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Wanderer Bestienbändiger
Anmeldungsdatum: 19.07.2003 Beiträge: 3496
Wohnort: Bielefeld
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(#307049) Verfasst am: 21.06.2005, 21:38 Titel: Das Rousseau'sche Demokratiemodell |
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Nachdem ich mich etwas mit den Unterschieden der Identitäts- und der Konkurrenztheorie auseinandergesetzt habe, muss ich doch sagen, dass sich mir Rousseaus Modell sehr im Kopf festgefressen hat. Frei nach dem Motto: Wenn schon ein richtig abgedrehtes Modell (à la Kommunismus, Technokratischer Sozialismus, Kapitalismus oder Liberalismus), wieso dann nicht ein richtig sehr abgedrehtes Modell?
Hier der Wikipedia-Link dazu.
Aber ich versuche auch einmal, einige der wesentlichen Merkmale des Modells aufzuzählen:
Man stelle sich eine homogene Gesellschaft vor, die durch einen gemeinsamen Konsens in einem ähnlichen Umfeld miteinander leben möchten. Die Menschen sind alle so vernunftbegabt und politisch interessiert sowie -gebildet, dass sie eingesehen haben, dass das Wohl aller auch zum Wohl des Einzelnen führt. Dies setzt vorraus, dass es keine Gruppeninteressen (beispielsweise in Form von Gewerkschaften oder Religionen, in denen nur ein Teil der Gesellschaft Mitglied ist) gibt. Denn durch Gruppeninteressen würde der Wille des Einzelnen Übergangen.
Hat man nun ein Problem oder dergleichen von gemeinschaftsrelevanten Ausmaß, so wird eine Volksversammlung einberufen, in der jedes Mitglied der Gemeinschaft auch Mitglied ist.
Hier wird nun nicht abgestimmt, was zu tun ist (wie wir es beispielsweise aus unserem Demokratiemodell kennen), sondern alle diskutieren so lange miteinander, bis sich jeder bewusst geworden ist, welcher der fürs Gemeinwohl sinnvollste Ansatz ist, der dann anschließend verwirklicht wird.
Es gibt in diesem Sinne also keine richtigen Organe des Staates (eigentlich gibt es nicht einmal letzteren ...).
Wird beispielsweise beschlossen, dass eine Stadt oder ein Dorf weiter ausgebaut werden soll, so bestimmt die Volksversammlung diejenigen Leute dafür, die dessen knorke in der Lage sind, und die dies auch gerne tun werden, weil es schließlich dem Allgemeinwohl förderlich ist.
Natürlich ist es herzlich schwierig, sich dieses Modell in unserer Gesellschaft oder alleine schon unserem Umfeld vortzstellen, daher finde ich die Idee, das Gedankenspiel auf einer kleinen Insel anzusiedeln, etwas praktikabler.
Ich finde alleine schon den anachistisch-anmutenden Ansatz, der von einer völlig herrschaftsfreien Gesellschaft ausgeht, interessant. Wie denkt ihr darüber?
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#307065) Verfasst am: 21.06.2005, 21:51 Titel: |
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Das ist natürlich das Ideal einer Gesellschaft, wird aber wohl leider nie funktionieren.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#307070) Verfasst am: 21.06.2005, 21:56 Titel: |
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Brandt hat folgendes geschrieben: | Das ist natürlich das Ideal einer Gesellschaft, wird aber wohl leider nie funktionieren. |
www.auroville.de
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#307074) Verfasst am: 21.06.2005, 22:01 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Brandt hat folgendes geschrieben: | Das ist natürlich das Ideal einer Gesellschaft, wird aber wohl leider nie funktionieren. |
www.auroville.de  |
Wäre schön, wenn das funktioniert. Allerdings denke ich, dass es irgendwo immer jemanden gibt der oppuniert.
Ach und nebenbei:
Zitat: | Die Charta von Auroville
1. Auroville gehört niemandem im besonderen. Auroville gehört der ganzen Menschheit. Aber um in Auroville zu leben, muß man bereit sein, dem Göttlichen Bewußtsein zu dienen. |
Auroville
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#307078) Verfasst am: 21.06.2005, 22:06 Titel: |
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Zitat: | Die Charta von Auroville
1. Auroville gehört niemandem im besonderen. Auroville gehört der ganzen Menschheit. Aber um in Auroville zu leben, muß man bereit sein, dem Göttlichen Bewußtsein zu dienen. |
Meines Wissens ist damit eher ein pantheistisches Verständnis dieses Begriffs gemeint, also eines, welches dem ähnelt, was auch manche westlichen Aufklärer (z.B. Spinoza) vertraten.
Soweit mir bekannt ist, sind Atheisten und Agnostiker dort prinzipiell willkommen. Ich kenne jedenfalls einen Atheisten, der dort eine Zeit verbracht hat...
Ach ja, by the way:
Zitat: | Die Auroville Community ist weder eine religiöse noch eine politische Organisation und darf nicht als Basis für entsprechende Aktivitäten benutzt werden. |
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#307093) Verfasst am: 21.06.2005, 22:26 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Die Charta von Auroville
1. Auroville gehört niemandem im besonderen. Auroville gehört der ganzen Menschheit. Aber um in Auroville zu leben, muß man bereit sein, dem Göttlichen Bewußtsein zu dienen. |
Meines Wissens ist damit eher ein pantheistisches Verständnis dieses Begriffs gemeint, also eines, welches dem ähnelt, was auch manche westlichen Aufklärer (z.B. Spinoza) vertraten.
Soweit mir bekannt ist, sind Atheisten und Agnostiker dort prinzipiell willkommen. Ich kenne jedenfalls einen Atheisten, der dort eine Zeit verbracht hat... |
Kann ja alles sein, klingt totzdem schwülstig. Und warum gibt es dort überhaupt Regeln? Nach dem Rousseau'schen Modell müsste alle Entscheidungen auf einem Konsens beruhen. Regeln im Vorraus festzulegen widerspricht dem.
Zitat: | Ach ja, by the way:
Zitat: | Die Auroville Community ist weder eine religiöse noch eine politische Organisation und darf nicht als Basis für entsprechende Aktivitäten benutzt werden. |
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Wär ja noch schöner.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#307098) Verfasst am: 21.06.2005, 22:35 Titel: |
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Brandt hat folgendes geschrieben: | Und warum gibt es dort überhaupt Regeln? Nach dem Rousseau'schen Modell müsste alle Entscheidungen auf einem Konsens beruhen. Regeln im Vorraus festzulegen widerspricht dem. |
Das ist sozusagen richtig. Die Auroville-Society will sich ja eigentlich nicht an Rousseau orientieren...
Aber von dem, was ich - natürlich nur aus 2. Hand, ich war noch nicht selbst dort - darüber weiss, kommt es dem Rousseau'schen Modell doch recht nahe.
Rousseau befürwortete ja auch die "Naturnähe" (bzw. den "Naturzustand")...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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max registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.07.2003 Beiträge: 3055
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(#307099) Verfasst am: 21.06.2005, 22:37 Titel: |
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Wanderer hat folgendes geschrieben: | Ich finde alleine schon den anachistisch-anmutenden Ansatz, der von einer völlig herrschaftsfreien Gesellschaft ausgeht, interessant. Wie denkt ihr darüber? |
Es ist im Endeffekt recht ähnliche zu meinem politischen Ziel: dem Kommunismus. Mal abgesehen von der damaligen Sprache und der Frage, wie man zu eine solchen Gesellschaft kommt (war Rousseau Idealist oder wie wollte er dieses Modell verwirklichen?), gibt es nichts zu kritisieren.
Denen, die meinen, dass es eine bessere Gesellschaft nicht geben kann, sei gesagt, dass es ihre Argumentation z.B. auch schon im Feudalismus gab - aber es heute keinen Feudalismus mehr gibt.
_________________ Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!
The only general I like is called strike
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#307101) Verfasst am: 21.06.2005, 22:38 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Brandt hat folgendes geschrieben: | Und warum gibt es dort überhaupt Regeln? Nach dem Rousseau'schen Modell müsste alle Entscheidungen auf einem Konsens beruhen. Regeln im Vorraus festzulegen widerspricht dem. |
Das ist sozusagen richtig. Die Auroville-Society will sich ja eigentlich nicht an Rousseau orientieren...
Aber von dem, was ich - natürlich nur aus 2. Hand, ich war noch nicht selbst dort - darüber weiss, kommt es dem Rousseau'schen Modell doch recht nahe.
Rousseau befürwortete ja auch die "Naturnähe" (bzw. den "Naturzustand")... |
Das erklärt natürlich mein Unverständnis. Aber ich denke es kommt deshalb dem Rousseau'schen Modell so nahe, weil man sich dort freiwillig aufhält. Wer kein Interesse daran hat, geht auch nicht dort hin. Würde man das Modell auf die ganze Welt ausdehnen, gäbe es wahrscheinlich Schwierigkeiten.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#307103) Verfasst am: 21.06.2005, 22:41 Titel: |
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Brandt hat folgendes geschrieben: | Aber ich denke, es kommt deshalb dem Rousseau'schen Modell so nahe, weil man sich dort freiwillig aufhält. |
Könnte sein, ja...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#307106) Verfasst am: 21.06.2005, 22:44 Titel: |
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max hat folgendes geschrieben: | Es ist im Endeffekt recht ähnliche zu meinem politischen Ziel: dem Kommunismus. |
Der Kommunismus ist auch eine derartige Möglichkeit, ja...
(Dass Marx von Rousseau beeinflusst war, ist ja keine sooo neue Erkenntnis...)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Dominik ...
Anmeldungsdatum: 16.10.2004 Beiträge: 1341
Wohnort: Deutschland
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(#308001) Verfasst am: 24.06.2005, 14:15 Titel: |
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Hab gelesen, dass die Prärieindianer auch zu einheitlichen Entscheidungen durch Diskussionen gekommen sind (Powpow). Berüchtigt für tagelanges Debattieren. Scheint also 1. kein unpraktikabler Gedanke zu sein 2. schon ziemlich alt
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Reschi registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.09.2004 Beiträge: 3073
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(#308003) Verfasst am: 24.06.2005, 14:23 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Rousseau befürwortete ja auch die "Naturnähe" (bzw. den "Naturzustand")... |
Den es leider gar nicht gibt
_________________ You're not fanatical about something that you are sure about
(MacYoung)
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#308004) Verfasst am: 24.06.2005, 14:24 Titel: |
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Dominik hat folgendes geschrieben: | Hab gelesen, dass die Prärieindianer auch zu einheitlichen Entscheidungen durch Diskussionen gekommen sind (Powpow). Berüchtigt für tagelanges Debattieren. Scheint also 1. kein unpraktikabler Gedanke zu sein 2. schon ziemlich alt |
zu 1. Ich bin mir sicher, dass es in kleinen Gemeinschaften funktionieren würde, aber dort würde die Diskussion schon lange dauern (wie du selbst gesagt hast). Wenn nun aber z.B. in einem Land wie Deutschland jeder der etwa 80.000.000 Einwohner zu einer Diskussion einen Beitrag von einer Minute beisteuern würde, bräuchte man gute 150 Jahre dafür (und dann hat man noch nicht über Meinungsverschiedenheiten gesprochen).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#308008) Verfasst am: 24.06.2005, 14:29 Titel: |
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Reschi hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Rousseau befürwortete ja auch die "Naturnähe" (bzw. den "Naturzustand")... |
Den es leider gar nicht gibt. |
Jedenfalls nicht so, wie Rousseau ihn sich vorstellte.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Dominik ...
Anmeldungsdatum: 16.10.2004 Beiträge: 1341
Wohnort: Deutschland
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(#308010) Verfasst am: 24.06.2005, 14:37 Titel: |
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Brandt hat folgendes geschrieben: | Dominik hat folgendes geschrieben: | Hab gelesen, dass die Prärieindianer auch zu einheitlichen Entscheidungen durch Diskussionen gekommen sind (Powpow). Berüchtigt für tagelanges Debattieren. Scheint also 1. kein unpraktikabler Gedanke zu sein 2. schon ziemlich alt |
zu 1. Ich bin mir sicher, dass es in kleinen Gemeinschaften funktionieren würde, aber dort würde die Diskussion schon lange dauern (wie du selbst gesagt hast). Wenn nun aber z.B. in einem Land wie Deutschland jeder der etwa 80.000.000 Einwohner zu einer Diskussion einen Beitrag von einer Minute beisteuern würde, bräuchte man gute 150 Jahre dafür (und dann hat man noch nicht über Meinungsverschiedenheiten gesprochen). |
Ich verteidige dieses Modell ja garnicht. Mir schwebt Basisdemokratie vor.
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#308013) Verfasst am: 24.06.2005, 14:39 Titel: |
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Dominik hat folgendes geschrieben: | Brandt hat folgendes geschrieben: | Dominik hat folgendes geschrieben: | Hab gelesen, dass die Prärieindianer auch zu einheitlichen Entscheidungen durch Diskussionen gekommen sind (Powpow). Berüchtigt für tagelanges Debattieren. Scheint also 1. kein unpraktikabler Gedanke zu sein 2. schon ziemlich alt |
zu 1. Ich bin mir sicher, dass es in kleinen Gemeinschaften funktionieren würde, aber dort würde die Diskussion schon lange dauern (wie du selbst gesagt hast). Wenn nun aber z.B. in einem Land wie Deutschland jeder der etwa 80.000.000 Einwohner zu einer Diskussion einen Beitrag von einer Minute beisteuern würde, bräuchte man gute 150 Jahre dafür (und dann hat man noch nicht über Meinungsverschiedenheiten gesprochen). |
Ich verteidige dieses Modell ja garnicht. |
Ich bin auch kein verbitterter Feind dieses Modells.
Zitat: | Mir schwebt Basisdemokratie vor. |
Wie genau stellst du dir diese vor?
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Dominik ...
Anmeldungsdatum: 16.10.2004 Beiträge: 1341
Wohnort: Deutschland
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(#308025) Verfasst am: 24.06.2005, 15:11 Titel: |
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Basisdemokratie funktioniert wie in der Schule; eine Kleine Gruppe wählt den Klassensprecher, die Klassensprecher wählen den Schulsprecher, die Schulsprecher wählen den Bürgermeister, die Bürgermeister wählen... Ministerpräsidenten... Präsident...
Im Unterschied zu unserem System ist der "Abgeordnete" an sein Wahlversprechen gebunden (Ein Wahlversprechen muß er einhalten, sonst macht er sich strafbar). Bei uns ist das anders, der Abgeordnete ist nur "seinem Gewissen verpflichtet".
In der UDSSR war Basisdemokratie verwirklicht, auch die Grünen sind Parteiintern so strukturiert und streben, wie die PDS dieses System für die BRD an.
Hat den Vorteil, dass man den, den man wählt, selber kennt. Man ist nicht auf Medienfärberei angewiesen.
Arbeiter und Soldatenräte waren ebenfalls meines WIssens Basisdemokratisch. Selbst Bayern unter Kurt Eisner hatte also ein paar Monate Basisdemokratie (bis er erschossen wurde)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#308026) Verfasst am: 24.06.2005, 15:14 Titel: |
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Dominik hat folgendes geschrieben: | In der UdssR war Basisdemokratie verwirklicht. |
Wann???
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#308027) Verfasst am: 24.06.2005, 15:18 Titel: |
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Dominik hat folgendes geschrieben: | Basisdemokratie funktioniert wie in der Schule; eine Kleine Gruppe wählt den Klassensprecher, die Klassensprecher wählen den Schulsprecher, die Schulsprecher wählen den Bürgermeister, die Bürgermeister wählen... Ministerpräsidenten... Präsident...
Im Unterschied zu unserem System ist der "Abgeordnete" an sein Wahlversprechen gebunden (Ein Wahlversprechen muß er einhalten, sonst macht er sich strafbar). Bei uns ist das anders, der Abgeordnete ist nur "seinem Gewissen verpflichtet".
In der UDSSR war Basisdemokratie verwirklicht, auch die Grünen sind Parteiintern so strukturiert und streben, wie die PDS dieses System für die BRD an.
Hat den Vorteil, dass man den, den man wählt, selber kennt. Man ist nicht auf Medienfärberei angewiesen.
Arbeiter und Soldatenräte waren ebenfalls meines WIssens Basisdemokratisch. Selbst Bayern unter Kurt Eisner hatte also ein paar Monate Basisdemokratie (bis er erschossen wurde) |
Das Problem ist nur, dass bis zur Bundesebene eine Menge Stimmen unter den Tisch fallen. Der Bürgermeister ist nur von mindestens 50% (meist nicht viel mehr) der Bürger legitimiert. Auf die Wahl des Ministerpräsidenten haben dann nur noch ca. 50% der Bevölkerung (indirekt) Einfluss. Auf die Wahl des Präsidenten nur noch ca. 25% und da er ja nur mindestens die Hälfte der Stimmen braucht genügen ihm 12,5% der Bevölkerung. Das finde ich nicht gerecht.
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Dominik ...
Anmeldungsdatum: 16.10.2004 Beiträge: 1341
Wohnort: Deutschland
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(#308028) Verfasst am: 24.06.2005, 15:18 Titel: |
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Meines Wissens bis Stalin gewählt wurde. Aber das Wort gabst damals noch nicht.
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Dominik ...
Anmeldungsdatum: 16.10.2004 Beiträge: 1341
Wohnort: Deutschland
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(#308030) Verfasst am: 24.06.2005, 15:23 Titel: |
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Brandt hat folgendes geschrieben: | Dominik hat folgendes geschrieben: | Basisdemokratie funktioniert wie in der Schule; eine Kleine Gruppe wählt den Klassensprecher, die Klassensprecher wählen den Schulsprecher, die Schulsprecher wählen den Bürgermeister, die Bürgermeister wählen... Ministerpräsidenten... Präsident...
Im Unterschied zu unserem System ist der "Abgeordnete" an sein Wahlversprechen gebunden (Ein Wahlversprechen muß er einhalten, sonst macht er sich strafbar). Bei uns ist das anders, der Abgeordnete ist nur "seinem Gewissen verpflichtet".
In der UDSSR war Basisdemokratie verwirklicht, auch die Grünen sind Parteiintern so strukturiert und streben, wie die PDS dieses System für die BRD an.
Hat den Vorteil, dass man den, den man wählt, selber kennt. Man ist nicht auf Medienfärberei angewiesen.
Arbeiter und Soldatenräte waren ebenfalls meines WIssens Basisdemokratisch. Selbst Bayern unter Kurt Eisner hatte also ein paar Monate Basisdemokratie (bis er erschossen wurde) |
Das Problem ist nur, dass bis zur Bundesebene eine Menge Stimmen unter den Tisch fallen. Der Bürgermeister ist nur von mindestens 50% (meist nicht viel mehr) der Bürger legitimiert. Auf die Wahl des Ministerpräsidenten haben dann nur noch ca. 50% der Bevölkerung (indirekt) Einfluss. Auf die Wahl des Präsidenten nur noch ca. 25% und da er ja nur mindestens die Hälfte der Stimmen braucht genügen ihm 12,5% der Bevölkerung. Das finde ich nicht gerecht. |
Finde die Idee ok. Alternative ist eine Scheindemokratie, die den Wähler nur alle paar Jahre braucht, um Demokratie zu heucheln. Mir graut jetzt schon vor dem Wahlkrampf.
In einer Basisdemokratie treffen die Entscheidungen jene Leute, die es unmittelbar betrifft. Nur wenn eine grössere Einheit betroffen ist, geht die Entscheidung in die nächste Ebene. Auf diese Weise sind die Menschen angehalten sich am politischen Geschehen zu beteiligen. Das wäre ein Gewinn.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#308033) Verfasst am: 24.06.2005, 15:31 Titel: |
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Dominik hat folgendes geschrieben: | Finde die Idee ok. Alternative ist eine Scheindemokratie, die den Wähler nur alle paar Jahre braucht, um Demokratie zu heucheln. Mir graut jetzt schon vor dem Wahlkrampf.
In einer Basisdemokratie treffen die Entscheidungen jene Leute, die es unmittelbar betrifft. Nur wenn eine grössere Einheit betroffen ist, geht die Entscheidung in die nächste Ebene. Auf diese Weise sind die Menschen angehalten sich am politischen Geschehen zu beteiligen. Das wäre ein Gewinn. |
Ich bin auch dafür, dass möglichst viele Entscheidungen auf niedriger Ebene getroffen werden, aber wenn auf einer höheren Ebene eine Entscheidung getroffen werden soll, dann bitte durch ein direkt demokratisch gewähltes Organ und nicht über so viele Zwischenschritte.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#308066) Verfasst am: 24.06.2005, 17:24 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dominik hat folgendes geschrieben: | In der UdssR war Basisdemokratie verwirklicht. |
Wann??? |
Bei ihrer Auflösung.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Dominik ...
Anmeldungsdatum: 16.10.2004 Beiträge: 1341
Wohnort: Deutschland
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(#308581) Verfasst am: 26.06.2005, 01:15 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dominik hat folgendes geschrieben: | In der UdssR war Basisdemokratie verwirklicht. |
Wann??? |
Bei ihrer Auflösung.  |
Der war zwar gut, aber nicht ganz richtig.
Als in der DDR die Montagsdemonstrationen zum Umsturz führten, war augenscheinlich "das Volk" mit der Politik unzufrieden. EIn Grund; die Aufdeckung von Wahlfälschung bei den Wahlen der Volkskammer. Als offizielles Ergebnis wurde die SED mit über 90% angegeben. Das war gelogen. In Wahrheit kam sie "nur" auf etwa 75%.
Im Umkerschluss hieße das wohl, dass das System eine grundsätzliche Zustimmung von immerhin 3/4 der Bevölkerung hatte (deckt sich im Übrigen mit den Aussagen vieler Demonstranten, die eine andere DDR und SED, keinesfalls aber deren Ende forderten).
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max registrierter User
Anmeldungsdatum: 18.07.2003 Beiträge: 3055
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(#308693) Verfasst am: 26.06.2005, 11:19 Titel: |
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Schalker hat folgendes geschrieben: | Dominik hat folgendes geschrieben: | Meines Wissens bis Stalin gewählt wurde. Aber das Wort gabst damals noch nicht. |
Und warum wurde dann die demokratisch legitimierte bürgerliche Regierung urdemokratisch wegrevolutioniert? Warum heißen Bolschewisten eigentlich Bolschewisten? Weil sie sich für gewöhnlich und ganz basisdemokratisch der Mehrheit verpflichtet fühlten? Dann macht natürlich auch ein Ein-Parteien-System Sinn...  |
Die Bolschewiki regierten anfangs in einer Koalition mit den Linken Sozialrevolutionären, wofür sie eine klare Mehrheit der Stimmen in den Räten gewonnen hatten.
Es gab damals in Russland keine demokratisch legitimierte bürgerliche Regierung, sondern die Provisorische Regierung hatte eben keine demokratische Legitimation (sie weigerte sich Wahlen durchzuführen) und die in der Regierung vertretenden Parteien verloren zwischen der Februar- und der Oktoberrevolution ihre Mehrheit in den Räten (wo es regelmässig Wahlen gab) - eben an die Bolschewik und LSR. Durch die Oktoberrvolution wurde die Basisdemokratie gegen die undemokratische bürgerliche Regierung durchgestetzt und letztere abgesetzt.
Die Basisdemokratie (Rätedemokratie) wurde in Russland im Bürgerkrieg (inkl. der Invasion aller damaligen Grossmächte) weitgehend vernichtet und es blieb eigentlich nur eine interne Demokratie in den Bolschewiki übrig, die dann durch die Konterrevolution Stalins (der sich dabei auf Karrieristen stützte, die er in die Partei aufnahm) zerstört wurde, wobei dann die noch existierenden demokratische und sonstige Grundrechte zerstört wurden.
Bei der Auflösung der UdSSR gab es dagegen zwar etwas mehr Demokratie als zuvor, aber im wesentlichen herrschen heute noch in allen ehemaligen Staaten der UdSSR (und den meisten Staaten des ehemaligen Ostblocks!) ehemalige Stalinisten, die entweder der umbenannten alten stalinistischen Partei angehören oder neue rechte Parteien gegründet haben. Die stalinistischen Spitzenbürokraten haben sich heute die Wirtschaft auch offiziell in ihren Besitz genommen. In Russland gibt es aber darüber noch heute Konflikte, da die Staatsbürokraten mit Putin an der Spitze Konkurrenten (ehemalige Bürokraten, dies sich heute Privatkapitalisten nennen) deren Besitz streitig machen.
Dominik hat folgendes geschrieben: | Im Umkerschluss hieße das wohl, dass das System eine grundsätzliche Zustimmung von immerhin 3/4 der Bevölkerung hatte (deckt sich im Übrigen mit den Aussagen vieler Demonstranten, die eine andere DDR und SED, keinesfalls aber deren Ende forderten). |
Es stimmt, dass zeitweise in der Revolution von 1989 Vorstellungen dominierten, die DDR zu reformieren (eine Umfrage im November 1989: 86% für sozialistische Reformen, 9% für anderen Weg und nur 5% für Kapitalismus). Aber diese Vorstellungen verloren massiv an Anhängern, als es so aussah, als würden die alten Herrschenden an der Macht bleiben können, weshalb die Mehrheit erst zur SPD (in Umfragen) und dann zur CDU wechselte.
Das Problem war, dass in der Revolution Anfangs Organistionen wie das Neue Forum dominierten, denen es nur um demokratische Reformen ging, aber nicht um soziale Reformen. Auf diese Probleme hatten die Bürgerrechtler keine Antwort, während die Illusionen, dass die Wiedervereinigung sozialen Fortschritt ermöglichen würde, zunahmen. Letztendlich argumentierten die linken Bürgerrechtgruppen, dass nur der Erhalt der DDR soziale Errungenschaften erhalten würde - was angesichts der letzten Jahrzehnte und des inzwischen deutlichen Reichtums der DDR-Bonzen der Propaganda der CDU entgegenkam, die sich als Befreier von der Diktatur und als Schaffer von "blühenden Landschaften" darstellte. Die Mehrheit entschied sich bei einer Wahl zwischen BRD und DDR als Alternative für die BRD, was eine Folge davon war, dass es der Linken nicht gelungen war, eine Alternative aufzuzeigen. Für diese waren ja z.B. im November 1989 noch mehr Menschen, als für den Kapitalismus. Aber im Februar 1990 waren 56 % dafür den Sozialismus zu erneuern, 13% für ein anderes System und 31% für Kapitalismus. Man sieht, dass einfach ein revolutionäre Organisation fehlte und deshalb die Zahl derer, die eine andere Alternative wollten, zwar zunahm, aber sich eben nicht durchsetzen konnte.
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