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Warum diskutieren Freigeister religiöse Glaubensinhalte ?
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Klaus-Peter
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#2039995) Verfasst am: 17.01.2016, 19:09    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Laughlin kannte ich noch nicht.

Dann muss ich gleich mal ein potentielles Missverständnis ausräumen: Laughlin ist Festkörperphysiker. Er beschäftigt sich nicht mit Kosmologie.

Ich antworte mal ohne Zitate, das passt besser:

Resourcenknappheit:
Ich denke, bei Smolin ist auch Ressourcenknappheit am Werk. Die Energie in den Universen ist konstant. Verschiedene Schwarze Löcher konkurrieren um die Materie bzw. Energie. Allerdings liegt womöglich kein exponentielles Wachstum vor, ich weiß es nicht. Beim Wachstum eines Festkörperkristalls liegt auf jeden Fall exponentielles Wachstum vor, vielleicht sogar hyperexponentielles Wachstum. Also können da strukturell wieder ähnliche Phänomene wie bei der Evolution auftreten.

Über den Rest muss ich erst mal nachdenken, manchem stimme ich zu, manchem nicht, manches animiert zum Weiterdenken. Die Antwort könnte ein paar Tage dauern.
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2039997) Verfasst am: 17.01.2016, 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

Arno Gebauer hat folgendes geschrieben:
Guten Tag, Skeptiker,

Du schreibst: "Insofern haben innovative Theorien und auch neue Ideologien gar keine (eigene) Geschichte und durchlaufen auch keine Evolution. "

Davon bin ich wirklich nicht überzeugt!

Kurz:

In allem , was wir tun, gibt es eine Wirkung auf jede Ursache.
Das ist die Basis unserer Evolution,
oder die Basis unserer und aller anderen Selbstorganisationen und die Basis,
warum ein Gott überhaupt überflüssig ist.

Jede "Reaktion zur Ursache" bestimmt immer alle Folge-Aktionen.
So funktioniert die Biologie, das phsykalische, der soziale und der
kulturelle Bereich.

Viele Grüße
Arno Gebauer


Hallo Arno,

ich weiß nicht genau, was du mit dem Satz meinst:

Jede "Reaktion zur Ursache" bestimmt immer alle Folge-Aktionen.

Ist damit ein vollständiger Determinismus gemeint?

In der biologischen Evolution gibt es ein ständiges Wechselverhältnis zwischen Zufall und Determination, aber keine vollständige Determination von Folgezuständen.

Ich habe mich auf die Entstehung neuer/innovativer Ideen bezogen und schrieb, dass diese keine eigene/selbständige Geschichte haben. Das heisst nicht, dass es keine Voraussetzungen und Ursachen der Ideen gibt. Die gibt es sehr wohl. Aber sie liegen außerhalb der Ideenwelt selber, wie oben schon erläutert.

Zum Beispiel liegt eine Weitentwicklung der menschlichen Moral - vorausgesetzt dass es eine solche gibt - nicht darin, dass es verschiedene Stufen der Moral 1, Moral 2, Moral 3, usw. gibt, sondern dass es z.B. eine höhere Produktivität gibt, so dass auf dieser Grundlage mehr zu verteilen ist und so ein höherer Wohlstand entsteht, der dann die Grundlage für eine höhere Moral darstellt.

Ansonsten stimme ich dir zu, dass es einen *Gott* als Erklärung oder Begründung moralischer Entwicklung und sonstiger Fortschritte nicht mehr braucht, sondern dass alle Höherentwicklungen mit der Welt selbst erklärt und begründet werden können ...-
_________________
°
K.I.Z - Frieden

Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video

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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3726

Beitrag(#2040003) Verfasst am: 17.01.2016, 19:52    Titel: Antworten mit Zitat

Defätist hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Das relevante Zitat stand sogar schon weiter oben. zwinkern


Zitat:
Die Abstammung des Menschen 1871

Es darf nicht übersehen werden, daß, wenn auch ein hoher Grad von Sittlichkeit jedem einzelnen Mann mit seinen Kindern nur ein geringes Übergewicht über die anderen Menschen desselben Stammes gibt, eine Vermehrung der Zahl gutbegabter Menschen und ein Fortschritt der Sittlichkeit doch dem ganzen Stamm eine ungeheure Überlegenheit über alle anderen Stämme verleiht. Wenn ein Stamm viele Mitglieder besitzt, die aus Patriotismus, Treue, Gehorsam, Mut und Sympathie stets bereitwillig anderen helfen und sich für das allgemeine Wohl opfern, so wird er über andere Völker den Sieg davontragen; dies würde natürliche Zuchtwahl sein.

http://www.zeit-wen.de/documents/Charles%20Darwin%20-%20Die%20Abstammung%20des%20Menschen.pdf

Hier ist bereits alles angelegt, was es für soziale Evolution braucht.

Darwin erkennt treffsicher, daß altruistische Verhaltensweisen in einer Welt des "Jeder gegen jeden" keine stabile Lösung ergeben. Altruismus kann erst dann entstehen, wenn altruistische Gruppen miteinander im Wettbewerb stehen. Eine soziale Gruppe, die untereinander skrupellos handelt, wird bald das Nachsehen haben gegenüber anderen Gruppen, die untereinander wohlwollend und altruistisch hilfreich handeln.

Bei Darwin kommt das noch etwas naiv gutmenschlich rüber, in Wirklichkeit reicht das Spektrum, wie Gruppenkoheränz erzeugt wird, von freiwilliger Assoziation bis hin zu totalitärem Zwang.


Vielleicht ist es besser, erst mal ein paar Begriffe zu verdeutlichen.

Ja.


Defätist hat folgendes geschrieben:
Bei dir entspricht soziale Evolution = kulturelle Evolution? MMn so nicht richtig.

Beides geht bei mir durcheinander wie Kraut und Rüben. Ich tu mich schwer, das auseinander zu halten. Vielleicht so:

Kultur ist die Summe alles Erlernten, die Summe all dessen im menschlichen Verhalten, das nicht genetisch bestimmt ist. Das habe ich schlampig mit dem Sozialen gleichgesetzt. Stimmt aber nicht, denn eine gewisse soziale Natur ist dem Menschen angeboren.



Defätist hat folgendes geschrieben:
Für was steht bei dir im Zusammenhang der Begriff Gruppenkohärenz? Lediglich der ge-, bzw. erzielte Gruppenzusammenhang oder das gezielte Verhalten innerhalb/zwischen Gruppen?

Für gezieltes Verhalten.

In einer utopischen Gesellschaft wären sich alle einig darüber, was "sinnvolles Verhalten" ist. Es sollte die Regel gelten: "ich komm dir nicht blöd und du kommst mir nicht blöd". Leider gibt es keine Einigkeit darüber, was alles unter "blöd kommen" fällt. An dieser Stelle kommen Gruppennormen ins Spiel.

Klaus-Peter hat eine relevante Stelle zitiert:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
(Über das Gewissen in Abhängigkeit von anderen Menschen und Religion)

Die Natur und Stärke der Empfindungen, welche wir Bedauern, Scham, Reue oder Gewissensbisse nennen, hängen dem Anschein nach nicht allein von der Stärke des verletzten Instincts, sondern auch zum Theil von der Stärke der Versuchung und häufig noch mehr von dem Urtheil unsrer Mitmenschen ab. In wie weit jeder Mensch die Anerkennung Andrer würdigt, hängt von der Stärke seines angebornen oder erlangten Gefühls der Sympathie ab, auch von seiner eignen Fähigkeit, die entfernteren Folgen seiner Handlungen sich zu überlegen.


Ein unterstützendes Zitat aus der anthropologischen Feldforschung:

Zitat:
Unto Others
The Importance of Social Norms

Zitat:
Die öffentliche Meinung zensiert jene, die vom akzeptieren Verhaltensstandard abweichen. In jeder Gemeineinschaft, die so klein ist, daß jedermanns Angelegenheit allen bekannt sind, ist das ein mächtiger Beweggrund. Unter den Papago gibt es kaum erlaubte Abweichungen von den üblichen Verhaltensmustern, die Prinzipien gelten für alle. [...] Berichte darüber, wie sich jemand entgegen des sozial aktzeptierten Form verhalten hat werden unausweichlich jedem einzelnen Bekannt werden. Die daraus folgende allgemeine Mißbilligung ist eine mächtige Abschreckung, daß die gültige Moral gebrochen wird.

Original:

Public opinion censures those who deviate from accepted standards of conduct. In any community so small that all the members and their affairs are known to one another, this is a powerfull force. Among the Papago there are almost no conventionalized variations from the normal behaviour pattern; the guiding principles apply to everyone. [...] The facts that failure to perform in a socially approved manner will inevitable become common knowledge and that general censure is sure to follow constitutes a powerfull deterrent to breaking the mores.

(Joseph, et. al. 1949. p. 166)


Zitiert nach Wilson/Sober http://www.hup.harvard.edu/catalog.php?isbn=9780674930476


In kleinräumigen Gemeinschaften ist Tratsch und Klatsch eines der Vehikel, um Gruppennormen durchzusetzen. Heute haben wir Massenmedien, die das großräumig verbreiten. Wie wurde Konsens in großräumigen Gesellschaften hergestellt, in der Zeit vor den Massenmedien?

Das Bekenntnis zu einer gemeinsamen Religion liegt als verbindende Klammer nahe. Wer sich sinnlosen Ritualen unterwirft zeigt, daß er willens ist, sich dem Gruppenkonsens unterzuordnen.


Defätist hat folgendes geschrieben:
Was ist bei dir im Zusammenhang "naiv gutmenschlich" an der Meinung Darwins?

Naiv gutmenschlich wäre es, Gruppenkoherenz zu einem ethischen Maßstab zu machen. Nimm den Islamischen Staat. Seine Gruppenkoheränz macht ihn erfolgreich.

Darwin war der Meinung, daß sich Humanismus letztlich durchsetzt. Ob das stimmt, darüber kann man streiten. Mehr dazu in folgender Antwort an fwo.
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Er_Win
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Beiträge: 4482

Beitrag(#2040022) Verfasst am: 17.01.2016, 21:08    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist nicht, ob Neues "logisch", sondern ob es voraussetzungslos ist (was es nicht ist).


ich hatte bei dem Einwurf auch nicht Voraussetzungslosigkeit sondern "geschlossene Kausalkette" im Hinterkopf...
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#2040057) Verfasst am: 18.01.2016, 00:02    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist nicht, ob Neues "logisch", sondern ob es voraussetzungslos ist (was es nicht ist).


ich hatte bei dem Einwurf auch nicht Voraussetzungslosigkeit sondern "geschlossene Kausalkette" im Hinterkopf...


Wenn du damit "determiniert" meinst, dazu hat ja Skeptiker schon etwas gesagt. Wenn man allerdings betrachtet, daß manche Entdeckungen (Evolutionstheorie oder das Telefon) fast zeitgleich von unterschiedlichen Leuten gemacht wurden, scheinen manche Neuerungen doch "in der Luft zu liegen". zwinkern
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
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fwo
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Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2040070) Verfasst am: 18.01.2016, 03:02    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist nicht, ob Neues "logisch", sondern ob es voraussetzungslos ist (was es nicht ist).


ich hatte bei dem Einwurf auch nicht Voraussetzungslosigkeit sondern "geschlossene Kausalkette" im Hinterkopf...


Wenn du damit "determiniert" meinst, dazu hat ja Skeptiker schon etwas gesagt. Wenn man allerdings betrachtet, daß manche Entdeckungen (Evolutionstheorie oder das Telefon) fast zeitgleich von unterschiedlichen Leuten gemacht wurden, scheinen manche Neuerungen doch "in der Luft zu liegen". zwinkern

Das ist das, was ich hiermit meinte:
fwo hat folgendes geschrieben:
....
Es gibt innerhalb der Geistesgeschichte so etwas wie eine allgemeine Regel, dass, wenn die Zeit reif für sie ist, die Innovation meist von verschiedenen Leuten gleichzeitig kommt. Ersetze jetzt Zeit durch kollektives Wissen oder Kultur und überlege, was wohl mit Reife gemeint sein könnte.....

Aber Skeptiker benutzt sowieso einen anderen Kulturbegriff als er in die Fragestellung integriert ist. Insofern ist es für mich sinnlos darauf weiter einzugehen.
_________________
Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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zelig
Kultürlich



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Beiträge: 25405

Beitrag(#2040078) Verfasst am: 18.01.2016, 08:17    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
....

Wenn Du nach meiner Ansicht zur "Darstellung eines Stammbaumes" fragst, dann antworte ich auf das Thema "Darstellung eines Stammbaumes". Und nicht auf die Frage, ob ich der Meinung bin, daß Sprachentwicklung mit dem Instrumentarium der Evolutionstheorie erschöpfend beschrieben werden kann. Dazu habe ich keine fundierte Meinung, wäre aber eher skeptisch.

Das finde ich aber nun angesichts der von mir formulierten Frage als etwas dünn - bei anderen Themen bin ich von Dir eine Präzision im Denken gewöhnt, die um Größenordnungen höher ist. Mein Einduck ist in der Tat, dass Du hier eher gefühlsbetont antwortest statt nachdudenken. Deshalb hatte ich auch nicht mehr nach einer fundierten Meinung gefragt, sondern danach, was Du bei der Darstellung eines Stammbaumes der Sprachen empfindest.

Aber das Wort Stammbaum (oder vielleicht die Person des Fragers?) hat anscheinend Gefühlsinhalte, die Dich übersehen lassen, wie der Satz aussieht, in dem es steht. Ich bedaure, dass ich mir Deine Antworten auf meine Fragen hier nur über eine eher unsichere Interpretation holen kann.


Tut mir leid, Deine Erwartungen nicht erfüllt zu haben. Aber da gibts nicht's zu interpretieren.
Ich habe keinen Plan von Sprachentwicklung. Nur eine unfundierte Meinung.
Schreib einfach mal:
Ich - habe - keine - Ahnung!
Tut gar nicht weh.
Kann ich jedem/r nur empfehlen.
Ich verpreche auch auf schauderhaft übergriffe Formulierungen wie Deine zu verzichten, die bei mir den Wunsch nach größtmöglicher Distanz auslösen.
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Skeptiker
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Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2040118) Verfasst am: 18.01.2016, 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist nicht, ob Neues "logisch", sondern ob es voraussetzungslos ist (was es nicht ist).


ich hatte bei dem Einwurf auch nicht Voraussetzungslosigkeit sondern "geschlossene Kausalkette" im Hinterkopf...


Wenn du damit "determiniert" meinst, dazu hat ja Skeptiker schon etwas gesagt. Wenn man allerdings betrachtet, daß manche Entdeckungen (Evolutionstheorie oder das Telefon) fast zeitgleich von unterschiedlichen Leuten gemacht wurden, scheinen manche Neuerungen doch "in der Luft zu liegen". zwinkern

Das ist das, was ich hiermit meinte:
fwo hat folgendes geschrieben:
....
Es gibt innerhalb der Geistesgeschichte so etwas wie eine allgemeine Regel, dass, wenn die Zeit reif für sie ist, die Innovation meist von verschiedenen Leuten gleichzeitig kommt. Ersetze jetzt Zeit durch kollektives Wissen oder Kultur und überlege, was wohl mit Reife gemeint sein könnte.....

Aber Skeptiker benutzt sowieso einen anderen Kulturbegriff als er in die Fragestellung integriert ist. Insofern ist es für mich sinnlos darauf weiter einzugehen.


Es ist nicht gesund, sich vom schmalen Brett des Biologismus direkt kopfüber in das flache Wasser des Idealismus zu stürzen.

Dein Kulturbegriff (und dein Begriff von "Reife") ist im wesentlichen idealistisch ...-
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Arno Gebauer
registrierter User



Anmeldungsdatum: 30.01.2005
Beiträge: 698

Beitrag(#2040129) Verfasst am: 18.01.2016, 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Arno Gebauer hat folgendes geschrieben:
Guten Tag, Skeptiker,

Du schreibst: "Insofern haben innovative Theorien und auch neue Ideologien gar keine (eigene) Geschichte und durchlaufen auch keine Evolution. "

Davon bin ich wirklich nicht überzeugt!

Kurz:

In allem , was wir tun, gibt es eine Wirkung auf jede Ursache.
Das ist die Basis unserer Evolution,
oder die Basis unserer und aller anderen Selbstorganisationen und die Basis,
warum ein Gott überhaupt überflüssig ist.

Jede "Reaktion zur Ursache" bestimmt immer alle Folge-Aktionen.
So funktioniert die Biologie, das phsykalische, der soziale und der
kulturelle Bereich.

Viele Grüße
Arno Gebauer


Hallo Arno,

ich weiß nicht genau, was du mit dem Satz meinst:

Jede "Reaktion zur Ursache" bestimmt immer alle Folge-Aktionen.

Ist damit ein vollständiger Determinismus gemeint?

In der biologischen Evolution gibt es ein ständiges Wechselverhältnis zwischen Zufall und Determination, aber keine vollständige Determination von Folgezuständen.

Ich habe mich auf die Entstehung neuer/innovativer Ideen bezogen und schrieb, dass diese keine eigene/selbständige Geschichte haben. Das heisst nicht, dass es keine Voraussetzungen und Ursachen der Ideen gibt. Die gibt es sehr wohl. Aber sie liegen außerhalb der Ideenwelt selber, wie oben schon erläutert.

Zum Beispiel liegt eine Weitentwicklung der menschlichen Moral - vorausgesetzt dass es eine solche gibt - nicht darin, dass es verschiedene Stufen der Moral 1, Moral 2, Moral 3, usw. gibt, sondern dass es z.B. eine höhere Produktivität gibt, so dass auf dieser Grundlage mehr zu verteilen ist und so ein höherer Wohlstand entsteht, der dann die Grundlage für eine höhere Moral darstellt.

Ansonsten stimme ich dir zu, dass es einen *Gott* als Erklärung oder Begründung moralischer Entwicklung und sonstiger Fortschritte nicht mehr braucht, sondern dass alle Höherentwicklungen mit der Welt selbst erklärt und begründet werden können ...-


Guten Tag, Skeptiker,

es ist richtig, dass die Evolution auf Zufall und Notwendigkeit beruht.

Aber das Prinzip der Evolution ist die Rückkoppelung oder das Feedback,
was die Selbstorganisation eines Organismus erst ermöglicht oder
einen Schöpfer der Welt überflüssig macht.
(Bei einer Rückkoppelung wirkt die Wirkung auf ihre Ursache zurück)

Die Rückkoppelung bestimmt alles: Unser Leben, die Natur, die Technik,
Gesellschaft, Wirtschaft, unsere Gesundheit, usw.

Dies gilt auch für soziale Interaktionen.

Viele Grüße
Arno Gebauer
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Trennung von Staat und Kirche !
Die geistigen Brandstifter des Holocausts waren die Kirchen! Sie haben viele Jahrhunderte lang gegen die Juden gehetzt!
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fwo
Caterpillar D9



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Beiträge: 26444
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2040132) Verfasst am: 18.01.2016, 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
....
Es ist nicht gesund, sich vom schmalen Brett des Biologismus direkt kopfüber in das flache Wasser des Idealismus zu stürzen.

Dein Kulturbegriff (und dein Begriff von "Reife") ist im wesentlichen idealistisch ...-

Was brabbelst Du eigentlich immer wieder von Biologismus? Die Evolutionstheorie, die ich hier vorgestellt habe, hat mit Biologie nichts mehr zu tun. Sie gehört eher in die Systemtheorie.

Mit Biologie hat nur der benutzte Kulturbegriff zu tun, als er sich auf die für diese Betrachtung wesentlichen Merkmale beschränkt: Es gibt bei uns drei Arten von Verhalten, in die Du alle einordnen kannst: Angeborene Verhalten, persönlich erworbene Verhalten, die weder aus einer Tradition (= Weitergabe von einer Generation an die nächste) stammen, noch tradiert werden (z.b. dass Du humpelst, wenn ein Beinbruch nicht richtig verheilt), und Verhalten, dass Du entweder bereits aus der Tradition bekommen hast oder selbst erworben auch tradierst, quasi Deine "Erfindung", die in die Summe des Wissens Deiner Population aufgenommen wird. Das letzte ist das, was hier als Kultur bezeichnet wird.

In Wikipedia heißt das:
Zitat:
„Die Übertragung von Informationen von einer Generation zur nächsten auf nichtgenetischem Wege wird im Allgemeinen als kulturelle Tradition bezeichnet.“ In der Biologie werden solche kulturellen Traditionen allerdings häufig verkürzt als Kultur bezeichnet.


Das hat nichts mit Idealismus zu tun, sondern mit einer sinnvollen Begrenzung des Arbeitsbereiches. Wissenschaft arbeitet so, und bei der Fragestellung die hier diskutiert wird, gibt es keinen anderen Kultur-Begriff, der überhaupt praktikabel wäre. Mit dieser Idealismus-Einordnung kommst Du mir vor wie eine Hausfrau, die meint, endlich die Physik stürzen zu können, weil sie in Omas Kochbuch den einzig richtigen Menge-Begriff gefunden hat.

p.s. Der Begriff Reife in der von mir benutzten Aussage bedeutet einfach, dass die Voraussetzungen für die neue Entwicklung das sein müssen. Auch in dem, was Du unter Kultur verstehtst, wird nichts Neues erfunden, ohne dass die Voraussetzungen dafür da sind. Und die gibt es für jede Neuerung. Es ist völlig egal, welche bahnbrechenden Gedanken Du gerade hast, die den Lauf den Universums ändern werden, Du kannst sie nicht denken, ohne dass die Sprache Dir das Instrumetarium dazu geliefert hätte. Ob das nun gerade die Sprache der Mathematik, der Physik oder "nur" die "natürliche" Sprache ist, unsere größte Kulturleistung überhaupt.
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fwo
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Beiträge: 26444
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Beitrag(#2040135) Verfasst am: 18.01.2016, 16:27    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
....

Wenn Du nach meiner Ansicht zur "Darstellung eines Stammbaumes" fragst, dann antworte ich auf das Thema "Darstellung eines Stammbaumes". Und nicht auf die Frage, ob ich der Meinung bin, daß Sprachentwicklung mit dem Instrumentarium der Evolutionstheorie erschöpfend beschrieben werden kann. Dazu habe ich keine fundierte Meinung, wäre aber eher skeptisch.

Das finde ich aber nun angesichts der von mir formulierten Frage als etwas dünn - bei anderen Themen bin ich von Dir eine Präzision im Denken gewöhnt, die um Größenordnungen höher ist. Mein Einduck ist in der Tat, dass Du hier eher gefühlsbetont antwortest statt nachdudenken. Deshalb hatte ich auch nicht mehr nach einer fundierten Meinung gefragt, sondern danach, was Du bei der Darstellung eines Stammbaumes der Sprachen empfindest.

Aber das Wort Stammbaum (oder vielleicht die Person des Fragers?) hat anscheinend Gefühlsinhalte, die Dich übersehen lassen, wie der Satz aussieht, in dem es steht. Ich bedaure, dass ich mir Deine Antworten auf meine Fragen hier nur über eine eher unsichere Interpretation holen kann.


Tut mir leid, Deine Erwartungen nicht erfüllt zu haben. Aber da gibts nicht's zu interpretieren.
Ich habe keinen Plan von Sprachentwicklung. Nur eine unfundierte Meinung.
Schreib einfach mal:
Ich - habe - keine - Ahnung!
Tut gar nicht weh.
Kann ich jedem/r nur empfehlen.
Ich verpreche auch auf schauderhaft übergriffe Formulierungen wie Deine zu verzichten, die bei mir den Wunsch nach größtmöglicher Distanz auslösen.

Sehr bedauerlich, das erste wie das letzte. Es sagt mir, dass es anscheinend meine Art ist, die dich regelmäßig ausrasten lässt, und nicht nur bestimmte Reizwörter.
Ansonsten: Es gibt keine Nachricht, die nicht auf verschiedenen Ebenen Bedeutung trägt, also interpretierbar wäre.
Zu
Zitat:
Ich - habe - keine - Ahnung!

Ich spare mir normalerweise einfach das Mitreden bei Themen, bei denen das so ist. Und wenn mich jemand direkt zu einen Thema befragt, bei dem das so ist, ist das eine Antwort, die sofort bis ziemlich schnell kommt. (Hängt von der Art der Frage ab) Und da, wo ich nur ein bisschen Ahnung habe, rede ich normalerweise nur mit, wenn ich den Eindruck habe, dass schon dieses bisschen bereits ein Fortschritt wäre.

Speziell in diesem Thread muss noch eine Anmerkung zum Begriff der Ahnung erfolgen: Es gibt bei diesem Thema niemanden, der wirklich etwas weiß, es war keiner dabei und Sprache fossilsiert nicht. Auch die "Koryphäen" sind aufs Vermuten angewiesen und was zählt, ist letztlich nur die Schlüssigkeit des Gedankens. Das ist der Grund, warum ich herkomme - zum Selberdenken und um Gedanken anderer zu erfahren. Nur das kann zur Vermehrung der "Ahnung" führen. Was mich treibt, ist verstehen wollen.

p.s. So wie Du selbst regelmäßig austeilst, ist die Empfindlichkeit, die Du gerade betonst, ungesund.
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smallie
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Beiträge: 3726

Beitrag(#2040962) Verfasst am: 24.01.2016, 20:38    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
.....
Kulturelle Replikation findet statt. Soviel läßt sich sagen, auch ohne die genauen neurologischen Grundlagen dafür zu kennen.

Kann es dafür neurologischen Grundlagen geben? Das Individuum ist hier die Kultur, nicht der Mensch. Die menschliche Population (als Kulturnation gemeint) ist hier eine Art Medium oder Träger.

Das heißt, dass der Kopiervorgang zwar als Lernen in einem Kopf stattfindet, aber dass für ihn wesentlich ist, dass er auf einer Kommunikation zwischen Menschen beruht.

Ich wollte auf das Lernen im Kopf hinaus. Irgendwie müssen Gedanken und Gefühle organisch repräsentiert sein, sei es durch Aktivitätsmuster im Hirn, sei es durch Hormonkonzentrationen. Jeder kulturelle Inhalt muß durch's Gehirn.


fwo hat folgendes geschrieben:
Der Ort, in dem die Information der Kultur gespeichert ist, ist ja auch kein Analogon zum Zellkern, weil der Träger Nation nicht nur völlig anders funktioniert als ein tierischer Organismus - die Kultur ist ja ein Epiphänomen der sie tragenden Population. Der Speicherort ist das kollektive Gedächtnis.

Ich wollte schon widersprechen, aber unterm Schreiben ist mir aufgefallen, was du vermutlich meinst:

- jede Zelle trägt einen kompletten Satz Erbgut.
- Menschen tragen nicht sämtliche technisch/kulturellen Fertigkeiten ihrer Kultur mit sich herum.

Das passt so weit für mich. Mit der kleinen Einschränkung, daß auch ein einzelner Mensch nicht den kompletten Satz aller bekannten menschlichen Allele trägt.
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smallie
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Beitrag(#2040964) Verfasst am: 24.01.2016, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

zelig hat folgendes geschrieben:
(Auch wenn Dawkins euch Naturalisten mit seinem Mem vernebelt hat.)

Teufel

zelig, so kenn ich dich gar nicht. Überrascht


Ich habe die Wirkung meiner flapsigen Bemerkung falsch eingeschätzt. Sorry auch an fwo, war wirklich nicht böse gemeint. Ich gelobe Besserung.

Kein Problem. Ich mag flapsige Bermerkungen. Jetzt kennen wir uns schon so lang, da muß nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden.

Im Übrigen heißt es, "was sich neckt, das liebt sich." So gesehen ist der Liebeskoeffizient im FGH sehr klein. Pfeifen
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Beiträge: 3726

Beitrag(#2040965) Verfasst am: 24.01.2016, 20:41    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Zur Sache. Wenn danach gefragt wird, wo die "Verwässerung" liege.

Der Erfolg der Evolutionstheorie basiert ua auf der Erklärbarkeit der biochemischen Replikationsmechamismen. Soweit ich die Argumentation, gegen die ich mich wenden würde, richtig verstehe, entsteht bei der Analogisierung von kultureller Weitergabe ("Replikation" ist kein passender Begriff im kulturellen Kontext, da mit ihm nach meinem Gefühl ein physischer Mechanismus mitgedacht wird) genau an diesem Punkt jedoch eine Erklärungslücke. Es gibt keinen uns bekannten biochemischen Träger für Wissen (ist das OK, wenn wir uns auf "Wissen" einigen?) wie die DNA/RNA, der zugleich Weitergabe, Varietät, Konstanz und Änderung über die Zeit gewährleistet.

"Wissen" ist ok.

"Replikation" finde ich als Begriff auch nicht ganz passend, aber aus einem anderen Grund. Der Begriff verleitet, an eine 1:1-Kopie zu denken - so zuverlässig sind Imitation, Nachahmung, Lernen aber nicht. Andererseits wird Wissen aber ständig weitergegeben. Wir wären heute noch in der Steinzeit, müßte jeder Mensch das Rad und den Faustkeil neu erfinden.



zelig hat folgendes geschrieben:
Alleine schon das Fehlen dieses Trägers verhindert eine Analogisierung. Daher stellt die Übertragung der Evolutionstheorie auf Größen wie Geschichte, Tradition, Wissen, soziale Verbände, sowie die Inhalte, die sie Transportieren können, eine Verwässerung dar.

Weder Darwin noch Wallace kannten die Träger biologischer Vererbung. Das schmälert aber ihre Einsichten nicht. Über kulturelle Evolution nachzudenken ist nicht automatisch fehlgeleitet, nur weil uns nicht klar ist, was die Elementarpartikel dabei sind.


Hier ein Beispiel aus der Literatur. Es geht um den Verlust von Kulturtechniken bei Inselvölkern. Das Problem ist schon länger bekannt.


Zitat:
Das Verschwinden nützlicher Fertigkeiten (1912)
W. H. R. Rivers

DAS KANU

Man könnte glauben, falls es überhaupt eine Kunstfertigkeit gäbe, die die Bewohner kleiner Inselgruppen bewahren würden, dann wäre das die Kunst der Navigation. Sogar unter Ausslassung des Bedarfes nach Austausch zwischen den Bewohnern verschiedener Inseln einer Gruppen und anderer Gruppen, so sollte man doch glauben, daß der Nutzen bei der Nahrungsbeschaffung außreichend wäre, damit Menschen jede Möglichkeit bis zum außersten ausschüpften, um ein unverzichtbares Objekt wie das Kanu zu erhalten. Trotzdem gibt es klare Belege, daß das Kanu an zwei Orten in Ozeanien bekannt war und dann verschwunden ist.


original:

The Disappearance of Useful Arts

THE CANOE.

It might be thought that, if there was one art of life which would have been retained by people living in small groups of islands, it would be the art of navigation. Even putting aside the need for intercourse between the inhabitants of different islands of a group and with the inhabitants of other groups, one would have thought that its usefulness in obtaining food would have been sufficient to make people strain every resource to the utmost to preserve so necessary an object as the canoe. Nevertheless we have clear evidence that in two places in Oceania the canoe has once been present and has disappeared.

https://en.wikisource.org/wiki/The_Disappearance_of_Useful_Arts


Ähnliches passierte auch in Tasmanien. Zur Eiszeit war es über eine Landbrücke mit Australien verbunden. Als der Meeresspiegel stieg, waren die Tasmanier auf sich gestellt und verloren im Laufe der Zeit mehrer Kunstfertigkeiten.

Joseph Henrich berichtet hier, daß die Tasmanier 24 verschiedene technische Fertigkeiten kannten, die Festlandbewohner aber hunderte mehr.

Zitat:
DEMOGRAPHY AND CULTURAL EVOLUTION

HOW ADAPTIVE CULTURAL PROCESSES CAN PRODUCE MALADAPTIVE LOSSES—THE TASMANIAN CASE
Joseph Henrich 2004

Based on a combination of ethnohistorical and archaeological data, Tasmanians had by the time of European discovery likely lost, or never developed, the capacity to manufacture bone tools of any kind, cold-weather clothing, fishhooks, hafted tools, fishing spears, barbed spears, fish/eel traps, nets, spear-throwers, and boomerangs. To hunt and fight, Tasmanian men used only onepiece spears, rocks and throwing clubs.

In all, the entire Tasmanian toolkit consisted of only about 24 items, which contrasts starkly with aboriginal Australians just across the Bass Strait who possessed almost the entire Tasmanian toolkit plus hundreds of additional specialized tools including multi-pronged fishing spears, spear-throwers, boomerangs, mounted adzes, composite tools, a variety of nets for birds, fish and wallabies, sewn bark canoes, string bags, ground edge axes and wooden bowls for drinking (Jones 1974,1976; Plomley 1966; Ryan 1981).

http://www2.psych.ubc.ca/~henrich/Website/Papers/HenrichTasmania.pdf


Henrich nimmt nun die Gleichung von Price und wendet sie auf Wissensübertragung an. Er führt zwei Parameter alpha und beta ein. Alpha steht für dafür, wie zielsicher aus allen vorhandenen Verhaltensweisen die Beste ausgewählt wird. Beta steht für Fehler oder Verbesserungen beim Lernen der Verhaltensweise.

Damit kommt er auf diese Bedingung (ich zitierte das nur, um die mathematisch Analogie zwischen biologischer und kultureller Evolution deutlich zu machen)

Zitat:


N* is the critical number of social learners necessary to produce cumulative adaptive cultural evolution for a specified set of inferential processes (α and β values)—which relate to specific skills, techniques or practices. This shows N* must exceed a threshold determined by the ratio of α to β. Larger values of α or smaller values of β will increase the minimum threshold size of the pool of social learners. If N* is less than this threshold, Δz will be less than zero and these culturally acquired skills, knowledge and related technologies will begin to ebb away.


Und auf diesen qualitativen Zusammenhang:

Zitat:



Auf deutsch: Komplexe Fertigkeiten brauchen ein gewisses Reservoir an Bevölkerung, um gedeihen zu können.

Die Analogie zur Biologie kommt daher, weil die zugrunde liegende Mathematik die gleiche ist.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Die biologische Evolutionstheorie soll die Geschichte der Entwicklung der biologischen Arten erklären. Ein soziologische "Evolutionstheorie" müßte dem entsprechend die Geschichte der Entwicklung menschlicher Gesellschaften theoretisch verarbeiten, ein Modell der Zusammenhänge darstellen, die sich bei der Entwicklung der menschlichen Gesellschaften beobachten lassen.

Reicht dir das gerade beschriebene als Beleg, daß solche Modelle zumindest ansatzweise machbar sind?
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Marcellinus
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Beitrag(#2040981) Verfasst am: 24.01.2016, 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Die Analogie zur Biologie kommt daher, weil die zugrunde liegende Mathematik die gleiche ist.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Die biologische Evolutionstheorie soll die Geschichte der Entwicklung der biologischen Arten erklären. Ein soziologische "Evolutionstheorie" müßte dem entsprechend die Geschichte der Entwicklung menschlicher Gesellschaften theoretisch verarbeiten, ein Modell der Zusammenhänge darstellen, die sich bei der Entwicklung der menschlichen Gesellschaften beobachten lassen.


Reicht dir das gerade beschriebene als Beleg, daß solche Modelle zumindest ansatzweise machbar sind?


Was willst du mir damit sagen? Daß es manche soziale Prozesse gibt, die mit mathematischen Modellen zumindest teilweise beschrieben werden können, oder daß sozialen Prozessen im allgemeinen mathematische Strukturen zugrundeliegen? Ersteres bestreite ich nicht, letzteres schon; denn das müßte man begründen, und dazu reicht Mathematik nun einmal nicht aus. Schon in der Biologie haben maithematisierende Verfahren weit geringere Bedeutung als zB in der Physik. Hat einfach mit der anderen Art der Objekte zu tun. Noch viel mehr gilt das für die Menschenwissenschaften.

Physik und Biologie sind unterschiedliche Wissenschaften, nicht weil die entsprechenden akademischen Fächer getrennt sind, sondern, weil es unterscheidbare Gegenstandsbereiche gibt, die nach unterschiedlichen Modellen von Zusammenhängen verlangen. Auch wenn jeder biologische Organismus aus physikalischen Objekten aufgebaut ist, so doch ein einer Weise, die Eigenschaften entstehen läßt, die eigene Theorien erfordern. So ist es auch mit den Menschenwissenschaften. Menschen bilden Gesellschaften, die zwar ausschließlich aus Menschen bestehen, aber miteinander Figurationen bilden, die Eigenschaften entwickeln, die sich nicht auf einzelne Menschen reduzieren lassen. Aber allein das zu verstehen, von akzeptieren ganz zu schweigen, fällt vielen noch sehr schwer.
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smallie
resistent!?



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Beitrag(#2041158) Verfasst am: 26.01.2016, 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Die Analogie zur Biologie kommt daher, weil die zugrunde liegende Mathematik die gleiche ist.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Die biologische Evolutionstheorie soll die Geschichte der Entwicklung der biologischen Arten erklären. Ein soziologische "Evolutionstheorie" müßte dem entsprechend die Geschichte der Entwicklung menschlicher Gesellschaften theoretisch verarbeiten, ein Modell der Zusammenhänge darstellen, die sich bei der Entwicklung der menschlichen Gesellschaften beobachten lassen.


Reicht dir das gerade beschriebene als Beleg, daß solche Modelle zumindest ansatzweise machbar sind?


Was willst du mir damit sagen? Daß es manche soziale Prozesse gibt, die mit mathematischen Modellen zumindest teilweise beschrieben werden können, ...

Genau das.

Nebenbei auch:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
... oder daß sozialen Prozessen im allgemeinen mathematische Strukturen zugrundeliegen? Ersteres bestreite ich nicht, letzteres schon; denn das müßte man begründen, und dazu reicht Mathematik nun einmal nicht aus.

Das ist ein eigenes Thema, das ich nur kurz anschneide, sonst krieg ich die noch ausstehenden Antworten im Thread nicht gebacken.

Gibt es denn Strukturen, die nicht mathematisch sind? Mathematik ist die Wissenschaft, die Strukturen jeder Art beschreibt. Deshalb kann keine hinreichend entwickelte Wissenschaft auf Mathematik verzichten, ohne an Ausdruckskraft einzubüßen. Sicher lassen sich mathematische Zusammenhänge auch natürlichsprachlich sagen. Und ganz sicher läßt sich Empirie nicht durch Mathematik ersetzen; aus mathematischen Überlegungen die Eigenschaften der Welt abzuleiten geht im Allgemeinen nicht, im Besonderen manchmal schon, zum Beispiel bei der Entdeckung des Neptuns oder des Neutrinos.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Schon in der Biologie haben maithematisierende Verfahren weit geringere Bedeutung als zB in der Physik. Hat einfach mit der anderen Art der Objekte zu tun. Noch viel mehr gilt das für die Menschenwissenschaften.

Wirklich?

Drei Beispiele aus Biologie/Evolutionsbiologie, die sich erst mit mathematisierenden Verfahren so recht fassen lassen:

1) Warum gibt es keine Säugetiere kleiner als eine Spitzmaus?
2) Warum zeigt sich bei Säugetieren eine Geschlechterverhältnis von nahe 1:1; warum überwiegen bei Hymenoptera (Ameisen, Bienen) die Weibchen?
3) Wie kommt der Leopard zu seinen Flecken?


Sehr passend ist in diesem Zusammenhang das Zitat von John Maynard Smith.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Edit: Die folgende Passage ist übrigens eine wunderschöne Anekdote, die zwar nicht direkt gegen Gould geht, aber indirekt doch gegen die Leute, die so ähnlich ticken wie er:

I had particular difficulties with my paper on gaits, which may have been the first genuine “optimization” paper in biology. To find the optimal gait, the one that would minimize energy expenditure at a given speed, I wrote down a differential equation: (dw/dj=o). The editor, offended by this attempt to sully a respectable biological journal with mathematics, asked “Why don’t you cancel the d’s?” I fear that this story will amuse only some readers, but I want to get it on record.

Mr. Green

    Spoiler: die d in dw/dj=o sind Symbole aus der Infinitesimalrechnung. Vermutlich Stoff in der 12ten Klasse?

Was Smith hier beschreibt ist kein Einzellfall. William Hamilton berichtete ähnliches.

Woher kommt diese Geringschätzung mathematischer Verfahren? Der bekannteste Verächter dürfte wohl Ernst Mayr sein.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zum zweiten hat der große - und nach Charles Darwin wohl größte - Evolutionsbiologe Ernst Mayr ein dialektisches Verständnis von Evolution und das ist - wie ich finde - ganz bemerkenswert.

Da kann jedenfalls der Evolutionsmechaniker von gestern noch so einiges von lernen ...- Cool

Skeptiker, sag doch mal, was Mayr zu so einem großen Evolutionsbiologen macht. Welche Erkenntnis geht auf Mayr zurück? Ich weiß überhaupt nicht, warum Mayr so über den Klee gelobt wird. Ich hab' ihn nie gelesen. Aber alles, was ihm als Erkenntnis zugeschrieben wird, das haben andere vor ihm geschrieben.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Menschen bilden Gesellschaften, die zwar ausschließlich aus Menschen bestehen, aber miteinander Figurationen bilden, die Eigenschaften entwickeln, die sich nicht auf einzelne Menschen reduzieren lassen. Aber allein das zu verstehen, von akzeptieren ganz zu schweigen, fällt vielen noch sehr schwer.

Insbesondere dir scheint es schwer zu fallen, die mathematische Beschreibung der Figurationen anzuerkennen. Auf den Arm nehmen
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fwo
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Beitrag(#2041180) Verfasst am: 26.01.2016, 02:37    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
.....
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
....
I had particular difficulties with my paper on gaits, which may have been the first genuine “optimization” paper in biology. To find the optimal gait, the one that would minimize energy expenditure at a given speed, I wrote down a differential equation: (dw/dj=o). The editor, offended by this attempt to sully a respectable biological journal with mathematics, asked “Why don’t you cancel the d’s?” I fear that this story will amuse only some readers, but I want to get it on record.

Mr. Green

    Spoiler: die d in dw/dj=o sind Symbole aus der Infinitesimalrechnung. Vermutlich Stoff in der 12ten Klasse?

Was Smith hier beschreibt ist kein Einzellfall. William Hamilton berichtete ähnliches.

Woher kommt diese Geringschätzung mathematischer Verfahren? Der bekannteste Verächter dürfte wohl Ernst Mayr sein. ....

Das ist biologieimmanent. Ich habe die Biologen, die ich an der Uni kennengelernt habe, mal folgenderweise karikiert:

Im Fach Biologie treffen sich alle Leute, die ganz gerne "was Naturwissenschaftliches" machen wollen, denen aber Chemie oder gar Physik schon zu abstrakt sind. Im Gross sind das Leute, die sich in eine Wiese setzten können, um da zu staunen. Die machen Biologie, weil sie da die Hoffnung haben, nicht wieder was mit Mathe machen zu müssen. Die laufen weg, wenn sie eine Zahl sehen. Und wenn sie doch von ihr eingeholt werden, machen sie das schlimmste, was man machen kann: Sie glauben an diese Zahl.

Zur Veranschaulichung eine Anekdote aus einem Aufbaupraktikum kurz vor dem Diplom. Es gab Gruppenarbeit und das Ergebnis einer Gruppe bestand aus zwei Zahlen. Glaub nicht, dass uns die mitgeteilt wurden. Stattdessen gab es Mittelwert und Standardabweichung, weil der Taschenrechner nicht protestiert hat. Der Dozent hat übrigens auch nicht protestiert.

Und noch eine aus der Praxis: Drittmittel-Freilandarbeit 2 Leute über zwei Jahre (für ein biologisches Institut richtig Geld). Wir hatten teilweise ganz andere Ergebnisse als alle vorherigen behauptet hatten. Dann habe ich mir die Behauptungen angesehen und festgestellt, dass die gar nicht genau genug gearbeitet hatten, um sie zu verifizieren. Gekommen waren sie zu diesen Behauptungen durch physikalische Überlegungen, die für den Vorgang viel zu schlicht waren. Aber eben wegen ihrer leichten Verständlichkeit waren sie über 20 Jahre immer weiter zitiert worden. Ich habe mich dann hingesetzt, um den Vorgang physikalisch neu zu beschreiben, und habe das vor dem Weiterreichen von zwei Physikern korrekturlesen lassen - die waren zufrieden, ich auch, weil das nun auch mit unserem Befund übereinstimmte. Die Biologen allerdings nicht, und unsere anderen Werte wurden unerklärt veröffentlicht. "Weil wir so ein Protzen mit Schmuckzeichen, die eh keiner versteht, bei uns nicht machen." Es handelte sich um zwei Integrale.
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zelig
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Beitrag(#2041188) Verfasst am: 26.01.2016, 07:14    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Alleine schon das Fehlen dieses Trägers verhindert eine Analogisierung. Daher stellt die Übertragung der Evolutionstheorie auf Größen wie Geschichte, Tradition, Wissen, soziale Verbände, sowie die Inhalte, die sie Transportieren können, eine Verwässerung dar.

Weder Darwin noch Wallace kannten die Träger biologischer Vererbung. Das schmälert aber ihre Einsichten nicht. Über kulturelle Evolution nachzudenken ist nicht automatisch fehlgeleitet, nur weil uns nicht klar ist, was die Elementarpartikel dabei sind.


Die "Elementarpartikel", die analog zur Weitergabe biochemischer Strukturen durch das Gen Wissen oder Bedeutung weitergeben, gibt es vermutlich nicht. Ich wundere mich, daß in einer Umgebung, die sehr auf das empirische Fundament von Theorien achtet, diese fundamentale Erklärungslücke ignoriert wird. Und ja, ich habe ja nichts gegen Überlegungen zur evolutionären Entwicklung kultureller Größen, wenn bewußt ist, daß diese evolutionäre Redeweise dann einen eher metaphorischen, bildhaften Charakter bekommt. Die Argumentation, die hier teils geliefert wird, lässt begründete Zweifel daran aufkommen.
Du setzt zum Beispiel die Existenz dieses "Elementarpartikels" voraus. Ist dir bewußt, daß das Spekulation ist? Die Deine Redeweise zudem nach meiner Ansicht wohl eher nie bewahrheiten wird.
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mat-in
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Beitrag(#2041199) Verfasst am: 26.01.2016, 09:58    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Das ist biologieimmanent. Ich habe die Biologen, die ich an der Uni kennengelernt habe, mal folgenderweise karikiert:...
Einige wenige gehen in Bio, weil sie sich zwischen Physik und Chemie und Biochemie nicht entscheiden können und man sich in Bio in jede Richtung austoben kann... aber dann dauert das Diplom leider 15 statt 10 Semester und man wird komisch angeguckt. Das mit den Zahlen wird sich ändern müssen, bzw. ist schon dabei sich zu ändern... aber im großen und ganzen hast Du Recht, wenn ich mir die Kollegen so anschaue.

Aber zurück on-topic: Ich sehe da kein Problem drin, von "Evolutiven Vorgängen" zu sprechen, wenn eine klare Anpassung durch Veränderung/Vermehrung/Selektion stattfindet?

Wir haben z.B. mal als Übung einen Raumbelegungsplan programmiert. Die Software erstellt mehrere Belegungspläne, wertet die (z.B. zwei Vorlesungen zeitgleich in einem Hörsaal = Minuspunkte - es sei denn man will gegen Überfüllung demonstrieren und das Ministerium ist zu Besuch) und pickt dann den Plan mit der höchsten Bewertung als Grundlage für die nächste Runde zufälliger Veränderungen raus. Das funktioniert nicht nur, das sieht auch sehr aus wie Evolution.

Wo ist hier das "Substrat" für die Vorgänge?

Und umgekehrt sieht es "in den Genen" auch längst nicht so sauber 1 gen 1 protein 1 Merkmal aus wie die Leute immer Denken...
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Marcellinus
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Beitrag(#2041205) Verfasst am: 26.01.2016, 10:19    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Gibt es denn Strukturen, die nicht mathematisch sind? Mathematik ist die Wissenschaft, die Strukturen jeder Art beschreibt. Deshalb kann keine hinreichend entwickelte Wissenschaft auf Mathematik verzichten, ohne an Ausdruckskraft einzubüßen. Sicher lassen sich mathematische Zusammenhänge auch natürlichsprachlich sagen. Und ganz sicher läßt sich Empirie nicht durch Mathematik ersetzen; aus mathematischen Überlegungen die Eigenschaften der Welt abzuleiten geht im Allgemeinen nicht, im Besonderen manchmal schon, zum Beispiel bei der Entdeckung des Neptuns oder des Neutrinos.

Mathematik ist ein von Menschen geschaffenes Symbolsystem. Neben der Beschäftigung mit sich selbst, also Mathematik um der Mathematik willen, kann man manche Vorgänge in der Natur in mathematische Formeln fassen. Ob eine solche Mathematisierung dann auch im Ergebnis zur beobachtbaren Wirklichkeit paßt, muß in jedem Falle gesondert gezeigt werden und ergibt sich nicht aus der Mathematik an sich. Daß sich JEDE Struktur mathematisch abbilden läßt, wäre zu zeigen. Ob es sinnvoll ist, ist noch einmal eine andere Frage.
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fwo
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Beitrag(#2041214) Verfasst am: 26.01.2016, 11:23    Titel: Antworten mit Zitat

mat-in hat folgendes geschrieben:
....
Aber zurück on-topic: Ich sehe da kein Problem drin, von "Evolutiven Vorgängen" zu sprechen, wenn eine klare Anpassung durch Veränderung/Vermehrung/Selektion stattfindet?

Wir haben z.B. mal als Übung einen Raumbelegungsplan programmiert. Die Software erstellt mehrere Belegungspläne, wertet die (z.B. zwei Vorlesungen zeitgleich in einem Hörsaal = Minuspunkte - es sei denn man will gegen Überfüllung demonstrieren und das Ministerium ist zu Besuch) und pickt dann den Plan mit der höchsten Bewertung als Grundlage für die nächste Runde zufälliger Veränderungen raus. Das funktioniert nicht nur, das sieht auch sehr aus wie Evolution.

Wo ist hier das "Substrat" für die Vorgänge?

Du arbeitest bei Deinem Beispiel mit distinkter Information, die außerdem auch noch binär in Ladungsmustern codiert ist, wenn ich ganz nach unten gehe - damit wäre zelig wahrscheinlich schon zufrieden.

Mein "Paradebeispiel" ist ja immer noch die Sprache. Die Kopiervorgänge sind genau genug, dass wir heute noch Goethe lesen können (Nebenbei: auch der Artbegriff innerhalb der Biologie wird ja fraglich, wenn wir über zu viele Generationen gehen). Wir können außerdem feststellen, dass wir, wenn wir bei kleinen, geographisch getrennten Populationen hinreichend "Inzucht" betreiben, die "Gendrift" (Das ist jetzt tatsächlich eine Metapher) praktisch ausschalten können und in Inseln eine über viele Generationen sehr stabile Sprache erhalten : Beispiel Siebenbürgen oder in neueren Beispielen deutsche Exklaven in Namibia oder Südamerika. Da ist die deutsche Sprache fast stehengeblieben, wir können also die Kopiertreue direkt greifen, die da existiert.

Zelig hat ja bis jetzt im Prinzip nur die Behauptung wiederholt, dass von Evolution nur die Rede sein dürfe, wenn die Information in in ihrer harten Codierung erkennbar ist und wir einen Zufallsmechanismus beim Kopiervorgang beschreiben können, der auf der Ebene der physikalischen Representation ansetzt - ohne dass er bis jetzt auch nur den Versuch gemacht hat, zu zeigen, welche Änderung im grundsätzlich Vorgang, dem Aufspalten von Koiperlienien, sich ergibt, wenn die Information unscharf ist und über den Zufallsmechanismus nichts gesagt werden kann - dass ein Zufallsmechanismus existiert, ist angesichts des Sprachwandels, den wir beobachten können, nicht abzustreiten.

Dabei ist Dein Beispiel der Evolution des Raumbelegungsplanes evtl. ein guter Mittler: Wir haben bei dem Beispiel zwar irgendwo unten eine binäre physikalische Representation, aber der Zufallsmechanismus hat mit der nichts zu tun, sondern ist auf einer anderen Ebene programmiert und setzt auch nicht an der Codierung an, sondern auf einer inhaltlichen Ebene, in der Metapher am Phänotyp. Trotzdem funktioniert das Ding: über die Selektion - hier eine künstliche Bewertung und keine Vermehrungsrate - findet eine Optimierung statt.

Ich habe jetzt das Vokabular aus der Biologie locker einstreuen können, nicht weil da irgendwo ein biologischer Vorgang nachgebildet wurde, sondern weil da eine Strukturgleichheit existiert.

Meine Kernaussage ist immer noch:

Wenn ich eine Informationssammlung bei hoher Kopiertreue mit kleinen zufälligen Fehlern über viele Generationen kopiere, bekomme ich eine baumartige Struktur von Kopierlinien der ursprünglichen Informationssammlungen. Wenn zusätzlich eine Selektion bestimmter Linien existiert, nenne ich diesen Vorgang Evolution.

Und jetzt wäre es an zelig, zu zeigen, welchen Unterschied es in der sich ergebenden Struktur der Kopierlinien macht, ob die Information distinkt mit bekannter physikalischer Representation oder unscharf mit un bekannter physikalischer Representation vorliegt und ob der Zufallsgenerator beschrieben werden kann oder nicht. Dieser Unterschied muss ja aufzeigbar sein, wenn der Begriff Evolution nur auf die Informationssammlungen mit distinkter Information und mit bekannter physikalischer Representation und bekanntem Zufallsmechanismus anwendbar sein soll.
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Skeptiker
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Beitrag(#2041234) Verfasst am: 26.01.2016, 13:52    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Mein "Paradebeispiel" ist ja immer noch die Sprache. Die Kopiervorgänge sind genau genug, dass wir heute noch Goethe lesen können (Nebenbei: auch der Artbegriff innerhalb der Biologie wird ja fraglich, wenn wir über zu viele Generationen gehen). Wir können außerdem feststellen, dass wir, wenn wir bei kleinen, geographisch getrennten Populationen hinreichend "Inzucht" betreiben, die "Gendrift" (Das ist jetzt tatsächlich eine Metapher) praktisch ausschalten können und in Inseln eine über viele Generationen sehr stabile Sprache erhalten : Beispiel Siebenbürgen oder in neueren Beispielen deutsche Exklaven in Namibia oder Südamerika. Da ist die deutsche Sprache fast stehengeblieben, wir können also die Kopiertreue direkt greifen, die da existiert.


Evolution ist nicht nur Kopieren und Optimieren ja nur zufällig, wenn überhaupt. In der Regel ist Evolution die Schaffung suboptimaler Dinge selbst bezogen auf eine temporär gleiche Umwelt.

Aber was deinen Sprachbaum betrifft. Die Evolution lässt sich als Baumstruktur abbilden, aber nicht alles, was eine Baumstruktur hat, ist die Abbildung von Evolution.

Sprache bleibt Sprache. Lebewesen dagegen bilden in der Evolution qualitativ neues, Sprache nicht.

Sicher, die verschiedenen Sprachen haben Unterschiede und Verwandtschaften und so. Aber die Evolution des Lebens bedeutet außerdem Höherentwicklung, ständige Bildung von Emergenzen so die Sonne es denn zulässt.

Ich habe doch weiter oben auf ein Buch verwiesen, worauf man auch mal eingehen sollte:

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nicht überall, wo *Evolution* drauf steht, ist auch Evolution drin. Sehr glücklich

Nimmt man z.B. fwo's *Definition* mit den *schlechten Kopien*, so kann man sich schon an einem einfach Beispiel klar machen, zu welchen absurden *Kultur-Evolutionen* diese Vorstellung führen kann:

Man nehme an, Generation 1 vermittelt Nachfolgegeneration 2 den traditionellen Gebrauch des Wurfspeers bei der Jagd nach Beute - von der Herstellung des Speers bis zum Gebrauch.

Und nun plötzlich kommt eine neue Methode der Nahrungsbeschaffung ins Spiel, nämlich die Viehzucht und die Haustierhaltung. Und plötzlich sinkt die Bedeutung des Wurfspeers drastisch.

Wo bleibt dann noch die Evolution der Kultur des Wurfspeers? Die Antwort ist: abgesehen davon, dass Speerwerfen heute olympisch ist und nur noch von wenigen Spitzensportlern betrieben wird, haben längst andere Methoden der Nahrungsbeschaffung in der menschlichen Kultur Einzug gehalten, die zu einem Bruch mit der bisherigen Kultur geführt haben.

Solche Brüche durch Entwicklungen ganz neuer Produktivkräfte kann nicht mehr als Evolution bezeichnen, sondern es sind Revolutionen. Neue Kulturen bauen also nicht auf bisherigem auf, sondern treten in die Welt ohne Vorstufen ihres Daseins.

Dieses Neue, was in die Welt tritt, kann man auch als Emergenz bezeichnen.

Und was ist mit der Kultur, mit den Überlieferungen? Sie haben im Prinzip gar keine eigene Evolutionsgeschichte, sondern sind quasi abhängige Variablen der Produktivkraftentwicklung.

Plötzlich entstehen auch ganz neue Begriffe, die nichts mit Überlieferung zu tun haben, sondern das neue Sein bestimmt das neue Bewusstsein.

Aber es gibt natürlich eine Wechselbeziehung. Denn Innovationen sind die Basis neuer Innovationen, welche aber ein Sich-Lösen alter Bewusstseins- und Erkenntniszustände von bisherigen solchen nötig machen. Innovative Gedanken sind keineswegs *schlechte Kopien* bisheriger Gedanken, sondern eine Synthese zwischen dem Sich-Lösen vom Alten und dem Denken des bisher Unbekannten, Unerkennbaren, Neuen.

Deswegen fehlen bei einer fiktiven *kulturellen Evolution* viele Zwischenglieder, anders als bei der biologischen Evolution. Denn die Weiternwicklung der Kultur hin zu einer Zivilisation - welche hoffentlich eines Tages mal erreicht werden wird! - ist gar nicht primär eine kulturelle Entwicklung. Sondern sie ist gebunden an die Entwicklung der Produktivkräfte und ihre rationalen Entwicklung und Anwendung. Und hier kommen zusätzlich noch ganz andere Dinge ins Spiel, letzten Endes politische Machtverhältnisse, Konkurrenz zwischen verschiedenen Staaten und Regionen, irdische Ressourcen und ihre Reichweite und Verteilung, etc.

Deshalb hinkt der Vergleich, sofern er als Analogie daher zu kommen versucht.

Das heisst aber nicht, dass es nicht doch gewisse Parallelen gibt, als dass man von einer (potentiellen) Höherentwicklung der Kultur sprechen kann. Aber die Strukturen und Wechselwirkungen sind hier ganz andere.

Siehe auch:

http://www.transcript-verlag.de/programmbereiche/?f=86739

Passt ganz gut zum Thema ...-


Ja, das Buch passt wirklich sehr gut zum Thema, scheint es und der Autor hat sich wohl auch einige skeptische Gedanken gemacht, wozu es natürlich eine interdisziplinäre & wissenschaftliche Denkweise braucht ...- Cool
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fwo
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Beitrag(#2041395) Verfasst am: 27.01.2016, 13:44    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
....

Ich habe doch weiter oben auf ein Buch verwiesen, worauf man auch mal eingehen sollte:....

Ja, das Buch passt wirklich sehr gut zum Thema, scheint es und der Autor hat sich wohl auch einige skeptische Gedanken gemacht, wozu es natürlich eine interdisziplinäre & wissenschaftliche Denkweise braucht ...- Cool

Ein sehr wertvoller Beitrag. Allerdings speziell Dir würde ich eher Werke des großen deutschen Zoologen Alfred Brehm empfehlen.
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Skeptiker
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Beitrag(#2041431) Verfasst am: 27.01.2016, 18:16    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
....

Ich habe doch weiter oben auf ein Buch verwiesen, worauf man auch mal eingehen sollte:....

Ja, das Buch passt wirklich sehr gut zum Thema, scheint es und der Autor hat sich wohl auch einige skeptische Gedanken gemacht, wozu es natürlich eine interdisziplinäre & wissenschaftliche Denkweise braucht ...- Cool

Ein sehr wertvoller Beitrag. Allerdings speziell Dir würde ich eher Werke des großen deutschen Zoologen Alfred Brehm empfehlen.


Ja, Brehm's Tierleben sollte in keinem gut sortierten Regal fehlen. Hatte ich auch mal früher, aber durch allerlei Umzüge ist es abhanden gekommen und heute nehme ich mit so was einfachem wie Ernst Mayr, Ernst Bowie und Ernst Marx vorlieb ...- Schulterzucken

PS.: Aus Spaß wurde Ernst und Ernst kann heute schon laufen! freakteach
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Beitrag(#2041441) Verfasst am: 27.01.2016, 18:46    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Zelig hat ja bis jetzt im Prinzip nur die Behauptung wiederholt, dass von Evolution nur die Rede sein dürfe, wenn die Information in in ihrer harten Codierung erkennbar ist und wir einen Zufallsmechanismus beim Kopiervorgang beschreiben können, der auf der Ebene der physikalischen Representation ansetzt - ohne dass er bis jetzt auch nur den Versuch gemacht hat, zu zeigen, welche Änderung im grundsätzlich Vorgang, dem Aufspalten von Koiperlienien, sich ergibt, wenn die Information unscharf ist und über den Zufallsmechanismus nichts gesagt werden kann - dass ein Zufallsmechanismus existiert, ist angesichts des Sprachwandels, den wir beobachten können, nicht abzustreiten.


Ja hast Du denn kein Interesse daran zu verstehen, wie sich die Dinge wirklich verhalten? Wenn nicht, dann könnte dein funktionalistischer Ansatz hinreichend sein. Aber bitte die Erklärungslücken nicht ignorieren.
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fwo
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Beitrag(#2041459) Verfasst am: 27.01.2016, 19:45    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Zelig hat ja bis jetzt im Prinzip nur die Behauptung wiederholt, dass von Evolution nur die Rede sein dürfe, wenn die Information in in ihrer harten Codierung erkennbar ist und wir einen Zufallsmechanismus beim Kopiervorgang beschreiben können, der auf der Ebene der physikalischen Representation ansetzt - ohne dass er bis jetzt auch nur den Versuch gemacht hat, zu zeigen, welche Änderung im grundsätzlich Vorgang, dem Aufspalten von Koiperlienien, sich ergibt, wenn die Information unscharf ist und über den Zufallsmechanismus nichts gesagt werden kann - dass ein Zufallsmechanismus existiert, ist angesichts des Sprachwandels, den wir beobachten können, nicht abzustreiten.


Ja hast Du denn kein Interesse daran zu verstehen, wie sich die Dinge wirklich verhalten? Wenn nicht, dann könnte dein funktionalistischer Ansatz hinreichend sein. Aber bitte die Erklärungslücken nicht ignorieren.

Wenn ich überhaupt davon ausgehe, dass es außer der biologischen Evolution noch andere geben kann, kann Evolution in diesem abstrakten Ansatz nur "funktionalistisch" definiert werden, weil jede andere Definition nur einen Spezialfall beschriebe.

Es hat also überhaupt nichts damit zu tun, wie weit meine Neugier geht - sie geht in der Tat weiter. Das hindert mich jedoch nicht daran, eine Evolution beim Namen zu nennen, wenn ich eine sehe, genauso wie Darwin sie benannt hat, als er sie sah, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung von Genetik zu haben. Seine Beschreibung war bereits richtig, bevor wir die Genetik, also das Alpahbeth dieser Bibliothek und die Kopierregeln genau kannten. Wir wissen heute mehr, und ich habe deshalb meine Regeln so allgemein gehalten, dass sie auch unscharfe Information umfasst.

Meine Aufforderung an Dich war doch einfach: Ich habe mit meiner abstrakten Definition soetwas wie eine Allaussage gemacht. Finde einen Spezialfall (es darf bei dieser allgemeinen Definition sogar ein Programm sein), auf den diese Definition passt, und der zu etwas führt, das strukturell mit der biologischen Evolution unverträglich ist.

Wir können die Sache für Deinen Gegenbeweis auch noch weiter vereinfachen und verzichten auf die Selektion, die zwar für jede echte Evolution unverzichtbar ist, aber letztlich nur bestimmt, welcher der Äste überlebt, und das auf die unterschiedlichsten Weisen.

Die Aufgabe, für jeden Spezialfall, den Du bringst, zu zeigen, ob der sich strukturell mit der biologischen Evolution verträgt, liegt wieder bei mir.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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smallie
resistent!?



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Beiträge: 3726

Beitrag(#2041488) Verfasst am: 27.01.2016, 20:54    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Alleine schon das Fehlen dieses Trägers verhindert eine Analogisierung. Daher stellt die Übertragung der Evolutionstheorie auf Größen wie Geschichte, Tradition, Wissen, soziale Verbände, sowie die Inhalte, die sie Transportieren können, eine Verwässerung dar.

Weder Darwin noch Wallace kannten die Träger biologischer Vererbung. Das schmälert aber ihre Einsichten nicht. Über kulturelle Evolution nachzudenken ist nicht automatisch fehlgeleitet, nur weil uns nicht klar ist, was die Elementarpartikel dabei sind.


Die "Elementarpartikel", die analog zur Weitergabe biochemischer Strukturen durch das Gen Wissen oder Bedeutung weitergeben, gibt es vermutlich nicht.

In der Tat.

Ein "Partikel" des Wissens oder der Bedeutung - in dem Sinne, daß man es anfassen könnte - gibt ziemlich sicher nicht.

Wissen, Bedeutung, Gedanken, Ideen - das sind, soweit sich das heute sagen läßt, neuronale Aktivierungsmuster im Gehirn. Meinetwegen auch Gewichte in einem neuronalen Netz; jedenfalls irgend etwas, bei dem ich eher von "Ensemble" sprechen wollte, als von Partikel.


zelig hat folgendes geschrieben:
Ich wundere mich, daß in einer Umgebung, die sehr auf das empirische Fundament von Theorien achtet, diese fundamentale Erklärungslücke ignoriert wird.

Denk an Alfred Wegener und seine Kontinentalverschiebung. Er hatte empirische Belege wie die Form der Küstenlinien von Afrika und Südamerika. Er hatte aber keine Erklärung, wie das auf der fundamentalen Ebene zustande kam.

Dürfte man erst dann eine Theorie aufstellen, wenn man alle fundamentalen Erklärungen beisammen hätte - dann wäre nie irgend eine Theorie aufgestellt worden.


zelig hat folgendes geschrieben:
Du setzt zum Beispiel die Existenz dieses "Elementarpartikels" voraus. Ist dir bewußt, daß das Spekulation ist? Die Deine Redeweise zudem nach meiner Ansicht wohl eher nie bewahrheiten wird.

Siehe oben. Die Natur des "Elementarpartikels" erscheint mir unwesentlich. Spekulation ist es trotzdem nicht, denn im Alltag gehen wir üblicherweise davon aus, daß sich Ideen übertragen können. Wie sonst sollte man erklären, daß wir hier miteinander reden können? Das setzt doch bereits eine Art "Gedankenübertragung" oder "Gedankenreplikation" voraus. Um antworten zu können, mußt du halbwegs verstanden haben, was worauf ich hinaus will. Sogar dann, wenn dich mein Argument letztlich nicht überzeugt.

Und das passiert doch ständig: etwas zu hören und zu lesen, das einen überzeugt. Das Besondere am Menschen ist die kumulative Kultur. Was ist dein Gegenvorschlag, wie das ablaufen sollte, außer über eine Art "kognitiver Resonanz"?
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Beitrag(#2041543) Verfasst am: 27.01.2016, 23:01    Titel: Antworten mit Zitat

Hier ist eine Leseprobe des oben empfohlenen Buches:

Stephan S. W. Müller: Theorien sozialer Evolution

Erscheinungsjahr 2010, also quasi brandneu.
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Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video

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Beitrag(#2041569) Verfasst am: 28.01.2016, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Die Natur des "Elementarpartikels" erscheint mir unwesentlich. Spekulation ist es trotzdem nicht, denn im Alltag gehen wir üblicherweise davon aus, daß sich Ideen übertragen können. Wie sonst sollte man erklären, daß wir hier miteinander reden können? Das setzt doch bereits eine Art "Gedankenübertragung" oder "Gedankenreplikation" voraus. Um antworten zu können, mußt du halbwegs verstanden haben, was worauf ich hinaus will. Sogar dann, wenn dich mein Argument letztlich nicht überzeugt.


So ganz unwesentlich erscheint mir das nicht. Abwegig finde ich in dem Zusammenhang nur den Begriff "Elementarpartikel" der für mich ein völlig ungeeignetes Verständnis-Paradigma impliziert. IdR. wird in dem Kontext "Informations-Einheit" bzgl. einfach "Information" verwendet.

Und eine Eigenschaft selbiger sollte sein, dass die Bedeutung sich nicht am Trägermedium festmacht, dieses könnte man *imho als zwar notwendig aber trotzdem als unwesentlich betrachten.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
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Beitrag(#2041583) Verfasst am: 28.01.2016, 11:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ich nehme etwas amüsiert zur Kenntnis, dass ihr letztlich von "Memen" redet, aber den Begriff krampfhaft durch einen anderen zu ersetzen versucht.

Was bei Smallies "Elementar-Partikel" definitiv besser ist als bei ErWins "Information" ist die Tatsache, dass zunächst einmal tatsächlich "Ideen" übertragen werden. Inwiefern Ideen auch "Information" sein können, muss man dann feststellen. Der Begriff "Information" ist mit zu vielen Zusatzassoziationen belastet (ganz verschiedenartigen: Shannon, Negentropie, Intelligent Design, ..) als dass es ohne weiteres wertfrei verwendet werden könnte. Jeder denkt sich da sein eigenes Teil dazu.
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