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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1974875) Verfasst am: 30.12.2014, 14:08 Titel: |
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vrolijke hat folgendes geschrieben: | dass die mit den Millionenbereich diejenigen sind, die bestimmen, welchen Lohn "gerecht" ist.
Das ist so in etwa wie der gutachter, der ein Gutachten über sichselber macht. |
1. Bestimmt ein Vorstand seinen "Lohn" nicht selbst.
2. Ist ein Lohn genau dann gerecht, wenn er eine für die jeweilige Tätigkeit hinreichend qualifizierte Person zur Ausführung dieser Tätigkeit zu motivieren geeignet ist.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1974902) Verfasst am: 30.12.2014, 17:42 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: |
2. Ist ein Lohn genau dann gerecht, wenn er eine für die jeweilige Tätigkeit hinreichend qualifizierte Person zur Ausführung dieser Tätigkeit zu motivieren geeignet ist. |
Nach welchem Gerechtigkeitsbegriff? Oder soll das einfach eine Setzung sein?
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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schtonk dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.12.2013 Beiträge: 12078
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(#1974909) Verfasst am: 30.12.2014, 17:55 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: |
2. Ist ein Lohn genau dann gerecht, wenn er eine für die jeweilige Tätigkeit hinreichend qualifizierte Person zur Ausführung dieser Tätigkeit zu motivieren geeignet ist. |
Nach welchem Gerechtigkeitsbegriff? Oder soll das einfach eine Setzung sein? |
Das ist (wie meistens) eine Ansammlung inhaltsloser Worthülsen als Versuch, Intellektualität vorzuspielen.
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1974911) Verfasst am: 30.12.2014, 17:59 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: |
2. Ist ein Lohn genau dann gerecht, wenn er eine für die jeweilige Tätigkeit hinreichend qualifizierte Person zur Ausführung dieser Tätigkeit zu motivieren geeignet ist. |
Nach welchem Gerechtigkeitsbegriff? Oder soll das einfach eine Setzung sein? |
Man kann sich darüber streiten, ob "Gerechtigkeit" überhaupt der richtige Begriff ist, was ich meine ist:
1. Es gibt offensichtlich Leute, die Tätigkeiten ausüben, die elendst schlecht bezahlt werden. Dennoch finden sich dafür Arbeitskräfte. Es gibt also keinen einleuchtenden Grund, außer individuelle Großzügigkeit, die sich ein Arbeitgeber erst mal leisten können muss, hierfür bessere Löhne zu zahlen. (Was nichts zur Berechtigung eines Mindestlohns sagen soll, und hier halte ich den gegenwärtig beschlossenen eher noch für zu niedrig).
2. Es gibt andererseits Tätigkeiten, für die sich entweder nicht genügend adäquat qualifizierte Fachkräfte finden, ober für die man nur absolut überragend taugliche, qualifizierte Kräfte haben will, und CEO sind dafür wohl die besten Beispiele. Um diese Leute zu gewinnen, muss man eben exorbitante, gar schwindelerregende Gehälter zahlen; ansonsten bekommt man eben nicht die Leute die man haben will. Das erlebt man in bescheidenerem Maßstab doch bereits bei Berufsteinsteigern, wenn es sich um Stellen für Fachkräfte handelt, oder glaubt jemand, die internationalen Großkanzleien z.B. überschreiten die hunderttausendermarke bei ihren Gehältern deswegen immer weiter, weil sie so großzügig sind?
Es ist natürlich bitter, zu Gruppe 1. zu gehören, die vielleicht existentiell auf schlechtbezahlte Stellen angewiesen ist, ich sehe aber keine moralische Grundlage für diese Gruppe, Einschnitte bei Gruppe 2. zu fordern. Ich meine - wenn die Tätigkeit eines Managers die Spitzengehälter und Boni in keinster Weise plausibilisieren könnte, müsste ja angenommen werden, diese würden nur gezahlt, um die Gesellschaft zu ärgern. Das ist doch evidentermaßen Unsinn.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1974922) Verfasst am: 30.12.2014, 18:15 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: |
2. Es gibt andererseits Tätigkeiten, für die sich entweder nicht genügend adäquat qualifizierte Fachkräfte finden, ober für die man nur absolut überragend taugliche, qualifizierte Kräfte haben will, und CEO sind dafür wohl die besten Beispiele. Um diese Leute zu gewinnen, muss man eben exorbitante, gar schwindelerregende Gehälter zahlen; ansonsten bekommt man eben nicht die Leute die man haben will. Das erlebt man in bescheidenerem Maßstab doch bereits bei Berufsteinsteigern, wenn es sich um Stellen für Fachkräfte handelt, oder glaubt jemand, die internationalen Großkanzleien z.B. überschreiten die hunderttausendermarke bei ihren Gehältern deswegen immer weiter, weil sie so großzügig sind? |
Wenn es natürlich Maximaleinkommen gibt, wären solche Auswüchse nicht möglich und es würde trotzdem funktionieren. Außerdem sind Manager oft ja nicht selten vor allem besonders adäquat darin, Unternehmen herunterzuwirtschaften, aber kriegen dann trotzdem große Abfindungen. Vielleicht ist das System.... ja, ganz vielleicht... nicht so funktional?
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Rabert Sapere aude!
Anmeldungsdatum: 31.03.2010 Beiträge: 977
Wohnort: im Zug
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(#1974966) Verfasst am: 30.12.2014, 21:12 Titel: |
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"Arbeitsmarkt und Wohlstand" - Arbeit hat (zumindest heutzutage) für praktisch alle Menschen nichts mehr mit der Chance auf Wohlstand zu tun. Im Gegenteil, wer arbeiten muss hat hinsichtlich seiner Aussicht auf Wohlstand schon verloren. Wer arbeiten muss, kann bestenfalls darauf bauen, dass er für die Dauer seines Lebens für sich und seine Familie ein ordentliches Dach über dem Kopf hat, genug anzuziehen und genug zu essen. Ein wenig Luxus wie Auto oder Urlaub ist manchmal auch drin. Das gilt aber nur für ca. 10% derjenigen, die arbeiten müssen. Die restlichen 90% kämpfen täglich - ohne jede Sicherheit - um's blanke Überleben.
Das alles gilt nur solange, wie man im System funktioniert, und wie der eigene Arbeitgeber funktioniert. Wirklichen Wohlstand hat nur der, der unabhängig von Arbeit und funktionieremdem System sich selbst und seine Familie sicher und komfortabel versorgen kann. Nach den allgemeinen Definitionen (z.B. hier) fängt das bei 30 Mio USD Nettovermögen an. Je nach Quelle zählen zwischen ca. 150.000 und 250.000 Menschen auf der Welt in diese Gruppe, etwa 0,02 - 0,03% der Weltbevölkerung.
Alle anderen haben keine Chance auf Wohlstand, sondern zählen sich glücklich, wenn sie für Hungerlöhne schuften dürfen.
_________________ Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns eines Tages fragen: "Warum habt ihr nichts getan?!"
Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.
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NoReply registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.09.2013 Beiträge: 683
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(#1974983) Verfasst am: 30.12.2014, 22:16 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: |
2. Ist ein Lohn genau dann gerecht, wenn er eine für die jeweilige Tätigkeit hinreichend qualifizierte Person zur Ausführung dieser Tätigkeit zu motivieren geeignet ist. |
Nach welchem Gerechtigkeitsbegriff? Oder soll das einfach eine Setzung sein? |
Die Frage kann man aber auch umdrehen. Nach welchem Gerechtigkeitsbegriff ist es ungerecht, dass Manager so viel verdienen? Oder ist es einfach nur eine Setzung?
Ich kenne auch nur wenige, die es ungerecht finden, dass Ärzte 5-mal so viel verdienen wie Krankenpfleger. Warum soll es dann ungerecht sein, wenn Manager 100-mal so viel verdienen wie Arbeiter. Nur weil der Faktor ein größerer ist?
Kival hat folgendes geschrieben: | nicht so funktional? |
Funktioniert doch ziemlich gut dafür, dass es nicht funktional sein soll.
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NoReply registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.09.2013 Beiträge: 683
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(#1974987) Verfasst am: 30.12.2014, 22:35 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | "Das Problem ist eure verdammte Bescheidenheit." |
Ein Spruch der für mich ziemlich kapitalistisch klingt.
Ich sehe es auch immer kritisch, wenn Belegschaften auf Lohn verzichten um "ihrem Unternehmen" über schlechte Zeiten zu helfen. Wenn das Unternehmen Misswirtschaft macht ist es selber Schuld, ich bin ihm da als Arbeitnehmer keine Loyalität oder Solidarität schuldig. Aber meist sind es doch die Sozialdemokraten oder ähnliche eher linke Gruppen, die der Belegschaft für diesen Lohnverzicht zu applaudieren, nicht die Liberalen oder Kapitalisten.
Und ich finde es auch absolut in Ordnung, wenn ein Arbeitnehmer ein Unternehmen verlässt, wenn er woanders mehr verdienen kann. Umgekehrt würden die meisten Unternehmen sich ja auch von ihm trennen, wenn er ihnen weniger Nutzen bringt als sie ihm Lohn zahlen müssen.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1975269) Verfasst am: 01.01.2015, 14:20 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Womöglich. Und? Wofür oder wogegen ist das jetzt ein Argument? Das weisst du doch schon selbst nicht mehr.
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Ich weiß genau, wofür das ein Argument ist [...] |
Dann ist es ja gut, dann lässt sich ja wenigstens hoffen, dass es auch genug andere Leute wissen. Mich interessiert es irgendwie kaum noch.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1975270) Verfasst am: 01.01.2015, 14:22 Titel: |
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NoReply hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | "Das Problem ist eure verdammte Bescheidenheit." |
Ein Spruch der für mich ziemlich kapitalistisch klingt. |
Wenn er an die Arbeiter gerichtet wird? Machst du Witze? Hab' ich ja noch nie gehört, dass etwa der Arbeitgeberverband die Arbeiter zu weniger Bescheidenheit aufgerufen hätte.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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beefy Be Vieh
Anmeldungsdatum: 24.09.2008 Beiträge: 5590
Wohnort: Land der abgehärteten Seelen
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(#1975277) Verfasst am: 01.01.2015, 16:04 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Die vereinbarte Managervergütung inkl. Bonus ist eben immer eine Investition mit einem gewissen Risiko. Es ist völliger Unsinn, einem Manager vorzuwerfen, dass er Verluste und Krisen herbeigeführt hat. |
Man muß aber eine Vergütung und den Bonus trennen.
Ein Bonus ist per definition eine Zusatzleistung, eine Anerkennung für besondere Leistung.
Diese dann nach der Anzahl von Roundturns oder ausschließlich nach eingefahrenen Gewinnen zu vergeben und nicht danach, was unterm Strich rauskommt ist ein wirtschaftlicher Schuß ins Knie.
Sicher ist es Unsinn ihm sein Gehalt vorzuwerfen (zumindest wenn es nur um diesen speziellen Aspekt geht) aber es ist kein Unsinn ihm vorzuwerfen daß er komplett versagt hat und dann auch noch Boni dafür kassiert.Das mag zwar Vertragstechnisch und juristisch korrekt sein, dafür hält man sich ja Leute wie dich, aber es ist ehrlos,anstandslos,obszön gierig, unwürdig und peinlich.
Zitat: | Unternehmerischem Handeln ist ein gewisses Risiko zwangsimmanent |
Das stimmt.Deshalb sollte man auch von CEO's gerade wenn sie börsennotierte Unternehmen fürhren erwarten, daß sie Begriffe wie "Moneymanagment " im Börsenbereich nicht nur kennen, sondern verinnerlicht haben.Die Finanzkrise zeigt nun aber, daß genauz das nicht passiert ist.Verluste wurden nicht glattgestellt, eigene Fehler nicht realisiert sondern so lange wie möglich versteckt und verschwiegen.
Zu unternehmerischen Handeln gehört nunmal auch Risikominimierung und in diesem Bereich wurde auf ganzer Linie versagt.
Ihnen daher vorzuwerfen daß sie Mist gebaut haben ist also nur berechtigt.
Zitat: | Wenn ein Manager keinesfalls Verluste machen will, kann er überhaupt nicht handeln. |
Ein Manager der Verluste machen will ist keiner.Er ist ein Dummkopf.
Manager ist man wenn man mit Verlusten umgehen, sie begrenzen und vor allem schneller vorhersehen kann, als es der "Gegner" kann.
Was zählt ist das was unterm Strich fürs Unternehmen rauskommt.
Und (Stichwort Finanzkrise) um die Summen die ein "to big to fail" mit allen Folgen für den Steuerzahler bereinigt...Was kommt dann raus?Sicher.Immer noch gut fürs Unternehmen denn der Steuerzahler begleicht ja die Rechnung, aber ist das einen Bonus wert ? Also wert im sinne von: Hat er das verdient ?
_________________ Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1975430) Verfasst am: 02.01.2015, 13:10 Titel: |
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beefy hat folgendes geschrieben: | aber es ist kein Unsinn ihm vorzuwerfen daß er komplett versagt hat und dann auch noch Boni dafür kassiert.Das mag zwar Vertragstechnisch und juristisch korrekt sein, dafür hält man sich ja Leute wie dich, aber es ist ehrlos,anstandslos,obszön gierig, unwürdig und peinlich.
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Stimmt ganz genau. Trotzdem tät ich die Millionen einstreichen. pecunia non olet.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#1975431) Verfasst am: 02.01.2015, 13:15 Titel: |
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Ahriman hat folgendes geschrieben: | beefy hat folgendes geschrieben: | aber es ist kein Unsinn ihm vorzuwerfen daß er komplett versagt hat und dann auch noch Boni dafür kassiert.Das mag zwar Vertragstechnisch und juristisch korrekt sein, dafür hält man sich ja Leute wie dich, aber es ist ehrlos,anstandslos,obszön gierig, unwürdig und peinlich.
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Stimmt ganz genau. Trotzdem tät ich die Millionen einstreichen. pecunia non olet. |
Ich nicht.
Das ist mein voller Ernst.
Was kann man mit 26 Million, was man mit 24 nicht kann?
Man muß nicht jeden Schwachsinn mitmachen.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1975595) Verfasst am: 03.01.2015, 00:31 Titel: |
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NoReply hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | Samson83 hat folgendes geschrieben: |
2. Ist ein Lohn genau dann gerecht, wenn er eine für die jeweilige Tätigkeit hinreichend qualifizierte Person zur Ausführung dieser Tätigkeit zu motivieren geeignet ist. |
Nach welchem Gerechtigkeitsbegriff? Oder soll das einfach eine Setzung sein? |
Die Frage kann man aber auch umdrehen. Nach welchem Gerechtigkeitsbegriff ist es ungerecht, dass Manager so viel verdienen? Oder ist es einfach nur eine Setzung?
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Sehr richtig. Was Vertragspartner unter sich aushandeln, ist ganz alleine deren Sache. Und wenn der Lohn die Bezahlung von Leistungen mit Prostituierten vorsieht, ist dagegen aus ethischer Sicht auch nichts einzuwenden.
Selbstverständlich steht es beispielsweise Arbeitern mit christlich oder feministisch geprägten Moralvorstellungen der Weg offen selbiges Unternehmen bei Bekanntwerden solcher Zahlungspraktiken zu verlassen (oder seinerseits höheres Gehalt zu fordern).
Und es ist auch klar, dass es eine Schweinerei ist, wenn ich als Steuerzahler ein solches Unternehmen auf welchem Wege auch immer subventioniere (zum Beispiel durch die Gelddruckerei der Zentralbanken).
Mit freundlichem Gruß,
Mirko
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1975599) Verfasst am: 03.01.2015, 00:41 Titel: |
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Zum Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist ein kurzes Zitat von Mario Draghi, dem Chef der Europäischen Zentralbank, zu nennen, welches ich überaus entlarvend finde:
Mario Draghi hat folgendes geschrieben: |
Wir wissen auch, dass die Arbeitnehmer in vielen Euroländern aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit weniger Macht haben, höhere Löhne durchzusetzen, wodurch der Inflationsdruck sinkt. |
https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2014/html/sp141121.de.html
Formulieren wir mal das aus. Mario Draghi wünscht sich höhere Löhne. Warum wünscht er sie sich? Nicht aus Nächstenliebe und Sympathie gegenüber Arbeiter, sondern damit der Inflationsdruck steigt! Was ist Inflation? Gelddruckerei der Banken. Häh, warum sollen Lohnerhöhungen zu erhöhter Inflation führen? Weil die Unternehmer ihre Verluste durch die Lohnerhöhen kompensieren wollen. Und das tun sie, indem sie freundlichst bei den Banken fragen, ob diese ihnen frisches Geld leihen könnten.
Was passiert dadurch? Das Verhältnis der Geldmenge auf der Arbeitgeberseite und der Geldmenge auf der Arbeitnehmerseite wird ausgeglichen. Die Lohnerhöhungen werden auf verdecktem Wege rückgängig gemacht. Und all das Sich-den-Arsch-abfrieren und In-die-Thrillerpfeife-Blasen waren für die Katz.
Mit freundlichem Gruß,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1975607) Verfasst am: 03.01.2015, 02:31 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Was Vertragspartner unter sich aushandeln, ist ganz alleine deren Sache. |
Wenn Vertragspartner "unter sich" Abmachungen mit gesellschaftlich relevantem Inhalt treffen, dann ist das selbstverständlich nicht ganz allein deren Sache. U.A. auch deshalb nicht, weil die Erzwingung von Vertragseinhaltungen eine gesellschaftliche Angelegenheit ist.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 03.01.2015, 02:32, insgesamt einmal bearbeitet |
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1975608) Verfasst am: 03.01.2015, 02:32 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Was Vertragspartner unter sich aushandeln, ist ganz alleine deren Sache. |
Wenn Vertragspartner "unter sich" Abmachungen mit gesellschaftlich relevantem Inhalt treffen, dann ist das selbstverständlich nicht ganz allein deren Sache. |
Wie grenzt du zwischen rein privaten Vereinbarungen und "Abmachungen mit gesellschaftlich relevantem Inhalt" ab?
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1975609) Verfasst am: 03.01.2015, 02:35 Titel: |
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Samson83 hat folgendes geschrieben: | Wie grenzt du zwischen rein privaten Vereinbarungen und "Abmachungen mit gesellschaftlich relevantem Inhalt" ab? |
Nein. Meine Unterscheidung ist hier ist nicht die zwischen privaten (also privatrechtlichen) und gesellschaftlichen Vereinbarungen, sondern zwischen persönlichen Abmachungen einerseits und gesellschaftlich relevanten Vereinbarungen andererseits.
Privatrechtliche Vereinbarungen sind gesellschaftlich relevante Vereinbarungen, und das siehst du wie gesagt bereits daran, dass ihre Einhaltung gesellschaftlich erzwungen wird. (Das ist wie gesagt nicht das einzige Kriterium, aber es ist hinreichend.)
Sobald etwas überhaupt rechtliche Relevanz hat, hat es auch gesellschaftliche und politische Relevanz. There's no way around that. (Hinzu kommt noch die ökonomische Relevanz im Falle von Arbeitsverträgen.)
(Letztendlich läuft das einfach darauf hinaus, dass jede Gesellschaft eine Entscheidung darüber treffen muss, was sie überhaupt als legitimen, rechtlich bindenden Vertrag anerkennt und was nicht.)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1975671) Verfasst am: 03.01.2015, 15:21 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
(Letztendlich läuft das einfach darauf hinaus, dass jede Gesellschaft eine Entscheidung darüber treffen muss, was sie überhaupt als legitimen, rechtlich bindenden Vertrag anerkennt und was nicht.) |
Sehr richtig. Und die Frage ist nun, nach welchen Prinzipien die Gesellschaft (oder ihre Repräsentanten) dabei vorgehen. Und damit befinden wir uns in einem grundlegend philosophischen Prozess. Denn worauf diese Entscheidung hinausläuft, ist die Findung einer Meta-Regel zur Überprüfung der Legitimität von Regeln. Eine solche Konstruktion ist jedoch ein grundlegend abstrakter und reflexiver Prozess.
Oder anders ausgedrückt: Wenn Menschen eine Verhandlung darüber betreiben, was eine Verhandlung überhaupt ist, dann philosophieren sie.
Verwirrt? Keine Angst, ist bestimmt nur wieder so ein blöder Witz von mir.
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1975703) Verfasst am: 03.01.2015, 19:43 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Und damit befinden wir uns in einem grundlegend philosophischen Prozess. |
Nein, einem politischen. Das philosophische Element daran existiert zwar, ist aber sekundär. Das zu verwechseln war gerade einer der Irrtümer der Junghegelianer (Stirner, Bruno Bauer, etc.).
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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achim01 permanent gesperrt
Anmeldungsdatum: 10.10.2010 Beiträge: 1071
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(#1975705) Verfasst am: 03.01.2015, 19:59 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Zum Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist ein kurzes Zitat von Mario Draghi, dem Chef der Europäischen Zentralbank, zu nennen, welches ich überaus entlarvend finde:
Mario Draghi hat folgendes geschrieben: |
Wir wissen auch, dass die Arbeitnehmer in vielen Euroländern aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit weniger Macht haben, höhere Löhne durchzusetzen, wodurch der Inflationsdruck sinkt. |
https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2014/html/sp141121.de.html
Formulieren wir mal das aus. Mario Draghi wünscht sich höhere Löhne. Warum wünscht er sie sich? Nicht aus Nächstenliebe und Sympathie gegenüber Arbeiter, sondern damit der Inflationsdruck steigt! Was ist Inflation? Gelddruckerei der Banken. Häh, warum sollen Lohnerhöhungen zu erhöhter Inflation führen? Weil die Unternehmer ihre Verluste durch die Lohnerhöhen kompensieren wollen. Und das tun sie, indem sie freundlichst bei den Banken fragen, ob diese ihnen frisches Geld leihen könnten.
Was passiert dadurch? Das Verhältnis der Geldmenge auf der Arbeitgeberseite und der Geldmenge auf der Arbeitnehmerseite wird ausgeglichen. Die Lohnerhöhungen werden auf verdecktem Wege rückgängig gemacht. Und all das Sich-den-Arsch-abfrieren und In-die-Thrillerpfeife-Blasen waren für die Katz.
Mit freundlichem Gruß,
Mirko |
Inflation ist modernes Raubrittertum.
Wir haben zur Zeit einen Anlagenotstand. Geld konservativ oder klassisch (Sparbuch, Geldanlage) angelegt, führt durch die Inflation mit der Zeit zu Wertverlust.
Gewinne laufen z.Z. nur mit Aktien und dieser Markt ist aufgebläht also risikoreich.
Lohnerhöhungen wären tatsächlich ein Inflationsdruck und diesen wünschen sich alle Regierung, um ihre schon fast unermesslichen Schulden zu veringern.
Da könnten nur drastische Senkungen der Staatsausgaben helfen aber das ist nicht sehr populär und darauf fährt die Linke ja ab. Erhöhte Staatsausgaben und Inflation würden den normalen Bürger um seine Ersparnisse bringen, das vergisst die Linke allerdings immer zu sagen, wenn sie höhere Staatsausgaben fordert.
Übrigens träfe das nicht die Reichen, deren Vermögen würde weiterhin ansteigen.
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1975713) Verfasst am: 03.01.2015, 20:56 Titel: |
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Ich lese grade mal wieder Günter Wallraf "Ganz unten". Das Buch fiel mir beim Aufräumen in die Hände. Ich empfehle es euch sehr, wenn auch nur zur Auffrischung der Erinnerung. Die Brutalität und Menschenverachtung der Arbeitgeber ist grenzenlos.
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1975884) Verfasst am: 04.01.2015, 18:05 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Und damit befinden wir uns in einem grundlegend philosophischen Prozess. |
Nein, einem politischen. Das philosophische Element daran existiert zwar, ist aber sekundär. Das zu verwechseln war gerade einer der Irrtümer der Junghegelianer (Stirner, Bruno Bauer, etc.). |
Ohne das philosophische Element sind derartige Verhandlungen nichts weiter als Gefeilsche und Geschachere.
Mirko
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1975897) Verfasst am: 04.01.2015, 19:19 Titel: |
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Vielleicht sollte ich noch erwähnen, was das Thema "Philosophie" mit dem Thema "Vertragsfreiheit" zu tun hat. Der Abschluss von Verträgen setzt natürlich einen gewissen gesellschaftlichen Konsens voraus - wie Tarvoc richtigerweise bemerkt hat - was denn als gültiger Vertrag anzuerkennen ist. Dabei kommt ein solcher Konsens nicht ohne grundlegende Prinzipien aus, nach denen die Regelung von Verträgen und deren gesetzesmäßige Gültigkeit durchgeführt wird. Die Formulierung solcher möglichst allgemeiner Prinzipien, also einer möglichst allumfassenden Meta-Regelung ist einfach deswegen notwendig, weil man einen Bezugsrahmen braucht, unter dem möglichst der gesamte Handlungsbereich der Menschen fällt. Werden gewisse Handlungen von diesem Bezugsrahmen nicht erfasst, dann bedeutet dies rechtliche Unsicherheit. Es impliziert Willkür der Gewalt.
Dabei tun sich einige grundlegende Fragestellungen auf. Eine solche ist die Frage nach der Herleitung dieser Prinzipien. Wenn diese Herleitung vernunftgemäß, das heißt, in Hinblick auf den gesamten Handlungsbereich des Menschen, durchgeführt wird, dann ist dies aufgrund seiner Allgemeinheit und Reflexivität ein philosophischer Akt. Natürlich kann man auch die Macht der Waffen nutzen, um willkürlich Setzungen zu vollziehen, das meine ich mit "Gefeilsche und Geschachere".
Eine weitere Frage ist die, von welchen philosophischen Axiomen man ausgeht, wenn man diese Prinzipien formuliert. Eines meiner Lieblings-Axiome ist nun mal dasjenige der Freiheit, d.h. der möglichst großen Zulässigkeit von individuellen Handlungen, immer vorausgesetzt, dass diese auf Gewaltanwendungen verzichten.
Aber das ist natürlich ein weites Feld. Mit dieser kleinen Überlegung sind sicher noch längst nicht alle Aspekte ausgeschöpft und Tarvoc wird da bestimmt wieder Einiges zu kritisieren (oder zu beschimpfen?) haben.
Mit freundlichem Gruß,
Mirko
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1975947) Verfasst am: 04.01.2015, 23:16 Titel: |
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funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Eines meiner Lieblings-Axiome ist nun mal dasjenige der Freiheit, d.h. der möglichst großen Zulässigkeit von individuellen Handlungen, immer vorausgesetzt, dass diese auf Gewaltanwendungen verzichten. |
Die Frage ist doch, was darunter zu verstehen ist. Bei Arbeitsverträgen (dementsprechend natürlich kapitalistische Vorhältnisse vorausgesetzt) ist es zum Beispiel so, dass sich eine gesellschaftliche Situation, in der jeweils den beiden Vertragspartnern völlig freie Hand gelassen wird und sich der Rest der Gesellschaft gar nicht einmischt (also etwa auch auf die Garantierung von Mindestlöhnen, Arbeitnehmerrechten, etc. verzichtet), praktisch immer zum extremen Nachteil des Arbeitnehmers auswirkt, und zwar in einer Weise, die de Fakto seine Autonomie mit ökonomischen Mitteln vernichtet. Da der einzelne Arbeitnehmer für sein Überleben darauf angewiesen ist, überhaupt einen Job zu haben, hat er in einer solchen Situation praktisch keinen Handlungsspielraum und muss alles schlucken, was ihm die Arbeitgeberseite vorschreibt. Wenn jemand das Freiheit nennt, dann stimmt etwas mit seinem Freiheitsbegriff nicht. Das ist eben die Sache: Bei zwei ökonomisch ungleich starken Vertragspartnern kann die Nichteinmischung durch Dritte dazu führen, dass die Freiheit der einen Seite beschädigt oder sogar effektiv vernichtet wird. Da findet dann noch nicht mal mehr Gefeilsche und Geschachere statt. Ein Blick auf die Arbeitssituation in Ländern, in denen es effektiv tatsächlich keine Arbeitnehmerrechte gibt, zeigt das ja auch.
Auch das zeigt wieder, dass eine reine Marktsituation schlichtweg nicht im Interesse der Arbeitnehmer ist.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Samson83 registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.01.2013 Beiträge: 6833
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(#1975957) Verfasst am: 04.01.2015, 23:39 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben: | Eines meiner Lieblings-Axiome ist nun mal dasjenige der Freiheit, d.h. der möglichst großen Zulässigkeit von individuellen Handlungen, immer vorausgesetzt, dass diese auf Gewaltanwendungen verzichten. |
Die Frage ist doch, was darunter zu verstehen ist. Bei Arbeitsverträgen (dementsprechend natürlich kapitalistische Vorhältnisse vorausgesetzt) ist es zum Beispiel so, dass sich eine gesellschaftliche Situation, in der jeweils den beiden Vertragspartnern völlig freie Hand gelassen wird und sich der Rest der Gesellschaft gar nicht einmischt (also etwa auch auf die Garantierung von Mindestlöhnen, Arbeitnehmerrechten, etc. verzichtet), praktisch immer zum extremen Nachteil des Arbeitnehmers auswirkt, und zwar in einer Weise, die de Fakto seine Autonomie mit ökonomischen Mitteln vernichtet. Da der einzelne Arbeitnehmer für sein Überleben darauf angewiesen ist, überhaupt einen Job zu haben, hat er in einer solchen Situation praktisch keinen Handlungsspielraum und muss alles schlucken, was ihm die Arbeitgeberseite vorschreibt. Wenn jemand das Freiheit nennt, dann stimmt etwas mit seinem Freiheitsbegriff nicht. Das ist eben die Sache: Bei zwei ökonomisch ungleich starken Vertragspartnern kann die Nichteinmischung durch Dritte dazu führen, dass die Freiheit der einen Seite beschädigt oder sogar effektiv vernichtet wird. Da findet dann noch nicht mal mehr Gefeilsche und Geschachere statt. Ein Blick auf die Arbeitssituation in Ländern, in denen es effektiv tatsächlich keine Arbeitnehmerrechte gibt, zeigt das ja auch.
Auch das zeigt wieder, dass eine reine Marktsituation schlichtweg nicht im Interesse der Arbeitnehmer ist. |
Natürlich hast du grundsätzlich recht, aber abgesehen davon, dass das dt. Arbeitsrecht die Interessen der AN schon ziemlich gut schützt, trifft deine ganze Darstellung des Arbeitsmarktes nur auf Branchen und Tätigkeiten zu, wo der einzelne Arbeitnehmer darauf angewiesen ist, überhaupt eine Anstellung zu finden und prinzipiell alle Bedingungen akzeptieren müsste, die der Arbeitgeber ihm vorschreibt. Das ist aber weder bei allen Arbeitnehmern der Fall noch in jeder wirtschaftlichen Situation.
Mein Vater hatte mir beschrieben, dass es in den frühen 60ern für ihn (als Bauschlosser, also keine extrem elitäre Position) durchaus möglich war, zu einem Arbeitgeber zu sagen "dies und dies passt mir nicht, ich will mehr Lohn, mehr urlaub, die und die Bedingungen..." und hatte gute Aussichten, Gehör zu finden, da er sonst weggewesen wäre und morgen woanders gearbeitet hätte. Und das wäre in vielen Facharbeiterberufen der Fall gewesen.
Und ja, auch heute ist es noch in vielen Bereichen so, wenn auch zugegebenermaßen nur für Akademiker und gefragte Facharbeiter. Deine Schilderung trifft also im Grunde nur auf Arbeitnehmer zu, deren Qualifikationslevel diese Austauschbar macht. Ansonsten funktioniert der Arbeitsmarktsprozess als wirklicher Markt durchaus.
_________________ An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#1975963) Verfasst am: 05.01.2015, 00:19 Titel: |
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Es kann Situationen geben, wo das so läuft. Allerdings hatte funkeimdunkeln Freiheit hier ja als allgemeinen Wert gefordert, nicht nur als Privileg für diejenigen, die zufälligerweise die richtige Ausbildung haben.
Dass der Arbeitgeber letztlich am längeren Hebel sitzt, ist einfach der Normalfall.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Defätist auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 09.06.2010 Beiträge: 8557
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(#1976013) Verfasst am: 05.01.2015, 12:10 Titel: |
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Unabdingbar und dennoch fehlen im Titel Waxthum und Arbeitsplätzchen.
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1976026) Verfasst am: 05.01.2015, 13:05 Titel: |
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Samson hat folgendes geschrieben: | Mein Vater hatte mir beschrieben, dass es in den frühen 60ern für ihn (als Bauschlosser, also keine extrem elitäre Position) durchaus möglich war, zu einem Arbeitgeber zu sagen "dies und dies passt mir nicht, ich will mehr Lohn, mehr urlaub, die und die Bedingungen..." und hatte gute Aussichten, Gehör zu finden, da er sonst weggewesen wäre und morgen woanders gearbeitet hätte. Und das wäre in vielen Facharbeiterberufen der Fall gewesen.
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Exakt so war es, und erst recht in den Fünfzigern, als das Wirtschaftswunder blühte und wir Vollbeschäftigung hatten. Damals gab es sogar jede Menge Jobs für ungelernte. Trotzdem brauchte es einen langen Streik, um die 45-Stunden-Woche und später die 40-Stunden-Woche zu bekommen.
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funkeimdunkeln Bösmensch
Anmeldungsdatum: 12.05.2014 Beiträge: 878
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(#1976040) Verfasst am: 05.01.2015, 14:27 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Bei Arbeitsverträgen (dementsprechend natürlich kapitalistische Vorhältnisse vorausgesetzt) ist es zum Beispiel so, dass sich eine gesellschaftliche Situation, in der jeweils den beiden Vertragspartnern völlig freie Hand gelassen wird und sich der Rest der Gesellschaft gar nicht einmischt (also etwa auch auf die Garantierung von Mindestlöhnen, Arbeitnehmerrechten, etc. verzichtet), praktisch immer zum extremen Nachteil des Arbeitnehmers auswirkt, und zwar in einer Weise, die de Fakto seine Autonomie mit ökonomischen Mitteln vernichtet.
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Naja, das mit dem "praktisch immer" ist schon mal nicht zutreffend, wie die User Samson83 und Ahriman dir gerade geschildert haben. Ein Blick in die Statistik ist weiterhin sehr hilfreich, um den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Freiheit und Wohlstand zu erkennen.
http://www.freiheit.org/files/62/Kurzfassung_Wirtschaftliche_Freiheit_weltweit_2014.pdf
Du kannst daran sehen, dass die besonders reichen und wohlhabenden Länder (USA, Deutschland, Australien, usw.) eine besonders hübsche blaue Farbe haben. Und merkwürdigerweise sind das auch genau die Länder, in denen es keine Kinderarbeit gibt - was ein besonders deutliches Indiz dafür ist, dass die Schwächsten vor Ausbeutung geschützt ist.
Zitat: | Da der einzelne Arbeitnehmer für sein Überleben darauf angewiesen ist, überhaupt einen Job zu haben, hat er in einer solchen Situation praktisch keinen Handlungsspielraum und muss alles schlucken, was ihm die Arbeitgeberseite vorschreibt. |
Und hier kommt die Konkurrenz in Spiel. Es gibt nicht nur den einen Arbeitgeber, sondern eine ganze Auswahl. Genau wie von Ahriman und Samson beschrieben. Das verschafft dem Arbeitsnehmer den notwendigen Handlungsspielraum.
Ein wichtiger Punkt kommt noch hinzu: Auch der Arbeitgeber hat ein Interesse daran dem Arbeitnehmer menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Es gibt keinen Grund, warum ein Politiker der Linken ein moralisch besserer Mensch sein soll als ein kapitalistischer Unternehmer.
Mit freundlichem Gruß,
Mirko
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