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FSM registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 78
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(#769999) Verfasst am: 16.07.2007, 21:32 Titel: Wie Evolution "komplexes Leben" schafft |
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Ich lese gerade das Buch von Marc W. Kirschner und John C. Gerhart.
Marc W. Kirschner, John C. Gerhart: Die Lösung von Darwins Dilemma. Wie Evolution komplexes Leben schafft. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007.
Peter Markl schreibt dazu:
Zitat: | Kirschner und Gerhart wollen zeigen, wie man, ausgehend von relativ wenigen seltenen und blinden Variationen, durch eine Art Bausteinsystem große Änderungen in Gestalt und Funktion von Organismen erklären kann. Sie propagieren ihre Theorie unter dem Stichwort "Theorie der erleichterten Variation". Hinter der verwirrenden Vielfalt der phänotypischen Eigenschaften der Organismen und ihres Wandels im Lauf der Evolutionsgeschichte sehen sie relativ einfache Prinzipien am Werk. Als Ausgangsmaterial bedarf es natürlich genetischer Neuheiten, die auf der elementarsten Ebene durch blinde Mutationen oder durch Neukombinationen von Mutationen während der sexuellen Fortpflanzung gliefert werden. So sind etwa schon bei den einfachsten Organismen funktionale Kombinationen von Molekülen entstanden, die sich bei elementaren zellulären Prozessen so bewährt haben, dass sie im Lauf der weiteren Evolutionsgeschichte konserviert wurden.
Es sind vielleicht nur wenige Hundert Typen elementarer Zellprozesse, welche jeweils von Proteinkomplexen aus einigen Dutzend wechselwirkender Komponenten ausgeführt werden können. Sie machen in den einzelnen Zellen elementare Schlüsselprozesse möglich – etwa Stoffwechselprozesse oder elementare Schritte bei der Entwicklung von der ersten Zelle bis zu einem ausgewachsenen Organismus. Diese funktionalen Einheiten zur Ausführung elementarer Kernprozesse werden gut konserviert, was dazu führt, dass die grundlegenden Kernprozesse sich im Lauf der Evolution nur wenig gewandelt haben – man findet sie in der Hefe ebenso wie in Mäusen oder Menschen.
Die Rolle dieser elementaren Kernprozesse entspricht den Bausteinen eines Baukastenspiels – wie in einem Lego-Baukasten sind es nur wenige Typen von Bausteinen, durch deren Kombination ganz neue Gebilde entstehen: Paläste, Schiffe oder der Eiffelturm. Die elementaren Kernprozesse und die Gene, nach deren Information ihre Komponenten gebaut sind, sind bei allen Tieren im wesentlichen gleich. Das gilt auch für so eindrucksvolle Innovationen wie Augen, die Geißeln der Geißeltierchen oder das Immunsystem – alle diese scheinbar so neuartigen Merkmale entstanden und funktionieren auf Grund von Kombinationen derselben Kernprozesse –, in verschiedener Art kombiniert und im werdenden Organismus zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten aktiviert.
Entscheidend dafür sind jene Mechanismen, welche die elementaren Kernprozesse auslösen, und es gibt viele Indizien dafür, dass nur ganz wenige Mutationen in diesen Regelmechanismen das Entstehen evolutionärer Neuheiten bewirken. Kirschner und Gerhart vermuten daher, dass aufgrund der Existenz konservierter Kernprozesse es überflüssig ist, für das Entstehen evolutionärer Neuheiten das höchst unwahrscheinliche Zusammentreffen einer großen Zahl blinder Mutationen postulieren zu müssen. (Wie viele "Intelligent Design"-Anhänger es tun). Man braucht dazu lediglich eine relativ kleine Zahl von Mutationen in den Regelkreisen, welche Ort und Zeit der Aktivierung bereits bewährter und daher bereits vorpaketierter genetischer Information steuern. |
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3946&Alias=wzo&cob=292235¤tpage=1
Kennt ihr die "Theorie der erleichterten Variation" ?
Wie schafft Evolution komplexes Leben? Welche Erklärungen und neue Forschungsergebnisse gibt es in der Evolutionsforschung (neben Mutation, Selektion, Isolation) auf diese Frage?
LG
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reign bla bla
Anmeldungsdatum: 21.07.2006 Beiträge: 1880
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(#770027) Verfasst am: 16.07.2007, 21:52 Titel: Re: Wie Evolution "komplexes Leben" schafft |
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FSM hat folgendes geschrieben: | Wie schafft Evolution komplexes Leben? | Du meinst, wie aus Einem, durch Veränderung ein Anderes entsteht? :D
_________________ be your own pet
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FSM registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 78
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(#770047) Verfasst am: 16.07.2007, 22:05 Titel: Re: Wie Evolution "komplexes Leben" schafft |
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reign hat folgendes geschrieben: | FSM hat folgendes geschrieben: | Wie schafft Evolution komplexes Leben? | Du meinst, wie aus Einem, durch Veränderung ein Anderes entsteht? |
Ja
Besonders interessiert mich der Bereich der transspezifischen Evolution (Evolution oberhalb des Artniveaus).
LG
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Philipp Wehrli registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 139
Wohnort: Winterthur
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(#770216) Verfasst am: 16.07.2007, 23:46 Titel: Re: Wie Evolution "komplexes Leben" schafft |
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FSM hat folgendes geschrieben: |
Wie schafft Evolution komplexes Leben? Welche Erklärungen und neue Forschungsergebnisse gibt es in der Evolutionsforschung (neben Mutation, Selektion, Isolation) auf diese Frage?
LG |
Ein ausgezeichnetes Buch dazu ist: Hoimar von Ditfurth, "Der Geist fiel nicht vom Himmel"
Wie Ditfurths Argumentation etwa läuft, siehst du hier:
http://homepage.hispeed.ch/philipp.wehrli/Evolution/Linsenauge/linsenauge.html
FSM hat folgendes geschrieben: |
Welche Erklärungen und neue Forschungsergebnisse gibt es in der Evolutionsforschung (neben Mutation, Selektion, Isolation) auf diese Frage?
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Es braucht keine zusätzlichen Erklärungen. Deshalb wirst du dazu auch kaum was Bedeutsames finden.
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Philipp Wehrli registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 139
Wohnort: Winterthur
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(#770226) Verfasst am: 16.07.2007, 23:53 Titel: Re: Wie Evolution "komplexes Leben" schafft |
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FSM hat folgendes geschrieben: |
Besonders interessiert mich der Bereich der transspezifischen Evolution (Evolution oberhalb des Artniveaus).
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Da gibt es kein nennenswertes Problem. Eine Art ist dadurch definiert, dass sie sich nicht mit anderen Arten kreuzen kann. Der Übergang von zwei (kreuzbaren) Rassen zu zwei (nicht kreuzbaren) Arten kann fliessend sein, also durchaus im Rahmen der Evolutionstheorie. Allerdings gibt es auch einen sprunghaften Übergang. Z. B. der grosse Panda ist aus einem Bären entstanden durch Verringerung der Chromosomenzahl. Siehe dazu:
http://homepage.hispeed.ch/philipp.wehrli/Evolution/Darwins_Evolutionstheorie/darwins_evolutionstheorie.html
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#773069) Verfasst am: 21.07.2007, 15:14 Titel: |
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Was genau soll denn "Evolution oberhalb des Artniveaus" überhaupt sein?
Es entwickeln sich immer nur Arten. Allle anderen kategorien (Familie, Ordnung, Klasse etc.) existieren ja noch nicht einmal.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Mr Schnuffi Faule Schäfer haben gute Hunde.
Anmeldungsdatum: 18.02.2007 Beiträge: 827
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(#773108) Verfasst am: 21.07.2007, 15:52 Titel: |
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Im Prinzip bleiben Mutationen und Selektion (inklusive zufälliger Selektion durch Katastrophen -> Gendrift) die Triebfeder jedes evolutionären Wandels. Allerdings wird seit einigen Jahren sehr intensiv auf den Gebieten der Epigenetik und der Funktion der RNA geforscht, die Bedeutung für die Genomorganisation und der Genexpression haben. Beide Vorgänge sind durch Proteine gesteuert, wobei auch jeweils mehr oder weniger viel RNA ebenfalls beteiligt ist, und sind daher durch Gene kodiert und somit auch Mutationen ausgesetzt.
Werden diese Prozesse durch seltene "positive" Mutationsereignisse verändert, kann dies zu einer größeren Veränderung der Genexpression führen (Bestimmte homologe Gene werden früher aktiviert/abgeschaltet oder gar nicht mehr/erstmals expremiert etc.)
Der Artbegriff ist in der Biologie übrigens alles anderes als geklärt. Darwin spricht in seinem Buch "Über die Entstehung der Arten" kaum von Arten, was aufgrund des Titels verwunderlich ist. Der Artbegriff, der in der Biologie gebräuchlich ist, geht auf Ernst Mayr zurück und ist nicht wirklich perfekt. Er ist auf den größten Teil der belebten Natur nicht anwendbar, da er nur auf Organismen anwendbar ist, die sich sexuell Fortpflanzen.
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Philipp Wehrli registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 139
Wohnort: Winterthur
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(#773145) Verfasst am: 21.07.2007, 16:54 Titel: |
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Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: |
Der Artbegriff ist in der Biologie übrigens alles anderes als geklärt. Darwin spricht in seinem Buch "Über die Entstehung der Arten" kaum von Arten, was aufgrund des Titels verwunderlich ist. Der Artbegriff, der in der Biologie gebräuchlich ist, geht auf Ernst Mayr zurück und ist nicht wirklich perfekt. Er ist auf den größten Teil der belebten Natur nicht anwendbar, da er nur auf Organismen anwendbar ist, die sich sexuell Fortpflanzen. |
Es gibt kaum eine Art, die sich nicht ab und zu auch sexuell fortpflanzt.
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FSM registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 78
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(#773155) Verfasst am: 21.07.2007, 17:18 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Was genau soll denn "Evolution oberhalb des Artniveaus" überhaupt sein? |
Mit Evolution "oberhalb der Art-Ebene" meine ich die Makroevolution. Der Begriff ist umstritten. Ich habe ihn mal genommen, weil auch Evolutionsbiologen (Mayer, Futuyma, Kutschera) ihn benutzen.
Zitat: | Makroevolution bezeichnet einen Evolutionsvorgang, der oberhalb der Art-Ebene stattfindet. |
Zitat: | Makroevolution bezeichnet dabei den Bereich der Evolutionsbiologie, der einzigartige Phänomene der Evolution (Entstehung evolutionärer Neuheiten, Ursprung des Menschen etc.) untersucht. |
http://de.wikipedia.org/wiki/Makroevolution
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Rasmus entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst
Anmeldungsdatum: 20.05.2004 Beiträge: 17559
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#773171) Verfasst am: 21.07.2007, 17:43 Titel: |
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FSM hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Was genau soll denn "Evolution oberhalb des Artniveaus" überhaupt sein? |
Mit Evolution "oberhalb der Art-Ebene" meine ich die Makroevolution. Der Begriff ist umstritten. Ich habe ihn mal genommen, weil auch Evolutionsbiologen (Mayer, Futuyma, Kutschera) ihn benutzen.
Zitat: | Makroevolution bezeichnet einen Evolutionsvorgang, der oberhalb der Art-Ebene stattfindet. |
Zitat: | Makroevolution bezeichnet dabei den Bereich der Evolutionsbiologie, der einzigartige Phänomene der Evolution (Entstehung evolutionärer Neuheiten, Ursprung des Menschen etc.) untersucht. |
http://de.wikipedia.org/wiki/Makroevolution |
Für mich ist das "in-die-Falle-der-Kreazis-tappen"", aber jetzt weiss ich wenigstens, was du meinst, danke.
ich gehe nicht davon aus, dass solche Vorggänge existieren bzw. von der Mikroevolution unterschieden werden können.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Mr Schnuffi Faule Schäfer haben gute Hunde.
Anmeldungsdatum: 18.02.2007 Beiträge: 827
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(#773186) Verfasst am: 21.07.2007, 18:23 Titel: |
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Philipp Wehrli hat folgendes geschrieben: | Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: |
Der Artbegriff ist in der Biologie übrigens alles anderes als geklärt. Darwin spricht in seinem Buch "Über die Entstehung der Arten" kaum von Arten, was aufgrund des Titels verwunderlich ist. Der Artbegriff, der in der Biologie gebräuchlich ist, geht auf Ernst Mayr zurück und ist nicht wirklich perfekt. Er ist auf den größten Teil der belebten Natur nicht anwendbar, da er nur auf Organismen anwendbar ist, die sich sexuell Fortpflanzen. |
Es gibt kaum eine Art, die sich nicht ab und zu auch sexuell fortpflanzt. |
Eine Art ist nach Mayr
Wiki-Art hat folgendes geschrieben: |
Da sexuelle Fortpflanzung in der unbelebten Natur nicht vorkommt und dieses Kriterium zur Klassifizierung daher nur in der Biologie (aber nicht in der Physik oder Chemie) angewendet werden kann, nannte Ernst Mayr, das auf der sexuellen Fortpflanzung beruhende Artkonzept „biologisch“.
Liger (Mutter Tiger, Vater Löwe)
Liger (Mutter Tiger, Vater Löwe)
Tigon (Mutter Löwe, Vater Tiger)
Tigon (Mutter Löwe, Vater Tiger)
Das biologische Artkonzept definiert eine Art als eine Gemeinschaft sich unter natürlichen Bedingungen miteinander fortpflanzender Lebewesen (Biospezies). Angehörige einer Art können unter natürlichen Bedingungen fruchtbare Nachkommen erzeugen.
Ernst Mayr 1969 definiert: Arten sind Gruppen von sich miteinander kreuzenden natürlichen Populationen, die von anderen Gruppen reproduktiv isoliert sind. |
Es kommt also nicht darauf an, dass Arten sich sexuell (ihre Gene kombinieren) fortpflanzen, sonder darauf, dass sie dies nur untereinander tun.
Bakterien tauschen munter mit allem Gene aus, sogar mit "Arten" verschiedener Domänen. Bakterien werden aufgrund ihrer Biochemie, Physiologie, Morphologie und Ökologie klassifiziert.
Jedenfalls gibt es in der Biologie kein Artkonzept, dass sich auf alle Organismen anwenden lässt.
Die Geschichte mit der Makroevolution ist eigentlich ein Trick der Kreationisten, in dem sie nicht bestreitbare Tatsachen, die zusammen mit weiteren Fakten (Fossilien, Homologe Gene, Genfamilien, Chromosomenfusion) einen Schluss auf die gemeinsame Abstammung höherer Taxa zu lassen, akzeptieren, die Schlussfolgerung jedoch nicht. Es werden Experiemente gefordert, die die ET eigentlich von vornerein als unmöglich ansieht, da es zu lange dauern würde. Genau deshalb ist der Begriff "Makroevolution" ein rhetorischer Kniff von Kreationisten, da er die notwendige Zeit nicht berücksichtigt (Klingt halt irgendwie "plötzlich").
Naja, jedenfalls lassen die Befunde den Schluss zu, dass "Makroevolution" eine Ansammlung "mikroevolutionärer" Vorgänge sein kann, was man eben deshalb auch erforscht.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#776025) Verfasst am: 26.07.2007, 20:22 Titel: Re: Wie Evolution "komplexes Leben" schafft |
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FSM hat folgendes geschrieben: | Ich lese gerade das Buch von Marc W. Kirschner und John C. Gerhart.
Marc W. Kirschner, John C. Gerhart: Die Lösung von Darwins Dilemma. Wie Evolution komplexes Leben schafft. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2007. |
Ups... schön, dass das Buch inzwischen auch ins Deutsche übersetzt wurde. Gelesen habe ich nur das hier:
The Plausibility of Life. Resolving Darwin’s Dilemma. Yale
University Press: New Haven, CT, 2005.
Es ist wirklich ein sehr lesenswertes Buch. Vor allem, weil hier Evolution endlich mal in einer angemessenen (sprich: epigenetischen) Weise diskutiert wird und sich mit dem "Selektionismus", den die Evolutionsgegner für gewöhnlich abfackeln, gar nicht erst lang aufhält. Ein paar Takte zur "facilitated variability" finden sich hier ab S. 9 ff.
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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FSM registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 78
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(#776252) Verfasst am: 27.07.2007, 00:12 Titel: Re: Wie Evolution "komplexes Leben" schafft |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: |
Es ist wirklich ein sehr lesenswertes Buch. Vor allem, weil hier Evolution endlich mal in einer angemessenen (sprich: epigenetischen) Weise diskutiert wird und sich mit dem "Selektionismus", den die Evolutionsgegner für gewöhnlich abfackeln, gar nicht erst lang aufhält. Ein paar Takte zur "facilitated variability" finden sich hier ab S. 9 ff. |
Ja, lesenswert! Es geht nicht um den Lamarckismus. Es geht um erleichterte evolutionäre Veränderungen ("konservierte Kernprozesse", "schwache Kopplung", "exploratives Verhalten" usw.).
Konservierte Komponenten sollen "evolutionäre Veränderungen stark erleichtern, da sie die Menge an genetischer Veränderung verringern, die erforderlich ist, um phänotypisch Neues zu erzeugen, und zwar prinzipiell durch ihren Wiedergebrauch in neuen Kombinationen und in anderen Bereichen ihres adaptiven Leistungsspektrums." (Seite 376 f.)
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Ölbendölp junger, adretter Kreazzicrank
Anmeldungsdatum: 27.01.2005 Beiträge: 514
Wohnort: Sachsen
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(#776354) Verfasst am: 27.07.2007, 07:16 Titel: |
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Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Naja, jedenfalls lassen die Befunde den Schluss zu, dass "Makroevolution" eine Ansammlung "mikroevolutionärer" Vorgänge sein kann |
Hier gibts was darüber zu lesen. Ich habe extra ne Quelle genommen, die nicht unter dem Verdacht steht die Menschenrechte aushebeln zu wollen...
_________________ Was ich nicht fangen kann, ist kein Fisch.
PIRATEN an die Macht!
Evolution und Schöpfung
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ChristopherSaint Juveniler präpotenter Jüngling
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 226
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(#776380) Verfasst am: 27.07.2007, 09:31 Titel: |
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Zitat: |
Es ist wirklich ein sehr lesenswertes Buch. Vor allem, weil hier Evolution endlich mal in einer angemessenen (sprich: epigenetischen) Weise diskutiert wird und sich mit dem "Selektionismus", den die Evolutionsgegner für gewöhnlich abfackeln, gar nicht erst lang aufhält. |
Was die Terroristen von TelicThoughts dennoch nicht davon abhält, das Buch so richtig geil zu finden - Verräter ...
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Mr Schnuffi Faule Schäfer haben gute Hunde.
Anmeldungsdatum: 18.02.2007 Beiträge: 827
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(#776405) Verfasst am: 27.07.2007, 10:17 Titel: |
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Ölbendölp hat folgendes geschrieben: | Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Naja, jedenfalls lassen die Befunde den Schluss zu, dass "Makroevolution" eine Ansammlung "mikroevolutionärer" Vorgänge sein kann |
Hier gibts was darüber zu lesen. Ich habe extra ne Quelle genommen, die nicht unter dem Verdacht steht die Menschenrechte aushebeln zu wollen... |
Und was willst du mir damit sagen? Hab ich geschrieben, dass Makroevo eine Ansammlung von Mikroevo ist? Bestreitet Waschke, dass es möglich ist? Spielt bei den verschiedenen Modellen irgendwo ein Designer eine Rolle?
Alle Modelle zur "Makroevolution" können nur bekannte Fakten berücksichtigen (mag dir etwas ungewohnt sein, aber in den Wissenschaften macht man dies halt so). Man weiß noch lange nicht, wie Leben auf molekularer Ebene funktioniert, wie Genome organisiert sind und die Genexpression geregelt wird. Man ist sich noch nicht einmal sicher, was überhaupt ein Gen ist (einer meiner Professoren arbeitet zur Zeit an einem Paper, in dem diese Frage erörtert wird; ich bin darauf gespannt).
Also was stört dich an meiner Aussage?
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caligula Atheist
Anmeldungsdatum: 31.05.2005 Beiträge: 184
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(#776410) Verfasst am: 27.07.2007, 10:19 Titel: |
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Zitat: | Je mehr Zellen, desto besser!
Eine einzelne Zelle wird leicht von grösseren Lebewesen gefressen. Ausserdem kann sie sich nicht so schnell bewegen. Zellen haben deshalb einen Vorteil, wenn sie bei der Zellteilung noch einige Zeit zusammenkleben. Je länger die Zellen zusammenkleben, desto länger sind sie geschützt. Jeder kleine Schritt, der zu einem besseren Zusammenhalt führt, bringt einen Vorteil. Tausend kleine Schritte bringen schliesslich den einen grossen: Es bilden sich Mehrzeller, bei denen die Zellen sich überhaupt nicht mehr voneinander lösen. |
sehr interessant ! es bilden sich mehrzeller weil die einzelnen zellen leichter von großen mehrzellern gefressen werden.. der baron lässt grüßen
_________________ Die Moral ist für Sklaven geschaffen, für Wesen ohne Geist.
Henry Miller
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Forke Innenminister
Anmeldungsdatum: 19.05.2007 Beiträge: 1682
Wohnort: Am Unterlauf der Elbe
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(#776412) Verfasst am: 27.07.2007, 10:21 Titel: |
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caligula hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Je mehr Zellen, desto besser!
Eine einzelne Zelle wird leicht von grösseren Lebewesen gefressen. Ausserdem kann sie sich nicht so schnell bewegen. Zellen haben deshalb einen Vorteil, wenn sie bei der Zellteilung noch einige Zeit zusammenkleben. Je länger die Zellen zusammenkleben, desto länger sind sie geschützt. Jeder kleine Schritt, der zu einem besseren Zusammenhalt führt, bringt einen Vorteil. Tausend kleine Schritte bringen schliesslich den einen grossen: Es bilden sich Mehrzeller, bei denen die Zellen sich überhaupt nicht mehr voneinander lösen. |
sehr interessant ! es bilden sich mehrzeller weil die einzelnen zellen leichter von großen mehrzellern gefressen werden.. der baron lässt grüßen |
Es gibt Einzeller die größer sind als andere Einzeller...
_________________ "Jede hat mich gern, aber keine liebt mich! - Wenn ich an den lieben Gott glaubte, - wie müßte ich ihn hassen!"
Erich Mühsam, Tagebücher
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Mr Schnuffi Faule Schäfer haben gute Hunde.
Anmeldungsdatum: 18.02.2007 Beiträge: 827
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(#776421) Verfasst am: 27.07.2007, 10:28 Titel: |
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Es gibt auch Einzeller, die sich unter bestimmten Umständen zu einer mehrzelligen "Struktur" organisieren inklusive differenzierter Zelltypen.
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Philipp Wehrli registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 139
Wohnort: Winterthur
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(#776543) Verfasst am: 27.07.2007, 12:46 Titel: |
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caligula hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Je mehr Zellen, desto besser!
Eine einzelne Zelle wird leicht von grösseren Lebewesen gefressen. Ausserdem kann sie sich nicht so schnell bewegen. Zellen haben deshalb einen Vorteil, wenn sie bei der Zellteilung noch einige Zeit zusammenkleben. Je länger die Zellen zusammenkleben, desto länger sind sie geschützt. Jeder kleine Schritt, der zu einem besseren Zusammenhalt führt, bringt einen Vorteil. Tausend kleine Schritte bringen schliesslich den einen grossen: Es bilden sich Mehrzeller, bei denen die Zellen sich überhaupt nicht mehr voneinander lösen. |
sehr interessant ! es bilden sich mehrzeller weil die einzelnen zellen leichter von großen mehrzellern gefressen werden.. der baron lässt grüßen |
Was genau hast du nicht verstanden? -Vielleicht kann ichs noch einfacher schreiben.
Philipp lässt grüssen
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caligula Atheist
Anmeldungsdatum: 31.05.2005 Beiträge: 184
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(#777438) Verfasst am: 28.07.2007, 21:39 Titel: |
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ich glaube du hast meinen punkt nicht verstanden philipp!
der anfangszustand sind einzeller richtig?
es kann also die kumulation von zellen in erster linie nicht eine adaption sein die aus dem druck von einem aggragat aus zellen resultiert, da sich diese form ja zunächst ohne druck geformt haben muss ..
_________________ Die Moral ist für Sklaven geschaffen, für Wesen ohne Geist.
Henry Miller
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Ölbendölp junger, adretter Kreazzicrank
Anmeldungsdatum: 27.01.2005 Beiträge: 514
Wohnort: Sachsen
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(#777732) Verfasst am: 29.07.2007, 18:42 Titel: |
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Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Ölbendölp hat folgendes geschrieben: | Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Naja, jedenfalls lassen die Befunde den Schluss zu, dass "Makroevolution" eine Ansammlung "mikroevolutionärer" Vorgänge sein kann |
Hier gibts was darüber zu lesen. Ich habe extra ne Quelle genommen, die nicht unter dem Verdacht steht die Menschenrechte aushebeln zu wollen... |
Und was willst du mir damit sagen? |
Ich will damit sagen, dass die Unterteilung in Mikro- und Makroevolution kein Kunstgriff der Kreationisten ist, um Verwirrung zu stiften, sondern schon lange bekannt ist.
_________________ Was ich nicht fangen kann, ist kein Fisch.
PIRATEN an die Macht!
Evolution und Schöpfung
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Philipp Wehrli registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 139
Wohnort: Winterthur
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(#777809) Verfasst am: 29.07.2007, 20:52 Titel: |
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caligula hat folgendes geschrieben: | ich glaube du hast meinen punkt nicht verstanden philipp!
der anfangszustand sind einzeller richtig?
es kann also die kumulation von zellen in erster linie nicht eine adaption sein die aus dem druck von einem aggragat aus zellen resultiert, da sich diese form ja zunächst ohne druck geformt haben muss .. |
Es braucht keinen Druck, es reicht die Möglichkeit und die Tatsache, dass diese Möglichkeit während langer Zeit immer mal wieder oder während kurzer Zeit sehr häufig auftaucht.
Der Anfang der Evolution ist nicht bei den Einzellern zu suchen, sondern in der immer komplexeren Chemie. Darüber habe ich auf meiner Homepage noch nichts geschrieben. Meine Seite behandelt nur die Entwicklung vom nicht sehenden Einzeller zum komplizierten Mehrzeller mit Linsenaugen. Auch diese Entwicklung stelle ich nur stark gekürzt dar. Wesentlich ausführlicher ist das brilliante Buch von Hoimar v. Ditfurth, 'Der Geist fiel nicht vom Himmel.'
Doch, ich bin der Ansicht, dass (nach der Entwicklung immer komplizierterer Chemie) die Einzeller vor den Mehrzellern da waren. Die Mehrzeller haben sich aus den Einzellern entwickelt, und zwar nicht sprunghaft, sondern in kleinen Schritten, so wie ich es beschreibe.
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Philipp Wehrli registrierter User
Anmeldungsdatum: 21.06.2007 Beiträge: 139
Wohnort: Winterthur
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(#777810) Verfasst am: 29.07.2007, 20:54 Titel: |
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Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Es gibt auch Einzeller, die sich unter bestimmten Umständen zu einer mehrzelligen "Struktur" organisieren inklusive differenzierter Zelltypen. |
Das ist für mich eine Bestätigung meines Standpunktes. Solche Lebewesen sind doch nahe daran, zu einem Übergangswesen zwischen Einzellern und Mehrzellern zu werden.
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Mr Schnuffi Faule Schäfer haben gute Hunde.
Anmeldungsdatum: 18.02.2007 Beiträge: 827
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(#777842) Verfasst am: 29.07.2007, 21:39 Titel: |
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Ölbendölp hat folgendes geschrieben: | Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Ölbendölp hat folgendes geschrieben: | Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Naja, jedenfalls lassen die Befunde den Schluss zu, dass "Makroevolution" eine Ansammlung "mikroevolutionärer" Vorgänge sein kann |
Hier gibts was darüber zu lesen. Ich habe extra ne Quelle genommen, die nicht unter dem Verdacht steht die Menschenrechte aushebeln zu wollen... |
Und was willst du mir damit sagen? |
Ich will damit sagen, dass die Unterteilung in Mikro- und Makroevolution kein Kunstgriff der Kreationisten ist, um Verwirrung zu stiften, sondern schon lange bekannt ist. |
Okay, dann hättest du eventuell den Satz zitieren sollen, wo ich dies behauptet habe. Trotzdem glaube ich, dass die Einteilung Makro-/Mikroevolution oft ein falsches Bild vermittelt, und dies wohl auch soll.
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Mr Schnuffi Faule Schäfer haben gute Hunde.
Anmeldungsdatum: 18.02.2007 Beiträge: 827
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(#777847) Verfasst am: 29.07.2007, 21:42 Titel: |
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Philipp Wehrli hat folgendes geschrieben: | Mr Schnuffi hat folgendes geschrieben: | Es gibt auch Einzeller, die sich unter bestimmten Umständen zu einer mehrzelligen "Struktur" organisieren inklusive differenzierter Zelltypen. |
Das ist für mich eine Bestätigung meines Standpunktes. Solche Lebewesen sind doch nahe daran, zu einem Übergangswesen zwischen Einzellern und Mehrzellern zu werden. |
Zum Beispiel Cyanobakterien, und die gibt es schon ziemlich lange.
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FSM registrierter User
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 78
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(#777957) Verfasst am: 29.07.2007, 23:46 Titel: |
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Die Evolution ist für mich eine historische Tatsache. Ich denke aber, dass man noch lange nicht mit einem Mechanismus erklären kann wie „Neuheiten“ in der Evolution entstehen. Man kann freilich behaupten, dass Neuerungen durch „die Verstärkung einer Funktion oder durch die Übernahme einer völlig neuen Aufgabe“ (Mayer 2005: 250) erworben werden, aber meiner Meinung nach erklärt das noch nicht wie z.B. ein Flügel entsteht. Mutation, Rekombination und Selektion reichen für die Erklärung der Entstehung von Neuheiten alleine nicht aus. Sie können sehr gut die „Optimierung“ einer Struktur und Spezialisierung erklären, aber meiner Meinung nach (noch) nicht die Entstehung.
So schreiben auch die Kreationisten Junker und Scherer, dass Mutationen meist zu einer „Entdifferenzierung“ (Junker/Scherer 2006:64) führen [„Differenzierungsmutationen sind jedoch nicht bekannt“ (Junker/Scherer 2006:64)]. Sie schreiben auf Seite 68 dann auch, dass die „evolutionsrelevante Frage nicht die nach der Existenz vorteilhafter Mutationen ist, sondern ob qualitativ neues Erbmaterial und neue Strukturen entstehen. Ob eine Mutation vorteilhaft ist, hängt von den Lebensbedingungen ab“.
Ich denke man sollte offen sein für (neue) wissenschaftliche Mechanismen, die die Entstehung von Neu-Konstruktionen erklären. Ob die Selektionstheorie allein für die Erklärung der Entstehung von Bauplänen ausreicht, bezweifle ich. Es sind ja auch „viele molekulare Mechanismen der Evolution noch offen“ (Kutschera 2006:83).
Frage: Inwieweit ist eigentlich die Systemtheorie der Evolution in die Erweiterte Synthetische Theorie integriert worden?
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Komodo Maggots!
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort
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(#778032) Verfasst am: 30.07.2007, 01:42 Titel: |
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Nur weil du dir nicht vorstellen kannst, wie Neuheiten enstehen, heißt es nicht, dass die Erklärung dafür wirklich nicht ausreichend ist.
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Ölbendölp junger, adretter Kreazzicrank
Anmeldungsdatum: 27.01.2005 Beiträge: 514
Wohnort: Sachsen
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(#778061) Verfasst am: 30.07.2007, 06:44 Titel: |
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Komodo hat folgendes geschrieben: | Nur weil du dir nicht vorstellen kannst, wie Neuheiten enstehen, heißt es nicht, dass die Erklärung dafür wirklich nicht ausreichend ist. |
Es geht hier doch nicht um fehlende Phantasie und mangelndes Vorstellungsvermögen. Die Evolutionsbiologie braucht einen Mechanismus, mit dem man die Entstehung echter Neuheiten erklären kann. Fertig.
Du solltest mal die Einwände von Junker und Scherer durchlesen und nicht gleich allergisch reagieren.
_________________ Was ich nicht fangen kann, ist kein Fisch.
PIRATEN an die Macht!
Evolution und Schöpfung
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