Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Keyser Soze registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.05.2005 Beiträge: 25
|
(#339958) Verfasst am: 05.09.2005, 00:31 Titel: Basis moralischer Urteile |
|
|
Meine Frage könnte vielleicht als Provokation verstanden werden, ist aber keineswegs so gedacht. Bitte keine Troll-Smileys und ähnliches.
In Diskussionen über den Naturschutz werden immer wieder Sätze wie: "Wir müssen die Erde für kommende Generationen lebenswert erhalten" vorgebracht. Was soll das aber bringen? Die Menschheit wird sowieso irgendwann aussterben, allerspätestens wenn die Sonne erlöscht (allerallerspätestens wenn alle Sonnen im Universum erloschen sind (allerallerallerspätestens wenn die Entropie im Universum zu hoch ist, um bewusstes Leben zuzulassen)). Warum also das unvermeidliche so lange wie möglich hinausschieben?
Beruht das nicht bloss auf einem simplen, evolutionär entstandenen Lebensraumerhaltungstrieb und dem Instinkt, seine Kinder zu schützen?
Aus utilitaristischer Sicht könnte man sogar argumentieren, dass, eine steigende Erdbevölkerung vorausgesetzt, je länger je mehr Menschen zu Schaden kommen, wenn die Menschheit ausstirbt.
Das einzige, was man einwenden könnte, ist, dass die folgenden Generationen auch ein Recht auf Leben haben. Man müsste es also zur Maxime erheben, so vielen Menschen wie möglich ein Leben zu schenken. Dann liesse sich aber Verhütung nicht mehr rechtfertigen und viele weitere absurde Forderungen wie Zwangsbefruchtungen aufstellen.
Ich will hier aber gar nicht zum kollektiven Schadstoffausstoss aufrufen, sondern etwas anderes verdeutlichen: Vieles wenn nicht alles, dass wir selbsterständlich als gut oder schlecht einstufen, verdankt diese Bewertungen evolutiv entstandenen Reflexen, Trieben und Instinkten. Während der abendländischen Geschichte wurde aber beinahe ausschliesslich so getan, als beruhe unsere Moral auf rationalen Grundlagen und Prinzipien und sei deshalb in sich widerspruchsfrei - was sie aber, wie ich hoffe demonstriert zu haben, nicht ist.
Diese auf den ersten Blick erschreckende Feststellung hat aber auch etwas positives. Moralische Werte müssen und dürfen nicht mehr dogmatische Forderungen religiöser Art sein oder auf gesellschaftlicher Gewöhnung basieren, noch darf man so tun, als stünden sie auf einer rationalen Grundlage. Vielmehr ist es an der Zeit, sie auf das Solideste zu setzen, das wir haben: Die menschliche Natur. Mitleid ist zum Beispiel zweifellos ein Bestandteil derselben, während sich, um noch einmal dieses Beispiel aufzugreifen, nichts in ihr finden lässt, das gegen Verhütung spricht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
|
(#339962) Verfasst am: 05.09.2005, 00:40 Titel: |
|
|
Mitleid in Reinform ist schwer zu bekommen. Der Ausdruck von Mitleid ist in allen Kulturen durch Vorstellungen darüber reguliert, wer es verdient, wer es wann und wie zeigen darf, soll oder muss.
|
|
Nach oben |
|
 |
AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
|
(#339973) Verfasst am: 05.09.2005, 00:50 Titel: Re: Basis moralischer Urteile |
|
|
Keyser Soze hat folgendes geschrieben: | Moralische Werte müssen und dürfen nicht mehr dogmatische Forderungen religiöser Art sein oder auf gesellschaftlicher Gewöhnung basieren, noch darf man so tun, als stünden sie auf einer rationalen Grundlage. Vielmehr ist es an der Zeit, sie auf das Solideste zu setzen, das wir haben: Die menschliche Natur. Mitleid ist zum Beispiel zweifellos ein Bestandteil derselben, während sich, um noch einmal dieses Beispiel aufzugreifen, nichts in ihr finden lässt, das gegen Verhütung spricht. |
Die menschliche Natur? Ich verstehe nicht, was Du damit meinst. Bitte um nähere Erklärung. Wer legt fest, was die menschliche Natur ist? Und warum ist Mitleid ein Bestandteil der menschlichen Natur? Und wieso ist das zweifellos?
|
|
Nach oben |
|
 |
Jolesch Freund des kleineren Übels
Anmeldungsdatum: 11.07.2004 Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII
|
(#339975) Verfasst am: 05.09.2005, 00:52 Titel: Re: Basis moralischer Urteile |
|
|
Keyser Soze hat folgendes geschrieben: | Die menschliche Natur. Mitleid ist zum Beispiel zweifellos ein Bestandteil derselben, während sich, um noch einmal dieses Beispiel aufzugreifen, nichts in ihr finden lässt, das gegen Verhütung spricht. |
Na der evolutionäre Trieb zur Arterhaltung spricht massiv gegen Verhütng
(oder hab ich das jetzt falsch verstanden - sooo lange Texte überfordern mich um diese Uhrzeit leicht
_________________ Storm by Tim Minchin
|
|
Nach oben |
|
 |
Stefan auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 6217
|
(#339977) Verfasst am: 05.09.2005, 00:59 Titel: Re: Basis moralischer Urteile |
|
|
Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: |
Na der evolutionäre Trieb zur Arterhaltung spricht massiv gegen Verhütng |
Der Drang nach folgenlosen Sex spricht massiv gegen Arterhaltung
|
|
Nach oben |
|
 |
Botchla registrierter User
Anmeldungsdatum: 04.09.2005 Beiträge: 13
Wohnort: Florida
|
(#340056) Verfasst am: 05.09.2005, 12:13 Titel: |
|
|
Verhütung oder auch Geburtenkontrolle, ist ein Merkmal von Ländern, die sich zu einer Demokratie entwickeln.
_________________ "Und wenn das alles nicht so ist, was am wahrscheinlichsten ist, dann macht das auch nichts."
- Salvador Dalí
|
|
Nach oben |
|
 |
Keyser Soze registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.05.2005 Beiträge: 25
|
(#340073) Verfasst am: 05.09.2005, 13:55 Titel: |
|
|
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Mitleid in Reinform ist schwer zu bekommen. Der Ausdruck von Mitleid ist in allen Kulturen durch Vorstellungen darüber reguliert, wer es verdient, wer es wann und wie zeigen darf, soll oder muss. |
Zweifellos. Es ist aber dennoch so, dass es Mitleid in allen Kulturen gab, es allenfalls unterdrückt werden konnte.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Wer legt fest, was die menschliche Natur ist? Und warum ist Mitleid ein Bestandteil der menschlichen Natur? Und wieso ist das zweifellos? |
Erfahrung... Psychologie...
Mitleid war ja auch nur ein Beispiel. Natürlich kannst du behaupten, Mitleid sei dem Menschen nicht von Natur aus immanent, sondern beruhe nur auf gesellschaftlichem Zwang, religiösen Normen u.ä. Das ändert aber nichts an meiner Grundaussage.
Gegenfrage: Nach welchem Prinzip beurteilst du, was gut und was schlecht ist? Und worauf gründet dieses Prinzip? Und worauf gründen die Grundlagen dieses Prinzipes? Usw...
MMn gibt es nur vier Möglichkeiten, wie das enden kann:
- In einem Zirkelschluss
- In einem sog. regressus ad infinitum, dh. du begründest jede Behauptung mit einer weiteren, musst dies aber bis ins Unendliche fortsetzen
- Du kommst bei einer Forderung an, die du argumentationslos als wahr hinstellst
- Du endest beim Menschen selbst
Zur Verhütung: Ich wollte das als Beispiel für etwas nehmen, das aufgrund religiöser und allgemein gesellschaftlicher Übereinkunft lange Zeit als schlecht galt, wogegen aber nichts im Menschen spricht (natürlich wenn das Fortpflanzugsbedürfnis befriedigt/nicht stark genug ist). Wer ein Kondom benutzt, wird sich dabei nicht schlecht fühlen. Wer einen anderen Menschen z.B. aus Habgier umbringt, wird wohl zu allen Zeiten und in allen Kulturen mit massiven Gewissensbissen u.ä. zu kämpfen gehabt haben. Wer das eindrücklich geschildert haben will, sollte einmal "Schuld und Sühne" lesen.
Allgemein: Stimmt ihr meiner These zu, dass zwei Sachen, die wir allgemein als gut/nicht schlecht betrachten (Umweltschutz und Verhütung) sich logisch widersprechen?
|
|
Nach oben |
|
 |
AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
|
(#340082) Verfasst am: 05.09.2005, 14:19 Titel: |
|
|
Keyser Soze hat folgendes geschrieben: | Mitleid war ja auch nur ein Beispiel. |
Dann solltest Du nicht "zweifellos" sagen.
Keyser Soze hat folgendes geschrieben: | Gegenfrage: Nach welchem Prinzip beurteilst du, was gut und was schlecht ist? Und worauf gründet dieses Prinzip? Und worauf gründen die Grundlagen dieses Prinzipes? Usw...
MMn gibt es nur vier Möglichkeiten, wie das enden kann:
- In einem Zirkelschluss
- In einem sog. regressus ad infinitum, dh. du begründest jede Behauptung mit einer weiteren, musst dies aber bis ins Unendliche fortsetzen
- Du kommst bei einer Forderung an, die du argumentationslos als wahr hinstellst
- Du endest beim Menschen selbst |
Meine Prinzipien beruhen auf meiner Erfahrung und diese beruht natürlich wiederum auf der Erfahrung anderer. Es gibt gesellschaftliche Übereinkünfte darüber, was gut und schlecht ist. Die Prinzipien, die heute gelten, sind nicht absolut (im Gegensatz zu Deinem Ansatz der "menschlichen Natur"). Die Prinzipien waren früher anders und werden bestimmt auch in Zukunft anders sein.
Keyser Soze hat folgendes geschrieben: | Allgemein: Stimmt ihr meiner These zu, dass zwei Sachen, die wir allgemein als gut/nicht schlecht betrachten (Umweltschutz und Verhütung) sich logisch widersprechen? |
Ich halte es nicht für vernünftig, moralische Werte rein auf Logik aufzubauen.
|
|
Nach oben |
|
 |
der kleine Fritz registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.06.2005 Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde
|
(#340184) Verfasst am: 05.09.2005, 16:35 Titel: |
|
|
KeyserSoze hat folgendes gefragt:
Zitat: | "Nach welchem Prinzip beurteilst du, was gut und was schlecht ist? Und worauf gründet dieses Prinzip? Und worauf gründen die Grundlagen dieses Prinzipes?" |
Objektiv GUT und objektiv BÖSE gibt es definitiv nicht. Das würde bedeuten, daß ein beliebiges Objekt - Sonne, Mond oder der Eskimo XY - diese Eigenschaften per se hätten, OHNE das sie vom Subjekt Mensch auf sich selbst bezogen daraufhin beurteilt worden wären.
Gut und Böse sind abstrakte Begriffe und IMMER subjektiv, denn Du als Mensch, als Subjekt fällst diese Urteile je nach ihren Nutzen oder Schaden eines Ereignisses für Dich selbst ! Nehmen wir an du siehst zwei Personen, Dir völlig unbekannte "Objekte." Du siehst sie eigenschaftslos wie ein Objektiv(!), wie kanntest Du dann behaupten bezw feststellen wer von beiden gut oder böse ist ???
Erst nach Deiner subjektiven Erkenntnis bezw, Erfahrung ihre Eigenschaften kannst Du beide als gut oder böse beurteilen und das sind dann eben keine objektiven Eigenschaften !
Nichts und niemand ist gut oder böse ....erst unser Denken erst macht es dazu !!!
Das heißt genau genommen, erst seitdem Menschen mit Bewußtsein auf dieser Erde "geschaffen(!)" wurden, gibt es die Eigenschaften gut und böse, denn VORHER konnte NICHTS und Niemanden von irgendwem eine dieser Eigenschaften zugeschrieben werden !
Somit hat erst der christliche Gott mit den Menschen die abstrakten und subjektiven Begriffe Gut und Böse auf die Erde gebracht !
_________________ und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
|
|
Nach oben |
|
 |
|