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Ist die Philosophie tot?
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054896) Verfasst am: 08.05.2016, 19:08    Titel: Antworten mit Zitat

schtonk hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
+++Die Marx-Hegel-Feuerbach-Diskussion ist hier fehl am Platze!+++

Wenn du eine Anregung hast, kannst du eine PN an die Moderation schicken.
Fettgedrucktes Besserwissertum muss nicht sein.


Du pflaumst mich dafür an, dass ich auf die Deplatziertheit einer Nebendiskusssion hinweise? Geht's noch, Herr Moderator?! Wenn du deinen Job gemacht hättest, dann hätte meine Ermahnung nicht sein müssen.
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054898) Verfasst am: 08.05.2016, 19:14    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Linguistik und Logik sind Hilfsdisziplinen der Metaphysik, aber kein Ersatz für sie. Denn die Metaphysik will nicht nur über das Sprechen über Gott und die Welt sprechen, sondern über Gott und die Welt.

Also so eine Art Religion.


Nein, so eine Art Philosophie.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2054901) Verfasst am: 08.05.2016, 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Linguistik und Logik sind Hilfsdisziplinen der Metaphysik, aber kein Ersatz für sie. Denn die Metaphysik will nicht nur über das Sprechen über Gott und die Welt sprechen, sondern über Gott und die Welt.

Also so eine Art Religion.

Nein, so eine Art Philosophie.


So wie Habermas?
_________________
"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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schtonk
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Anmeldungsdatum: 17.12.2013
Beiträge: 12078

Beitrag(#2054906) Verfasst am: 08.05.2016, 19:31    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
+++Die Marx-Hegel-Feuerbach-Diskussion ist hier fehl am Platze!+++

Wenn du eine Anregung hast, kannst du eine PN an die Moderation schicken.
Fettgedrucktes Besserwissertum muss nicht sein.


Du pflaumst mich dafür an, dass ich auf die Deplatziertheit einer Nebendiskusssion hinweise? Geht's noch, Herr Moderator?! Wenn du deinen Job gemacht hättest, dann hätte meine Ermahnung nicht sein müssen.

1. Du hast hier keine "Ermahnung" zu schreiben.
2. Du hast nicht meinen "Job" zu beurteilen.
3. Habe ich den Weg eines Einwandes/einer Anregung genannt.
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054917) Verfasst am: 08.05.2016, 20:36    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Und doch, ich finde, dass die Philosophie, wenn sie sinnvoll, v.a. wissenschaftskompatibel, sein soll, eher damit beschäftigt ist, wie "über Gott und die Welt gesprochen" wird. Bei Fragen wie: "was ist ein Gegenstand?", kann man erstmal antworten, dass "Gegenstand" ein Wort ist. Bzw. man kann diese Frage umformulieren in: "was bedeutet das Wort 'Gegenstand'?". Damit bleibt meiner Ansicht nach auch alles Wesentliche einer solchen philosophischen Frage erhalten, während problematische Annahmen wie etwa die, dass es so etwas wie "den Gegenstand" irgendwie als irgendein abstraktes Etwas irgendwo in der Welt geben könnte, von vornherein ausgeschlossen werden.


Natürlichen denken Philosophen in Begriffen, aber sie denken mittels dieser über Gegenstände (im weitesten Sinne des Wortes) in der Welt nach (einschließlich der Begriffe selbst). Viele zeitgenössische Philosophen denken, dass die alte Metaphysik mit ihrem aristotelischen Realismus und der entsprechenden Auffassung der Ontologie als "Seinswissenschaft" seit Kant und dessen Konzeptualismus – Ontologie nur noch als "Begriffswissenschaft", als "Ideologie" im wörtlichen Sinne als Ideenlehre – tot sei. Dem kantianischen Konzeptualismus zufolge ist der Untersuchungsgegenstand der Metaphysik nicht die Realität selbst, sondern unsere Repräsentationen der Realität. Dass diese die Realität in ihrem "Ansichsein" erfassen können, wird bezweifelt oder gar verneint. Von hier ist der Weg nicht mehr weit zu einem antirealistischen Konventionalismus, der in der Metaphysik nicht mehr sieht als ein willkürliches Spiel mit Begriffen, eine bloße Begriffsdichtung, die der Kunst zuzuordnen ist und nicht der Wissenschaft. Das war die Auffassung der logischen Positivisten wie z.B. Carnap.

Übrigens, die Metaphysik ist in zwei Hauptbereiche unterteilbar, wobei es keine scharfe Abgrenzung gibt. Donald Williams unterscheidet zwischen analytischer Ontologie (analytic ontology) und spekulativer Kosmologie (speculative cosmology). Diese entspricht praktisch Christian Wolffs Unterscheidung zwischen metaphysica generalis sive ontologia und metaphysica specialis, sowie Edmund Husserls Unterscheidung zwischen formaler Ontologie und materialer/regionaler Ontologie.

Die analytische Ontologie ist allgemeiner und themenneutraler als die spekulative Kosmologie, weil sie sich als Kategorienlehre mit den Grundbegriffen des Seins bzw. Denkens befasst, welche in den besonderen Bereichen der Kosmologie grundlegende Anwendung finden. So setzt beispielsweise die generelle Ontologie der Objekte keine besondere Theorie über die Welt voraus, z.B. diejenige, dass es nur materielle Objekte gibt. Sie stellt allgemeinste und grundlegendste Fragen wie "Was ist eine Eigenschaft überhaupt und gibt es so etwas wirklich?".

Ob die zeitgenössische Metaphysik noch als spekulative, rationale (im Gegensatz zur empirischen, nicht zur irrationalen) Kosmologie praktizierbar ist und nicht nur noch als analytische Ontologie im konzeptualistischen Sinne einer rein deskriptiven Analyse von Begriffen und Begriffssystemen (in welchem Fall die Bezeichnung "analytische Ideologie" passender wäre), ist eine heiß umstrittene Frage.

Ich meine, dass man auch heutzutage noch gerechtfertigterweise ernsthafte und sinnvolle Metaphysik betreiben kann, die sich nicht mit logisch-semantischen Analysen zufriedengibt. Das ist allerdings nur in Partnerschaft mit der und nicht in Gegnerschaft zur Wissenschaft möglich.

Die zeitgenössischen Metaphysiker sollten jedoch ehrlicherweise den früheren apriorisch-dogmatischen Anspruch und die Hoffnung auf metaphysisches Wissen (synthetisches Wissen a priori) und metaphysische Gewissheiten aufgeben und stattdessen epistemische Bescheidenheit und Vorsichtigkeit bezüglich ihrer Annahmen und Behauptungen an den Tag legen.
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Waldwuffel
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Anmeldungsdatum: 04.05.2016
Beiträge: 79

Beitrag(#2054924) Verfasst am: 08.05.2016, 21:29    Titel: Antworten mit Zitat

Was soll denn eine solche spekulative Metaphysik deiner Ansicht nach leisten?
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2054925) Verfasst am: 08.05.2016, 21:40    Titel: Demokrit Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Ich meine, dass man auch heutzutage noch gerechtfertigterweise ernsthafte und sinnvolle Metaphysik betreiben kann, die sich nicht mit logisch-semantischen Analysen zufriedengibt. Das ist allerdings nur in Partnerschaft mit der und nicht in Gegnerschaft zur Wissenschaft möglich.

Die zeitgenössischen Metaphysiker sollten jedoch ehrlicherweise den früheren apriorisch-dogmatischen Anspruch und die Hoffnung auf metaphysisches Wissen (synthetisches Wissen a priori) und metaphysische Gewissheiten aufgeben und stattdessen epistemische Bescheidenheit und Vorsichtigkeit bezüglich ihrer Annahmen und Behauptungen an den Tag legen.


Ich finde auch, dass den Metaphysikern etwas weniger Dogmatismus und mehr Bescheidenheit gut zu Gesicht stünde.

Die Anregung der Anbindung der Philosophie an die modernen Wissenschaften wurde oben bereits geäußert. Stichwörter waren: Philosophie der Physik, der Biologie, der Ökonomie, etc.

Angeblich soll das aber hier keinen Platz haben. Das ist dem Metaphysiker wohl etwas zuviel Partnerschaft zur Wissenschaft. Dann lieber weiter die Kategoriensysteme wälzen. Cool

Auch der griechische Philosoph Demokrit hat nicht nur Philosophie betrieben, sondern sich mit wissenschaftlichen Theorien beschäftigt.

Sehr interessant finde ich z.B. seine Atomtheorie:

Zitat:
Atomistischer Materialismus

Wie sein Lehrer Leukipp – und in Abweichung von dessen Lehrer Parmenides[3] – postulierte er, dass die gesamte Natur aus kleinsten, unteilbaren Einheiten, den Atomen, zusammengesetzt sei. Demokrits zentrale Aussage dazu lautet (gemäß einem Dokument von Galen aus dem 2. Jahrhundert):[4]

„Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome im leeren Raum.“

Jedes dieser Atome sollte fest und massiv, aber nicht gleich sein. Es gebe unendlich viele Atome: runde, glatte, unregelmäßige und krumme. Wenn diese sich einander näherten, zusammenfielen oder miteinander verflöchten, dann erschienen die einen als Wasser, andere als Feuer, als Pflanze oder als Mensch. (...)

Alles, was sich im Weltall bewege, gründe entweder auf Zufall oder auf Notwendigkeit. Diese Lehre ist ein konsequenter und atomistischer Materialismus. Die wesentlichen Grundzüge finden sich bei den materialistisch gesinnten Naturforschern späterer Perioden beinahe unverändert wieder. (...)

Wie neuere Forschungen zeigen, hat sich Demokrit auch ausführlich mit medizinischen und biologischen Fragen beschäftigt. Aristoteles würdigte Demokrit als einen Pionier der biologischen Forschung. So hat Demokrit eine Reihe von biologischen Schriften verfasst, von denen aber keine vollständig erhalten ist. Diogenes Laertius 9,46-49 überliefert insgesamt 70 Titel des Demokrit. Darunter sind fünf medizinische Schriften (...)

Demokrit soll zusammen mit Anaxagoras die Ansicht vertreten haben, dass die Milchstraße eine Anhäufung von Sternen sei. Das wurde erst nach Erfindung des Fernrohrs durch Galileo Galilei bestätigt.


Demokrit (griechisch Δημόκριτος Dēmókritos, auch Demokrit von Abdera; * 460/459 v. Chr. in Abdera in Thrakien verstarb vermutlich † 371 v. Chr.) war ein antiker griechischer Philosoph, der den Vorsokratikern zugerechnet wird. Als Schüler des Leukipp wirkte und lehrte er in seiner Heimatstadt Abdera; er selber beeinflusste Epikur.

https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Demokrit&oldid=153406380




Demokrit: Universalgelehrter der Antike

Der Faden der überragenden griechischen Hochkultur und kulturellen Wiege Europas, den auch Demokrit sponn, wurde durch die christliche und mittelalterliche Epoche vorübergehend zerrissen.

Aber die Art Demokrits, Philosophie zu betreiben, bleibt ein großes Vorbild auch für die heutige Philosophie, finde ich ...-
_________________
°
K.I.Z - Frieden

Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video

Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Waldwuffel
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Anmeldungsdatum: 04.05.2016
Beiträge: 79

Beitrag(#2054935) Verfasst am: 08.05.2016, 22:42    Titel: Antworten mit Zitat

Wie meinst du denn das? Dass Philosophen heute noch oder wieder spekulative Naturphilosophie betreiben sollten? Am Kopf kratzen
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054938) Verfasst am: 08.05.2016, 23:03    Titel: Re: Demokrit Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Angeblich soll das aber hier keinen Platz haben. Das ist dem Metaphysiker wohl etwas zuviel Partnerschaft zur Wissenschaft. Dann lieber weiter die Kategoriensysteme wälzen.


Die ontologische Kategorienlehre ist von grundlegender Bedeutung für die theoretische Wissenschaft.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Auch der griechische Philosoph Demokrit hat nicht nur Philosophie betrieben, sondern sich mit wissenschaftlichen Theorien beschäftigt.
Sehr interessant finde ich z.B. seine Atomtheorie:…


…welche eine metaphysische Theorie war und ist.
Im Übrigen ist die Trennung von Philosophie und Wissenschaft neuzeitlichen Ursprungs. So trägt z.B. Newtons berühmtestes Werk von 1686 noch den Titel "Philosophiae Naturalis Principia Mathematica", "Mathematische Grundsätze der Naturphilosophie", nicht "Mathematische Grundsätze der Naturwissenschaft".

Es gibt keine (scharfe) Grenze zwischen der Metaphysik als philosophischen Kosmologie und der wissenschaftlichen Kosmologie. Erstere ist der theoretischste, spekulativste Teil der theoretischen Kosmologie.

"Metaphysics is the most general department of a common enquiry into both the particularities and the generalities of existence, which is a seamless web from the particular claims of natural history onwards through ever-increasingly general theses in the theoretical and mathematical sciences."

"Die Metaphysik ist die allgemeinste Abteilung einer gemeinsamen Erforschung sowohl der Einzelheiten als auch der Allgemeinheiten des Seins, die von den Einzelthesen der Naturgeschichte bis zu den immer allgemeiner werdenden Thesen in den theoretischen und mathematischen Wissenschaften ein nahtloses Netzwerk ist."

[© meine Übers.]

(Campbell, Keith. Abstract Particulars. Oxford: Blackwell, 1990. p. 2)
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Tarvoc
would prefer not to.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#2054939) Verfasst am: 08.05.2016, 23:07    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hat er das? Marx hat den Entfremdungsbegriff Hegels schon früh kritisiert und dargelegt, inwiefern dieser Hegel'sche Begriff bloß die Entfremdung vom menschlichen Selbstbewusstsein des Menschen als quasi *geistiges Wesen* betrifft, während Marx bereits früh klartellt, dass die materielle Lebens- und Produktionsweise des Menschen als Teil der Menschheit entscheidend ist.

Ja. Der Unterschied ist der, dass Marx in den Manuskripten noch meinte, den Entfremdungsbegriff zur Kritik der bestehenden Verhältnisse mobilisieren zu können, während er später erkannte, dass der Entfremdungsbegriff sich nicht systematisch zur Kritik materieller Verhältnisse verwenden lässt, ohne sich damit auch entweder den Hegelschen Idealismus oder ein an Feuerbach angelehntes idealisiertes Konzept "des Menschen" philosophisch einzukaufen. Deshalb verwendet und entwickelt er den Begriff der Entfremdung in späteren Werken zumindest nicht mehr systematisch, sondern benutzt primär andere Begriffe, um die Phänomene ökonomischer Ausbeutung und ihre psychologischen Folgen zu beschreiben.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dabei *entschuldigt* sich Marx quasi dafür, dass er bei der Formulierung dieses seine Gedankens anfangs noch eine philsophische Phraseologie benutzt, was aber nichts daran ändert, dass der Inhalt bereits von Anfang an in eine materialistische Richtung verweist, was auch der eigentliche Ansporn der Kritik Hegels ist. Diese Kritik war aber irgendwann abgeschlossen und damit auch die philsophische Phraseologie.

"In eine materialistische Richtung verweisen" ist aber eben nicht das selbe wie materialistisch sein. Dass Marx' immanente Kritik des Idealismus für die Entwicklung des Marxschen Materialismus notwendig war, ist schon richtig, das heißt aber eben nicht, dass sie selbst bereits materialistisch war. Es ist auch nicht nur das Problem der "Phraseologie". Marx hat ja nicht wie Bruno Bauer "nur gegen Phrasen zu kämpfen". Mit den Phrasen handelt man sich eben auch schon die dazugehörigen philosophischen Inhalte ein.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die grundsätzliche Wertschäftzung und Dankbarkeit für Feuerbach blieb.

Ist das eine biographische Bemerkung? In Marx' Werk spielt Feuerbach nach der Deutschen Ideologie soweit ich das sehe jedenfalls keine Rolle mehr.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Diese Konkretisierung war aber schon in ganh allgemeiner Form von Anfang an vorbereitet. Nun kam die wissenschaftliche Bestimmung der menschlichen Entfremdung, die er allerdings tatsächlich mehr implizit beschreibt, auch wenn hin und wieder direkt Aussagen dazu im Kapital aufblitzen.

Du wirst feststellen, dass in den von dir zitierten Passagen aus dem Kapital das Wort Entfremdung nicht mehr auftaucht. Es gibt sogar ein oder zwei Stellen im Kapital, wo es tatsächlich noch vorkommt, allerdings eben nicht mehr systematisch entwickelt. Die ökonomischen Verhältnisse, die Marx in den Manuskripten mit dem Wort "Entfremdung" umschreiben wollte, existieren natürlich im Kapitalismus. Das Problem ist aber, dass der Versuch, diese Verhältnisse systematisch mit eben diesem von Hegel und Feuerbach übernommenen Begriff zu theoretisieren, selbst zu einer idealistischen Mystifizierung dieser Verhältnisse führt. Deswegen würde ich sagen, dass es sich genau umgekehrt verhält: Die späteren Werke sind der Schlüssel zum Verständnis der Manuskripte, nicht umgekehrt. Im Kapital haben wir die theoretisch richtige materialistische Erfassung der materiellen Verhältnisse, in den Manuskripten eine zumindest teilweise mystifizierende Darstellung, und die späteren Werke können uns helfen, diese Mystifizierungen in den Manuskripten zu identifizieren.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Kategorien "Arbeitsteilung" - "Vergesellschaftsform der Arbeit" - "Abstraktion vom Arbeitszweck", aber auch "Verdinglichung" oder "Fetischisierung" werden hier im *Spätwerk* zu postphilosophischen Konkretisierungen des Entfremdungsthemas, welches deshalb kein bloßes *Relikt* früherer Zeiten ist, weil es Bezug zu Hauptwiderspruch des Kapitalverhältnisses hat, nämlich dem Widerspruch Tauschwert-Gebrauchwert.

Ja, natürlich. Aber es hat eben Gründe, dass Marx statt des Entfremdungsbegriffs zu Begriffen wie Verdinglichung und Fetischisierung wechselt. Mit dem Entfremdungsbegriff kauft man sich ein idealistisches oder philosophisch-anthropologisches Verständnis der entsprechenden Verhältnisse ein, während sich Marx Begriffe Verdinglichung und Fetischisierung ohne diesen spezifischen philosophischen Ballast entwickeln konnte. Daher kann Marx im Kapitel zum Fetischcharakter der Ware den Fetischbegriff sogar in Anschlag bringen, um neben dem Protestantismus indirekt auch den Feuerbachschen Humanismus (bzw. den Kult des Allgemeinmenschen) als Resultat der Wertbestimmung durch Arbeitskraft zu kritisieren. Mit dem Entfremdungsbegriff wäre das nicht machbar, weil er sich eben schon selbst im theoretischen Kontext eines solchen Humanismus bewegt. Es gibt natürlich eine Verwandtschaft der Konzepte, aber sie sind nicht deckungsgleich.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Also: Es ist nicht nur empfehlenswert, die Frühschriften zu kennen, sondern es ist unerlässlich, um überhaupt die Spätschriften zu verstehen

Willst du damit ernsthaft behaupten, Marx und Engels hätten wissentlich Schriften veröffentlicht, die für sich alleine genommen völlig unverständlich sind, und gleichzeitig genau die Schriften zurückgehalten, die als einzige zu einem Verständnis der veröffentlichten Schriften führen könnten? Dir ist schon klar, dass du den beiden damit extreme intellektuelle Unredlichkeit unterstellst?

Nein, diese Unterstellung einer Unterstellung muss ich zurückweisen. Aber wenn man versucht, ein Buch allein aus seinen Schlusskapiteln zu verstehen, wird man oft nicht weit kommen. - Das Marx'sche Werk ist nicht nur in seiner Entwicklung, sondern auch in seinen Kerninhalten meiner Ansicht nach als *Gesamtkunstwerk* zu betrachten - .

Skeptiker, du sagst immer noch genau das selbe. Du sagst, dass man das Kapital nur verstehen kann, wenn man Schriften von Marx gelesen hat, die dieser sich entschlossen hatte, nicht zu veröffentlichen. Um in deiner Metapher zu bleiben: Du behauptest, dass Marx sein eigenes "Gesamtkunstwerk" in einer Form veröffentlichte, das nur die aus sich selbst heraus völlig unverständlichen "Schlusskapitel" beinhaltet, während er die "Anfangskapitel", die zum Verständnis notwendig sind, gewollt ausgelassen hat. Das ist buchstäblich das, was du hier sagst. Keine Metapher kann über die für dich höchst unangenehme Tatsache hinwegtäuschen, dass Marx selbst sich dazu entschlossen hat, die Manuskripte nicht zu veröffentlichen. Das war keine Verschwörung von bösen Stalinisten, sondern Marx' eigene Entscheidung, aus welchen Gründen auch immer. Wenn man das Kapital wirklich nicht verstehen kann, ohne die Manuskripte zu kennen, dann hat Marx ein unverständliches Werk veröffentlicht und den Schlüssel zu seinem Verständnis absichtlich zurückgehalten. Daran gibt es überhaupt nichts herumzudeuten. Das folgt schlichtweg logisch zwingend aus deinen Prämissen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Er hat keine falschen Theorien kritisiert?

Wie bitte? Das steht nicht in meinem Zitat. Natürlich hat Marx auch falsche sozialistische Theorien kritisiert. Mein Punkt war, dass nicht alle sozialistischen und kommunistischen Bewegungen seiner Zeit theorielos waren, und er auch nicht alle dafür kritisiert hat. Okay, das war vielleicht etwas spitzfindig meinerseits.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du meinst, Sahra Wagenknecht hat nach ihre letzten, etwas schwächeren Verlautbarungen auch mal eine vernünftige Arbeit hinbekommen? Und das soll ich glauben? Sehr glücklich

Nein, das ist eine von Wagenknechts älteren Arbeiten - aus der Zeit, als sie noch Marxistin war. zwinkern

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber ich habe da auch eine 60-seitige Arbeit, die ich dir empfehlen kann:

Danke. Ich setz' es auf meine Liste. Smilie
_________________
"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte


Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 08.05.2016, 23:09, insgesamt einmal bearbeitet
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054940) Verfasst am: 08.05.2016, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Wie meinst du denn das? Dass Philosophen heute noch oder wieder spekulative Naturphilosophie betreiben sollten?


Ganz genau – das tun sie ja auch.

(Übrigens, etymologisch entspricht das lateinische Wort "speculatio" dem griechischen Wort "theoria".)


Zuletzt bearbeitet von Myron am 08.05.2016, 23:11, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#2054941) Verfasst am: 08.05.2016, 23:11    Titel: Antworten mit Zitat

Übrigens halte ich die Abtrennung der Marx-Diskussion in einen eigenen Thread für keine schlechte Idee.
_________________
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2054943) Verfasst am: 08.05.2016, 23:13    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Wie meinst du denn das? Dass Philosophen heute noch oder wieder spekulative Naturphilosophie betreiben sollten?


Ganz genau – das tun sie ja auch.

Nach all dem, was ich hier gelesen habe, wundert mich das nun wirklich nicht mehr.

Myron hat folgendes geschrieben:

Randbemerkung: Etymologisch entspricht das lateinische Wort "speculatio" dem griechischen Wort "theoria".

Seitdem hat sich die Welt aber ein bißchen weitergedreht. Obwohl - dein Teil der Welt wohl nicht.
_________________
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Friedrich Nietzsche
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054944) Verfasst am: 08.05.2016, 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

(Übrigens, etymologisch entspricht das lateinische Wort "speculatio" dem griechischen Wort "theoria".)


Mit "spekulativer Kosmologie" im metaphysischen Sinn ist allerdings "metaempirische" oder "hyperempirische" theoretische Kosmologie gemeint und nicht der theoretische Teil der wissenschaftlichen, empirisch-physikalischen Kosmologie. Rudolf Eisler definiert die metaphysische Spekulation im engeren Sinn als "das Forschen nach dem Überempirischen." In diesem Sinn stellt die spekulative Kosmologie Mutmaßungen über Fragen an, die empirisch unbeantwortet, "unterbeantwortet" oder (gegenwärtig oder grundsätzlich) unbeantwortbar sind. Sie ist also eine "konjekturale" Weltlehre. Sie hat auch eine "synoptische" Funktion, indem sie die Erkenntnisse der Einzelwissenschaften allgemein zusammenfasst und zu einem Gesamtbild der Welt, der Wirklichkeit gestaltet (welches mehr oder weniger spekulativ oder konjektural ist).
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054947) Verfasst am: 08.05.2016, 23:46    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Was soll denn eine solche spekulative Metaphysik deiner Ansicht nach leisten?


Vernünftige und glaubwürdige Auffassung der Wirklichkeit, Erkennung von Möglichkeiten ("möglicher Welten") und Bewahrung der Nichtmetaphysiker vor schlechter Metaphysik.
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Waldwuffel
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Anmeldungsdatum: 04.05.2016
Beiträge: 79

Beitrag(#2054948) Verfasst am: 08.05.2016, 23:48    Titel: Antworten mit Zitat

Das liest sich für mich so, als sollten Philosophen nach deinem Verständnis in den Bereichen, die die Naturwissenschaften noch nicht erschlossen haben, herumspekulieren und eigene "Theorien" entwickeln (die dann wohl nicht empirisch überprüfbar wären, weil es ja sonst einfach naturwissenschaftliche Theorien wären), bis irgendwann die Wissenschaften selbst Erklärungen gefunden haben. Das wäre doch nun aber wirklich sinn- und nutzlos... Eine Art Gedankenspiel zum bloßen Zeitvertreib...

Und, wirklich? Spekulative Naturphilosophie wie etwa bei Demokrit? Nein, da habe ich ein gänzlich anderes Verständnis vom Aufgabenbereich der Philosophie...
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054949) Verfasst am: 08.05.2016, 23:49    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Seitdem hat sich die Welt aber ein bißchen weitergedreht. Obwohl - dein Teil der Welt wohl nicht.


Es freut mich, dass sich die Welt nach der Dürreperiode, in der der logische Positivismus/Empirismus/Szientismus mit seinem "Metaphysik = Bullshit/Nonsense"-Mantra vorherrschte, weitergedreht hat und sich die Philosophie längst in einer fruchtbaren post-post-metaphysischen Phase befindet.
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Waldwuffel
registrierter User



Anmeldungsdatum: 04.05.2016
Beiträge: 79

Beitrag(#2054951) Verfasst am: 08.05.2016, 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

Also, in den Einführungen in die zeitgenössische Metaphysik, die ich kenne, ist allerdings nirgends die Rede von einer spekulativen Naturphilosophie... Die beschränken sich (meiner Meinung nach zurecht) auf das, was du Kategorienlehre genannt hast.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054952) Verfasst am: 09.05.2016, 00:18    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Das liest sich für mich so, als sollten Philosophen nach deinem Verständnis in den Bereichen, die die Naturwissenschaften noch nicht erschlossen haben, herumspekulieren und eigene "Theorien" entwickeln (die dann wohl nicht empirisch überprüfbar wären, weil es ja sonst einfach naturwissenschaftliche Theorien wären), bis irgendwann die Wissenschaften selbst Erklärungen gefunden haben. Das wäre doch nun aber wirklich sinn- und nutzlos... Eine Art Gedankenspiel zum bloßen Zeitvertreib...


Ja, die Metaphysiker entwickeln selbst Theorien, was nicht heißt, dass sie dies im luftleeren Raum tun (sollen), d.h. unter Missachtung der empirischen Fakten und der theoretischen Diskussionen in den Wissenschaften.

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Und, wirklich? Spekulative Naturphilosophie wie etwa bei Demokrit?


Ja – allerdings nicht so ganz wie zu Demokrits vorwissenschaftlichen Zeiten. Rationale Naturphilosophie oder Metaphysik lässt sich heutzutage nicht mehr ohne oder gegen die Naturwissenschaft betreiben. Dass es heutzutage noch allerlei irrationale, antiwissenschaftliche Metaphysik gibt, die in den düsteren Sümpfen des Supernaturalismus, Okkultismus oder Mystizismus umherwatet, bedauere ich sehr.
Die Metaphysik, die ich befürworte, ist rationalistisch und naturalistisch; und sie sieht sich als Partnerin der Erfahrungswissenschaft.


Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Nein, da habe ich ein gänzlich anderes Verständnis vom Aufgabenbereich der Philosophie...


Welches denn?
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2054953) Verfasst am: 09.05.2016, 00:21    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Also, in den Einführungen in die zeitgenössische Metaphysik, die ich kenne, ist allerdings nirgends die Rede von einer spekulativen Naturphilosophie... Die beschränken sich (meiner Meinung nach zurecht) auf das, was du Kategorienlehre genannt hast.


Von welchen Einführungen sprichst du?

Nehmen wir das Inhaltsverzeichnis des Routledge Companion to Metaphysics von 2009 als Beispiel. Die Themen im Part 3 gehören zur spekulativen Naturphilosophie (Kosmologie):

Table of Contents:
General Introduction Robin Le Poidevin Part 1: History of Metaphysics Peter Simons1. Pre-Socratic Themes: Being, Not-being and Mind David Sedley 2. Plato: Arguments for Forms Richard Patterson 3. Aristotle: Form, Matter and Substance Stephen Makin 4. Aristotle: Time and Change Ursula Coope 5. Medieval Metaphysics 1: The Problem of Universals Claude Panaccio 6. Medieval Metaphysics 2: Things, Non-things, God and Time John Marenbon 7. Descartes: The Real Distinction Dugald Murdoch 8. Hobbes: Matter, Cause and Motion George MacDonald Ross 9. Spinoza: Substance, Attribute and Mode Richard Glauser 10. Locke: The Primary and Secondary Quality Distinction Lisa Downing 11. Leibniz: Mind-body Causation and Pre-established Harmony Gonzalo Rodriguez-Pereyra 12. Berkeley: Arguments for Idealism Tom Stoneham 13. Hume: Necessary Connections and Distinct Existences Alexander Miller 14. Kant: The Possibility of Metaphysics Lucy Allais 15. Hegel and Schopenhauer: Reason and Will Rolf-Peter Horstmann 16. Anti-Metaphysics I: Nietzsche Maudemarie Clark 17. Bradley: the Supra-relational Absolute William Mander 18. Whitehead: Process and Cosmology Peter Simons 19. Heidegger: The Question of Being Herman Philipse 20. Anti-Metaphysics II: verificationism and kindred views Cheryl Misak 21. Metaphysics revivified Avrum Stroll Part 2: Ontology: On What Exists Ross P. Cameron22. To Be Christopher Daly 23. Not to Be Graham Priest 24. Razor Arguments Peter Forrest 25. Substance David Robb 26. Intrinsic and Extrinsic Properties Ross P. Cameron 27. Universals: The Contemporary Debate Fraser McBride 28. Particulars Herbert Hochberg 29. Persistence, Composition and Identity Nikk Effingham 30. Relations John Heil 31. Facts, Events and States of Affairs Julian Dodd 32. Possible Worlds and Possibilia John Divers 33. Mathematical Entities Peter Clark 34. Fictional Objects Richard Hanley 35. Vagueness Elizabeth Barnes 36. Minor Entities: Surfaces, Holes and Shadows Roberto Casati 37. Truth-Makers and Truth-Bearers John Bigelow 38. Values Kevin Mulligan Part 3: Metaphysics and Science Robin Le Poidevin 39. Space, Absolute and Relational Tim Maudlin 40. The Infinite Daniel Nolan 41. The Passage of Time Eric Olsen 42. The Direction of Time D. H. Mellor 43. Causation Michael Tooley 44. Laws and Dispositions Stephen Mumford 45. Probability and Determinism Philip Percival 46. Essences and Natural Kinds Alexander Bird 47. Metaphysics and Relativity Katherine Hawley 48. Metaphysics and Quantum Physics Peter J. Lewis 49. Supervenience, Reductionism and Emergence Howard Robinson 50. Biometaphysics Barry Smith 51. Social Entities Amie L. Thomasson 52. The Mental and the Physical Louise Antony 53. The Self John Campbell A Short Glossary of Metaphysics Peter Simons and Ross P. Cameron

Quelle: https://www.routledge.com/products/9780415396318
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Waldwuffel
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Beitrag(#2054957) Verfasst am: 09.05.2016, 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

Wie gesagt: die Klärung der Grundbegriffe unseres Weltbezugs, die allgemein vorausgesetzt werden, deren Bestimmung aufgrund ihrer Allgemeinheit aber nicht in den Bereich der spezialisierten Wissenschaften fällt. Also etwa: was ist Wissen/was bedeutet "Wissen"? Welche Kriterien müssen erfüllt sein, um einer Person Wissen zuzuschreiben? Oder was ist ein Gegenstand/was bedeutet "Gegenstand"? Fallen darunter nur physische Dinge oder kann man auch etwa von Zahlen als abstrakten Gegenständen sprechen? Usw. (Also etwa das, was du "Kategorienlehre" genannt hast.)

Ich finde auch, dass die guten Philosophen der Vergangenheit, Platon etwa, zu weiten Teilen auch nichts anderes getan haben. Sie haben nur nicht ausdrücklich oder bewusst Sprachanalyse betrieben, sondern meinten, es müssten sich in der Welt oder im Subjekt irgendwelche bestimmten Gegenstände oder Strukturen befinden, die diesen Ausdrücken entsprechen, was allerlei problematische Theorien zur Folge hatte.
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Waldwuffel
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Beitrag(#2054958) Verfasst am: 09.05.2016, 00:49    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Von welchen Einführungen sprichst du?


Etwa Loux: "Metaphysics. A Contemporary Introduction" oder Lowe: "A Survey of Metaphysics". Wenn da etwas behandelt wird, das du zur "spekulativen Kosmologie" zählen würdest, dann habe ich noch nicht verstanden, was du damit meinst.
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Myron
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Beitrag(#2054960) Verfasst am: 09.05.2016, 01:16    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Von welchen Einführungen sprichst du?


Etwa Loux: "Metaphysics. A Contemporary Introduction" oder Lowe: "A Survey of Metaphysics". Wenn da etwas behandelt wird, das du zur "spekulativen Kosmologie" zählen würdest, dann habe ich noch nicht verstanden, was du damit meinst.


Diese beiden Bücher stehen in meinem Regal.
Also, schaumermal:

* Lowe: https://global.oup.com/academic/product/a-survey-of-metaphysics-9780198752530?type=listing&lang=en&cc=us#

Teil V gehört ganz klar zur spekulativen Kosmologie oder Naturphilosophie.

* Loux: https://www.routledge.com/products/9780415401340

Die Teile 7 und 8 zähle ich zur spekulativen Kosmologie.

Dazu gehören für mich allgemein die Philosophien von Raum und Zeit, von Materie und Energie, und z.B. die Philosophie des Geistes.

Wie gesagt, die Williams'sche Aufteilung der Metaphysik bedeutet nicht, dass eine klare und scharfe Grenze gibt:

"First philosophy, according to the traditional schedule, is analytic ontology, examining the traits necessary to whatever is, in this or any other possible world. Its cardinal problem is that of substance and attribute, or at any rate something cognate with this in that family of ideas which contains also subsistence and inherence, subject and predicate, particular and universal, singular and general, individual and class, and matter and form. It is the question how a thing can be an instance of many properties while a property may inhere in many instances, the question how everything is a case of a kind, a this-such, an essence endowed with existence, an existent differentiated by essence, and so forth. Concerned with what it means to be a thing or a kind at all, it is some wise prior to and independent of the other great branch of metaphysics, speculative cosmology: what kinds of things are there, what stuff are they made of, how are they strung together?"

(Williams, Donald Cary. "The Elements of Being." 1953. Reprinted in Principles of Empirical Realism, 74-109. Springfield, IL: Charles C Thomas, 1966. p. 74)

"Williams contrasted 'analytic ontology' with 'speculative cosmology'. But despite the austere ring of the first phrase and the permissive flavour of the second, Williams was talking about a distinction to be made within fundamental metaphysics. Analytic ontology takes up the deepest and most abstract questions of all, for instance whether everything in the world is purely particular. Speculative cosmology deals with (relatively!) less abstract issues, such as the nature of space and time, the nature of mind, and so forth, matters where observational fact and scientific discovery appear to be more directly relevant."

(Armstrong, D. M. "Reply to Forrest." In Ontology, Causality and Mind: Essays in Honour of D. M. Armstrong, edited by John Bacon, Keith Campbell and Lloyd Reinhardt, 65-72. Cambridge: Cambridge University Press, 1993. p. 66)

"Metaphysics divides into two rather different branches, which D. C. Williams dubs analytic ontology and speculative cosmology.
In analytic ontology we ask questions about the categories we need for understanding any facts, for example: Are there properties as well as objects? Are there such thing as events, or only objects which change? Are there such things as sets or numbers apart from things in sets or things counted? Are there facts o propositions? What is a disposition? What is a cause? How does a theory make commitments as to the existence of things?
In speculative cosmology we are not so formidably abstract. We seek a general account of the main features of the world and ask, for example: Are there spirits as well as bodies? Are there gods or angels? What of space and time? What sorts of causes are at work in determining events?
Analytic ontology is more general, and in an orderly exposition of a metaphysical system it would be laid out first, to set the ground frame of sorts of items (such as objects, properties, events, causes) within which a cosmology can be developed by introducing specific examples of such items (such as God, materiality, vibration, natural selection). But everybody is interested in cosmology before they come to study philosophy, and the point of questions in ontology is often hard to see unless we have cosmological consequences in mind."

(pp. 21-2)

"D. C. Williams divides the field of metaphysics into two broad subdivisions, speculative cosmology and analytic ontology. Speculative cosmology…is concerned with developing the best general description of ourselves and our world that we can devise. Cosmology deals with questions of what manner of world this is. In particularist systems it answers these questions in terms of what kinds of thing we must recognize and how these relate to each other.
But there is another kind of question, even more abstract and general, to which cosmology leads us. We find ourselves asking just what is a thing anyway? Are there entities other than things? If so, what are they? Granted that there are, for example, causal connections in our world, just what is involved in a causal relationship? These general, structural problems belong to analytic ontology.
The problems of analytic philosophy can be pursued in large measure independently of cosmology—indeed for most of this century they have almost monopolized metaphysics. But philosophy is a seamless garment, and problems of one kind lead to problems of the other. …So the division of metaphysics into two departments is a convenience for study, rather than an absolute distinction."

(p. 107)

(Campbell, Keith. Metaphysics: An Introduction. Encino, CA: Dickenson, 1976.)
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Waldwuffel
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Beitrag(#2054963) Verfasst am: 09.05.2016, 07:21    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann da keinen wesentlichen Unterschied zwischen zwei Bereichen der Metaphysik erkennnen. Nur muss ein Philosoph, der sich mit der Klärung von Begriffen wie Raum oder Zeit beschäftigt, natürlich auch die Verwendung dieser Ausdrücke in den entsprechenden Naturwissenschaften berücksichtigen. Aber auch dabei geht es letzten Endes um die Begriffsklärung und es wird nicht etwa die naturwissenschaftliche Theorie philosophisch fortgeschrieben oder erweitert. Erst recht werden dabei keine Verständnislücken geschlossen, die im Rahmen dieser naturwissenschaftlichen Theorien noch bestehen. Der Philosoph verwendet diese Begriffe m.E. nicht, um selbst Naturphänomene zu erklären. Was die alten Naturphilosophen mit ihren Spekulationen ja tun wollten und was, wenn ich dich richtig verstehe, auch deine "spekulative Kosmologie" leisten soll ("In diesem Sinn stellt die spekulative Kosmologie Mutmaßungen über Fragen an, die empirisch unbeantwortet, "unterbeantwortet" oder (gegenwärtig oder grundsätzlich) unbeantwortbar sind").

Deine letzten Zitate gehen auch in die Richtung, die ich jetzt beschrieben habe, finde ich. Also dass einige Fragen der Metaphysik, wie etwa die nach dem "Wesen" von Raum und Zeit bzw. nach der Bedeutung dieser Ausdrücke, vielleicht weniger allgemein und abstrakt sind als die nach der Bedeutung von Ausdrücken wie "Gegenstand" bzw. dass bei diesen Begriffen eine nähere Verbindung zu bestimmten Naturwissenschaften besteht. Aber ich finde, wie gesagt, nicht, dass das einen im wesentlichen ganz eigenen Bereich der Metaphysik bildet.
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Myron
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Beitrag(#2055012) Verfasst am: 09.05.2016, 18:33    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Ich kann da keinen wesentlichen Unterschied zwischen zwei Bereichen der Metaphysik erkennnen. Nur muss ein Philosoph, der sich mit der Klärung von Begriffen wie Raum oder Zeit beschäftigt, natürlich auch die Verwendung dieser Ausdrücke in den entsprechenden Naturwissenschaften berücksichtigen. Aber auch dabei geht es letzten Endes um die Begriffsklärung und es wird nicht etwa die naturwissenschaftliche Theorie philosophisch fortgeschrieben oder erweitert. Erst recht werden dabei keine Verständnislücken geschlossen, die im Rahmen dieser naturwissenschaftlichen Theorien noch bestehen. Der Philosoph verwendet diese Begriffe m.E. nicht, um selbst Naturphänomene zu erklären. Was die alten Naturphilosophen mit ihren Spekulationen ja tun wollten und was, wenn ich dich richtig verstehe, auch deine "spekulative Kosmologie" leisten soll ("In diesem Sinn stellt die spekulative Kosmologie Mutmaßungen über Fragen an, die empirisch unbeantwortet, "unterbeantwortet" oder (gegenwärtig oder grundsätzlich) unbeantwortbar sind").

Deine letzten Zitate gehen auch in die Richtung, die ich jetzt beschrieben habe, finde ich. Also dass einige Fragen der Metaphysik, wie etwa die nach dem "Wesen" von Raum und Zeit bzw. nach der Bedeutung dieser Ausdrücke, vielleicht weniger allgemein und abstrakt sind als die nach der Bedeutung von Ausdrücken wie "Gegenstand" bzw. dass bei diesen Begriffen eine nähere Verbindung zu bestimmten Naturwissenschaften besteht. Aber ich finde, wie gesagt, nicht, dass das einen im wesentlichen ganz eigenen Bereich der Metaphysik bildet.


Es gibt eine traditionelle, auf Christian Wolff zurückgehende Aufteilung der Metaphysik in (rationale) Kosmologie, (rationale) Psychologie und (rationale) Theologie. (Der Titel eines Wolff'schen Werkes von 1719 lautet "Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt".)
Siehe: Christian Wolff > Theoretical Philosophy

Aus naturalistischer Sicht ist die philosophische (rationale, spekulative) Kosmologie als Weltlehre Naturlehre, Naturphilosophie (weil es keine göttliche, theistische oder ungöttliche, platonistische Übernatur gibt); und "die Naturphilosophie ist spekulative Physik." (Schelling) Da Williams Naturalist war, ist spekulative Kosmologie in seinem Sinn sozusagen spekulative Physik (im weitesten Sinne des Wortes, also die lebenden und fühlenden/denkenden Naturwesen wie den Menschen einschließend) – sowie spekulative Psychologie, die nun Philosophie des Geistes (philosophy of mind) heißt.
Die rationale (nicht- oder überempirische), spekulative Physik kann von der rationalen Ontologie/Ontik als analytischer Kategorienlehre unterschieden werden.

Diese Unterscheidung entspricht weitestgehend derjenigen von Charlie Broad zwischen spekulativer Philosophie und kritischer Philosophie: http://plato.stanford.edu/entries/broad/#Met

In seinen eigenen Worten:

http://www.ditext.com/broad/csp.html

http://www.ditext.com/broad/st/st-intro.html

"These two branches of Philosophy – the analysis and definition of our fundamental concepts, and the clear statement and resolute criticism of our fundamental beliefs – I call Critical Philosophy. …Now there is another kind of Philosophy; and, as this is more exciting, it is what laymen generally understand by the name. This is what I call Speculative Philosophy. It has a different object, is pursued by a different method, and leads to results of a different degree of certainty from Critical Philosophy. Its object is to take over the results of the various sciences, to add to them the results of the religious and ethical experiences of mankind, and then to reflect upon the whole. The hope is that, by this means, we may be able to reach some general conclusions as to the nature of the Universe, and as to our position and prospects in it."
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2055013) Verfasst am: 09.05.2016, 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

Waldwuffel hat folgendes geschrieben:

Deine letzten Zitate gehen auch in die Richtung, die ich jetzt beschrieben habe, finde ich. Also dass einige Fragen der Metaphysik, wie etwa die nach dem "Wesen" von Raum und Zeit bzw. nach der Bedeutung dieser Ausdrücke, vielleicht weniger allgemein und abstrakt sind als die nach der Bedeutung von Ausdrücken wie "Gegenstand" bzw. dass bei diesen Begriffen eine nähere Verbindung zu bestimmten Naturwissenschaften besteht. Aber ich finde, wie gesagt, nicht, dass das einen im wesentlichen ganz eigenen Bereich der Metaphysik bildet.


Wie gesagt, die Unterscheidung zwischen Ontologie als Seins- oder Kategorienlehre und Kosmologie als Welt- oder Naturlehre bedeutet keineswegs, dass wir es mit zwei gänzlich getrennten, nicht überlappenden Bereichen innerhalb der Metaphysik zu tun haben.

"[T]he division of metaphysics into two departments is a convenience for study, rather than an absolute distinction."

(Campbell, Keith. Metaphysics: An Introduction. Encino, CA: Dickenson, 1976. p. 107)
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#2055017) Verfasst am: 09.05.2016, 20:11    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

(Übrigens, etymologisch entspricht das lateinische Wort "speculatio" dem griechischen Wort "theoria".)

Mit "spekulativer Kosmologie" im metaphysischen Sinn ist allerdings "metaempirische" oder "hyperempirische" theoretische Kosmologie gemeint und nicht der theoretische Teil der wissenschaftlichen, empirisch-physikalischen Kosmologie. Rudolf Eisler definiert die metaphysische Spekulation im engeren Sinn als "das Forschen nach dem Überempirischen." In diesem Sinn stellt die spekulative Kosmologie Mutmaßungen über Fragen an, die empirisch unbeantwortet, "unterbeantwortet" oder (gegenwärtig oder grundsätzlich) unbeantwortbar sind. Sie ist also eine "konjekturale" Weltlehre. Sie hat auch eine "synoptische" Funktion, indem sie die Erkenntnisse der Einzelwissenschaften allgemein zusammenfasst und zu einem Gesamtbild der Welt, der Wirklichkeit gestaltet (welches mehr oder weniger spekulativ oder konjektural ist).


Ein kluger User hier schrieb einmal, „An der Grenze des Wissens beginnt Nichtwissen, nicht Wissen um Design.“ Es war gegen Vertreter des "Intelligent Design" gezielt, und so argumentieren auch andere Religiöse, die in den wirklichen oder vermeintlichen Lücken unseres wissenschaftlichen Wissens (und an solchen Lücken gibt es ja nun wahrlich keinen Mangel) ihre jeweiligen Götter und Welterklärungen unterzubringen versuchen. Ähnlich verfährt offenbar die philosophische, spekulative Metaphysik.

„Wenn schließlich Menschen in einem bestimmten Wissenszweig in ihrem Denken das positive oder wissenschaftliche Stadium erreicht haben, geben sie auf nach absoluten Anfängen oder absoluten Zielen zu fragen, die zwar gefühlsmäßig für sie selbst eine große Bedeutung haben, aber durch keine Beobachtung zu belegen sind, und ihr Erkenntnisziel richtet sich darauf, wie beobachtbare Ereignisse miteinander in Zusammenhang stehen. Theorien, so könnte man es in unserer heutigen Sprache ausdrücken, sind Modelle beobachtbarer Zusammenhänge.“
(Norbert Elias, Gesammelte Schriften, Bd. 5, S. 48 )

Religiöse oder Philosophen nennen das dann gerne mal „dürre“, „oberflächlich“ oder „ganz kleines Karo“.

Mac Born schrieb zur religiösen oder philosophischen Suche nach absoluten, endgültigen Antworten schon 1964: „Ich glaube, daß Ideen wie absolute Richtigkeit, absolute Genauigkeit, endgültige Wahrheit usw. Hirngespinste sind, die in keiner Wissenschaft zugelassen werden sollten. … Diese Lockerung des Denkens scheint mir als der größte Segen, den die heutige Wissenschaft uns gebracht hat. Ist doch der Glaube an eine einzige Wahrheit und dessen Besitzer zu sein, die tiefste Wurzel allen Übels auf der Welt.“

Fragen, die „unbeantwortet“, „unterbeantwortet“ oder „(gegenwärtig oder grundsätzlich) unbeantwortbar“ sind, sind eben und vor allem genau dies: „unbeantwortet“. Also findet man entweder eine durch Tatsachenbeobachtungen belegbare Antwort, oder man sucht eben weiter. Mutmaßungen, Spekulationen oder haltlose Behauptungen sind etwas für den Stammtisch, oder wie es Thomas Metzinger im letzten SPIEGEL so schön (und etwas dezenter) formulierte: „Welt­an­schau­li­che De­bat­ten sind was fürs Feuille­ton und für Leu­te, die sich selbst gern als „In­tel­lek­tu­el­le“ be­zeich­nen.“

Myron hat folgendes geschrieben:
Waldwuffel hat folgendes geschrieben:
Was soll denn eine solche spekulative Metaphysik deiner Ansicht nach leisten?

Vernünftige und glaubwürdige Auffassung der Wirklichkeit, Erkennung von Möglichkeiten ("möglicher Welten") und Bewahrung der Nichtmetaphysiker vor schlechter Metaphysik.


Oh, vielen Dank! Rolf Hellmut Foerster schrieb einmal: „Zur Metaphysik kommt man […], indem man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt.“ Besser noch als das Bewahren vor schlechter Metaphysik wäre also das Bewahren vor Metaphysik überhaupt.
_________________
"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#2055027) Verfasst am: 09.05.2016, 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ein kluger User hier schrieb einmal, „An der Grenze des Wissens beginnt Nichtwissen, nicht Wissen um Design.“ Es war gegen Vertreter des "Intelligent Design" gezielt, und so argumentieren auch andere Religiöse, die in den wirklichen oder vermeintlichen Lücken unseres wissenschaftlichen Wissens (und an solchen Lücken gibt es ja nun wahrlich keinen Mangel) ihre jeweiligen Götter und Welterklärungen unterzubringen versuchen. Ähnlich verfährt offenbar die philosophische, spekulative Metaphysik.


Diejenige, die ich meine, verfährt nicht so. Sie behauptet nicht, dort etwas zu wissen, wo die Wissenschaft nichts weiß. Metaphysik als spekulative Kosmologie kann heutzutage nicht mehr gerechtfertigterweise apriorisch-deduktiv im idealistisch-platonistischen Sinne betrieben werden. Die Errichtung spekulativer Luftschlösser à la Hegel is zu Recht "out", weil sich die Wirklichkeit nicht aus reinen, erfahrungsfernen Begriffen und Grundsätzen ableiten, bestimmen und erkennen lässt.
Nach meiner realistisch-naturalistischen Auffassung verfährt die spekulative Kosmologie nicht axiomatisch-deduktiv, sondern induktiv.

"Metaphysik (…) ist die Wissenschaft von den Grundbegriffen (Prinzipien) des Erkennens und der Einzelwissenschaften in ihrem letzten für uns erreichbaren Sinne und in ihrem Zusammenhange untereinander und mit den Forderungen des nach Einheit und Geschlossenheit (Harmonie) der Weltanschauung strebenden Denkens. Die Metaphysik ist keine Sonderwissenschaft geheimnisvoller Art, sondern die (relativ) abschließende, auch nach dem Sinn und der Bedeutung der Welt fragende, in diesem Sinne spekulative Verarbeitung der Voraussetzungen und Ergebnisse der Einzelwissenschaft mit Hilfe der Erkenntniskritik und schließlich auch der künstlerisch gestaltenden Phantasie und der Intuition. …Die Metaphysik darf die Erfahrung nicht überfliegen, nicht aus selbstgemachten Begriffen die Erfahrungstatsachen ableiten, sie muß vielmehr von der Erfahrung ausgehen, diese bis zum jeweiligen Ende begleiten und erst dann, auf dem durch die Erfahrung angedeuteten Wege die Erfahrung transcendieren."

(Rudolf Eisler: http://www.textlog.de/4434.html)

"Unsere Zeit glaubt nicht mehr an die Möglichkeit, durch dialektische Begriffsentwicklung die Gedanken oder den Sinn der Wirklichkeit a priori zu erkennen. Sie kennt, wie nur eine Wirklichkeit, so nur eine Wahrheit und einen Weg zu ihr: die denkende Erfahrung. Erfahrungsloses Denken führt so wenig zur Erkenntnis der Wirklichkeit, als gedankenlose Erfahrung. Der Philosoph hat keine via regia zur Erkenntnis; die reine Spekulation ist in Wahrheit nichts anderes als eine verzerrte Reflexion über Erkenntnisse, die uneingestandener Erfahrung verdankt werden."

(Paulsen, Friedrich. Einleitung in die Philosophie. 15. Aufl. Stuttgart: Cotta, 1906. S. 16)

"Metaphysicians must abandon the hope of finding a theory of the world which can be guaranteed certain. We cannot expect to arrive at any knowledge more surely founded than the self-corrective yet still provisional theories which scientific method yields. Metaphysical truths are synthetic. And they are not necessary in any tough logical sense. They cannot be guaranteed by the principle of noncontradiction. How then are they to be validated? The short answer is that they stand at the bar of experience as do all opinions of common life or recondite science."
(pp. 17-8 )

"A clearer conception of the nature of science, together with a chastened program for metaphysics, thus leads us to view metaphysics as continuous with science, sharing both its risks and its dignity. Metaphysics is the attempt to interpret all experience, including science, so as to form one coherent and systematic view of the world and man's place in it. In this way it tackles those simple yet profound questions from which we began. … In this view metaphysics is in no privileged position from which it can lay down the law for knowledge of other kinds. It is in no position to insist, for example, that every science must be deterministic. Metaphysics stands subject to correction in the light of the development of science no less than the other way about. As Quine would put it, there is no first philosophy which can give the law to science and pontificate, for example, as to the reality of atoms. Rather, atomic theory and metaphysics both must be validated in the light of one another and the continuing test furnished by the unfolding data of experiment and discovery."
(p. 19)

(Campbell, Keith. Metaphysics: An Introduction. Encino, CA: Dickenson, 1976.)

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Mac Born schrieb zur religiösen oder philosophischen Suche nach absoluten, endgültigen Antworten schon 1964: „Ich glaube, daß Ideen wie absolute Richtigkeit, absolute Genauigkeit, endgültige Wahrheit usw. Hirngespinste sind, die in keiner Wissenschaft zugelassen werden sollten. … Diese Lockerung des Denkens scheint mir als der größte Segen, den die heutige Wissenschaft uns gebracht hat. Ist doch der Glaube an eine einzige Wahrheit und dessen Besitzer zu sein, die tiefste Wurzel allen Übels auf der Welt.“


Wie ich bereits anmerkte, die Metaphysiker sollten epistemisch bescheiden bleiben und von dogmatischen Wissens- oder Gewissheitsansprüchen Abstand nehmen, was jedoch nicht bedeutet, dass sie auch von allen Glaubungen, Meinungen oder Vermutungen/Mutmaßungen Abstand nehmen und ihren Beruf insgesamt aufgeben sollten. Denn es gibt einen Mittelweg zwischen Absolutismus, Dogmatismus und Neutralismus/Quietismus bezüglich metaphysischer Themen und Probleme.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Fragen, die „unbeantwortet“, „unterbeantwortet“ oder „(gegenwärtig oder grundsätzlich) unbeantwortbar“ sind, sind eben und vor allem genau dies: „unbeantwortet“. Also findet man entweder eine durch Tatsachenbeobachtungen belegbare Antwort, oder man sucht eben weiter. Mutmaßungen, Spekulationen oder haltlose Behauptungen sind etwas für den Stammtisch, oder wie es Thomas Metzinger im letzten SPIEGEL so schön (und etwas dezenter) formulierte: „Welt­an­schau­li­che De­bat­ten sind was fürs Feuille­ton und für Leu­te, die sich selbst gern als „In­tel­lek­tu­el­le“ be­zeich­nen.“


Spricht's und beteiligt sich selbst rege an den "weltanschaulichen Debatten" im Bereich der Philosophie des Geistes (Materialismus vs. Spiritualismus).

Unter metaphysischen Mutmaßungen verstehe ich keine "haltlosen Behauptungen" oder "Stammtischparolen", sondern wohldurchdachte, vernünftig begründete und vertretbare Meinungen, die mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen im Einklang stehen. Rationale Argumentation ist in der Philosophie ebenso wichtig wie in der Wissenschaft.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Vernünftige und glaubwürdige Auffassung der Wirklichkeit, Erkennung von Möglichkeiten ("möglicher Welten") und Bewahrung der Nichtmetaphysiker vor schlechter Metaphysik.

Oh, vielen Dank! Rolf Hellmut Foerster schrieb einmal: „Zur Metaphysik kommt man […], indem man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt.“ Besser noch als das Bewahren vor schlechter Metaphysik wäre also das Bewahren vor Metaphysik überhaupt.


Wohl kaum! Der Mensch wird immer auch metaphysisch denken, solange er überhaupt über Gott und die Welt nachdenkt.
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schtonk
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Anmeldungsdatum: 17.12.2013
Beiträge: 12078

Beitrag(#2055031) Verfasst am: 09.05.2016, 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:


[...]

Rationale Argumentation ist in der Philosophie ebenso wichtig wie in der Wissenschaft.

...

Kurze Zwischenfrage: Du grenzt Philosophie also von der Wissenschaft ab. Was ist sie dann?
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Hebart
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Anmeldungsdatum: 09.12.2015
Beiträge: 431

Beitrag(#2055032) Verfasst am: 09.05.2016, 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Unter metaphysischen Mutmaßungen verstehe ich keine "haltlosen Behauptungen" oder "Stammtischparolen", sondern wohldurchdachte, vernünftig begründete und vertretbare Meinungen, die mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen im Einklang stehen. Rationale Argumentation ist in der Philosophie ebenso wichtig wie in der Wissenschaft.


Es scheint dabei aber manchmal ein Problem zwischen Empirie und wissenschaftlicher Erkenntnis zu existieren..., ich für meinen Teil interessiere mich mittlerweile mehr für Empirie, denn rationaler Erkenntnis Schulterzucken
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