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Schlumpf auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.11.2007 Beiträge: 2572
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(#1973830) Verfasst am: 23.12.2014, 21:12 Titel: |
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sehr gut hat folgendes geschrieben: |
Zum Problem wird es wenn Mensch Führung+Halt äusserlich sucht, dann können sie nicht nur von Menschen für deren Zwecke benutzt werden, sie müssen sich auch deren Verhaltensregeln anpassen(wes Brot ich eß...). |
Was auch wieder auf die Kirchen hierzulande zutrifft: Sie haben Sonderrechte in Bezug auf das Arbeitsrecht ihrer Angestellten. Regeln für die Gläubigen predigen sie sowieso.
Mit "Führung suchen" meinte ich nicht uns Menschen allgemein, die wir Teil einer Gemeinschaft sein wollen, um nicht an Einsamkeit zugrunde zu gehen, sondern Leute, die gerne und bereitwillig "Schaf" sind.
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#1973853) Verfasst am: 23.12.2014, 23:05 Titel: Re: Tipps für die Argumentation mit Religiösen |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Das ist ungefaehr genauso wie wenn mir ein Theist (...) |
Fettung von mir. Danke, Du hast gerade eine schön nostalgische Schulzeit-Erinnerung in mir ausgelöst, daran, wie mir mal ein Deutschlehrer exakt diese Formulierung doppelt rot unterstrich und ein "A" (Ausdruck!) an den Rand setzte. Mir fiel plötzlich auf, dass ich diese Formulierung auch häufig im Gespräch verwendete. Es machte mich stolz, diesen Fehler einzusehen und fürderhin zu vermeiden. Bis ich beim nächsten Aufsatz die Formulierung "manchmal immer" verwendete und erneut mit einem roten "A" belohnt wurde...
Entschuldigt das offtopic - weitermachen!
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
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schtonk dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.12.2013 Beiträge: 12078
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(#1973857) Verfasst am: 23.12.2014, 23:31 Titel: Re: Tipps für die Argumentation mit Religiösen |
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Chinasky hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Das ist ungefaehr genauso wie wenn mir ein Theist (...) |
Fettung von mir. Danke, Du hast gerade eine schön nostalgische Schulzeit-Erinnerung in mir ausgelöst, daran, wie mir mal ein Deutschlehrer exakt diese Formulierung doppelt rot unterstrich und ein "A" (Ausdruck!) an den Rand setzte. Mir fiel plötzlich auf, dass ich diese Formulierung auch häufig im Gespräch verwendete. Es machte mich stolz, diesen Fehler einzusehen und fürderhin zu vermeiden. Bis ich beim nächsten Aufsatz die Formulierung "manchmal immer" verwendete und erneut mit einem roten "A" belohnt wurde...
Entschuldigt das offtopic - weitermachen! |
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#1973871) Verfasst am: 24.12.2014, 01:54 Titel: Re: Tipps für die Argumentation mit Religiösen |
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Chinasky hat folgendes geschrieben: | beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Das ist ungefaehr genauso wie wenn mir ein Theist (...) |
Fettung von mir. Danke, Du hast gerade eine schön nostalgische Schulzeit-Erinnerung in mir ausgelöst, daran, wie mir mal ein Deutschlehrer exakt diese Formulierung doppelt rot unterstrich und ein "A" (Ausdruck!) an den Rand setzte. Mir fiel plötzlich auf, dass ich diese Formulierung auch häufig im Gespräch verwendete. Es machte mich stolz, diesen Fehler einzusehen und fürderhin zu vermeiden. Bis ich beim nächsten Aufsatz die Formulierung "manchmal immer" verwendete und erneut mit einem roten "A" belohnt wurde...
Entschuldigt das offtopic - weitermachen! |
Gut, dann streue ich Asche auf mein Haupt und darf jetzt auch stolz sein.
_________________ Defund the gender police!!
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Rabert Sapere aude!
Anmeldungsdatum: 31.03.2010 Beiträge: 977
Wohnort: im Zug
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(#1973954) Verfasst am: 24.12.2014, 15:57 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Rabert hat folgendes geschrieben: | Mit wirklich "Religiösen" kann man genauso wenig argumentieren wie man mit einem Schizophrenen während eines Schubs nicht darüber diskutieren kann, dass er in Wahrheit nicht Jesus oder Napoleon wäre. Was übrigens die Religiösen genauso über Atheisten sagen. |
Eine interessante Definition. Religion ist also was du indiskutabel findest. Sobald du etwas diskussionswürdig findest, hört es automatisch auf, Religion zu sein.
Deine Definition ist ein Prachtexemplar von einem echten Schotten.  |
Hä? Wie kommst du denn da drauf?
smallie hat folgendes geschrieben: | Rabert hat folgendes geschrieben: | Zwischen überzeugten Religiösen und Atheisten ist eine Kommunikation - geschweige denn eine Akzeptanz von Argumentation - genauso unmöglich wie zwischen Seegurke und Ameise. Der eine lebt in der für ihn wirklichen Welt des Glaubens, der andere in der des Wissens. |
Autsch. Es gibt auch atheistische Religionen. Oder meinetwegen agnostische Religionen, in denen die Existenz von Göttern keine Rolle spielt.
Siehe meinen Tipp #3:
smallie hat folgendes geschrieben: | - Man sollte auch nicht in einem Anfall von Eurozentrismus von den abrahamitischen Religionen auf alle Religionen schließen. |
Siehe auch:
Zitat: | Encyclopedia of Religion and Society - Atheism
It would be wrong to assume that atheism is always and everywhere at odds with religion, as there is a strong atheistic strand in such major world religions as Hinduism, Buddhism, and Jainism. Even within Christianity, atheism has been incorporated into modern theological developments such as the "New Theology" and "Death of God" movements of the 1960s.
http://hirr.hartsem.edu/ency/Atheism.htm |
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In dem Text oben habe ich den Begriff "Atheisten" im Sinne von "Nicht-Religiösen" verwendet, was aus dem Kontext heraus auch deutlich wird. Es sollte mir bewusst gewesen sein, dass der eine oder andere Erbsenzähler hier - unabhängig vom Gegenstand der Diskussion - sich auf derartiges Haarspalten zurückziehen wird.
smallie hat folgendes geschrieben: | Rabert hat folgendes geschrieben: | Der eine lebt in der für ihn wirklichen Welt des Glaubens, der andere in der des Wissens. |
Diese Kategorien sind nicht so klar voneinander abgegrenzt, wie du sie darstellst. Gelegentlich findet man sich auf der Seite des "nicht-gewußt" wieder, obwohl man so fest dran glaubte. |
Im Kontext der Diskussion sind diese beiden Kategorien durchaus klar voneinander abgegrenzt.
_________________ Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns eines Tages fragen: "Warum habt ihr nichts getan?!"
Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1973987) Verfasst am: 24.12.2014, 17:34 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | sehr gut hat folgendes geschrieben: | »Ihr lasst euch vorschreiben: "Damit darfst du nichts zu tun haben! Davon darfst du nicht essen! Das darfst du nicht einmal berühren!" Dabei geht es hier doch immer nur um Dinge, die sowieso keinen Bestand haben, Dinge, die dazu da sind, dass man sie verbraucht! ´Wer solchen Forderungen nachkommt,` folgt damit lediglich den Geboten und Lehren von Menschen.
Zugegeben, es handelt sich um eine Frömmigkeit, die den Anschein besonderer Weisheit hat: dieser selbstgewählte Gottesdienst, diese Demut, diese Schonungslosigkeit gegenüber dem eigenen Körper! Doch das alles ist ohne jeden Wert und dient nur dazu, das menschliche Geltungsbedürfnis zu befriedigen.«
(Paulus, ) |
Ja, nicht schlecht - ... |
Gefällt mir auch. Hätte ich so von Paulus nicht erwartet.
Schlägt in die gleiche Kerbe wie:
Zitat: | Mt 15,1-28
Ihr Heuchler, wie fein hat Jesaja von euch geweissagt und gesprochen (Jesaja 29,13): »Dies Volk ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist fern von mir; vergeblich dienen sie mir, weil sie lehren solche Lehren, die nichts als Menschengebote sind.«
https://www.die-bibel.de/bibelstelle/Matthäus%2015,1-28/ch/939d0d921f728afa16f7995ddaa147c0/ |
step hat folgendes geschrieben: | ... aber diese Sammlungen sind immer so widersprüchlich ... soll das jetzt heißen, man soll keinen Lehren von Menschen folgen, also auch dieser nicht? Oder nur Lehren, die sich auf Unvergängliches beziehen? Und wenn man nicht dem Mainstream folgt, ist das dann auch nur Geltungsbedürfnis? Und wie sah es mit Paulus' Geltungsbedürftigkeit aus? Fragen üer Fragen ... |
Die Fragen sind nur für jene problematisch, die eine solche Sammlung als göttliche Offenbarung verstehen. Versteht man sie als Menschenwerk, ist sofort klar, woher die Widersprüche kommen.
Übrigens heißt es auch:
Ein lobenswerter Aufruf, nicht alles kritiklos zu übernehmen. Aber auch ein fürchterlicher Gemeinplatz: was denn das Gute sei, darüber wird es Meinungsverschiedenheiten geben.
Das bringt mich auf diese Frage: was macht ein Theist, wenn er in seinem Heiligen Buch auf etwas stößt, das nicht seiner Überzeugung entspricht.
1) den Glauben verwerfen
2) die "werkgetreue" Überlieferung als "verfremdet" verwerfen und seinen persönlichen Glauben leben
3) seine Überzeugung als falsch verwerfen, schließlich steht es anders geschrieben, auch wenn es noch so falsch erscheint.
Das ist sozusagen eine aufgebohrte Pascalsche Wette. Wettest du auf eine möglicherweise verfälschte Überlieferung, oder setzt du auf deine eigene Intuition, weil du den göttlichen Funken in dir trägst - schließlich bist du nach seinem Bilde gemacht, und vom Baum der Erkenntnis hat man ja auch mal gegessen.
Was die Sache ins Absurde führt. Am Ende bleibt nur die Wahl, das zu tun, was man selbst für richtig hält. Damit der soziale Aspekt nicht untergeht: eine modernisierte Pascalsche Wette ginge eher so: "Was sagt deine Umwelt dazu, wenn du eine Konvention aufkündigst, wenn du tust was du für richtig, andere für falsch halten?"
Interessant scheint mir, daß Fall 3) in der Praxis nicht auftritt. Hat irgendjemand schon mal gesagt: "ich hab' zwar nichts gegen Ehebruch, gegen Schwule und Blasphemer, aber du wirst trotzdem gesteinigt, weil es das Gesetz so will."? Oder tritt er doch auf und wird nur nicht ausgesprochen? Ich denke, es ist genau dieser Fall, an dem sich Gläubige in liberale und fundamentale spalten.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1973991) Verfasst am: 24.12.2014, 17:44 Titel: |
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sehr gut hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Bemerkenswert ist, daß die Deutungshoheit über Religion bei uns institutionalisiert ist, und daß diese Institutionalisierung hingenommen wird. |
Zu meinen Gemeindezeiten liefen Kirchen wie die RKK unter weltliche Institution. "Deutungshoheit" in diesem Fall äusserliche 'weltliche' Macht. |
Du meinst, die Lehren der RKK wurden in deiner Gemeinde als "verwässert" angesehen?
sehr gut hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Ergänzend sei gesagt: wenn ich an alle mir weitläufig Bekannten denke, dann sind die Wenigsten am theologisch/philosophischen Rahmen interessiert. Rituale aber - Taufe, Hochzeit, Begräbnis - darauf möchten sie doch nicht verzichten. Das scheint mir der Grund zu sein, warum viele "Taufscheinchristen" weiterhin ihren Mitgliedsbeitrag bezahlen. |
Kirche ist für viele ein Dienstleister für bestimmte Rituale.
Rituale, die mit ihren Inhalten kaum noch was zu tun haben. |
Tja. Die Hindi können noch selbst in den Ganges steigen und sich rituell (rein-)waschen. Bei uns muß man von jemandem getauft werden.
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sehr gut dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 05.08.2007 Beiträge: 14852
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(#1974011) Verfasst am: 24.12.2014, 19:59 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Das ist sozusagen eine aufgebohrte Pascalsche Wette. Wettest du auf eine möglicherweise verfälschte Überlieferung, oder setzt du auf deine eigene Intuition, weil du den göttlichen Funken in dir trägst | Man steht sowieso alleine da, man selbst muß das "heilige Buch" sein.
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sehr gut dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 05.08.2007 Beiträge: 14852
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(#1974027) Verfasst am: 24.12.2014, 23:54 Titel: |
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smallie hat folgendes geschrieben: | Du meinst, die Lehren der RKK wurden in deiner Gemeinde als "verwässert" angesehen? | Die RKK galt u.a. als 'Götzendiener' - wegen Marienkult, 'heiliger Vater' Papst, etc etc
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1974080) Verfasst am: 25.12.2014, 18:12 Titel: |
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Rabert hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Rabert hat folgendes geschrieben: | Mit wirklich "Religiösen" kann man genauso wenig argumentieren wie man mit einem Schizophrenen während eines Schubs nicht darüber diskutieren kann, dass er in Wahrheit nicht Jesus oder Napoleon wäre. Was übrigens die Religiösen genauso über Atheisten sagen. |
Eine interessante Definition. Religion ist also was du indiskutabel findest. Sobald du etwas diskussionswürdig findest, hört es automatisch auf, Religion zu sein.
Deine Definition ist ein Prachtexemplar von einem echten Schotten.  |
Hä? Wie kommst du denn da drauf? |
Du setzt voraus:
- es gibt Leute, mit denen man nicht argumentieren kann.
- es gibt Religiöse.
Dann sagst du, nur die Religiösen, mit denen man nicht argumentieren kann, seien wirklich religiös.
Diese Argumentation nennt man den Fehlschluß vom wahren Schotten.
Rabert hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Rabert hat folgendes geschrieben: | Zwischen überzeugten Religiösen und Atheisten ist eine Kommunikation - geschweige denn eine Akzeptanz von Argumentation - genauso unmöglich wie zwischen Seegurke und Ameise. Der eine lebt in der für ihn wirklichen Welt des Glaubens, der andere in der des Wissens. |
Autsch. Es gibt auch atheistische Religionen. Oder meinetwegen agnostische Religionen, in denen die Existenz von Göttern keine Rolle spielt. |
In dem Text oben habe ich den Begriff "Atheisten" im Sinne von "Nicht-Religiösen" verwendet, was aus dem Kontext heraus auch deutlich wird. Es sollte mir bewusst gewesen sein, dass der eine oder andere Erbsenzähler hier - unabhängig vom Gegenstand der Diskussion - sich auf derartiges Haarspalten zurückziehen wird. |
In einem Thread, in dem es um "Tipps für die Argumentation mit Religiösen" geht, sollte man schon Roß und Reiter nennen, welche Religion man meint, und sich nicht auf einen mißverständlichen Kontext herausreden.
Den Vorwurf der Erbsenzählerei lese ich bei dir schon zum zweiten Mal. Das scheint bei dir eine Art Ersatzargument zu sein, wenn dir inhaltlich keine Kritik einfällt.
Rabert hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Rabert hat folgendes geschrieben: | Der eine lebt in der für ihn wirklichen Welt des Glaubens, der andere in der des Wissens. |
Diese Kategorien sind nicht so klar voneinander abgegrenzt, wie du sie darstellst. Gelegentlich findet man sich auf der Seite des "nicht-gewußt" wieder, obwohl man so fest dran glaubte. |
Im Kontext der Diskussion sind diese beiden Kategorien durchaus klar voneinander abgegrenzt. |
Wieviele der Christen in unserem Lande richten sich in ihrem Alltagsleben am Glauben aus?
Mit anderen Worten: kaum noch jemand lebt seinen konfessionellen Glauben. Wie sieht's mit dem Wissen aus? Ich bezweifle, daß die 87%, die auf strenge Religionsausübung verzichten, das tun, weil ihr Wissen um die Evolutionstheorie etc. sie dazu bringt. Wahrscheinlich ist ihnen der Sermon ihres Pfarrers einfach zu blöd, oder der Sonntagvormittag zu wertvoll, um ihn mit Kirchgang zu verbringen. (Ist aber auch eine Form des Wissens, was wichtig ist. )
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974378) Verfasst am: 27.12.2014, 23:00 Titel: |
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Zitat: | smallie:
Ich spinne das mal etwas fort:
Bemerkenswert ist, daß die Deutungshoheit über Religion bei uns institutionalisiert ist, und daß diese Institutionalisierung hingenommen wird. Sie erscheint aus unserer historischen Perspektive der Regelfall zu sein. Gibt es diese Institutionalisierung auch in den östlichen Religionen? Gibt es eine Institution, die einem Hindu vorschreibt, was er zu glauben hat? Ich bezweifle das, lasse mich aber gerne belehren.
Bemerkenswert ist auch, wie schnell das Christentum kanonisiert wurde, einschließlich "proprietärer" Erweiterungen wie der Erbsünde, dem Fegefeuer oder dem Zölibat. Bemerkenswert ist, wie die West- und oströmischen Kirchen den Zerfall des römischen Reiches überstanden haben; wie sie bei uns als politische Macht über die Einsetzung weltlicher Herrschern mitbestimmen konnte. Oft habe ich mich gefragt, was aus dem Christentum hätte werden können, wären die Nebenströmungen nicht ausradiert geworden. In meinem Halbwissen nenne ich die frühen Gnostiker, später Katharer, Albigenser. Hussiten auch und was es sonst noch gab. |
Hallo, bin gerade in dieses Forum gestolpert und habe diesen Absatz gelesen, der aussieht, als richte sich die Frage an mich...
Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit der Entstehung des Christentums und vertrete die These, dass Gnosis und rechtgläubige Kirche auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen: Auf das Thomasevangelium als die authentische Lehre des Jesus von Nazareth. Den Weg von Paulus' Auslegung kennen alle, der Weg der Gnosis ist viel verschlungener, trotzdem muss dieser zur gleichen Zeit begonnen haben, wie uns z.B. die Korintherbriefe zeigen.
Ich bin also davon ausgegangen, dass die Schnittmenge der Gnosis und der Pauluskirche zu der ersten Lehre gehört. Dazu kommen weitere Einzelheiten, die eher bei der Gnosis zu suchen sind, denn die geht ja auf die echten Apostel zurück (Paulus hat Jesus nie gesehen).
Da das Thomasevangelium der einzige Text ist, der nicht sicher auf Vorlagen zurückgreift und gleichzeitig zwischen den Strömungen angesiedelt ist, ist dieses Werk der beste Kandidat für das "missing link". Dazu kommen viele weitere Details, aber es wird zu lang...
Dieses Nebeneinander war aber von rechtgläubiger Seite immer eine Konfrontation. Die Gnostiker wurden verteufelt, später verbrannt. Die Pauluskirche bestand auf Glauben und verurteilte alle Experimente. Die Gnosis war viel toleranter und offener, was ihr leider zum Verhängnis wurde. Warum war sie so? Das liegt an dem anderen Gottesbild: "Gott" ist keine menschliche Figur, die hassen und lieben kann, belohnt und straft, sondern Gott ist vollkommen und hält sich an seine eigenen Gesetze, ist seine Gesetze. Um ihn zu erfahren, muss man beobachten und Rückschlüsse und daraus Erkenntnis (=Gnosis) ziehen, wie bei Alltagsproblemen. Solch eine Lehre ist offen. Nichts muss geglaubt werden. Sie kann (und will) wissenschaftliche Ergebnisse einbauen, eigentlich eine "Religion" (besser gefällt mir "Philosophie") für Aufgeklärte. Ohne davon viel zu verstehen, ähnelt sie "östlichen Religionen" wie Taoismus, Hinduismus, Buddhismus und natürlich der Stoa, auf die das Thomasevangelium zurückgeht.
Ich hoffe, ich habe niemanden gelangweilt.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1974379) Verfasst am: 27.12.2014, 23:04 Titel: |
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sehr gut hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Das ist sozusagen eine aufgebohrte Pascalsche Wette. Wettest du auf eine möglicherweise verfälschte Überlieferung, oder setzt du auf deine eigene Intuition, weil du den göttlichen Funken in dir trägst | Man steht sowieso alleine da, man selbst muß das "heilige Buch" sein. |
Ich denke, das läßt sich gut begründen:
Ein "heiliges Buch" kann letztlich nur Richtlinien und Daumenregeln vorgeben. Klar wird im Buch Levithikus versucht, hier ins Detail zu gehen. Aber was sagen uns heute noch Vorschriften darüber, wie mit Viehdieben umzugehen ist? Die Liste aller denkbaren ethischen Dilemmata ist lang. Kein heiliges Buch kann alle aufzählen, schon gar nicht zukünftige Dilemmata vorhersehen. Es bleiben nur Faustregeln wie "die 10 Gebote", oder der "achtfache Pfad".
Ein plumpes Beispiel. In den 10 Geboten heißt es: Du sollst nicht lügen.
Angenommen, jemand versteckt einen entlaufenen Sklaven. Angenommen, den Sklave erwartet eine drastische, zu drastische Strafe, wenn er eingefangen wird. Was soll dieser jemand antworten, wenn er gefragt wird: "Ist der Sklave bei dir?"
Eine Lüge wäre in seiner Lage ein läßliche Sünde.
Zum Ansatz stehe ich weiterhin., aber mir fällt auf, daß ich Mist geschrieben habe. Normalerweise würde ich sowas löschen und versuchen, ein besseres Argument zu finden. Diesmal lasse ich es stehen, weil es mir lehrreich erscheint.
Richtig lautet das Gebot nämlich: Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen. Das heißt ja nur, ich soll nicht über andere Lügen erzählen. Ich selbst kann lügen, wie gedruckt; im Einklang mit den zehn Geboten, wenn dabei nicht ein anderes verletzt wird.
So hat man mir das im Religionsunterricht aber nicht gesagt.
sehr gut hat folgendes geschrieben: | smallie hat folgendes geschrieben: | Du meinst, die Lehren der RKK wurden in deiner Gemeinde als "verwässert" angesehen? | Die RKK galt u.a. als 'Götzendiener' - wegen Marienkult, 'heiliger Vater' Papst, etc etc |
Inhaltlich ist das durchaus gerechtfertigt. Weiter oben nannte ich das "proprietäre" Erweiterungen.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1974464) Verfasst am: 28.12.2014, 12:50 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Die Gnosis war viel toleranter und offener, was ihr leider zum Verhängnis wurde. Warum war sie so? Das liegt an dem anderen Gottesbild: "Gott" ist keine menschliche Figur, die hassen und lieben kann, belohnt und straft, sondern Gott ist vollkommen und hält sich an seine eigenen Gesetze, ist seine Gesetze. Um ihn zu erfahren, muss man beobachten und Rückschlüsse und daraus Erkenntnis (=Gnosis) ziehen, wie bei Alltagsproblemen. Solch eine Lehre ist offen. Nichts muss geglaubt werden. Sie kann (und will) wissenschaftliche Ergebnisse einbauen, eigentlich eine "Religion" (besser gefällt mir "Philosophie") für Aufgeklärte. Ohne davon viel zu verstehen, ähnelt sie "östlichen Religionen" wie Taoismus, Hinduismus, Buddhismus und natürlich der Stoa, auf die das Thomasevangelium zurückgeht.
Ich hoffe, ich habe niemanden gelangweilt. |
Hallo Judas,
ich verfolge mit Interesse deine Posts. Du scheinst "dein Ding" mit Sachkenntnis und tiefer innnerer Ergriffenheit studiert zu haben. Das bewundere ich.
Diesem deinem Beitrag bin ich aber nicht einverstanden, schon weil du die "östlichen Religionen" *grinsaugenroll" in einen Topf schmeisst.
Schon der sg. Hinduismus ist eine Sammelbezeichnung für teilweise völlig unterschiedliche Religionen auf dem indischen Subkontinent, die auch noch stark von regionalen Bräuchen überlagert sind.
Der sg. Buddhismus, also im wesentlichen buddhadhamma, würde ich auch nicht als Religion im herkömmlichen Sinne bezeichnen. Diese Lehre kann vor allem nicht in einem Atemzug mit einer Religion genannt werden (um eine Ähnlichkeit anzudeuten), die auf der Annahme eines ewigen, allmächtigen Gottes basiert.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974474) Verfasst am: 28.12.2014, 13:30 Titel: |
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Hallo Naastika,
die Tatsache, dass ich die "östlichen Religionen" in einen Topf werfe, liegt daran, dass ich so wenig über sie weiß. Wichtig ist mir, dass sie, und damit meine ich die Mehrzahl ihrer Anhänger, (soweit ich weiß) keinen Absolutheitsanspruch haben.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass meine Ergebnisse darauf hindeuten, dass Jesus von Nazareth ebenfalls keinen Absolutheitsanspruch gestellt hat.
Ich dachte, das passt gut in ein Forum, das aus Freigeistern besteht.
Ist doch spannend, oder?
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1974511) Verfasst am: 28.12.2014, 15:34 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Wichtig ist mir, dass sie, und damit meine ich die Mehrzahl ihrer Anhänger, (soweit ich weiß) keinen Absolutheitsanspruch haben.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass meine Ergebnisse darauf hindeuten, dass Jesus von Nazareth ebenfalls keinen Absolutheitsanspruch gestellt hat.
Ich dachte, das passt gut in ein Forum, das aus Freigeistern besteht.
Ist doch spannend, oder? |
In der Tat, interessant. Allerdings bin ich mir nicht wirklich sicher, ob sich aus deinen Erkenntnissen ein unzweifelhafter Distillat von Aussagen einer konkreten Einzelperson herleiten lässt.
Und wenn ja, dann ist dieser Mensch jedenfalls kein Gott und Sohn Gottes, wie die westliche Theologie ihn beschreibt.
Somit hättte der Inhalt seiner Aussagen eh keinen Einfluss auf mein Leben.
Und: Ja, du und dein Beitrag passt hier schon.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974543) Verfasst am: 28.12.2014, 17:23 Titel: |
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Soll ich metaphysisch werden? Natürlich ist Jesus Gott (gewesen). Es hängt nur davon ab, was "Gott" ist. Und das ist ein anderer spannender Aspekt meiner Arbeit. Ich behaupte nicht nur das Bindeglied zwischen rechtgläubigem Christentum und Gnosis gefunden zu haben, sondern auch den Code des Thomasevangeliums geknackt zu haben. Ich weiß, was gemeint ist mit "den Tod nicht schmecken".
Doch wichtiger als seine Lehre von Leben und Tod ist für "Freigeister" sein Postulat, die Grenzen niederzureißen, die Unterschiede aufzuheben. Es ist, auch ohne den Code zu kennen, leicht, diese Botschsft aus dem Thomasevangelium herauszulesen. Dort steht, dass alle jüdischen Regeln, die der Abgrenzung zu anderen Menschen dienen, keine Daseinsberechtigung haben. Auch die Erklärung überrascht: Weil sie unnatürlich sind.
Und hier komme ich zum Thema: Dem Umgang mit Gläubigen (vermutlich auch mit Dir?):
Bescheidenheit, die Erkenntnis, selbst nicht zu wissen, was "wahr" ist, keine zusätzlichen Mauern aufbauen zu denen, die sowieso schon viel zu hoch sind, das muss den Umgang miteinander bestimmen. In meinem Modell vertritt Mohandas K. Gandhi die Figur "Jesus von Nazareth". Er sagt:
"Ich kam vor langer Zeit zu dem Schluss, ... dass alle Religionen wahr sind und alle Fehler beinhalten, während ich an meiner eigenen festhalte, sollte ich andere genauso schätzen wie den Hinduismus. Deshalb können wir nur beten, wenn wir Hindus sind, nicht, dass ein Christ ein Hindu werden soll, ... sondern unser innerstes Gebet sollte sein, dass ein Hindu ein besserer Hindu, ein Moslem ein besserer Moslem, ein Christ ein besserer Christ werden soll." (Young India 19.1.1928).
Zynismus, wie hier am Anfang gepostet, erhöht die Mauern.
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1974559) Verfasst am: 28.12.2014, 18:19 Titel: |
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Naastika hat folgendes geschrieben: | Der sg. Buddhismus, also im wesentlichen buddhadhamma, würde ich auch nicht als Religion im herkömmlichen Sinne bezeichnen. Diese Lehre kann vor allem nicht in einem Atemzug mit einer Religion genannt werden (um eine Ähnlichkeit anzudeuten), die auf der Annahme eines ewigen, allmächtigen Gottes basiert. |
Was eine Religion im "herkömmlichen Sinne" ist, hmm? Die Antwort hängt wohl davon ab, wo man herkommt.
Um nicht noch einmal auf dem wahren Schotten herumreiten zu müssen, stelle ich die Gretchenfrage:
Was ist Religion?
Ursula K. LeGuin legt in ihrem Buch The Dispossessed einem Protagonisten dies in den Mund: "Religion ist die tiefste Verbindung, die ein Mensch zum Kosmos hat." Damals, als ich das im Pennäleralter las, hat mich das irritiert: "Warum kommt die jetzt mit dem Scheiß?" Inzwischen meine ich, es zu verstehen. In meinem privaten Sprachgebrauch ist Religion dazu geworden: zur Summe dessen, was ich glaube, ohne es wasserdicht belegen zu können. Wenn ich vor der Frage stehe, machst es so? oder machst es anders? dann sind es letztlich "quasi-religiöse" Grundsätze, die mich eine Richtung einschlagen lassen.
Falls ihr jetzt sagt: "Mensch, smallie, komm wieder runter. Du mußt dein Bauchgefühl und deine Intuition nicht religiös verbrämen." - dann widerspreche ich nicht.
Genug geschwätzt. Ich laß mal die Großen ran:
Was ist Religion?
Wikipedia.de sagt:
Sehr allgemein.
Zitat: | Es gibt verschiedene Definitionsversuche. Grob lassen sich substantialistische und funktionalistische Ansätze unterscheiden. Substantialistische Definitionen versuchen, das Wesen der Religion etwa in ihrem Bezug zum Heiligen, Transzendenten oder Absoluten zu bestimmen. Funktionalistische Religionsbegriffe versuchen Religion anhand ihrer gemeinschaftsstiftenden gesellschaftlichen Rolle zu bestimmen. |
Schon besser. Mir fehlt noch die Erwähnung, ob das "Transzendente" irgend ein Interesse zeigt an menschlich/gesellschaftlichen Abläufen.
Zitat: | Eine der berühmtesten und oft zitierten Definitionen von Religion stammt von Friedrich Schleiermacher und lautet: Religion ist „das Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott“. |
Die Verknüpfung von Religion und Gott scheint in unserem Kulturkreis wirklich tief zu sitzen.
Wikipedia.en sagt:
Zitat: | A religion is an organized collection of beliefs, cultural systems, and world views that relate humanity to an order of existence. [note 1] Many religions have narratives, symbols, and sacred histories that aim to explain the meaning of life and/or to explain the origin of life or the Universe. From their beliefs about the cosmos and human nature, people may derive morality, ethics, religious laws or a preferred lifestyle. According to some estimates, there are roughly 4,200 religions in the world.
http://en.wikipedia.org/wiki/Religion |
Die Fußnote 1:
Zitat: | While religion is difficult to define, one standard model of religion, used in religious studies courses, was proposed by Clifford Geertz, who simply called it a "cultural system" [...] A critique of Geertz's model by Talal Asad categorized religion as "an anthropological category". [...] |
Klingt erst mal gut. Aber wie grenzt man das dann von weltlichen Kategorien ab?
Zitat: | [...] in the words of Émile Durkheim, religion differs from private belief in that it is "something eminently social". |
Meine obige Privatdefinition von Religion ist gar keine Religion, wenn ich nicht ein paar Jünglinge und sonstige Groupies anziehe. Für den praktischen Sprachgebrauch finde ich die Beschränkung von Religion auf "ausgesprochen gesellschaftliches" - "eminently social" sehr sinnvoll. Eine Religion ohne Anhänger ist keine.
Aber, hmm. Vor einer Weile habe ich Thomas Paine, The Age of Reason zitiert. Er war Deist und gegen organisierte Religion. Religion war für ihn nichts, das in den öffentlichen Raum gehört.
Und nun? Was ist Religion wirklich?
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3726
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(#1974563) Verfasst am: 28.12.2014, 18:33 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: | Ich weiß, was gemeint ist mit "den Tod nicht schmecken". |
Erzähl doch mal.
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1974565) Verfasst am: 28.12.2014, 18:45 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Und hier komme ich zum Thema: Dem Umgang mit Gläubigen (vermutlich auch mit Dir?): |
Falls, mit "Dir" ich gemeint sein sollte: Ich glaube an nichts, weiss ganz wenig (aus eigener Erfahrung), halte Vieles für möglich, und das Meiste für irrelevant.
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Bescheidenheit, die Erkenntnis, selbst nicht zu wissen, was "wahr" ist, keine zusätzlichen Mauern aufbauen zu denen, die sowieso schon viel zu hoch sind, das muss den Umgang miteinander bestimmen. In meinem Modell vertritt Mohandas K. Gandhi die Figur "Jesus von Nazareth". Er sagt:
"Ich kam vor langer Zeit zu dem Schluss, ... dass alle Religionen wahr sind und alle Fehler beinhalten, während ich an meiner eigenen festhalte, sollte ich andere genauso schätzen wie den Hinduismus. Deshalb können wir nur beten, wenn wir Hindus sind, nicht, dass ein Christ ein Hindu werden soll, ... sondern unser innerstes Gebet sollte sein, dass ein Hindu ein besserer Hindu, ein Moslem ein besserer Moslem, ein Christ ein besserer Christ werden soll." (Young India 19.1.1928).
Zynismus, wie hier am Anfang gepostet, erhöht die Mauern. |
Ja, einfach ein bisschen mehr von praktiziertem Humanismus (auch das grosses Thema im FGH) wäre für alle Menschen gut, unabhängig von Glauben oder Nichtglauben.
Und, Judas, das Kleinbisschen an Zynismus, meist durchaus auch wohlwollend schmuntzelnd, gehört zum Freigeistersein dazu.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974566) Verfasst am: 28.12.2014, 18:48 Titel: |
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Die Etymologie des Wortes "Religion" ist wohl unklar, oder? Sie könnte uns einen Fingerzeig geben. Ich glaube, das Wort muss man sehr vielschichtig betrachten.
1. In unserem "Kulturkreis" ist es eine Buchreligion mit dem hässlichen Zusatz der Abgrenzung gegen andere. Dazu gehört ein Glaube, der uns von Kindesbeinen begleitet und damit emotional geworden ist. Dieser Glaube ist irrational und durch die Logik ad absurdum zu führen.
2. Weiter gefasst ist es jeder Glaube an unbeweisbare Mächte, die willkürlich in unser Leben eingreifen und auf die wir einen gewissen Einfluss ausüben können, genauso irrational wie im ersten Fall.
3. Noch weiter gefasst ist es der Bezug zu einer höchsten Kraft, die nicht unbedingt beeinflussbar ist oder willkürlich in unser Leben eingreift. Bei dieser 3. Fassung verschwimmt die Grenze zur Philosophie. In diese Art Religion kann Logik und Naturwissenschaft integriert werden.
Mein Kurzfassungsvorschlag:
Religion beantwortet die Frage nach dem Sinn meines Lebens.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974571) Verfasst am: 28.12.2014, 19:14 Titel: |
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"den Tod nicht schmecken" verspricht die Einleitung des Thomasevangeliums. Da hier 114 Jesus-Sprüche und -Geschichten aufgezählt werden, haben sich seit den 50ern fast nur Theologen um den Text bemüht. Die meisten kommen zu einem Schluss, der mit dem christlichen Glauben kompatibel ist (oh Wunder).
Ich als Nichtreligiöser Alt-Ägypten-Fanatiker kam auf den Text, weil ich Koptisch lernen wollte. Mich hat die Logik fasziniert. Z.B. lehnt Jesus (hier immer der Protagonist des Thomasevangeliums [EvTh]) die Beschneidung mit dem Hinweis darauf ab, dass der "lebendige Vater" die Jungs schon ohne Vorhaut erzeugen würde, wenn er es so wollte. Hat mich überzeugt. Dann fing ich an, nach weiteren logischen Zusammenhängen zu suchen. Am Ende steht die Lehre von der Dreiteilung des Menschen:
1. Der Körper (soma) wird immer wieder neu von der Natur erzeugt. Geburt und Sterben sind nichts Einmaliges, eigentlich dasselbe.
Das passt gut zu meinem Verständnis des Lebens. Individualität kann gar nichts Genetisches sein. Meine Brüder sind eineiige Zwillinge, Klone, trotzdem zwei Individuen. Meine Geburt ist im Parallelschluss nichts Einmaliges, physikalische Singularitäten sind nach meinem Verständnis Wissenslücken. Alles wiederholt sich.
2. Die Intelligenz (psyche) basiert auf dem biologischen Gehirn und hängt so mit dem Körper zusammen, wird mit ihm geboren und stirbt mit ihm.
3. Das Bewusstsein (pneuma) übernehme ich von meiner Umgebung, in erster Linie von Menschen, auch von gestorbenen (Bücher, Filme...). Erst durch diese Implantation erlange ich überwiegend im dritten oder vierten Lebensjahr das Bewusstsein/Gedächtnis. Meine Intelligenz verändert dieses Bewusstsein und gibt es an andere zurück und weiter. Solange ich biologisch lebe, trage ich dieses Bewusstsein, besser ein kleines Stück davon, einen Krümel der Weltseele (bei Jesus die reine Vernunft, andere übersetzen "heiliger Geist").
Jesus' Ansicht ist also, dass die Intelligenz mit dem Körper stirbt und immer wieder geboren wird, das Bewusstsein aber unsterblich ist. Das ist das Leben. Der Tod aber existiert in diesem System nicht, so wenig wie die "Zeit", die ich im Tiefschlaf oder der Narkose verbringe, für mich existiert.
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Schlumpf auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.11.2007 Beiträge: 2572
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(#1974592) Verfasst am: 28.12.2014, 20:43 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Mein Kurzfassungsvorschlag:
Religion beantwortet die Frage nach dem Sinn meines Lebens. |
Entschuldige, aber wer sich damit zufrieden gibt, ist arm dran. Religion gibt auf komplizierte Fragen einfache (naive, primitive) Antworten.
Zitat: | Religion ist die einzige Philosophie, die das Durchschnittshirn verstehen und annehmen kann. | (Joseph Joubert, franz. Moralist, 1754-1824)
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1974599) Verfasst am: 28.12.2014, 21:33 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Mein Kurzfassungsvorschlag:
Religion beantwortet die Frage nach dem Sinn meines Lebens. |
Was ist Sinn? Das, wofür man tatsächlich, aus freiem Entschluss, lebt? Oder wie man lebt, weil einem sonst nichts übrig bleibt? Oder wofür man leben möchte, aber aus welchem Grund auch immer nicht schafft?
Weshalb muss dabei das big word-Religion verwendet werden?
@judas und smillie: Sehr interessante Diss., blöderweise hindert mich der Rest der Familie an Computernutzung. Tja, das ist halt dukkha, was verschlichereweise als Leid übersetzt wird, im Grunde aber nur Unzulänglichkeit bedeutet.
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974604) Verfasst am: 28.12.2014, 22:12 Titel: |
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Naastika hat folgendes geschrieben: |
Was ist Sinn? Das, wofür man tatsächlich, aus freiem Entschluss, lebt? Oder wie man lebt, weil einem sonst nichts übrig bleibt? Oder wofür man leben möchte, aber aus welchem Grund auch immer nicht schafft? |
Wenn ich Jesus richtig verstanden habe, dann ist das Leben so etwas wie ein Computerspiel, in dem man immer wieder eine Chance bekommt, die Welt zu verbessern, in die man wieder hineingeboren wird.
Auf der anderen Seite ganz abgehoben gesehen:
Die Natur (=Jesus' lebendiger Vater) hat uns entstehen lassen, damit sie sich selbst erkennt.
In Spruch 3 sagt das EvTh: "...Wer sich selbst erkennt, wird erkannt und stellt fest, dass er das Kind des lebendigen Vaters ist..."
Da fällt mir auf: Ich bin off topic.
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1974612) Verfasst am: 28.12.2014, 23:02 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Die Natur (=Jesus' lebendiger Vater) hat uns entstehen lassen, damit sie sich selbst erkennt.
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Und gerade die Annahme eines willentlichen, bewussten Schöpfungsaktes dieser Entiät genannt Gott macht mir diese unsympathisch.
Und sie tut dieses um ihrer selbst willen. Mit allen durchaus wirklich leidhaften Unzulänglichkeiten, die einer jeden Existenz anhaften. Uns, den geschaffenen bewussten, vernunftbegabten Wesen.
Na danke aber auch...
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974619) Verfasst am: 28.12.2014, 23:34 Titel: |
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Wie gesagt, "ganz abgehoben gesehen" und nur ein Gedankenblitz.
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Toasti allseitig mit Möbiusbutter bestrichen
Anmeldungsdatum: 15.05.2006 Beiträge: 1026
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(#1974622) Verfasst am: 28.12.2014, 23:45 Titel: |
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Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Wenn ich Jesus richtig verstanden habe, dann ist das Leben so etwas wie ein Computerspiel, in dem man immer wieder eine Chance bekommt, die Welt zu verbessern, in die man wieder hineingeboren wird. |
Wenn Du an Wiedergeburt glaubst, hast Du Jesus aber nicht so richtig verstanden...
Judas Phatre hat folgendes geschrieben: |
Auf der anderen Seite ganz abgehoben gesehen:
Die Natur (=Jesus' lebendiger Vater) hat uns entstehen lassen, damit sie sich selbst erkennt.
In Spruch 3 sagt das EvTh: "...Wer sich selbst erkennt, wird erkannt und stellt fest, dass er das Kind des lebendigen Vaters ist..."
Da fällt mir auf: Ich bin off topic. |
Hoher Schwurbelfaktor
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Judas Phatre registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.12.2014 Beiträge: 101
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(#1974644) Verfasst am: 29.12.2014, 08:12 Titel: |
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Toasti hat folgendes geschrieben: |
Wenn Du an Wiedergeburt glaubst, hast Du Jesus aber nicht so richtig verstanden...
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Tja, wer Jesus richtig oder falsch verstanden oder gar absichtlich missverstanden hat, das ist die spannende Frage.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44680
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(#1974686) Verfasst am: 29.12.2014, 13:14 Titel: |
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Toasti hat folgendes geschrieben: | Wenn Du an Wiedergeburt glaubst, hast Du Jesus aber nicht so richtig verstanden... |
Da würden dir sowohl die Katharer als auch Teile der christlichen Gnosis durchaus widersprechen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Naastika RL rulez<->auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 23.11.2003 Beiträge: 6100
Wohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen
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(#1974694) Verfasst am: 29.12.2014, 14:31 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Toasti hat folgendes geschrieben: | Wenn Du an Wiedergeburt glaubst, hast Du Jesus aber nicht so richtig verstanden... |
Da würden dir sowohl die Katharer als auch Teile der christlichen Gnosis durchaus widersprechen. |
Schon mal davon ganz abgesehen, dass die "Wieder-geburt" zunächst definiert werden müsste.
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