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Rassismus?!
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44647

Beitrag(#2191571) Verfasst am: 04.10.2019, 18:07    Titel: Re: Jenaer Erklärung Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Versetz dich mal in die Lage eines Biologen. Sie probieren es mit scharfem Denken:

    Vögel legen Eier.
    Säugetiere kriegen Babies.

Und dann kommt das Schnabeltier. Ohnmacht

Das ist aber doch einfach nur ganz normaler wissenschaftlicher Fallibilismus. Was du mir ansonsten gerade erzählst, klingt eher danach, dass die Biologen, weil ihre Einordnungen zu oft falsifiziert wurden, es ganz aufgegeben hätten, Einordnungskriterien zu formulieren, die scharf genug sind, um überhaupt auf diese Weise falsifiziert zu werden. Du gehst da ja letztlich sogar noch einen Schritt weiter als ich: Nach deiner Darlegung muss man zu dem Schluss kommen, dass "Rasse" in der Biologie heute eigentlich kein Begriff mehr ist und dementsprechend nicht etwa der Begriff, sondern lediglich das Wort "Rasse" in der Biologie beibehalten wurde - und zwar ausschließlich aus Tradition. Letztlich ist dein einziges Argument für das Wort ja auch "es war nie aus der Biologie verschwunden". Deiner Logik nach hätte man schon ab dem Zeitpunkt mit scharfen Begriffsbestimmungen aufhören und sich stattdessen rein auf Tradition berufen können, an dem Diogenes ein gerupftes Huhn über die Mauer der Platonischen Akademie warf und schrie: "Da habt ihr euren Menschen!"

smallie hat folgendes geschrieben:
Da sitzt heute keiner mehr und denkt sich Einteilungsregeln für ein Schnabeltier aus. Letzlich sind es Statistikprogramme, die aus genetischen Daten Korrelationen erstellen.

Sag mir mal, wie aus einer Korrelation ein Begriff wird.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2191577) Verfasst am: 04.10.2019, 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Worum es mir ging war die spontane Abneigung gegen Menschen, die "anders" sind. [...] Und die ist bei Kindern genauso ausgeprägt wie bei Erwachsenen.

Genauso? Weiß ich nicht. Kommt wahrscheinlich wieder darauf an, von welcher Altersklasse du redest. Es ist aber auffällig, dass Haarfarbe z.B. seltener als "andersartig" aufgefasst wird als etwa Geschlecht, Hautfarbe oder Behinderungen. Die Auswahl der Merkmale muss eigentlich fast zwangsläufig zumindest bis zu einem gewissen Grad erlernt sein.


Ja. Gutes Beispiel. Sehe ich genauso.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3726

Beitrag(#2191579) Verfasst am: 04.10.2019, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Gefällt mir nach grobem Lesen.

Nach grobem Lesen: Mir auch.

Hmm. Die Bedeutung der jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse in den Vordergrund zu rücken und deswegen dieses Projekt zu kritisieren, wo das (nach der Darstellung des Artikels) nicht passiert: OK.

Ob die Geschichte von Sklaverei und Rassismus aber so vollständig in der Wirtschaftsgeschichte aufgehen, wäre immerhin noch näher zu diskutieren. Legitime, aber nicht zwingende Perspektive.

Sklaverei rentiert sich nur, wenn Erwerb und Besitz der Sklaven günstiger ist, als andere Lösungen. Insofern halte ich das für zwingender als du.

Leider liefert der Artikel nichts Genaues über die Rentabilität der Sklaverei. Die Zitate dazu sind ebenso wortreich wie faktenkarg.



Das fand ich merkwürdig:

WSWS hat folgendes geschrieben:
Die Analysen des Historikers Eric Williams widerlegen die niederträchtigen Bestrebungen der Autoren des „Projekt 1619“, die Amerikanische Revolution als teuflischen Versuch zur Aufrechterhaltung der Sklaverei darzustellen.

Gerade wenn man Ökonomie in den Fokus stellt, ist das denkbar.

War 1776 schon absehbar, daß die Briten dreißig Jahre später (1807) Sklavenhandel abschaffen würden? Dann macht es für die USA Sinn, sich von der Krone loßzusagen. War es nicht absehbar - dann sind die "niederträchtigen Bestrebungen" des Projekts widerlegt.


Im Schlußabsatz heißt es dann, man hätte die Sklaverei gar nicht abschaffen können, auch wenn man es gewollt hätte.

WSWS hat folgendes geschrieben:
Amerika konnte nach der Revolution das Problem der Sklaverei nicht lösen. Die ökonomischen und politischen Bedingungen für ihre Abschaffung waren noch nicht genügend ausgereift.

In smallie-Sprache übersetzt:

Wir konnten die Sklaven nicht freilassen, sie wären sonst verhungert, die armen Hatscherl. Außerdem hätten uns die eigenen Leute gelyncht.



tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Die Vertreter diesees Projekts aber deswegen gleich selbst in die Nähe (oder mehr) von Rassismus und Faschismus zu rücken, halte ich für infam, und das wiederum weckt in mir erhebliche Zweifel, ob die Darstellung des Projekts denn auch so korrekt ist.

Ist nicht infam, ergibt sich aus der Jenaer Erklärung.


Jenaer Erklärung hat folgendes geschrieben:
Die Verknüpfung von Merkmalen wie der Hautfarbe mit Eigenschaften oder gar angeblich genetisch fixierten Persönlichkeitsmerkmalen und Verhaltensweisen, wie sie in der Blütezeit des anthropologischen Rassismus verwendet wurden, ist inzwischen eindeutig widerlegt. Diese Argumentation heute noch als angeblich wissenschaftlich zu verwenden, ist falsch und niederträchtig.


Damit steht dieser Satz auf der Schwelle zum Rassismus:

WSWS hat folgendes geschrieben:
Woher dieser Rassismus dann käme, fragt die Autorin Hannah-Jones. Ihre Antwort: Dieser stecke in der historischen DNA „weißer Amerikaner“,


Du sagtest oben im Thread sinngemäß: Rassismus ist, wenn echte oder eingebildeten Unterschiede zu Benachteiligungen führen. Eine speziell weiße DNA zu behaupten, wäre dann kein Rassismus, erst müssen Benachteiligungen dazukommen.


PS:

Oder habe ich etwas komplett falsch verstanden?
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Lila Einhorn
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Anmeldungsdatum: 30.11.2013
Beiträge: 650

Beitrag(#2191581) Verfasst am: 04.10.2019, 19:56    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Sklaverei rentiert sich nur, wenn Erwerb und Besitz der Sklaven günstiger ist, als andere Lösungen. Insofern halte ich das für zwingender als du.

Leider liefert der Artikel nichts Genaues über die Rentabilität der Sklaverei. Die Zitate dazu sind ebenso wortreich wie faktenkarg.


Der Grund der sinkenden Rentabilität ist ganz einfach: Die Entdeckung der Dampfmaschine und weiterer Techniken zur effektiven Nutzung fossiler Brennstoffen. Von da an hatte man etwas besseres als Sklaven, die immer unwichtiger wurden. Man konnte sich die Frage stellen, was das überhaupt sollte. Es ist kein Zufall, dass die Sklaverei zuerst im industrialisierten Norden der USA abgeschafft wurde, während man im landwirtschaftlich geprägten, wirtschaftlich rückständigen Süden an ihr festhielt. Innerhalb von hundert Jahren nachdem man entdeckte, wie man fossile Brennstoffe effektiv nutzen kann, war die Sklaverei überall in der vom Westen geprägten Welt abgeschafft. Von wegen moralischer Fortschritt, das war vor allem ein technischer Fortschritt, der es einem hinterher erlaubte, auch den moralischen Helden zu spielen. (Zahlen dazu findet man grob zusammengefasst in https://www.amazon.com/Foragers-Farmers-Fossil-Fuels-Values/dp/0691160392 )

Heute dagegen geht die grüne Jugend gegen die Nutzung fossiler Brennstoffe auf die Straße. Was das effektiv für unser Zusammenleben bedeuten würde, verstehen die natürlich nicht...
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 22261

Beitrag(#2191582) Verfasst am: 04.10.2019, 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bleibe immer noch dabei, dass ihr die Metapher "steckt in der DNA" viel zu wörtlich an der biologischen Herkunft auslegt, dass die Metapher weitgehend verblasst ist und nicht mehr viel mehr bedeuten muss als "ist stark geprägt von". Einige der von mir ergoogelten Beispiele können mE nur so verstanden werden.
Und wenn das so ist, steht ein Rassismus-Vorwurf, der sich nur darauf bezieht, mMn auf tönernen Füßen. Da müsste mehr kommen.

Mir kommt das so vor, als würde man jedesmal, wenn jemand die Metapher "aufs Korn nehmen" benutzt, dem Verwender vorwerfen, er behaupte, jemand wolle eine Person (tatsächlich oder sozial) töten - und nicht etwa nur kritisch in den Blick nehmen.

In einem wissenschaftlichen Artikel hätte so eine Metapher dann zwar nichts zu suchen, in einem journalistischen wäre sie aber - wenn denn dieser schwächere Gebrauch üblich ist und verstanden wird - vielleicht etwas schief, aber mehr nicht.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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sehr gut
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Anmeldungsdatum: 05.08.2007
Beiträge: 14852

Beitrag(#2191583) Verfasst am: 04.10.2019, 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

Lila Einhorn hat folgendes geschrieben:
Von wegen moralischer Fortschritt, das war vor allem ein technischer Fortschritt, der es einem hinterher erlaubte, auch den moralischen Helden zu spielen.

zwinkern
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Skeptiker
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005
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Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2191584) Verfasst am: 04.10.2019, 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Lila Einhorn hat folgendes geschrieben:
Von wegen moralischer Fortschritt, das war vor allem ein technischer Fortschritt, der es einem hinterher erlaubte, auch den moralischen Helden zu spielen.

zwinkern


Nicht einfach der technische Fortschritt, sondern dessen Einfluss auf die Produktivkräfte und deren industrielles Potenzial.

Heute sind die Produktivkraftpotenziale im Vergleich zu jener Epoche so enorm gewachsen und auch so flexibel geworden, dass auf dieser Basis auch die Lohnarbeit abschaffbar wäre.

Dies ist eine wertvolle Erkenntnis aus dem Studium der Epoche der Sklaverei und schließlich deren Ablösung durch die Lohnarbeit in Amerika (und anderswo).
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44647

Beitrag(#2191586) Verfasst am: 04.10.2019, 20:52    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ich bleibe immer noch dabei, dass ihr die Metapher "steckt in der DNA" viel zu wörtlich an der biologischen Herkunft auslegt, dass die Metapher weitgehend verblasst ist und nicht mehr viel mehr bedeuten muss als "ist stark geprägt von".

Indem du dich auf den Rassismusvorwurf einschießt, sparst du es dir mal eben, auf zwei entscheidende Argumente einzugehen:

(1) Aus dem Artikel von wsws: Die Verwendung der Metapher stellt eine Naturalisierung von Verhältnissen dar, und zwar im Kontext verfälschender oder bestenfalls einseitiger Geschichtsschreibung.

(2) Hier mir vorgebracht: Dieses metaphorische Reden selbst ist zu diesem Thema - auch seiner unmittelbaren biologischen Bedeutung entkleidet (selbst vorausgesetzt, das ginge überhaupt) - in seinen gesellschaftlichen Wirkungen immer noch hochproblematisch. Steps Addendum dazu: Die Verwendung dieser Metapher lässt außerdem darauf schließen, dass das ganze Projekt eine Art Marketing-Kampagne ist und keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Thematik.

Oder anders gesagt: Selbst wenn in dem Projekt kein intentionaler Rassismus vorliegt, ist sein Diskurs immer noch in wirklich jeder Hinsicht Scheiße.
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smallie
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Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3726

Beitrag(#2191631) Verfasst am: 05.10.2019, 14:52    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Ich bleibe immer noch dabei, dass ihr die Metapher "steckt in der DNA" viel zu wörtlich an der biologischen Herkunft auslegt, dass die Metapher weitgehend verblasst ist und nicht mehr viel mehr bedeuten muss als "ist stark geprägt von". Einige der von mir ergoogelten Beispiele können mE nur so verstanden werden.
Und wenn das so ist, steht ein Rassismus-Vorwurf, der sich nur darauf bezieht, mMn auf tönernen Füßen. Da müsste mehr kommen.

Oh. ich habe gar nicht vor, Hannah-Jones oder dem NYT-Projekt Rassismus vorzuwerfen. Deine Rassismusdefinition sagt, daß es keiner ist. (Ich hoffe inständig, daß ich sie nicht verbockt habe.)

Aus deinen Zeilen lese ich, du würdest die Aussage als rassistisch einstufen, wäre sie keine Metapher. So argumentiert der WSWS-Artikel auch.


WSWS hat folgendes geschrieben:
„The 1619 Project“: New York Times veröffentlicht rassistische Geschichtsfälschung


Die Bezugnahme von Hannah-Jones auf Erbanlagen ist Teil einer wachsenden Tendenz, rassistische Konflikte aus angeborenen biologischen Prozessen abzuleiten. ...

Eine derartige Aussage ist irrational und ist aus wissenschaftlicher Perspektive vollkommen absurd.

https://www.wsws.org/de/articles/2019/10/02/proj-o02.html

Starke Worte.
Als Ersatz für fehlende Argumente.
Falsch sind sie auch noch.

Richtig ist: Unterschiedliche Lebensbedingungen führen zu unterschiedlichen Anpassungen. Landwirtschaft hat neue Lebensbedingen geschaffen, also sind neue Anpassungen zu erwarten. Nicht nur körperlich, auch bei genetisch bestimmten Verhaltenstendenzen.

William Hamilton hielt das für plausibel - immerhin der bedeutendste Evolutionsbiologe der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Was Sapolsky in folgendem vertritt, stand 1975 auch schon bei Hamilton.


WSWS hat folgendes geschrieben:
In der aktuellen Ausgabe der Foreign Affairs argumentiert der Neurologe Robert Sapolsky, dass der Antagonismus zwischen Menschengruppen in deren Biologie verwurzelt wäre. Er leitet seine Annahmen aus blutigen Territorialkämpfen von Schimpansen ab, mit denen der Mensch „mehr als 98 % seiner DNA teilt“. Sapolsky behauptet, dass die „Dynamik der Identität innerhalb von Menschengruppen, darunter auch das Wiederaufleben von Nationalismus – möglicherweise eine der destruktivsten Formen des ‚in-group bias’ [Bevorzugung jener Gruppe, der man sich zugehörig fühlt] –, nur zu verstehen ist, wenn man die biologischen und kognitiven Annahmen, denen sie zugrunde liegen, begreift.“


Einen Satz von Sapolsky habe ich schon öfter zitiert: "Ein rangniedriger Primat ist ein kranker Primat."

Schimpansen werden durch ihre Lebensumstände auf ein bestimmtes Sozialverhalten festgenagelt. Ihre Nahrungsquellen sind weit verstreut, Weibchen können sie nur einzeln oder in Kleingruppen aufsuchen, so daß das Alpha-Männchen die Möglichkeit hat, fruchtbare Weibchen für zu monopolisieren. Die Bonobos hingegen können in größeren Gruppen auf Nahrungssuche gehen. Was passiert? Die Weibchen koalieren und geben Möchtegern-Alphas Saures, wenn sie zu forsch werden.

Ähnliches ist ziemlich sicher auch beim kulturfähigen Frühmenschen passiert. Die hierarchische Sozialstruktur aufzugeben war ein Überlebensvorteil, gegenüber Stämmen, die ein hierarchisches, krankmachendes System behielten.


Was macht der Artikel daraus?

WSWS hat folgendes geschrieben:
Sapolskys plumper Versuch, die Geschichtsschreibung in der Biologie aufzulösen, ist mehr als eine reaktionäre Wiederbelebung des „Sozialdarwinismus“, der seinerseits dazu diente, die imperialistischen Eroberungen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu legitimieren. Er tritt damit zugleich in die Tradition deutscher Genforscher, die auf dieselbe pseudowissenschaftliche Weise den Antisemitismus und Rassismus der Nationalsozialisten rechtfertigten.

Man stellt Sapolsky in die Nazi-Ecke.
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fwo
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Beitrag(#2191638) Verfasst am: 05.10.2019, 16:12    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
....
Man stellt Sapolsky in die Nazi-Ecke.

Lachen
Ja und? Das ist doch völlig normal, wenn man ein Thema nicht diskutieren möchte, weil man Angst hat, das könnte jemand recht haben. Das ist Stand der Argumentationstechnik.

Wobei der Ansatz der direkten Erblichkeit hier für mich weder unbedingt überzeugend ist, noch wirklich Implikationen für unser Sollen enthielte.
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step
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Beitrag(#2191639) Verfasst am: 05.10.2019, 17:45    Titel: Antworten mit Zitat

WSWS hat folgendes geschrieben:
In der aktuellen Ausgabe der Foreign Affairs argumentiert der Neurologe Robert Sapolsky, dass der Antagonismus zwischen Menschengruppen in deren Biologie verwurzelt wäre. Er leitet seine Annahmen aus blutigen Territorialkämpfen von Schimpansen ab, mit denen der Mensch „mehr als 98 % seiner DNA teilt“. Sapolsky behauptet, dass die „Dynamik der Identität innerhalb von Menschengruppen, darunter auch das Wiederaufleben von Nationalismus – möglicherweise eine der destruktivsten Formen des ‚in-group bias’ [Bevorzugung jener Gruppe, der man sich zugehörig fühlt] –, nur zu verstehen ist, wenn man die biologischen und kognitiven Annahmen, denen sie zugrunde liegen, begreift.“

Wenn Sapolsky wirklich so argumentiert, ist das aber keine legitime Schlußfolgerung, denn es könnte sein, daß bereits die territorialen oder kulturellen Unterschiede zwischen den Schimpansengruppen die Aggressionen begünstigen und es dazu gar keine biologischen Unterschiede, Hautfarben usw. braucht. Ich habe das Original nicht gelesen, aber wird Sapolsky hier nun einigermaßen richtig wiedergegeben oder nicht?

smallie hat folgendes geschrieben:
... Schimpansen werden durch ihre Lebensumstände auf ein bestimmtes Sozialverhalten festgenagelt. Ihre Nahrungsquellen sind weit verstreut, Weibchen können sie nur einzeln oder in Kleingruppen aufsuchen, so daß das Alpha-Männchen die Möglichkeit hat, fruchtbare Weibchen für zu monopolisieren. Die Bonobos hingegen können in größeren Gruppen auf Nahrungssuche gehen. Was passiert? Die Weibchen koalieren und geben Möchtegern-Alphas Saures, wenn sie zu forsch werden.

Ähnliches ist ziemlich sicher auch beim kulturfähigen Frühmenschen passiert. Die hierarchische Sozialstruktur aufzugeben war ein Überlebensvorteil, gegenüber Stämmen, die ein hierarchisches, krankmachendes System behielten.

Das klingt für mich einigermaßen plausibel. Ist aber als biologische Begründung für Rassismus gerade nicht so brauchbar, oder?

smallie hat folgendes geschrieben:
Was macht der Artikel daraus?
WSWS hat folgendes geschrieben:
Sapolskys plumper Versuch, die Geschichtsschreibung in der Biologie aufzulösen, ist mehr als eine reaktionäre Wiederbelebung des „Sozialdarwinismus“, der seinerseits dazu diente, die imperialistischen Eroberungen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu legitimieren. Er tritt damit zugleich in die Tradition deutscher Genforscher, die auf dieselbe pseudowissenschaftliche Weise den Antisemitismus und Rassismus der Nationalsozialisten rechtfertigten.

Man stellt Sapolsky in die Nazi-Ecke.

Abgesehen davon ist "Sozialdarwinismus" ja gerade keine originär biologische Kategorie, obwohl ein Biologe für den Namen herhalten mußte.
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Tarvoc
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Beitrag(#2191643) Verfasst am: 05.10.2019, 18:16    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon ist "Sozialdarwinismus" ja gerade keine originär biologische Kategorie, obwohl ein Biologe für den Namen herhalten mußte.

Der arme Darwin ist schon ganz erschöpft von seinem nun schon über ein Jahrhundert andauernden ständigen im-Grab-Rotieren.
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Tarvoc
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Beiträge: 44647

Beitrag(#2191644) Verfasst am: 05.10.2019, 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Ähnliches ist ziemlich sicher auch beim kulturfähigen Frühmenschen passiert. Die hierarchische Sozialstruktur aufzugeben war ein Überlebensvorteil, gegenüber Stämmen, die ein hierarchisches, krankmachendes System behielten.

Interessant. Hast du dazu mal eine Literaturempfehlung?
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vrolijke
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Beitrag(#2191646) Verfasst am: 05.10.2019, 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
WSWS hat folgendes geschrieben:
In der aktuellen Ausgabe der Foreign Affairs argumentiert der Neurologe Robert Sapolsky, dass der Antagonismus zwischen Menschengruppen in deren Biologie verwurzelt wäre. Er leitet seine Annahmen aus blutigen Territorialkämpfen von Schimpansen ab, mit denen der Mensch „mehr als 98 % seiner DNA teilt“. Sapolsky behauptet, dass die „Dynamik der Identität innerhalb von Menschengruppen, darunter auch das Wiederaufleben von Nationalismus – möglicherweise eine der destruktivsten Formen des ‚in-group bias’ [Bevorzugung jener Gruppe, der man sich zugehörig fühlt] –, nur zu verstehen ist, wenn man die biologischen und kognitiven Annahmen, denen sie zugrunde liegen, begreift.“

Wenn Sapolsky wirklich so argumentiert, ist das aber keine legitime Schlußfolgerung, denn es könnte sein, daß bereits die territorialen oder kulturellen Unterschiede zwischen den Schimpansengruppen die Aggressionen begünstigen und es dazu gar keine biologischen Unterschiede, Hautfarben usw. braucht. Ich habe das Original nicht gelesen, aber wird Sapolsky hier nun einigermaßen richtig wiedergegeben oder nicht?


Soviel ich weiß, sind Bonobos und Schimpansen mindestens näher verwandt, als Schimpansen und Menschen.
Bonobos sind aggressionsmäßig wesentlich anders als Schimpansen.
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step
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Beitrag(#2191649) Verfasst am: 05.10.2019, 19:00    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Soviel ich weiß, sind Bonobos und Schimpansen mindestens näher verwandt, als Schimpansen und Menschen.
Bonobos sind aggressionsmäßig wesentlich anders als Schimpansen.

Ja, das klingt plausibel, siehe oben. Aber was behauptet denn Sapolsky nun? Ist mir aus smallies Beitrag nicht klar geworden.
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Tarvoc
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Beitrag(#2191650) Verfasst am: 05.10.2019, 19:10    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Aber was behauptet denn Sapolsky nun? Ist mir aus smallies Beitrag nicht klar geworden.

Aus smallies Beiträgen wird mir in letzter Zeit öfters mal nicht klar, was eigentlich behauptet werden soll. Kann aber ohne jede Ironie durchaus auch an mir liegen.
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vrolijke
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Beitrag(#2191651) Verfasst am: 05.10.2019, 19:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Soviel ich weiß, sind Bonobos und Schimpansen mindestens näher verwandt, als Schimpansen und Menschen.
Bonobos sind aggressionsmäßig wesentlich anders als Schimpansen.

Ja, das klingt plausibel, siehe oben. Aber was behauptet denn Sapolsky nun? Ist mir aus smallies Beitrag nicht klar geworden.

Soviel ich verstanden habe, dass das Territorium und Verhalten in Bezug stehen. Ist dann das Territorium von Schimpansen und Bonobos so unterschiedlich?
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Beitrag(#2191655) Verfasst am: 05.10.2019, 19:35    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Aber was behauptet denn Sapolsky nun? Ist mir aus smallies Beitrag nicht klar geworden.
Soviel ich verstanden habe, dass das Territorium und Verhalten in Bezug stehen. Ist dann das Territorium von Schimpansen und Bonobos so unterschiedlich?

Aber oben heißt es, WSWS behaupte, daß Sapolsky behaupte, "... dass der Antagonismus zwischen Menschengruppen in deren Biologie verwurzelt wäre". Mir ist nicht klar, wie das aus der Territoriums-Aggressions-These abzuleiten wäre, selbst wenn diese stimmt.
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Beitrag(#2191657) Verfasst am: 05.10.2019, 20:35    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Aber was behauptet denn Sapolsky nun? Ist mir aus smallies Beitrag nicht klar geworden.
Soviel ich verstanden habe, dass das Territorium und Verhalten in Bezug stehen. Ist dann das Territorium von Schimpansen und Bonobos so unterschiedlich?

Aber oben heißt es, WSWS behaupte, daß Sapolsky behaupte, "... dass der Antagonismus zwischen Menschengruppen in deren Biologie verwurzelt wäre". Mir ist nicht klar, wie das aus der Territoriums-Aggressions-These abzuleiten wäre, selbst wenn diese stimmt.

Das ist relativ einfach: Territorialverhalten ist per se aggressiv: Da besteht immer einer bzw. eine Gruppe, der oder die darauf besteht, einen bestimmten Lebensraum für sich selbst zu nutzen, d.h. alle anderen zu vertreiben. Es ist ein Verhalten, dass sehr früh im Tierreich beginnt, ganz bekannt ist es z.B. bei Ameisen, die alle umbringen, die nicht den eigenen Stallgeruch haben, und sich von da an durch das gesamte Tierreich zieht.

Ich weiß im Moment nicht, ob es da Arbeiten zu gibt, aber so wie Evolution arbeitet, würde es mich gar nicht wundern, wenn die Territorialität auch die Basis späterer Gruppenzusammenhalte darstellt.

Was solche einfachen Übertragungen bei Menschen allerdings etwas schwieriger macht, ist, dass bei dem praktisch alles kulturell übersteuerbar ist, wenn auch nicht alles in gleicher Weise. Schon alleine, dass wir eine Gruppenbeziehung ohne Rücksicht auf echte Verwandschaft über rein kulturelle Veranstaltungen wie Nation oder Religion herstellen können, spricht Bände.

Aber auch das ist mit Vorsicht zu genießen, weil unsere Sozialisation erheblich schwerer wiegt, als einige uns glauben machen wollen: Deshalb verweise ich da regelmäßig drauf, obwohl ich davon ausgehen kann, dass es nicht wirklich verstanden wird: Unsere evolutionäre Entwicklung zum heutigen homo sapiens wäre nicht möglich gewesen, wenn Kinder im normalen Generationswechsel wirklich große Freiheiten darin hätten, von der Kultur ihrer Eltern abzuweichen. Tomasello hat zwar nicht auf diesen Zusammenhang hingewiesen, aber dass er nachgewiesen hat, dass es gerade das Verstandestier Mensch ist, das vor allem über Nachahmung lernt und nicht durch Verständnis, zeigt, wie diese Evolution möglich war.
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Beitrag(#2191660) Verfasst am: 05.10.2019, 22:46    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Territorialverhalten ist per se aggressiv: Da besteht immer einer bzw. eine Gruppe, der oder die darauf besteht, einen bestimmten Lebensraum für sich selbst zu nutzen, d.h. alle anderen zu vertreiben. Es ist ein Verhalten, dass sehr früh im Tierreich beginnt, ganz bekannt ist es z.B. bei Ameisen, die alle umbringen, die nicht den eigenen Stallgeruch haben, und sich von da an durch das gesamte Tierreich zieht.

Ja, das ist mir schon klar. Du verwendest ja nun nicht umsonst den Begriff "Stallgeruch" - selbst wenn Ameisen das tun, sie nehmen den Stallgeruch ja "kontingent" an, also ähnlich wie Menschen einer Kultur Ähnliches essen. Soll es dann auch bei menschlichem Rassismus nicht die Hautfarbe sein, sondern die Frage, in welcher Gemeinschaft jemand aufgewachsen ist?
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smallie
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Beitrag(#2191736) Verfasst am: 06.10.2019, 22:05    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
WSWS hat folgendes geschrieben:
In der aktuellen Ausgabe der Foreign Affairs argumentiert der Neurologe Robert Sapolsky, dass der Antagonismus zwischen Menschengruppen in deren Biologie verwurzelt wäre. Er leitet seine Annahmen aus blutigen Territorialkämpfen von Schimpansen ab, mit denen der Mensch „mehr als 98 % seiner DNA teilt“. Sapolsky behauptet, dass die „Dynamik der Identität innerhalb von Menschengruppen, darunter auch das Wiederaufleben von Nationalismus – möglicherweise eine der destruktivsten Formen des ‚in-group bias’ [Bevorzugung jener Gruppe, der man sich zugehörig fühlt] –, nur zu verstehen ist, wenn man die biologischen und kognitiven Annahmen, denen sie zugrunde liegen, begreift.“

Wenn Sapolsky wirklich so argumentiert, ist das aber keine legitime Schlußfolgerung, denn es könnte sein, daß bereits die territorialen oder kulturellen Unterschiede zwischen den Schimpansengruppen die Aggressionen begünstigen und es dazu gar keine biologischen Unterschiede, Hautfarben usw. braucht.

Ja, das ist das relevante Argument. Nicht nur bei den Schimpansen, sondern auch beim Menschen.

WSWS hat folgendes geschrieben:
Die Essays des Magazins kreisen um die zentrale Prämisse, dass die gesamte amerikanische Geschichte im Rassenhass verwurzelt ist, ganz besonders dem unkontrollierten Hass der „Weißen“ auf „Schwarze“. Hannah-Jones schreibt dazu in der Einleitung: „Der Rassismus gegen Schwarze steckt in der DNA dieses Landes.“

Ein spezieller Haß Weißer auf Schwarze läßt sich evolutionär kaum begründen. Weiße standen Jahrtausende lang nicht in Kontakt mit Schwarzen, wie hätte sich da eine genetische Abneigung gegen Schwarze entwickeln sollen?


step hat folgendes geschrieben:
Ich habe das Original nicht gelesen, aber wird Sapolsky hier nun einigermaßen richtig wiedergegeben oder nicht?

Verkürzt, denke ich. Von Schimpansenkriegen unmittelbar auf moderne Menschenkriege zu schließen, läßt einen Schritt aus. Frühmenschen waren friedlicher als beide - so zumindest die These.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
... Schimpansen werden durch ihre Lebensumstände auf ein bestimmtes Sozialverhalten festgenagelt. Ihre Nahrungsquellen sind weit verstreut, Weibchen können sie nur einzeln oder in Kleingruppen aufsuchen, so daß das Alpha-Männchen die Möglichkeit hat, fruchtbare Weibchen für zu monopolisieren. Die Bonobos hingegen können in größeren Gruppen auf Nahrungssuche gehen. Was passiert? Die Weibchen koalieren und geben Möchtegern-Alphas Saures, wenn sie zu forsch werden.

Ähnliches ist ziemlich sicher auch beim kulturfähigen Frühmenschen passiert. Die hierarchische Sozialstruktur aufzugeben war ein Überlebensvorteil, gegenüber Stämmen, die ein hierarchisches, krankmachendes System behielten.

Das klingt für mich einigermaßen plausibel. Ist aber als biologische Begründung für Rassismus gerade nicht so brauchbar, oder?

Natürlich nicht. Hab' dummerweise vergessen zu sagen, was ich mit den Zeilen sagen wollte.

Ich denke nicht, daß Rassismus in Sinne von Abneigung gegen bestimmte Hautfarben genetisch bedingt ist. Eher kann ich mir soetwas vorstellen:

- Setze zwei Weiße auf eine einsame Insel und sie werden kooperieren.
- Setze eine Weißen und einen Schwarzen auf eine Insel, und sie werden kooperieren
- Setze eine Gruppe Weißer und eine andere Gruppe Weißer mit anderer Sprache und anderen Traditionen auf die Insel, gib etwas Ressourcenknappheit dazu, und du erhältst einen ethnischen Konflikt.
- Dann setze auf die gleiche Insel noch eine Gruppe Schwarzer ...



step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
WSWS hat folgendes geschrieben:
Sapolskys plumper Versuch, die Geschichtsschreibung in der Biologie aufzulösen, ist mehr als eine reaktionäre Wiederbelebung des „Sozialdarwinismus“, der seinerseits dazu diente, die imperialistischen Eroberungen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zu legitimieren. Er tritt damit zugleich in die Tradition deutscher Genforscher, die auf dieselbe pseudowissenschaftliche Weise den Antisemitismus und Rassismus der Nationalsozialisten rechtfertigten.

Man stellt Sapolsky in die Nazi-Ecke.

Abgesehen davon ist "Sozialdarwinismus" ja gerade keine originär biologische Kategorie, obwohl ein Biologe für den Namen herhalten mußte.

Es passt zum damaligen Geistesklima, daß "Kampf ums Dasein" als kriegerischer Konflikt ausgelegt wurde. Bedeutungen wie: "Pflanze kämpft gegen Trockenheit" gingen dabei verloren. Die andere Seite wurde nicht gesehen, nämlich daß Kooperation oft eine bessere Strategie als Kampf ist,.

Den Sieg der Alliierten im zweiten Weltkrieg könnte ich auch als Sozialdarwinismus verstehen. Wird allgemeint nicht so gesehen. Womit ich nicht mehr genau weiß, was Sozialdarwinismus ist.

Darüber hinaus verschweigt das Zitat wie es zu den "imperialistischen Eroberungen" des 16./17./18. Jahrhundert kam. Das klappte auch ohne Sozialdarwinismus-Theorie recht gut.
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fwo
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Beitrag(#2191757) Verfasst am: 07.10.2019, 13:45    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Territorialverhalten ist per se aggressiv: Da besteht immer einer bzw. eine Gruppe, der oder die darauf besteht, einen bestimmten Lebensraum für sich selbst zu nutzen, d.h. alle anderen zu vertreiben. Es ist ein Verhalten, dass sehr früh im Tierreich beginnt, ganz bekannt ist es z.B. bei Ameisen, die alle umbringen, die nicht den eigenen Stallgeruch haben, und sich von da an durch das gesamte Tierreich zieht.

Ja, das ist mir schon klar. Du verwendest ja nun nicht umsonst den Begriff "Stallgeruch" - selbst wenn Ameisen das tun, sie nehmen den Stallgeruch ja "kontingent" an, also ähnlich wie Menschen einer Kultur Ähnliches essen. Soll es dann auch bei menschlichem Rassismus nicht die Hautfarbe sein, sondern die Frage, in welcher Gemeinschaft jemand aufgewachsen ist?

Ja, aber das wird in "Notzeiten", das heißt Zeiten einer objektiven oder subjektiven Gefährdung tendenziell wahrscheinlich bereits an äußerlichen Zeichen festgemacht. Auf der militärischen Ebene bedeutet das, dass der feindliche Soldat ohne die feindliche Uniform im Zweifelsfall als Spion zu erschießen ist - in Notzeichen besteht also eine Kennzeichnungspflicht. In islamischen Ländern ist das Zeichen die bedingungslose Teilnahme an den Regeln, die die Religion setzt. Über eine derart verpflichtende Religion verfügen wir nicht mehr, eigentlich sind wir auch nicht immer noch Not, aber wenn, werden andere Zeichen zur Versicherung genommen.

Bei unserer "Linken" sind es im Moment die öffentlichen Zusicherungen, gegen Rassismus zu sein, die als Vereinsmerkmal genommen werden, um jeden als rechtsradikal zu verdammen, der sich nicht sofort anschließt, wobei der Rassismus immer verwaschener definiert wird, um überhaupt noch existent zu sein und als Signal zur Verfügung zu stehen. Wir haben es auch hier mit einer gewissen Kennzeichnungspflicht zu tun, wenn man sich nicht verdächtig machen will - aber das nur, weil hier im Forum gerade die "Dogwhistle" so bemüht wird.

Es handelt sich also um Vorgänge, die eher unbewusst ablaufen und in jeder Gruppe ablaufen, die sich bedroht fühlt. Das Problem fängt also da an, wo man die Menschen in Gruppen aufteilt und diese Gruppenbildung so verstärkt: Die Unterstützung der Ausländer als Gruppe durch eine "gleichberechtigte Teilhabe" (die natürlich am Ergebnis gemessen wird) schafft diese und stabilisiert sie in ihrem Ausländersein, anstatt eine Integration zu fördern, weil bereits dieses Ausländersein zu einem Anspruch führt, der nach der Integration wegfällt. Gleichzeitig schafft diese positive Diskriminierung eine Gegengruppe, die sich nicht an den Kosten einer beteiligen will und ein eigenes Identifikationsmerkmal findet.

Deshalb wäre mein Tipp: Wenn Du etwas gegen diese Forme des Rassismus tun willst, verhindere die die Gruppenbildung. Wer keine negative Diskriminierung haben will, sollte nicht mit einer positiven anfangen, sondern sich mit seiner Förderung auf die Ebene des Einzelnen begeben, sich also um das kümmern, was man früher mal Chancengleichheit genannt hat, und nicht versuchen, die mit einer Ergebnisgerechtigkeit zu verwechseln.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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vrolijke
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Beitrag(#2191759) Verfasst am: 07.10.2019, 15:13    Titel: Antworten mit Zitat

Mal was grundsätzliches.
Ist es nicht so, dass Gruppen mit mehr als 150 mitglieder keine Gemeinschaft bilden können, wenn sie nicht gemeinsam mindestens einen Fetisch, Ideologie, what ever* haben, woran alle Mitglieder glauben.

* Geld, Grundgesetz, Religion etc gehören alle dazu.

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fwo
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Beitrag(#2191760) Verfasst am: 07.10.2019, 17:29    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Mal was grundsätzliches.
Ist es nicht so, dass Gruppen mit mehr als 150 mitglieder keine Gemeinschaft bilden können, wenn sie nicht gemeinsam mindestens einen Fetisch, Ideologie, what ever* haben, woran alle Mitglieder glauben.

* Geld, Grundgesetz, Religion etc gehören alle dazu.
....

Du hättest das Fragezeichen, das von der Satzstellung gefordert wird, besser gesetzt.

So ein Unsinn kommt dabei heraus, wenn irgendwelche Weisheiten aus der sonstigen Zoologie direkt auf die Menschen übertragen werden: Es sind in der übrigen Zoologie keine Gruppen über 150 auf der Basis des persönlichen Kennens bekannt.

Aber der Mensch hat es aufgrund seiner Möglichkeit, Kultur zu akkumulieren, zu einer Sprache gebracht, die ihn in die Lage versetzt hat, nicht nur abstrakt, sondern gemeinsam zu denken - etwas, was von keiner einzigen anderen Tierart auch nur ansatzweise belegt ist. Das hat bei uns sowohl die Sozialstruktur der Gesellschaften als auch die Sozialisation des Individuums auf völlig neue Füße gestellt, so dass die alten Mechanismen sich höchstens in Konfliktsituationen noch tendenziell bemerkbar machen können.

Moderne Gesellschaften bekommen ihren Zusammenhalt entweder durch alles andere mit Gewalt übersteuernde Ideologien, ob es sich da um das mittelalterliche Christentum, den "modernen" Islam, den Kommunismus oder den Faschismus handelt, oder sie bekommen diesen Zusammenhalt durch ein liberal gesteuertes Geflecht aus kleineren Gemeinschaften, die sich gegenseitig durchdringen und so Individuen mit gemischter Identität schaffen, die schwerer bedrohbar sind, weil sie halt gleichzeitig in der SPD, im lokalen Sportverein, im christlichen Gesangverein, in der Feuerwehr und im Heimatverein sind.

Allerdings sind wir mit einer Politisierung der Gesellschaft gerade dabei, diese Verflechtungen zu zerreißen - irgendwo hatte ich gerade die Meldung in der Hand, dass jemand aus dem Fußballverein geschmissen werden soll, weil er NPD-Mitglied ist, kann sein, dass wir hier im Forum auch vor Kurzem eine Feuerwehrmitgliedschaft eines NPD-Mannes diskutiert haben.

Komischerweise wird schon beim Ansprechen der Probleme des Islam regelmäßig eine Radikalisierung der Muslime befürchtet, während man sich von der viel weiter gehenden Isolierung der "Rechten" (wo immer man sie gerade dran zu erkennen meint) ihre Zähmung erwartet. Ich erwarte davon nur eine Spaltung der Gesellschaft.
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Skeptiker
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Beitrag(#2191761) Verfasst am: 07.10.2019, 17:38    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Mal was grundsätzliches.
Ist es nicht so, dass Gruppen mit mehr als 150 mitglieder keine Gemeinschaft bilden können, wenn sie nicht gemeinsam mindestens einen Fetisch, Ideologie, what ever* haben, woran alle Mitglieder glauben.

* Geld, Grundgesetz, Religion etc gehören alle dazu.
....

Du hättest das Fragezeichen, das von der Satzstellung gefordert wird, besser gesetzt.

So ein Unsinn kommt dabei heraus, wenn irgendwelche Weisheiten aus der sonstigen Zoologie direkt auf die Menschen übertragen werden: Es sind in der übrigen Zoologie keine Gruppen über 150 auf der Basis des persönlichen Kennens bekannt.

Aber der Mensch hat es aufgrund seiner Möglichkeit, Kultur zu akkumulieren, zu einer Sprache gebracht, die ihn in die Lage versetzt hat, nicht nur abstrakt, sondern gemeinsam zu denken - etwas, was von keiner einzigen anderen Tierart auch nur ansatzweise belegt ist. Das hat bei uns sowohl die Sozialstruktur der Gesellschaften als auch die Sozialisation des Individuums auf völlig neue Füße gestellt, so dass die alten Mechanismen sich höchstens in Konfliktsituationen noch tendenziell bemerkbar machen können.

Moderne Gesellschaften bekommen ihren Zusammenhalt entweder durch alles andere mit Gewalt übersteuernde Ideologien, ob es sich da um das mittelalterliche Christentum, den "modernen" Islam, den Kommunismus oder den Faschismus handelt, oder sie bekommen diesen Zusammenhalt durch ein liberal gesteuertes Geflecht aus kleineren Gemeinschaften, die sich gegenseitig durchdringen und so Individuen mit gemischter Identität schaffen, die schwerer bedrohbar sind, weil sie halt gleichzeitig in der SPD, im lokalen Sportverein, im christlichen Gesangverein, in der Feuerwehr und im Heimatverein sind.

Allerdings sind wir mit einer Politisierung der Gesellschaft gerade dabei, diese Verflechtungen zu zerreißen - irgendwo hatte ich gerade die Meldung in der Hand, dass jemand aus dem Fußballverein geschmissen werden soll, weil er NPD-Mitglied ist, kann sein, dass wir hier im Forum auch vor Kurzem eine Feuerwehrmitgliedschaft eines NPD-Mannes diskutiert haben.

Komischerweise wird schon beim Ansprechen der Probleme des Islam regelmäßig eine Radikalisierung der Muslime befürchtet, während man sich von der viel weiter gehenden Isolierung der "Rechten" (wo immer man sie gerade dran zu erkennen meint) ihre Zähmung erwartet. Ich erwarte davon nur eine Spaltung der Gesellschaft.


Hast du schon wieder Angst um deine Rechten? Cool
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Beitrag(#2191762) Verfasst am: 07.10.2019, 17:41    Titel: Antworten mit Zitat

Nazis sind nicht integrierbar. Wer was anderes meint, darf gerne ein paar von denen in seinem Wohnzimmer beherbergen. Cool
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Beitrag(#2191763) Verfasst am: 07.10.2019, 18:04    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Mal was grundsätzliches.
Ist es nicht so, dass Gruppen mit mehr als 150 mitglieder keine Gemeinschaft bilden können, wenn sie nicht gemeinsam mindestens einen Fetisch, Ideologie, what ever* haben, woran alle Mitglieder glauben.

* Geld, Grundgesetz, Religion etc gehören alle dazu.
....

Du hättest das Fragezeichen, das von der Satzstellung gefordert wird, besser gesetzt.

So ein Unsinn kommt dabei heraus, wenn irgendwelche Weisheiten aus der sonstigen Zoologie direkt auf die Menschen übertragen werden: Es sind in der übrigen Zoologie keine Gruppen über 150 auf der Basis des persönlichen Kennens bekannt.

Aber der Mensch hat es aufgrund seiner Möglichkeit, Kultur zu akkumulieren, zu einer Sprache gebracht, die ihn in die Lage versetzt hat, nicht nur abstrakt, sondern gemeinsam zu denken - etwas, was von keiner einzigen anderen Tierart auch nur ansatzweise belegt ist. Das hat bei uns sowohl die Sozialstruktur der Gesellschaften als auch die Sozialisation des Individuums auf völlig neue Füße gestellt, so dass die alten Mechanismen sich höchstens in Konfliktsituationen noch tendenziell bemerkbar machen können.

Moderne Gesellschaften bekommen ihren Zusammenhalt entweder durch alles andere mit Gewalt übersteuernde Ideologien, ob es sich da um das mittelalterliche Christentum, den "modernen" Islam, den Kommunismus oder den Faschismus handelt, oder sie bekommen diesen Zusammenhalt durch ein liberal gesteuertes Geflecht aus kleineren Gemeinschaften, die sich gegenseitig durchdringen und so Individuen mit gemischter Identität schaffen, die schwerer bedrohbar sind, weil sie halt gleichzeitig in der SPD, im lokalen Sportverein, im christlichen Gesangverein, in der Feuerwehr und im Heimatverein sind.

Allerdings sind wir mit einer Politisierung der Gesellschaft gerade dabei, diese Verflechtungen zu zerreißen - irgendwo hatte ich gerade die Meldung in der Hand, dass jemand aus dem Fußballverein geschmissen werden soll, weil er NPD-Mitglied ist, kann sein, dass wir hier im Forum auch vor Kurzem eine Feuerwehrmitgliedschaft eines NPD-Mannes diskutiert haben.

Komischerweise wird schon beim Ansprechen der Probleme des Islam regelmäßig eine Radikalisierung der Muslime befürchtet, während man sich von der viel weiter gehenden Isolierung der "Rechten" (wo immer man sie gerade dran zu erkennen meint) ihre Zähmung erwartet. Ich erwarte davon nur eine Spaltung der Gesellschaft.


Hast du schon wieder Angst um deine Rechten? Cool


Wenn überhaupt, dann sind das unsere Rechten und nicht nur seine. Nein, so geht das nicht! Hier wird alles gerecht geteilt. Smilie
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Beitrag(#2191764) Verfasst am: 07.10.2019, 18:05    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Nazis sind nicht integrierbar. Wer was anderes meint, darf gerne ein paar von denen in seinem Wohnzimmer beherbergen. Cool


Kommt drauf an worin man sie integrieren will. Cool
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Tarvoc
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Beitrag(#2191765) Verfasst am: 07.10.2019, 18:20    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Komischerweise wird schon beim Ansprechen der Probleme des Islam regelmäßig eine Radikalisierung der Muslime befürchtet, während man sich von der viel weiter gehenden Isolierung der "Rechten" (wo immer man sie gerade dran zu erkennen meint) ihre Zähmung erwartet.

Ach was. Das Problem heute besteht doch nicht darin, dass der rechte Rand "sich radikalisiert". Die sind schon lange so radikal wie es nur geht. Das Problem besteht darin, dass sie mehr Leute in ihre Richtung ziehen können als früher - also u.A. dass es mehr und zunehmend wirksamere "Pipelines" gibt. Und das ist so, weil man zugelassen hat, dass sie zunehmend größere Teile der Öffentlichkeit und des öffentlichen Raumes an sich ziehen. Die einzige Entschuldigung, die es dafür gibt, ist, dass man das nicht sofort durchschaut hat. Aber diese Entschuldigung zieht langsam auch nicht mehr.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Beitrag(#2191766) Verfasst am: 07.10.2019, 18:29    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Komischerweise wird schon beim Ansprechen der Probleme des Islam regelmäßig eine Radikalisierung der Muslime befürchtet, während man sich von der viel weiter gehenden Isolierung der "Rechten" (wo immer man sie gerade dran zu erkennen meint) ihre Zähmung erwartet.

Ach was. Das Problem heute besteht doch nicht darin, dass der rechte Rand "sich radikalisiert". Die sind schon lange so radikal wie es nur geht. Das Problem besteht darin, dass sie mehr Leute in ihre Richtung ziehen können als früher - also u.A. dass es mehr und zunehmend wirksamere "Pipelines" gibt. Und das ist so, weil man zugelassen hat, dass sie zunehmend größere Teile der Öffentlichkeit und des öffentlichen Raumes an sich ziehen.

Nö. Weil es auf der Gegenseite nichts zugkräftiges mehr gibt, was dagegen ziehen könnte.
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