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Postliberale Theologie in Theorie und Praxis
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Mandingo
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Anmeldungsdatum: 03.01.2005
Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe

Beitrag(#245895) Verfasst am: 18.01.2005, 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, Sokrateer,
ich finde deine Idee prima, gezielt und offen zugleich.
Vielleicht finden wir so auch noch andere Interessenten.
_________________
"Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Mandingo
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Anmeldungsdatum: 03.01.2005
Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe

Beitrag(#245898) Verfasst am: 18.01.2005, 12:22    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
...Na und? Wenn ich überall in meinen Beiträgen "ein Buch" durch "eine Büchersammlung" ersetze,
ändert sich an meinen wesentlichen Aussagen dazu nichts.

Aber Hallo!
"Widerspruchsfreiheit" wird in unserer Kultur und Sprache bedeutend stärker mit "einem Buch" assoziiert als mit einer "Büchersammlung".
Und genau in diese Kerbe haust du doch mit deiner Argumentation.
Die meisten deiner Texte,
die auf Widersprüchlichkeit in der Bibel abzielen,
werden mit "Büchersammlung" ziemlich aussageschwach.
"Widersprüchlichkeit" würde geradezu zur Notwendigkeit in einer mehr als tausendjährigen Büchersammlung,
sonst wäre am Fortschritt (ganz neutral gemeint) in der Entwicklung der Menschheit zu zweifeln.
_________________
"Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Mandingo
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Anmeldungsdatum: 03.01.2005
Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe

Beitrag(#245903) Verfasst am: 18.01.2005, 12:47    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
...Der einzige Widerspruch, den es da gibt,
ist der zwischen einer modernen Interpretation des Satzes "Du sollst nicht töten" und der Bibel.

An welche der vielen "modernen Interpretation des Satzes" denkst du da gerade?

Leony hat folgendes geschrieben:
...Das "Du sollst nicht morden" der Bibel
verträgt sich wunderbar mit Angriffskrieg, Völkermord und exzessivem Gebrauch der Todesstrafe,
indem all das nicht als "Mord" angesehen wird.

Toll, aber wenig klärend.
Die Juristen müssen ja auich ihre Arbeitsplätze sichern dürfen und nicht nur die Linguisten. "Morden" statt "Töten" klärt bestenfalls etwas für Vegetarier.

Leony hat folgendes geschrieben:
...Dass seine Sprache oft nicht verstanden wird, liegt an dem Sprecher selbst.
Wenn ich eine Birne meine, aber "Apfel" sage,
darf ich mich nicht beschweren, wenn jemand denkt, ich meine einen Apfel.

Theoretisch sehr überzeugend,
aber in der Praxis scheitert diese simple Klärung am Metapherngebrauch.
"Apfel" ist nun mal keine Metapher für "Birne", das Wort "Vater, Richter, König, Gott usw." für die Kraft, die unser Leben schafft, erhält und bestimmt,
aber sehr wohl.

Leony hat folgendes geschrieben:
...An einen solchen Gott zu glauben,
das ist ebenso unbegründet und verdient ebenso die Bezeichnung "Aberglaube" wie z. B. der Glaube an Hexen.

Wenn der, der von seinem Gott spricht, das so naiv meint,
das ist aber bei jedem Bekenner die Frage (s.o.) und zu prüfen,
und zwar an seinem Leben und Verhalten mehr als an seinen Worten.


Leony hat folgendes geschrieben:
...Eine Unklarheit, die von den Betreffenden manchmal gar nicht als störend empfunden wird,
manchmal ganz im Gegenteil, sie nutzen die Unklarheit, um zwischen den Möglichkeiten hin und her zu oszillieren,
je nachdem, was ihnen in einer bestimmten Situation gerade in den Kram passt.

Die Unklarheit muss schon deshalb offen gehalten werden,
weil ein festes Bild von de Kraft s.o. uns nie endgültig zugänglich ist.
Ich kann nur über das reden, das ich erfahren habe und mir fassbar ist.
Der Rest muss offen bleiben oder wird zur Spekulation.

Leony hat folgendes geschrieben:
...Es waren die modernen Christen,
die alte Wörter anders gebraucht haben, als sie nach alter Tradition gebraucht wurden,
und die dadurch eine Sprachverwirrung geschaffen haben,
dass man dann, wenn sie bestimmte Wörter benutzen, nicht mehr auf Anhieb verstehen kann, was gemeint ist.

Diese "Sprachverwirrung" ist uralt
und hat es schon spätestens geben,
als die israelitischen Stämme sich an der Oase Kadesh auf den einen Jahwe einigten (das war 1200 v.Chr.) und keinen Namen für ihn wollten.
Schon damals werden die Nachbarvölker kaum in der Holzkiste,
die als Bundeslade durch die Wüste geschleppt wurde, als "Göttliches" erkannt haben.
Der "Gebrauch nach alter Tradition" war noch nie so klar,
dass alle dasselbe meinten.


_________________
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#245960) Verfasst am: 18.01.2005, 16:31    Titel: Antworten mit Zitat

Wer ist denn mit dem begriff "postliberal" gekommen? Klingt ja erschrekkend. Ihc meine, übersetzt das mal und ihr merkt, was ich meine...
_________________
Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#246055) Verfasst am: 18.01.2005, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Wer ist denn mit dem begriff "postliberal" gekommen? Klingt ja erschrekkend. Ihc meine, übersetzt das mal und ihr merkt, was ich meine...

Das war meine Wenigkeit. Es gibt ja auch den Begriff "Postmoderne", also was solls.
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#246260) Verfasst am: 19.01.2005, 01:19    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Wer ist denn mit dem begriff "postliberal" gekommen? Klingt ja erschrekkend. Ihc meine, übersetzt das mal und ihr merkt, was ich meine...

Das war meine Wenigkeit. Es gibt ja auch den Begriff "Postmoderne", also was solls.

Das Wort ist eben so zustande gekommen,
dass Sokrateer zuerst "liberale Theologie" vorgeschlagen hatte
und ich dagegen eingewandt hatte:
Leony hat folgendes geschrieben:
Als "liberale Theologie" bezeichnet mein Lexikon eine theologische Richtung des 19. Jahrhunderts.

und gemeint hatte, dass Mandingos Vorstellungen IHMO weit über das hinausgingen,
was in der liberalen Theologie des 19. Jahrhunderts vertreten wurde.
_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#246281) Verfasst am: 19.01.2005, 01:58    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
....Du aber pickst dir die Rosinen heraus
und forderst dann, dass das ganze Buch so verstanden werden müsste
wie die aus dem Zusammenhang gerissenen Rosinen....

Diese Forderung, Leony,
habe ich nie erhoben!

Mag sein, dass ich da ein wenig ungenau war.
Vielleicht hätte ich besser schreiben sollen:
Zitat:
"...Du aber pickst dir die Rosinen heraus
und forderst dann, dass alle Lehren oder Thesen in diesen Schriften gemessen werden müssten
an diesen aus dem Zusammenhang gerissenen Rosinen...

Schließlich hast du geschrieben:
Mandingo hat folgendes geschrieben:
Glaube in einer Religion
bedeutet darum auch nicht, jede Einzelheit dieser Schriften zu akzeptieren,
sondern den zentralen Geist einer Weltanschauung zu erkennen und für sein Leben zu nutzen und alle übrigen "Lehren" oder "Thesen" daran zu messen.
...
So werden Christen, die die bedingungslose Nächstenliebe von Jesus übernehmen und als Lebensprinzip verstehen, ...

Offenbar betrachtest du die bedingungslose Nächstenliebe
als das Zentrale an der christlichen Weltanschauung
und als das Zentrale an der Botschaft Jesu.

Das mag eine sympathische Interpretation sein,
jedoch ändert das nichts daran,
dass es eine völlig willkürliche Interpretation der Botschaft Jesu ist,
dem es vor allem um etwas völlig anderes ging,
und dass deine Interpretation der christlichen Weltanschauung
nicht minder willkürlich ist als die Interpretationen der Kreuzfahrer, Inquisitoren und Hexenverfolger.

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Zweitens habe ich eindeutig klar gestellt,
dass ich alles, was nicht zu Jesu Bergpredigt passt,
für uns heute irrelevant oder nur noch literarisch-historisch interessant finde.

Wenn du konsequent bist, dann folgerst du daraus:

Jesus und die Ansichten, die er unseres Wissens vertreten hat,
sind "für uns heute irrelevant oder nur noch literarisch-historisch interessant".
_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Leony
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#246284) Verfasst am: 19.01.2005, 02:17    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
...Der einzige Widerspruch, den es da gibt,
ist der zwischen einer modernen Interpretation des Satzes "Du sollst nicht töten" und der Bibel.

An welche der vielen "modernen Interpretation des Satzes" denkst du da gerade?

Ich denke daran, dass der Satz "Du sollst nicht töten" heutzutage gewöhnlich so verstanden wird,
dass daraus u. a. folgt,
dass man keinen unprovozierten Angriffskrieg beginnen darf,
dass man nach einem Sieg weder die Kriegsgefangenen noch die Zivilbevölkerung töten darf,
und dass man die Todesstrafe entweder überhaupt nicht praktizieren darf
oder allenfalls als Strafe für Mord und ähnlich schwere Verbrechen,
auf keinen Fall aber als Strafe für Ehebruch, Homosexualität oder religiöse Verehrung fremder Götter.

Bei allen Unterschieden in den Auffassungen, was sonst noch durch den Satz "Du sollst nicht töten" verboten wird,
dürfte über die von mir angeführten Folgerungen aus diesem Satz
heutzutage allgemeiner Konsens herrschen,
von radikalen Gesinnungs-Pazifisten bis hin zum Vatikan.

Aber das ist eben nicht die Bedeutung des Gebots "Du sollst nicht morden" in Exodus = 2. Mose 20, 13.
_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Mandingo
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Anmeldungsdatum: 03.01.2005
Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe

Beitrag(#246508) Verfasst am: 19.01.2005, 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
...Offenbar betrachtest du die bedingungslose Nächstenliebe
als das Zentrale an der christlichen Weltanschauung
und als das Zentrale an der Botschaft Jesu.

Das mag eine sympathische Interpretation sein,
jedoch ändert das nichts daran,
dass es eine völlig willkürliche Interpretation der Botschaft Jesu ist,
dem es vor allem um etwas völlig anderes ging,
und dass deine Interpretation der christlichen Weltanschauung
nicht minder willkürlich ist als die Interpretationen der Kreuzfahrer, Inquisitoren und Hexenverfolger.

Hier noch einmal zum Mitmeißeln
die Klärung der zentralen Botschaft durch Jesus:

Matthäus 22
Die Frage nach dem höchsten Gebot

35 Und einer von ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und fragte: 36 Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?
37 Jesus aber antwortete ihm: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt»
(5. Mose 6,5). 38 Dies ist das höchste und größte Gebot.
39 Das andere aber ist dem gleich: «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst» (3. Mose 19,18 ).
40 In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.


Was du sonst noch an Bibelstellen ankarren kannst, Leony,
antwortet alles keineswegs auf eine so direkt gestellte Frage,
die nun einmal unsere Frage nach dem Zentrum ist.
Alle anderen Stellen sind somit situativer im Bezug als diese.

Wie man da "willkürlich" deuten kann,
ist mir schleierhaft.
Der Vergleich mit der "willkürlichen Deutung" von Kreuzfahreren, der Inquistiion und Hexenverfolgern ist absurd und peinlich!
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#246586) Verfasst am: 19.01.2005, 19:02    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Hier noch einmal zum Mitmeißeln
die Klärung der zentralen Botschaft durch Jesus:

Matthäus 22
Die Frage nach dem höchsten Gebot

35 ...
(5. Mose 6,5). 38 Dies ist das höchste und größte Gebot.
39 Das andere aber ist dem gleich: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (3. Mose 19,18 ).
40 In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Mandingo, wann merkst du, dass ich lesen kann? Ungeduldiges Händetrommeln...

Beim Lesen pflege ich allerdings nicht alles für bare Münze zu nehmen.
Je pathetischer einer hehre Prinzipien verkündet,
um so mehr Anlass sehe ich, nachzuprüfen, was eigentlich dahinter steckt,
was denn die Substanz dessen ist, was da zum Zentrum deklariert wird.

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Was du sonst noch an Bibelstellen ankarren kannst, Leony, ...

das gibt mir Auskunft darüber, was - der Bibel nach - Jesus sich konkret darunter vorgestellt hat,
als er das Prinzip der Nächstenliebe verkündete.

Ich wende damit eine Auslegungsmethode an, die du selbst, Mandingo, vorgestellt und anscheinend richtig gefunden hast:
Mandingo hat folgendes geschrieben:
Auch die namhaften Rabbiner sehen hier die zentrale Botschaft der Bibel
und den "Rest als Kommentar" oder Veranschaulichung.

Wenn ich nun auf der Basis dieses Kommentars herauszufinden versuche,
was bei Jesus hinter der Botschaft der Nächstenliebe steckte,
dann stelle ich fest:

Es steckt nicht das dahinter, was man heutzutage gewöhnlich unter Nächstenliebe versteht.
Dieser Jesus hatte ganz andere Dinge im Kopf
als den Wunsch und die Bereitschaft, auf effektive Art etwas für das Wohlergehen seiner Nächsten zu tun.
Dieser Jesus hatte vor allem seine apokalyptischen Naherwartungs-Phantasien im Kopf.
Und wie es bei ihm konkret mit der Nächstenliebe aussah, das hatten wir schon einmal hier.

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Wie man da "willkürlich" deuten kann,
ist mir schleierhaft.

Du deutest mindestens so willkürlich wie die Inquisitoren,
die den Spruch Jesu
Jesus nach Matthäus 18, 6 hat folgendes geschrieben:
Wenn aber jemand einem dieser Kleinen, die an mich glauben, Anlass zur Sünde gibt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde
ernst genommen haben
und den Schluss daraus gezogen haben, sie täten etwas Gutes,
wenn sie so vehement wie möglich gegen die Ketzer vorgingen,
damit ja niemand von denen zur "Sünde" verleitet werden könnte.

Du deutest mindestens so willkürlich wie die Hexenverfolger,
die Jesu Wort ernst nahmen,
nach dem kein Buchstabe des Gesetzes vergehen und nicht das kleinste Gebot aufgehoben werden sollte,
logischerweise auch nicht "Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen", Exodus = 2. Mose 22, 17.

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Der Vergleich mit der "willkürlichen Deutung" von Kreuzfahreren, der Inquistiion und Hexenverfolgern ist absurd und peinlich!

Der Vergleich stimmt - peinlich ist er deshalb für dich.

Dass du deine Deutung der Bibel und deine Deutung der Botschaft Jesu
für die einzig legitime hältst
und Menschen mit anderen Deutungen das Recht absprichst, sich auf die Bibel und auf Jesus zu berufen,
das ist ein bei Christen weitverbreitetes Phänomen,
das in ähnlicher Weise bei Anhängern der unterschiedlichsten Ideologien vorkommt.

Auf Volkers Homepage gibt es dazu einen lesenswerten Beitrag: Denkfehler und Denkfallen: Wahre Schotten.
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Mandingo
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Anmeldungsdatum: 03.01.2005
Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe

Beitrag(#246917) Verfasst am: 20.01.2005, 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
....Dass du deine Deutung der Bibel und deine Deutung der Botschaft Jesu
für die einzig legitime hältst
und Menschen mit anderen Deutungen das Recht absprichst, sich auf die Bibel und auf Jesus zu berufen,
das ist ein bei Christen weitverbreitetes Phänomen,
das in ähnlicher Weise bei Anhängern der unterschiedlichsten Ideologien vorkommt.

Lassen wir´s, Leony,
was tust du denn anderes,
als deine Deutung hier gebetsmühlenartig zu wiederholen?
Ich spreche niemandem seine Deutung ab,
bekenne mich aber zu meiner.
Wie sollen denn sonst Diskussionen funktionieren?
Du überzeugst mich eben nicht, warum sollte ich dir dann zustimmen?

Deine konstruierte Kontroverse zwischen Naherwartung und Nächstenliebe
kann doch nun wirklich niemand als Beleg dafür sehen,
dass Jesus nicht konsequent Nächstenliebe predigt und lebt.
Die Haltung des Rabbi Jesus zum Nächstenliebegebot entspricht genau der rabbinischen Tradition bis heute
(Siehe Pinhas Lapide: Er predigte in ihren Synagogen.)
und wird von Jesus praktiziert.

Deine Mühlstein-Passagen sind nirgends Handlungsaufforderungen,
sondern überdeutliche Wertungen und rhetorische Bilder.
Die Weltgerichtsrede (Matthäus 25, 38-46) ist geradezu ein Glanzstück als Plädoyer für Nächstenliebe statt Kult bei der Entscheidung, wer zu Gottes Reich gehört.
Sie passt zu den Seligpreisungen und andern Thesen Jesu.

Du schwankst da ständig zwischen Ernstnehmen von Mythen,
die Jesus zu widersprechen scheinen,
und gegenwärtigem Verständnis ethischer Normen.

Da sollte man auf einer Ebene bleiben,
statt wie ein hermeneutisches Eichhörnchen hin- und herzuhüpfen
,
sonst wird man von der eigenen Inkonsequenz platt gemacht.


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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#246930) Verfasst am: 20.01.2005, 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:

Matthäus 22
Die Frage nach dem höchsten Gebot

35 Und einer von ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und fragte: 36 Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?
37 Jesus aber antwortete ihm: «Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt»
(5. Mose 6,5). 38 Dies ist das höchste und größte Gebot.
39 Das andere aber ist dem gleich: «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst» (3. Mose 19,18 ).
40 In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

[ ... ]
Wie man da "willkürlich" deuten kann,
ist mir schleierhaft.
Der Vergleich mit der "willkürlichen Deutung" von Kreuzfahreren, der Inquistiion und Hexenverfolgern ist absurd und peinlich!

Die Frage nach dem "Wie" ist zweitrangig. In erster Linie kommt die Frage nach dem "Ob". Gerade der Satz, denn du da herausgestrichen hast, wird von Bush in jeder Rede mehrmals verwendet. Er ist ein großer Fan dieses Gebots. Die Umsetzung ist das Problem. Er versteht unter seiner Verbreitung von Demokratie und seines überlegenen amerikanischen Modells im Nahen Osten Nächstenliebe, genauso wie unter seiner harten Asozialpolitik, die wie ein strenger Vater, der ja auch seine Kinder liebt, dafür sorgen soll, dass die Armen lernen sich durchzukämpfen und auf eigenen Beinen zu stehen....
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Mandingo
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Anmeldungsdatum: 03.01.2005
Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe

Beitrag(#246961) Verfasst am: 20.01.2005, 14:40    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
...Gerade der Satz, denn du da herausgestrichen hast, wird von Bush in jeder Rede mehrmals verwendet. Er ist ein großer Fan dieses Gebots. Die Umsetzung ist das Problem. Er versteht unter seiner Verbreitung von Demokratie und seines überlegenen amerikanischen Modells im Nahen Osten Nächstenliebe, ....

Also ich habe diesen Satz noch nie von Bush oder anderen "Wiedergeborenen" gehört, Sokrateer.

Die Ethik wird von den US-Evangelikalen als unerheblich für die Teilnahme am "Reich Gottes" angesehen,
in der Regel als "gute Werke" heruntergespielt,
während die "Bekehrung" und "Sündenwäsche in Christi Blut" das Entscheidende ist.
So fühlen sie sich leicht als "Erlöste", "Auserwählte",
die am Jüngsten Gericht als Richter teilhaben und schon jetzt dafür sorgen,
dass dieser Tag schnell kommt.

Siehe dazu den höchst interessanten Beitrag "Erweckung und Politik" der Sendung "Scala" im WDR5:
http://www.wdr5.de/sendungen/scala/manuskript/pdf-file_manuskript.pdf

Für Jesus ist geradezu typisch,
dass er Bushs Spekulationen nicht als Vorbild dienen kann,
weil er Spekulationen dieser Tragweite nicht vornimmt.
So berufen sich die US-Evangelikalen für ihr Sendungsbewusstsein auf die Johannes-Apokalypse und alltestamentliche Normen und Straf-Aktionen.

Wer die Nächstenliebe im Sinne Jesu versteht,
ist jedem, der ihm begegnet (siehe Barmherziger Samariter) zur Nächstenlieb verpflichtet.
Bush tut nicht an den Irakern u.a.,
was er selbst an sich getan haben möchte.

Auslegungsoffen ist allerdings jeder sprachliche Satz.
Wer sich aber für seine Liebe gegenüber den Ausgestoßenen, Armen der damaligen Gesellschaft, gegenüber "Zöllnern und Sündern" ans Kreuz schlagen lässt, gleicht Bush & Co. wohl kaum.
Der schlägt lieber andere ans Kreuz.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#246980) Verfasst am: 20.01.2005, 15:16    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

LOVE YOUR NEIGHBOR, WIN THE WAR [ TOP ]
This repeat offense features Dubya insisting that loving your neighbor (in the biblical sense) will win the war against terrorism. He sometimes justifies this as pitting good against evil.

1. And let me conclude by telling you, as people who've got influence in your communities and around the country, that there is a way you can help fight this war against terror, beyond trying to affect the budget -- make sure you keep employing people. And that is to love your neighbor like you'd like to be loved yourself. (Apr. 16, 2002)

2. You know, people oftentimes ask me what can they do to help fight in the war against terror. Firefighters answer that call every day. But there are other ways to fight in the war against terror, as well. If you want to fight evil, do some good. If you want to join the war against terror, love your neighbor just like you'd like to be loved yourself. (Apr. 18, 2002)

3. People say to me, you know, Mr. President, what can I do in the war against terror? My answer is, love your neighbor like you'd like to be loved yourself. (May 1, 2002)

4. People often ask me how they can help in the war against terror. I'll tell you how you can help. You can love a neighbor just like you'd like to be loved yourself. (May 9, 2002)

5. I often say that if you want to join in the war against terror, do some good. If you want to fight evil, love your neighbor like you'd like to be loved yourself. (May 17, 2002)

6. People say, what can I do to help? You can love your neighbor like you'd like to be loved yourself. If you want to fight evil, do some good. You see, it's the million acts of kindness and decency that take place every day in America that will help us fight off evil. (June 21, 2002)

7. People ask me how can they help in the war against terror. My answer is, love a neighbor like you'd like to be loved yourself. (Aug. 22, 2002)

8. My call to people in this country is that if you want to join on the war on terror, if you want to fight evil, love your neighbor like you'd like to be loved yourself. (Aug. 23, 2002)

9. I believe the enemy has wakened a spirit in this country that understands in order to fight evil, in order to fight evil -- that in order to fight evil, you can do so by loving your neighbor just like you'd like to be loved yourself. (Aug. 23, 2002)

10. A lot of people say, well, what can I do on the war against terror? You can love your neighbor like you'd like to be loved yourself is what you can do. (Sep. 5, 2002)

11. Many of our citizens understand to fight evil, you do so by loving your neighbor just like you'd like to be loved yourself. (Sep. 5, 2002)

12. There's a new spirit in America, thanks to what happened on September the 11th. We still mourn for the loss of life, but there are thousands of our fellow citizens who have asked the question, how can I help? And they've heard the call, you can help fight evil by doing good. You can fight evil by loving your neighbor just like you'd like to be loved yourself. (Sep. 17, 2002)

13. People have often asked me, what can I do to help in the war against terror? You can join the war against terror and fight evil by loving your neighbor just like you'd like to be loved yourself. (Oct. 5, 2002)

14. Xavier knows what I know, that the best way to serve your country is to love a neighbor just like you would like to be loved yourself. (Jul. 28, 2003)


Quelle

Ein paar weitere Zitate von der Webseite:
"We are commanded by God and called by our conscience to love others as we want to be loved ourselves.!"
"By being active citizens in your church or your synagogue, or for those Muslims, in your mosque, and adhering to the admission to love a neighbor just like you'd like to be loved yourself, that's how we can stand up."
"Christmastime reminds each of us that we have a duty to our fellow citizens, that we are called to love our neighbor just as we would like to be loved ourselves."

Bush verwendet dieses Gebot nicht nur im Zusammenhang mit dem Krieg, sondern er baut das fast überall ein, allerdings oft mit angepassten Varianten, sodass es schwer ist alle zu finden.
Also sowas wie: "Wir sollten unsere Kranken heilen, so wie wir selbst geheilt werden wollen" usw.

Zu den Wiedergeborenen komme ich noch gleich.
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Effô Tisetti
Königsblau bis in den Tod



Anmeldungsdatum: 18.09.2003
Beiträge: 9920
Wohnort: 75

Beitrag(#247034) Verfasst am: 20.01.2005, 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:

Wer die Nächstenliebe im Sinne Jesu versteht,
ist jedem, der ihm begegnet (siehe Barmherziger Samariter) zur Nächstenlieb verpflichtet.


Woher weißt du, wie "Nächstenliebe" im Sinne Jesu zu verstehen wäre? Ist dein Gehirn bzw. dein Bewusstsein mit dem der seit 2.000 Jahren toten mythologischen Figur verschaltet (verzeih die Polemik)? Und was ist der tiefere Sinn dieses "Verstehen"? Kann ich auch "verstehen" und deshalb "ablehnen"? Darf ich das überhaupt? Abgesehen von den von Jesus selbst produzierten Widersprüchen (s. Wortwahl bzgl. seiner pharisäischen Diskussionspartner) zum "Gesetz der Nächstenliebe", halte ich persönlich dieses Gesetz für vollkommen unerfüllbar, was es gemäß der kantschen Definition als Gesetz ungeeignet macht. Ferner fehlt jegliche erkennbare Grundlage oder Legitimation für dieses Gesetz. Damit kommen wir zu deiner nächsten Folgerung, die ich nicht teilen kann: Warum sollte aus einem "Verstehen" eine "Verpflichtung" entspringen? M.E. kann "Einsicht" aus einem "Verstehen resultieren, das dann "Handeln" zur Folge hat. Aus dem "Verstehen" des Nächstenliebegesetzes folgt für mich persönlich aber keine "Einsicht" - aus genannten Gründen. Anders bei (zumindest den meisten) weltlichen Gesetzen dieser Republik oder den Menschenrechten. Nämlich die Einsicht darin, dass diese Gesetze für das friedliche und glückliche Zusammenleben notwendig und befolgbar sind. Aus derselben Einsicht kann man persönlich auch folgern, dass man "mehr" für das friedliche und glückliche Zusammenleben der Menschen tun möchte, als die Gesetze vorschreiben. Das ist aus Sicht der Gemeinschaft wünschenswert und ebenfalls erfüllbar. Diese Einsicht hat etwas mit "Empathie" zu tun und ist mithin ein zwischenmenschlicher Vorgang, der Gott oder Jesus nicht bedarf.

Im Übrigen freue ich mich, dass endlich mal ein diskussionsbereiter und einigermaßen geistreicher Christ hierher gefunden hat!

Nachtrag: Damit sind wir auch bei der Person von Bush, die eben nicht von "Einsicht" geleitet wird, sondern "Gottes Gesetz". Ein Gesetz, das er selbst (Bush) nicht mehr rechtfertigen oder legitimieren muss, da er ja darauf "verpflichtet" ist. Daran sieht man m.E. auch exemplarisch, dass ein Handeln, das nicht von Einsicht gesteuert wird, gefährlich wird. Deshalb ist es so wichtig, die Religion aus der Politik herauszuhalten. Denn "verstehen" kann man Jesus so oder so - deshalb sollte man vielleicht öfter mal selber denken und sich für sein daraus resultierendes Handeln selbst verantworten müssen.
_________________
"Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."


Zuletzt bearbeitet von Effô Tisetti am 20.01.2005, 17:36, insgesamt 2-mal bearbeitet
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King Lui
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Beitrag(#247038) Verfasst am: 20.01.2005, 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:

Wer die Nächstenliebe im Sinne Jesu versteht,
ist jedem, der ihm begegnet (siehe Barmherziger Samariter) zur Nächstenlieb verpflichtet.
Bush tut nicht an den Irakern u.a.,
was er selbst an sich getan haben möchte.


Zitat:
Jesu Weheruf über galiläische Städte
20 Da fing er an, die Städte zu schelten, in denen die meisten seiner Taten geschehen waren; denn sie hatten nicht Buße getan: 21 Wehe dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wären solche Taten in Tyrus und Sidon geschehen, wie sie bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche Buße getan. 22 Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als euch. 23 Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden. Denn wenn in Sodom die Taten geschehen wären, die in dir geschehen sind, es stünde noch heutigen Tages. 24 Doch ich sage euch: Es wird dem Land der Sodomer erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.


Doch genau das tut Bush. Der Satz "Freiheit ist stets die Freiheit des Andersdenkenden" stammt eben nicht von Jesus Christus, sondern von Rosa Luxemburg. Bush überträgt seine eigenen politischen Ansichten, seine inneren Überzeugungen auf den Irak. Er tut in gewisser Weise an den Irakern von daher sehr wohl das, was er selbst an sich getan haben möchte. Es ist scheinbar nur so, dass ich und du auf der einen Seite und Bush auf der anderen verschiedene Vorstellungen haben, wie Außenpolitik funktioniert.
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Bastelanleitung für ein ideologisches Weltbild:
1. Stülpe den Tatsachen eine höhere Wahrheit über.
2. Passe die Tatsachen der höheren Wahrheit an.
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kamelpeitsche
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Beitrag(#247049) Verfasst am: 20.01.2005, 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

Franz Buggle hat sich in "Denn sie wissen nicht, was sie glauben" zum Gesetz der Naechstenliebe geaeuszert. Abgesehen von der besonders verantwortungsethisch gesehen problematischen metaphysischen Letztbegruendung geht er so weit, das Gebot der Naechstenliebe an sich zu kritisieren. Sollte ich naemlich einen mir fluechtig bekannten deutschen Soldaten, der in Afghanistan umkommt, genau so lieben und (fuer mich persoenlich) wertschaetzen wie meinen Bruder, kommen wir zu dem Problem, dass ich wohl vor Trauer um all die geliebten Menschen nicht mehr "klar denken" koennte.

Das gilt auch umgekehrt: Wenn ich mich fuer Else Baumgartner aus der Niederpfalz genauso freuen wuerde wie fuer meinen Bruder, wenn der im Lotto gewinnt, waere ich wohl die gluecklichste Person auf Erden.

Alles in Allem wuerde bei mir wohl mehr Gefuehlschaos herrschen als bei einem Teenager, der seinen ersten Pickel entdeckt.
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Beitrag(#247055) Verfasst am: 20.01.2005, 17:52    Titel: Antworten mit Zitat

King Lui hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Jesu Weheruf über galiläische Städte
20 Da fing er an, die Städte zu schelten, in denen die meisten seiner Taten geschehen waren; denn sie hatten nicht Buße getan: 21 Wehe dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wären solche Taten in Tyrus und Sidon geschehen, wie sie bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche Buße getan. 22 Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als euch. 23 Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden. Denn wenn in Sodom die Taten geschehen wären, die in dir geschehen sind, es stünde noch heutigen Tages. 24 Doch ich sage euch: Es wird dem Land der Sodomer erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.

Der letzte Satz wurde glaube ich später hinzugefügt und findet sich in frühen Manuskripten nicht.

Den größten Widerspruch zur Nächsetnliebe stellen allerdings immer noch die unzähligen Drohungen von Jesus, Andersdenkende unaufhaltsam in der Hölle zu foltern, dar.
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Mandingo
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Beitrag(#247111) Verfasst am: 20.01.2005, 18:59    Titel: Antworten mit Zitat

Schalker hat folgendes geschrieben:
....Woher weißt du, wie "Nächstenliebe" im Sinne Jesu zu verstehen wäre? Ist dein Gehirn bzw. dein Bewusstsein mit dem der seit 2.000 Jahren toten mythologischen Figur verschaltet (verzeih die Polemik)?

Niemand, Schalker,
ist beim Verstehen eines Textes darauf angewiesen,
mit dem Gehirn oder Bewusstsein des Autors vernetzt zu sein.
Die von dir erwähnte "Empathie" scheint da schon verständnisfördernder,
und die wird möglich, wenn man die Zeitgeschichte, die Tradition usw. des Autor kennt.

Jesus war jüdischer Rabbi,
und zwar aus der Tradition des galiläischen Chassidismus, der auf Armut und die Ethik der Nächstenliebe setzte.
Dessen Gegner war i.d.R. die Jerusalemer Tempel-Geistlichkeit,
die sich auf Kult und kasuistische Gesetze stützte und die "Landprediger" von Galiläa belächelte.
So ist anzunehmen, dass Jesus als einer der vielen Wanderprediger seine Vokabeln auch ähnlich verstand.

Eine weitere Verständnishilfe ist der Kontext:
Auf die Frage, wer denn der Nächste sei, erzählt er die Geschichte vom Barmherzigen Samariter.
Fazit: Er meint keine großen Weltverbesserungspläne, Kämpfe eines Reiches der Guten gegen die Bösen usw., sondern Hilfe gegenüber dem Nächsten, der mir über den Weg läuft.
Wenn das der Stil aller Menschen würde, sähe die Welt besser aus.

Danke, Sokrateer, für die Bush-Zitate.
Ich kannte sie nicht, dafür aber seine Kreuzugspläne.
Dass Bush den Gedanken von der Nächstenliebe so gern anführt,
kann viele Gründe haben.
Wahrscheinlich glaubt er sogar, dass das so gemeint war, wie er es praktiziert. Das macht aber den Gedanken Jesu und der jüdischen Tradition nicht falsch oder unbrauchbar.
Schließlich soll man die Menschen an ihren Taten messen, nicht an ihren Worten.

Schalker hat folgendes geschrieben:
.... halte ich persönlich dieses Gesetz für vollkommen unerfüllbar, was es gemäß der kantschen Definition als Gesetz ungeeignet macht. Ferner fehlt jegliche erkennbare Grundlage oder Legitimation für dieses Gesetz.

Vollkommen erfüllbar ist dieses Gebot nicht,
da hast du völlig Recht.
Als Gesetz im Sinne Kants ist es aber wohl auch nicht gedacht.
Die Tora ist incl. der 10 Gebote auch kein "Gesetzbuch",
sondern beschreibt, wie die Menschen sind, wenn sie im Sinne Jahrwes leben (eher ein Projekt-Entwurf der Familie Gottes).
Sie werden sich dann automatisch wie die Familie eines Vaters verhalten.
Dieses Modell steht dahinter, mit allen Schwächen und Vagheiten.

Ich kann mir aber auch nicht vorstellen,
dass man in unserer Welt, Gesellschaft und Sprache eine vollkommen eindeutige gute Regelung, die für alle Fälle Erfolg garantiert, findet.
Da ist mir eine Art "Richtschnur" mit "fuzzy logic" realistischer.

Schalker hat folgendes geschrieben:
....Damit kommen wir zu deiner nächsten Folgerung, die ich nicht teilen kann: Warum sollte aus einem "Verstehen" eine "Verpflichtung" entspringen? M.E. kann "Einsicht" aus einem "Verstehen resultieren, das dann "Handeln" zur Folge hat.

So ist es wohl auch gemeint.
Verpflichtet sind nur die Anhänger und Bekenner der Lehre,
die ja wohl eine "Einsicht" ihr eigen nennen.
Sie sehen die Nächstenliebe als einzigen Weg, allen Menschen soziale Gerechtigkeit zukommen zu lassen.
Die Folgen des Fehlens von "Nächstenliebe" legen das ja auch sehr nahe.

Schalker hat folgendes geschrieben:
.... Diese Einsicht hat etwas mit "Empathie" zu tun und ist mithin ein zwischenmenschlicher Vorgang, der Gott oder Jesus nicht bedarf.

"Zwischenmenschliche Vorgänge der Empathie" zu demonstrieren,
versucht Jesus in allen seinen Reden und seinem Vorbild.
Die hätten die Menschen auch allein finden können.

Das "Moderne" oder "Aktuelle" an seiner Haltung ist,
dass er dies an die Stelle der mythisch-kultischen Gottes-Verehrung setzt und über den Tempelkult stellt,
eine uralte jüdische Tradition, die aber zur Zeit Jesu verschüttet zu sein schien. Auch bei uns sieht der Fundamentalismus nicht besser aus.

Außerdem ist eine "Gemeinde",
die sich auf bestimmte "zwischenmenschliche Vorgänge"(s.o.) einigt, sie für verbindlich erklärt, feiert und besingt usw., eine gruppendynamisch stärkere Kraft als ein Einzelner, der zu derselben Einsicht gekommen ist, aber mit ihr allein bleibt.

Schalker hat folgendes geschrieben:
....Damit sind wir auch bei der Person von Bush, die eben nicht von "Einsicht" geleitet wird, sondern "Gottes Gesetz". ...Daran sieht man m.E. auch exemplarisch, dass ein Handeln, das nicht von Einsicht gesteuert wird, gefährlich wird. Deshalb ist es so wichtig, die Religion aus der Politik herauszuhalten.

So sehe ich das auch,
was das Handeln aus Einsicht und die Trennung von Politik und Religion angeht.
Ob Bush sich aber ernsthaft von "Gottes Gesetz" geleitet fühlt,
wage ich zu bezweifeln.
Der Bible-Belt mit seiner Öl-Industrie und calvinistischen Erfolgs-Anrechnung als "Gottes Segen" setzt wohl auch noch andere Kräfte frei.
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Mandingo
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Beitrag(#247116) Verfasst am: 20.01.2005, 19:01    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
...Wenn ich mich fuer Else Baumgartner aus der Niederpfalz genauso freuen wuerde wie fuer meinen Bruder, wenn der im Lotto gewinnt, waere ich wohl die gluecklichste Person auf Erden.

Na, siehste,
es bringt also doch etwas!
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Mandingo
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Beitrag(#247120) Verfasst am: 20.01.2005, 19:06    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
...Den größten Widerspruch zur Nächsetnliebe stellen allerdings immer noch die unzähligen Drohungen von Jesus, Andersdenkende unaufhaltsam in der Hölle zu foltern, dar.

Da sehe ich den Widerspruch nicht so wie du, Sokrateer,

weil ich das für den mythischen Sprachgebrauch der damaligen Zeit halte.
Jesus stellt auch das Welt- und Gesellschaftsbild seiner Zeit nicht in Frage,
ebenso wenig die Bilder und Symbole seiner Alltagssprache.
So sind seine Drohungen in meiner Sicht nur Hinweise,
dass das, was die "Frommen seiner Zeit" den Nicht-Juden und von kasuistischen Normen Abweichenden zugedachten,
auch von ihnen zu erwarten ist.
Es war der Stil aller Wanderprediger zur Zeit Jesu.
Anders wären sie wohl auch nicht verstanden worden.
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Beitrag(#247293) Verfasst am: 21.01.2005, 00:46    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Na, siehste,
es bringt also doch etwas!


Du bist ein sehr angenehmer und kluger Gespraechspartner.
Warum hast du den ersten Teil der geschilderten Problematik nicht kommentiert? Ich bin mir ziemlich sicher, dass du ihn nicht ausblenden willst. Warum tust du das also?
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Mandingo
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Beitrag(#247493) Verfasst am: 21.01.2005, 15:18    Titel: Antworten mit Zitat

kamelpeitsche hat folgendes geschrieben:
Franz Buggle hat sich in "Denn sie wissen nicht, was sie glauben" zum Gesetz der Naechstenliebe geaeuszert. Abgesehen von der besonders verantwortungsethisch gesehen problematischen metaphysischen Letztbegruendung geht er so weit, das Gebot der Naechstenliebe an sich zu kritisieren.

Philososphische Kritik an dem Wort eines Wanderpredigers,
der für die Leute auf Straßen und Plätzen revolutionäre Aufrüttelung anstrebt,
kann ja kaum zur Zufriedenheit des Philosophen oder auch nur eines theoretisierenden an Kant & Co. geschulten Deutschen ausfallen.
Jesus war kein Philosoph, dafür aber ein sehr erfolgreicher Pragmatiker und Volksredner.

Das Jesuswort ist,
wie es sehr überzeugend auch im "Stern" vom 16.12.04 ausgeführt wurde,
in seiner Zeit deshalb als revolutionär verstanden worden,
weil das Einteilen von Liebenswerten, nämlich Glaubens-, Volks- oder Sozialschichtgenossen,
und auszuschließenden Ungläubigen, Fremden oder "Zöllner und Sünder" aller Couleur an der Tagesordnung war.
Die Sklavenhaltergesellschaft des Römischen Reiches war streng in Schichten und Sozialklassen aufgeteilt, die jüdische Gesellschaft, die sich auf ihre Auserwähltheit viel einbildete, ebenso.
Jesus greift dieselbe deshalb auch wiederholt direkt an ("Ihr glaubt, weil ihr Abraham zum Vater habt.....").

Da ist das Wort Jesu, dass niemand von der Nächstenliebe auszuschließen ist,
sondern alle als Nächste zu lieben sind, eben revolutionär und als Protest gegen die Klassifizierung der Mitmenschen gedacht.
Ob das jetzt bis ins Einzelne praktikabel ist,
hat noch nie einen rhetorisch erfolgreichen Protestprediger interessiert.
Die Leute sind klug genug, das richtig zu verstehen.
Die Tischgemeinschaften Jesu mit den damals sozial Deklassierten war eine gute Veranschaulichung.

Immerhin wurde das Revolutionäre und "Ärgerliche" daran verstanden,
denn die Tempelgeistlichkeit und die Sadduzäer hat Jesus so provoziert,
dass sie ihn bei den Römern angeschwärzt und schließlich seinen Tod erreicht haben.
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step
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Beitrag(#247584) Verfasst am: 21.01.2005, 17:40    Titel: Antworten mit Zitat

Erfreulich, daß Mandingo hier schon seit längerer Zeit nicht mehr wie ursprünglich theologische Thesen vertritt, sondern "nur" noch ethische und religionskundliche. Kein "anbetungswürdiges Gottwesen" mehr. Oder?

gruß/step
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Leony
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Beitrag(#247597) Verfasst am: 21.01.2005, 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
...Das "Du sollst nicht morden" der Bibel
verträgt sich wunderbar mit Angriffskrieg, Völkermord und exzessivem Gebrauch der Todesstrafe,
indem all das nicht als "Mord" angesehen wird.

Toll, aber wenig klärend.
Die Juristen müssen ja auich ihre Arbeitsplätze sichern dürfen und nicht nur die Linguisten. "Morden" statt "Töten" klärt bestenfalls etwas für Vegetarier.

Du spottest,
weil dir natürlich nicht klar geworden ist,
dass du eigentlich Abbitte leisten müsstest,
und zwar bei den Fundamentalisten,
die du, bei aller Berechtigung deiner sonstigen Kritik, in einem Punkt zu Unrecht kritisiert hast:
Mandingo hat folgendes geschrieben:
Bei Fundamentalisten
bezieht sich das von dir genannte Merkmale "radikal" nur auf die Art der primitiven wörtlichen Übernahme und Übernahme alter Mythen in unsere Zeit, auch wenn das aktuelle Weltbild dabei platzt,
ansonsten werden, um die Wörtlichkeit zu retten Widersprüche total "liberal" behandelt.
So kann man das Gebot "Du sollst nicht töten" wunderbar mit Todesstrafe und Kreuzzügen oder Völkermord im AT verbinden.

Die Fundamentalisten haben da nämlich keineswegs einen vorhandenen Widerspruch leichtfertig verkleistert.
Der Widerspruch ist gar nicht vorhanden,
jedenfalls nicht
zwischen dem Original jenes Gebots, dessen Übersetzung du unzutreffend mit "Du sollst nicht töten" angegeben hast,
und jenen Geboten der Bibel, die Völkermord und exzessiven Gebrauch der Todesstrafe fordern.
Eine Interpretation des Gebotes "Du sollst nicht morden" aus dem Zusammenhang heraus ergibt nämlich,
dass kein allgemeines Verbot der Tötung von Menschen gemeint sein kann,
ganz einfach weil das im Widerspruch stünde zu den Geboten, die Völkermord und Todesstrafe fordern.
Es kann also nicht viel mehr gemeint sein
als ein Verbot privater Morde an vorschriftsmäßig lebenden Israeliten,
vielleicht auch noch an Angehörigen anderer Völker, mit denen Israel gerade in Frieden lebte;
was allerdings nicht viel sagen will, denn wenn die Israeliten Krieg anfangen wollten,
dann fanden sie - laut Bibel - schon eine "Begründung" dafür, und wenn die noch so absurd war.

Du willst dir natürlich nicht darüber klar werden,
dass Fundamentalisten ihre Bibel in aller Regel originalgetreuer auslegen
als Rosinenpicker, Entmythologisierer, liberale Theologen und andere Verharmloser der Bibel.

Und natürlich bist du weit entfernt von der Einsicht, dass die Bibel -
und auch speziell das Buch Exodus = 2. Mose, wo das Gebot "Du sollst nicht morden" steht (Kapitel 20 Vers 13),
von einem so erbärmlichen sittlichen Niveau ist,
dass sie (bzw. es) als ethische Richtschnur für heutige Menschen völlig inakzeptabel ist.

Ausführlich begründet habe ich diese Einschätzung der Bibel
auf meiner Homepage:
Die Bibel - ein inhumanes Buch und Wie gehen Christen mit all diesen Inhalten der Bibel um?
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Beitrag(#247635) Verfasst am: 21.01.2005, 18:54    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Erfreulich, daß Mandingo hier schon seit längerer Zeit nicht mehr wie ursprünglich theologische Thesen vertritt, sondern "nur" noch ethische und religionskundliche. Kein "anbetungswürdiges Gottwesen" mehr. Oder? gruß/step

Genau das, was ich im letzten Text vertreten habe, Step
erwächst doch aus der Jesusforschung von heute,
einer theologischen Richtung.
Müssen immer erst Dogmen genannt und diskutiert werden,
damit es theologisch wird?
Ich schreibe hier nicht anders als zu Beginn meiner Beteiligung hier.
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Beitrag(#247645) Verfasst am: 21.01.2005, 19:08    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
...Du willst dir natürlich nicht darüber klar werden,
dass Fundamentalisten ihre Bibel in aller Regel originalgetreuer auslegen
als Rosinenpicker, Entmythologisierer, liberale Theologen und andere Verharmloser der Bibel.

Natürlich, liebe Leony,
bin mir darüber im Klaren,

dass Fundamentalisten von heute besonders die Dinge der Bibel "originalgetreu auslegen",
die Fundamentalisten von damals geschrieben haben.

Wenn sich kritisch denkende Christen so wie die kritischen Propheten schon damals diesen Auslegungen nicht anschließen,
hat das nicht die Bohne mit "Verharmlosung" zu tun,
sondern mit einer bestimmten Richtung des Denkens,
die es damals wie heute und in jeder Religion immer schon gab und gibt.

Mir ist aber inzwischen klar,
dass Leute, die sich als "Freigeister" betrachten,
sich immer Fundamentalisten herbeisehnen, ja händeringend zurechtbiegen müssen,
damit ihre "Freiheit im Geist" auch erkennbar wird.
Sonst verschwindet das leicht im Nebel des ziemlich Normalen.

Vielleicht kommt ja noch mal der Tag,
in dem auch du das verstehst
und dazu noch das, was hier ironisch "Rosinenpicken" genannt wird,
als heuristisches Prinzip mit hohem Erkenntnisgewinn verstehst.
Dann feiern wir ein Board-Fest!


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Beitrag(#247685) Verfasst am: 21.01.2005, 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
...

Lassen wir´s, Leony,
was tust du denn anderes,
als deine Deutung hier gebetsmühlenartig zu wiederholen?

Du vielleicht nicht?

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Ich spreche niemandem seine Deutung ab,

Ach nee.
Den Inquisitoren hast du selbstverständlich nicht ihre Deutung abgesprochen, als du geschrieben hast:
Mandingo hat folgendes geschrieben:
Der Vergleich mit der "willkürlichen Deutung" von Kreuzfahreren, der Inquistiion und Hexenverfolgern ist absurd und peinlich!

Und zu meinen Deutungen hast du ziemlich zu Anfang unserer Diskussionen geschrieben:
Mandingo hat folgendes geschrieben:
Leony hat folgendes geschrieben:
...In der B stelle ich nun fest, dass das Gebot der "Nächstenliebe" konkretisiert wird
durch Aufforderungen zu Massenmord an den eigenen Leuten (2. Mose 32),
zu exzessivem Gebrauch der Todesstrafe...
Von einer "entscheidenden Grenze" gegen tödliche Gewalt gegen andere Menschen
kann leider keine Rede sein.
So ist das Gebot der "Nächstenliebe"
nicht viel mehr als ein leeres Wortgeklingel.

Was du hier wieder übersiehst, Leony,

Wenn behauptet wird, eine Deutung beruhe darauf, dass der/die Deutende etwas übersehen hätte -
wird damit etwa nicht der Deutung die sachliche Legitimation abgesprochen?

Mandingo hat folgendes geschrieben:
... bekenne mich aber zu meiner.

Das ist ja in Ordnung.

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Wie sollen denn sonst Diskussionen funktionieren?
Du überzeugst mich eben nicht, warum sollte ich dir dann zustimmen?

Selbstverständlich brauchst du mir nicht zuzustimmen, wenn ich dich nicht überzeuge.
Wie kommst du überhaupt auf so einen Blödsinn?

Und dass in Diskussionen um grundlegende Fragen normalerweise nicht zu erwarten ist,
dass die eine Seite die andere überzeugt,
das weiß ich auch.
Normalerweise kommt im besten Falle heraus,
dass am Ende beide Seiten die Gedanken der Gegenseite besser nachvollziehen können.
Was noch nichts darüber aussagt, ob eine der Seiten die Gedanken der Gegenseite für sachlich wohlbegründet hält oder nicht.
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Beitrag(#247717) Verfasst am: 21.01.2005, 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Deine konstruierte Kontroverse zwischen Naherwartung und Nächstenliebe
kann doch nun wirklich niemand als Beleg dafür sehen,
dass Jesus nicht konsequent Nächstenliebe predigt und lebt.

Bei der Kontroverse ging es mir bisher vor allem um die Frage,
was für Jesus zentral war
und was eher nebensächliches Beiwerk.

Naherwartung an sich
schließt eine Praxis der Nächstenliebe natürlich nicht aus.
Aber aus der Naherwartung
werden manchmal Konsequenzen gezogen, die mit einer Praxis der Nächstenliebe inkompatibel sind.
Genau das tat Jesus.

Mandingo hat folgendes geschrieben:
Die Haltung des Rabbi Jesus zum Nächstenliebegebot entspricht genau der rabbinischen Tradition bis heute
(Siehe Pinhas Lapide: Er predigte in ihren Synagogen.)
und wird von Jesus praktiziert.

Dass in den Predigten Jesu
das Gebot der Nächstenliebe auch gelegentlich mal vorgekommen ist,
diese Überlieferung der Bibel dürfte zutreffen.

Aber was "wird von Jesus praktiziert"?
Familien auseinanderreißen, Beziehungen zu Angehörigen missachten (wie das auch in anderen Sekten üblich ist),
maßlose Strafphantasien hegen und predigen, religiösen Fanatismus schüren,
medizinische Scharlatanerie praktizieren und predigen,
und, last not least, den Leuten absurde Naherwartungs-Phantasien in den Kopf setzen -
wer das für "Nächstenliebe" hält,
hat vom Geist der Nächstenliebe
nicht mehr begriffen als der Blindgeborene von der Schönheit der Farbe.

Einige dieser Lieblosigkeiten
haben durchaus etwas mit der Naherwartung zu tun:
Die Missachtung aller berechtigten Bemühungen,
an die langfristigen Konsequenzen des eigenen Handelns zu denken und sich entsprechend zu verhalten.
Dazu gehört die Missachtung von familiären Bindungen und Verpflichtungen.
Und die unseriöse Herangehensweise an medizinische Probleme:
Wunderheilungen wurden ja geradezu als Beleg für die Naherwartung angeführt.
Auch der religiöse Fanatismus
steht in engem Zusammenhang mit den maßlosen Strafphantasien, deren nahe Erfüllung erwartet wurde.
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Beitrag(#247878) Verfasst am: 22.01.2005, 04:38    Titel: Antworten mit Zitat

Mandingo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Erfreulich, daß Mandingo hier schon seit längerer Zeit nicht mehr wie ursprünglich theologische Thesen vertritt, sondern "nur" noch ethische und religionskundliche. Kein "anbetungswürdiges Gottwesen" mehr. Oder?

Genau das, was ich im letzten Text vertreten habe, Step, erwächst doch aus der Jesusforschung von heute, einer theologischen Richtung. Müssen immer erst Dogmen genannt und diskutiert werden,
damit es theologisch wird? Ich schreibe hier nicht anders als zu Beginn meiner Beteiligung hier.

Ich habe nochmal nachgeschaut, das "anbetungswürdige Gottwesen" war tatsächlich nicht von Dir, sondern von Horkheimer. Klar gehört auch die kritische Forschung zur Theologie, aber mir geht es hier um Theologie ("Wissenschaft von Gott") im engeren Sinne. also um folgende Unterscheidung:

- Primat der Nächstenliebe: ethisch, diskutabel
- hat Jesus gelebt, was hat er gesagt, gemeint usw.? : religionskundlich, diskutabel
- anbetungswürdiges Gottwesen: "theologisch", für mich indiskutabel

Dir scheint es ja ausschließlich um die ersten beiden Aspekte zu geben. Glaubst Du denn an ein anbetungswürdiges Gottwesen? Und falls doch, würdest zu wenigstens zustimmen, daß dies nicht mit der Bibel begründbar ist, da ihre zentrale Aussage rein ethischer Natur ist?

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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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