommen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich hätte noch einen dritten Einwand, aber dess Gültigkeit hängt davon ab, worin genau denn der Zusammenhang zwischen "Dingen-an-sich" und "Voraussetzungen empirischer Erkenntnis" bestehen soll.
Die Dinge an sich gehören zu den Voraussetzungen.

OK. Kant schafft es aber nicht zu zeigen, daß aus der Beharrlichkeit mancher Phänomene die Existenz von Dingen-an-sich folgt - und damit auch nicht, daß letztere eine Vorausetzung für empirische Erkenntnis sind.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Anders als die subjektiven Voraussetzungen (Anschauungsformen, Verstandeskategorien) können sie als Voraussetzung allerdings nur gesetzt und nicht auch bestimmt werden.

Auch das finde ich problematisch. Die Bestimmung subjektiver Anschauungen erfolgt physikalisch-deterministisch (oder zufällig), die beharrlichen Phänomene dagegen können auch bestimmt (beeinflußt) werden, etwa durch den Bau einer Atombombe. Auch hier fußt Kants Unterscheidung letztlich auf der falschen Annahme einer Art Dualismus.
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Beitrag(#1949326) Verfasst am: 11.09.2014, 18:42    Titel: Antworten mit Zitat

uwebus hat folgendes geschrieben:
Mehr brauchte ich nicht, um mir daraus meine Welt als Perpetuum mobile zu entwerfen.

Deine Welt hat in der Tat viel von einem Perpetuum Mobile.
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Beitrag(#1949347) Verfasst am: 11.09.2014, 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Ist Dinge-an sich zu "kennen" nicht eigentlich nur .. uneigentliches Sprechen? Die Aussage "Ding an-sich kennen" macht doch im Kant'schen Rahmen überhaupt keinen Sinn. Das ist doch schon qua Definition ausgeschlossen.
Ja genau, das meinte ich ja.

Dann hat smallie in diesem Kritikpunkt aber recht, oder? Ein "Ding-an-sich" als Element einer Erkenntnistheorie überhaupt nur zu erwähnen, ist dann irgendwie mindestens sinnlos.


Das ist ja nun so ziemlich der älteste Kritikpunkt überhaupt, den es gegen Kant gibt. Kant versucht ihm mit der angeblichen Notwendigkeit der "Erfahrung" als zeitliches Wesen durch die Wahrneumung äußerer Gegenstände zu begegnen.

http://gutenberg.spiegel.de/buch/kritik-der-reinen-vernunft-2-auflage-3502/65

Unabhängig davon, ob man das jetzt für plausibel hält oder nicht, denke ich aber, dass der Begriff "Ding an sich" für Kants Erkenntnistheorie nicht unbedingt notwendig ist.


Darauf wollte ich zum Teil hinaus. Kant kann nicht begründen, dass Erfahrung äußerlich ist (dass es Dinge an-sich gibt). Ich halte das auch nicht für möglich. Das kann man m.E. nur praktisch begründen (alles andere anzunehmen ist unpraktisch).
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uwebus
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Beiträge: 4688

Beitrag(#1949350) Verfasst am: 11.09.2014, 21:39    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
uwebus hat folgendes geschrieben:
Mehr brauchte ich nicht, um mir daraus meine Welt als Perpetuum mobile zu entwerfen.

Deine Welt hat in der Tat viel von einem Perpetuum Mobile.


Und eure? Urknall mit Beginn von Raum und Zeit? Hört sich irgendwie nach Vatikan an. Schamane in Aktion
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uwebus
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Beitrag(#1949357) Verfasst am: 11.09.2014, 21:57    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:


Nein, das heisst es nicht - tarvoc hat es schon skizziert. Und Kant kann sicher nichts dafür dass du ihn dank deines sehr "schlichten mechanistischen" Weltbildes falsch - oder eher gar nicht - verstehst.

Wenn du Adorno der Philoschwurbelei bezichtigst, hättest du mein Verständnis zwinkern


Er_Win, solange Kant und seine Vertreter von Raum und Zeit schwurbeln und nicht die geringste Ahnung haben, wie sie diese Begriffe mit der Physis vereinen können, und zwar naturwissenschaftlich-technisch, ist mein "schlichtes mechanistisches" Weltbild immer noch besser als zwei technisch sinnlose Begriffe. Zumindest erlaubt mir mein schlichtes Gemüt empirieverträgliche technische Vorhersagen zu machen, ohne auf abstruse Annahmen wie beschleunigte Universumsexpansion, Raumkrümmung, verlustlosen Energietransport von A nach B, Urknalle, Paralleluniversen und ähnlichen Schwachsinn zurückgreifen zu müssen. Aber das ficht Philosophen sowieso nicht an, die interessieren technische Fragen nicht, für die kann das Universum auch Achterbahn fahren und in Rotwein baden.
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Tarvoc
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Beitrag(#1949400) Verfasst am: 12.09.2014, 01:57    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... und dieser ist selbstbezüglich, nämlich in Form des Cogito (des Ich-denke, das alle meine Vorstellungen a priori begleitet). Sobald dieses auf die eigenen Voraussetzungen reflektiert, haben wir Vernunft, und die Vernunft kann durch Reflektion darauf kommen, dass eine Voraussetzung von Sinnlichkeit darin besteht, dass die Sinne von außen affiziert werden. Auf die Dinge an sich kommt Kant also nicht durch Empirie, sondern durch Nachdenken, Reflektion auf die eigenen Voraussetzungen.

Kants Gehirn folgert die o.g. Dinge (zurecht oder auch nicht) auf der Basis einer modellhaften Repräsentation von sich selbst und der Welt. Etwas in seinem Gehirn verarbitet/deutet Reize, ob sie nun von außen oder von innen kommen.

Ich sehe nicht ganz, wo das dem widerspricht, was ich geschrieben habe.

step hat folgendes geschrieben:
OK. Kant schafft es aber nicht zu zeigen, daß aus der Beharrlichkeit mancher Phänomene die Existenz von Dingen-an-sich folgt - und damit auch nicht, daß letztere eine Vorausetzung für empirische Erkenntnis sind.

Wie? Dass unsere Sinne von außen affiziert werden, folgert Kant nicht aus der Beharrlichkeit von Phänomenen, sondern daraus, dass es überhaupt sinnliche Anschauung gibt.

Kleiner Hinweis: Dieses "von außen" ist bei Kant schlicht synonym mit Dingen an sich.

step hat folgendes geschrieben:
Auch hier fußt Kants Unterscheidung letztlich auf der falschen Annahme einer Art Dualismus.

Die "schlechthin scheidende Grenze" (Hegel) zwischen den Gegenständen und unserer Erkenntnis von ihnen ist bei Kant in der Tat immer schon vorausgesetzt.
_________________
"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Zumsel
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Beitrag(#1949424) Verfasst am: 12.09.2014, 09:26    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:


step hat folgendes geschrieben:
OK. Kant schafft es aber nicht zu zeigen, daß aus der Beharrlichkeit mancher Phänomene die Existenz von Dingen-an-sich folgt - und damit auch nicht, daß letztere eine Vorausetzung für empirische Erkenntnis sind.

Wie? Dass unsere Sinne von außen affiziert werden, folgert Kant nicht aus der Beharrlichkeit von Phänomenen, sondern daraus, dass es überhaupt sinnliche Anschauung gibt.

Kleiner Hinweis: Dieses "von außen" ist bei Kant schlicht synonym mit Dingen an sich.


Es kommt drauf an welche Stelle man in welcher Ausgabe liest. In der ersten Ausgabe der KdrV gibt Kant sich in der Tat mit der Formulierung "auf eine gewisse Weise affizieren" zufrieden. Nun muss dieses Affizieren aber nicht notwendigerweise von realen äußeren Dingen herrühren, es kann auch ein Produkt der Einbildungskraft sein. Daher war einer der Kritikpunkte in den ersten Rezeptionen der KdrV, dass Kant Descartes und Berkeley nicht wirklich überwunden hat. Das schien ihm aber durchaus wichtig zu sein, weshalb er die zweite Ausgabe u.a. um die oben verlinkte "Widerlegung des Idealismus" ergänzte.
Wem die Klärung der Frage, ob die Wahrnehmung auf realen Dingen oder der Einbildungskraft beruht nicht so wichtig erscheint, für den ist "auf eine gewisse Weise affizieren" natürlich hinlänglich konkret.
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step
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1949449) Verfasst am: 12.09.2014, 10:51    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
OK. Kant schafft es aber nicht zu zeigen, daß aus der Beharrlichkeit mancher Phänomene die Existenz von Dingen-an-sich folgt - und damit auch nicht, daß letztere eine Vorausetzung für empirische Erkenntnis sind.
Wie? Dass unsere Sinne von außen affiziert werden, folgert Kant nicht aus der Beharrlichkeit von Phänomenen, sondern daraus, dass es überhaupt sinnliche Anschauung gibt.

Kleiner Hinweis: Dieses "von außen" ist bei Kant schlicht synonym mit Dingen an sich.
Es kommt drauf an welche Stelle man in welcher Ausgabe liest. In der ersten Ausgabe der KdrV gibt Kant sich in der Tat mit der Formulierung "auf eine gewisse Weise affizieren" zufrieden. Nun muss dieses Affizieren aber nicht notwendigerweise von realen äußeren Dingen herrühren, es kann auch ein Produkt der Einbildungskraft sein. Daher war einer der Kritikpunkte in den ersten Rezeptionen der KdrV, dass Kant Descartes und Berkeley nicht wirklich überwunden hat. Das schien ihm aber durchaus wichtig zu sein, weshalb er die zweite Ausgabe u.a. um die oben verlinkte "Widerlegung des Idealismus" ergänzte.
Wem die Klärung der Frage, ob die Wahrnehmung auf realen Dingen oder der Einbildungskraft beruht nicht so wichtig erscheint, für den ist "auf eine gewisse Weise affizieren" natürlich hinlänglich konkret.

Genau. Es ist ja durchaus verständlich, daß Kant den Idealismus kritisiert. Ich wehre mich nur gegen die angeblich notwendige Einführung metaphysischer Vorausetzungen. Der Zusammenhang zwischen "beharrlichen" Phänomenen und Erkenntnis/Wissen dagegen ist übrigens mE interessant und auch durchaus ein moderne Frage.
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uwebus
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Beiträge: 4688

Beitrag(#1949481) Verfasst am: 12.09.2014, 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich wehre mich nur gegen die angeblich notwendige Einführung metaphysischer Voraussetzungen.


Metaphysik: Vielleicht sollten die hier versammelten Experten sich erst einmal darüber unterhalten, was der Begriff Metaphysik bedeutet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Metaphysikkritik

Auszug:
Die philosophische Disziplin der Metaphysik beschreibt zum einen Grundstrukturen der Realität, die nicht Gegenstand von einzelnen Erfahrungserkenntnissen oder von naturwissenschaftlichen Erklärungen sein können, sondern darüber hinausgehen oder ihnen zugrunde liegen.

Welche Voraussetzungen unterliegen denn nicht naturwissenschaftlichen Erklärungen, sondern liegen ihnen zugrunde?

Die Voraussetzung, daß die Welt sich bewegt und über räumliche Ausdehnung verfügt. Diese Grundstruktur muß man als gegeben hinnehmen (metaphysische Vorbedingung für Welt) und darauf sein Modell entwickeln.

Der einfachste Weg ist dann, ein metaphysisches Etwas zu postulieren, welches über Ausdehnung und über ein inhärentes Wirkprinzip verfügt. Dieses Wirkprinzip heißt actio=reactio, das bedeutet, es strebt Gleichgewicht an, erreicht es aber nie.

Und weil es nie Gleichgewicht erreicht, wirkt es in seiner einfachsten Form als Oszillator und in seiner komplexesten Form als Bewußtsein, denn was strebt Bewußtsein an? Gleichgewicht. Physisch strebt die Natur Gleichgewicht an; Himmelskörper streben gravitierend die Sphärenform an, Leben strebt körperliches Gleichgewicht an: Hunger > Essen, Durst >Trinken, Bewußtsein strebt geistiges Gleichgewicht an: auf eine Frage folgt die Suche nach einer Antwort.

Ein über Ausdehnung verfügendes metaphysisches Element mit einem inhärenten Wirkprinzip reicht, um das Universum damit zu erklären, beim Photon beginnend bis hin zum Menschen.

Philosophen wie Physiker sollten sich Occams Messer bedienen statt tonnenweise Papier zu bedrucken.

Winken
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step
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Beiträge: 22782
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Beitrag(#1949486) Verfasst am: 12.09.2014, 12:43    Titel: Antworten mit Zitat

uwebus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich wehre mich nur gegen die angeblich notwendige Einführung metaphysischer Voraussetzungen.
Metaphysik: Vielleicht sollten die hier versammelten Experten sich erst einmal darüber unterhalten, was der Begriff Metaphysik bedeutet.

Aber bitte nicht in einem Thread über die relativistische Eigenzeit des Lichts.
_________________
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vrolijke
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Beitrag(#1949487) Verfasst am: 12.09.2014, 12:43    Titel: Antworten mit Zitat

uwebus hat folgendes geschrieben:

Philosophen wie Physiker sollten sich Occams Messer bedienen statt tonnenweise Papier zu bedrucken.

Winken

Meinst, mit dieser Methode, wäre jemand auf die Plattentektonik gekommen?
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Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
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Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

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