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Schöner Artikel.. Moral ist Eigennutz
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#799622) Verfasst am: 23.08.2007, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Wenn es keine Schuld gibt (alles nur Verkettung von Umständen - kann niemand was für - Bestrafung soll aber trotzdem zulässig sein wegen Schutzes der Gesellschaft) und nur nach Abschreckungswirkung und Schwere der Tat verurteilt wird, stellt sich die Frage, wer überhaupt verurteilt werden darf und warum eigentlich (reicht der angenommene Schutz der Gesellschaft alleine tatsächlich für eine solche Maßnahme aus?).
Ja. Es reicht aus. Das merke ich gut an, dir indem du den freien Willen zu retten versuchst, um den Schutz der Gesellschaft zu erhalten.
[Bevor ich aber näher darauf eingehe, möchte ich das, du welcher ja andere Meinung ist, den freien Willen begründest. Wenn du das nicht kannst, musst du wohl den Schutz der Gesellschaft aufgeben oder anders begründen.]
Zitat:


Man könnte unter Maßgabe Deiner Prämissen problemlos

a) eine Sippenhaft begründen (wenn dadurch eine genügend hohe Abschreckungswirkung erzielt würde - was sehr wahrscheinlich ist
So dazu hätte ich gerne einen Beleg.
Zitat:
) - denn es ist ohne den Schuld-Begriff vollkommen gleichgültig, ob der Täter (mal angenommen, der wäre flüchtig) oder seine Frau oder sein Onkel oder sein Vater zur Abschreckungswirkung im Knast sitzt - alle sind dann genau im gleichen Maße nur Opfer ihrer Umstände.
Nein es nicht gleichgültig. Und ich sehe auch nicht wie du darauf kommst. Das Bestrafen von gesetzestreuen Bürgern ist ganz offensichtlich nicht geeignet um die Kriminalität zu bekämpfen.
Es würde übrigens imho zu mehr Straftaten führen unter Menschen mit kriminellen Verwandten.
Zudem baue ich nicht mehr als Abschreckung auf, als unser Rechtssystem auch, nur der Rachegedanke/Gerechtigkeitssinn fällt weg.
Zitat:

b) den Grundsatz "im Zweifelsfall für den Angeklagten" umkehren in "im Zweifelsfall gegen den Angeklagten" - was gleichfalls mMn die Abschreckungswirkung und damit den Schutz der Gesellschaft erhöhen würde
Nein, es würde nicht die Gesellschaft schützen. Im Gegenteil "in dubio pro reo" schützt die Gesellschaft. (Du vergisst das die Angeklagten Teile der Gesellschaft sind).
Ohne "dubio pro reo" landen wir bei Willkür oder einem anderen nicht rechtstaatlichen Konzept, mit bekannten Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Zitat:

- spielt dann auch keine Rolle mehr, weil ja niemand "unschuldig" im Gefängnis sitzen könnte, denn dieser Begriff wäre sinnlos geworden.
Zu unrecht verurteilt.
Zitat:

Es ginge nur noch um eine utilitaristische Aufrechnung von Sicherheit und Übel der Maßnahme (aber nicht mehr um den Menschen, den diese Maßnahme beträfe).

Falls du es vergessen hast der Mensch ist ein wesentlicher Bestandteil im Konzept.
Es geht darum in a) von Straftaten abzuhalten und b) ihn zu schützen.
Ohne b) kannst du natürlich einfach alle umbringen lassen.
_________________
Trish:(
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Peter H.
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 24.06.2007
Beiträge: 9751

Beitrag(#799655) Verfasst am: 23.08.2007, 23:45    Titel: Antworten mit Zitat

Der juristische Grundsatz, "in dubio pro reo" einst von den Römern entwickelt, gerät auch in Deutschland immer mehr aus der Rechtssprechung heraus. Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern ein klarer Ausdruck, der stetig um sich greifenden Inhumanität, die auch ihren Niederschlag beim Staat allgemein, sowie der Justiz insbesondere findet.
Wir sind dabei, wenigstens partiell, hinter das Rechtsempfinden/gebahren der Alten Römer zurückzufallen!
So etwas kann nicht hingenommen werden.
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otto blei
registrierter User



Anmeldungsdatum: 11.06.2007
Beiträge: 74
Wohnort: Berlin

Beitrag(#799683) Verfasst am: 24.08.2007, 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
otto blei hat folgendes geschrieben:
dieser merkwürdige Mensch behauptet eine aufgeklärte Gesellscahft könne absolutes Wissen haben

Wo? Was? Ich?


Entschuldigung Du hast recht, dass Wissen einer aufgeklärten Gesellschaft um die Nichtexistenz von 'Schuld', kann nur ein Zustand des völligen Unverständnisses für das Konzept 'Schuld' sein, insofern wäre die Abwesenheit des Konzeptes 'Schuld' in dieser aufgeklärte Gesellschaft allerdings ein Nichtwissen oder nicht verstehen können dieses Konzeptes und nicht ein Wissen von der Nichtexistenz von 'Schuld'. Du hast Dich halt nur ein bischen unklar ausgedrückt. Es tut mir also leid.
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Johnnyboy
Stück Scheiße



Anmeldungsdatum: 26.06.2005
Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon

Beitrag(#799688) Verfasst am: 24.08.2007, 00:08    Titel: Antworten mit Zitat

Der Punkt ist wohl, dass einige Menschen sich was darauf einbilden moralisch zu sein. Betrachtet man moralisches Handeln, egal welcher Art, jedoch als prinzipiellen Selbstzweck, d.h. aus irgendwelchen Bedürfnissen resultierend deren Befriedigung das Selbst einfordert - und mir fällt auf Anhieb nichts ein was einer solchen Sicht im Wesentlichen im Wege steht - dann hört sich das Ganze weit weniger pompös an. Nichts gegen Altruismus im Allgemeinen also, aber die moralische Selbstüberhöhung die einige Menschen mit falscher, stolzer "Bescheidenheit" so pflegen, ist irgendwie dumm.
_________________
"Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 24.08.2007, 00:22, insgesamt einmal bearbeitet
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AgentProvocateur
registrierter User



Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#799691) Verfasst am: 24.08.2007, 00:09    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn es keine Schuld gibt (alles nur Verkettung von Umständen - kann niemand was für - Bestrafung soll aber trotzdem zulässig sein wegen Schutzes der Gesellschaft) und nur nach Abschreckungswirkung und Schwere der Tat verurteilt wird, stellt sich die Frage, wer überhaupt verurteilt werden darf und warum eigentlich (reicht der angenommene Schutz der Gesellschaft alleine tatsächlich für eine solche Maßnahme aus?).

Ja. Es reicht aus. Das merke ich gut an, dir indem du den freien Willen zu retten versuchst, um den Schutz der Gesellschaft zu erhalten.
[Bevor ich aber näher darauf eingehe, möchte ich das, du welcher ja andere Meinung ist, den freien Willen begründest. Wenn du das nicht kannst, musst du wohl den Schutz der Gesellschaft aufgeben oder anders begründen.

Nö, ich bin schlicht der Meinung, dass jemand für seine Handlungen, die er willentlich und wissentlich begeht, verantwortlich ist und auch zur Verantwortung gezogen werden kann. Und dass jemand für Handlungen, die sein Nachbar, sein Friseur oder sein Bademeister begangen hat, normalerweise nicht verantwortlich ist. Diese Verantwortung für die eigenen Taten ergibt in meiner Sicht überhaupt erst die Legitimation dazu, ihn dazu zur Verantwortung ziehen zu dürfen. Das hat primär nichts mit dem Schutz der Gesellschaft zu tun, sondern es hat etwas mit den Rechten des Individuums zu tun und der Vermeidung von Willkür. Keine Strafe ohne Schuld. Das ist das Wesentliche dabei. Niemand darf zur Rechenschaft gezwungen werden für etwas, was er nicht verursacht hat, was nicht in seiner Macht lag, es zu ändern.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Man könnte unter Maßgabe Deiner Prämissen problemlos

a) eine Sippenhaft begründen (wenn dadurch eine genügend hohe Abschreckungswirkung erzielt würde - was sehr wahrscheinlich ist

So dazu hätte ich gerne einen Beleg.

Oh, eine empirische Studie habe ich dazu nicht anzubieten. Für mich persönlich jedoch wäre es eine ziemlich große Abschreckung, wenn ich befürchten müsste, dass bei einem bestimmten Normverstoß meinerseits meine Familie bestraft würde. Das würde ich mir dann noch einmal daraufhin überlegen und vom geplanten Normverstoß Abstand nehmen.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
) - denn es ist ohne den Schuld-Begriff vollkommen gleichgültig, ob der Täter (mal angenommen, der wäre flüchtig) oder seine Frau oder sein Onkel oder sein Vater zur Abschreckungswirkung im Knast sitzt - alle sind dann genau im gleichen Maße nur Opfer ihrer Umstände.

Nein es nicht gleichgültig. Und ich sehe auch nicht wie du darauf kommst. Das Bestrafen von gesetzestreuen Bürgern ist ganz offensichtlich nicht geeignet um die Kriminalität zu bekämpfen.

Doch, wenn ich von mir ausgehe schon. Siehe oben. Was ist der Unterschied in Deiner Sichtweise zwischen einem gesetzestreuen Bürger und einem Normverletzer? Letzterer wurde doch dMn lediglich durch die äußeren Umstände zu seiner Tat gezwungen, was eigentlich eine Strafe verbieten sollte, es sei denn, diese würde eine Abschreckungswirkung und somit eine als positiv gesehene Auswirkung auf die Gesellschaft haben. Und da Du genau diese Meinung vertrittst, ist mir völlig schleierhaft, wieso Du plötzlich auf die persönliche Handlung Wert legst, die doch nicht zu beeinflussen war. Keine Schuld - keine Strafe. Oder: keine Schuld nirgends - Strafe aber zulässig zur Abschreckung -> dann ist es egal, wer bestraft wird.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Es würde übrigens imho zu mehr Straftaten führen unter Menschen mit kriminellen Verwandten.

Wieso dieses?

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zudem baue ich nicht mehr als Abschreckung auf, als unser Rechtssystem auch, nur der Rachegedanke/Gerechtigkeitssinn fällt weg.

Unser Rechtssytem hat aber als ganz, ganz, ganz wesentlichen Grundsatz, ein Grundsatz, der unbedingt vor der Abschreckung zu berücksichtigen ist: Keine Strafe ohne Schuld! Das bedeutet, dass im jetzigen Rechtssystem die Grundrechte des Einzelnen Vorrang vor einem Gemeinschaftsnutzen haben. In Deinem Rechtssystem fällt das ersatzlos weg. Nur der Gemeinschaftsnutzen bleibt.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
b) den Grundsatz "im Zweifelsfall für den Angeklagten" umkehren in "im Zweifelsfall gegen den Angeklagten" - was gleichfalls mMn die Abschreckungswirkung und damit den Schutz der Gesellschaft erhöhen würde

Nein, es würde nicht die Gesellschaft schützen. Im Gegenteil "in dubio pro reo" schützt die Gesellschaft. (Du vergisst das die Angeklagten Teile der Gesellschaft sind).
Ohne "dubio pro reo" landen wir bei Willkür oder einem anderen nicht rechtstaatlichen Konzept, mit bekannten Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Tut mir leid, aber ich verstehe immer noch nicht, wieso man ohne das Konzept der Schuld (weil man meint, dass alle Menschen nur Sklaven ihres Schicksals seien) und mit der Ansicht, dass Strafen trotzdem zulässig seien, diese Strafen nur auf den Täter beschränken will, wenn Strafen für andere vielleicht ebenso eine Abschreckungswirkung hätten. Was unterscheidet denn den Täter von seiner Frau, so dass nur er bestraft werden darf und seine Frau für seine Tat nicht? Beides genau im gleichen Maße Getriebene in Deiner Ansicht, oder nicht?

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
- spielt dann auch keine Rolle mehr, weil ja niemand "unschuldig" im Gefängnis sitzen könnte, denn dieser Begriff wäre sinnlos geworden.

Zu unrecht verurteilt.

Huch? Wieso? Verstehe ich nicht, ist nach Deinem System unlogisch. Es gibt nur noch das Recht der Gesellschaft, sich zu schützen.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Es ginge nur noch um eine utilitaristische Aufrechnung von Sicherheit und Übel der Maßnahme (aber nicht mehr um den Menschen, den diese Maßnahme beträfe).

Falls du es vergessen hast der Mensch ist ein wesentlicher Bestandteil im Konzept.
Es geht darum in a) von Straftaten abzuhalten und b) ihn zu schützen.
Ohne b) kannst du natürlich einfach alle umbringen lassen.

Ja, aber Du willst nicht die Täter schützen. Warum nicht? Warum seine Familienangehörigen?
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Johnnyboy
Stück Scheiße



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Wohnort: Babylon

Beitrag(#799703) Verfasst am: 24.08.2007, 00:18    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Tut mir leid, aber ich verstehe immer noch nicht, wieso man ohne das Konzept der Schuld (weil man meint, dass alle Menschen nur Sklaven ihres Schicksals seien) und mit der Ansicht, dass Strafen trotzdem zulässig seien, diese Strafen nur auf den Täter beschränken will, wenn Strafen für andere vielleicht ebenso eine Abschreckungswirkung hätten. Was unterscheidet denn den Täter von seiner Frau, so dass nur er bestraft werden darf und seine Frau für seine Tat nicht?


Der Grund warum man beispielsweise einen Kinderschänder wegsperrt ist in erster Linie der allgemeine Wille, der dahintersteckt. Wäre ein anderer Wille vorherrschend, dann wären eben andere Leute "schuldig". Schuld ist etwas, dass dem anhaftet, der etwas tut, was die meisten nicht wollen, dass er es tut. Der Unterschied ist, dass der eine mit konventionellen Normen konform geht, der andere hat eben die Arschkarte gezogen. Übrigens: Nur weil sich eine Sichtweise ungemein unbefriedigend anhört (d.h. in deinem Bewusstsein das Gefühl von Unlust erzeugt), heißt es noch lange nicht, dass sie falsch sein muss.
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AgentProvocateur
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Beiträge: 7851
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Beitrag(#799710) Verfasst am: 24.08.2007, 00:29    Titel: Antworten mit Zitat

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Der Grund warum man beispielsweise einen Kinderschänder wegsperrt ist in erster Linie der allgemeine Wille, der dahintersteckt. Wäre ein anderer Wille vorherrschend, dann wären eben andere Leute "schuldig". Schuld ist etwas, dass dem anhaftet, der etwas tut, was die meisten nicht wollen, dass er es tut.

So what?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Der Unterschied ist, dass der eine mit konventionellen Normen konform geht, der andere hat eben die Arschkarte gezogen.

Und?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Nur weil sich eine Sichtweise ungemein unbefriedigend anhört (d.h. in deinem Bewusstsein das Gefühl von Unlust erzeugt), heißt es noch lange nicht, dass sie falsch sein muss.

"Falsch"? Was bedeutet das in diesem Zusammenhange? "Letztbegründet falsch"? Wenn nein, was dann? Für wen, aus welcher Sicht, auf welcher Grundlage, auf welcher Basis, mit welchen Prämissen "falsch" oder "nicht falsch"? Aus Deiner etwa? Wenn ja: ist Deine Sichtweise denn wertvoller als meine?
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Johnnyboy
Stück Scheiße



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Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon

Beitrag(#799717) Verfasst am: 24.08.2007, 00:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
So what?


Schuld ist kein an sich sinnvoller Begriff, da beliebig. Eine Diskussion, dass ohne einen Schuldbegriff ein Rechtssystem "sinnlos" sei, ist im höchten Maße trivial. Was bedeuted hier schon "sinnlos"? Sinnlos weil es eventuell einen Trieb in dir, der sich letzenendes doch wünscht, es gebe etwas Verbindliches, dass jedwege moralingetränkte Rechtsprechung zu mehr als einer Farce mach, nicht befriedigen kann?

Zitat:
Und?


Ja du wolltest doch einen Unterschied. Hier hast du ihn.

Zitat:
"Falsch"? Was bedeutet das in diesem Zusammenhange?


Falsch, in dem Sinne, dass die Aussagen die sie beinhaltet, nicht die Realität skizzieren.
_________________
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Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 24.08.2007, 00:56, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#799718) Verfasst am: 24.08.2007, 00:41    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn es keine Schuld gibt (alles nur Verkettung von Umständen - kann niemand was für - Bestrafung soll aber trotzdem zulässig sein wegen Schutzes der Gesellschaft) und nur nach Abschreckungswirkung und Schwere der Tat verurteilt wird, stellt sich die Frage, wer überhaupt verurteilt werden darf und warum eigentlich (reicht der angenommene Schutz der Gesellschaft alleine tatsächlich für eine solche Maßnahme aus?).

Ja. Es reicht aus. Das merke ich gut an, dir indem du den freien Willen zu retten versuchst, um den Schutz der Gesellschaft zu erhalten.
[Bevor ich aber näher darauf eingehe, möchte ich das, du welcher ja andere Meinung ist, den freien Willen begründest. Wenn du das nicht kannst, musst du wohl den Schutz der Gesellschaft aufgeben oder anders begründen.

Nö, ich bin schlicht der Meinung, dass jemand für seine Handlungen, die er willentlich und wissentlich begeht, verantwortlich ist und auch zur Verantwortung gezogen werden kann.
Dazu braucht es keinen freien Willen, sondern nur ein (recht komplexes) Bewusstsein.
Zitat:

Und dass jemand für Handlungen, die sein Nachbar, sein Friseur oder sein Bademeister begangen hat, normalerweise nicht verantwortlich ist.
Sind wir ja einer Meinung. Die Sippenhaft habe ich übrigens nicht eingebracht.
Zitat:

Diese Verantwortung für die eigenen Taten ergibt in meiner Sicht überhaupt erst die Legitimation dazu, ihn dazu zur Berantwortung ziehen zu dürfen.
Das hat primär nichts mit dem Schutz der Gesellschaft zu tun, sondern es hat etwas mit den Rechten des Individuums zu tun und der Vermeidung von Willkür.
? Ich finde sehr wohl dass es primär mit dem Schutz der Gesellschaft zu tun hat, weswegen sollte ich sonst jemanden einsperren, wenn er keine Bedrohung ist noch bedrohliches Verhalten gefördert wird.
Zitat:

Keine Strafe ohne Schuld.
Sehr schön. In einem Schuldkonzept auch notwendig. Ohne Schuldkonzept naja. Im Sinne der rein juristischen Schuld, finde ich es also akzeptabel.
Zitat:

Das ist das Wesentliche dabei. Niemand darf zur Rechenschaft gezwungen werden für etwas, was er nicht verursacht hat, was nicht in seiner Macht lag, es zu ändern.
Es ist unmöglich zu zeigen, dass jemand es unter exakt den selben Umständen hätte ändern können.
Zitat:


Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Man könnte unter Maßgabe Deiner Prämissen problemlos

a) eine Sippenhaft begründen (wenn dadurch eine genügend hohe Abschreckungswirkung erzielt würde - was sehr wahrscheinlich ist

So dazu hätte ich gerne einen Beleg.

Oh, eine empirische Studie habe ich dazu nicht anzubieten. Für mich persönlich jedoch wäre es eine ziemlich große Abschreckung, wenn ich befürchten müsste, dass bei einem bestimmten Normverstoß meinerseits meine Familie bestraft würde. Das würde ich mir dann noch einmal daraufhin überlegen und vom geplanten Normverstoß Abstand nehmen.
Begehst derzeit ohne Sippenhaft irgendwelche Kapitalverbrechen? Du kannst auch per PN antworten, wenn du es nicht offen zu geben willst.
Zitat:


Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
) - denn es ist ohne den Schuld-Begriff vollkommen gleichgültig, ob der Täter (mal angenommen, der wäre flüchtig) oder seine Frau oder sein Onkel oder sein Vater zur Abschreckungswirkung im Knast sitzt - alle sind dann genau im gleichen Maße nur Opfer ihrer Umstände.

Nein es nicht gleichgültig. Und ich sehe auch nicht wie du darauf kommst. Das Bestrafen von gesetzestreuen Bürgern ist ganz offensichtlich nicht geeignet um die Kriminalität zu bekämpfen.

Doch, wenn ich von mir ausgehe schon. Siehe oben. Was ist der Unterschied in Deiner Sichtweise zwischen einem gesetzestreuen Bürger und einem Normverletzer? Letzterer wurde doch dMn lediglich durch die äußeren Umstände zu seiner Tat gezwungen,
Was für eine Unterstellung.
Mir fällt eine klare Trennung zwischen inneren und äußeren Zuständen unmöglich und ich gewichte sie nicht unterschiedlich. Das die innere Zwänge keine Rolle spielen habe ich nie behauptet.
Zitat:


was eigentlich eine Strafe verbieten sollte, es sei denn, diese würde eine Abschreckungswirkung und somit eine als positiv gesehene Auswirkung auf die Gesellschaft haben. Und da Du genau diese Meinung vertrittst, ist mir völlig schleierhaft, wieso Du plötzlich auf die persönliche Handlung Wert legst, die doch nicht zu beeinflussen war. Keine Schuld - keine Strafe. Oder: keine Schuld nirgends - Strafe aber zulässig zur Abschreckung -> dann ist es egal, wer bestraft wird.
Es gäbe jetzt einige Möglichkeiten zu argumentieren. Ich will folgende aufgreifen: die nicht Vorhersehbarkeit eines Gefängnisaufenthaltes ist inakzeptabel, denn diese Unverhersehbarkeit kann im eigenen Verhalten nicht vernüftig mit einbezogen werden.
Würde ich mich mit der Spieletheorie auskennen, würde ich jetzt schreiben, es ist spieletheoretisch katastrophal, tue ich aber nicht, also lasse ich es.
Solche Willkürakte führen aber ua auch zu einer Solidarisierung mit den Gefangenen, was zu mehr Straftaten oder zivilen Ungehorsam führt. Zum anderen fallen dir bestimmt selbst genügend Argumente gegen Willkür ein, sonst hättest du es ja nicht mir untergeschoben(-auch wenn du meinst zu recht untergeschoben).
(Zudem gebe ich das Konzept der Verantwortung nicht auf, sondern modifiziere es leicht - das wäre ein anderes Argument)
Zitat:


Wolf hat folgendes geschrieben:
Es würde übrigens imho zu mehr Straftaten führen unter Menschen mit kriminellen Verwandten.

Wieso dieses?
Ich kann gut die Hälfte meiner Verwandten nicht leiden. Zudem kommen die oben genannten Gründen. Unter anderem bin ich stillschweigend davon ausgegangen, dass der Täter nicht mehr gesucht wird, wenn man nen Ersatzgefangen hat.
Zitat:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zudem baue ich nicht mehr als Abschreckung auf, als unser Rechtssystem auch, nur der Rachegedanke/Gerechtigkeitssinn fällt weg.

Unser Rechtssytem hat aber als ganz, ganz, ganz wesentlichen Grundsatz, ein Grundsatz, der unbedingt vor der Abschreckung zu berücksichtigen ist: Keine Strafe ohne Schuld! Das bedeutet, dass im jetzigen Rechtssystem die Grundrechte des Einzelnen Vorrang vor einem Gemeinschaftsnutzen haben.
Das die Grundrechte des einzelnen Vorrang vor dem Gemeinschaftsnutzen haben, habe ich vielleicht im meinem Konzept nicht zur genüge oder überhaupt erwähnt, dachte aber dies sei klar und nicht strittig. Es ist immer noch zu beweisen, dass der Täter die Tat begangen hat. Nur dass er Schuld hat wäre recht schlecht formuliert, leider fehlt mir ein in diesem Kontext äquivalentes Wort. Keine Strafe ohne (Beweis einer Straf)Tat wäre vielleicht treffend.
Zitat:

In Deinem Rechtssystem fällt das ersatzlos weg. Nur der Gemeinschaftsnutzen bleibt.
S.o.
Zitat:


Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
b) den Grundsatz "im Zweifelsfall für den Angeklagten" umkehren in "im Zweifelsfall gegen den Angeklagten" - was gleichfalls mMn die Abschreckungswirkung und damit den Schutz der Gesellschaft erhöhen würde

Nein, es würde nicht die Gesellschaft schützen. Im Gegenteil "in dubio pro reo" schützt die Gesellschaft. (Du vergisst das die Angeklagten Teile der Gesellschaft sind).
Ohne "dubio pro reo" landen wir bei Willkür oder einem anderen nicht rechtstaatlichen Konzept, mit bekannten Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Tut mir leid, aber ich verstehe immer noch nicht, wieso man ohne das Konzept der Schuld (weil man meint, dass alle Menschen nur Sklaven ihres Schicksals seien) und mit der Ansicht, dass Strafen trotzdem zulässig seien, diese Strafen nur auf den Täter beschränken will, wenn Strafen für andere vielleicht ebenso eine Abschreckungswirkung hätten. Was unterscheidet denn den Täter von seiner Frau, so dass nur er bestraft werden darf und seine Frau für seine Tat nicht?
Das er die Tat begangen hat.^^
Zitat:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
- spielt dann auch keine Rolle mehr, weil ja niemand "unschuldig" im Gefängnis sitzen könnte, denn dieser Begriff wäre sinnlos geworden.
Zu unrecht verurteilt.
Zitat:

Es ginge nur noch um eine utilitaristische Aufrechnung von Sicherheit und Übel der Maßnahme (aber nicht mehr um den Menschen, den diese Maßnahme beträfe).

Falls du es vergessen hast der Mensch ist ein wesentlicher Bestandteil im Konzept.
Es geht darum in a) von Straftaten abzuhalten und b) ihn zu schützen.
Ohne b) kannst du natürlich einfach alle umbringen lassen.

Ja, aber Du willst nicht die Täter schützen. Warum nicht? Warum seine Familienangehörigen?
Sicher will ich den Täter schützen.
Es ist ein schwieriges abwiegen, zwischen notwendiger Abschreckung und der Freiheit, eines mittlerweile wahrscheinlich ungefährlichen Täters.
Generell dürfte die Strafen [für Ersttäter] wohl kürzer ausfallen als bisher.

Mal anders willst du eigentlich den Täter schützen?
_________________
Trish:(
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AgentProvocateur
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Beitrag(#799728) Verfasst am: 24.08.2007, 00:56    Titel: Antworten mit Zitat

@Wolf
Ich will das mal ziemlich abkürzen.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Für mich persönlich jedoch wäre es eine ziemlich große Abschreckung, wenn ich befürchten müsste, dass bei einem bestimmten Normverstoß meinerseits meine Familie bestraft würde. Das würde ich mir dann noch einmal daraufhin überlegen und vom geplanten Normverstoß Abstand nehmen.

Begehst derzeit ohne Sippenhaft irgendwelche Kapitalverbrechen? Du kannst auch per PN antworten, wenn du es nicht offen zu geben willst.

Lachen

Wolf hat folgendes geschrieben:
Es ist immer noch zu beweisen, dass der Täter die Tat begangen hat. Nur dass er Schuld hat wäre recht schlecht formuliert, leider fehlt mir ein in diesem Kontext äquivalentes Wort. Keine Strafe ohne (Beweis einer Straf)Tat wäre vielleicht treffend.

Bingo. Das ist exakt das, was ich unter Schuld verstehe. Ehrlich gesagt, habe ich gar keine Ahnung, was "metaphysische Schuld" überhaupt sein soll.

Schuld = Zuschreibung der Verantwortung für eine willentlich und wissentlich begangene Normverletzung.

Das ist alles.

Da haben wir wohl gar keinen Dissens.

Tur mir leid, falls ich Dir etwas falsches unterstellt haben sollte.
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Johnnyboy
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Beitrag(#799735) Verfasst am: 24.08.2007, 01:05    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Schuld = Zuschreibung der Verantwortung für eine willentlich und wissentlich begangene Normverletzung.


Und was ist jetzt Verantwortung?
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AgentProvocateur
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Beitrag(#799736) Verfasst am: 24.08.2007, 01:05    Titel: Antworten mit Zitat

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
So what?

Schuld ist kein an sich sinnvoller Begriff, da beliebig. Eine Diskussion, dass ohne einen Schuldbegriff ein Rechtssystem "sinnlos" sei, ist im höchten Maße trivial. Was bedeuted hier schon "sinnlos"? Sinnlos weil es eventuell einen Trieb in dir, der sich letzenendes doch wünscht, es gebe etwas Verbindliches, dass jedwege moralingetränkte Rechtsprechung zu mehr als einer Farce mach, nicht befriedigen kann?

Huch?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Und?

Ja du wolltest doch einen Unterschied. Hier hast du ihn.

Ach so, Dein Beitrag hatte einen Bezug zu dem, was ich oben geschrieben hatte. Sorry, das war mir nicht klar. Schauen wir doch noch einmal. Die Frage war, warum ein Täter - ohne Schuld - bestraft werden darf - jemand, der ebenfalls keine Schuld hat und zusätzlich mit der Tat nichts zu tun hat, jedoch nicht. Das war dann Deine Antwort darauf:

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Der Unterschied ist, dass der eine mit konventionellen Normen konform geht, der andere hat eben die Arschkarte gezogen.

Aha. Das ist also die Begründung. Der eine hat die Arschkarte gezogen. Ist das denn eine tatsächlich gute Begründung? Wieso hat nicht der andere die Arschkarte gezogen? Wieso hat nicht keiner die Arschkarte gezogen? Oder alle? Oder willst Du mir sagen: ist halt einfach so?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
"Falsch"? Was bedeutet das in diesem Zusammenhange?

Falsch, in dem Sinne, dass die Aussagen die sie beinhaltet, nicht die Realität skizzieren.

Huch? Welche Realität? Gibt es in weltanschaulichen Fragen denn eine "Realität"? Ist das dann nicht sowas wie eine Letzbegründung?
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Wolf
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Wohnort: Zuhause

Beitrag(#799737) Verfasst am: 24.08.2007, 01:05    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Es ist immer noch zu beweisen, dass der Täter die Tat begangen hat. Nur dass er Schuld hat wäre recht schlecht formuliert, leider fehlt mir ein in diesem Kontext äquivalentes Wort. Keine Strafe ohne (Beweis einer Straf)Tat wäre vielleicht treffend.

Bingo. Das ist exakt das, was ich unter Schuld verstehe. Ehrlich gesagt, habe ich gar keine Ahnung, was "metaphysische Schuld" überhaupt sein soll.

Schuld = Zuschreibung der Verantwortung für eine willentlich und wissentlich begangene Normverletzung.

Das ist alles.

Da haben wir wohl gar keinen Dissens.
Kannst du so nennen. Unter [metaphy.] Schuld verstehe ich eine Normverletzung, obwohl sich der Täter auch anders entscheiden hätte können und sich nicht aufgrund physikalischer Gesetze oder Ungesetze[=Zufall zwinkern ] dafür entschieden hat.
Es besteht eben noch ein Unterschied zwischen sich einer Handlung bewusst sein und anders handeln zu können, auch wenn uns dies subjektiv nicht so vorkommt.
Zitat:

Tur mir leid, falls ich Dir etwas falsches unterstellt haben sollte.
Macht nix. Wir haben einen unterschiedlichen Sprachgebrauch. Da passieren viele Missverständnisse.

P.S.: Damit will ich's jetzt gut sein lassen. Ein besseres Ergebnis wird die Diskussion erfahrungsgemäß nicht hergeben. Vielleicht nächstes Jahr wieder.
_________________
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Johnnyboy
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Beitrag(#799740) Verfasst am: 24.08.2007, 01:13    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ach so, Dein Beitrag hatte einen Bezug zu dem, was ich oben geschrieben hatte. Sorry, das war mir nicht klar.


Kein Ding.

Zitat:
Aha. Das ist also die Begründung. Der eine hat die Arschkarte gezogen. Ist das denn eine tatsächlich gute Begründung? Wieso hat nicht der andere die Arschkarte gezogen? Wieso hat nicht keiner die Arschkarte gezogen? Oder alle? Oder willst Du mir sagen: ist halt einfach so?


Ja. Warum der Allgemeinwille so oder so ist, kann man errörtern wie: "Warum mag Fritz Rockmusik?".

Zitat:
Huch? Welche Realität? Gibt es in weltanschaulichen Fragen denn eine "Realität"?


Ja natürlich. Ich weiss z.b. dass ich exisitiere.

Zitat:
Ist das dann nicht sowas wie eine Letzbegründung?


Ich glaube nicht, dass alles so schrecklich schwer ist. Übrigens weiss ich nicht, was du mit Letzbegründung meinst, ich habe mir den Gebrauch dieses Wortes nie angewöhnt. Ich glaube an Erkenntisbarrieren und subjektive Empfindungen, allerdings eher nicht an mehrere Wahrheiten. Ich bin der Ansicht, dass man in gewissen Fragen, eine überwiegende Masse an plausiblen Argumenten auf eine weltanschauliche Sichtweise vereinen kann.
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Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 24.08.2007, 01:20, insgesamt 3-mal bearbeitet
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AgentProvocateur
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Beitrag(#799743) Verfasst am: 24.08.2007, 01:17    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tur mir leid, falls ich Dir etwas falsches unterstellt haben sollte.

Macht nix. Wir haben einen unterschiedlichen Sprachgebrauch. Da passieren viele Missverständnisse.

P.S.: Damit will ich's jetzt gut sein lassen. Ein besseres Ergebnis wird die Diskussion erfahrungsgemäß nicht hergeben. Vielleicht nächstes Jahr wieder.

Prost
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AgentProvocateur
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Beitrag(#799752) Verfasst am: 24.08.2007, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Aha. Das ist also die Begründung. Der eine hat die Arschkarte gezogen. Ist das denn eine tatsächlich gute Begründung? Wieso hat nicht der andere die Arschkarte gezogen? Wieso hat nicht keiner die Arschkarte gezogen? Oder alle? Oder willst Du mir sagen: ist halt einfach so?

Ja. Warum der Allgemeinwille so oder so ist, kann man errörtern wie: "Warum mag Fritz Rockmusik?".

Alles Kismet? Ist halt so und basta? Diskussionen überflüssig? Es gibt also gar keine Gründe und Begründungen? Zum Beispiel für das Strafrechtssystem? Welche Grundlagen und Voraussetzungen dieses hat? Alles Banane? Und Willkür? Ob jemand gefoltert, inhaftiert, hingerichtet, freigelassen wird? Alles einfach so, wie es ist? Ohne das hinterfragen zu können? Hm.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Huch? Welche Realität? Gibt es in weltanschaulichen Fragen denn eine "Realität"?

Ja natürlich. Ich weiss z.b. dass ich exisitiere.

Hm? Schauen wir doch einmal, was Du oben geschrieben hast:

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Nur weil sich eine Sichtweise ungemein unbefriedigend anhört (d.h. in deinem Bewusstsein das Gefühl von Unlust erzeugt), heißt es noch lange nicht, dass sie falsch sein muss.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Falsch, in dem Sinne, dass die Aussagen die sie beinhaltet, nicht die Realität skizzieren.

Tut mir leid, den Zusammenhang kann ich gerade überhaupt nicht finden. Bezieht sich das auch auf etwas Konkretes, das ich vorher geschrieben habe oder war das einfach mal so allgemein dahergesagt?
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Johnnyboy
Stück Scheiße



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Beitrag(#799753) Verfasst am: 24.08.2007, 01:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Alles Kismet? Ist halt so und basta? Diskussionen überflüssig? Es gibt also gar keine Gründe und Begründungen? Zum Beispiel für das Strafrechtssystem? Welche Grundlagen und Voraussetzungen dieses hat? Alles Banane? Und Willkür? Ob jemand gefoltert, inhaftiert, hingerichtet, freigelassen wird? Alles einfach so, wie es ist?


An sich ja. Aus der Perspektive eines jeden Individuums nicht. Allerdings sind Diskussionen um bloße Worte immer überflüssig, ja.

Zitat:
Tut mir leid, den Zusammenhang kann ich gerade überhaupt nicht finden. Bezieht sich das auch auf etwas Konkretes, das ich vorher geschrieben habe?


Ich auch nicht, liegt vielleicht daran, dass deine Frage wenig mit dem hier diskutierten Thema zu tun hatte. Zumindest ist mir ihr konkreter Bezug zu dem hier geschriebenen nicht klar.
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Heretic
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Beitrag(#799754) Verfasst am: 24.08.2007, 01:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Heretic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Ich denke du ziehst falsche Schlüsse.
Zum einen sind Drohnungen, Einschüchterungen nur ein vorübergehender Einfluss, im Gegensatz "zum genetischen Hang zum Morden" und müssen daher anders beurteilt werden.
Zudem könntest du mit den selben Schluss auch mildernde Umstände für alle fordern.


Sie sind aber genauso eine äußere Beeinflussung, die zur Ausführung der Tat beitragen wie genetische Ausstattung. Unterschiede wären hier lediglich beim nachträglichen "Prägen der Präferenzen" des jeweiligen Individuums von Bedeutung.
Wie trennst du zwischen außen und innen?


Garnicht. Im Endeffekt hat alles (direkten oder indirekten) Einfluss auf die mentale Verfassung des Täters, die schließlich zu der Tat führt. Frühkindliche Sozialisation genauso wie etwa die Androhung, dich zu verprügeln, wenn du diese oder jene Tat nicht begehst. Letzteres ist einfach für jeden ersichtliche Beeinflussung, zur unfreien Tat haben aber alle Einflüsse beigetragen.
Das Prägen der Präferenzen war hier auf den Täter bezogen. Durch Therapie, Abschreckung o.ä. während seines Gefängnisaufenthaltes könnte dann versucht werden, etwa eine anerzogene Neigung zum Diebstahl zu unterdrücken, wobei dann aber die direkt vorausgegangenen Umstände (Drohung) von den anerzogenen getrennt werden müssten. Inwieweit eine Therapie sinnvoll ist, hängt natürlich auch vom jeweiligen Täter ab sowie davon, ob es sich für die begangene Tat "lohnt" (Beim Großbrandstifter ja, beim einmaligen Kaugummiklau nein).

Wolf hat folgendes geschrieben:
Heretic hat folgendes geschrieben:
Um mildernde Umstände für alle zu fordern, müssten wir im jeweiligen Fall die exakte Lebensgeschichte kennen. Diese Möglichkeit hab ich mal bewusst außen vor gelassen.
Nein.


Wolltest du generell mildernde Umstände, könntest du zwar einen allgemeinen "Ihr-Könnt-ja-nichts-dafür-Bonus" vergeben, aber was würde das bringen?


Wolf hat folgendes geschrieben:
Heretic hat folgendes geschrieben:
Im zweiten Fall wäre n die Maßnahmen aufgrund der individuellen Prägung nicht unabhängig vom Individuum, sondern von Person zu Person äußerst verschieden, was sicher anstrengender wäre, allerdings einen größeren Nutzen sowohl für die Täter als auch für die Gesellschaft nach sich ziehen würde.
Nein. Ich erwäge die Strafe nicht nachdem der individuellen Prägung irgendeines drittens. Sondern nachdem der Abschreckungswirkung auf die Gesellschaft und nach der Schwere der Tat. Das ist unabhängig vom Individum(dem Verurteilten).


Was heißt irgendeines dritten? Ich meinte den Täter. Um die Gesellschaft vor der Rückfälligkeit des Täters zu schützen, ist ja manchmal eine Verlängerung der Strafe erforderlich, bei guter Führung, also wenn der Täter resozialisiert scheint, kann sie ggf. verkürzt werden. So ist manchmal noch eine längere Therapie nötig. Nicht nur die Gesellschaft muss geschützt werden, der Gefangene sollte auch auf ein möglichst normales Leben nach der Haft vorbereitet werden.
Den groben Rahmen für die Haftdauer steckt dabei natürlich stets die begangene Tat ab.


Wolf hat folgendes geschrieben:
Heretic hat folgendes geschrieben:
Bei der Abschreckung Dritter erscheinen mir wiederum Einheitsstrafen am wirksamsten, da diese dann klar vor Augen haben, was sie erwartet. Solche Strafen kämen dem Einzelnen allerdings wenig entgegen.
Punkt zwei berücksicht die Einzelnen. Punkt eins gibt einen Strafrahmen bzw die Untergrenze vor, der in einer reifen (aber imho utopischen) Gesellschaft nicht mehr nötig wäre.


Punkt 1: Strafmaß bemessen an Abschreckungswirkung für die Gesellschaft.
Punkt 2: Schutz der Gesellschaft unter Berücksichtigung der gesellschaftsfähigkeit des Täters.

Stimmt das soweit?
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Valen MacLeod
Antitheist



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Beitrag(#799882) Verfasst am: 24.08.2007, 11:11    Titel: Antworten mit Zitat

Also Leute... man müsste meinen Ihr wisst es besser: Strafen haben keine allgemein abschreckende Wirkung, da jeder Täter entweder davon ausgeht, nicht erwischt zu werden oder die Strafe von Haus aus in Kauf nimmt. In beiden Fällen, hat die Strafandrohnung ihr Wirkung verfehlt, ist also als Argument unbrauchbar.

Es bleibt also nur der Aspekt der Wiedergutmachung. Hier ist unser Rechtssystem sowieso ziemlich pervertiert, das es wirtschaftliche Schäden immer noch höher bewertet, wie menschliche/physische/medizinische...
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"... Wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen?!" <i>Herman van Veen</i>
Das Schlimme an meinen Katastrophenszenarien ist... dass ich damit über kurz oder lang noch immer Recht behielt.
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Valen MacLeod
Antitheist



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Wohnort: Jenseits von Eden

Beitrag(#799883) Verfasst am: 24.08.2007, 11:12    Titel: Antworten mit Zitat

Und noch zum Threadtitel: Moral ist der Versuch, die eigenen Grundsätze zum persönlichen Vorteil für allgemeingültig zu erklären.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#799895) Verfasst am: 24.08.2007, 11:31    Titel: Antworten mit Zitat

Valen MacLeod hat folgendes geschrieben:
Also Leute... man müsste meinen Ihr wisst es besser: Strafen haben keine allgemein abschreckende Wirkung, da jeder Täter entweder davon ausgeht, nicht erwischt zu werden oder die Strafe von Haus aus in Kauf nimmt. In beiden Fällen, hat die Strafandrohnung ihr Wirkung verfehlt, ist also als Argument unbrauchbar.

Ja, bei einem Täter hat die Abschreckung nicht funktioniert. Bei einem anderen, der aufgrund der zu erwartenden Sanktionen keine Straftat begeht, hat sie hingegen funktioniert. Abschreckung funktioniert also offensichtlich nicht immer (denn es gibt ja Straftaten). Daraus zu schließen, sie funktioniere überhaupt nicht, ist jedoch ein Fehlschluss.

Valen MacLeod hat folgendes geschrieben:
Es bleibt also nur der Aspekt der Wiedergutmachung. Hier ist unser Rechtssystem sowieso ziemlich pervertiert, das es wirtschaftliche Schäden immer noch höher bewertet, wie menschliche/physische/medizinische...

Ja, das sehe ich auch so.
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kolja
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Beitrag(#799901) Verfasst am: 24.08.2007, 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nö, ich bin schlicht der Meinung, dass jemand für seine Handlungen, die er willentlich und wissentlich begeht, verantwortlich ist und auch zur Verantwortung gezogen werden kann. [...] Diese Verantwortung für die eigenen Taten ergibt in meiner Sicht überhaupt erst die Legitimation dazu, ihn dazu zur Verantwortung ziehen zu dürfen. Das hat primär nichts mit dem Schutz der Gesellschaft zu tun, sondern es hat etwas mit den Rechten des Individuums zu tun und der Vermeidung von Willkür. Keine Strafe ohne Schuld. Das ist das Wesentliche dabei. Niemand darf zur Rechenschaft gezwungen werden für etwas, was er nicht verursacht hat, was nicht in seiner Macht lag, es zu ändern.

Diese Argumentation ist mal wieder prall gefüllt mit "Verantwortung-an-sich" bzw. "Schuld-an-sich". Ein schönes Beispiel für Deinen üblichen Rückfall in eine unaufgeklärte Denkweise. Auf die übliche Nachfrage an dieser Stelle würdest Du vermutlich wie üblich beteuern, dass Dir bewusst ist, dass Verantwortung nicht "an-sich" existiert, sondern nur zu gewissen Zwecken zugewiesen wird. Dieses entpuppt sich aber als reines Lippenbekenntnis, weil es sich nicht in Deiner Denkweise und in Deiner Argumentation niederschlägt.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#799952) Verfasst am: 24.08.2007, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Diese Argumentation ist mal wieder prall gefüllt mit "Verantwortung-an-sich" bzw. "Schuld-an-sich". Ein schönes Beispiel für Deinen üblichen Rückfall in eine unaufgeklärte Denkweise. Auf die übliche Nachfrage an dieser Stelle würdest Du vermutlich wie üblich beteuern, dass Dir bewusst ist, dass Verantwortung nicht "an-sich" existiert, sondern nur zu gewissen Zwecken zugewiesen wird. Dieses entpuppt sich aber als reines Lippenbekenntnis, weil es sich nicht in Deiner Denkweise und in Deiner Argumentation niederschlägt.

Mit dem Vorwurf kann ich nicht viel anfangen. Wie müsste es sich denn konkret in meiner Argumentation niederschlagen, damit es kein reines Lippenbekenntnis wäre?
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#799986) Verfasst am: 24.08.2007, 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wenn Du einen Mörder verurteilen mußt, der Deiner Analyse nach unter einem seine Freiheit stark einschränkenden Einfluß stand, etwa einer Ideologie oder einem Affekt. Nach Deiner Definition des FW müßtest Du ihn evtl. freisprechen oder zuminderst mildernde Umstände berücksichtigen. Was aber, wenn sich das negativ auf die Abschreckung Dritter auswirken würde? Schließlich könnte nach Deiner Überzeugung eine Abschreckung eine gute präventive Gegenkraft im Gehirn eines ideologisch oder affektiv Beeinflußten darstellen.

Bei manchen gesellschaftlichen Einflüssen sollte die Strafe in der Tat höher sein um den Täter dazu zu bewegen sich gegen sein Umfeld zu entscheiden. Die Abschreckung sollte idealerweise höher sein, als die Abschreckung, die ihm sein Umfeld androht.
Ehrenmord wäre ein mögliches Beispiel.

Beim Affekt sollte die Strafe eher niedriger ausfallen. Die unterschiedliche Bestrafung ist dadurch gerechtfertigt, dass die Art der Entscheidung in diesen Fällen eine andere ist.

step hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Fragt sich, warum dann auf Basis der Hirnforschung so energisch ein unfreier Wille und eine Ablehnung des Schuldbegriffs vertreten wird. Wozu der ganze Eifer?

Zum einen zur Aufklärung: weil metaphysische Konzepte der Freiheit und der Schuld dadurch entmystifiziert werden.
Zum zweiten aus ethischen Gründen: weil damit ein intitutionell rächendes Strafrecht illegitim wird. Das betrifft weniger Deine Einstellung, z.T. aber AP's Haltung und auch das geltende Strafrecht.
Und zum dritten wegen des Fortschritts: weil die Akzeptanz eines unfreien Willens die Bahn freimacht für Theorien und Techniken, die Handlungen nützlicher machen bzw. vermeiden.

So sehe jedenfalls ich die Motive.

Auch die Christen bringen solche Argumente vor. Wir müssen an einen freien Willen/Gott/ausgleichende Gerechtigkeit glauben, damit....
Eine Motivation etwas zu Glauben bestätigt diesen Glauben mitnichten.

ad 1.) Ich werde nicht vom freien Willen abrücken, nur weil der unfreie Wille dem hiesigen Christentum stärker widerspricht. Gegenüber dem Islam, den Calvinisten und vielen Baptisten steht meine Position des freien Willens im größeren Widerspruch. Und nun?

ad 2.) der Rächer kann sich aber, wie schon öfter von mir dargestellt, genauso auf den freien Willen ausreden, wie der Täter. Du musst für ihn das gleiche Verständnis aufbringen.
Abgesehen davon ist Rache überall dort, wo es keinen Rechtsstaat gibt, oder bei den Kleinigkeiten, mit denen sich der Rechtsstaat nicht beschäftigen kann, durchaus ein ethisch legitimes Mittel der Abschreckung.

ad 3.) Du musst näher erörtern, welche tollen neuen Techniken deine Position plötzlich ermöglichen würde. Ich leugne ja all die Erkenntnisse der Soziologie und Hirnforschung überhaupt nicht. Aber bisher habe ich von dort nichts erfahren, was den freien Willen verunmöglichen würde.

step hat folgendes geschrieben:

Da habe ich Dich doch gerade richtig verstanden. Gilt nun das Sokrateersche Schuldmaß oder der zu erwartende Abschreckungseffekt, wenn es um die Schwere der Bestrafung geht?

Beides. Agentprovocateur hat das gut dargelegt. Die Abschreckung ist der Hauptgrund für die Strafe. Bestraft darf aber nur der werden, der sich kraft seines freien Willens strafbar gemacht hat und nicht etwa seine Mutter oder sonstwer.

step hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
[Ich schätze, dass der auffällige Abfall von Morden seit dem Beginn der 90er auch etwas mit der DNA-Analyse zu tun haben, die ja nun jedermann bekannt sein dürfte.

Mit der DNA-Analyse könntest Du richtig liegen, das scheint mir plausibel. Hast Du eine Statistik parat, die das auch z.B. für USA zeigt?

Ich habe hier schon mal hier irgendwo den Rückgang der Mordraten in New York verlinkt.
Es gibt da auch die These von den Freakonomics Autoren, dass die Legalisierung von Abtreibungen dafür verantwortlich wären.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Diese Argumentation ist mal wieder prall gefüllt mit "Verantwortung-an-sich" bzw. "Schuld-an-sich". Ein schönes Beispiel für Deinen üblichen Rückfall in eine unaufgeklärte Denkweise. Auf die übliche Nachfrage an dieser Stelle würdest Du vermutlich wie üblich beteuern, dass Dir bewusst ist, dass Verantwortung nicht "an-sich" existiert, sondern nur zu gewissen Zwecken zugewiesen wird. Dieses entpuppt sich aber als reines Lippenbekenntnis, weil es sich nicht in Deiner Denkweise und in Deiner Argumentation niederschlägt.

Mit dem Vorwurf kann ich nicht viel anfangen. Wie müsste es sich denn konkret in meiner Argumentation niederschlagen, damit es kein reines Lippenbekenntnis wäre?

Verstehe den Einwand auch nicht. Es gibt auch nicht "Liebe-an-sich" Schulterzucken
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
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Beitrag(#800198) Verfasst am: 24.08.2007, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Abschreckung sollte idealerweise höher sein, als die Abschreckung, die ihm sein Umfeld androht.

Damit würde der "Freiwillige" irgendwie zum Spielball zweier Seiten, die sich in der Abschreckung gegenseitig hochrüsten. Nehmen wir mal an, es funktioniert, er "entscheidet" sich dann für die Seite, die den größeren Repressionsdruck ausübt, nach Deinem Vorschlag wäre das ja immer der strafende Staat. Eine absurde Vorstellung von Handlungsfreiheit.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Beim Affekt sollte die Strafe eher niedriger ausfallen. Die unterschiedliche Bestrafung ist dadurch gerechtfertigt, dass die Art der Entscheidung in diesen Fällen eine andere ist.

Du meinst, der (äußere oder innere) Zwang, einen Ehrenmord zu begehen,sei kleiner als der innere Zwang, jemand sagen wir aus Eifersucht umzubringen? Bekommen eigentlich Angehörige von Kulturen, bei denen "das Messer lockerer sitzt", bei Mord oder Totschlag mildernde Umstände?

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Fragt sich, warum dann auf Basis der Hirnforschung so energisch ein unfreier Wille und eine Ablehnung des Schuldbegriffs vertreten wird. Wozu der ganze Eifer?
Zum einen zur Aufklärung: weil metaphysische Konzepte der Freiheit und der Schuld dadurch entmystifiziert werden.

Auch die Christen bringen solche Argumente vor. Wir müssen an einen freien Willen/Gott/ausgleichende Gerechtigkeit glauben, damit.... Eine Motivation etwas zu Glauben bestätigt diesen Glauben mitnichten.

Moment, das ist keine Analogie. Metaphysische Konzepte zu entmystifizieren ist eine Motivation, die aus der wissenschaftlichen Methode folgt - anders als Bestätigungen für den Glauben zu finden. Aufklärung selbst, kritischer Rationalismus usw. gehört im Prinzip zu den Methoden der Wissenschaftlichkeit.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
ad 1.) Ich werde nicht vom freien Willen abrücken, nur weil der unfreie Wille dem hiesigen Christentum stärker widerspricht. Gegenüber dem Islam, den Calvinisten und vielen Baptisten steht meine Position des freien Willens im größeren Widerspruch. Und nun?

Wovon Du unter welchen Umständen abrückst, war überhaupt nicht die Frage, sondern warum "auf Basis der Hirnforschung so energisch ein unfreier Wille und eine Ablehnung des Schuldbegriffs vertreten wird". Den Aufklärern ist es in erster Näherung egal, ob die wissenschaftlichen Fakten eher dem Islam oder eher dem Christentum widersprechen.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Zum zweiten aus ethischen Gründen: weil damit ein institutionell rächendes Strafrecht illegitim wird. Das betrifft weniger Deine Einstellung, z.T. aber AP's Haltung und auch das geltende Strafrecht.

ad 2.) der Rächer kann sich aber, wie schon öfter von mir dargestellt, genauso auf den freien Willen ausreden, wie der Täter. Du musst für ihn das gleiche Verständnis aufbringen.

Darauf habe wiederum ich schon oft geantwortet, letztens noch gegenüber zeligs zynischem Richter und früher auch schon öfter: Die Situation ist nicht symmetrisch, weil es gar nicht darauf ankommt, ob der Rächer erzwungen handelte (er tut es aus meiner Sicht übrigens in der Tat). Es wäre in meiner Welt einzig entscheidend, ob seine Handlung durch konsente Interessen legitimiert würde.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Abgesehen davon ist Rache überall dort, wo es keinen Rechtsstaat gibt, oder bei den Kleinigkeiten, mit denen sich der Rechtsstaat nicht beschäftigen kann, durchaus ein ethisch legitimes Mittel der Abschreckung.

Ja, dieses Argument ist mir schon öfter untergekommen, zuweilen auch mit dem Hinweis, daß Tit-for-Tat Strategien besondere Vorteile haben: berechenbar, zeitnah, maßvoll, nicht nachtragend usw.

Ich denke aber, daß sie in einer komplexen, indirekt reziproken, erzwungen kooperativen Gesellschaft nicht die beste Strategie darstellt. Zudem berücksichtigen sie ja kaum die Motivlage, sondern nur den Handlungseffekt, und richten sich oft auch gegen überpersonelle Opfer, etwa bei der Blutrache oder wenn jemand aus Rache am Establishment ein teures Auto zerkratzt.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und zum dritten wegen des Fortschritts: weil die Akzeptanz eines unfreien Willens die Bahn freimacht für Theorien und Techniken, die Handlungen nützlicher machen bzw. vermeiden.

ad 3.) Du musst näher erörtern, welche tollen neuen Techniken deine Position plötzlich ermöglichen würde. Ich leugne ja all die Erkenntnisse der Soziologie und Hirnforschung überhaupt nicht. Aber bisher habe ich von dort nichts erfahren, was den freien Willen verunmöglichen würde.

Es geht nicht darum, was den FW verunmöglicht, sondern was der Glaube an den FW verunmöglicht. Z.B. wehren sich manche Ethiker gegen (hypothetische) präventive Eingriffe ins Gehirn mit der Begründung, daß auf diese Weise in den natürlichen Freien Willen eingegriffen würde. Wenn man einsieht, daß es keinen FW gibt und es nur eine graduelle Frage ist, zu welchem Zweck und mit welchen Folgen man wo eingreift, dann kann die Diskussion versachlicht werden und sich mit den eigentlichen Problemen beschäftigen: technische Realisierung, Mißbrauch verhindern, Folgenkontrolle usw.
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Beitrag(#800261) Verfasst am: 24.08.2007, 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Es geht nicht darum, was den FW verunmöglicht, sondern was der Glaube an den FW verunmöglicht. Z.B. wehren sich manche Ethiker gegen (hypothetische) präventive Eingriffe ins Gehirn mit der Begründung, daß auf diese Weise in den natürlichen Freien Willen eingegriffen würde.

Es wird in das Persönlichkeitsrecht (welches zugewiesen ist und nicht per se und an sich existiert, bla, bla, um diesem Einwand gleich mal zuvorzukommen) eingegriffen und zwar, wenn das unter Zwang geschieht, in einer derart massiven Weise, dass ich mir kaum eine Steigerung vorstellen kann.

step hat folgendes geschrieben:
Wenn man einsieht, daß es keinen FW gibt

"Gibt"? Es ist ein Konzept, eines, das aus einem bestimmten Menschenbild und Gesellschaftsmodell herrührt. Es kann daher keine wissenschaftliche Widerlegung dessen geben, auch wenn es noch hunderttausend Male behauptet werden würde.

Der "absolute FW", mit "absoluter Freiheit" ist sowieso nur ein Pappkamerad, den hier niemand vertritt. Wenn man jedoch mit der recht banalen Erkenntnis, es gäbe keine "absolute Freiheit" die relative Freiheit (Freiheit von äußeren Zwängen, z.B. den Zwang zu einer Gehirnoperation) gleich mit erledigen möchte, dann ist das eine wirklich faule Argumentationsstrategie.

step hat folgendes geschrieben:
und es nur eine graduelle Frage ist, zu welchem Zweck und mit welchen Folgen man wo eingreift,

Auch das ist immer noch kein Argument. Es ist auch nur ein gradueller Unterschied zwischen einer kurzen Haftstrafe und einer Körperstrafe (Amputation einer Hand oder dergl.). Daraus, dass man das eine als zulässig ansieht, folgt noch lange nicht, dass man das andere ebenfalls als zulässig ansehen muss.

step hat folgendes geschrieben:
dann kann die Diskussion versachlicht werden und sich mit den eigentlichen Problemen beschäftigen: technische Realisierung, Mißbrauch verhindern, Folgenkontrolle usw.

Ich möchte nicht am Gehirn operiert werden. Und ich möchte auch nicht meine Kinder am Gehirn operieren lassen. Auch wenn das angeblich zu dem Besten aller wäre. Möchte ich schlicht nicht. Eigentlich, wenn ich es mir recht überlege, möchte ich überhaupt nicht gegen meinen Willen operiert werden. Und dasselbe gilt für meine Kinder. Und ich möchte auch nicht in einer Gesellschaft leben, die diese mMn grundlegenden Persönlichkeitsrechte mal eben so über den Haufen schmeißt wegen angeblicher wissenschaftlicher Erkenntnisse, die noch nicht einmal benannt werden können. Blinder Wissenschaftsglaube par excellence. Nicht so mein Ding.
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otto blei
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Beitrag(#800297) Verfasst am: 24.08.2007, 19:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Es geht nicht darum, was den FW verunmöglicht, sondern was der Glaube an den FW verunmöglicht. Z.B. wehren sich manche Ethiker gegen (hypothetische) präventive Eingriffe ins Gehirn mit der Begründung, daß auf diese Weise in den natürlichen Freien Willen eingegriffen würde. Wenn man einsieht, daß es keinen FW gibt und es nur eine graduelle Frage ist, zu welchem Zweck und mit welchen Folgen man wo eingreift, dann kann die Diskussion versachlicht werden und sich mit den eigentlichen Problemen beschäftigen: technische Realisierung, Mißbrauch verhindern, Folgenkontrolle usw.


Step, ich kann das nur als das offene Bekenntnis zur totalen Tyranei sehen. Wer das durchsetzen will muss mich erst totschlagen und es ist mir egal mit welchen guten Willen fürs Beste des Menschengeschlechts er dabei handelt.
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zelig
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Beitrag(#800304) Verfasst am: 24.08.2007, 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

Die Diskussion hat anfänglich einen interessanten und für das FGH ungewohnten Verlauf genommen, als die Frage nach der Verwendung der richtigen Begrifflichkeit, vor allem der zutreffenden Interpretation dieser Begrifflichkeit anklang. Wer den FW ablehnt, hat die Schwierigkeit, daß die Begriffe "Grund" und "Begründung" sinnlos werden. Anstattdessen dürfte nur noch von Ursachen gesprochen werden (was in der Diskussion zw dem Richter und den gegen die Verurteilung argumentierenden Angeklagten deutlich wird: Was der Angeklagte getan hätte, sei verursacht gewesen. Das Urteil ebenso, kontert der Richter. Beide Aussagen bedeuten vor allem, daß die Handlungen nicht begründet werden müssen, also der Rechtfertigungsmechanismus ausgehebelt ist). Hiermit wären wir allerdings tatsächlich nur noch in der Lage, das Geschehen zu beschreiben. Letztlich würde das Sollen selber hinfällig (denn wer ein Sollen definiert, geht implizit davon aus, daß es eine Handlungsalternative gibt). Damit wird, als logische Konsequenz, Ethik selber unmöglich. Es bleibt meines Erachtens keine Wahl: Wer Determinist ist und den FW verneint, kann nicht mehr als den Anspruch erheben, die Welt besser zu beschreiben.

Ein Bemerkung noch zum Abschreckungseffekt von Strafe. Daß nur Kapitalverbrechen als Beispiele angeführt werden, halte ich für irreführend. Die Wirksamkeit des Abschreckungseffekt wird erst anhand niedrigschwelliger Vergehen deutlich. Parkverbotszonen ohne Politessen? Sinnlos, oder?
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#800308) Verfasst am: 24.08.2007, 19:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Abschreckung sollte idealerweise höher sein, als die Abschreckung, die ihm sein Umfeld androht.

Damit würde der "Freiwillige" irgendwie zum Spielball zweier Seiten, die sich in der Abschreckung gegenseitig hochrüsten. Nehmen wir mal an, es funktioniert, er "entscheidet" sich dann für die Seite, die den größeren Repressionsdruck ausübt, nach Deinem Vorschlag wäre das ja immer der strafende Staat. Eine absurde Vorstellung von Handlungsfreiheit.

Du nennst Strafen für Mord einen "Repressionsdruck"? Mit den Augen rollen
Der Rechtsstaat muss sein Gewaltmonopol und seine Souveränität verteidigen und wenn es dann eine kulturelle Minderheit gibt, die ihre eigenen Regeln aufstellen will, dann entsteht in der Tat ein Konflikt, der vom Staat gewonen werden muss. Ich würde mich wundern, wie dein Weltbild diesem Konflikt aus dem Weg gehen würde.

step hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Beim Affekt sollte die Strafe eher niedriger ausfallen. Die unterschiedliche Bestrafung ist dadurch gerechtfertigt, dass die Art der Entscheidung in diesen Fällen eine andere ist.

Du meinst, der (äußere oder innere) Zwang, einen Ehrenmord zu begehen,sei kleiner als der innere Zwang, jemand sagen wir aus Eifersucht umzubringen? Bekommen eigentlich Angehörige von Kulturen, bei denen "das Messer lockerer sitzt", bei Mord oder Totschlag mildernde Umstände?

Ich glaube, dass wir eine unterschiedliche Auffassung von Affekt haben. Zum Affekt gehört unter anderem der Notwehrexzess. Eifersucht verstehe ich nicht darunter. Aber ich bin kein Jurist.

Innerhalb einer Kultur, in der das Messer locker sitzt, würde Mord und Totschlag wohl ganz automatisch nicht so hart bestraft werden. Wir bestrafen auch Mitläufer vergangener Unrechtsregime nicht sonderlich hart, alleine schon deshalb, weil man dann schnell die halbe Bevölkerung einsperren müsste. (Siehe Nazis, Stasi, ... )

step hat folgendes geschrieben:

Moment, das ist keine Analogie. Metaphysische Konzepte zu entmystifizieren ist eine Motivation, die aus der wissenschaftlichen Methode folgt - anders als Bestätigungen für den Glauben zu finden. Aufklärung selbst, kritischer Rationalismus usw. gehört im Prinzip zu den Methoden der Wissenschaftlichkeit.

Gehen wir mal vom Begriff der "Metaphysik" weg. Wir wollen unwahre Auffassungen aufdecken. Dazu gehören klarereweise die Religionen mit ihren unbegründeten Moralvorstellungen. Nur dürfen wir dabei nicht unlauter vorgehen und eine unwahre oder unbegründete Aussage für wahr halten, nur damit man einer größeren "Falschdenkschule" damit einen schmerzlicheren Schlag versetzen kann.

step hat folgendes geschrieben:
Darauf habe wiederum ich schon oft geantwortet, letztens noch gegenüber zeligs zynischem Richter und früher auch schon öfter: Die Situation ist nicht symmetrisch, weil es gar nicht darauf ankommt, ob der Rächer erzwungen handelte (er tut es aus meiner Sicht übrigens in der Tat). Es wäre in meiner Welt einzig entscheidend, ob seine Handlung durch konsente Interessen legitimiert würde.

Ich nehme an, dass du auch die Interessen des Mörders für nicht "konsistent" hältst. Deshalb frage ich mich immer noch, warum tendenziell Verständnis für den unfreien Willen des Primärtäters eingefordert wird, während dieses Verständnis irgendwie nicht für den Rächer gilt. Rachegelüste sind mächtige Gefühle, die den Menschen wesentlich stärker treiben können, als die Motivation für die Primärtat selbst. Der Primärtäter bricht z.B. in die nächstbeste Wohnung ein, weil er Geld braucht und schlägt dabei deine zufällig anwesende Omi nieder. Für ihn ist es eine nüchterne und sehr freie Entscheidung, irgendwo einzubrechen. Falls du zufällig zur Tat hinzu kommst, dann wäre es in dieser Situation sehr verständlich, falls du überreagierst.
Es wäre absurd in dieser Situation dem Rächer vorzuhalten, er hätte sich doch zurückhalten sollen, da ja der Täter durch seinen Unfreien Willen nicht anders konnte, als irgendwo einzubrechen.

step hat folgendes geschrieben:

Es geht nicht darum, was den FW verunmöglicht, sondern was der Glaube an den FW verunmöglicht. Z.B. wehren sich manche Ethiker gegen (hypothetische) präventive Eingriffe ins Gehirn mit der Begründung, daß auf diese Weise in den natürlichen Freien Willen eingegriffen würde. Wenn man einsieht, daß es keinen FW gibt und es nur eine graduelle Frage ist, zu welchem Zweck und mit welchen Folgen man wo eingreift, dann kann die Diskussion versachlicht werden und sich mit den eigentlichen Problemen beschäftigen: technische Realisierung, Mißbrauch verhindern, Folgenkontrolle usw.

Du sagst also, dass der UFW neue Methoden erlauben würde, weil manche Vertreter des FW gegen diese Methoden ablehnen würden. Nun, ich bin für den FW und hätte nichts gegen Eingriffe ins Gehirn, falls der Täter sich freiwillig dazu entscheidet.

Und ohne Schuldbegriff frage ich mich übrigens, wessen Gehirn du eigentlich manipulieren willst. Das des Vergewaltigers, oder das der frigiden Zicke, die ihn nicht ranlassen wollte.


Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 24.08.2007, 19:58, insgesamt einmal bearbeitet
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
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Beitrag(#800332) Verfasst am: 24.08.2007, 19:56    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Damit wird, als logische Konsequenz, Ethik selber unmöglich. Es bleibt meines Erachtens keine Wahl: Wer Determinist ist und den FW verneint, kann nicht mehr als den Anspruch erheben, die Welt besser zu beschreiben.

Ich bin Determinist (für den Mesokosmos), bzw. habe keine Probleme mit dem Determinismus und halte den FW gleichzeitig für einen treffenden Begriff.

Der UFW-Anhänger, der nicht weit denkt, sieht die Straftäter einfach nur mehr als Opfer. Und es gibt ja in der Tat Leute, die gegen jegliche Strafen sind und Verständnis für alles und jeden fordern.

Wer etwas weiter denkt, wie Wukitits, will dann schon irgendwie den Status Quo legitimieren. Da wird dann plötzlich aus dem Nichts das Recht der Gesellschaft aus dem Hut gezogen.

Und wer noch weiter denkt, kommt dann full circle, wie die Amis sagen würden. Die Konsequenzen des UFW heben sich gegenseitig auf, wie ein Faktor, der auf beiden Seiten einer Ungleichung steht, den man also einfach wegkürzen kann und man kann letztlich wieder alles befürworten oder ablehnen, was ein FW-Anhänger auch kann. Nur wurden die Begriffe "Schuld" und "Freier Wille" durch wesentlich komplexere Begriffskonstellationen ersetzt. Was wie eine fundamental andere Weltsicht aussieht, ist in Wahrheit nur eine kafkaesk verzerrte Version des naheliegenden FW-Weltbildes, das aber letztlich nichts anderes aussagt.

Das ist vergleichbar zu den Angriffen auf die absolute Wahrheit, oder den leidigen Debatten über ontisch vs. epistemisch. Viel philosophische, heiße Luft um nichts.

kolja und step stehen sind meiner meinung nach kurz vor full circle.
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