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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#732851) Verfasst am: 28.05.2007, 17:52 Titel: |
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Ich würds gern haben, dass MSS meinen Text zur Kriminalgeschichte der Atheisten liest, damit er vorbereitet ist, wenn er damit morgen im Spiegel-Chat konfrontiert wird.
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Zimtröllchen registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.05.2007 Beiträge: 34
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(#732873) Verfasst am: 28.05.2007, 18:12 Titel: |
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Ich habe vor einiger Zeit schon einen Spiegel-Artikel zum Thema "neue" Atheisten gelesen und fand ich furchtbar schlecht... Irgendwie traurig, dass sich so genannte Journalisten entweder nicht die Mühe machen richtig zu recherchieren, oder ideologisch gesteuert sind - oder beides. Wobei ich im SPIEGEL ja selten objektive Artikel gelesen habe, oder Artikel ohne überhebliche Untertöne (welches irregeleitete Selbstbild zu dieser Überheblichkeit führt, kann ja nur vermutet werden). Atheismus wird ohnehin nie ernsthaft diskutiert, aber man schiebt ihn zwischendurch halt der Vollständigkeit halber unter, damit man dann wieder guten Gewissens zurückkehren kann zu wichtigen Fragen der Astrologie und Homöopathie...
Zu dem Interview mit Religionspropagandisten Brandmüller:
Zitat: | Im Bereich der Geisteswissenschaften gelten andere Gesetze, nicht die der Mathematik oder der Empirie. |
Dass er es wagt, die ganze Geisteswissenschaft in den Dreck zu ziehen, ist ja - ganz abgesehen vom ganzen Rest - einfach nur ekelhaft. Ich selbst studiere Geisteswissenschaften und bin darin sehr wohl an Gesetze der Empirie gebunden, wie jeder Naturwissenschaftler etwa auch. Man kann sich nicht einfach irgendwelche Geschichten aus den Fingern saugen, wie es gewisse Theologen leider immer wieder tun. Die Theologie als "Wissenschaft" ist ohnehin ein Witz, aber das brauche ich hier wohl nicht extra zu betonen.
_________________ "Isn't it enough to see that a garden is beautiful without having to believe that there are fairies at the bottom of it too?" - Douglas Adams
"I was dead for millions of years before I was born and it never inconvenienced me a bit." - Mark Twain
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#733506) Verfasst am: 29.05.2007, 11:43 Titel: |
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Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Was schlägst Du denn als Alternative vor? |
MSS schlägt doch die Alternative vor.
Wir leben in einem Rechtsystem, in dem Gewalt tatsächlich zunächst grundsätzlich verboten ist.
Jeder Mensch kann das Recht in §1 GG für sich in Anspruch nehmen, sofern er nicht gerade Leib und Leben eines anderen Menschen aktiv und unmittelbar bedroht.
MSS schränkt Gewalt und Töten aber ausdrücklich nicht auf die unmittelbare und konkrete, aktive Bedrohung von Menschen ein. Sondern seinem Kodex nach wäre dies auch legitimiert für alle anderen Fälle, in denen die Durchsetzung der "Ideale der Humanität" nicht anders durchsetzbar ist.
Es ist etwas komplett anderes ob jemand genau dann Gewalt legitimieren kann, wenn er selbst unmittelbar und aktiv bedroht wird bzw. in einer Situation ist, in der ein anderer unmittelbar bedroht wird, oder ob jemand den Kampf für höhere Ideale als Legitimation für Gewalt und Töten in Anspruch nehmen darf!
Nochmal der Fall Daschner. Nach unserer Rechtslage ist es einem Repräsentanten des Staates auch in einer solchen Extremsituation verboten, Gewalt auch nur anzudrohen.
Weil §1 GG dogmatisch lautet: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" kann sich nicht Daschner auf das GG berufen, sondern der Täter kann den Schutz seiner Menschenwürde einklagen.
Würde §1 GG lauten "Die Würde des Menschen ist unantastbar, außer sie steht der Durchsetzung der "Ideale der Humanität" entgegen", wäre die Lage genau anders herum.
Dann hätte Daschner unter Berufung auf das GG legitim Foltern und auch Töten dürfen. Denn die Durchsetzung der "Ideale der Humanität" als Motivation kann man ihm sicherlich nicht ernsthaft absprechen.
Ist eine Ethik, deren Umsetzung zur Legitimierung staatlicher Folter und Tötung führen muss -selbst wenn dies in engen Grenzen der Fall ist - ein Fortschritt??
Willst du einen Staat, in dem im Dienste eines Ideals Polizisten Foltern dürfen?
Gibt es für deinen Geschmack so wenig Gewalt in D, dass man noch zusätzliche Legitimationsmöglichkeiten einführen muss?
@Kramer
Mich würde nach wie vor interessieren, gegen welches der von dir genannten Angebote Daschner denn konkret verstoßen hat, bzw. womit nach den 10 Angeboten eine Sanktionierung seines Verhaltens zu rechtfertigen wäre.
Hat er nicht eindeutig und von so gut wie jedem unbestritten die "Ideale der Humanität" durchgesetzt?
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Zverov häßlich
Anmeldungsdatum: 05.05.2006 Beiträge: 282
Wohnort: Ravensburg
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(#733528) Verfasst am: 29.05.2007, 12:15 Titel: |
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So, wieder ein neuer Artikel bei Spiegel online, diesmal von einem anderen Autor und über die diversen atheistischen Verbände in D... ist zum Glück nicht ganz so schlecht, wie die Überschrift vermuten lässt.
Beten Verboten!
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Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
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(#733539) Verfasst am: 29.05.2007, 12:50 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | Wir leben in einem Rechtsystem, in dem Gewalt tatsächlich zunächst grundsätzlich verboten ist.
Jeder Mensch kann das Recht in §1 GG für sich in Anspruch nehmen, sofern er nicht gerade Leib und Leben eines anderen Menschen aktiv und unmittelbar bedroht. |
Kaum ein Gewaltherrscherr hat unmittelbar Leib und Leben anderer Menschen bedroht.
Lehnst Du einen gewaltsamen Widerstand gegen Diktatoren ab?
Im übrigen kannst Du, wenn Du Dich auf unser Rechtssystem berufst, Artikel 20, Absatz 4 im Grundgesetz nicht
vernachlässigen - und dort wird Widerstand ausdrücklich gerechtfertigt (ohne zu konkretisieren, welche Formen
dieser annehmen darf; Gewalt wird aber auch nicht ausgeschlossen).
Latenight hat folgendes geschrieben: | MSS schränkt Gewalt und Töten aber ausdrücklich nicht auf die unmittelbare und konkrete, aktive Bedrohung von Menschen ein. Sondern seinem Kodex nach wäre dies auch legitimiert für alle anderen Fälle, in denen die Durchsetzung der "Ideale der Humanität" nicht anders durchsetzbar ist. |
Nach meinem Verständnis paßt das grundsätzlich mit dem oben erwähnten Artikel 20 zusammen ...
Vielleicht wäre aber eine ausführlichere Erörterung dieses Sachverhalts bei MSS besser.
P.S.: Um nicht mißverstanden zu werden: Ich halte eine Ethik mit völligem Tötungsverbot durchaus für diskutabel;
die Vorstellung, selbst bei Gefahr des eigenen Untergangs auf jedwede schwere physische Gewalt gegen andere
Menschen zu verzichten, hat sogar einen gewissen Charme. Allerdings fürchte ich, daß so etwas in der Praxis
hoffnungslos scheitern wird.
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Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
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(#733547) Verfasst am: 29.05.2007, 13:04 Titel: |
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Zverov hat folgendes geschrieben: | So, wieder ein neuer Artikel bei Spiegel online, diesmal von einem anderen Autor und über die diversen atheistischen Verbände in D... ist zum Glück nicht ganz so schlecht, wie die Überschrift vermuten lässt.
Beten Verboten! |
Ich stimme zu, dieser Beitrag erscheint mir weitgehend sachlich (mal abgesehen davon, daß ich die Zuordnung zur
Rubrik "Wissenschaft" nicht verstehe ). Und die Überschrift "Beten Verboten" kommt ja nicht von ungefähr ...
Ich habe auch (leichte) Bauchschmerzen mit dem Logo der religionsfreien Zone, da es geradezu dazu einlädt,
dahingehend mißverstanden zu werden, es würde ein völliges Religionsverbot angestrebt.
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Scout2001 registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.11.2005 Beiträge: 548
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(#733595) Verfasst am: 29.05.2007, 14:33 Titel: |
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@ Latenight
In einigen Punkten kann ich dir recht geben. Die 10 Angebote sind eine billige Kopie des Christentums/Judentums. Daraus folgte auch der missglückte Begriff Primatenkonstruktion. Würde man seine weitere Beschreibung annehmen bildet es eine formale Zwickmühle: Wenn dies aus einem primitiven Primatenkonstruktion erstellt wurde, dann gilt das für jenes ebenso. Alles egal, scheiß egal.
Aber der Begriff ist natürlich eine Diffamierung, sonst nicht. Eine deutliche Gegenbewegung auf das erste Gebot.
Der Erfolg des Christentums basiert nur darauf, dass man aus Tradition Kinder damit beeindruckt und bindet. Spezifisch identisch mit der Staatszugehörigkeit. Wenn er das schafft, hat er in 20-40 Jahren die gleichen Erfolge. Es sind doch nicht ihre Argumente oder ihr Vorgehen. Nee, die sind doch eher peinlich und primitiv.
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#733598) Verfasst am: 29.05.2007, 14:35 Titel: |
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Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Ich halte eine Ethik mit völligem Tötungsverbot durchaus für diskutabel;
die Vorstellung, selbst bei Gefahr des eigenen Untergangs auf jedwede schwere physische Gewalt gegen andere
Menschen zu verzichten, hat sogar einen gewissen Charme. Allerdings fürchte ich, daß so etwas in der Praxis
hoffnungslos scheitern wird. |
Jetzt lass doch mal deine Diktatur- und Pazifistenfantasien beiseite.
Im Rahmen unseres Rechtssystems dürftest du selten mit Diktatoren zu tun haben, häufiger aber wohl mit Polizisten.
Und es geht mir darum, zu Hinterfragen, inwieweit denn MSS Angebote mit unserem Rechtsystem vereinbar sind, und was die Konsequenzen einer Umsetzung der Angebote wären. Nicht alles was toll klingt, ist es am Ende auch.
Und da haben wir in der jungen Geschichte einen ganz konkreten Fall:
Latenight hat folgendes geschrieben: | Nochmal der Fall Daschner. Nach unserer Rechtslage ist es einem Repräsentanten des Staates auch in einer solchen Extremsituation verboten, Gewalt auch nur anzudrohen.
Weil §1 GG dogmatisch lautet: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" kann sich nicht Daschner auf das GG berufen, sondern der Täter kann den Schutz seiner Menschenwürde einklagen.
Würde §1 GG lauten "Die Würde des Menschen ist unantastbar, außer sie steht der Durchsetzung der "Ideale der Humanität" entgegen", wäre die Lage genau anders herum.
Dann hätte Daschner unter Berufung auf das GG legitim Foltern und auch Töten dürfen. Denn die Durchsetzung der "Ideale der Humanität" als Motivation kann man ihm sicherlich nicht ernsthaft absprechen. |
Wie gesagt, ich finde ein Rechtsystem, das Folter beispielsweise durch Ermittlungsbeamte nicht kategorisch verbieten kann, einen primitiven Rückschritt.
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Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
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(#733616) Verfasst am: 29.05.2007, 15:04 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | Jetzt lass doch mal deine Diktatur- und Pazifistenfantasien beiseite. |
Wenn Du nicht bereit bist, auf Argumente einzugehen, hat eine weitere Diskussion
wohl keinen Sinn mehr ...
Latenight hat folgendes geschrieben: | Und es geht mir darum, zu Hinterfragen, inwieweit denn MSS Angebote mit unserem Rechtsystem vereinbar sind, und was die Konsequenzen einer Umsetzung der Angebote wären. Nicht alles was toll klingt, ist es am Ende auch. |
Ich hatte bereits geschrieben, daß ich es mit Artikel 20 GG für vereinbar halte.
Wenn Du meine Argumente nicht lesen willst, kann ich auch nichts machen ...
Latenight hat folgendes geschrieben: | Nochmal der Fall Daschner. |
Auch dazu hatte ich bereits geantwortet, daß von Folter bei MSS keine Rede ist.
und daß sein 4. Angebot vielleicht besser erklärt werden sollte. (Daß es etwas
absurd wäre, die "Ideale der Humanität" zu verletzen, um die "Ideale der Humanität"
durchzusetzen, liegt meines Erachtens auf der Hand.)
Aber, wie gesagt, wenn Du Argumente einfach nur ignorierst ...
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Ralf Rudolfy Auf eigenen Wunsch deaktiviert.
Anmeldungsdatum: 11.12.2003 Beiträge: 26674
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(#733731) Verfasst am: 29.05.2007, 17:48 Titel: |
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Zverov hat folgendes geschrieben: | So, wieder ein neuer Artikel bei Spiegel online, diesmal von einem anderen Autor und über die diversen atheistischen Verbände in D... ist zum Glück nicht ganz so schlecht, wie die Überschrift vermuten lässt.
Beten Verboten! |
Ich finds nur albern, sich in dem Text darüber zu mokieren, daß es immer dieselben Leute sind, die sich zu Wort melden. Ist es etwa bei der Kirche nicht auch eine begrenzte Anzahl von "Würdenträgern", die sich immer wieder vernehmen lassen?
_________________ Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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Hatuey registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.02.2004 Beiträge: 2821
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(#733742) Verfasst am: 29.05.2007, 18:09 Titel: |
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Zverov hat folgendes geschrieben: | So, wieder ein neuer Artikel bei Spiegel online, diesmal von einem anderen Autor und über die diversen atheistischen Verbände in D... ist zum Glück nicht ganz so schlecht, wie die Überschrift vermuten lässt.
Beten Verboten! |
Ich habe den Eindruck, der evangelischen Weltanschauungsbeauftragte hat den Artikel verfasst.
Evangelische Weltanschauungsbeauftragte
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#733763) Verfasst am: 29.05.2007, 18:42 Titel: |
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Positiver Effekt des Artikels: Ich schreibe endlich an "Sünnnde" weiter und habe von dem Buch "A Handmaid's Tale" erfahren, beides (selbstverständlich hervorragende) in theokratischen Gesellschaften spielende Dystopien.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Hatuey registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.02.2004 Beiträge: 2821
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(#733828) Verfasst am: 29.05.2007, 20:05 Titel: |
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http://forum.spiegel.de/spon-chat.php?t=1619
Zitat: | Michael Schmidt-Salomon: Selbstverständlich. Die Phasen, in denen die Gebiete unter muslimischer Herrschaft größere Toleranz walten ließen, waren die Zeiten einer blühenden Kultur.
Michael Schmidt-Salomon: Im 9. und 10. Jahrhundert waren diese Regionen Europa sowohl in technischer wie ethischer Hinsicht überlegen. Leider wurden diese ansätze zu einer islamkritischen Aufklärung in den muslimischen Ländern nach den Erfahrungen der Kreuzzüge brutal unterdrückt.
Michael Schmidt-Salomon: Hier spiegelt sich ein Prozess wieder, der auch für Europa gültig war. Es bedurfte schon der Renaissance, einer Zeit der Wiederentdeckung antiker Texte, um die kulturelle Evolution voranzubringen.
Michael Schmidt-Salomon: Die tausend Jahre, in denen das christentum allein tonangebend waren, zählen zu den rückschrittlichsten epochen unserer Geschichte. |
Mit seiner Einschätzung in den Gebieten, die unter muslimischer Herrschaft standen, habe es eine größere Toleranz gegeben, als diejenigen, die unter christlicher Herrschaft standen, könnte er falsch liegen.
Zitat: | Der politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Status der Christen und der Juden in al-Andalus war aber dennoch von Ausgrenzung und Minderwertigkeit geprägt. Entscheidende Positionen - beispielsweise Führungsaufgaben im Heer oder in der politischen Administration - blieben Christen und Juden verwehrt. Wenn gegen diese Regel verstoßen wurde, kam es mitunter zu Protesten der muslimischen Bevölkerung, die zur Absetzung, manchmal sogar zum Tod des Emporkömmlings führen konnten. Insbesondere das Steuerrecht spiegelte die gesellschaftliche Benachteiligung wider: Christen und Juden zahlten spezifische Steuern -eine Individualsteuer, und eine Grundsteuer -die sehr viel drückender waren als diejenigen Steuern, die den Muslimen auferlegt waren.Hinzu kamen allerlei Herabsetzungen und Schikanen. So war es den christlichen und jüdischen Gemeinden verboten, ihre Religion öffentlich sichtbar auszuüben z.B. durch das Schlagen der Glocken und das Abhalten von Prozessionen oder durch den Bau neuer Gotteshäuser. Strikt verboten war ihnen, ihre Ansichten über Religion öffentlich zu äußern. Kleidervorschriften dienten dazu, die "dhimmis" in der Öffentlichkeit eindeutig von den Muslimen zu unterscheiden.Unklar ist, ob diese Bestimmungen in der Zeit des Kalifats (929-1031) durchgesetzt wurden. Doch für das 12. Jahrhundert ist belegt, daß Christen und Juden einen Gürtel, den sogenannten "zunnar", tragen mußten, während den Juden im islamischen Granada eine gelbe Mütze oder eine andere gelbe Kennzeichnung sowie besondere Kleidung vorgeschrieben war. ....... |
http://www.welt.de/print-welt/article220620/Auf_dem_Weg_zum_Djihad.html
Er sollte wirklich nachprüfen inwieweit seine Thesen vom toleranten Islam in Spanien stimmen und korregieren, denn sonst verliert er als Kritiker des Christentum seine Glaubwürdigkeit . Es ist auch nicht so, dass die Spaniern heute jedes Jahr die Ankunft der Mauren feiern.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#734593) Verfasst am: 30.05.2007, 21:07 Titel: |
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Ich halte die Diskusion zwischen Einsiedler und Latenight für das Beste in diesem Thread ... und natürlich die pointierte Kritik von Latenight an MSS (meine Hochachtung!)
Latenight hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Deiner Meinung nach handelte es sich bei den Hitler-Attentätern also um gewissenlose, kaltblütige Mörder, die sich
nur von ihren niederen Instinkten leiten ließen? |
Darüber kann ich keine pauschale Aussagen machen. Das Spektrum kann von einem extrem bis zum anderen reichen. |
Das ethische Problem des Tyrannenmordes ist eben nicht trivial. Ich stimme allerdings Latenight zu, dass eine Ethik, die Weichmacher festschreibt völlig beliebig wird und dem Missbrauch und Willkür Tür und Tor öffnet.
Wenn es Ausnahmen zu einem ethischen Grundsatz geben kann, dann nur aufgrund der individuellen moralischen Instanz und Verantwortung des Einzelnen, der weiß, dass er einen Grundsatz bricht und auch bereit ist, dafür die Konsequenzen zu tragen.
Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Latenight hat folgendes geschrieben: |
Mir geht es darum, dass die "10 Angebote" dem Einzelnen die Möglichkeit geben, im Extremfall sogar Tötung mit der Durchsetzung eines abstrakten Konstrukts, nämlich die "Durchsetzung der Ideale der Humanität" zu legitimieren. Eine höchst subjektive und zeitgeistlastige Angelegenheit.
Wir brauchen in unserer Zeit nicht noch eine Weltanschauung, die abstrakte Ideale über die individueller Würde stellt. |
Was schlägst Du denn als Alternative vor? Eine Ethik, die Tötung generell verbietet? Dann wäre nicht einmal Notwehr erlaubt, von weiteren Konsequenzen (Psychopathen, die es an Schalthebel der Macht gebracht haben, sind praktisch nicht mehr zu stoppen) ganz zu schweigen. |
Hast du ein Problem mit dem Brechen einer generellen Regel, wenn du glaubst, diesen Bruch verantworten zu können?
Anders dagegen ein Dammbruch, wenn du dich beliebig auf Ausnahmen berufen möchtest - die dir deine Ethik auf dem Silbertablett präsentiert.
Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Latenight hat folgendes geschrieben: |
Auf jeden Fall will ich nicht in einem Staat leben, in dem sich ein Polizeibeamter in Fall von Folter und Tötung auf den im ethischen Grundkodex der Gesellschaft explizierten Notfall berufen kann. |
Tötung in Notwehr ist, wie Kramer schon schrieb, bereits jetzt "erlaubt". Und von Folter ist bei den 10 Angeboten nirgends die Rede. (Es wird explizit nicht einmal eine Tötung gerechtfertigt - die Erläuterung zu dem von Dir zitierten Angebot bezieht sich auf das Lügen.) |
Latenight hat hier weiter gedacht. Die Folter wird zwar nicht explizit erlaubt, aber auch nicht verboten. Grundsätzlich lassen die Ausstiegsklauseln in den 10 Angeboten jede Schweinerei zu - frei nach: Der Zweck heiligt die Mittel.
Bei solchen Formulierungen einer beliebigen Ethik kriege ich immer die Krise. Ein anderes bekanntes Beispiel für Ausstiegsklauseln:
Sure 5:32 (nach Azhar)
Zitat: | Deswegen schrieben wir den Kindern Israels vor, daß jeder, der einen Menschen tötet - es sei denn als Vergeltung für Mord oder Unheilstiftung auf Erden - gleichsam die ganze Menschheit tötet; und wer einem, den der Tod bedroht, zum Leben verhilft, der hat gleichsam der gesamten Menschheit zum Leben verholfen. Wir haben ihnen unsere Gesandten mit den klaren Darlegungen geschickt, und viele unter ihnen haben trotzdem Maßloses auf Erden begangen. |
Dieser sogenannte Friedensfers ist ja nur dann beindruckend friedfertig, wenn man ihn partiell zitiert. In der Gänze rechtfertigt er eben jeden Mord - das Opfer hatte eben Unheil auf Erden gestiftet ... alles klar?
Und unsere 10 Angebote stehen hier in wunderbarer Tradition. Ob die hier abgekupfert haben?
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Hatuey registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.02.2004 Beiträge: 2821
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(#734658) Verfasst am: 30.05.2007, 22:36 Titel: |
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Michael Schmidt-Salomon propagiert ein positives historisches Bild von der islamischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel und kaum jemand scheint dem zu wiedersprechen.
In Portugal wurde bei der Rückeroberung durch christliche Ritter, alle Moscheen zerstört, es gibt aus der Zeit Portugals unter den Mauren keine einzige Moschee.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#734663) Verfasst am: 30.05.2007, 22:40 Titel: |
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Ich bin erstaunt über die im Rahmen des Spiegels relativ präzise Schilderung der derzeitigen Konfliktlinien und der verbreitetsten Standpunkte. Ich habe schon schlechteres gelesen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
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(#734666) Verfasst am: 30.05.2007, 22:44 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Das ethische Problem des Tyrannenmordes ist eben nicht trivial. Ich stimme allerdings Latenight zu, dass eine Ethik, die Weichmacher festschreibt völlig beliebig wird und dem Missbrauch und Willkür Tür und Tor öffnet.
Wenn es Ausnahmen zu einem ethischen Grundsatz geben kann, dann nur aufgrund der individuellen moralischen Instanz und Verantwortung des Einzelnen, der weiß, dass er einen Grundsatz bricht und auch bereit ist, dafür die Konsequenzen zu tragen. |
Und genau das lese ich aus den 10 Angeboten heraus. Es sind eben keine unbedingten Vorschriften,
sondern es kann Ausnahmen geben, bei denen jeder nach seinem Gewissen entscheiden muß.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Latenight hat folgendes geschrieben: |
Mir geht es darum, dass die "10 Angebote" dem Einzelnen die Möglichkeit geben, im Extremfall sogar Tötung mit der Durchsetzung eines abstrakten Konstrukts, nämlich die "Durchsetzung der Ideale der Humanität" zu legitimieren. Eine höchst subjektive und zeitgeistlastige Angelegenheit.
Wir brauchen in unserer Zeit nicht noch eine Weltanschauung, die abstrakte Ideale über die individueller Würde stellt. |
Was schlägst Du denn als Alternative vor? Eine Ethik, die Tötung generell verbietet? Dann wäre nicht einmal Notwehr erlaubt, von weiteren Konsequenzen (Psychopathen, die es an Schalthebel der Macht gebracht haben, sind praktisch nicht mehr zu stoppen) ganz zu schweigen. |
Hast du ein Problem mit dem Brechen einer generellen Regel, wenn du glaubst, diesen Bruch verantworten zu können? |
Nein, deshalb finde ich es auch verantwortbar, wenn explizit auf diese Möglichkeit hingewiesen wird.
Andernfalls besteht das Risiko, Menschen zu blindem Gehorsam zu erziehen.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Anders dagegen ein Dammbruch, wenn du dich beliebig auf Ausnahmen berufen möchtest - die dir deine Ethik auf dem Silbertablett präsentiert. |
Einen Dammbruch kann ich da nicht erkennen ...
Die Erläuterung zu diesem Angebot sollte hinreichend klarmachen, daß es sich um eine extreme
Ausnahmesituation handelt.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Latenight hat folgendes geschrieben: |
Auf jeden Fall will ich nicht in einem Staat leben, in dem sich ein Polizeibeamter in Fall von Folter und Tötung auf den im ethischen Grundkodex der Gesellschaft explizierten Notfall berufen kann. |
Tötung in Notwehr ist, wie Kramer schon schrieb, bereits jetzt "erlaubt". Und von Folter ist bei den 10 Angeboten nirgends die Rede. (Es wird explizit nicht einmal eine Tötung gerechtfertigt - die Erläuterung zu dem von Dir zitierten Angebot bezieht sich auf das Lügen.) |
Latenight hat hier weiter gedacht. Die Folter wird zwar nicht explizit erlaubt, aber auch nicht verboten. Grundsätzlich lassen die Ausstiegsklauseln in den 10 Angeboten jede Schweinerei zu - frei nach: Der Zweck heiligt die Mittel. |
Nein, es wird nicht "jede Schweinerei" zugelassen, sondern es wird darauf hingewiesen, daß es Situationen geben
kann, in denen man nicht blind irgendwelchen Vorschriften folgen sollte.
Genau das, was Du oben befürwortest.
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Scout2001 registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.11.2005 Beiträge: 548
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(#734702) Verfasst am: 30.05.2007, 23:43 Titel: |
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Hatuey hat folgendes geschrieben: | Michael Schmidt-Salomon propagiert ein positives historisches Bild von der islamischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel und kaum jemand scheint dem zu wiedersprechen. |
MSS begann schon öfters historische Fehler.
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Keller last neoliberal standing and car of the year 1983!
Anmeldungsdatum: 30.11.2006 Beiträge: 1411
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(#734714) Verfasst am: 30.05.2007, 23:52 Titel: |
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Scout2001 hat folgendes geschrieben: | Hatuey hat folgendes geschrieben: | Michael Schmidt-Salomon propagiert ein positives historisches Bild von der islamischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel und kaum jemand scheint dem zu wiedersprechen. |
MSS begann schon öfters historische Fehler. |
hauptsache, keine sprachlichen, gell?!
Übrigens entwirft er mitnichten ein solches Bild. Er sagt:
Zitat: | Michael Schmidt-Salomon: Selbstverständlich. Die Phasen, in denen die Gebiete unter muslimischer Herrschaft größere Toleranz walten ließen [als heute],waren die Zeiten einer blühenden Kultur.
Michael Schmidt-Salomon: Im 9. und 10. Jahrhundert waren diese Regionen Europa sowohl in technischer wie ethischer Hinsicht überlegen. |
ich bin kein Historiker und in dieser Epoche auch nicht übermäßig bewandert, aber dies deckt sich zumindest mit meinem Kenntnisstand.
_________________ Voll Bart! Der Award der Deutschen Bartträger Vereinigung
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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Keller last neoliberal standing and car of the year 1983!
Anmeldungsdatum: 30.11.2006 Beiträge: 1411
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(#734722) Verfasst am: 30.05.2007, 23:59 Titel: |
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Übrigens sehr spaßig in der SZ von heute. Ein eigentlich ein recht guter Artikel über Dawkins und co, Hirnforschung etc. und dann so ein strohblöder Absatz:
Zitat: | Dabei unterscheiden sich die wissenschaftlichen Methoden sehr voneinander - und von den mehr oder weniger wissenschaftlichen Angriffen der Neoatheisten wie Harris, Dennett und Dawkins. Denn diese begehen in ihrer Argumentation einen prinzipiellen Fehler. Sie berufen sich zwar auf die wissenschaftlichen Grundlagen der Evolutionstheorie von Charles Darwin, die ja dem Schöpfungsgedanken widerspricht. Sie lassen jedoch außer Acht, dass Darwin weder den Glauben an sich, noch seine Existenzberechtigung in Frage stellte. Im Gegenteil: Darwin war davon überzeugt, der Glaube an eine allgegenwärtige spirituelle Größe sei ein universelles Phänomen. |
Weil sich die Neoatheisten auf die von Darwin begründete Evolutionstheorie berufen, müssen sie sich auch sein Weltbild zu eigen machen, um ernstgenommen zu werden?
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/325/116209/5/
_________________ Voll Bart! Der Award der Deutschen Bartträger Vereinigung
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#734723) Verfasst am: 31.05.2007, 00:00 Titel: |
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Naja, gut ist der Artikel nicht... er zeugt vor allem von Unnkenntnis von Denetts Schriften. Bei Dawkins ist der Dogmatismusvorwurf ja schon grenzwertig, bei Denett ist er aber albern.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Keller last neoliberal standing and car of the year 1983!
Anmeldungsdatum: 30.11.2006 Beiträge: 1411
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(#734726) Verfasst am: 31.05.2007, 00:02 Titel: |
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ui, jetzt seh ich gerade ein paar der kommentare:
Zitat: | Religionen (der Atheismus gehört auch dazu) sind spekulative Systeme - ihre Aussagen sind nicht beweisbar und auch nicht falsifizierbar.
Und wenn schon der Atheismus gepredigt wird, dann bitte den christlichen. Interessanterweise gibt es nämlich keinen anderen. |
häh?
_________________ Voll Bart! Der Award der Deutschen Bartträger Vereinigung
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Keller last neoliberal standing and car of the year 1983!
Anmeldungsdatum: 30.11.2006 Beiträge: 1411
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(#734729) Verfasst am: 31.05.2007, 00:04 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | Naja, gut ist der Artikel nicht... er zeugt vor allem von Unnkenntnis von Denetts Schriften. Bei Dawkins ist der Dogmatismusvorwurf ja schon grenzwertig, bei Denett ist er aber albern. |
Dennets Werke sind mir auch icht geläufig, sollte ich vielleicht mal ändern. Die neurowissenschaftlichen Aspekte fand ich aber interessant, einiges davon war mir neu.
_________________ Voll Bart! Der Award der Deutschen Bartträger Vereinigung
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#734732) Verfasst am: 31.05.2007, 00:05 Titel: |
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Insgesamt ist der Artickel aber besser als ich dachte. Trotz der recht blöden (und wohl bewusst provokanten) fragen kommen die Argumente des Religionskritikers, der interviewt wurde, gut rüber. und zumindest teilweise wurden die Positionen des organisierten Atheismus doch recht treffend dargestellt. Und der Dogmatismus- vorwurf ist gar nicht mal so unzutreffend gegenüber einigen aus dem säkularen Lager. Bspw gegen Mr. "wir sind die einzig richtigen Humanisten" MSS.
Vor allem zeigt der Text aber, welches Bild die säkulare Szene nach außen aufwerfen kann - gegenüber einer dreiviertelaufgeklärten, kuschelkuschelchristlichen Gruppe.
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#734737) Verfasst am: 31.05.2007, 00:09 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | Insgesamt ist der Artickel aber besser als ich dachte. |
Welcher Artikel? Es sind mehrere...
Zitat: | Trotz der recht blöden (und wohl bewusst provokanten) fragen kommen die Argumente des Religionskritikers, der interviewt wurde, gut rüber. und zumindest teilweise wurden die Positionen des organisierten Atheismus doch recht treffend dargestellt. |
Ich finde die boulevardistische Darstellung unsäglich, genauso die Darstellung MSS und Dawkins als Oberhäupter der säkularen Szene: Ich habe kein Oberhaupt!
Zitat: | Vor allem zeigt der Text aber, welches Bild die säkulare Szene nach außen aufwerfen kann - gegenüber einer dreiviertelaufgeklärten, kuschelkuschelchristlichen Gruppe. |
Naja, der Hofberichterstatter des Vatikans ist nicht unbedingt neutral...
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#734872) Verfasst am: 31.05.2007, 08:24 Titel: |
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Einsiedler hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Das ethische Problem des Tyrannenmordes ist eben nicht trivial. Ich stimme allerdings Latenight zu, dass eine Ethik, die Weichmacher festschreibt völlig beliebig wird und dem Missbrauch und Willkür Tür und Tor öffnet.
Wenn es Ausnahmen zu einem ethischen Grundsatz geben kann, dann nur aufgrund der individuellen moralischen Instanz und Verantwortung des Einzelnen, der weiß, dass er einen Grundsatz bricht und auch bereit ist, dafür die Konsequenzen zu tragen. |
Und genau das lese ich aus den 10 Angeboten heraus. Es sind eben keine unbedingten Vorschriften, sondern es kann Ausnahmen geben, bei denen jeder nach seinem Gewissen entscheiden muß. |
Es gibt kein Ethik-System, dass dass Gewissen außer Kraft setzt. Das tun auch die 10 Gebote nicht. Der Mensch bleibt in jedem Falle verantwortlich. Das Gewissen auf ein Regelbuch abzuschieben ist doch bereits unethisch.
Die 10 Angebote haben aber gleich doppelte Weichmacher eingebaut. Sie behaupten erstens, dass sie ja nicht befolgt werden müssen, was an sich schon eine Tautologie ist.
Zweitens haben sie so viele Weichmacher eingebaut, dass man sie ja gar nicht brechen kann. Die RAF Mitglieder haben doch konsistent zu den 'Angeboten' gehandelt. Oder hatten die bei ihren Morden etwa keine höheren Ziele der Humanität?
Einsiedler hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Latenight hat hier weiter gedacht. Die Folter wird zwar nicht explizit erlaubt, aber auch nicht verboten. Grundsätzlich lassen die Ausstiegsklauseln in den 10 Angeboten jede Schweinerei zu - frei nach: Der Zweck heiligt die Mittel. |
Nein, es wird nicht "jede Schweinerei" zugelassen, sondern es wird darauf hingewiesen, daß es Situationen geben kann, in denen man nicht blind irgendwelchen Vorschriften folgen sollte.
Genau das, was Du oben befürwortest. |
Verantwortliches Übertreten von allgemeinen Regeln steht aber mit moralischem Ernst und der Bereitschaft zur Konsequenz dafür ein. Der, der die Regeln übertritt, hat die Regeln gebrochen und ist bereit, für diesen Regelbruch einzustehen.
Regeln mit Weichmachern sind eigentlich keine Regeln, sie sind Rechtfertigung der Beliebigkeit. Hier braucht keiner mehr Regeln zu brechen und dafür eistehen, es genügt das Rezitieren der Ausstiegsklauseln und das Deklarieren, das eben dieser Fall eintrat. Wow - alles legal und moralisch!
Was wirfst du eigentlich den RAFkes vor? Haben nicht die Heuschrecken, die Firmen platt machen, Arbeitsplätze vernichten und sich dabei die Taschen vollstopfen genau so gute Gründe, humanitäre Ziele zu beanspruchen? Willst du etwa den Ostasiaten, die nun endlich die Chance bekommen, auch Arbeit zu haben, vom Zugang zur Weltwirtschaft ausschließen, bloß für die Besitzstandswahrung überbezahlter deutscher Arbeitnehmer?
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#734875) Verfasst am: 31.05.2007, 08:39 Titel: |
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Hatuey hat folgendes geschrieben: | Michael Schmidt-Salomon propagiert ein positives historisches Bild von der islamischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel und kaum jemand scheint dem zu wiedersprechen. |
Geschichte zu instrumentalisieren ist ein gefährliches Pflaster. Daraus Tendenzbehauptungen zu rechtfertigen wird zur Geschichtsklitterei. Die islamischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel von 711 -1492 durchlebte allerdings die unterschiedlichsten Phasen. Während es darin Phasen der Hochkultur gab, die auch eine relative Toleranz demonstrierte, gab es aber auch massenhaft Kriege und gewalttätige Ausschreitungen und ein Judenprogrom. Hier nur das Genehme heraus zu filtern ist starker Tobak.
http://stud-www.uni-marburg.de/~Schmeer/mauren.html
Im Besonderen hat mich die Toleranz der 200 jährigen Blüte des christlichen Toledo überrascht. ... und, das man diese bedeutende Phase in der Geschichtsrezption häufig unterschlägt.
Keller hat folgendes geschrieben: |
Übrigens entwirft er mitnichten ein solches Bild. Er sagt:
Zitat: | Michael Schmidt-Salomon: Selbstverständlich. Die Phasen, in denen die Gebiete unter muslimischer Herrschaft größere Toleranz walten ließen [als heute],waren die Zeiten einer blühenden Kultur.
Michael Schmidt-Salomon: Im 9. und 10. Jahrhundert waren diese Regionen Europa sowohl in technischer wie ethischer Hinsicht überlegen. |
ich bin kein Historiker und in dieser Epoche auch nicht übermäßig bewandert, aber dies deckt sich zumindest mit meinem Kenntnisstand. |
Das ist eben der erwähnte starke Tobak. Hier von größerer Toleranz zu sprechen als heute zeugt von massiver Unkenntnis der Geschichte oder einem verdrehten Geist.
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Einsiedler registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.03.2007 Beiträge: 1435
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(#734886) Verfasst am: 31.05.2007, 09:46 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Wenn es Ausnahmen zu einem ethischen Grundsatz geben kann, dann nur aufgrund der individuellen moralischen Instanz und Verantwortung des Einzelnen, der weiß, dass er einen Grundsatz bricht und auch bereit ist, dafür die Konsequenzen zu tragen. |
Und genau das lese ich aus den 10 Angeboten heraus. Es sind eben keine unbedingten Vorschriften, sondern es kann Ausnahmen geben, bei denen jeder nach seinem Gewissen entscheiden muß. |
Es gibt kein Ethik-System, dass dass Gewissen außer Kraft setzt. Das tun auch die 10 Gebote nicht. Der Mensch bleibt in jedem Falle verantwortlich. |
Wo in den zehn Geboten steht, daß das Gewissen nicht außer Kraft gesetzt wird?
Und wenn es denn so ist, worin siehst Du dann den Unterschied zu den 10 Angeboten?
ballancer hat folgendes geschrieben: | Das Gewissen auf ein Regelbuch abzuschieben ist doch bereits unethisch. |
Genau das ist doch die Aussage der 10 Angebote!
ballancer hat folgendes geschrieben: | Die 10 Angebote haben aber gleich doppelte Weichmacher eingebaut. Sie behaupten erstens, dass sie ja nicht befolgt werden müssen, was an sich schon eine Tautologie ist. |
Damit soll eben explizit darauf hingewiesen werden, daß es keine Regeln/Vorschriften sind, sondern Anregungen,
Denkanstöße. Nachdenken muß schon jeder selbst.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Zweitens haben sie so viele Weichmacher eingebaut, dass man sie ja gar nicht brechen kann. |
Wenn die Angebote eben keine Regeln sind, dann kann man sie natürlich auch nicht brechen.
Genau das ist doch der grundlegende Unterschied der Angebote zu irgendwelchen Geboten: Ethik läßt sich nicht
diktieren, Ethik verlangt aktive Auseinandersetzung jedes einzelnen.
Was nützt mir eine Vorschrift, die nur deshalb befolgt wird, weil es eine Vorschrift ist?
Damit entwürdigt man die Menschen zu Robotern.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Einsiedler hat folgendes geschrieben: | Nein, es wird nicht "jede Schweinerei" zugelassen, sondern es wird darauf hingewiesen, daß es Situationen geben kann, in denen man nicht blind irgendwelchen Vorschriften folgen sollte.
Genau das, was Du oben befürwortest. |
Verantwortliches Übertreten von allgemeinen Regeln steht aber mit moralischem Ernst und der Bereitschaft zur Konsequenz dafür ein. Der, der die Regeln übertritt, hat die Regeln gebrochen und ist bereit, für diesen Regelbruch einzustehen. |
Die Angebote sind eben keine Regeln, sie setzen zudem die Justiz nicht außer Kraft. Sie fordern (vielleicht nicht
eindringlich genug) eben diesen "moralischen Ernst" ein. Und daß das Konsequenzen haben kann, sollte eigentlich
auch klar sein (könnte natürlich trotzdem explizit erwähnt werden).
ballancer hat folgendes geschrieben: | Regeln mit Weichmachern sind eigentlich keine Regeln, sie sind Rechtfertigung der Beliebigkeit. Hier braucht keiner mehr Regeln zu brechen und dafür eistehen, es genügt das Rezitieren der Ausstiegsklauseln und das Deklarieren, das eben dieser Fall eintrat. Wow - alles legal und moralisch! |
Nein, legal wird es dadurch noch lange nicht. Legal ist die Befolgung der Gesetzte des jeweiligen Landes.
Und es gibt eben (leider!) keine universelle Moral, nach der man jede Situation zweifelsfrei nach "gut" und "böse"
unterscheiden könnte. Da bleibt es nicht aus, daß verschiedene Menschen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
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Balalon lebenslustig
Anmeldungsdatum: 30.04.2006 Beiträge: 204
Wohnort: Niederösterreich
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(#734896) Verfasst am: 31.05.2007, 10:22 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | Insgesamt ist der Artickel aber besser als ich dachte. Trotz der recht blöden (und wohl bewusst provokanten) fragen kommen die Argumente des Religionskritikers, der interviewt wurde, gut rüber. und zumindest teilweise wurden die Positionen des organisierten Atheismus doch recht treffend dargestellt. Und der Dogmatismus- vorwurf ist gar nicht mal so unzutreffend gegenüber einigen aus dem säkularen Lager. Bspw gegen Mr. "wir sind die einzig richtigen Humanisten" MSS.
Vor allem zeigt der Text aber, welches Bild die säkulare Szene nach außen aufwerfen kann - gegenüber einer dreiviertelaufgeklärten, kuschelkuschelchristlichen Gruppe. |
Finde ich auch. Ich habe mich beim Lesen des Threads schon gefragt, ob ich die Einzige bin, die den Artikel trotz aller Polemik als nicht so übel empfindet. Der Argumentation der Religionskritiker wird doch nichts entgegengestellt (außer dass der Autor sie als unsympathisch empfindet).
_________________ Ich bin nicht abergläubisch - das bringt Unglück!
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