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Anmeldungsdatum: 10.11.2007
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Beitrag(#859641) Verfasst am: 13.11.2007, 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Dieser G. Roth scheint mir ein wenig buddhistisch angehaucht zu sein, so wie er sich ausdrückt.

Aber dass man, wenn man das Ich mit einer beliebig genauen Lupe untersucht, keinen Ich-Kern findet ist doch klar. Es gibt auch keinen zentralen Apfel, sondern diese besteht auch aus Bestandteilen.

Auch die Verdauung ist dezentral organisiert. Da gibt es Gallenblase, Magen, Speichel, Darm, Bakterien, Enzyme usw., die alle irgendwie mitwirken und gemeinsam die Verdauung ergeben. Und so ist es mit dem "Ich" laut Hirnforschung.

Aha. Der Kenntnisstand der Hirnforschung wird also von einem der führenden Hirnforscher nicht adäquat wiedergegeben, wohl aber von Sokrateer. Ich bin amüsiert. Du solltest lieber mal ein Buch von Roth lesen, bevor Du Dich so sehr aus dem Fenster lehnst und blamierst.

Ich wiederspreche diesem Mann überhaupt nicht. Aber er verwendet Worte wie "anheften", die einem Buddhisten natürlich bestätigend vorkommen. In diesen Zitaten drückt er sich eben irgendwie mit buddhistischer Sprache angehaucht aus. Andere Hirnforscher machen das nicht.


Ich weiß nichts davon ob G. Roth etwas vom Buddh. weiß, aber Wolf Singer hat in einer Fernsehsendung darüber gesprochen, dass er Zazen ausprbiert hätte. Außerdem hatte er Kontakt zum Dalai Lama (leider) auf einem Wissenschaftlichen Kongress zur Hirnforschung und Buddh.
Außerdem habe ich gehört, dass er in der GBS Mitglied ist.

Zitat:
kolja hat folgendes geschrieben:

Ansonsten gehen Deine Vergleich fehl. Äpfel, Organe und Gehirne existieren kontinuierlich, das konstruierte "Ich" existiert dagegen wie andere Wahrnehmungen nur zeitweise, und zwar während des normalen Wachbewusstseins. In pathologischen Ausnahmesituationen und während Bewusstlosigkeit existiert es nicht.

Na und? Dein Webbrowser existiert auch nur, während der Computer eingeschalten ist und nachdem du ihn gestartet hast.


Die Skandhas sind die Teile aus denen wir bestehen, wie ein Wagen aus verschieden Teilen zusammengebaut ist. Aber deswegen hat der Wagen keine "Wagen Essenz" (Ich). Wenn ich ihn auseinander baue sind sind da nur Teile
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kolja
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Beitrag(#859648) Verfasst am: 13.11.2007, 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich wiederspreche diesem Mann überhaupt nicht. Aber er verwendet Worte wie "anheften", die einem Buddhisten natürlich bestätigend vorkommen. In diesen Zitaten drückt er sich eben irgendwie mit buddhistischer Sprache angehaucht aus.

So ein Quatsch! Der Buddhist sagt "anhaften", Roth sagt "anheften", und auch ansonsten stehen diese Begriff in einem völlig anderen Kontext und werden in einem völlig anderen Sinne verwendet.
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#859658) Verfasst am: 13.11.2007, 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Im übrigen sind auch einfachste und grundlegende Wahrnehmung wie z.B. "rot" oder "süß" bereits Konstruktionen.
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Nö. Für süß gibt es Rezeptoren auf der Zunge.

Du verstehst mich nicht. Es gibt Rezeptoren für bestimmte Molekülkonfigurationen auf der Zunge. Das davon ausgelöste Erlebnis "süß" ist aber eine Konstruktion des Gehirns.

Das Erlebnis nenne ich die Wahrnehmung. Das Wort "Konstruktion" passt mir dafür einfach nicht. Eine Konstruktion darf nicht durch unbeeinflussbare Eindrücke dominiert werden um für mich als solche zu gelten. Eine Konstruktion muss von einem Schöpfer geplant und erschaffen werden.

kolja hat folgendes geschrieben:
Das widerspricht meiner Aussage überhaupt nicht. Trotzdem leiten Nervenbahnen nicht die Wahrnehmung "rot" oder "süß" nach innen, sondern nur Signalfolgen, aus denen dann das Gehirn Wahrnehmungen konstruiert.

Naja, aber bei "süß" ergeben sich auch unbewusste physiologische Folgen. Und unterschiedliche Geschmäcker lassen sich auch durch unterschiedliche Anteile der Geschmacksknopsen auf der Zunge erklären.

kolja hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wieso hypothetisch real? Das Ich scheint eine interne Abbildung unserer eigenen, rückgekoppelten höheren Denkprozesse zu sein.

Das scheint mir nicht zutreffend zu sein, da 1. das "Ich" sich selbst als Besitzer und Verursacher der Denkprozesse sieht und 2. man aus pathologischen Fällen weiß, dass Ich-Gefühl und Gedanken-Haben unabhängig voneinander auftreten können.

Ob das Ich-Gefühl in die Denkprozesse eingefügt ist, oder nur parallel beobachtet weiß man noch nicht. Ist aber auch egal.
Fehlerhafte Introspektion widerlegt die Existenz von Introspektion nicht.

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Alleine, dass es offenbar etwas gibt, was sich als "Ich" bezeichnet (Ich denke, also bin ich), zählt für mich als Beleg.
kolja hat folgendes geschrieben:
Unsinn, das ist bestenfalls ein non sequitur.
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Man kann sehr wohl die Existenz einer Entität daran festmachen, dass diese Entität irgendeine erkennbare Tätigkeit ausführt.

Aber doch nur, wenn man als Prämisse hineinsteckt, dass diese Tätigkeit von einem "Ich" ausgeführt werden muss. Genau genommen ist es lediglich das Gehirn, welches manchmal "denkt" und manchmal "Ich-fühlt". Das "Ich" ist wie andere Wahrnehmungen auch eine Konstruktion des Gehirns.

Nein, ich stecke hier überhaupt keine Prämisse hinein. Ich definiere einfach. Das ist nicht mal eine Schlussfolgerung, wodurch der Vorwurf des non-sequitur nicht zutreffen kann.

Wenn ich eine Flugbewegung sehe und ich nicht weiß, was das ist, kann ich es einfach als UFO definieren.

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wenn wir Licht sehen, dann können wir die Quelle des Lichts als Lichtquelle definieren. Wenn sich etwas als "Ich" empfindet, dann gibt es irgendwo eine Quelle dieser Ich-Empfindung.

Nochmal non sequitur! Dieser Argumentation zufolge wären geträumte Lichtquellen genauso existent wie reale Lichtquellen, sind sie aber nicht. Deine Wahrnehmung einer Lichtquelle ist eine Konstruktion, die eine reale Lichtquelle abbildet. Deine Wahrnehmung einer geträumten Lichtquelle ist nur eine Konstruktion, denn sie bildet nichts ab. Ebenso Dein "Ich".

Auch eine geträumte Lichtquelle muss irgendwo materiell vorhanden sein. Computerspiele haben simulierte Lichtquellen. Sie sind halt nicht identisch mit realen Lichtquellen, aber sie existieren als Daten und Funktionen irgendwo im Hauptspeicher und der Festplatte.
Und das "Ich" ist halt nicht identisch mit dem, wofür es Menschen lange gehalten haben (z.B. eine Seele). Aber das stört mich auch nicht.
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Sokrateer
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Beitrag(#859664) Verfasst am: 13.11.2007, 22:35    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich wiederspreche diesem Mann überhaupt nicht. Aber er verwendet Worte wie "anheften", die einem Buddhisten natürlich bestätigend vorkommen. In diesen Zitaten drückt er sich eben irgendwie mit buddhistischer Sprache angehaucht aus.

So ein Quatsch! Der Buddhist sagt "anhaften", Roth sagt "anheften", und auch ansonsten stehen diese Begriff in einem völlig anderen Kontext und werden in einem völlig anderen Sinne verwendet.

Ich sehe da keinen Unterschied.

Man könnte genausogut davon sprechen, dass verschiedene Komponenten des Gehirns in einem Wettbewerb um Aufmerksamkeit stehen und dass sich die Person als unsichtbare Hand des Marktes im Gehirn ergibt. So ein Buch würde gewissen Leuten auch sehr gefallen. Und das habe ich mir nicht mal aus dem Finger gezogen. Ich habe das wirklich schon in dieser Form gelesen.

Wir greifen immer auf Metaphern zurück um neue Ideen zu vermitteln. Und Roths Metaphorik scheint mir da aus dem Buddhismus zu stammen. Das ist kein Vorwurf, aber daraus dürfen keine falschen Eindrücke über DIE Hirnforschung entstehen.
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Beitrag(#859670) Verfasst am: 13.11.2007, 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Die Gedanken sind nicht uns. Wir identifiziern uns nur mit ihnen. Die Gedanken sind einfach nur Gedanken. Elektrische Energie im Gehirn. Das Bewusstsein ist im Buddh. ein Sinnesorgan. Wie die Augen sehen, bemerkt das Bewusstsein die Gedanken, Gefühle.
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kolja
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Beitrag(#859697) Verfasst am: 13.11.2007, 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Das Erlebnis nenne ich die Wahrnehmung. Das Wort "Konstruktion" passt mir dafür einfach nicht. Eine Konstruktion darf nicht durch unbeeinflussbare Eindrücke dominiert werden um für mich als solche zu gelten. Eine Konstruktion muss von einem Schöpfer geplant und erschaffen werden.

Mir egal ob Dir das passt, es wird aber in diesem Zusammenhang üblicherweise so verwendet. Beruht also diese ganze Diskussion nur darauf, dass Du nicht weißt, wie die Begriffe, die Du verwendest, üblicherweise verwendet werden? Lachen

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Fehlerhafte Introspektion widerlegt die Existenz von Introspektion nicht.

Es geht auch nicht um die Existenz von Introspektion sondern um Deine Schlüsse aus Deiner Introspektion.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Nein, ich stecke hier überhaupt keine Prämisse hinein. Ich definiere einfach. Das ist nicht mal eine Schlussfolgerung, wodurch der Vorwurf des non-sequitur nicht zutreffen kann.

Du definierst also dass, was Da denkt, sei das "Ich"? Das hilft Dir aber nicht weiter, denn es könnte genausogut nur das Gehirn sein, welches da denkt, und dessen Existenz ist ja gar nicht strittig. Auch die Existenz eines vom Gehirn konstruierten "Ich", welches nur eine flüchtige Wahrnehmung ist, ist unstrittig. Wir streiten hier nur darüber, inwiefern sich diese Konstruktion von anderen, wie z.B. der Wahrnehmung von einem Apfel, unterscheidet.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Auch eine geträumte Lichtquelle muss irgendwo materiell vorhanden sein. Computerspiele haben simulierte Lichtquellen. Sie sind halt nicht identisch mit realen Lichtquellen, aber sie existieren als Daten und Funktionen irgendwo im Hauptspeicher und der Festplatte.

Ja sicher existieren die geträumten Lichtquellen und das "Ich" auch materiell, aber eben nur als flüchtige Konstruktion im Gehirn.

Oder nochmal ausführlicher ausgedrückt:
- alle Wahrnehmungen sind Konstruktionen des Gehirns
- manche dieser Konstruktionen bilden reale Dinge/Vorgänge ab, manche nicht
- natürlich ist der Konstruktionsprozess auch ein realer Vorgang und das Konstrukt ein reales Ding, aber das tangiert die vorangehende Aussage nicht
- Träume und "Ich-Gefühl" bilden keine realen Dinge/Vorgänge ab
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Zuletzt bearbeitet von kolja am 13.11.2007, 23:26, insgesamt einmal bearbeitet
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kolja
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Beitrag(#859700) Verfasst am: 13.11.2007, 23:21    Titel: Antworten mit Zitat

element hat folgendes geschrieben:
Die Gedanken sind einfach nur Gedanken. Elektrische Energie im Gehirn. Das Bewusstsein ist im Buddh. ein Sinnesorgan. Wie die Augen sehen, bemerkt das Bewusstsein die Gedanken, Gefühle.

Aha. Und was die Augen sehen, bemerkt das Bewusstsein nicht? Können Augen überhaupt sehen, oder gehört da nicht mindestens noch ein Gehirn mit aktiviertem Bewusstsein dazu? Keine sehr treffende Beschreibung, die der Buddhismus da liefert.
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kolja
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Beitrag(#859703) Verfasst am: 13.11.2007, 23:24    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
So ein Quatsch! Der Buddhist sagt "anhaften", Roth sagt "anheften", und auch ansonsten stehen diese Begriff in einem völlig anderen Kontext und werden in einem völlig anderen Sinne verwendet.
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich sehe da keinen Unterschied.

Dann hast Du entweder nicht verstanden, was Roth mit "anheften" meint, oder Du hast nicht verstanden, was der Buddhist mit "anhaften" meint ... vielleicht sogar beides nicht ...
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Sokrateer
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Beitrag(#859712) Verfasst am: 13.11.2007, 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

element hat folgendes geschrieben:
Die Gedanken sind nicht uns. Wir identifiziern uns nur mit ihnen. Die Gedanken sind einfach nur Gedanken. Elektrische Energie im Gehirn. Das Bewusstsein ist im Buddh. ein Sinnesorgan. Wie die Augen sehen, bemerkt das Bewusstsein die Gedanken, Gefühle.

Das Bewusstsein ist aber auch elektrische Energie im Gehirn. Warum kann das Bewusstsein kein weiterer Gedanke sein, der sich mit den anderen Gedanken befasst? Lachen

"Gedanken" als Entität sind mindestens genauso Problematisch, wie das "Ich".

kolja hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Das Erlebnis nenne ich die Wahrnehmung. Das Wort "Konstruktion" passt mir dafür einfach nicht. Eine Konstruktion darf nicht durch unbeeinflussbare Eindrücke dominiert werden um für mich als solche zu gelten. Eine Konstruktion muss von einem Schöpfer geplant und erschaffen werden.

Mir egal ob Dir das passt, es wird aber in diesem Zusammenhang üblicherweise so verwendet. Beruht also diese ganze Diskussion nur darauf, dass Du nicht weißt, wie die Begriffe, die Du verwendest, üblicherweise verwendet werden? Lachen

Nö, ich mache nur einfach nicht beim Postmodernismus mit, der vor lauter Konstrukten die Welt nicht mehr sieht.

Kontruktion ist lateinisch und heißt erbauen. Wahrnehmen, abbilden, von außen aufgezwungene Eindrücke sind für mich was anderes.

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Fehlerhafte Introspektion widerlegt die Existenz von Introspektion nicht.

Es geht auch nicht um die Existenz von Introspektion sondern um Deine Schlüsse aus Deiner Introspektion.

Ich schließe nichts aus meiner Introspektion. Ich gebe ihr einfach die Bezeichnung "Ich".

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Nein, ich stecke hier überhaupt keine Prämisse hinein. Ich definiere einfach. Das ist nicht mal eine Schlussfolgerung, wodurch der Vorwurf des non-sequitur nicht zutreffen kann.

Du definierst also dass, was Da denkt, sei das "Ich"? Das hilft Dir aber nicht weiter, denn es könnte genausogut nur das Gehirn sein, welches da denkt, und dessen Existenz ist ja gar nicht strittig. Auch die Existenz eines vom Gehirn konstruierten "Ich", welches nur eine flüchtige Wahrnehmung ist, ist unstrittig. Wir streiten hier nur darüber, inwiefern sich diese Konstruktion von anderen, wie z.B. der Wahrnehmung von einem Apfel, unterscheidet.

Nein, das was das Denken wahrnimmt definiere ich als "Ich". Dass das eine Funktion des Gehirns ist, ist ohnehin unumstritten.

Das ich liefert uns jedenfalls plausible Erklärungen für unser Verhalten. Z.b. "Ich wusste nicht, dass meine Frau den Picasso verkauft hatte. Also habe ich ihn als gestohlen gemeldet."
(Schwachsinniges Beispiel Lachen)

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Auch eine geträumte Lichtquelle muss irgendwo materiell vorhanden sein. Computerspiele haben simulierte Lichtquellen. Sie sind halt nicht identisch mit realen Lichtquellen, aber sie existieren als Daten und Funktionen irgendwo im Hauptspeicher und der Festplatte.

Ja sicher existieren die geträumten Lichtquellen und das "Ich" auch materiell, aber eben nur als flüchtige Konstruktion im Gehirn.

Oder nochmal ausführlicher ausgedrückt:
- alle Wahrnehmungen sind Konstruktionen des Gehirns
- manche dieser Konstruktionen bilden reale Dinge/Vorgänge ab, manche nicht
- natürlich ist der Konstruktionsprozess auch ein realer Vorgang, das tangiert aber die vorangehende Aussage nicht
- Träume und "Ich-Gefühl" bilden keine realen Dinge/Vorgänge ab

Ich teile die Verwendung des Begriffs Konstruktion nicht. Er verliert so auch jegliche Aussagekraft.
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#859729) Verfasst am: 13.11.2007, 23:47    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
So ein Quatsch! Der Buddhist sagt "anhaften", Roth sagt "anheften", und auch ansonsten stehen diese Begriff in einem völlig anderen Kontext und werden in einem völlig anderen Sinne verwendet.
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich sehe da keinen Unterschied.

Dann hast Du entweder nicht verstanden, was Roth mit "anheften" meint, oder Du hast nicht verstanden, was der Buddhist mit "anhaften" meint ... vielleicht sogar beides nicht ...

Nachdem sich das "Ich" an einen Gedanken angeheftet hat, haftet es an.
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kolja
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Beitrag(#859756) Verfasst am: 14.11.2007, 00:24    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Kontruktion ist lateinisch und heißt erbauen. Wahrnehmen, abbilden, von außen aufgezwungene Eindrücke sind für mich was anderes.

Wir wissen heute, dass in Bezug auf die Wahrnehmungsvorgänge im Gehirn "konstruieren" eine angemessenere Beschreibung darstellt als "abbilden". Beschäftige Dich mit der einschlägigen Literatur, wenn Du verstehen willst, warum. Du kannst natürlich gerne den Kopf in den Sand stecken und an Deinem naiv-realistisch angehauchten Sprachgebrauch festhalten. Allerdings solltest Du Dich dann von Diskussionen wie dieser hier besser fernhalten.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
[...] Ich schließe nichts aus meiner Introspektion. Ich gebe ihr einfach die Bezeichnung "Ich". [...] Nein, das was das Denken wahrnimmt definiere ich als "Ich". [...]

Wie ich bereits erwähnte kann in pathologischen Fällen das "Ich" verschwinden während andere Wahrnehmungen und sogar Gedanken weiterhin "stattfinden". Also kann es nicht dieses "Ich" sein, welches denkt oder wahrnimmt. Deine Definition passt also nicht zu unseren Beobachtungen.

kolja hat folgendes geschrieben:
Oder nochmal ausführlicher ausgedrückt:
- alle Wahrnehmungen sind Konstruktionen des Gehirns
- manche dieser Konstruktionen bilden reale Dinge/Vorgänge ab, manche nicht
- natürlich ist der Konstruktionsprozess auch ein realer Vorgang, das tangiert aber die vorangehende Aussage nicht
- Träume und "Ich-Gefühl" bilden keine realen Dinge/Vorgänge ab
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich teile die Verwendung des Begriffs Konstruktion nicht.

Da ich meine Verwendung des Begriffs und den Kontext hinreichend deutlich gemacht habe, kann mir das mittlerweile egal sein. Welcher Begriff verwendet wird ist für meine Aussage auch ohne Bedeutung, ich könnte genausogut anders formulieren: ein "Ich" existiert nicht real, in dem gleichen Sinne, wie geträumte Gegenstände nicht real existieren.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Nachdem sich das "Ich" an einen Gedanken angeheftet hat, haftet es an.

Netter Versuch, aber: Fehlschlag.
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pyrrhon
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Beitrag(#859764) Verfasst am: 14.11.2007, 00:32    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Nachdem sich das "Ich" an einen Gedanken angeheftet hat, haftet es an.

Unter Anhaften im Buddhismus wird üblicher weise das Festhalten am Vergänglichen verstanden und ist nicht einmal annähernd dasselbe wie bei Roth, der zudem rein gar nichts mit dem Buddhismus zu tun hat. Vermutlich kennst Du ihn nicht einmal, vermutlich hörst Du auch seinen Namen heute zum ersten Mal, sonst könntest Du nicht so einen Unsinn über ihn verbreiten.
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Sokrateer
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Beitrag(#859768) Verfasst am: 14.11.2007, 00:35    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Kontruktion ist lateinisch und heißt erbauen. Wahrnehmen, abbilden, von außen aufgezwungene Eindrücke sind für mich was anderes.

Wir wissen heute, dass in Bezug auf die Wahrnehmungsvorgänge im Gehirn "konstruieren" eine angemessenere Beschreibung darstellt als "abbilden". Beschäftige Dich mit der einschlägigen Literatur, wenn Du verstehen willst, warum. Du kannst natürlich gerne den Kopf in den Sand stecken und an Deinem naiv-realistisch angehauchten Sprachgebrauch festhalten. Allerdings solltest Du Dich dann von Diskussionen wie dieser hier besser fernhalten.

Da musst du eine andere einschlägige Literatur gelesen haben, als ich. Ich habe schon längst erwähnt, dass es keine perfekte Abbildung gibt.

Die Wahrnehmung erfolgt Daten- als auch Hypothesengesteuert. Aber bei rudimentärer Wahrnehmung überwiegen die Daten.

Schlußendlich sind die Fragen, die wir hier erörtern, nicht endgültig geklärt, auch nicht in der einschlägigen Literatur.

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
[...] Ich schließe nichts aus meiner Introspektion. Ich gebe ihr einfach die Bezeichnung "Ich". [...] Nein, das was das Denken wahrnimmt definiere ich als "Ich". [...]

Wie ich bereits erwähnte kann in pathologischen Fällen das "Ich" verschwinden während andere Wahrnehmungen und sogar Gedanken weiterhin "stattfinden". Also kann es nicht dieses "Ich" sein, welches denkt oder wahrnimmt. Deine Definition passt also nicht zu unseren Beobachtungen.

Bitte genau lesen (fettgedrucktes). Die Möglichkeit einer von den Denkprozessen abgekoppelte Wahrnehmung der Denkprozesse räumte ich in meiner Formulierung bedachterweise ein.

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich teile die Verwendung des Begriffs Konstruktion nicht.

Da ich meine Verwendung des Begriffs und den Kontext hinreichend deutlich gemacht habe, kann mir das mittlerweile egal sein. Welcher Begriff verwendet wird ist für meine Aussage auch ohne Bedeutung, ich könnte genausogut anders formulieren: ein "Ich" existiert nicht real, in dem gleichen Sinne, wie geträumte Gegenstände nicht real existieren.

Ist für dich "real" nur das, was außerhalb des Gehirns existiert?
Aber egal. Wenn dir die Verwendung des Begriff egal ist, was stört mich dann, wenn ich bei meiner Nomenklatur bleibe?

kolja hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Nachdem sich das "Ich" an einen Gedanken angeheftet hat, haftet es an.

Netter Versuch, aber: Fehlschlag.

Nein, eher ein Volltreffer. Jedenfalls deckt sich das mit dem, was ich über das Thema weiß.
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kolja
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Beitrag(#859770) Verfasst am: 14.11.2007, 00:39    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
[...] Jedenfalls deckt sich das mit dem, was ich über das Thema weiß.

Sorry, aber eine weitere Diskussion mit Dir ist sinnlos. Du verfügst nur über äußerst oberflächliches Wissen und verzapfst dennoch beharrlich groben Unsinn.
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Sokrateer
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Beitrag(#859785) Verfasst am: 14.11.2007, 00:52    Titel: Antworten mit Zitat

pyrrhon hat folgendes geschrieben:
Unter Anhaften im Buddhismus wird üblicher weise das Festhalten am Vergänglichen verstanden und ist nicht einmal annähernd dasselbe wie bei Roth, der zudem rein gar nichts mit dem Buddhismus zu tun hat.

Ich habe das sehr wohl so verstanden, dass das "Ich" an den Gedanke an das Leid anhaftet und dass man sich davon durch Meditation lösen könne.

pyrrhon hat folgendes geschrieben:
Vermutlich kennst Du ihn nicht einmal, vermutlich hörst Du auch seinen Namen heute zum ersten Mal, sonst könntest Du nicht so einen Unsinn über ihn verbreiten.

Hier ist seine komplette Bibliographie. Könntest du mir erklären, was aus seiner Primärforschung nun genau hier für euch so relevant ist um ihn zum Kronzeugen für irgendwas (was?) zu machen?
Ich muss auch wiederholt feststellen, dass ich ihm nicht unterstelle, wie z.B. Varela, hier direkt Buddhismus einzubringen.

Was philosophische Interpretation angeht liege ich eher auf der Linie Daniel Dennetts.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#859795) Verfasst am: 14.11.2007, 01:08    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
[...] ein "Ich" existiert nicht real, in dem gleichen Sinne, wie geträumte Gegenstände nicht real existieren. [...]

Hm, ich sehe das eher so wie Sokrateer, d.h. mMn existiert ein "Ich" real, im Gegensatz zu den geträumten Gegenständen/Vorgängen. Man kann ein "Ich" ja auf mehrere Arten definieren, aber selbst wenn man es anders als ich das normalerweise tun würde lediglich mit dem eigenen Selbstmodell gleich setzt, dann existiert dieses doch immer noch real. Wahrscheinlich ist mir aber nur unklar, was Du eigentlich genau unter diesem "Ich" verstehst, das dMn nicht existiert. Oder ich verstehe nicht, was Du mit "Existenz" meinst. Existenz muss mMn nichts Konkretes und Dingliches sein, es können auch Vorgänge und Abläufe existieren, die man dann in gewisse Kategorien einordnet. Zum Beispiel existiert ein bestimmter Staat. Oder noch abstrakter: Politik und Wirtschaft. Und diese existieren in der Realität, im Gegensatz zu geträumten Einbildungen.
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kolja
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Beitrag(#859827) Verfasst am: 14.11.2007, 01:46    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] d.h. mMn existiert ein "Ich" real, im Gegensatz zu den geträumten Gegenständen/Vorgängen. Man kann ein "Ich" ja auf mehrere Arten definieren, aber selbst wenn man es anders als ich das normalerweise tun würde lediglich mit dem eigenen Selbstmodell gleich setzt, dann existiert dieses doch immer noch real. Man kann ein "Ich" ja auf mehrere Arten definieren, aber selbst wenn man es anders als ich das normalerweise tun würde lediglich mit dem eigenen Selbstmodell gleich setzt, dann existiert dieses doch immer noch real.

Richtig, mir geht es bisher nur um das Selbstmodell, nicht um irgendwelche philosophischen oder normativen Definitionen, da sich diese Diskussion letztlich um die Dekonstruktion des Ich-Gefühls dreht. Das Selbstmodell existiert natürlich: zeitweise als flüchtige Konstruktion im Gehirn, genauso wie Träume und alle anderen Wahrnehmungen. Mit geht es nicht um die Existenz dieser Konstruktionen, sondern um die Frage, ob diese Konstruktionen in einem Abbildungsverhältnis zu etwas Physikalischem stehen. Das ist bei der Wahrnehmung eines Apfels der Fall, bei dem Ich-Gefühl oder einem Traum jedoch nicht, letztere sind nur Konstrukte in Gehirnen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wahrscheinlich ist mir aber nur unklar, was Du eigentlich genau unter diesem "Ich" verstehst, das dMn nicht existiert. Oder ich verstehe nicht, was Du mit "Existenz" meinst. Existenz muss mMn nichts Konkretes und Dingliches sein, es können auch Vorgänge und Abläufe existieren, die man dann in gewisse Kategorien einordnet. Zum Beispiel existiert ein bestimmter Staat. Oder noch abstrakter: Politik und Wirtschaft. Und diese existieren in der Realität, im Gegensatz zu geträumten Einbildungen.

Solche abstrakten Gebilde existieren aber auch nicht in dem gleichen Sinne wie Äpfel oder andere physikalische Dinge, sondern ebenfalls nur als Konstrukte in unseren Gehirnen. Der Unterschied zu Träumen besteht lediglich darin, dass wir diese Konstrukte verbalisieren und damit ähnliche Assoziationen in den Gehirnen anderer Menschen auslösen können. Von diesem Unterschied abgesehen sind sie wie Träume nur Konstrukte in Gehirnen.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#859834) Verfasst am: 14.11.2007, 02:02    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Richtig, mir geht es bisher nur um das Selbstmodell, nicht um irgendwelche philosophischen oder normativen Definitionen, da sich diese Diskussion letztlich um die Dekonstruktion des Ich-Gefühls dreht.

Okay, ist mir recht, reden wir also über das Selbstmodell.

kolja hat folgendes geschrieben:
Das Selbstmodell existiert natürlich: zeitweise als flüchtige Konstruktion im Gehirn, genauso wie Träume und alle anderen Wahrnehmungen. Mit geht es nicht um die Existenz dieser Konstruktionen, sondern um die Frage, ob diese Konstruktionen in einem Abbildungsverhältnis zu etwas Physikalischem stehen. Das ist bei der Wahrnehmung eines Apfels der Fall, bei dem Ich-Gefühl oder einem Traum jedoch nicht, letztere sind nur Konstrukte in Gehirnen.

Hm, nein, das sehe ich nicht so. Das Selbstmodell bezieht sich auf etwas Reales, d.h. meine Wahrnehmung und meine bewussten Gedanken existieren. Dieses Reale ist zweifellos abstrakter als ein Apfel, es ist also kein Ding, es sind Vorgänge. Aber diese Vorgänge existieren und sie bilden mein Selbstmodell.

kolja hat folgendes geschrieben:
Solche abstrakten Gebilde existieren aber auch nicht in dem gleichen Sinne wie Äpfel oder andere physikalische Dinge, sondern ebenfalls nur als Konstrukte in unseren Gehirnen. Der Unterschied zu Träumen besteht lediglich darin, dass wir diese Konstrukte verbalisieren und damit ähnliche Assoziationen in den Gehirnen anderer Menschen auslösen können. Von diesem Unterschied abgesehen sind sie wie Träume nur Konstrukte in Gehirnen.

Hm, wieder nein. Ich kann von Dingen oder Vorgängen träumen, die keinerlei Entsprechung in der Realität haben. Mein Selbstmodell hat aber diese Entsprechung, auch wenn es auf kein Ding abbildbar ist, sondern physikalisch "nur" auf neurologische Vorgänge. Ebenso wie die Politik in diesem Land etwas Reales ist (auf einer abstrakten Ebene) und eine nur geträumte Politik nicht. Mein Selbstmodell ist also genausowenig oder genausoviel ein Konstrukt wie die reale Politik.

Edit 1: mir ist wohl einfach nicht klar, wieso Du so einen großen Wert auf den Unterschied zwischen "Konstrukt" und "Ding" legst. Diese Unterscheidung erscheint mir relativ unwesentlich und sogar sehr schwierig zu treffen. Sehr viel wichtiger ist mir die Unterscheidung von "Realität" und Einbildung (Traum). Und mMn ist das Selbstmodell keineswegs mit geträumten Inhalten gleich zu setzen.

Edit 2:
kolja hat folgendes geschrieben:
Von diesem Unterschied abgesehen sind sie wie Träume nur Konstrukte in Gehirnen.

Wahrscheinlich würde es mir helfen, Dich zu verstehen, wenn Du mal erläutern könntest, was Du mit dem "nur" hier meinst. Wenn jemand "nur" sagt, dann muss es noch etwas Ergänzendes dazu geben. Mir ist bloß ziemlich unklar, was das in diesem Zusammenhang sein könnte.
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Beitrag(#859839) Verfasst am: 14.11.2007, 02:31    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das Selbstmodell bezieht sich auf etwas Reales, d.h. meine Wahrnehmung und meine bewussten Gedanken existieren. Dieses Reale ist zweifellos abstrakter als ein Apfel, es ist also kein Ding, es sind Vorgänge. Aber diese Vorgänge existieren und sie bilden mein Selbstmodell.

Was denn jetzt? Setzt Du nun das Selbstmodell mit Gedanken und Wahrnehmungen gleich? Oder behauptest Du, das Selbstmodell "bezöge" sich darauf, und wenn ja, welche Art von Bezug ist damit gemeint? Jedenfalls ist beides falsch. Das Selbstmodell ist nicht identisch mit Gedanken und Wahrnehmungen, sondern ist genau wie diese einer von vielen phänomenalen Bewusstseinsinhalten. Insbesondere, und nur das ist mein Punkt, steht das Selbstmodell nicht in einem Abbildungsverhältnis zu Gedanken oder Wahrnehmungen oder sonstwas.

kolja hat folgendes geschrieben:
Solche abstrakten Gebilde existieren aber auch nicht in dem gleichen Sinne wie Äpfel oder andere physikalische Dinge, sondern ebenfalls nur als Konstrukte in unseren Gehirnen. Der Unterschied zu Träumen besteht lediglich darin, dass wir diese Konstrukte verbalisieren und damit ähnliche Assoziationen in den Gehirnen anderer Menschen auslösen können. Von diesem Unterschied abgesehen sind sie wie Träume nur Konstrukte in Gehirnen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Hm, wieder nein. Ich kann von Dingen oder Vorgängen träumen, die keinerlei Entsprechung in der Realität haben. Mein Selbstmodell hat aber diese Entsprechung, auch wenn es auf kein Ding abbildbar ist, sondern physikalisch "nur" auf neurologische Vorgänge.

Das Selbstmodell bildet sich selbst ab oder wie? Du scheinst die Verwendung des Terminus "Abbildungsverhältnis" nicht zu verstehen.

Nochmal zur Verdeutlichung:
- der phänomenale Apfel im Wachzustand bildet einen physikalischen Apfel ab
- der phänomenale Apfel im Traumzustand bildet nichts ab
- das Selbstmodell bildet nichts ab

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ebenso wie die Politik in diesem Land etwas Reales ist (auf einer abstrakten Ebene) und eine nur geträumte Politik nicht. Mein Selbstmodell ist also genausowenig oder genausoviel ein Konstrukt wie die reale Politik.

Das geht mir zu sehr durcheinander. Redest Du über abstrakte Kategorien wie "die sozialdemokratische Politik" oder "der deutsche Staat", oder über die konkreten physikalischen Vorgänge und Dinge (z.B. Menschen und deren Handlungen und Äußerungen), die wir manchmal mit diesen Begriffen assoziieren? Die abstrakten Kategorien existieren jedenfalls nur in unseren Gehirnen, oder willst Du da ernsthaft widersprechen? Und dass es einen Unterschied zwischen Träumen und intersubjektiv kommunizierbaren abstrakten Kategorien gibt, hatte ich selber bereits geschrieben, nur tangiert das meinen Punkt nicht.
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Beitrag(#859843) Verfasst am: 14.11.2007, 02:47    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
mir ist wohl einfach nicht klar, wieso Du so einen großen Wert auf den Unterschied zwischen "Konstrukt" und "Ding" legst. Diese Unterscheidung erscheint mir relativ unwesentlich und sogar sehr schwierig zu treffen. [...] Wahrscheinlich würde es mir helfen, Dich zu verstehen, wenn Du mal erläutern könntest, was Du mit dem "nur" hier meinst. Wenn jemand "nur" sagt, dann muss es noch etwas Ergänzendes dazu geben. Mir ist bloß ziemlich unklar, was das in diesem Zusammenhang sein könnte.

Es sollte doch klar sein, dass die Abbildung (der konstruierte Apfel in Deinem Gehirn) und das Abgebildete (der physikalische Apfel) zwei verschiedene Dinge sind, die voneinander zu unterscheiden sind. Und es sollte auch klar sein, dass Gehirne manchmal etwas konstruieren, was nicht in einem Abbildungsverhältnis zu etwas Physikalischem steht, so dass es angemessen ist, zu sagen, es handle sich dabei nur um eine Konstruktion.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehr viel wichtiger ist mir die Unterscheidung von "Realität" und Einbildung (Traum).

Mindestens ebenso wichtig erscheint mir die Erkenntnis, dass vieles von dem, was Du so locker-flockig unter "Realität" subsumierst, den Träumen in wesentlichen Aspekten ähnlicher ist als den Äpfeln.
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Beitrag(#859874) Verfasst am: 14.11.2007, 08:26    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
element hat folgendes geschrieben:
Die Gedanken sind einfach nur Gedanken. Elektrische Energie im Gehirn. Das Bewusstsein ist im Buddh. ein Sinnesorgan. Wie die Augen sehen, bemerkt das Bewusstsein die Gedanken, Gefühle.

Aha. Und was die Augen sehen, bemerkt das Bewusstsein nicht? Können Augen überhaupt sehen, oder gehört da nicht mindestens noch ein Gehirn mit aktiviertem Bewusstsein dazu? Keine sehr treffende Beschreibung, die der Buddhismus da liefert.


Ja klar gehört zum Sehen das Gehirn.

Hier ein längeres Zitat eines Zen Meisters hierzu, damit jetzt mal eine seriöse Grundlage zu dem Thema geschaffen wird:

Also, die fünf Skandha. Zu Anfang erscheint es etwas seltsam, den Körper-Geist auf diese Art
und Weise zu beobachten. Und doch gibt es nichts, was einem vertrauter wäre, als die fünf
Skandha. Wenn man darüber spricht, dann wird das ziemlich schnell klar. Das erste der fünf
Skandha ist Shiki aus dem Hannya Shingyo. Es ist die Welt der Erscheinungsformen, all das
was die Sinnesorgane – ich werde später noch darüber sprechen, über die Sinnesorgane -
wahrnehmen können. Shiki sind sowohl Formen wie Farben, Klänge, Gerüche, das
Tastempfinden, das Sanfte, das Rauhe, Kälte, Wärme, der Geschmack. Alles was man
wahrnehmen kann ist Shiki. Man tut die Sinnesorgane selbst da auch mit hinzufügen. Die
Augen als Auge selbst, als Organ sind Shiki. Die Ohren, die Nase, der Mund, die Haut und
natürlich das sechste Sinnesorgan, das Bewusstsein. Und das ist ein Punkt, den muss man sehr
schnell klären. Und den muss man auch sehr schnell studieren. Dass es nämlich einen
essentiellen Unterschied gibt zwischen dem was man in der westlichen Welt, in Europa lehrt
und dem was im Buddhismus gelehrt wird. Wie ihr wisst, in unserer Erziehung in Europa,
wird uns gelehrt, dass es fünf Sinnesorgane gibt. Die die ich gerade vorhin aufgezählt habe.
Und dann gibt es noch das was man den Geist nennt. Egal welchen Namen man ihm jetzt gibt,
dessen Funktion es ist, die verschiedenen Funktionen dieser Sinnesorgane zu empfangen oder
aufzunehmen. Das heißt, es gibt einen Geist, ein Etwas, das existiert unabhängig von den
Sinnesorganen selbst. Auch unabhängig von den Informationen, die uns die Sinnesorgane
geben. Es gibt also etwas, was getrennt von den Informationen, von den Umständen existieren
würde. Das heißt, der Geist existiert als solcher.
Im Buddhismus heißt es: - und das ist jetzt wirklich kein Detail! Es geht nicht darum, ob man
jetzt sagt, och, fünf oder sechs Sinnesorgane - dieser Geist ist ein Sinnesorgan.
Das heißt die Funktion des Geistes, des Denkens ist es, die geistigen Gebilde wahrzunehmen.
Was man geistige Gebilde nennt, das sind Gedanken, Emotionen, Gefühle, Ängste usw..


Genau so wie es die Funktion des Auges ist Formen und Farben wahrzunehmen. Man kann
die Formen nicht mit den Ohren sehen. Man kann mit den Augen keine Gerüche
wahrnehmen. So einfach ist das. Und die geistigen Gebilde, die Gedanken, werden im
Buddhismus auch als Shiki betrachtet. Das heißt, als Erscheinungsform. Es gibt die Form, es
gibt die Farben, es gibt die Gerüche und es gibt die Gedanken, es gibt die geistige Aktivität.
Das sind die geistigen Erscheinungsformen.

Und dieser kleine subtile Unterschied ist vollkommen revolutionär. Denn es bedeutet, dass es
kein Bewusstsein gibt, das unabhängig von den Phänomenen selbst existieren würde,
unabhängig von den Bedingungen selbst existieren würde. Sondern, dass dieses Bewusstsein,
dieser Geist, egal welchen Namen man ihm gibt, auftaucht oder sich zeigt, ausgehend von
Bedingungen.

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Beitrag(#859908) Verfasst am: 14.11.2007, 10:51    Titel: Antworten mit Zitat

Ok, das klingt schon wieder etwas anders. Den Geist als "Sinnesorgang zur Wahrnehmung geistiger Aktivitäten" zu bezeichnen finde ich zwar immer noch irreführend, aber der Zusammenfassung am Schluss kann ich soweit zustimmen.
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Beitrag(#859910) Verfasst am: 14.11.2007, 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

Hier noch eine Weiterführung des Zitats, falls es dich interessiert:

Und diesen Prozess, den man einen physiopsychischen Prozess nennt, weil Körper und Geist
völlig zusammen handeln, gibt uns das Gefühl oder den Eindruck, dass es da ein Ich gibt,
denn dieser Prozess geht so schnell und läuft so beständig ab. So kann man die Idee oder die
Illusion entwickeln, dass in diesem Prozess, der nur ausgehend von Bedingungen entsteht, es
jemanden oder etwas gibt, der da eingreift, unabhängig von den Bedingungen.

Wir müssen also klar sehen, dass jegliche Aktivität der fünf Skandha nur ausgehend von
Bedingungen entsteht. Das nennt man ein bedingtes Wesen. Ich weiß natürlich sehr gut, dass
wir diesen Ausdruck nicht gerne hören, und vor allem nicht heutzutage. Aufgrund unserer
geistigen Konditionierung wollen wir denken, was wir wollen. Wir wollen glauben, wir
denken von uns selbst aus. Dass meine Gedanken meine Gedanken sind. Dass meine Idee
meine Idee ist. Und das ist seltsam. Denn wir wissen sehr genau, dass, wenn wir eine Idee
haben, - Ich habe viele Ideen. ‚Ach, das könnten wir jetzt machen’ Aber jedes Mal sehe ich
diesen gesamten komplexen Prozess, dessen es bedarf, dass plötzlich die Idee wie ein Pilz im
Bewusstsein auftaucht. Diese Idee ist nur entstanden ausgehend von einer Unzahl von
Ursachen und Bedingungen. Ich könnte niemals behaupten, das wäre meine Idee, ich hätte sie
gehabt. Das ist vollkommen absurd. Und eine riesige Lüge noch dazu. Das ist vollkommen
sich selbst in die Tasche lügen, und das gilt für alles andere. Alles entsteht ausgehend von
Bedingungen.

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Beitrag(#860128) Verfasst am: 14.11.2007, 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

Ein Bewusstsein als Sinnesorgan wurde von der Hirnforschung eben genau nicht gefunden. Dann hätte man es nämlich lokalisieren können, was bisher nicht gelang. Genau das war doch die Sichtweise, die mittlerweile passé ist.

element hat folgendes geschrieben:
Das nennt man ein bedingtes Wesen. Ich weiß natürlich sehr gut, dass wir diesen Ausdruck nicht gerne hören, und vor allem nicht heutzutage. Aufgrund unserer geistigen Konditionierung wollen wir denken, was wir wollen. Wir wollen glauben, wir denken von uns selbst aus. Dass meine Gedanken meine Gedanken sind.

Und Zen Meister wollen aufgrund ihrer fernöstlichen Konditionierung nicht gerne hören, dass die Ideen in unserem Kopf entstehen.

element hat folgendes geschrieben:

Dass meine Idee meine Idee ist. Und das ist seltsam. Denn wir wissen sehr genau, dass, wenn wir eine Idee haben, - Ich habe viele Ideen. ‚Ach, das könnten wir jetzt machen’ Aber jedes Mal sehe ich diesen gesamten komplexen Prozess, dessen es bedarf, dass plötzlich die Idee wie ein Pilz im Bewusstsein auftaucht. Diese Idee ist nur entstanden ausgehend von einer Unzahl von Ursachen und Bedingungen. Ich könnte niemals behaupten, das wäre meine Idee, ich hätte sie gehabt. Das ist vollkommen absurd. Und eine riesige Lüge noch dazu. Das ist vollkommen sich selbst in die Tasche lügen, und das gilt für alles andere. Alles entsteht ausgehend von Bedingungen.

Also Behaviourismus, oder wie?

Ich sehe nicht, warum wir wegen einer deterministischen Entstehung der Gedanken dazu kommen sollten, die Gedanken, die sich immer noch in unseren Köpfen befinden, nicht als unsere zu bezeichnen.

Gedanken entstanden bisher nachweislich nur in Gehirnen. Eine Videokamera hat auch einen Bild- und einen Tonsensor. Aber dadurch entstehen keine Gedanken in ihrem Speicher. Das Gehirn selbst trägt den Löwenanteil zur Gedankenbildung bei. Also können wir die Gedanken, die es erzeugt, getrost als unsere Bezeichnen.
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Beitrag(#860144) Verfasst am: 14.11.2007, 15:15    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Nochmal zur Verdeutlichung:
- der phänomenale Apfel im Wachzustand bildet einen physikalischen Apfel ab
- der phänomenale Apfel im Traumzustand bildet nichts ab
- das Selbstmodell bildet nichts ab

Das Selbstmodell ist mein Modell von mir selbst, wie der Name schon sagt. Es bildet also mich ab, so, wie ich mich sehe. Und ich existiere nun mal. Und eine eingebildete Person in einem Traum existiert nicht.

kolja hat folgendes geschrieben:
Die abstrakten Kategorien existieren jedenfalls nur in unseren Gehirnen, oder willst Du da ernsthaft widersprechen?

Natürlich existieren Kategorien nur in unseren Köpfen.

kolja hat folgendes geschrieben:
Und dass es einen Unterschied zwischen Träumen und intersubjektiv kommunizierbaren abstrakten Kategorien gibt, hatte ich selber bereits geschrieben, nur tangiert das meinen Punkt nicht.

Ich verstehe Deinen Punkt schlicht nicht.

kolja hat folgendes geschrieben:
Es sollte doch klar sein, dass die Abbildung (der konstruierte Apfel in Deinem Gehirn) und das Abgebildete (der physikalische Apfel) zwei verschiedene Dinge sind, die voneinander zu unterscheiden sind. Und es sollte auch klar sein, dass Gehirne manchmal etwas konstruieren, was nicht in einem Abbildungsverhältnis zu etwas Physikalischem steht, so dass es angemessen ist, zu sagen, es handle sich dabei nur um eine Konstruktion.

Ach so. Nun, unser Dissens besteht immer noch darin, dass ich meine, dass sich unser Selbstmodell selbstverständlich auf etwas physikalisch existierendes bezieht (auf uns).

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehr viel wichtiger ist mir die Unterscheidung von "Realität" und Einbildung (Traum).

Mindestens ebenso wichtig erscheint mir die Erkenntnis, dass vieles von dem, was Du so locker-flockig unter "Realität" subsumierst, den Träumen in wesentlichen Aspekten ähnlicher ist als den Äpfeln.

Zum Beispiel?
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element
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Beitrag(#860304) Verfasst am: 14.11.2007, 17:46    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein als Sinnesorgan wurde von der Hirnforschung eben genau nicht gefunden. Dann hätte man es nämlich lokalisieren können, was bisher nicht gelang. Genau das war doch die Sichtweise, die mittlerweile passé ist.


Sinnesorgan ist ein Wort. Wenn man es so definiert, dass Sinnesorgane die Funktion haben bestimmte Reize wahrzunehmen, dann trifft das auf das Gehirn zu, welches nämlich psychisches wahrnehmen kann. Mit dem Auge kann ich nicht Gedanken wahrnehmen. Der Ausdruck Sinnesorgan soll verdeutlichen, dass es sich bei dem Wahrgenommenen nicht um etwas handelt, das von einem "Selbst" (Ich) erzeugt wurde. Also von einem von allem unabhängigen, allem zugrundeliegenden Ich. Dieses kann man tatsächlich nicht lokalisieren. Es arbeiten da einfach verschiedene Hirnregionen.

element hat folgendes geschrieben:
Das nennt man ein bedingtes Wesen. Ich weiß natürlich sehr gut, dass wir diesen Ausdruck nicht gerne hören, und vor allem nicht heutzutage. Aufgrund unserer geistigen Konditionierung wollen wir denken, was wir wollen. Wir wollen glauben, wir denken von uns selbst aus. Dass meine Gedanken meine Gedanken sind.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Und Zen Meister wollen aufgrund ihrer fernöstlichen Konditionierung nicht gerne hören, dass die Ideen in unserem Kopf entstehen.

Erstens, sind die Zen Meister, die ich hier anführe nicht fernöstlich konditioniert (was immer das heißen soll), sondern kennen sich alle in der "westllichen" Philosophie aus, deren Positionen des Idealismus und Materialismus es auch im Osten gab. Den Osten gibt es nicht.
Zweitens, wo sonst sollen die Gedanken enstehen als in unserem Kopf. Das wurde nicht abgestritten. Wir sind aber nicht die Urheber unserer Gedanken, weil es kein Ich gibt. Alles läuft durch die 5 Skandhas. Es gibt keinen Denker hinter den Gedanken. Die Gedanken enstehen aus unzähligen Bedingungen, wir identifizieren uns nur mit ihnen, sagen "Ich" denke dies.

element hat folgendes geschrieben:

Dass meine Idee meine Idee ist. Und das ist seltsam. Denn wir wissen sehr genau, dass, wenn wir eine Idee haben, - Ich habe viele Ideen. ‚Ach, das könnten wir jetzt machen’ Aber jedes Mal sehe ich diesen gesamten komplexen Prozess, dessen es bedarf, dass plötzlich die Idee wie ein Pilz im Bewusstsein auftaucht. Diese Idee ist nur entstanden ausgehend von einer Unzahl von Ursachen und Bedingungen. Ich könnte niemals behaupten, das wäre meine Idee, ich hätte sie gehabt. Das ist vollkommen absurd. Und eine riesige Lüge noch dazu. Das ist vollkommen sich selbst in die Tasche lügen, und das gilt für alles andere. Alles entsteht ausgehend von Bedingungen.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Also Behaviourismus, oder wie?


Wir sind kondioniert, durch unsere Vergangenheit usw. Ich würde mich eher an die Aussagen der modernen Hirnforschung halten. Nach Libet haben wir schon entschieden bevor wir uns bewusst entscheiden. Daher die bestätigung des Unbewussten in der Hirnforschung.


Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich sehe nicht, warum wir wegen einer deterministischen Entstehung der Gedanken dazu kommen sollten, die Gedanken, die sich immer noch in unseren Köpfen befinden, nicht als unsere zu bezeichnen.


Ein Ich, ein Subjekt, wird als frei verstanden. Wenn alles bedingt ist kann es ein solches nicht geben. Der Gedanke eines Ichs ist ein bedingter Gedanke, wie alle anderen auch.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Gedanken entstanden bisher nachweislich nur in Gehirnen. Eine Videokamera hat auch einen Bild- und einen Tonsensor. Aber dadurch entstehen keine Gedanken in ihrem Speicher. Das Gehirn selbst trägt den Löwenanteil zur Gedankenbildung bei. Also können wir die Gedanken, die es erzeugt, getrost als unsere Bezeichnen.


Ob ein Gehirn ohne Wahrnehmung der Ausenwelt denken würde ist spekulativ.[/quote]
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Beitrag(#860316) Verfasst am: 14.11.2007, 17:55    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mich entschlossen den Rest des oben zitierten Zen Meisters (ein Europäer) zu posten, weil es sehr wichtig ist. Bitte um Verzeihung, falls das jemanden stört.

Jemand hat mir gestern gesagt: „Aber, wer beobachtet die fünf Skandha?“ Das ist eine gute Frage. Und es zeigt inwieweit wir immer in der Ferne suchen, was ganz nahe ist – wie immer. Es sind die fünf Skandha, die die fünf Skandha beobachten. Wie ich heute morgen sagte: Es gibt nicht jemanden hinter den fünf Skandha. Es gibt nicht ein Bewusstsein hinter den fünf Skandha, etwas das unabhängig von den fünf Skandha existieren würde. Das ist wirklich der Punkt des Buddhismus, der Lehre Buddhas. Und das muss man wirklich klären. Es gibt nicht einen Denker hinter den Gedanken. Es gibt nicht einen Handelnden hinter der Handlung. Es gibt nicht einen Sprecher hinter der Sprache. Es gibt nicht jemanden, der Zazen macht. Es gibt nicht ein Ego, das hinter dem Ego stünde.

Wenn man beginnt, das Ego beobachten zu wollen, dann erschafft man in der Regel nur ein neues Ego, das das erste Ego beobachtet und dann ein drittes, das das zweite beobachtet, das wiederum das erste beobachtet.

Es ist also etwas, das uns sehr vertraut ist. Dieses Bewusstsein, das beobachtet. Wir versuchen dann dieses selbe Schema, diese selbe Art von Beobachtung in Bezug auf die fünf Skandha anzuwenden. Es wird darüber gesprochen, also wollen wir sie sehen. Das ist normal. Man schaut also, man sucht und natürlich sieht man nichts. Nur unsere eigene geistige Unruhe, unsere eigene geistige Funktionsweise, weil es die fünf Skandha selbst sind, die dabei sind zu arbeiten oder zu agieren. Es ist schwierig selbst sein eigenes Gesicht zu sehen. Schwierig, das heißt sogar unmöglich. Die Augen können sich selbst nicht sehen. Und in gewisser Weise ist es dasselbe mit den fünf Skandha. Die fünf Skandha können sich selbst nicht sehen. Deshalb heißt es im Hannya Shingyo ganz klar: „Die fünf Skandha sind Ku“. (Ku = leer, ohne Substanz)

Die fünf Skandha, die ich gestern in Erinnerung gebracht habe: Die Erscheinungsformen, die Empfindungen, die Wahrnehmungen, das Wollen und das Bewusstsein. Man sieht sehr gut, dass jedes Skandha vollkommen leer ist, Ku. Das heißt wechselseitige Abhängigkeit, bedingt.
Das heißt die Erscheinungsformen selbst sind vollkommen frei. Sie schließen sich nicht selbst in einem Wort, oder in einem Etikett ein. Die Augen selbst, oder die Ohren selbst sind vollkommen frei, vollkommen leer. Ihre Funktion ist wahrzunehmen und sie nehmen wahr. Die Wahrnehmung ist vollkommen frei, leer. Und dasselbe gilt für die anderen Skandha. Und daher sagt man, die fünf Skandha sind Ku. Sie drücken die Realität der Leerheit aus.

Aber es bleibt noch immer die Anhaftung an die fünf Skandha, solange da noch jemand ist, der die fünf Skandha beobachtet. Wenn die fünf Skandha frei kommen und gehen, dann gibt es keinen Beobachter und kein Beobachtetes mehr. Deshalb sagt man sie sind Ku. Und solange wir versuchen Ku zu sehen, haben wir ein Problem.

Wenn sie Ku sind, dann kann man nicht einmal von den fünf Skandha sprechen. Von dem Augenblick an, von dem man beginnt zu sprechen, ist man bereits in dem Prozess des Anhaftens an ein Ego, in dem Glauben an ein Selbst. Oder an die Existenz von jemanden, der nicht bedingt wäre. Das heißt von jemanden, der außerhalb der Ursachen und Bedingungen existiert. Die Persönlichkeit, das Selbst, das Ego, die Seele. Egal welches Wort man verwendet.


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Beitrag(#860351) Verfasst am: 14.11.2007, 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

element hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein als Sinnesorgan wurde von der Hirnforschung eben genau nicht gefunden. Dann hätte man es nämlich lokalisieren können, was bisher nicht gelang. Genau das war doch die Sichtweise, die mittlerweile passé ist.


Sinnesorgan ist ein Wort. Wenn man es so definiert, dass Sinnesorgane die Funktion haben bestimmte Reize wahrzunehmen, dann trifft das auf das Gehirn zu, welches nämlich psychisches wahrnehmen kann. Mit dem Auge kann ich nicht Gedanken wahrnehmen. Der Ausdruck Sinnesorgan soll verdeutlichen, dass es sich bei dem Wahrgenommenen nicht um etwas handelt, das von einem "Selbst" (Ich) erzeugt wurde. Also von einem von allem unabhängigen, allem zugrundeliegenden Ich. Dieses kann man tatsächlich nicht lokalisieren. Es arbeiten da einfach verschiedene Hirnregionen.

Sinnesorgan ist eben ein Wort mit einer Besstimmten Bedeutung. Wenn das Bewusstsein ein solches wäre, dann müsste man es lokalisieren können.

element hat folgendes geschrieben:

element hat folgendes geschrieben:
Das nennt man ein bedingtes Wesen. Ich weiß natürlich sehr gut, dass wir diesen Ausdruck nicht gerne hören, und vor allem nicht heutzutage. Aufgrund unserer geistigen Konditionierung wollen wir denken, was wir wollen. Wir wollen glauben, wir denken von uns selbst aus. Dass meine Gedanken meine Gedanken sind.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Und Zen Meister wollen aufgrund ihrer fernöstlichen Konditionierung nicht gerne hören, dass die Ideen in unserem Kopf entstehen.

Erstens, sind die Zen Meister, die ich hier anführe nicht fernöstlich konditioniert (was immer das heißen soll), sondern kennen sich alle in der "westllichen" Philosophie aus, deren Positionen des Idealismus und Materialismus es auch im Osten gab. Den Osten gibt es nicht.

Das war keine inhaltliche Kritik, sondern eine stilistische. Daher die Kursivschrift. Eine Argumentation damit zu beginnen, der Gegenposition Konditionierung zu unterstellen, gefällt mir gar nicht. Das kenne ich auch von Zeugen Jehovas und diversen Esoterikern.

element hat folgendes geschrieben:
Zweitens, wo sonst sollen die Gedanken enstehen als in unserem Kopf. Das wurde nicht abgestritten. Wir sind aber nicht die Urheber unserer Gedanken, weil es kein Ich gibt. Alles läuft durch die 5 Skandhas. Es gibt keinen Denker hinter den Gedanken. Die Gedanken enstehen aus unzähligen Bedingungen, wir identifizieren uns nur mit ihnen, sagen "Ich" denke dies.

Ich sehe nach wie vor nicht ein, dass man das "Ich" für inexistent erklärt, nur weil es aus Komponenten besteht bzw. erzeugt wird.

element hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Also Behaviourismus, oder wie?


Wir sind kondioniert, durch unsere Vergangenheit usw. Ich würde mich eher an die Aussagen der modernen Hirnforschung halten. Nach Libet haben wir schon entschieden bevor wir uns bewusst entscheiden. Daher die bestätigung des Unbewussten in der Hirnforschung.

Nein, wir nehmen die Entscheidung erst verspätet war. Aber es ist klar, dass eine Introspektion, bzw. jede Rückkoppelung mit einer Zeitverzögerung erfolgen muss. Erstaunlich war, dass sich entweder die Verzögerung im Bereich von Zehntelsekunden bewegte oder dass der Zeitpunkt der Entscheidung falsch eingeordnet wurde.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass das Betätigen einer Taste, das für Libets Experiment nötig ist, einiges an Zeit benötigt. Alleine die Übertragung des Befehls sich zu bewegen an den Muskel dauert einiges an Zeit. Nerven übertragen Signale nicht mit Lichtgeschwindigkeit sondern im Bereich von Metern pro Sekunde. Unser Gehirn gaukelt uns aber eine Gleichzeitigkeit vor. Sonst würden wir merken, dass unser Körper unseren Entscheidungen hinterherhinkt und möglicherweise ständig auf die Nase fallen.

Das Ergebnis des Experiments kann man also nicht auf interne Entscheidungen übertragen werden; also wenn du z.B. entschließt, jemanden anzurufen, was ja unmittelbar mit keiner Muskelbewegung zusammenhängt.

Die fehlerhafte zeitliche Einordnung ist jedenfalls meines Wissens von der Hirnforschung weder generell für alle Fälle belegt, noch wiederlegt es das Ich.

Die Hirnforschung tappt größtenteils im Dunkeln und sie, wie auch alle verwandten themenrelevanten Disziplinen, produziert jedes Jahr tausende von Interessanten Ergebnissen, die dann von Philosophen oder philosophisch angehauchten Hirnforschern genutzt werden um Spekulationen über die Natur des Bewusstseins oder Emotionen anzustellen.

Und auch Libets Experiment wurde von vielen Denkschulen berücksichtigt und in ihre Sichtweisen eingeordnet. Es ist aber auch kompatibel mit einem Ich und einem aktiven Bewusstsein. Dass unsere Introspektion fehlerhaft ist, wir also unsere Entscheidungensprozesse fehlerhaft einschätzen, ist hinlänglich bekannt. Libet hat gezeigt, dass auch die zeitliche Einordnung unserer Entscheidungen fehlerhaft sein kann. Diese Erkenntnisse widerlegen eine perfekte Introspektion und perfekte Vernunft, aber nicht, dass es beides überhaupt nicht gäbe.

Es gibt jedenfalls keine gemeinsame Erklärung aller namhaften Hirnforscher, die den Inhalt hätte, dass das Bewusstsein nicht existent wäre, oder lediglich eine Beobachterrolle hätte. Jedenfalls wäre mir eine solche Erklärung nicht bekannt.

element hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich sehe nicht, warum wir wegen einer deterministischen Entstehung der Gedanken dazu kommen sollten, die Gedanken, die sich immer noch in unseren Köpfen befinden, nicht als unsere zu bezeichnen.


Ein Ich, ein Subjekt, wird als frei verstanden. Wenn alles bedingt ist kann es ein solches nicht geben. Der Gedanke eines Ichs ist ein bedingter Gedanke, wie alle anderen auch.

Ich habe das "Ich" nie so verstanden.

element hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Ob ein Gehirn ohne Wahrnehmung der Ausenwelt denken würde ist spekulativ.

Es hätte vermutlich keine Veranlassung zu denken.

P.S.:
Bevor mich jemand wegen Kleinigkeiten berichtet. Die Probanden von Libets Experiment betrachteten ihre Entscheidung nicht als Gleichzeitig mit dem Tastendruck, aber eben als näher dran, als es die Hirnaktivität vermuten lässt.
Ob die endgültige Entscheidung während der größten Hirnaktivität gefällt wird, ist auch so eine Frage, die sich dann noch stellt.
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Beitrag(#860386) Verfasst am: 14.11.2007, 19:10    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Sinnesorgan ist eben ein Wort mit einer Besstimmten Bedeutung. Wenn das Bewusstsein ein solches wäre, dann müsste man es lokalisieren können.

Es kommt auf die Funktion an. Außerdem ist doch das Hirn lokalisiert. Innerhalb des Hirns arbeiten viele Bereich miteinander. Wo will man hier trennen und sagen, das ist das Sinnesorgan für das Psychische?

element hat folgendes geschrieben:
Das nennt man ein bedingtes Wesen. Ich weiß natürlich sehr gut, dass wir diesen Ausdruck nicht gerne hören, und vor allem nicht heutzutage. Aufgrund unserer geistigen Konditionierung wollen wir denken, was wir wollen. Wir wollen glauben, wir denken von uns selbst aus. Dass meine Gedanken meine Gedanken sind.


Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Das war keine inhaltliche Kritik, sondern eine stilistische. Daher die Kursivschrift. Eine Argumentation damit zu beginnen, der Gegenposition Konditionierung zu unterstellen, gefällt mir gar nicht. Das kenne ich auch von Zeugen Jehovas und diversen Esoterikern.


Wenn er hier sagt:"Aufgrund unserer geistigen Konditionierung wollen wir denken, was wir wollen.", heißt das, wir würden gerne von einem freien Subjekt ausgehen und nicht von einem bedingten. Und mit der Meinung eines freien Subjekts sind wir konditioniert worden in unserer Gesellschaft. Erst jetzt wird umgedacht.

element hat folgendes geschrieben:
Zweitens, wo sonst sollen die Gedanken enstehen als in unserem Kopf. Das wurde nicht abgestritten. Wir sind aber nicht die Urheber unserer Gedanken, weil es kein Ich gibt. Alles läuft durch die 5 Skandhas. Es gibt keinen Denker hinter den Gedanken. Die Gedanken enstehen aus unzähligen Bedingungen, wir identifizieren uns nur mit ihnen, sagen "Ich" denke dies.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich sehe nach wie vor nicht ein, dass man das "Ich" für inexistent erklärt, nur weil es aus Komponenten besteht bzw. erzeugt wird.

Wenn du einen Mülleimer ausschüttest und alle Teile des Eimers entfernst, findest du auch keine "Mülleimer" Substanz. Substanz, das Zugrundeliegende, bei allem Wechsel beständige, unabhängige, gibt es nicht.
element hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Also Behaviourismus, oder wie?


Wir sind kondioniert, durch unsere Vergangenheit usw. Ich würde mich eher an die Aussagen der modernen Hirnforschung halten. Nach Libet haben wir schon entschieden bevor wir uns bewusst entscheiden. Daher die bestätigung des Unbewussten in der Hirnforschung.

Nein, wir nehmen die Entscheidung erst verspätet war. Aber es ist klar, dass eine Introspektion, bzw. jede Rückkoppelung mit einer Zeitverzögerung erfolgen muss. Erstaunlich war, dass sich entweder die Verzögerung im Bereich von Zehntelsekunden bewegte oder dass der Zeitpunkt der Entscheidung falsch eingeordnet wurde.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass das Betätigen einer Taste, das für Libets Experiment nötig ist, einiges an Zeit benötigt. Alleine die Übertragung des Befehls sich zu bewegen an den Muskel dauert einiges an Zeit. Nerven übertragen Signale nicht mit Lichtgeschwindigkeit sondern im Bereich von Metern pro Sekunde. Unser Gehirn gaukelt uns aber eine Gleichzeitigkeit vor. Sonst würden wir merken, dass unser Körper unseren Entscheidungen hinterherhinkt und möglicherweise ständig auf die Nase fallen.

Das Ergebnis des Experiments kann man also nicht auf interne Entscheidungen übertragen werden; also wenn du z.B. entschließt, jemanden anzurufen, was ja unmittelbar mit keiner Muskelbewegung zusammenhängt.

Die fehlerhafte zeitliche Einordnung ist jedenfalls meines Wissens von der Hirnforschung weder generell für alle Fälle belegt, noch wiederlegt es das Ich.

Die Hirnforschung tappt größtenteils im Dunkeln und sie, wie auch alle verwandten themenrelevanten Disziplinen, produziert jedes Jahr tausende von Interessanten Ergebnissen, die dann von Philosophen oder philosophisch angehauchten Hirnforschern genutzt werden um Spekulationen über die Natur des Bewusstseins oder Emotionen anzustellen.

Und auch Libets Experiment wurde von vielen Denkschulen berücksichtigt und in ihre Sichtweisen eingeordnet. Es ist aber auch kompatibel mit einem Ich und einem aktiven Bewusstsein. Dass unsere Introspektion fehlerhaft ist, wir also unsere Entscheidungensprozesse fehlerhaft einschätzen, ist hinlänglich bekannt. Libet hat gezeigt, dass auch die zeitliche Einordnung unserer Entscheidungen fehlerhaft sein kann. Diese Erkenntnisse widerlegen eine perfekte Introspektion und perfekte Vernunft, aber nicht, dass es beides überhaupt nicht gäbe.

Es gibt jedenfalls keine gemeinsame Erklärung aller namhaften Hirnforscher, die den Inhalt hätte, dass das Bewusstsein nicht existent wäre, oder lediglich eine Beobachterrolle hätte. Jedenfalls wäre mir eine solche Erklärung nicht bekannt.


Trotzdem können wir die Bewegründe für unser Handeln oft nicht verstehen, weil wir von unbewussten Dingen/Emotionen beeinflusst werden. Klar ist für Hirnforschung vieles nicht geklärt. Aber Singer und Roth bestreiten die Existenz eines freien Willens.

element hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich sehe nicht, warum wir wegen einer deterministischen Entstehung der Gedanken dazu kommen sollten, die Gedanken, die sich immer noch in unseren Köpfen befinden, nicht als unsere zu bezeichnen.


Ein Ich, ein Subjekt, wird als frei verstanden. Wenn alles bedingt ist kann es ein solches nicht geben. Der Gedanke eines Ichs ist ein bedingter Gedanke, wie alle anderen auch.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich habe das "Ich" nie so verstanden.

Wie verstehst du es dann. Bedingtfrei?
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Sokrateer
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Beitrag(#860390) Verfasst am: 14.11.2007, 19:14    Titel: Antworten mit Zitat

element hat folgendes geschrieben:
Trotzdem können wir die Bewegründe für unser Handeln oft nicht verstehen, weil wir von unbewussten Dingen/Emotionen beeinflusst werden. Klar ist für Hirnforschung vieles nicht geklärt. Aber Singer und Roth bestreiten die Existenz eines freien Willens.

Das ist deren philosophische Interpretation der Forschung, aber eben nicht das zwingende Ergebnis primärer Forschungsergebnisse. Das will ich nur feststellen.

element hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich habe das "Ich" nie so verstanden.

Wie verstehst du es dann. Bedingtfrei?

Ich bin kein Solipsist.

Wer oder was ist schon völlig frei und unabhängig?
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