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War Jesus ein Freigeist?
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#368151) Verfasst am: 04.11.2005, 22:33    Titel: War Jesus ein Freigeist? Antworten mit Zitat

edit: Thread von hier abgeteilt / Babyface


Zumsel hat folgendes geschrieben:
...
(Jesus v. Nazareth)

Jesus v. Nazareth ein "Aufklärer und Freigeist"? Überrascht
Ausgerechnet dieser engstirnige religiöse Eiferer? Überrascht

Einer, der sich kein bisschen schämte,
denen, die nicht auf ihn hörten,
ein fürchterliches Schicksal zu prophezeien?

Graf Zahl hat folgendes geschrieben:
NT

Matthaeus 10:14ff. (Wenn jemand die Lehre Jesu nicht interessiert, wird es unangenehm)


Zitat:

14 Und wenn jemand euch nicht aufnehmen noch eure Worte hören wird - geht
hinaus aus jenem Haus oder jener Stadt, und schüttelt den Staub von euren Füßen.
15 Wahrlich, ich sage euch, es wird dem Land von Sodom und Gomorra erträglicher
ergehen am Tag des Gerichts als jener Stadt.

_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#368783) Verfasst am: 06.11.2005, 14:25    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
...
(Jesus v. Nazareth)

Jesus v. Nazareth ein "Aufklärer und Freigeist"?


Das kommt natürlich ganz darauf an, welchen Jesus man vor Augen hat. Gesicherte Erkenntnisse gibt es über ihn so gut wie keine. Dafür aber Spekulationen darüber, was das wohl für ein Mensch gewesen sein könnte. Und den Jesus, den beispielsweise Nietzsche im dritten Teil von "Der Antichrist" beschreibt, würde ich allemal einen Freigeist und Aufklärer nennen.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#368784) Verfasst am: 06.11.2005, 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
...
(Jesus v. Nazareth)

Jesus v. Nazareth ein "Aufklärer und Freigeist"?


Das kommt natürlich ganz darauf an, welchen Jesus man vor Augen hat. Gesicherte Erkenntnisse gibt es über ihn so gut wie keine. Dafür aber Spekulationen darüber, was das wohl für ein Mensch gewesen sein könnte. Und den Jesus, den beispielsweise Nietzsche im dritten Teil von "Der Antichrist" beschreibt, würde ich allemal einen Freigeist und Aufklärer nennen.

Also ich denke "Reformator" oder notfalls "Revolutionär" trifft es vielleicht besser. Von einem Aufklärer erwarte ich eine prinzipiell vernünftige Herangehensweise an den Aberglauben. Dies war bei Jesus aber sicher nicht der Fall.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#368788) Verfasst am: 06.11.2005, 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Also ich denke "Reformator" oder notfalls "Revolutionär" trifft es vielleicht besser. Von einem Aufklärer erwarte ich eine prinzipiell vernünftige Herangehensweise an den Aberglauben. Dies war bei Jesus aber sicher nicht der Fall.


Nietzsches Jesus war ein diesseitsbezogener Mensch, der eine diesseitsbezogene Auslegung der heiligen Schriften predigte und aufforderte, nicht auf Wunder zu warten. Die Frage, ob er darüber hinaus trotzdem an Wundertaten oder an ein wahrhaftiges jenseitiges Leben glaubte, halte ich für unwesentlich.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#368795) Verfasst am: 06.11.2005, 15:05    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also ich denke "Reformator" oder notfalls "Revolutionär" trifft es vielleicht besser. Von einem Aufklärer erwarte ich eine prinzipiell vernünftige Herangehensweise an den Aberglauben. Dies war bei Jesus aber sicher nicht der Fall.

Nietzsches Jesus war ein diesseitsbezogener Mensch, der eine diesseitsbezogene Auslegung der heiligen Schriften predigte und aufforderte, nicht auf Wunder zu warten. Die Frage, ob er darüber hinaus trotzdem an Wundertaten oder an ein wahrhaftiges jenseitiges Leben glaubte, halte ich für unwesentlich.

Na gut, ich bezog mich eher auf das Jesusbild der NT-Autoren. Dort predigt Jesus zwar in bezug auf ethische Fragen Diesseitiges, aber Gottesglaube, Erlösung, Auferstehung, Endgericht und dergleichen sind keineswegs unwesentlich.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#368804) Verfasst am: 06.11.2005, 15:36    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Na gut, ich bezog mich eher auf das Jesusbild der NT-Autoren. Dort predigt Jesus zwar in bezug auf ethische Fragen Diesseitiges, aber Gottesglaube, Erlösung, Auferstehung, Endgericht und dergleichen sind keineswegs unwesentlich.


Das kommt darauf an, welche Stellen man aus dem NT zugrunde legt. Sachen wie "Erlösung, Auferstehung, Endgericht und dergleichen" spielen zu mindestens in den Evangelien keine herausragende Rolle. Wenn sie dort Erwähnung finden, dann eher in Form von Parabeln.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#368819) Verfasst am: 06.11.2005, 16:24    Titel: Antworten mit Zitat

Hmmm .. aber schon zu Beginn etwa des Matthäusevangeliums wird sehr penibel darauf geachtet, daß Jesus wirklich Gottes Sohn ist und nicht nur parabolisch:

Mt 3, 17 hat folgendes geschrieben:
Und siehe, eine Stimme kommt aus den Himmeln, welche spricht: Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe.


Ebenso der Bericht von Jesus und Teufel in der Wüste und viele andere.

Aber nehmen wir Jesus selbst:

Mt 4, 17 hat folgendes geschrieben:
Von da an begann Jesus zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.

Bergpredigt hat folgendes geschrieben:
Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln


Andererseits sind manche Aussagen zwar jenseitig motiviert, haben aber diesseitige Auswirkungen, etwa

Mt 10, 37 ff hat folgendes geschrieben:
Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig ... Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.


Die Wunder nehmen einen breiten Teil des NT ein. Jesus verflucht zudem die Städte, in denen man infolge seiner Zauberkunststücke nicht gläubig wird. Ein ganzes Kapitel ist dieser Verfluchung gewidmet.

Auferstehung (mit Erdbeben) und Missionsbefehl ("mir ist alle Gewalt gegeben") - das finde ich alles weder nebensächlich noch aufgeklärt - etwa im Vergleich mit diversen griechischen Philosophen. Nur ist es eben in der modernen Theologie Mode geworden, Jesu Endzeitsprüche als zeitgeistig, Jesu Glaube und Wunder als parabolisch und nur sein Liebesgebot als authentisch einzustufen.
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nocquae
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18183

Beitrag(#368858) Verfasst am: 06.11.2005, 17:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Das kommt darauf an, welche Stellen man aus dem NT zugrunde legt. Sachen wie "Erlösung, Auferstehung, Endgericht und dergleichen" spielen zu mindestens in den Evangelien keine herausragende Rolle. Wenn sie dort Erwähnung finden, dann eher in Form von Parabeln.
Ich kann in der Bibel selbst keinen Hinweis darauf entdecken, dass diese Begriffe als Parabeln gebraucht werden. Im Ggs. z. B. zu den Ansichten mancher heutiger Theologen, die dieses ganze Gewäsch eher peinlich finden, und es daher gerne parabelhaft umdeuten.

Die einzigen wirklichen Parabeln, nämlich die vielgerühmten Gleichnisse wurden von Jesus - so sagt er selbst in der Bibel - eingesetzt, damit sie nicht jeder versteht und am Ende womöglich noch der Verdammnis entkommt.

Ein ziemlich zentraler Bibelteil IMO um die tatsächliche Gedankenwelt von Jesus zu verstehen.
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In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#368988) Verfasst am: 06.11.2005, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
...
(Jesus v. Nazareth)

Jesus v. Nazareth ein "Aufklärer und Freigeist"?


Das kommt natürlich ganz darauf an, welchen Jesus man vor Augen hat. Gesicherte Erkenntnisse gibt es über ihn so gut wie keine.

Über den historischen Jesus, d. h. über den Menschen, der vor knapp 2000 Jahren tatsächlich gelebt hat,
weiß man tatsächlich herzlich wenig.

Man kann allerdings nachlesen, wie Jesus in der Bibel dargestellt wird.
Daraus kann man sich das Bild einer literarischen Figur namens Jesus von Nazareth herleiten.
Diese literarische Figur namens Jesus von Nazareth meine ich,
wenn ich von "Jesus von Nazareth" spreche.

Diese literarische Figur namens Jesus von Nazareth
finde ich viel interessanter
als jenen Menschen, der in der Antike tatsächlich gelebt hat.
Jener Mensch ist weitgehend vergessen,
die literarische Figur ist in Erinnerung geblieben, und ich kann gesicherte Aussagen über sie machen.
Und es ist die literarische Figur namens Jesus,
die sich prägend auf die Geschichte des Abendlandes ausgewirkt hat,
nicht der Mensch, der in der Antike gelebt hat.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Dafür aber Spekulationen darüber, was das wohl für ein Mensch gewesen sein könnte. Und den Jesus, den beispielsweise Nietzsche im dritten Teil von "Der Antichrist" beschreibt, würde ich allemal einen Freigeist und Aufklärer nennen.

Dass es manchmal Verwirrung gibt,
wenn der eine den historischen Jesus meint und der andere den Jesus der Bibel,
ist wohl nicht immer zu vermeiden.

Aber wenn man weder den einen noch den anderen,
sondern eine literarische Figur aus einem weithin unbekannten Werk meint
und das nicht dazu sagt -
dann ist das ebenso mutwillig Verwirrung stiftend,
als würde jemand hier im Forum
ohne nähere Bestimmung von "Gerhard Schröder" sprechen
und dabei weder unseren Noch-Bundeskanzler meinen
noch den - inzwischen verstorbenen - ehemaligen CDU-Bundesminister Gerhard Schröder,
sondern seinen gleichnamigen Onkel aus Nürnberg.
_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#368996) Verfasst am: 06.11.2005, 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Hmmm .. aber schon zu Beginn etwa des Matthäusevangeliums wird sehr penibel darauf geachtet, daß Jesus wirklich Gottes Sohn ist und nicht nur parabolisch:


Bemerkenswert an diesen wenigen Textstellen, in denen das behauptet wird, ist, dass sie nie von Jesus selbst ausgesprochen werden. Es gibt keinen Satz, in dem Jesus von sich behauptet, der leibliche Sohn Gottes (im Sinne der Trinität) zu sein. Ja, er bezeichnet sich als "Sohn Gottes", so wie er seine Jünger "Brüder" nennt und sie im Vaterunser lehrt, Gott ebenfalls mit "Vater" anzureden. Jeder Mensch ist Gottes Sohn, wenn er die Gebote des Vaters befolgt. Gott ist nicht irgendwo weit weg im Himmel, sondern er ist in der Liebe jedes Menschen. Die Alttestamentarische Distanz zwischen Gott und Menschen soll hier aufgehoben werden Das ist für mich der Kerngedanke der Gottessohnschaft.

Mit Einzelzitaten kommt man, wie ich glaube, ohnehin nicht weiter. Wir wissen doch alle, dass sämtliche Schriften über Jesus erst Jahrzehnte nach dessen Tod angefertigt wurden. Dass es Verfälschungen gegeben hat, dürfte damit klar sein. Worum es gehen muss ist doch wohl, den grundsätzlichen Tenor der Evangelien und der Lehre Jesu herauszuarbeiten. Und hier scheint mir der ethische Aspekt absolut vorherrschend zu sein. Das Gebot, seinen Nächsten zu lieben und die Bereitschaft, sich für andere Einzusetzen bis zur Selbstopferung zieht sich in allen vier Evangelien durch die gesamte Geschichte. Alles Übrige ist unklares, teilweise sich widersprechendes Stück- und Beiwerk. So empfinde ich das jedenfalls. Dass es neben der ethischen Botschaft auch eine eschatologische gegeben haben könnte, will ich nicht ausschließen. Aus oben genannten Gründen halte ich sie jedoch nicht für zentral.

Edit:
Leony hat folgendes geschrieben:
Aber wenn man weder den einen noch den anderen,
sondern eine literarische Figur aus einem weithin unbekannten Werk meint
und das nicht dazu sagt -
dann ist das ebenso mutwillig Verwirrung stiftend,


Aus welchem Werk? Dem Nietzsches. Das habe ich bloß als Beispiel angeführt. Der dort beschriebene Jesus ist jedenfalls durchaus nicht unbekannt.
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#369065) Verfasst am: 06.11.2005, 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Aber wenn man weder den einen noch den anderen,
sondern eine literarische Figur aus einem weithin unbekannten Werk meint
und das nicht dazu sagt -
dann ist das ebenso mutwillig Verwirrung stiftend,


Aus welchem Werk? Dem Nietzsches. Das habe ich bloß als Beispiel angeführt. Der dort beschriebene Jesus ist jedenfalls durchaus nicht unbekannt.

Nun ja, wer sich auskennt, weiß,
dass es Dutzende von literarischen Figuren namens Jesus gibt,
die von Hunderten von Christen nach ihren Bedürfnissen gestaltet wurden.

Ein Problem ist nur, dass viele dieser Christen den Eindruck zu erwecken versuchen,
ihr Lieblings-Jesus wäre zugleich der Jesus der Bibel
und/oder zugleich der historische Jesus.
Im ersteren Falle ist das meistens erwiesenermaßen unwahr,
im letzteren Falle eine haltlose Spekulation.
_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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der kleine Fritz
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Anmeldungsdatum: 24.06.2005
Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde

Beitrag(#369262) Verfasst am: 07.11.2005, 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

Am 14. 07.03 22:30 wurde vom WDR eine 45 min. Dokumentation unter dem schlichten Titel . "Jesus, der Sohn Gottes ?" ausgestrahlt.

In dieser Sendung wurden die biblischen Aussagen über Jesus mit den griechischen, ägyptischen und römischen Mythologien bis zu 3000 Jahren vor der Zeitwende verglichen. Dabei stellte sich heraus, daß all die biblischen Mythen über Jesus fast bis ins Detail bereits in den genannten Mythologien enthalten sind.

Von der "unbefleckten Empfängnis" über "jungfräuliche Geburt" eines "Gottessohnes", über dessen Wundertaten, Verbreitung von religiösen Lehren, Hinrichtung, Auferstehung, Himmelfahrt, Wiederkehr, Erlösung gab es bereits lange vor Jesus Erscheinung als mystische Vorstellungen. Selbst die widersprüchlichen Inhalte der Evangelien waren in abgewandelter Form schon 3000 Jahre vor dem Erscheinen des angeblichen Gottessohnes in den genannten Mythen enthalten

Damit erweisen sich alle biblischen Darstellungen um die Ikone Jesus als schlichte Übernahme von religiösen Vorstellungen aus der Prähistorie !
Der biblischen Mythos um Jesus wird mit diesen Erkenntnissen zu einer von jedem Zweifler nachprüfbaren geschichtlichen Fälschung disqualifiziert

In der sachlichen - selbst von Theologen tolerierten(!!) - Darstellung wird aber nicht an der tatsächlichen Existenz eines Menschen Namens Jesus gezweifelt, der fanatisch, gläubig und fähig war, seine religiösen Überzeugungen auf eine demagogische, suggestive Art den Menschen nahe zu bringen ! In einer Zeit mangelnder wissenschaftlicher Erkenntnisse ist es nur zu verständlich, wenn man Jesus als von Gott inspiriert - aber nicht als seinen Sohn - betrachtete. Was im nachhinein von seinen Jüngern aus diesem Mann aus Glaubensfanatismus gemacht und gesagt wurde, hat nichts aber auch gar nicht mit seinem realen menschlichen Leben zu tun.

Die Dokumente der Jesusforschung lassen jedem erkennen, daß es noch Jahrhunderte Zweifel darüber gab, ob Jesus "Gottes Sohn" sei. Erst _nach einem 300 jährigem theologischen Streit_ darüber, wurde Jesus per Dekret(!!) durch Kaiser Konstantin zum Sohn Gottes erklärt ! Also, Jesus war nicht Gottes Sohn, er wurde per Dekret - durch menschlichen Zwang - dazu erklärt !!! Und dieses antiquierte Dekret und Denken ist bis heute für den christlichen Glauben verbindlich !!!
Das waren nur einige wenige Auszüge aus der genannten Sendung, die ich für eine der besten, sachlichsten und überzeugendsten Darstellung halte, die sich um die Aufklärung des Mythos Jesus bemüht hat.

Es steht natürlich jedem christlichen Gottesanbeter frei, diese vorhandenen, historisch unwiderlegbaren und nachweisbaren Erkenntnisse zu überprüfen und sachlich zu kritisieren .........aber leider ist vor allem Christen SELBSTKRITIK ein absolutes Fremdwort, deshalb steigern sie sich jedoch von spiritueller Ekstase bis zum kollektiven Selbstbetrug, wenn sie sich ihres Erklärungsnotstandes bewußt werden !
_________________
und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#369440) Verfasst am: 07.11.2005, 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Ein Problem ist nur, dass viele dieser Christen den Eindruck zu erwecken versuchen,
ihr Lieblings-Jesus wäre zugleich der Jesus der Bibel
und/oder zugleich der historische Jesus.
Im ersteren Falle ist das meistens erwiesenermaßen unwahr,
im letzteren Falle eine haltlose Spekulation.


Ich kann mich da nur wiederholen: Der Jesus, der in den Evangelien beschrieben wird, ist ein Mann, der bedingungslose Nächstenliebe fordert und sie selbst auch bis in den Tod hinein vorlebt. Wenn die Evangelien einen Kern historischer Wahrheit enthalten, dann besteht sie doch wohl in den Schilderungen DIESES Jesus und nicht in den mythologischen Erzählungen, die um ihn herumgedichtet wurden. Denn für das spätere Christentum des Paulus, das den Glauben an die Heilsgeschichte in den Vordergrund stellte, war das Nächstenliebegebot eher eine Nebensächlichkeit. Wenn es hier Verfälschungen gegeben hat, dann gewiss nicht in diese Richtung. Inwieweit Jesus darüber hinaus eschatologische Lehren verbreitete, weiß ich nicht. Das ist aber auch nicht entscheidend. Denn dem revolutionären und freigeistigen Charakter seiner Ethik (ganz gleich ob man selbige nun für sinnvoll hält oder nicht) tut das keinen Abbruch.

katholisch hat folgendes geschrieben:
Also Sinn dahinter: Auch wenn du noch so studiert bist und alles mögliche weist, so könnte es vorkommen, dass dir vorkommst, dass du wieder fast nichts weist. Also - auf Wissen alleine kommt es auch nicht an, oder so zwanghaft erlerntes Wissen halt....so meine Meinung dazu.


Es kommt noch dicker. Lies den Text mal weiter:

http://gutenberg.spiegel.de/goethe/faust1/faust005.htm
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#369504) Verfasst am: 07.11.2005, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Ein Problem ist nur, dass viele dieser Christen den Eindruck zu erwecken versuchen,
ihr Lieblings-Jesus wäre zugleich der Jesus der Bibel
und/oder zugleich der historische Jesus.
Im ersteren Falle ist das meistens erwiesenermaßen unwahr,
im letzteren Falle eine haltlose Spekulation.


Ich kann mich da nur wiederholen: Der Jesus, der in den Evangelien beschrieben wird, ist ein Mann, der bedingungslose Nächstenliebe fordert und sie selbst auch bis in den Tod hinein vorlebt.

Ach nee.
Leony hat folgendes geschrieben:
Dass in den Predigten Jesu
das Gebot der Nächstenliebe auch gelegentlich mal vorgekommen ist,
diese Überlieferung der Bibel dürfte zutreffen.

Aber was "wird von Jesus praktiziert"?
Familien auseinanderreißen, Beziehungen zu Angehörigen missachten (wie das auch in anderen Sekten üblich ist),
maßlose Strafphantasien hegen und predigen, religiösen Fanatismus schüren,
medizinische Scharlatanerie praktizieren und predigen,
und, last not least, den Leuten absurde Naherwartungs-Phantasien in den Kopf setzen -
wer das für "Nächstenliebe" hält,
hat vom Geist der Nächstenliebe
nicht mehr begriffen als der Blindgeborene von der Schönheit der Farbe.


Zumsel hat folgendes geschrieben:
Inwieweit Jesus darüber hinaus eschatologische Lehren verbreitete, weiß ich nicht.

Offenbar kennst du deine Bibel längst nicht so gut wie einige der Atheisten und Agnostiker hier.
Das "Reich Gottes", das angeblich nahe bevorstand, war das zentrale Thema der Predigten Jesu.
Markus 1,14-15 hat folgendes geschrieben:
Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa;
er verkündete das Evangelium Gottes
und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium.

An vielen Gleichnissen lässt sich ablesen, wie sehr Jesu Predigt um dies Thema kreiste.

Theologische Forschungen bestätigen, wie sehr das "Reich Gottes" - apokalyptisch verstanden -
in Jesu Predigt im Mittelpunkt stand.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Das ist aber auch nicht entscheidend.

Das Unglück, in das Jesus viele Familien durch seine apokalyptischen Predigten gestürzt hat,
ist für Christen wie dich
natürlich "nicht entscheidend". Traurig

Leony hat folgendes geschrieben:
Einige dieser Lieblosigkeiten
haben durchaus etwas mit der Naherwartung zu tun:
Die Missachtung aller berechtigten Bemühungen,
an die langfristigen Konsequenzen des eigenen Handelns zu denken und sich entsprechend zu verhalten.
Dazu gehört die Missachtung von familiären Bindungen und Verpflichtungen.
Und die unseriöse Herangehensweise an medizinische Probleme:
Wunderheilungen wurden ja geradezu als Beleg für die Naherwartung angeführt.
Auch der religiöse Fanatismus
steht in engem Zusammenhang mit den maßlosen Strafphantasien, deren nahe Erfüllung erwartet wurde.


Zumsel hat folgendes geschrieben:
Denn dem revolutionären und freigeistigen Charakter seiner Ethik (ganz gleich ob man selbige nun für sinnvoll hält oder nicht) tut das keinen Abbruch.

Revolutionär? Selbst wenn es so wäre, wäre das kein Grund zur Begeisterung.
Es gibt auch Umwälzungen zum Schlechten hin.

Freigeistig? Komische Vorstellungen von "Freigeistigkeit" hast du ... Überrascht
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Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#369880) Verfasst am: 08.11.2005, 17:06    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Offenbar kennst du deine Bibel längst nicht so gut wie einige der Atheisten und Agnostiker hier.


Nun, da ich nicht davon ausgehe (man sollte ja nix ausschließen), mit einigen der hiesigen Atheisten und Agnostikern persönlich bekannt zu sein, kann ich mir nur schwerlich vorstellen, dass auch nur EINER von ihnen MEINE Bibel überhaupt, geschweige denn besser kennt als ich das tue.

Leony hat folgendes geschrieben:
Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa;
er verkündete das Evangelium Gottes
und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium.


Und weißt du auch, was für Jesus das "Reich Gottes" war? Nein, dann lies mal Lukas 13, 18-21 oder 17, 20-21.

Der Mensch soll nicht auf den jüngsten Tag warten, sondern das Himmelreich bereits auf Erden schaffen. Darin jedenfalls sehe ich die Quintessens dieser Aussagen. Dass ein jüdischer Rabbi diese Botschaft vor 2000 Jahren in Palästina mit anderen Worten verkündete, als das verwöhnte Bildungsbürger aus dem 21. Jahrhundert erwarten, darf natürlich nicht sonderlich überraschen.

Leony hat folgendes geschrieben:
Das Unglück, in das Jesus viele Familien durch seine apokalyptischen Predigten gestürzt hat,
ist für Christen wie dich
natürlich "nicht entscheidend".


Auch wenn es für jemanden wie dich sicherlich nur schwer nachvollziehbar ist: nicht jeder Mensch, der kein krankhaft gestörtes Verhältnis zum Christentum oder zur Bibel hat, ist automatisch ein Christ.

Leony hat folgendes geschrieben:
Revolutionär? Selbst wenn es so wäre, wäre das kein Grund zur Begeisterung.
Es gibt auch Umwälzungen zum Schlechten hin.
Freigeistig? Komische Vorstellungen von "Freigeistigkeit" hast du ...


Selbst wenn es sich um eine Umwälzung zum "Schlechteren" (nach welchen Maßstäben auch immer) gehandelt hätte, wäre das kein Argument gegen den möglicherweise freigeistigen Charakter derselben. Oder ist Freigeistigkeit für dich an wie auch immer indoktrinierte moralische Grundsätze gebunden?

Komische Vorstellungen von "Freigeistigkeit" hast du...
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Leony
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#369950) Verfasst am: 08.11.2005, 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Offenbar kennst du deine Bibel längst nicht so gut wie einige der Atheisten und Agnostiker hier.


Nun, da ich nicht davon ausgehe (man sollte ja nix ausschließen), mit einigen der hiesigen Atheisten und Agnostikern persönlich bekannt zu sein, kann ich mir nur schwerlich vorstellen, dass auch nur EINER von ihnen MEINE Bibel überhaupt, geschweige denn besser kennt als ich das tue.

Ach - unterscheidet sich DEINE Bibel sooo sehr von den allgemein verbreiteten Bibelausgaben?

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa;
er verkündete das Evangelium Gottes
und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium.


Und weißt du auch, was für Jesus das "Reich Gottes" war? Nein, dann lies mal Lukas 13, 18-21 oder 17, 20-21.

Lukas 17, 20-21 war mir dem Sinne nach bekannt.
Ein Stück frühchristlicher Apologetik,
wie sie schon nötig wurde
zur Entstehungszeit des "Lukas"-Evangeliums;
denn so um 80 bis 90 herum wurde durchaus schon kritisch gefragt,
wo dieses "Reich Gottes" denn bliebe, dass nach Jesu Predigt angeblich so nahe bevorstehen sollte.

Mir war aber nicht nur Lukas 17, 20-21 dem Sinne nach bekannt, sondern auch der Zusammenhang:
Lukas 17, 20-21 hat folgendes geschrieben:
Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er:
Das Reich Gottes kommt nicht so, daß man es an äußeren Zeichen erkennen könnte.
Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist (schon) mitten unter euch.

Lukas 17, 22, 24 sowie 29-30 hat folgendes geschrieben:
Er sagte zu den Jüngern: Es wird eine Zeit kommen ...
...
Denn wie der Blitz von einem Ende des Himmels bis zum andern leuchtet,
so wird der Menschensohn an seinem Tag erscheinen.
...
Aber an dem Tag, als Lot Sodom verließ, regnete es Feuer und Schwefel vom Himmel, und alle kamen um.
Ebenso wird es an dem Tag sein, an dem sich der Menschensohn offenbart.

Die paar (2) Gleichnisse Lukas 13, 18-21 mag man so verstehen,
dass sie von ähnlichen Vorstellungen vom Reich Gottes ausgehen wie Lukas 17, 21 -
aber es gibt viele Gleichnisse,
die davon ausgehen, dass das Kommen des Reiches Gottes
ein plötzlich hereinbrechendes Ereignis sei,
was zu den apokalyptischen Vorstellungen von einem plötzlichen und spektakulären Ereignis passt,
wie z. B. Lukas 17, 22-37.

Wenn eine Schrift sich in der Weise selbst widerspricht wie das "Lukas"-Evangelium,
dann wäre das Vernünftigste, daraus den Schluss zu ziehen,
dass sie als Grundlage für das eigene Leben untauglich ist.

Wenn man solche Texte aber dennoch zur Grundlage für das eigene Leben machen will,
muss man sich etwas daraus aussuchen.

Wenn jemand vor allem daran interessiert ist,
etwas herauszubekommen, bei dem Jesus gut dasteht,
dann wird man sich an die paar Sprüche halten,
die nicht durch die Tatsache widerlegt sind,
dass jenes plötzliche und spektakuläre Ereignis, das Jesus immer wieder angekündigt hat,
seit fast 2000 Jahren offensichtlich nicht eingetreten ist.

Wenn man aber wenigstens den Versuch unternehmen will,
herauszufinden, was Jesus am wahrscheinlichsten verkündet haben mag,
dann ist es nicht zweckdienlich,
sich ein paar Rosinen herauszupicken, nur weil sie einem so gut gefallen,
und den größten Teil der Evangelien
wie die Ergebnisse von ernst zu nehmenden Forschungen über diese Texte
zu ignorieren.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Das Unglück, in das Jesus viele Familien durch seine apokalyptischen Predigten gestürzt hat,
ist für Christen wie dich
natürlich "nicht entscheidend".


Auch wenn es für jemanden wie dich sicherlich nur schwer nachvollziehbar ist: nicht jeder Mensch, der kein krankhaft gestörtes Verhältnis zum Christentum oder zur Bibel hat, ist automatisch ein Christ.

Ein kritisches Verhältnis zum Christentum und/oder zur Bibel nennst du "krankhaft gestört"?
Gröhl... Gröhl... Gröhl...
Da zeigst du, wes Geistes Kind du bist:
Wenn jemand anders über Bibel oder Christentum denkt als du,
dann wird das von dir nicht respektiert, sondern für "krankhaft" erklärt. Mit den Augen rollen

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Revolutionär? Selbst wenn es so wäre, wäre das kein Grund zur Begeisterung.
Es gibt auch Umwälzungen zum Schlechten hin.
Freigeistig? Komische Vorstellungen von "Freigeistigkeit" hast du ...


Selbst wenn es sich um eine Umwälzung zum "Schlechteren" (nach welchen Maßstäben auch immer) gehandelt hätte, wäre das kein Argument gegen den möglicherweise freigeistigen Charakter derselben. Oder ist Freigeistigkeit für dich an wie auch immer indoktrinierte moralische Grundsätze gebunden?

Freigeistigkeit ist für mich durchaus an bestimmte Grundsätze gebunden:
Es gibt keine Freigeistigkeit
ohne ein hohes Maß an Respekt für das Recht auf freie Meinungsäußerung und für die Religionsfreiheit.
Was diesen Respekt angeht, war Jesus ein klarer Fall von Niete.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Komische Vorstellungen von "Freigeistigkeit" hast du...

Dann beruht das ja auf Gegenseitigkeit Lachen

Nun ja, da kann sich jetzt jede(r) Lesende seine/ihre Meinung bilden ...
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Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Beitrag(#369969) Verfasst am: 08.11.2005, 21:27    Titel: Antworten mit Zitat

@Leony: es ist immer wieder eine Freude, deine Texte zu lesen. Smilie
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Leony
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Beitrag(#370118) Verfasst am: 09.11.2005, 00:35    Titel: Antworten mit Zitat

@ kolja: Thanx Smilie
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Zumsel
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Beitrag(#370435) Verfasst am: 09.11.2005, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Ach - unterscheidet sich DEINE Bibel sooo sehr von den allgemein verbreiteten Bibelausgaben?


Wahrscheinlich nicht. Aber wenn ich mich recht entsinne, warst du es doch, die behauptet hat, bestimmte Leute würden MEINE Bibel besser kennen als ich selbst. Da ich nun aber weder der Autor der Bibel bin, noch Verleger einer bestimmten Ausgabe derselben und auch sonst keinerlei Rechte an dieser Schrift besitze, konnte mit "deine Bibel" nur mein ganz persönliches Exemplar gemeint sein. Und ob das irgendjemand aus diesem Forum kennt, dürfte mindestens mal fraglich sein.

Leony hat folgendes geschrieben:
Ein kritisches Verhältnis zum Christentum und/oder zur Bibel nennst du "krankhaft gestört"?


Aber nicht doch. Ich nennen nur Menschen so, die offenbar einen dermaßen große Hass gegen alles Christliche empfinden, dass sie nicht einmal auch nur die Möglichkeit in Erwägung ziehen, ein Mensch, der der Bibel sowie der Person Jesus etwas positives oder freigeistiges abgewinnt, könnte selbst Christ KEIN sein.


Leony hat folgendes geschrieben:
Wenn eine Schrift sich in der Weise selbst widerspricht wie das "Lukas"-Evangelium,
dann wäre das Vernünftigste, daraus den Schluss zu ziehen,
dass sie als Grundlage für das eigene Leben untauglich ist.


Welcher Schluss der "vernünftigste" ist, sollte man dann vielleicht doch jedem Einzelnen selbst überlassen. Auch wenn mir natürlich klar ist, dass das Leuten sehr schwer fallen muss, die glauben, sie hätten die Wahrheit und die Vernunft grundsätzlich auf ihrer Seite:


Leony hat folgendes geschrieben:
Lukas 17, 20-21 war mir dem Sinne nach bekannt.
Ein Stück frühchristlicher Apologetik,
wie sie schon nötig wurde
zur Entstehungszeit des "Lukas"-Evangeliums;
denn so um 80 bis 90 herum wurde durchaus schon kritisch gefragt,
wo dieses "Reich Gottes" denn bliebe, dass nach Jesu Predigt angeblich so nahe bevorstehen sollte.


Oh, entschuldige bitte. Ich hatte ganz vergessen, dass du ja selber dabei warst und deshalb ganz genau weißt, was wirklich von Jesus stammt und was bloß christliche Apologetik ist. Fragt sich bloß, warum bei der in Anbetracht kritischer Fragen angeblich notwendig gewordenen Relativierung, in den folgenden 1900 Jahren von der Kirche fleißig die Jenseitserwartung in den Vordergrund gestellt wurde, anstatt die vollständige Verwerfung der Endzeiterwartungs-Theorie anzustreben. Ich zweifle nicht daran, dass du darauf schon eine treffliche Antwort finden wirst. Verschwörungstheoretiker finden ja bekanntlich immer eine.


Leony hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand vor allem daran interessiert ist,
etwas herauszubekommen, bei dem Jesus gut dasteht,
dann wird man sich an die paar Sprüche halten,
die nicht durch die Tatsache widerlegt sind,
dass jenes plötzliche und spektakuläre Ereignis, das Jesus immer wieder angekündigt hat,
seit fast 2000 Jahren offensichtlich nicht eingetreten ist.


Und wo genau liegt da das Problem? Auch ein Revolutionär und Freigeist behält nicht in allem Recht. Möglicherweise hat er - seiner Zeit gemäß - tatsächlich an eine baldige Apokalypse geglaubt. Möglicherweise auch nicht. Für den Teil seiner Predigt, der sich mit Nächstenliebe und dem Himmelreich auf Erden beschäftigt, ist diese Frage vollkommen irrelevant. Ich muss ja auch nicht die Philosophie Kants verwerfen, nur weil er mit einigen seiner Theorien über den Kosmos daneben gegriffen hat. Ebensowenig wie ich die gesamte Platonische Ethik verwerfen muss, bloß weil sich Platon – seiner Zeit gemäß – für die Sklaverei ausgesprochen hat. Da wären wir dann wieder bei der Wohzimmer-Perspektive des modernen Bildungsbürgers.


Leony hat folgendes geschrieben:
Wenn man aber wenigstens den Versuch unternehmen will,
herauszufinden, was Jesus am wahrscheinlichsten verkündet haben mag,
dann ist es nicht zweckdienlich,
sich ein paar Rosinen herauszupicken, nur weil sie einem so gut gefallen,
und den größten Teil der Evangelien
wie die Ergebnisse von ernst zu nehmenden Forschungen über diese Texte
zu ignorieren.


Das mit den "ernst zu nehmenden Forschungen" finde ich süß. Schon was das bloße Bedeutung Jesu und seiner Anhänger zu dessen Lebzeiten angeht, gibt es innerhalb der Forschung ein Meinungs-Spektrum von "unbedeutende Sekte" bis hin zu "heroischer Massenwiderstand". Ebenso ist es mit der Frage, welche Logien wohl authentisch und welche gefälscht seien.

Und so liegt es allein im Ermessen des Lesers zu entscheiden, wie man diese Sprüche und ihre echten und vermeintlichen Widersprüche einzuordnen gedenkt.

Leony hat folgendes geschrieben:
Es gibt keine Freigeistigkeit ohne ein hohes Maß an Respekt für das Recht auf freie Meinungsäußerung und für die Religionsfreiheit.


Tja, das sehe ich anders. Ein Freigeist ist für mich zunächst einmal nur ein Mensch, der selber frei, also weitgehend unabhängig von den Konventionen seiner Zeit, denkt.

Zitat:
Was diesen Respekt angeht, war Jesus ein klarer Fall von Niete.


Da gebe ich dir ausnahmsweise mal Recht. Denn ein "Recht auf freie Meinungsäußerung", gab es vor 2000 Jahren meines Wissens noch nicht. Und vor einem Recht, das es nicht gab, konnte er wohl nur schwerlich Respekt haben.
Wenn du freilich den "Respekt vor der Meinung Anderer" gemeint haben solltest, teile ich deine Meinung hierzu ausdrücklich nicht.

Leony hat folgendes geschrieben:
Nun ja, da kann sich jetzt jede(r) Lesende seine/ihre Meinung bilden ...


Worüber?
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Leony
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Beitrag(#372330) Verfasst am: 13.11.2005, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Ein kritisches Verhältnis zum Christentum und/oder zur Bibel nennst du "krankhaft gestört"?


Aber nicht doch. Ich nennen nur Menschen so, die offenbar einen dermaßen große Hass gegen alles Christliche empfinden, dass sie nicht einmal auch nur die Möglichkeit in Erwägung ziehen, ein Mensch, der der Bibel sowie der Person Jesus etwas positives oder freigeistiges abgewinnt, könnte selbst Christ KEIN sein.

Nun ja, zugegeben, ich war etwas vorschnell mit meiner Vermutung, du wärst Christ. Habe nicht genug darüber nachgedacht.
Habe aber gar kein Problem damit, zuzugeben, dass auch Nichtchristen manchmal eine Meinung über Jesus haben,
über die ich mich angesichts des Inhalts der Bibel nur wundern kann.
Ursachen?
Einige waren vielleicht mal Christen und haben in dieser Zeit ihren Herrn Jesus so liebgewonnen,
dass ihr Jesusbild mehr von positiven Erwartungen bestimmt wird als vom Inhalt der Bibel;
bekanntlich haben Erwartungen einen großen Einfluss darauf, wie man interpretiert, was man liest.
Und dann gibt es sicher einige,
die über Jesus überhaupt lieber anderswo lesen als in der Bibel
und dadurch ein anderes Bild von ihm bekommen.
Diese Liste möglicher Ursachen ließe sich vermutlich fortsetzen.

Was den "großen Hass auf alles Christliche" angeht,
so habe ich tatsächlich einen großen Hass auf bestimmte Aspekte des Christentums.
Schließlich habe ich am eigenen Leibe erfahren, welchen Schaden sie anrichten können,
wenn ein sensibler Mensch "blöd" genug ist, den Inhalt der Bibel zu glauben und ernst zu nehmen;
die psychischen Belastungen waren von einer Qualität,
dass die Krankenkasse für die Behandlung von psychosomatischen Beschwerden aufkommen musste.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Wenn eine Schrift sich in der Weise selbst widerspricht wie das "Lukas"-Evangelium,
dann wäre das Vernünftigste, daraus den Schluss zu ziehen,
dass sie als Grundlage für das eigene Leben untauglich ist.


Welcher Schluss der "vernünftigste" ist, sollte man dann vielleicht doch jedem Einzelnen selbst überlassen. Auch wenn mir natürlich klar ist, dass das Leuten sehr schwer fallen muss, die glauben, sie hätten die Wahrheit und die Vernunft grundsätzlich auf ihrer Seite:

Meint nicht jede(r), dass wahr sei, was er/sie für wahr hält, und dass vernünftig sei, was er/sie für vernünftig hält?

Es gibt übrigens eine gute Methode, die Chancen zu optimieren,
dass man die Wahrheit und die Vernunft auf seiner Seite hat:
Man stellt sich auf die Seite der mutmaßlichen Wahrheit und auf die Seite der mutmaßlichen Vernunft.
Manchmal muss man dazu die Seiten wechseln. Das fällt nicht leicht.
Aber genau das habe ich getan.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Lukas 17, 20-21 war mir dem Sinne nach bekannt.
Ein Stück frühchristlicher Apologetik,
wie sie schon nötig wurde
zur Entstehungszeit des "Lukas"-Evangeliums;
denn so um 80 bis 90 herum wurde durchaus schon kritisch gefragt,
wo dieses "Reich Gottes" denn bliebe, dass nach Jesu Predigt angeblich so nahe bevorstehen sollte.


Oh, entschuldige bitte. Ich hatte ganz vergessen, dass du ja selber dabei warst und deshalb ganz genau weißt, was wirklich von Jesus stammt und was bloß christliche Apologetik ist.

Nee, ich kann nur lesen.
Zum Beispiel in der Bibel, wo sehr schön nachzulesen ist,
dass die junge christliche Gemeinde offensichtlich die nahe Wiederkehr Jesu verkündet hatte
und wie sie dann in Schwierigkeiten geriet, als er ausblieb.
Da kann ich auch nachlesen, auf welch eine jämmerliche Apologetik einige dann verfallen sind:
2. Petrus 3 hat folgendes geschrieben:
3 Vor allem sollt ihr eines wissen: Am Ende der Tage werden Spötter kommen, die sich nur von ihren Begierden leiten lassen und höhnisch sagen: 4 Wo bleibt denn seine verheißene Ankunft? Seit die Väter entschlafen sind, ist alles geblieben, wie es seit Anfang der Schöpfung war.
...
8 Das eine aber, liebe Brüder, dürft ihr nicht übersehen: dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind. 9 Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheißung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren. 10 Der Tag des Herrn wird aber kommen wie ein Dieb. Dann wird der Himmel prasselnd vergehen, die Elemente werden verbrannt und aufgelöst, die Erde und alles, was auf ihr ist, werden (nicht mehr) gefunden.

Im Vergleich zu dieser jämmerlichen Apologetik,
die übrigens eindeutig von apokalyptischen Vorstellungen ausgeht,
hat Lukas 17, 20-21 geradezu intellektuelles Niveau.
Um mir darüber eine Meinung zu bilden,
brauche ich nicht dabei gewesen zu sein,
sondern kann meine Schlüsse ziehen aus folgendem Befund:
  • Es gab Bedarf nach Apologetik, nachdem Angekündigtes ausblieb.
  • Die Stelle kann für geeignet gehalten werden, als Apologetik zu dienen.
  • Sie ist einem Text vorangestellt, zu dem sie thematisch passt.
  • Inhaltlich steht sie in krassem Widerspruch zu dem Text, dem sie vorangestellt ist.
Was sollte Lukas 17, 20-21 da anderes sein
als ein (wenn auch ungeschickter) Versuch,
eine Interpretation des darauf folgenden Textes nahe zu legen,
die seiner ursprünglichen Bedeutung widerspricht?

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Fragt sich bloß, warum bei der in Anbetracht kritischer Fragen angeblich notwendig gewordenen Relativierung, in den folgenden 1900 Jahren von der Kirche fleißig die Jenseitserwartung in den Vordergrund gestellt wurde,

Lachen
Die Kultivierung der Jenseitserwartung ist doch ein Manöver zur Ablenkung von den ursprünglichen Vorstellungen,
nach denen das Anbrechen des "Reichs Gottes" mit der Wiederkehr Jesu auf die Erde einhergehen würde.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
... anstatt die vollständige Verwerfung der Endzeiterwartungs-Theorie anzustreben. Ich zweifle nicht daran, dass du darauf schon eine treffliche Antwort finden wirst.

Aber klar doch. Lachen
Warum einen Frontalangriff starten, wenn man sein Ziel auch mit einem Ablenkungsmanöver erreichen kann?
Ist doch viel praktischer, reizt weniger zum Widerspruch,
und erspart einem außerdem die Peinlichkeit, zugeben zu müssen, dass man Unsinn geredet hat Lachen

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand vor allem daran interessiert ist,
etwas herauszubekommen, bei dem Jesus gut dasteht,
dann wird man sich an die paar Sprüche halten,
die nicht durch die Tatsache widerlegt sind,
dass jenes plötzliche und spektakuläre Ereignis, das Jesus immer wieder angekündigt hat,
seit fast 2000 Jahren offensichtlich nicht eingetreten ist.


Und wo genau liegt da das Problem? Auch ein Revolutionär und Freigeist behält nicht in allem Recht. Möglicherweise hat er - seiner Zeit gemäß - tatsächlich an eine baldige Apokalypse geglaubt. Möglicherweise auch nicht. Für den Teil seiner Predigt, der sich mit Nächstenliebe und dem Himmelreich auf Erden beschäftigt, ist diese Frage vollkommen irrelevant. Ich muss ja auch nicht die Philosophie Kants verwerfen, nur weil er mit einigen seiner Theorien über den Kosmos daneben gegriffen hat.

Mag sein, dass man wichtige Aspekte von Kants Philosophie und einige seiner Theorien über den Kosmos
so säuberlich voneinander trennen kann, dass man sich die einen ohne die anderen zu Eigen machen kann.
Bei Jesu Ethik ist das nicht der Fall:
Jesu Handlungsanweisungen fußen auf seinen apokalyptischen Vorstellungen.
Sinnvoll wären sie nur unter der Voraussetzung, dass die Apokalypse wirklich nahe bevorstünde.
Chaotisch und schadenstiftend sind sie hingegen, wenn das mit der Apokalypse ein Irrtum ist.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Wenn man aber wenigstens den Versuch unternehmen will,
herauszufinden, was Jesus am wahrscheinlichsten verkündet haben mag,
dann ist es nicht zweckdienlich,
sich ein paar Rosinen herauszupicken, nur weil sie einem so gut gefallen,
und den größten Teil der Evangelien
wie die Ergebnisse von ernst zu nehmenden Forschungen über diese Texte
zu ignorieren.


Das mit den "ernst zu nehmenden Forschungen" finde ich süß. Schon was das bloße Bedeutung Jesu und seiner Anhänger zu dessen Lebzeiten angeht, gibt es innerhalb der Forschung ein Meinungs-Spektrum von "unbedeutende Sekte" bis hin zu "heroischer Massenwiderstand". Ebenso ist es mit der Frage, welche Logien wohl authentisch und welche gefälscht seien.

Und so liegt es allein im Ermessen des Lesers zu entscheiden, wie man diese Sprüche und ihre echten und vermeintlichen Widersprüche einzuordnen gedenkt.

Da gibt es viele einander widersprechende Meinungen, insoweit hast du schon Recht.
Aber daraus den Schluss zu ziehen, es gäbe keine erkennbaren Qualitätsunterschiede,
wäre doch übertrieben.
Wenngleich es denen, die lieber nach ihren Wünschen gehen als nach Fakten und rationalen Überlegungen,
sehr gut in den Kram passen würde.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Es gibt keine Freigeistigkeit ohne ein hohes Maß an Respekt für das Recht auf freie Meinungsäußerung und für die Religionsfreiheit.


Tja, das sehe ich anders. Ein Freigeist ist für mich zunächst einmal nur ein Mensch, der selber frei, also weitgehend unabhängig von den Konventionen seiner Zeit, denkt.

Ach so. Für dich ist ein Freigeist einer, der sich Freiheiten für sich selber nimmt,
die Freiheiten anderer Menschen können ihm egal sein.

Mal abgesehen davon, dass so ein Egozentriker alles andere als sympathisch wäre,
würde so ein "Freigeist" auch mit der Freigeistigkeit nicht weit kommen.
Es wäre nämlich schwierig, sich aus dem Sumpf der anerzogenen Denkgewohnheiten zu befreien,
wenn man nicht ein vielfältiges Spektrum von Meinungen kennen lernen und darüber nachdenken könnte.
Das kann man aber nur da, wo auch Menschen mit anderen Meinungen die Freiheit haben, diese zu äußern.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Was diesen Respekt angeht, war Jesus ein klarer Fall von Niete.


Da gebe ich dir ausnahmsweise mal Recht. Denn ein "Recht auf freie Meinungsäußerung", gab es vor 2000 Jahren meines Wissens noch nicht. Und vor einem Recht, das es nicht gab, konnte er wohl nur schwerlich Respekt haben.

Natürlich gab es das Recht auf freie Meinungsäußerung damals noch nicht als ausformulierte Norm.
Aber auch damals schon hatte man die Möglichkeit,
dann, wenn jemand eine Meinung äußerte, die einem nicht gefiel,
entweder ihm das Recht dazu abzusprechen
oder die Meinungsäußerung als legitim anzusehen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Wenn du freilich den "Respekt vor der Meinung Anderer" gemeint haben solltest, teile ich deine Meinung hierzu ausdrücklich nicht.

Nö, ich meinte nicht den Respekt vor der Meinung anderer,
sondern die Haltung, es als legitim anzusehen, dass die Meinung anderer geäußert wird,
auch wenn man die Meinung ziemlich blödsinnig findet und in diesem Sinne kaum respektieren kann.
Aber vielleicht hast du das ja nur etwas ungeschickt ausgedrückt.

Falls du die Meinung zum Ausdruck bringen wolltest,
Jesus hätte es als legitim angesehen, wenn andere Leute anderer Meinung sind als er und nicht auf ihn hören,
dann teile ich diese Meinung ausdrücklich nicht.
Denn in meiner Bibel lese ich etwas anderes.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Nun ja, da kann sich jetzt jede(r) Lesende seine/ihre Meinung bilden ...


Worüber?

Ungeduldiges Händetrommeln... Das geht doch aus dem vorangehenden Wortwechsel hervor:
darüber, wer von uns komische Vorstellungen von Freigeistigkeit hat Lachen
_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Dissident
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Anmeldungsdatum: 17.03.2005
Beiträge: 157

Beitrag(#373016) Verfasst am: 15.11.2005, 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Nun ja, da kann sich jetzt jede(r) Lesende seine/ihre Meinung bilden ...


Worüber?

Ungeduldiges Händetrommeln... Das geht doch aus dem vorangehenden Wortwechsel hervor:
darüber, wer von uns komische Vorstellungen von Freigeistigkeit hat Lachen


Wenn du mich (den geneigten Leser) schon ins Spiel bringst, liebe Leony, so sei mir denn auch ein Votum darüber gestattet, wer hier die komischere Vorstellung von Freigeistigkeit bestitz und wohl auch verinnerlicht hat:

[x] Leony

[ ] Zumsel

Soweit meine Wahl.
Ich glaube aber, wir können koljas Kommentar als Votum zu deinen Gunsten werten. Demnach steht es derzeit 1:1. Es bleibt also spannend...

Grüße,
Dissident

PS: Auf Wunsch würde ich auch eine entsprechende Umfrage starten.
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Leony
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Beitrag(#373164) Verfasst am: 15.11.2005, 17:11    Titel: Antworten mit Zitat

Dissident hat folgendes geschrieben:
PS: Auf Wunsch würde ich auch eine entsprechende Umfrage starten.

Eine solche Umfrage würde ich nicht fürchten Lachen
Nicht einmal, wenn ich damit rechnen müsste, dass eine Mehrheit sich Zumsels Meinung anschließen würde.
Edit:
(alt:
Weniger als die Zustimmung von Mehrheiten interessiert mich die Qualität von Argumenten.)
korrigiert:
Mehr als die Zustimmung von Mehrheiten interessiert mich die Qualität von Argumenten.

Allerdings, wenn schon Umfrage, dann würde ich es für sinnvoller halten,
direkt nach exakt formulierten Inhalten zu fragen
statt nach "Vorstellung von ..." oder "Vorstellung von ..."
Also zum Beispiel:
    Welche Vorstellung von Freigeistigkeit findet eher eure Zustimmung?
  • Ein Freigeist ist ein Mensch, der selber frei, also weitgehend unabhängig von den Konventionen seiner Zeit, denkt. Ganz gleich, wie er dazu steht, wenn Menschen Meinungen äußern, die ihm nicht gefallen, oder wenn sie es mit der Religionsausübung nicht so halten, wie er das gern hätte.
  • Es gibt keine Freigeistigkeit ohne die Haltung, dass es das gute Recht eines jeden Menschen ist, seine Meinungen zu äußern und es mit der Religionsausübung so zu halten, wie er selbst das für richtig hält.
  • Sonstiges/weiß nicht/keine Angabe

_________________
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Zuletzt bearbeitet von Leony am 18.11.2005, 02:58, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#374674) Verfasst am: 17.11.2005, 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
bekanntlich haben Erwartungen einen großen Einfluss darauf, wie man interpretiert, was man liest.


Dem möchte ich uneingeschränkt zustimmen. Uneingeschränkt bedeutet natürlich, dass das auf alle Menschen zutrifft und nicht nur auf die, die ein Jesusbild vertreten, über das DU dich "nur wundern" kannst, sondern auch auf jene, die mit einem solchen

Leony hat folgendes geschrieben:
Was den "großen Hass auf alles Christliche" angeht,
so habe ich tatsächlich einen großen Hass auf bestimmte Aspekte des Christentums.
Schließlich habe ich am eigenen Leibe erfahren, welchen Schaden sie anrichten können,
wenn ein sensibler Mensch "blöd" genug ist, den Inhalt der Bibel zu glauben und ernst zu nehmen;
die psychischen Belastungen waren von einer Qualität,
dass die Krankenkasse für die Behandlung von psychosomatischen Beschwerden aufkommen musste.


Hintergrund an die Sache herangehen.

Leony hat folgendes geschrieben:
Meint nicht jede(r), dass wahr sei, was er/sie für wahr hält, und dass vernünftig sei, was er/sie für vernünftig hält?


Das kommt darauf an, was man unter Wahrheit in diesem Zusammenhang versteht. Wenn man für sich in Anspruch nimmt, die alleinige Wahrheit und die allein vernünftige Betrachtungsweise auf einem so ungesicherten Gebiet wie dem hier diskutierten zu besitzen, ist man von der Vorgehensweise des Vatikans nicht mehr allzu weit entfernt. Mit dem Unterschied freilich, dass der Vatikan gar nicht erst vorzugaukeln versucht, vermeintliche Beweise der Historienforschung auf seiner Seite zu haben, sondern sich konsequent auf Dogmen und Glaube beruft, sprich: aufrichtiger ist.

Leony hat folgendes geschrieben:
Es gibt übrigens eine gute Methode, die Chancen zu optimieren,
dass man die Wahrheit und die Vernunft auf seiner Seite hat:
Man stellt sich auf die Seite der mutmaßlichen Wahrheit und auf die Seite der mutmaßlichen Vernunft.


"Mutmaßung" ist in diesem Zusammenhang genau das richtige Wort. Wie man dadurch allerdings irgendwelche Chancen auf Wahrheitserkenntnis optimieren können soll, bleibt mir ein Rätsel. Auch Gott ist eine Mutmaßung.

Zitat:
Die Stelle kann für geeignet gehalten werden, als Apologetik zu dienen.

Je nachdem welche Sichtweise ich einnehme, kann ich jede Stelle für geeignet zur Manipulation im Sinne der jeweils anderen Sichtweise betrachten. Das kann sich doch jeder so zurechtkonstruieren, wie er will.

Leony hat folgendes geschrieben:
Sie ist einem Text vorangestellt, zu dem sie thematisch passt.

Aha! Die Tatsache, dass eine von dir als apologetisch behauptete Textstelle zu dem Text passt, der darauf folgt, ist für dich ein Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich um Apologetik handelt. Geniale Herleitung!

Leony hat folgendes geschrieben:
Inhaltlich steht sie in krassem Widerspruch zu dem Text, dem sie vorangestellt ist.


Nicht unbedingt. Man muss nicht jeden Text wörtlich nehmen, gerade was die Worte Jesu angeht. Aber selbst wenn es einen Widerspruch gäbe: Wer sagt dir denn, dass der erste Teil verfälscht wiedergegeben wurde. Das Spiel kann man doch auch umdrehen. Denn die Dogmatiker des Paulinischen Christentums, das den Glaubensaspekt in den Vordergrund stellte und sich damit letztendlich ja auch durchsetzte, konnten mit den mythologischen Teilen der Lehre Jesu wesentlich mehr anfangen als mit den profanen. Wenn ich jemandem Verfälschung zutraue, dann wohl eher den Mythologen, die sich im nach hinein auf alles einen Reim zu machen versuchten und also die Geschichte des Evangeliums mit ihren eigenen Dogmen in Übereinstimmung zu bringen versuchten.

Leony hat folgendes geschrieben:
Die Kultivierung der Jenseitserwartung ist doch ein Manöver zur Ablenkung von den ursprünglichen Vorstellungen,
nach denen das Anbrechen des "Reichs Gottes" mit der Wiederkehr Jesu auf die Erde einhergehen würde.


Da sehe ich kein Ablenkungsmanöver. Denn der Glaube, man lebe in der Endzeit, blieb erhalten. Jede Generation glaubte, eine der letzten zu sein. Noch das ganze Mittelalter hindurch. Und die Evangelikalen rechnen noch heute stündlich mit der Wiederkehr des Erlösers.

Leony hat folgendes geschrieben:
Jesu Handlungsanweisungen fußen auf seinen apokalyptischen Vorstellungen.
Sinnvoll wären sie nur unter der Voraussetzung, dass die Apokalypse wirklich nahe bevorstünde.


Diese Behauptung verstehe ich nicht. Wieso soll eine Ethik, die Nächstenliebe fordert, nur unter der Voraussetzung sinnvoll sein, dass die Welt bald untergeht? Man könnte darüber diskutieren, ob es überhaupt sinnvoll ist, irgendeine Form von Liebe BEFEHLEN zu wollen. Aber in welchem Zusammenhang das Ganze mit der Apokalypse stehen soll, entzieht sich meinem Fassungsvermögen.

Leony hat folgendes geschrieben:
Aber daraus den Schluss zu ziehen, es gäbe keine erkennbaren Qualitätsunterschiede,
wäre doch übertrieben.

Und woran erkennst du diese Qualitätsunterschiede? Daran, ob sie mit deinen Vorstellungen und Vorurteilen konform gehen? Fakt ist: Die Historiker wissen so gut wie gar nichts über das Leben des Galiläers. Objektive Kriterien gibt es hier nicht. Ich persönlich neige dazu, den Quellen des jüdischen Historikers Josephus die meiste Glaubwürdigkeit zuzusprechen.

Leony hat folgendes geschrieben:
Mal abgesehen davon, dass so ein Egozentriker alles andere als sympathisch wäre,


Wenn es dabei um Sympathie ginge, wäre der freigeistigste Mensch den ich kenne meine Tante Liesel aus Lüneburg – übrigens eine überzeugte Katholikin.

Leony hat folgendes geschrieben:
Falls du die Meinung zum Ausdruck bringen wolltest,
Jesus hätte es als legitim angesehen, wenn andere Leute anderer Meinung sind als er und nicht auf ihn hören,
dann teile ich diese Meinung ausdrücklich nicht.
Denn in meiner Bibel lese ich etwas anderes.


Wie dem auch sei: In meiner Bibel finde ich keine Hinweise darauf, dass er irgendjemanden zu irgendetwas gezwungen hätte. Die Entscheidung für oder gegen ihn zu sein, war jedem selbst überlassen. Ja, er hat sogar darauf verzichtet, sich zu verteidigen und ließ sich widerstandslos von seinen Feinden demütigen und ans Kreuz schlagen. Seinen Jüngern verbot er ausdrücklich, Gewalt gegen seine Henker einzusetzen. Was erwartest du eigentlich noch?

Leony hat folgendes geschrieben:
Weniger als die Zustimmung von Mehrheiten interessiert mich die Qualität von Argumenten.


Obwohl mich das nicht sonderlich überrascht, finde ich es schon erstaunlich, mit welcher Offenheit du deine wahren Motive eingestehst. Respekt! Die meisten Leute, denen es in erster Linie um die Befriedigung ihrer Eitelkeit geht, weisen dieses Vorwurf nämlich in der Regel empört von sich.
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Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#374987) Verfasst am: 18.11.2005, 02:39    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
bekanntlich haben Erwartungen einen großen Einfluss darauf, wie man interpretiert, was man liest.


Dem möchte ich uneingeschränkt zustimmen. Uneingeschränkt bedeutet natürlich, dass das auf alle Menschen zutrifft und nicht nur auf die, die ein Jesusbild vertreten, über das DU dich "nur wundern" kannst, sondern auch auf jene, die mit einem solchen

Leony hat folgendes geschrieben:
Was den "großen Hass auf alles Christliche" angeht,
so habe ich tatsächlich einen großen Hass auf bestimmte Aspekte des Christentums.
Schließlich habe ich am eigenen Leibe erfahren, welchen Schaden sie anrichten können,
wenn ein sensibler Mensch "blöd" genug ist, den Inhalt der Bibel zu glauben und ernst zu nehmen;
die psychischen Belastungen waren von einer Qualität,
dass die Krankenkasse für die Behandlung von psychosomatischen Beschwerden aufkommen musste.


Hintergrund an die Sache herangehen.

Sicher trifft es auf alle Menschen zu, wenngleich nicht bei jedem Menschen in jedem Falle.

Ich zum Beispiel bin ursprünglich mit der Erwartung an die Sache herangegangen,
mein damaliges Jesusbild bestätigt zu finden,
das Bild eines ach so lieben Predigers der Nächstenliebe.
Trotzdem war ich in der Lage, nach intensiver Lektüre der Evangelien dies Jesusbild zu revidieren. Sehr glücklich

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Meint nicht jede(r), dass wahr sei, was er/sie für wahr hält, und dass vernünftig sei, was er/sie für vernünftig hält?


Das kommt darauf an, was man unter Wahrheit in diesem Zusammenhang versteht. Wenn man für sich in Anspruch nimmt, die alleinige Wahrheit und die allein vernünftige Betrachtungsweise auf einem so ungesicherten Gebiet wie dem hier diskutierten zu besitzen, ist man von der Vorgehensweise des Vatikans nicht mehr allzu weit entfernt. Mit dem Unterschied freilich, dass der Vatikan gar nicht erst vorzugaukeln versucht, vermeintliche Beweise der Historienforschung auf seiner Seite zu haben, sondern sich konsequent auf Dogmen und Glaube beruft, sprich: aufrichtiger ist.

Na, das ist mal ein Lehrstück in:
Zitat:
Wie mache ich's, eine Kontrahentin in ein schlechtes Licht zu rücken?
  • Erstens reiße ich eine Äußerung aus dem Zusammenhang
    und tue so, als hätte sie diese Äußerung in einem ganz anderen Zusammenhang getan.
    Ist mir doch egal,
    wenn Leonys Äußerung "dann wäre es das Vernünftigste"
    sich darauf bezog, ob eine Schrift, die sich selbst widerspricht, als Grundlage für das eigene Leben tauglich ist -
    ich stelle sie einfach in den Zusammenhang der Historienforschung zum historischen Jesus,
    wo vieles viel unsicherer ist
    und man tatsächlich der Meinung sein kann, es zeuge von einem Übermaß an Selbstsicherheit,
    zu erklären, welcher Standpunkt "der vernünftigste" wäre.

    Dabei spekuliere ich darauf, dass die meisten Lesenden nicht so genau hinsehen
    und schon wieder vergessen haben, was Leony genau geschrieben hat.
    Und für den Fall, dass es doch jemand merken sollte,
    schreibe lieber nicht direkt:
    "Du hast behauptet, eine bestimmte Vorstellung vom Leben des historischen Jesus wäre die einzig vernünftige",
    sondern drücke es "nur" so aus, dass es so aussieht, als wenn ich das andeuten will,
    dass ich das aber bei Bedarf jederzeit abstreiten kann.

  • Zweitens: Um den Effekt zu verstärken, formuliere ich einfach um:
    Aus "wäre es das Vernünftigste" mache ich "die alleinige Wahrheit und die allein vernünftige Betrachtungsweise".

  • Drittens: Nachdem ich Leonys Aussage
    durch Austausch des Zusammenhangs und der Formulierung genügend verfälscht habe,
    kann ich sie gebrauchen, um -
      statt Leony zuzubilligen, dass ihre Worte als Meinungsäußerung gemeint waren,
      wie Äußerungen in einem Forum gewöhnlich gemeint sind
      und von fairen Lesenden auch verstanden werden -
    ihr einen "Anspruch auf die alleinige Wahrheit" zu unterstellen.


Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Es gibt übrigens eine gute Methode, die Chancen zu optimieren,
dass man die Wahrheit und die Vernunft auf seiner Seite hat:
Man stellt sich auf die Seite der mutmaßlichen Wahrheit und auf die Seite der mutmaßlichen Vernunft.


"Mutmaßung" ist in diesem Zusammenhang genau das richtige Wort. Wie man dadurch allerdings irgendwelche Chancen auf Wahrheitserkenntnis optimieren können soll, bleibt mir ein Rätsel. Auch Gott ist eine Mutmaßung.

Zumsel, soll das ein Argument sein Frage
Mutmaßungen sind mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit zutreffend.
Man kann seine Chancen optimieren, dass man sich eine zutreffende Mutmaßung zu Eigen macht,
wenn man sich diejenige Mutmaßung zu Eigen macht, die mit größter Wahrscheinlichkeit zutrifft.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Die Stelle kann für geeignet gehalten werden, als Apologetik zu dienen.

Je nachdem welche Sichtweise ich einnehme, kann ich jede Stelle für geeignet zur Manipulation im Sinne der jeweils anderen Sichtweise betrachten. Das kann sich doch jeder so zurechtkonstruieren, wie er will.

Jeder kann es sich offensichtlich so zurechtkonstruieren, wie er will Lachen -
jedenfalls wenn ihn die mutmaßliche Wahrheit nicht interessiert Schulterzucken

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Sie ist einem Text vorangestellt, zu dem sie thematisch passt.

Aha! Die Tatsache, dass eine von dir als apologetisch behauptete Textstelle zu dem Text passt, der darauf folgt, ist für dich ein Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich um Apologetik handelt. Geniale Herleitung!

Leony hat folgendes geschrieben:
Inhaltlich steht sie in krassem Widerspruch zu dem Text, dem sie vorangestellt ist.


Nicht unbedingt. Man muss nicht jeden Text wörtlich nehmen, gerade was die Worte Jesu angeht. Aber selbst wenn es einen Widerspruch gäbe: Wer sagt dir denn, dass der erste Teil verfälscht wiedergegeben wurde. Das Spiel kann man doch auch umdrehen.

Angenommen, die erste Stelle würde die wahre Botschaft Jesu wiedergeben -
was wohl hätte seine Apostel veranlassen sollen,
das viele Jahre später in eine Botschaft vom nahen Weltende umzufälschen,
zu einer Zeit, als diese Botschaft sich längst als irrig erwiesen hatte und zum Gespött geworden war?
Was hätte sie dazu veranlassen können
außer einem unglaublichen Maß an Dummheit?
Aber stimmt schon, wer sagt mir denn, dass die Apostel nicht unglaublich dumm waren? Teufel zwinkern

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Die Kultivierung der Jenseitserwartung ist doch ein Manöver zur Ablenkung von den ursprünglichen Vorstellungen,
nach denen das Anbrechen des "Reichs Gottes" mit der Wiederkehr Jesu auf die Erde einhergehen würde.


Da sehe ich kein Ablenkungsmanöver. Denn der Glaube, man lebe in der Endzeit, blieb erhalten. Jede Generation glaubte, eine der letzten zu sein. Noch das ganze Mittelalter hindurch.

Die ganzen Fegefeuer-Geschichten,
die damals offenbar solche Verbreitung gefunden haben, dass man mit Ablass viel Geld verdienen konnte,
sind ganz schön weit entfernt
von den biblischen Vorstellungen, nach denen die Toten am Weltende auferstehen würden.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Und die Evangelikalen rechnen noch heute stündlich mit der Wiederkehr des Erlösers.

Na, wenn du dich auf die berufen willst ...

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Jesu Handlungsanweisungen fußen auf seinen apokalyptischen Vorstellungen.
Sinnvoll wären sie nur unter der Voraussetzung, dass die Apokalypse wirklich nahe bevorstünde.


Diese Behauptung verstehe ich nicht. Wieso soll eine Ethik, die Nächstenliebe fordert, nur unter der Voraussetzung sinnvoll sein, dass die Welt bald untergeht?

Ich sprach von "Jesu Handlungsanweisungen" und nicht von einer "Ethik, die Nächstenliebe fordert".
Jesu Handlungsanweisungen hatten mit einer Ethik der Nächstenliebe
herzlich wenig zu tun.
Die Begründung für diese meine Meinung brauche ich nicht zu wiederholen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Man könnte darüber diskutieren, ob es überhaupt sinnvoll ist, irgendeine Form von Liebe BEFEHLEN zu wollen.

Darüber könnte man in der Tat diskutieren.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Aber in welchem Zusammenhang das Ganze mit der Apokalypse stehen soll, entzieht sich meinem Fassungsvermögen.

Weil es sich deinem Fassungsvermögen entzogen hat,
dass ich Jesu Handlungsanweisungen keineswegs mit Aufforderungen zur Nächstenliebe gleichsetze.
(Wobei ich natürlich nicht bestreiten will, dass Jesus gelegentlich Levitikus = 3. Mose 19, 18 zitiert haben mag,
das Thora-Gebot der Nächstenliebe - aber was sagt das schon über Jesus?)

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Aber daraus den Schluss zu ziehen, es gäbe keine erkennbaren Qualitätsunterschiede,
wäre doch übertrieben.

Und woran erkennst du diese Qualitätsunterschiede? Daran, ob sie mit deinen Vorstellungen und Vorurteilen konform gehen?

Eher daran, ob sie mit dem konform gehen, was durch die Bibeltexte nahegelegt wird.
Indem ich diese Vorstellungen akzeptierte, habe ich einige meiner Vorurteile revidiert. S. o.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Falls du die Meinung zum Ausdruck bringen wolltest,
Jesus hätte es als legitim angesehen, wenn andere Leute anderer Meinung sind als er und nicht auf ihn hören,
dann teile ich diese Meinung ausdrücklich nicht.
Denn in meiner Bibel lese ich etwas anderes.


Wie dem auch sei: In meiner Bibel finde ich keine Hinweise darauf, dass er irgendjemanden zu irgendetwas gezwungen hätte.

Lachen
Nur dass das leider nicht an einer toleranten Einstellung Jesu lag - die hatte er laut Bibel offensichtlich nicht -
sondern schlicht an Jesu Machtlosigkeit.
Was dieser Herr getan hätte, wenn er gekonnt hätte,
das kann man sich ausmalen, wenn man seine Gewalt-Phantasien vom ewigen Feuer studiert.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Weniger als die Zustimmung von Mehrheiten interessiert mich die Qualität von Argumenten.


Obwohl mich das nicht sonderlich überrascht, finde ich es schon erstaunlich, mit welcher Offenheit du deine wahren Motive eingestehst. Respekt! Die meisten Leute, denen es in erster Linie um die Befriedigung ihrer Eitelkeit geht, weisen dieses Vorwurf nämlich in der Regel empört von sich.

Verlegen Da habe ich mich doch tatsächlich von meiner Satzkonstruktion verleiten lassen,
das Gegenteil von dem zu schreiben, was ich meinte Lachen
Ich werde es editieren.
Schönen Dank, Zumsel, für den kostenlosen Korrekturlese-Dienst Ich liebe es... Lachen
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Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Zumsel
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Beitrag(#376019) Verfasst am: 20.11.2005, 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Trotzdem war ich in der Lage, nach intensiver Lektüre der Evangelien dies Jesusbild zu revidieren.


Verstehe! Dein Hass ist also gar nicht persönlich motiviert, sondern bloß das Resultat nüchterner, objektiver Analyse. Da hätte ich aber auch wirklich von selbst drauf kommen können.

Leony hat folgendes geschrieben:
Wie mache ich's, eine Kontrahentin in ein schlechtes Licht zu rücken?


Falsch! Der Ausgangspunkt dieses Strangs war folgender Satz:

Leony hat folgendes geschrieben:
Meint nicht jede(r), dass wahr sei, was er/sie für wahr hält, und dass vernünftig sei, was er/sie für vernünftig hält?


Diese Aussage ist sowohl inhaltlich als auch formal (er/sie) allgemein gehalten. Du wolltest eine konkrete, zuvor getätigte und von mir kritisierte Aussage mit dieser allgemeinen Behauptung begründen. Diese habe ich daraufhin auch kritisiert, woraufhin du mir nun vorwirfst, ich hätte sie aus irgendeinem Zusammenhang gerissen, was bei einer allgemein gehaltenen Aussage allerdings völlig legitim ist.

Leony hat folgendes geschrieben:
Mutmaßungen sind mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit zutreffend.


Richtig! Und der Wahrscheinlichkeitsgrad kann dabei Schwankungen zwischen einem und 99% unterworfen sein?

Leony hat folgendes geschrieben:
Die ganzen Fegefeuer-Geschichten,
die damals offenbar solche Verbreitung gefunden haben, dass man mit Ablass viel Geld verdienen konnte,
sind ganz schön weit entfernt
von den biblischen Vorstellungen, nach denen die Toten am Weltende auferstehen würden.


Na und? Deine These war, dass es in Anbetracht des ausbleibenden Weltuntergangs notwendig wurde, die Prophezeiung von dessen Bevorstehen zu revidieren. Das trifft jedoch ganz offensichtlich nicht zu, da die jeweils auf diesem Planeten wandelnden Christen fast 2000 Jahre hindurch davon überzeugt waren, dass das Ende nahe sei. Ob und wie sich die konkreten Vorstellungen dieses Ereignisses im Laufe der Zeit veränderten, spielt in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rolle.

Leony hat folgendes geschrieben:
Jesu Handlungsanweisungen hatten mit einer Ethik der Nächstenliebe
herzlich wenig zu tun.


Die Bergpredigt ist dir aber schon ein Begriff? Oder ist die etwa auch nichts anderes als christliche Apologetik?

Leony hat folgendes geschrieben:
Wobei ich natürlich nicht bestreiten will, dass Jesus gelegentlich Levitikus = 3. Mose 19, 18 zitiert haben mag,
das Thora-Gebot der Nächstenliebe - aber was sagt das schon über Jesus?


Dass Jesus sich als Jude auf die Thora beruft, sollte eigentlich niemanden verwundern. Du scheinst dabei allerdings einen wichtigen Punkt übersehen zu haben: Jesus zitiert dieses Gebot nicht einfach nur "hin und wieder", sondern er erhebt es zum wichtigsten Gebot überhaupt, zu jenem Gebot an dem "das ganze Gesetz und die Propheten" hängen. Und das sagt einiges über ihn aus.

Leony hat folgendes geschrieben:
Eher daran, ob sie mit dem konform gehen, was durch die Bibeltexte nahegelegt wird.


"Naheliegend". Schon wieder so ein von subjektiver Betrachtungsweise abhängiger Gummibegriff. Für einen Christen ist die Existenz Gottes "naheliegend"

Leony hat folgendes geschrieben:
Nur dass das leider nicht an einer toleranten Einstellung Jesu lag - die hatte er laut Bibel offensichtlich nicht -
sondern schlicht an Jesu Machtlosigkeit.


Die Forderung, nicht "nur" seinen Nächsten, sondern auch seine Feinde zu lieben und die Tatsache, dass er am Kreuz für seine Henker gebetet hat, legt eine andere Vermutung nahe.

Leony hat folgendes geschrieben:
Was dieser Herr getan hätte, wenn er gekonnt hätte,
das kann man sich ausmalen, wenn man seine Gewalt-Phantasien vom ewigen Feuer studiert.


Ah, jetzt kommen wir der Sache langsam näher: Deine Affinität gegenüber Jesus beruht also auf der unterschwelligen Befürchtung, an dem ganzen Zauber könnte doch etwas dran sein und du als verlorene Tochter könntest am Ende im Feuerofen landen, was du ihm persönlich übel nimmst. Anders jedenfalls kann ich mir nicht erklären, wieso du dich so sehr an irgendwelchen Mythengeschichten festbeißt. Kann dir völlig egal sein, wie Jesus sich ein Leben nach dem Tod vorgestellt hat, wenn du ohnehin nicht dran glaubst. An keiner Stelle fordert er seine Anhänger zur Gewalt gegenüber Ungläubigen auf. Im Gegenteil: Er fordert sie auf, ihre Feinde zu lieben. Dass er ihnen an anderer Stelle erzählt, er würde beim jüngsten Gericht schon selbst für eine angemessene Sanktionierung sorgen, kann dir doch nun wirklich am Heck vorbei gehen. Für das Diesseits predigte Jesus Nächstenliebe und Gewaltfreiheit. Und nur das sollte für einen diesseitsbezogenen Atheisten interessant sein.

Leony hat folgendes geschrieben:
Schönen Dank, Zumsel, für den kostenlosen Korrekturlese-Dienst


Keine Ursache, Schatz. Für einen Kavalier der alten Schule wie mich versteht sich so etwas doch von selbst.
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Beitrag(#378890) Verfasst am: 26.11.2005, 15:13    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Die ganzen Fegefeuer-Geschichten,
die damals offenbar solche Verbreitung gefunden haben, dass man mit Ablass viel Geld verdienen konnte,
sind ganz schön weit entfernt
von den biblischen Vorstellungen, nach denen die Toten am Weltende auferstehen würden.


Na und? Deine These war, dass es in Anbetracht des ausbleibenden Weltuntergangs notwendig wurde, die Prophezeiung von dessen Bevorstehen zu revidieren. Das trifft jedoch ganz offensichtlich nicht zu, da die jeweils auf diesem Planeten wandelnden Christen fast 2000 Jahre hindurch davon überzeugt waren, dass das Ende nahe sei.

Meine These war nicht, dass es in Anbetracht des ausbleibenden Weltuntergangs notwendig geworden wäre,
die Prophezeiung von dessen Bevorstehen ausdrücklich für unzutreffend zu erklären.
Es hat offensichtlich genügt, andere Interpretationen dieser Prophezeiung zu verkünden.

Woraus schließt du übrigens, dass die Christen wirklich
"fast 2000 Jahre hindurch davon überzeugt waren, dass das Ende nahe sei"?
Ich kann zwar bestätigen, dass es auch für mich so aussieht, dass sie
fast 2000 Jahre hindurch davon überzeugt waren, dass sie damit rechnen müssten, das Ende nahe sei,
und dass sie sich darauf einstellen müssten, dass es jeden Augenblick kommen könnte.
Aber ob sie überzeugt waren, dass es wirklich in Kürze kommen würde?
Ob sie nicht eher davon ausgingen,
dass etwas, was viele Jahrhunderte auf sich warten lassen hatte,
sehr wahrscheinlich noch einige Zeit länger auf sich warten lassen würde?
So habe ich jedenfalls gedacht, als ich in den 1960er Jahren noch Christin war, und damit war ich sicherlich nicht die Einzige.

Was Christen wirklich denken, das ist in mancher Hinsicht gar nicht so leicht zu ermitteln.
Manche sind sich anscheinend selbst nicht darüber klar.
So habe ich damals, als ich noch Christin war, brav die Anweisungen Jesu befolgt und gebetet: "Dein Reich komme."
Jedoch wenn ich ehrlich zu mir selbst gewesen wäre, dann hätte ich mir eingestehen müssen,
dass es mir ganz recht gewesen wäre, wenn das Kommen dieses Reiches noch etwas auf sich warten lassen würde
und ich noch am nächsten Morgen zur Schule gehen könnte (ich bin gern zur Schule gegangen),
und dass ich noch einen Beruf ergreifen könnte, eine eigene Familie gründen,
und was ich mir sonst noch vorgenommen hatte für mein diesseitiges Leben.

Am auffälligsten ist die Diskrepanz
zwischen Lippenbekenntnissen und wirklichem Denken
beim Thema Tod und ewige Seligkeit:
Wäre die ewige Seligkeit wirklich so verlockend, wie sie nach den schwärmerischen Äußerungen vieler Christen sein müsste,
dann müssten viele Christen es eilig haben, zu sterben und dorthin zu gelangen.
Das ist aber - anders als bei einigen Moslems - bei den meisten Christen ganz und gar nicht der Fall.
Gerade unter Christen finden sich viele, die sich mit Händen und Füßen gegen die Vorstellung wehren,
dass Menschen den wohlüberlegten Wunsch haben könnten,
lieber zu sterben als eine schwere Krankheit länger zu ertragen,
und dass es deshalb ein Akt der Nächstenliebe sein könnte,
diesen Menschen Beihilfe zur Selbsttötung oder aktive Sterbehilfe zu leisten.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ob und wie sich die konkreten Vorstellungen dieses Ereignisses im Laufe der Zeit veränderten, spielt in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rolle.

In den Veränderungen der konkreten Vorstellungen
spiegelt sich die Notwendigkeit, von der ursprünglichen Prophezeiung abzulenken.

Zu der anderen Thematik im nächsten Beitrag.
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Beitrag(#378918) Verfasst am: 26.11.2005, 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Jesu Handlungsanweisungen hatten mit einer Ethik der Nächstenliebe
herzlich wenig zu tun.


Die Bergpredigt ist dir aber schon ein Begriff? Oder ist die etwa auch nichts anderes als christliche Apologetik?

Lachen
Aber sicher ist mir die Bergpredigt ein Begriff!
Und - im Gegensatz zu vielen, die sie gern als Schlagwort gebrauchen - habe ich sogar ihren Inhalt zur Kenntnis genommen!

Ein wenig habe ich außerdem darüber gelesen, wie die Bergpredigt zustande gekommen sein soll.
Dem Theologen Heinz Zahrnt zufolge
werden von den 6 Antithesen ("Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist ... - ich aber sage euch ...")
3 für echt gehalten (vom Töten, vom Ehebruch, vom Schwören),
3 andere hingegen für Gemeindebildungen:
von der Ehescheidung, von der Vergebung und von der Feindesliebe (eine der Lieblingsstellen vieler Jesus-Fans Lachen).

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Wobei ich natürlich nicht bestreiten will, dass Jesus gelegentlich Levitikus = 3. Mose 19, 18 zitiert haben mag,
das Thora-Gebot der Nächstenliebe - aber was sagt das schon über Jesus?


Dass Jesus sich als Jude auf die Thora beruft, sollte eigentlich niemanden verwundern. Du scheinst dabei allerdings einen wichtigen Punkt übersehen zu haben: Jesus zitiert dieses Gebot nicht einfach nur "hin und wieder", sondern er erhebt es zum wichtigsten Gebot überhaupt, zu jenem Gebot an dem "das ganze Gesetz und die Propheten" hängen. Und das sagt einiges über ihn aus.

"Übersehen" Gröhl... - mit diesem Wort outet sich der Dünkel gegenüber Andersdenkenden.

Ich habe das keineswegs "übersehen",
ich habe es nur nicht für wichtig gehalten, dass Jesus die gleichen Sprüche geklopft hat wie seine Zeitgenossen.
Was ich für wichtig halte, ist, wie seine "Nächstenliebe" konkret aussieht. Dazu s. o.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Eher daran, ob sie mit dem konform gehen, was durch die Bibeltexte nahegelegt wird.


"Naheliegend". Schon wieder so ein von subjektiver Betrachtungsweise abhängiger Gummibegriff. Für einen Christen ist die Existenz Gottes "naheliegend"

Ach, wieder so eine allerliebste Argumentationsfigur aus der Trickkiste christlicher Apologetik:
die Rede von "subjektiver Betrachtungsweise" und "Gummibegriff",
wenn man nicht zugeben will, dass die Argumentation der Gegenseite eine objektive Grundlage hat
(in diesem Fall den Bibeltext)
und sich auch tatsächlich an dieser objektiven Grundlage orientiert.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Nur dass das leider nicht an einer toleranten Einstellung Jesu lag - die hatte er laut Bibel offensichtlich nicht -
sondern schlicht an Jesu Machtlosigkeit.


Die Forderung, nicht "nur" seinen Nächsten, sondern auch seine Feinde zu lieben und die Tatsache, dass er am Kreuz für seine Henker gebetet hat, legt eine andere Vermutung nahe.

Hier muss ich mal fragen:
Von wem redest du?
Von der literarischen Figur Jesus, wie sie in der Bibel dargestellt ist?
Oder von dem historischen Menschen Jesus, wie er wirklich geredet und gehandelt hat?

Falls du von der literarischen Figur Jesus redest, wie sie in der Bibel dargestellt ist,
dann kann ich nur feststellen:
Einer, der (laut Matthäus 5, 44) predigt,
seine Feinde zu lieben,
der aber (laut Lukas 15,26) nur den als Jünger akzeptiert,
der "seinen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern" hasst,
kann mich nun wirklich nicht beeindrucken. Gröhl...

Oder meinst du etwa den historischen Jesus?
Zu einer bloßen literarischen Figur würde das Wort "Tatsache" ja schlecht passen.

Andererseits würdest du dich mit der Behauptung, es wäre eine "Tatsache",
dass das Gebot der Feindesliebe und das Gebet Jesu am Kreuz
vom historischen Jesus stammten,
in Gegensatz zu vielen ernst zu nehmenden Theologen setzen.
Dass das Gebot der Feindesliebe in der Bergpredigt von Heinz Zahrnt für eine Gemeindebildung gehalten wird,
erwähnte ich schon.
Und was Jesu Worte am Kreuz angeht,
so kann ich das wohl aus dem Gedächtnis wiedergeben und brauche gar nicht nach Zitaten zu suchen,
dass diese Worte von ernst zu nehmenden Theologen für fromme Dichtung gehalten werden,
keineswegs für historische Tatsachen.
Es wird eher für eine historische Tatsache gehalten, dass Jesu Jünger das Weite gesucht hatten
und folglich gar nicht hören konnten, was Jesus möglicherweise gesagt hat.
Auch die Unterschiedlichkeit der Kreuzesworte in den verschiedenen Evangelien ist ein Indiz dafür,
dass es sich nicht um Augenzeugenberichte von historischen Tatsachen handeln dürfte.

Außerdem würdest du dich mit der Behauptung, die von dir genannten Worte Jesu wären eine "Tatsache",
im Widerspruch zu dir selbst setzen - schließlich hast du geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Schon was das bloße Bedeutung Jesu und seiner Anhänger zu dessen Lebzeiten angeht, gibt es innerhalb der Forschung ein Meinungs-Spektrum von "unbedeutende Sekte" bis hin zu "heroischer Massenwiderstand". Ebenso ist es mit der Frage, welche Logien wohl authentisch und welche gefälscht seien.

Und so liegt es allein im Ermessen des Lesers zu entscheiden, wie man diese Sprüche und ihre echten und vermeintlichen Widersprüche einzuordnen gedenkt.


Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Was dieser Herr getan hätte, wenn er gekonnt hätte,
das kann man sich ausmalen, wenn man seine Gewalt-Phantasien vom ewigen Feuer studiert.


Ah, jetzt kommen wir der Sache langsam näher: Deine Affinität gegenüber Jesus beruht also auf der unterschwelligen Befürchtung, an dem ganzen Zauber könnte doch etwas dran sein und du als verlorene Tochter könntest am Ende im Feuerofen landen, was du ihm persönlich übel nimmst.

Quatsch.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Anders jedenfalls kann ich mir nicht erklären, wieso du dich so sehr an irgendwelchen Mythengeschichten festbeißt.

Wenn dein Verstand nicht ausreicht, um es dir anders zu erklären, dann ist es so?
Tolle Argumentation! Gröhl...

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Kann dir völlig egal sein, wie Jesus sich ein Leben nach dem Tod vorgestellt hat, wenn du ohnehin nicht dran glaubst. An keiner Stelle fordert er seine Anhänger zur Gewalt gegenüber Ungläubigen auf.

Nein, kann mir nicht egal sein,
weil die Gewalt, von der Jesus träumte, nur so lange eine bloße Jenseits-Phantasie blieb,
wie die Anhänger Jesu machtlos waren.

Die Mentalität, die hinter diesen Gewalt-Phantasien stand,
der Fanatismus, der durch diese Gewalt-Phantasien geschürt wurde,
hatte leider sehr reale und sehr blutige Konsequenzen,
als Christen die Macht bekamen, Gewalt gegen Ungläubige und Andersgläubige zu üben.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Im Gegenteil: Er fordert sie auf, ihre Feinde zu lieben. Dass er ihnen an anderer Stelle erzählt, er würde beim jüngsten Gericht schon selbst für eine angemessene Sanktionierung sorgen, kann dir doch nun wirklich am Heck vorbei gehen. Für das Diesseits predigte Jesus Nächstenliebe und Gewaltfreiheit. Und nur das sollte für einen diesseitsbezogenen Atheisten interessant sein.

Das könnte dir so passen, dass Atheisten so naiv wären, sich aus Jesu Predigt nur die schönen Stellen herauszupicken.
Wir interessieren uns für die historisch wirksamen Stellen.
Und das waren nur zu oft nicht die schönen Stellen.
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Beitrag(#378919) Verfasst am: 26.11.2005, 16:54    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Aber nicht doch. Ich nennen nur Menschen so, die offenbar einen dermaßen große Hass gegen alles Christliche empfinden, dass sie nicht einmal auch nur die Möglichkeit in Erwägung ziehen, ein Mensch, der der Bibel sowie der Person Jesus etwas positives oder freigeistiges abgewinnt, könnte selbst Christ KEIN sein.

Das hatte ich so verstanden, als wolltest du damit sagen, dass du kein Christ seist.
Aber ausdrücklich geschrieben hast du es nicht.
Nachdem ich nun einiges von dir lesen konnte
und gesehen habe, was für ein emotional engagierter Jesus-Fan du offenbar bist,
frage ich mich, ob du nicht doch ein Christ bist.
Vielleicht verrätst du es uns?
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Beitrag(#380377) Verfasst am: 30.11.2005, 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
So habe ich jedenfalls gedacht, als ich in den 1960er Jahren noch Christin war, und damit war ich sicherlich nicht die Einzige.


Na ja, als ich von "fast 2000 Jahren schrieb", bezog ich die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts da eigentlich nicht mehr mit ein. Ich denke nämlich nicht, dass die meisten Christen hierzulande zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch an so etwas wie eine tatsachliche Apokalypse geglaubt haben. Bei dir scheint das offenbar anders gewesen zu sein. Bist du auf dem Land aufgewachsen?

Leony hat folgendes geschrieben:
Wäre die ewige Seligkeit wirklich so verlockend, wie sie nach den schwärmerischen Äußerungen vieler Christen sein müsste,
dann müssten viele Christen es eilig haben, zu sterben und dorthin zu gelangen.


Und du warst wirklich mal mit vollem Herzen Christin? Kaum zu glauben. Denn für den "guten Christen" ist es ein Gebot Gottes, sein Leben anzunehmen. Das Leid ist unbestreitbarer Teil unserer Welt und damit auch Teil des Glaubens. Auch im Ertragen seines Martyriums ist Jesus für Christen ein Vorbild. Der verstorbene Papst antwortete auf die Frage, warum er angesichts seiner schwerer Krankheit nicht vom Amt zurücktrete: "Christus ist auch nicht vom Kreuz gestiegen". Unabhängig davon, wie man zu dieser Aussage steht: in ihr drückt sich eine Philosophie aus, für die Leid etwas ist, das als wesentlicher Bestandteil unserer Welt nicht ausgeblendet werden darf. Das Ganze hat seine guten Seiten und seine Schattenseiten. Die Schattenseiten zeigten sich etwa in der Lebensphilosophie des Calvinismus, welcher gemäß das Elend armer Menschen gottgewollt und daher hinnehmbar war (was allerdings im Widerspruch zum Nächstenliebegebot steht). Die positive Seite besteht darin, dass Menschen, denen es nicht gut geht, Mut gemacht wird. Arm und krank zu sein ist keine Schande. Es ist keine himmlische Strafe für irgendetwas und auch kein Zeichen für Gottverlassenheit. Gott selbst wurde ja ans Kreuz genagelt. Deshalb kann jeder sein persönliches Kreuz ohne Scham tragen. Gott am Kreuz: ohne Frage ein in jeder Hinsicht eigenartiges und einzigartiges Symbol für eine Religion. Wie bei allem, so kommt es auch hier darauf an, was man aus dem Vorhandenen macht und wie man es interpretiert. Diese Thematik hat mit Jesus als Person (um die es hier ja schließlich geht) allerdings nur sehr indirekt zu tun.

Leony hat folgendes geschrieben:
Das ist aber - anders als bei einigen Moslems - bei den meisten Christen ganz und gar nicht der Fall.


Welchen Sinn soll es haben, "einige Moslems" mit den "meisten Christen" zu vergleichen? Entweder vergleicht man einige mit einigen oder die meisten mit den meisten. Alles andere Verzehrt die Wahrnehmung.

Leony hat folgendes geschrieben:
In den Veränderungen der konkreten Vorstellungen
spiegelt sich die Notwendigkeit, von der ursprünglichen Prophezeiung abzulenken.


Für mich spiegelt sich darin lediglich die Notwendigkeit, für anders sozialisierte Menschen andere Mythen zu erfinden. Die These jedenfalls, diese Veränderung der ursprünglichen Mythologie sei ein Hinweis darauf, dass die Forderung an die Menschen, nicht auf das Himmelreich zu warten, sondern es schon auf Erden zu errichten, nicht von Jesus komme, sondern Ausgeburt christlicher Apologetik sei, diese These "konstruiert" zu nennen, ist wohl noch eine freundliche Umschreibung.

Leony hat folgendes geschrieben:
Woraus schließt du übrigens, dass die Christen wirklich
"fast 2000 Jahre hindurch davon überzeugt waren, dass das Ende nahe sei"?

Unter anderem aus der Tatsache, dass die Menschen, vor allem im Hochmittelalter, in Allem und Jeden den Anti-Christen zu erkennen glaubten, dessen Erscheinen auf Erden ja bekanntlich das Kommen des Messias ankündigen soll.

Leony hat folgendes geschrieben:
"Übersehen" - mit diesem Wort outet sich der Dünkel gegenüber Andersdenkenden.


Du scheinst ein wenig empfindlich zu sein.

Leony hat folgendes geschrieben:
Was ich für wichtig halte, ist, wie seine "Nächstenliebe" konkret aussieht. Dazu s. o.


Du kennst aber auch die Geschichte vom verlorenen Sohn oder die von der Ehebrecherin?

Leony hat folgendes geschrieben:
Ach, wieder so eine allerliebste Argumentationsfigur aus der Trickkiste christlicher Apologetik:
die Rede von "subjektiver Betrachtungsweise" und "Gummibegriff",
wenn man nicht zugeben will, dass die Argumentation der Gegenseite eine objektive Grundlage hat
(in diesem Fall den Bibeltext)
und sich auch tatsächlich an dieser objektiven Grundlage orientiert.


So, plötzlich ist der Bibeltext also eine "objektive Grundlage". Selbstverfreilich abgesehen von den Teilen, die Leony die Weise, ganz objektiv, als "christliche Apologetik" entlarvt hat. Du solltest dir vielleicht angewöhnen, einen Text nicht mit den eigenen konstruierten Interpretationen zu verwechseln. Ich weiß: Für einige Menschen – vor allem für solche die glauben, grundsätzlich im Recht zu sein - ist dieser feinen Unterschied nicht immer einfach zu erkennen. Aber mit etwas Mühe und gutem Willen klappt das schon!

Leony hat folgendes geschrieben:
Von der literarischen Figur Jesus, wie sie in der Bibel dargestellt ist?
Oder von dem historischen Menschen Jesus, wie er wirklich geredet und gehandelt hat?


Welche Quellen außer der Bibel hättest du denn als "objektive Grundlage" des "historischen Jesus" anzubieten? Die Geschichtsforschung weiß im Grunde absolut nicht über diesen Mann aus Nazareth. Es gibt dazu so viele Meinungen wie Historiker. Jeder Nicht-Historiker oder Nicht-Theologe der will findet einen, der seine Meinung zu dieser Thematik scheinbar stützt. Die ganz cleverer pflege ihre Historiker dann meistens als die seriösen oder ernstzunehmenden zu bezeichnen, was natürlich impliziert, dass alle anderen bloß von irgendwelchen subjektiven Interessen geleitet sein.

Leony hat folgendes geschrieben:
Außerdem würdest du dich mit der Behauptung, die von dir genannten Worte Jesu wären eine "Tatsache",
im Widerspruch zu dir selbst setzen - schließlich hast du geschrieben:



Richtig! Ich weiß nicht, was genau von Jesus stammt und was nicht. Im Gegensatz zu dir behaupte ich das aber auch gar nicht. Ich war nicht dabei und es gibt keine verlässlichen historischen Quellen. Ich sehe nur, dass die Nächstenliebe-Ethik eine zentrale Botschaft des Evangeliums ist. Und dass Jesus dieses Gebot, wie es scheint, radikal bis in den Tod lebte. Ich bestreite deswegen allerdings nicht die Möglichkeit, dass er auch eschatologische Lehren ö.ä. predigte. Die Rosinenpickerei die du mir unterstellen willst betreibe ich nicht. Ich bin kein Christ und sehe Jesus nicht als Gott an. Deshalb muss ich auch nicht alle seine echten und vermeintlichen Ansichten teilen. Das tue ich nämlich bei keinem Menschen. Schon gar nicht bei jemandem, der in einer völlig anderen Zeit und an einem anderen Ort gewohnt haben.


Leony hat folgendes geschrieben:
Wenn dein Verstand nicht ausreicht, um es dir anders zu erklären, dann ist es so?


Natürlich nicht. Aber was Mutmaßungen betrifft hätte ich gerade von dir etwas mehr Offenheit erwartet. Zumal hier ja jeder die Chance hat, selbige zu bestreiten. Ist ja nicht so, als würde mit Irgendjemandem Irgendetwas hinter deinem Rücken gemutmaßt werden.
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#380468) Verfasst am: 01.12.2005, 02:56    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
So habe ich jedenfalls gedacht, als ich in den 1960er Jahren noch Christin war, und damit war ich sicherlich nicht die Einzige.


Na ja, als ich von "fast 2000 Jahren schrieb", bezog ich die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts da eigentlich nicht mehr mit ein. Ich denke nämlich nicht, dass die meisten Christen hierzulande zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch an so etwas wie eine tatsachliche Apokalypse geglaubt haben.

In den 1960er Jahren gab es sicherlich schon recht viele Christen,
deren Glaube in einer ziemlich verwässerten Version der biblischen Botschaft bestand.
Bei den meisten dieser Christen dürfte das jedoch eher zu einer weitgehenden Gleichgültigkeit geführt haben
als zu dem eifrigen Bemühen,
störenden Aussagen der Bibel eine Deutung aufzupfropfen, die sie wertvoll erscheinen lassen sollte.

Das gab es damals zwar schon in Theologenkreisen und bei einigen christlichen Intellektuellen -
aber auf den Kanzeln und im Religionsunterricht kam kaum etwas davon an.
Die Pastoren hätten sich gar nicht getraut, ihren Gemeinden ihre eigenen Deutungen zu verkünden,
weil ihre Gemeinden das als Verfälschung der biblischen Botschaft angesehen hätten (m. E. zu Recht).

Verkündet wurde, soweit ich das in der evangelischen Kirche erlebt habe, von den Kanzeln und im Religionsunterricht
meistens eine gemäßigt fundamentalistische Version der biblischen Botschaft,
d. h. die Schöpfungsgeschichte, die Story von der Arche Noah und vom Turmbau zu Babel
wurden als Mythen dargestellt,
der Rest aber als faktische Realität.
Mag sein, dass der eine oder andere Pastor vieles symbolisch gemeint hat -
aber das kam bei den weniger belesenen Gemeindemitgliedern nicht an,
die konnten das durchaus so verstehen, als sei es wörtlich gemeint,
und das taten viele denn auch, weil sie gar nicht auf die Idee kamen, dass es anders gemeint sein könnte.
Was natürlich nicht heißt, dass sie es auch wörtlich geglaubt hätten.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Bei dir scheint das offenbar anders gewesen zu sein. Bist du auf dem Land aufgewachsen?

Nein, in der Universitätsstadt Göttingen.

Was bei mir anders war:
Mir fehlte die gesunde Portion Skepsis,
die viele andere christlich erzogene Menschen befähigte, einen großen Teil des biblischen Unsinns zu ignorieren.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
"]Wäre die ewige Seligkeit wirklich so verlockend, wie sie nach den schwärmerischen Äußerungen vieler Christen sein müsste,
dann müssten viele Christen es eilig haben, zu sterben und dorthin zu gelangen.


Und du warst wirklich mal mit vollem Herzen Christin? Kaum zu glauben.

Lachen Es ist für mich immer wieder amüsant zu lesen,
wie Christen und ihre Freunde meinen früheren Glauben in Zweifel ziehen,
weil ein Mensch wie ich einfach nicht in ihr Weltbild passt.
Ja, doch, ich war aus vollem Herzen Christin, ich habe das damals so ernst und so wichtig genommen,
dass es mich krank gemacht hat.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Denn für den "guten Christen" ist es ein Gebot Gottes, sein Leben anzunehmen.

Es ist ein Unterschied,
ob man etwas annimmt, weil es verlockend ist,
oder ob man etwas annimmt, weil man es für ein Gebot Gottes hält.
Im letzteren Falle tut man es manchmal nur notgedrungen und gar nicht gern.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Das ist aber - anders als bei einigen Moslems - bei den meisten Christen ganz und gar nicht der Fall.


Welchen Sinn soll es haben, "einige Moslems" mit den "meisten Christen" zu vergleichen? Entweder vergleicht man einige mit einigen oder die meisten mit den meisten. Alles andere Verzehrt die Wahrnehmung.

Du hast die Absicht hinter meinem Einschub "anders als bei einigen Moslems" anders verstanden, als ich sie meinte.
Ich wollte gar keinen Vergleich zwischen Christentum und Islam anstellen.
Ich wollte mit dem Einschub lediglich darauf hinweisen, dass es nicht selbstverständlich ist,
dass Menschen es nicht eilig haben, zu sterben und in die ewige Seligkeit zu gelangen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
In den Veränderungen der konkreten Vorstellungen
spiegelt sich die Notwendigkeit, von der ursprünglichen Prophezeiung abzulenken.


Für mich spiegelt sich darin lediglich die Notwendigkeit, für anders sozialisierte Menschen andere Mythen zu erfinden. Die These jedenfalls, diese Veränderung der ursprünglichen Mythologie sei ein Hinweis darauf, dass die Forderung an die Menschen, nicht auf das Himmelreich zu warten, sondern es schon auf Erden zu errichten, nicht von Jesus komme, sondern Ausgeburt christlicher Apologetik sei, diese These "konstruiert" zu nennen, ist wohl noch eine freundliche Umschreibung.

Findest du? Ich nicht. Schulterzucken

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Woraus schließt du übrigens, dass die Christen wirklich
"fast 2000 Jahre hindurch davon überzeugt waren, dass das Ende nahe sei"?

Unter anderem aus der Tatsache, dass die Menschen, vor allem im Hochmittelalter, in Allem und Jeden den Anti-Christen zu erkennen glaubten, dessen Erscheinen auf Erden ja bekanntlich das Kommen des Messias ankündigen soll.

Religiöse Eiferer brauchen keine derartigen Prophezeiungen,
um hinter allem, was ihnen nicht passt, irgendwelche bösen Mächte zu vermuten.
Solche etwas paranoiden Reaktionen haben die Funktion,
das Durchhalten von starren Weltbildern gegen allerlei Widrigkeiten zu ermöglichen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
"Übersehen" - mit diesem Wort outet sich der Dünkel gegenüber Andersdenkenden.


Du scheinst ein wenig empfindlich zu sein.

Lachen Nö, bin ich nicht. Ich finde solche Outings amüsant.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Was ich für wichtig halte, ist, wie seine "Nächstenliebe" konkret aussieht. Dazu s. o.


Du kennst aber auch die Geschichte vom verlorenen Sohn oder die von der Ehebrecherin?

Aber natürlich.

In der Geschichte vom verlorenen Sohn verhält sich der Vater ziemlich unpädagogisch.
Seine Zurücksetzung des kooperativen Sohns
ist erstens ungerecht
und zweitens ungeeignet, zu einem guten Verhältnis zwischen den Brüdern beizutragen.

Die Geschichte von der Ehebrecherin steht im Johannes-Evangelium,
das von Fachleuten für wenig geeignet gehalten wird,
die Biographie des historischen Jesus zu ermitteln.

Und was die literarische Figur "Jesus" in der Bibel angeht,
so hat derselbe Jesus die ausnahmslose Gültigkeit eines "Gesetzes" gefordert,
in dem es heißt, dass Ehebrecherinnen mit dem Tode zu bestrafen sind.
Also ist der Jesus der Bibel entweder ein Maulheld, der Forderungen aufstellt, ohne zu wissen, was sie bedeuten,
oder er redet mal so, mal so, ist also unzuverlässig.

Im Übrigen finde ich es ziemlich unverschämt, wie Jesus der Frau in ihr Sexualverhalten dreinreden wollte:
"Sündige nicht mehr!"
In dieser Hinsicht ist der Jesus des Johannes-Evangeliums nicht besser als viele Kirchenleute von heute,
die es in bedauernswertem Maße an Respekt fehlen lassen
gegenüber dem Recht der Frau auf sexuelle Selbstbestimmung.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Ach, wieder so eine allerliebste Argumentationsfigur aus der Trickkiste christlicher Apologetik:
die Rede von "subjektiver Betrachtungsweise" und "Gummibegriff",
wenn man nicht zugeben will, dass die Argumentation der Gegenseite eine objektive Grundlage hat
(in diesem Fall den Bibeltext)
und sich auch tatsächlich an dieser objektiven Grundlage orientiert.


So, plötzlich ist der Bibeltext also eine "objektive Grundlage".

Er ist insofern eine objektive Grundlage,
als sich objektiv feststellen lässt, was in einem bestimmten Text drinsteht und was nicht.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Selbstverfreilich abgesehen von den Teilen, die Leony die Weise, ganz objektiv, als "christliche Apologetik" entlarvt hat.

Quatsch. Auch von den Teilen lässt sich objektiv feststellen, dass sie in der Bibel drinstehen,
und mit welchem Wortlaut sie in welcher Ausgabe drinstehen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Du solltest dir vielleicht angewöhnen, einen Text nicht mit den eigenen konstruierten Interpretationen zu verwechseln.

Diesen Ratschlag brauchst du viel nötiger als ich.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass meine Interpretationen zwar auf einer objektiven Grundlage stehen,
aber keineswegs das gleiche Maß an Objektivität in Anspruch nehmen können.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ich weiß: Für einige Menschen – vor allem für solche die glauben, grundsätzlich im Recht zu sein - ist dieser feinen Unterschied nicht immer einfach zu erkennen. Aber mit etwas Mühe und gutem Willen klappt das schon!

Polemik pur, argumentativer Gehalt 0.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Von der literarischen Figur Jesus, wie sie in der Bibel dargestellt ist?
Oder von dem historischen Menschen Jesus, wie er wirklich geredet und gehandelt hat?


Welche Quellen außer der Bibel hättest du denn als "objektive Grundlage" des "historischen Jesus" anzubieten? Die Geschichtsforschung weiß im Grunde absolut nicht über diesen Mann aus Nazareth. Es gibt dazu so viele Meinungen wie Historiker. Jeder Nicht-Historiker oder Nicht-Theologe der will findet einen, der seine Meinung zu dieser Thematik scheinbar stützt. Die ganz cleverer pflege ihre Historiker dann meistens als die seriösen oder ernstzunehmenden zu bezeichnen, was natürlich impliziert, dass alle anderen bloß von irgendwelchen subjektiven Interessen geleitet sein.

Das ist keine Antwort auf meine Frage. Ich habe gefragt, von wem du redest.
Deine folgenden Äußerungen lassen die Interpretation zu,
dass du - da du vom historischen Jesus so wenig weißt -
wohl von der literarischen Figur Jesus reden musst, wie sie in der Bibel dargestellt ist.
Ich bin aber nicht sicher, ob diese Interpretation deiner Äußerungen richtig ist.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
Außerdem würdest du dich mit der Behauptung, die von dir genannten Worte Jesu wären eine "Tatsache",
im Widerspruch zu dir selbst setzen - schließlich hast du geschrieben:



Richtig! Ich weiß nicht, was genau von Jesus stammt und was nicht. Im Gegensatz zu dir behaupte ich das aber auch gar nicht.

Ich behaupte auch nur, dass es begründete Vermutungen gibt.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ich sehe nur, dass die Nächstenliebe-Ethik eine zentrale Botschaft des Evangeliums ist.

Sie kommt vor - aber zentral? Na ja, das hatten wir schon.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Und dass Jesus dieses Gebot, wie es scheint, radikal bis in den Tod lebte.

Hätte er dies Gebot menschenfreundlicher interpretiert, wäre es schöner gewesen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ich bestreite deswegen allerdings nicht die Möglichkeit, dass er auch eschatologische Lehren ö.ä. predigte. Die Rosinenpickerei die du mir unterstellen willst betreibe ich nicht. Ich bin kein Christ und sehe Jesus nicht als Gott an. Deshalb muss ich auch nicht alle seine echten und vermeintlichen Ansichten teilen.

Ich habe nie verlangt, dass du seine echten oder vermeintlichen Ansichten teilst.
Ich verlange lediglich, dass zur Kenntnis genommen wird,
welche Ansichten Jesus in der Bibel zugeschrieben werden,
und welche Verhaltensweisen Jesus in der Bibel zugeschrieben werden.
Darunter sind einige Ansichten und Verhaltensweisen,
die völlig unvereinbar sind
mit dem, was man gewöhnlich unter Nächstenliebe versteht.
_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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