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Fortpflanzung erlaubt
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Xamanoth
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Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 7962

Beitrag(#880577) Verfasst am: 09.12.2007, 22:52    Titel: Antworten mit Zitat

Reza hat folgendes geschrieben:
Spezialsituation im deutschen Recht?
Wer
1. He?
2. Im übrigen ist das mit dem vollwertigen Rechtssubjekt äußerst schwammig, und unter verfassungsrechtlern und strafrechtlern mehr als umstritten.
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#880580) Verfasst am: 09.12.2007, 22:52    Titel: Antworten mit Zitat

Reza hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:


1. Ich studier Jura
2. Ich hab erst in kürzester Vergangenheit 2 Ethik-Bücher über Abtreibung gelesen und etwas länger her ein 3tes.


War Norbert Hoerster dabei?
Ging es um die Spezialsituation im deutschen Recht?
Kennst du die? Als Jurastudent sollte die dir doch zumindest aufgefallen sein.
Kennen sollte man die auch als nichtdeutscher Jurastudent, so oft gibt es diese Konstellation ja nicht.

- Ja: Und gleich dazu, um deine Vorurteile perfekt zu machen: Peter Singer auch (hast du schon mal ein Buch von Hoerster zum Thema komplett gelesen?).
- Ja und Nicht nur und Nein.
- Ja.

p.s.: Um das gleich zu sagen: Ich stimme dir zu, dass die Abtreibunngs-Situation in Deutschland völlig absurd und sich eigentlich selbst ad absurdum führend ist - nur ist sie für mich zu restriktiv, für dich (vermute ich mal) zu liberal.
Aber trotzdem sehe ich nicht, wie dieses - groteske - aktuelle Recht möglicherweise nicht behindertes Leben als lebensunwert einstuft (was etwas anderes ist, als eine Abtreibung bei nur möglicher Behinderung zu erlauben).
_________________
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Zuletzt bearbeitet von jagy am 09.12.2007, 22:55, insgesamt einmal bearbeitet
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Algol
Katholik, saugverwirrte schleichende Scharia



Anmeldungsdatum: 22.06.2006
Beiträge: 4797
Wohnort: Berlin

Beitrag(#880583) Verfasst am: 09.12.2007, 22:54    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Reza hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Wenn es aber unter gewissen Umständen ethisch verwerflich ist, Kinder zu bekommen, muss es diskutabel sein, für diese Fälle ein Verbot zu erwägen.

Du hättest dabei nicht so weit ausholen müssen:
im Falle von "Inzest" (Bruder/Schwester) ist dieses Vermehrungsverbot bereits traditionell im deutschen Strafgesetz verankert, und obwohl es dort nicht explizit als solches bezeichnet wird, hat es exakt diese Funktion.


Das steht aber auf dem Prüfstand vor dem Verfassungsgericht, und wird meiner Ansicht nach fallen, da es in vielen anderen europäischen Ländern bereits nicht mehr gilt.


Yep, deswegen habe ich es nicht als Beispiel gebracht, weil ich das Verbot nicht sehr überzeugend finde (und übrigens nicht nur Fortpflanzung, sondern jeder Beischlaf an sich verboten wird).

Die offizielle [meine nachträgliche Hervorhebung] Begründung für unser Inzestverbot bei Bruder und Schwester ist das angebliche Risiko einer signifikant erhöhten Krankeits- bzw. Behinderungsrate des Nachwuchses, und an dieser Begründung hatte man jahrtausendelang nichts auszusetzen.


Gehst du mit deiner jahrtausende-Spekulation nicht etwas über dein Wissen?

Ja und nein.


jagy hat folgendes geschrieben:
"Alle frühen Hochkulturen haben INzest nicht nur erlaubt, sondern den Herrschern zur Pflicht gemacht. Von Sumer bis zum drawidischen Indien, von Südost-Chian bis nach Siam, Ceylon, Java, Bali und Hawaeii gehörte er zur Norm " (Deschner).

Fremde Länder und Kulturen, nicht bei "uns".
Die Idee dabei ist mE, daß sich die angeblich göttliche Herrscherlinie nicht mit dem "gewöhnlichen Fußvolk" vermischen sollte. Ein ähnliches Verhalten, aber ohne "Inzest" enger Blutsverwandter, ist in allen mir bekannten Kulturen mit ausgeprägtem Kastenwesen zu beobachten.
Der Inzest wäre demnach nicht "aufgezwungen", sondern ein, das Inzesttabu verletzendes Privileg.
(Australische Ureinwohner dürfen/wollen sich sogar nur mit Mitgliedern anderer Klans verbinden.)


jagy hat folgendes geschrieben:
Bei Tieren ist Inzest zB häufig ganz normal.

Ja und auch im AT, wobei dort allerdings ausdrücklich betont wird, daß der Vater angeblich betrunken war, als er seinen Töchtern beiwohnte.
"Inzest" ist außerdem naheliegend und die leichteste Art, Sex zu haben.

jagy hat folgendes geschrieben:
Im Übrigen steht die naturwissenschaftliche Erkenntnis gegen die naturwissenschaftliche Begründung (Erbkrankheits-Risiko): "... hunderte von Versuchstiergenerationen durch Verbindung der Abkömmlinge eines einzigen Paares erzeugen lassen, ohne dass die geringste Schädigungen zu beobachten sind. Völker wie die Juden, die durch Einschließungen in Gettos gewzungen warwen, Verwandte zu heiraten, haben den Degenartionsmythos längst widerlegt. Hohe INtelligenz, minimales Auftreten von Geisteskrankheiten und größte Vitalität ergaben sich gerade wegen des hohen Maßes an Inzucht" (Bornemann, "Lexikon der Liebe" (via Deschner)).

Kein Widerspruch, hinzuzufügen ist nach meinem Kenntnisstand, daß Embryonen aus naher Blutsverwandtschaft etwas öfter als Fehlgeburt abgehen, während die Lebendgeborenen dafür eine geringere Sterblichkeit aufweisen (ist auch logisch).
Die Unterschiede sind allerdings marginal.

jagy hat folgendes geschrieben:
Letztlich ist ja auch nur das Erbgut entscheidend: Ist dieses gut, kann Inzucht es nur besser machen, ist es schlecht, wird es Inzucht verschlechter - unabhängig vom Verwandschaftsgrad der Eltern.

Das kann man so sehen (s.u.).


jagy hat folgendes geschrieben:
Will man die natürliche Auslese heranziehen, kommt aber auch eine andere Lösung in betracht: Die Natürliche Selektion hat Inzest nicht deswegen "bekämpft", weil er geschädigte Nachkommen hervorbringt, sondern schlicht und einfach, weil er nicht so viele Nachkommen hervorbringt.

Die Lebendgeburten sind mW minimal verringert, da sich genetische Schäden, falls vorhanden, statistisch bei "Inzucht" schwerwiegender auswirken und daher öfter zu einem frühzeitigen, natürlichen Schwangerschaftsabbruch führen.
Folglich ist die Überlebensrate der Lebendgeborenen bei "Inzuchtpaaren" im Vergleich zu Paaren mit ferner Verwandtschaft marginal erhöht.
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Leben kann tödlich sein
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Greasel
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Anmeldungsdatum: 13.06.2006
Beiträge: 1055

Beitrag(#880599) Verfasst am: 09.12.2007, 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo zusammen!

Ich muss Reza in einem Punkt Recht geben. Die "Kette" wird mit dem ersten Glied geschmiedet. Wenn wir anfangen Grundrechte zur Disposition zu stellen oder sie dem Zeitgeist unterwerfen beginnen wir ein gefährliches Speil.

Algol hat folgendes geschrieben:

Was man in der Öffentlichkeit kaum weiß: bei entmündigten Menschen ist das bereits die gängige Praxis, egal, ob die Behinderung vererblich ist, oder nicht.....


Zum Thema Zwangssterilisation ist folgendes zu sagen: Natürlich sind geistig behinderte Menschen in der Regel leicht zu beeinflussen und die von dir berichteten Fälle (Dreimonatsspritze) kommen sicherlich vor. Nichtsdestotroz sind Zwangssterilisationen in der BRD de facto verboten! Nun warum ist das so. Werfen wir ein Blick auf das Gesetz:

BGB §1905

http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1905.html

Dieses auf den ersten Blick nicht weiter auffällige Gesetz enthält auf den zweiten Blick eine "Ungeheuerlichkeit" Es fängt an mit:

"(1)Besteht der ärztliche Eingriff in einer Sterilisation des Betreuten, in die dieser nicht einwilligen kann, so kann der Betreuer nur einwilligen, wenn...."

Es geht also schon mal um nicht einwilligungsfähige Personen!! (Achtung! Einwilligungsfähigkeit hat nichts mit Geschäftsfähigkeit zu tun http://de.wikipedia.org/wiki/Einwilligungsf%C3%A4higkeit)

....wenn:

1.
die Sterilisation dem Willen des Betreuten nicht widerspricht


Geschockt

Das bedeutet im Klartext. Auch wenn die zu sterilisierende Person nicht einwilligungsfähig ist, führt trotzdem jedwede ablehnende Willensbekundung dieser Person (Weinen, Wehren....) zur Unzulässigkeit einer Zwangssterilisation!

Ich hatte genau zu diesem Punkt mal eine sehr ausführliche Abhandlung einens Fachanwaltes, kann diese aber beim besten Willen nicht mehr finden.

Algol hat folgendes geschrieben:
Die offizielle Begründung für unser Inzestverbot bei Bruder und Schwester ist das angebliche Risiko einer signifikant erhöhten Krankeits- bzw. Behinderungsrate des Nachwuchses, und an dieser Begründung hatte man jahrtausendelang nichts auszusetzen.


Aber genau das verbietet das Gesetz ja gar nicht. Es ist in Deutschland völlig legal für eine Mutter sich mit dem Sperma ihres Sohnes künstlich befruchten zu lassen. Selbiges gilt analog für alle möglichen Inzestkonstellationen. Verboten ist einzig und allein der Vaginalverkehr.

Gruß
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#880603) Verfasst am: 09.12.2007, 23:29    Titel: Antworten mit Zitat

@ Greasel:

Grundrechte sind schon längst disponibel und waren es immer (bis auf solche, die schrankenlos gewährt sind - und die werden durch andere Grundrechte beschränkt). Hier wird vielleicht die Menschenwürde aus Art I 1 gemeint.

Im übrigen ging es hier - hab aber die 2te Hälfte nicht überflogen - nie um Zwangssterilisation!


Im doppelt übrigen vergisst du den Zusammenhang:

Zitat:

2.
der Betreute auf Dauer einwilligungsunfähig bleiben wird,
3.
anzunehmen ist, dass es ohne die Sterilisation zu einer Schwangerschaft kommen würde,
4.
infolge dieser Schwangerschaft eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren zu erwarten wäre, die nicht auf zumutbare Weise abgewendet werden könnte, und
5.
die Schwangerschaft nicht durch andere zumutbare Mittel verhindert werden kann.

Diese Voraussetzungen müssen bei der Sterilisation nicht einwilligungsfähiger Menschen nämlich auch vorliegen.
Und was ist denn die Ungeheuerlichkeit daran, dass die Sterilisation dem Willen des Betreuten nicht widersprechen darf? Sollte sie seinem Willen etwa widersprechen???


edit: Ähm - was wolltest du mit deinem Posting eigentlich sagen?
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Zuletzt bearbeitet von jagy am 09.12.2007, 23:54, insgesamt einmal bearbeitet
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Greasel
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Anmeldungsdatum: 13.06.2006
Beiträge: 1055

Beitrag(#880620) Verfasst am: 09.12.2007, 23:51    Titel: Antworten mit Zitat

Jagy kannst du bitte aufhören deine Posts im Nachhinein immer wieder zu ändern. Lachen

Ich weiss ja gar nicht worauf ich antworten soll!
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#880625) Verfasst am: 09.12.2007, 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

Greasel hat folgendes geschrieben:
Jagy kannst du bitte aufhören deine Posts im Nachhinein immer wieder zu ändern. Lachen

Ich weiss ja gar nicht worauf ich antworten soll!


Ok - jetzt ists fertig. zwinkern
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Greasel
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Anmeldungsdatum: 13.06.2006
Beiträge: 1055

Beitrag(#880626) Verfasst am: 09.12.2007, 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
.....Und was ist denn die Ungeheuerlichkeit daran, dass die Sterilisation dem Willen des Betreuten nicht widersprechen darf? Sollte sie seinem Willen etwa widersprechen???


Das Besondere daran ist, dass es bei Zwangsmaßnahmen gegenüber nicht einwilligungsfähigen Personen normalerweise eben nicht mehr auf deren Willensbekundungen ankommt (PsychKG / Betreuungsrecht).
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#880628) Verfasst am: 09.12.2007, 23:58    Titel: Antworten mit Zitat

Greasel hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
.....Und was ist denn die Ungeheuerlichkeit daran, dass die Sterilisation dem Willen des Betreuten nicht widersprechen darf? Sollte sie seinem Willen etwa widersprechen???


Das Besondere daran ist, dass es bei Zwangsmaßnahmen gegenüber nicht einwilligungsfähigen Personen normalerweise eben nicht mehr auf deren Willensbekundungen ankommt (PsychKG / Betreuungsrecht).


Und ist das in deiner Wertung was gutes oder was schlechtes? Weil wenn du das als Ungeheuerlichkeit bezeichnest, sehe ich das eher als eine negative Wertung dieses besonderen Schutzes an.
Andererseits meine ich, aus deinem Posting herauszulesen, dass dieser besondere Schutz eine positve Sache ist.
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Reza
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Anmeldungsdatum: 10.09.2006
Beiträge: 4188

Beitrag(#880637) Verfasst am: 10.12.2007, 00:13    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
Reza hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:


1. Ich studier Jura
2. Ich hab erst in kürzester Vergangenheit 2 Ethik-Bücher über Abtreibung gelesen und etwas länger her ein 3tes.


War Norbert Hoerster dabei?
Ging es um die Spezialsituation im deutschen Recht?
Kennst du die? Als Jurastudent sollte die dir doch zumindest aufgefallen sein.
Kennen sollte man die auch als nichtdeutscher Jurastudent, so oft gibt es diese Konstellation ja nicht.

- Ja: Und gleich dazu, um deine Vorurteile perfekt zu machen: Peter Singer auch (hast du schon mal ein Buch von Hoerster zum Thema komplett gelesen?).
- Ja und Nicht nur und Nein.
- Ja.

p.s.: Um das gleich zu sagen: Ich stimme dir zu, dass die Abtreibunngs-Situation in Deutschland völlig absurd und sich eigentlich selbst ad absurdum führend ist - nur ist sie für mich zu restriktiv, für dich (vermute ich mal) zu liberal.
Aber trotzdem sehe ich nicht, wie dieses - groteske - aktuelle Recht möglicherweise nicht behindertes Leben als lebensunwert einstuft (was etwas anderes ist, als eine Abtreibung bei nur möglicher Behinderung zu erlauben).


Es ist doch immer wieder schön, wenn sich so offensichtlich Vorurteile offenbaren, wenn man nur von einer anderen Seite als üblich in Themen einsteigt, und dass dann alle Argumentationen nur noch in eine Richtung hin interpretiert werden.


Wie kommst du drauf, mir wäre die Abtreibungs Situatuation in Deutschland zu liberal?
Da Abtreibung in Deutschland im §218 ja erst einmal generell verboten ist, und erst im §218a dann sozusagen per Ausnahme mit Auflagen möglich, kann von eienm liberalen Gesetz nicht gesprochen werden.

Ob du Hoerster allerdings wirklich verstanden hast, das weiß ich nicht.

Er vertritt ja eine Interessenethik, also die Interessen der betroffenen Person, da gehört ja wohl das Kinder kriegen - wie nicht kriegen dazu, und zwar unabhängig davon was andere davon halten, bzw, was deren moralische oder sonstige Kategorien sind, ob diese Leute speziell dann Kinder haben sollten oder nicht.
Es geht als in keinem Fall um die hellseherisch vermuteten Interessen des ungeborenen Kindes, sondern um die Interessen der Eltern, bzw. dann halt der Mutter.

So hab ich doch argumentiert.
Also kann auch eine sehr alte Mutter sich ihr Interesse erfüllen, egal ob ich oder sonst wer das gut oder Scheiße findet, und jemand, der ein behindertes Kind in Kauf nehmen will, der muss das auch tun dürfen.

Das ist in der Praxis aber nicht mehr so.
Was meinst du, was los ist, wenn jemand den Abtreibungstermin, der meist gleich mit der Diagnose einer Behinderung vergeben wird, nicht gleich annimmt, oder gar nicht annimmt?

Das Thema wollte ich eigentlich hier einbringen, wie unvorstellbar es ist in dieser Gesellschaft ist nur das geringste Risiko eines behinderten Kindes einzugehen,da darf man nicht einmal mehr nachdenken dürfen.

Das muss man aber dürfen, und man muss es auch kriegen dürfen, wenn das nicht zum Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit gehört, dann weiß ich nicht.
Das einzige gesellschaftliche Interesse, das dagegen spricht sind ja wohl die Kosten.

Dass die Gesellschaft gerne an denen spart, die sich nicht wehren können, und gerne an denen, deren Vorstellungen oder Verhalten nicht Mainstream sind, ist zwar Praxis, aber verfassungsrechtlich verankert ist es noch nicht
Und wenn Hoerster von Interessenethik spricht, dann meint er die Interessen von Individuen, nicht die der Gesellschaft als solcher, oder?
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Algol
Katholik, saugverwirrte schleichende Scharia



Anmeldungsdatum: 22.06.2006
Beiträge: 4797
Wohnort: Berlin

Beitrag(#880650) Verfasst am: 10.12.2007, 00:24    Titel: Antworten mit Zitat

Greasel hat folgendes geschrieben:
Hallo zusammen!

Ich muss Reza in einem Punkt Recht geben. Die "Kette" wird mit dem ersten Glied geschmiedet. Wenn wir anfangen Grundrechte zur Disposition zu stellen oder sie dem Zeitgeist unterwerfen beginnen wir ein gefährliches Speil.

Algol hat folgendes geschrieben:

Was man in der Öffentlichkeit kaum weiß: bei entmündigten Menschen ist das bereits die gängige Praxis, egal, ob die Behinderung vererblich ist, oder nicht.....


Zum Thema Zwangssterilisation ist folgendes zu sagen: Natürlich sind geistig behinderte Menschen in der Regel leicht zu beeinflussen und die von dir berichteten Fälle (Dreimonatsspritze) kommen sicherlich vor. Nichtsdestotroz sind Zwangssterilisationen in der BRD de facto verboten!

Was ich auch nicht bestritten habe.
De facto bedeutet aber eine mehrjährige Anwendung der Dreimonatsspritze die Sterilisation.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Auch wenn die zu sterilisierende Person nicht einwilligungsfähig ist, führt trotzdem jedwede ablehnende Willensbekundung dieser Person (Weinen, Wehren....) zur Unzulässigkeit einer Zwangssterilisation!

Weshalb sollte jemand weinen, wenn man impliziert, daß es sich um eine zeitweise Maßnahme handelt, die auf Wunsch jederzeit rückgängig gemacht werden kann, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht?

Greasel hat folgendes geschrieben:
Ich hatte genau zu diesem Punkt mal eine sehr ausführliche Abhandlung einens Fachanwaltes, kann diese aber beim besten Willen nicht mehr finden.

Die Auslegung bestehender Gesetze sagt nichts über die Praxis aus.
Wenn jemand in eine Maßnahme einwilligt, ist das problemlos durch mangelnde Information und/oder den sanften Druck einer Autoritätsperson zu erreichen.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:
Die offizielle Begründung für unser Inzestverbot bei Bruder und Schwester ist das angebliche Risiko einer signifikant erhöhten Krankeits- bzw. Behinderungsrate des Nachwuchses, und an dieser Begründung hatte man jahrtausendelang nichts auszusetzen.


Aber genau das verbietet das Gesetz ja gar nicht.

Haarspalter!
Jedes Gesetz muß plausibel und allgemein nützlich sein.
Wie begründete der Gesetzgeber denn das Inzestverbot von Bruder und Schwester, wenn nicht aufgrund zu erwartender erblicher Schäden?

Mit der Ansicht, daß Gesetze ohne plausibelen Grund erlassen werden dürfen, öffnet man Raunen und Ahnen in einem Rechtsstaat Tür und Tor.


Greasel hat folgendes geschrieben:
Es ist in Deutschland völlig legal für eine Mutter sich mit dem Sperma ihres Sohnes künstlich befruchten zu lassen.
Selbiges gilt analog für alle möglichen Inzestkonstellationen. Verboten ist einzig und allein der Vaginalverkehr.

Dieses Gesetz stammt aus einer Zeit, in der Vaginalverkehr mit Zeugung verbunden und künstliche Befruchtung noch unbekannt war.
Wenn Oral, Anal und Lutschen gesetzlich erlaubt sind, das Verbot aber nichts mit Zeugung zu tun hat, weshalb wurde es dann überhaupt erlassen?



Und falls das stimmt, was Du hier keck behauptest, weshalb raten die Anwälte von wegen Inzest angeklagter Paare ihren Klienten nicht, zu den Vorwürfen zu schweigen?

Der Staatsanwalt hätte dann Vaginalverkehr zu belegen.
Wie kann er das, wenn die Beschuldigten schweigen und wenn die Frau oder der Mann das Sperma auch einfach mit Finger oder Spritze an die richtige Stelle befördern haben könnte - ganz ohne Vaginalverkehr (in dubio pro reo).

Sind die Anwälte der Verurteilten alle Stümper und daher regreßpflichtig, weil sie ihre Mandanten nicht korrekt beraten?

(btw: dürfen Bruder und Schwester heiraten, wenn sie glaubhaft machen, keinen Analverkehr zu praktizieren?)
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Algol
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Anmeldungsdatum: 22.06.2006
Beiträge: 4797
Wohnort: Berlin

Beitrag(#880659) Verfasst am: 10.12.2007, 00:35    Titel: Antworten mit Zitat

Reza hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Wenn es aber unter gewissen Umständen ethisch verwerflich ist, Kinder zu bekommen, muss es diskutabel sein, für diese Fälle ein Verbot zu erwägen.

Du hättest dabei nicht so weit ausholen müssen:
im Falle von "Inzest" (Bruder/Schwester) ist dieses Vermehrungsverbot bereits traditionell im deutschen Strafgesetz verankert, und obwohl es dort nicht explizit als solches bezeichnet wird, hat es exakt diese Funktion.


Das steht aber auf dem Prüfstand vor dem Verfassungsgericht, und wird meiner Ansicht nach fallen, da es in vielen anderen europäischen Ländern bereits nicht mehr gilt.

Konsequenter Weise dürfen Bruder und Schwester in solchen Ländern auch heiraten?
(wg. Versorgung des Ehepartners im Todesfall, Erziehungsgewalt über die Kinder, Erbrecht usw.)
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Greasel
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Anmeldungsdatum: 13.06.2006
Beiträge: 1055

Beitrag(#880671) Verfasst am: 10.12.2007, 00:53    Titel: Antworten mit Zitat

jagy hat folgendes geschrieben:
Und ist das in deiner Wertung was gutes oder was schlechtes? Weil wenn du das als Ungeheuerlichkeit bezeichnest, sehe ich das eher als eine negative Wertung dieses besonderen Schutzes an.Andererseits meine ich, aus deinem Posting herauszulesen, dass dieser besondere Schutz eine positve Sache ist.


Ja, ich finde das ist eine sehr positive Sache! Der Schutz der Würde eines empfindungsfähigen Lebewesens (siehe meine sig) und dazu zählt auch und vor allem die körperliche Integrität und Unversehrtheit kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Wobei mir die generelle definitorische Problematik durchaus bewusst ist.

Das Wort "Ungeheuerlichkeit" sollte nicht werten sondern nur auf den erwähnten aussergewöhnlichen Umstand hindeuten.
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Reza
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Anmeldungsdatum: 10.09.2006
Beiträge: 4188

Beitrag(#880687) Verfasst am: 10.12.2007, 01:21    Titel: Antworten mit Zitat

Algol hat folgendes geschrieben:

Konsequenter Weise dürfen Bruder und Schwester in solchen Ländern auch heiraten?
(wg. Versorgung des Ehepartners im Todesfall, Erziehungsgewalt über die Kinder, Erbrecht usw.)

Das weiß ich nicht, jedenfalls ist es kein Straftatbestand mehr in vielen Ländern, Eheverbot ist ja wieder was anderes.
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Greasel
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Anmeldungsdatum: 13.06.2006
Beiträge: 1055

Beitrag(#880693) Verfasst am: 10.12.2007, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

Algol hat folgendes geschrieben:

Was man in der Öffentlichkeit kaum weiß: bei entmündigten Menschen ist das bereits die gängige Praxis, egal, ob die Behinderung vererblich ist, oder nicht.....


Es gibt keine Entmündigungen mehr! Das ist nicht nur eine Wortspielerei. Das neue Betreuungsgesetz hat eine veränderte Zielsetzung.

Trotzem wird natürlich oft und gerne das Recht gebeugt gerade bei hilflosen Menschen deren kognitive Leistungskraft stark begrenzt ist.

Algol hat folgendes geschrieben:

Was ich auch nicht bestritten habe.
De facto bedeutet aber eine mehrjährige Anwendung der Dreimonatsspritze die Sterilisation.


Jep

Algol hat folgendes geschrieben:

Weshalb sollte jemand weinen, wenn man impliziert, daß es sich um eine zeitweise Maßnahme handelt, die auf Wunsch jederzeit rückgängig gemacht werden kann, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht?


Ich wollte nur auf die gesetzliche Regelung hinweisen.

Algol hat folgendes geschrieben:

Die Auslegung bestehender Gesetze sagt nichts über die Praxis aus.
Wenn jemand in eine Maßnahme einwilligt, ist das problemlos durch mangelnde Information und/oder den sanften Druck einer Autoritätsperson zu erreichen.


Jep....Sauerei sowas!

Algol hat folgendes geschrieben:

Haarspalter!
Jedes Gesetz muß plausibel und allgemein nützlich sein.
Wie begründete der Gesetzgeber denn das Inzestverbot von Bruder und Schwester, wenn nicht aufgrund zu erwartender erblicher Schäden?.....


Ja, gar nicht! §173 BGB gibt keine Begründung her! Lachen

Ginge es dem Gesetzgeber um zu erwartende erbliche Schäden müsste er die Zeugung unter Strafe stellen und nicht den Verkehr und die Heirat! .....bzw. er müsste den Paragraphen ersatzlos streichen , da es bei Inzest eben erwiesenermaßen nicht zu einem erhöten Auftreten erblich bedingter Schäden kommt!

Algol hat folgendes geschrieben:

Und falls das stimmt, was Du hier keck behauptest, weshalb raten die Anwälte von wegen Inzest angeklagter Paare ihren Klienten nicht, zu den Vorwürfen zu schweigen?


Wenn du meinen Behauptungen nicht traust, dann überprüfe sie doch.

Algol hat folgendes geschrieben:

Der Staatsanwalt hätte dann Vaginalverkehr zu belegen.
Wie kann er das, wenn die Beschuldigten schweigen und wenn die Frau oder der Mann das Sperma auch einfach mit Finger oder Spritze an die richtige Stelle befördern haben könnte - ganz ohne Vaginalverkehr (in dubio pro reo).

Sind die Anwälte der Verurteilten alle Stümper und daher regreßpflichtig, weil sie ihre Mandanten nicht korrekt beraten?


Am Kopf kratzen Was fährst du dir denn hier für einen Film? Warum ist das Inzestverbot wohl vor dem Verfassungsgericht? All diese Ungereimtheiten spielen dabei eine Rolle!

Algol hat folgendes geschrieben:

(btw: dürfen Bruder und Schwester heiraten, wenn sie glaubhaft machen, keinen Analverkehr zu praktizieren?)


Analverkehr ist kein Beischlaf also auch nicht durch den 173er abgedeckt! Aber was hat das mit dem Heiratsverbot §1307 zu tun?

Gute Nacht!
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Algol
Katholik, saugverwirrte schleichende Scharia



Anmeldungsdatum: 22.06.2006
Beiträge: 4797
Wohnort: Berlin

Beitrag(#880735) Verfasst am: 10.12.2007, 07:08    Titel: Antworten mit Zitat

Greasel hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:

Was man in der Öffentlichkeit kaum weiß: bei entmündigten Menschen ist das bereits die gängige Praxis, egal, ob die Behinderung vererblich ist, oder nicht.....


Es gibt keine Entmündigungen mehr! Das ist nicht nur eine Wortspielerei. Das neue Betreuungsgesetz hat eine veränderte Zielsetzung.

Danke für den Hinweis.
Man ersetze "entmündigten Menschen" durch "kognitiv stark eingeschränkten, rechtlich betreuten Menschen".


Greasel hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:

Und falls das stimmt, was Du hier keck behauptest, weshalb raten die Anwälte von wegen Inzest angeklagter Paare ihren Klienten nicht, zu den Vorwürfen zu schweigen?


Wenn du meinen Behauptungen nicht traust, dann überprüfe sie doch.

Ich sehe momentan keinen Grund Deiner Behauptung zu mißtrauen.
Wenn die Anwälte ihren beschuldigten Klienten zur Aussageverweigerung raten würden, dann käme es mE wegen Inzest nicht zu Verurteilungen.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:

Der Staatsanwalt hätte dann Vaginalverkehr zu belegen.
Wie kann er das, wenn die Beschuldigten schweigen und wenn die Frau oder der Mann das Sperma auch einfach mit Finger oder Spritze an die richtige Stelle befördern haben könnte - ganz ohne Vaginalverkehr (in dubio pro reo).

Sind die Anwälte der Verurteilten alle Stümper und daher regreßpflichtig, weil sie ihre Mandanten nicht korrekt beraten?


Am Kopf kratzen Was fährst du dir denn hier für einen Film? Warum ist das Inzestverbot wohl vor dem Verfassungsgericht? All diese Ungereimtheiten spielen dabei eine Rolle!

Der Film heißt: Anwalt berät schlecht und zum Nachteil seiner Klienten.

Geschwister werden wg. Inzest idR vom Staatsanwalt doch nur dann angeklagt, wenn eine Mutter ihren Bruder als Kindsvater benennt.
Die Staatsanwaltschaft geht dann davon aus, daß Vaginalverkehr vorgelegen haben muß.
Schweigen die Beschuldigten, muß ein Freispruch erfolgen, da eine Befruchtung auch ohne Vaginalverkehr möglich ist und im Zweifel für den Beschuldigten zu entscheiden ist.
Wenn es also je zu rechtswirksamen Verurteilungen wg. Inzest gekommen ist, liegt das in meinen Augen logischerweise an schlechter anwaltlicher Beratung.
(Könnte auch sein, daß das Gericht eine Art Beweislastumkehr verfügt zwinkern )


Greasel hat folgendes geschrieben:
Algol hat folgendes geschrieben:

(btw: dürfen Bruder und Schwester heiraten, wenn sie glaubhaft machen, keinen Analverkehr zu praktizieren?)


Analverkehr ist kein Beischlaf also auch nicht durch den 173er abgedeckt! Aber was hat das mit dem Heiratsverbot §1307 zu tun?
Verlegen
Freud läßt grüßen - das muß natürlich Vaginalverkehr heißen.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#881398) Verfasst am: 11.12.2007, 00:39    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Die hypothetischen sozialen Folgekosten könnte man auf verschiedener Ebene zu vermeiden versuchen, z.B. über PID oder eine Versicherung oder eine Kombination. Wenn ein Paar tatsächlich eine wesentlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Vererbung eines schweren Gendefekts hat, aber unbedingt leibliche Kinder möchte, ist PID oder ein erhöhter Versicherungsbeitrag mE eine vertretbare Forderung.

Für wen soll der Versicherungsbeitrag höher ausfallen? Eltern, Kind? Welche Versicherungen sind gemeint? Gesetzliche Pflichtversicherungen?
Ich sehe in solchen Überlegungen in erster Linie den Ausdruck fortschreitender gesellschaftlicher Entsolidarisierung.
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Huckarder
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Beitrag(#881405) Verfasst am: 11.12.2007, 00:45    Titel: Re: Fortpflanzung erlaubt Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Währt ihr dafür dass man Menschen mit schweren erblichen Behinderungen von Körper und Geist die Fortpflanzung verbietet?
Nein, das ist faschistisch. Sehr dafür wäre ich allerdings, (fall es eines Tages möglich ist), durch pränatale Eingriffe ins Erbgut dafür zu sorgen, dass Behinderungen beim Neugeborenen gar nicht erst auftreten. Cool
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Huckarder
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Beitrag(#881409) Verfasst am: 11.12.2007, 00:47    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Xing xiao jie hat folgendes geschrieben:
Sehr geschmackloses Thema

Ein neuer Rekord-Godwin!

Zur Frage: Nein.
Aber sobald eine in-vitro-Therapie von Erbkrankheiten möglich und sicher ist sollte ihnen diese kostenlos zur Verfügung stehen.
Oder der Staat muss die Kosten tragen!!
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AgentProvocateur
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Beitrag(#881455) Verfasst am: 11.12.2007, 02:47    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Die hypothetischen sozialen Folgekosten könnte man auf verschiedener Ebene zu vermeiden versuchen, z.B. über PID oder eine Versicherung oder eine Kombination. Wenn ein Paar tatsächlich eine wesentlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Vererbung eines schweren Gendefekts hat, aber unbedingt leibliche Kinder möchte, ist PID oder ein erhöhter Versicherungsbeitrag mE eine vertretbare Forderung.

PID wird doch eigentlich nur bei künstlicher Befruchtung durchgeführt, oder?

Wie sollte Dein Vorschlag denn eigentlich konkret durchgesetzt werden? Sollte es eine Verpflichtung geben, sich auf (bestimmte) vererbbare Krankheiten untersuchen zu lassen, bevor man Geschlechtsverkehr hat? Und wenn ja, wem sollten diese Untersuchungsergebnisse zugänglich gemacht werden? Dem Staat, der Versicherung? Wie sollte das gehandhabt werden bei Leuten, die eine solche medizinische Untersuchung bei sich ablehnen?

Wäre eine Untersuchungspflicht mit Pflichtspeicherung der Ergebnisse bei einer dritten Stelle nicht ein extrem großer Eingriff in die persönliche Freiheit? Wäre es nicht vorstellbar, dass es Leute gäbe, die mit durchaus nachvollziehbaren Gründen (z.B. Datenschutz sensibler persönlicher Daten) eine solche Untersuchung ablehnen würden? Und sollte es hierbei nicht auch ein Recht auf Nichtwissen geben? Oder sollten bei jeder neu gefundenen Erbkrankheit alle fortpflanzungsfähigen Leute verpflichtend erneut zur Untersuchung gehen müssen?

Dieser Aspekt ist mir noch sehr unklar.
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zelig
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Beitrag(#881486) Verfasst am: 11.12.2007, 09:00    Titel: Antworten mit Zitat

Um das mal ein wenig zu konkretisieren. Ich kenne ein Paar, deren Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% die Anlage für eine äusserst rare Erkrankung mit sich tragen. Diese Erkrankung hat komplexe Ursachen, kann, aber keineswegs zwingend, sich in sehr unterschiedlichen, leichten oder schwerwiegenden Symptomen im Erwachsenenalter zeigen. Die Eltern wussten von dem Risiko, haben sich aber nach intensiver Auseinandersetzung mit der Problematik dafür entschieden, Kinder zu bekommen. Nun geschieht folgendes:
Da sie gegenüber und für ihre Kinder vorbereitet sein wollen, lassen sie eine Gen-Analyse durchführen. Als sie zu einem vertraulichen Gespräch ins Institut eingeladen werden, will man ihnen zunächst keine Auskunft über das Ergebnis geben, sondern klärt darüber auf, daß, unabhängig vom Ergebnis der Analyse, die Inkenntnisnahme evtl Folgen haben könnte, deren Reichweite noch nicht abzuschätzen sei. Es gebe bereits Versuche der Versicherungswirtschaft, an die Daten des Instituts zu gelangen. Man sei nicht sicher, wie sich die gesetzlichen Rahmenbedingen entwickeln werde. Daher könne es Gründe geben, auf das Wissen über die genetische Ausstattung des Kindes zu verzichten. Vor dieser Entscheidung stand also das Paar: Entweder die Kinder dem nicht geringen Risikos auszusetzen, beispielsweise keine Lebensversicherung abschließen zu können oder aus Schutzgründen dieses Wissen vor ihnen zu verbergen - wenn sie denn das Ergebnis der Analyse wissen wollten und diese einen positiven Befund aufweise. Man riet ab.
Jedenfalls, ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, daß es Fragen geben mag, deren allzuleichtfertige, vielleicht auf rein rationalen Erwägungen fussende, jedoch die konkreten sozialen Folgen nicht bedenkende Antwort für die Betroffenen unabsehbare Folgen haben mag. Man sollte da, alleine schon wegen der normativen Kraft solcher Regelungen sehr behutsam sein.
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Reza
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Beitrag(#881622) Verfasst am: 11.12.2007, 12:41    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
PID wird doch eigentlich nur bei künstlicher Befruchtung durchgeführt, oder?



Präimplantationsdiagnostik ist bei künstlicher Befruchtung in Deutschland verboten!


Pränatale Diagnostik wird allen Frauen ab 35 mittlerweile dringend ans Herz gelegt, da Schwangerschaften ab 35 ohnehin als Risikoschwangerschaften eingestuft werden.

Manchmal wird auch einfach im Rahmen eines Ultraschalls etwas "mitgemacht", wie häufig die Nackenfaltenmessung, (11.- 13. Woche) auch von nicht extra geschulten Ärzten.

Die soll ein erhöhtes Risiko für Chromosomenschädigungen feststellen, bildet sich aber sehr häufig nach der 13. Woche wieder zurück, selbst wenn sie verdickt war, und die Kinder sind gesund.
Davon abgesehen zeigt sich in 30% bei Föten mit Down Syndrom keine Verdickung der Nackenfalte.

Immerhin, mit einem auffälligen Ergebnis dieser Untersuchung ist der Grundstein gelegt, für eine Horrorschwangerschaft.
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Reza
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Beitrag(#881654) Verfasst am: 11.12.2007, 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die hypothetischen sozialen Folgekosten könnte man auf verschiedener Ebene zu vermeiden versuchen, z.B. über PID oder eine Versicherung oder eine Kombination. Wenn ein Paar tatsächlich eine wesentlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Vererbung eines schweren Gendefekts hat, aber unbedingt leibliche Kinder möchte, ist PID oder ein erhöhter Versicherungsbeitrag mE eine vertretbare Forderung.

Für wen soll der Versicherungsbeitrag höher ausfallen? Eltern, Kind? Welche Versicherungen sind gemeint? Gesetzliche Pflichtversicherungen?
Ich sehe in solchen Überlegungen in erster Linie den Ausdruck fortschreitender gesellschaftlicher Entsolidarisierung.


Wenn es nur eine Entsolidarisierung wäre............

Fakt ist, dass das Prinzip, dass nicht das Wohl des Menschen im Mittelpunkt des Handelns steht, sondern der Nutzen oder die Kosten, die er verursacht, bzw. sogar, die er verursachen könnte, ganz und gar vom Allgemeinen Denken akzeptiert ist.

Man kann der Wirtschaft in Deutschland nur gratulieren es geschafft zu haben, dass die betriebswirtschaftliche Kosten/Nutzenrechnung zum obersten Gebot in diesem Land geworden ist, auf den einzelnen und Gruppen von Menschen mit irgendwelchen (zwar ungewissen) Merkmalen angewandt wird.
Kaum jemand hinterfragt das noch.

Zitat:
Man sollte da, alleine schon wegen der normativen Kraft solcher Regelungen sehr behutsam sein.


Was das in letzter Konsequenz bedeuten kann und wird, teilweise schon bedeutet, ohne dass das vielen klar wäre, darüber unterlässt man das Denken weitgehend.

Daran, dass fast jeder bei dieser Kosten/Nutzenrechnung eines Tages auf der Kostenseite landet, und das muss nicht erst im Alter sein, das kann jederzeit sein, denkt offenbar keiner, der solche Forderungen stellt.

So geht das Schaf dann feiwillig zur Schlachtbank.............
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Shadaik
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Beitrag(#882915) Verfasst am: 12.12.2007, 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

So, ich habe hier ein paar Tage und Seiten verpasst. Von den zwei Antworten, die ich auf meinen letzten Beitrag gesehen habe werde ich nun auf die eingehen, welche vermuten lässt, dass die Person dahinter zum Lesen, Schreiben und Denken in der Lage ist.

Das andere Posting, auf welches ich hier nicht weiter eingehe, halte ich der Verfasserin zu Gute für einen Scherz.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Ich würde ein Fortpflanzungsverbot bei erblichen Krankheiten zumindest nicht ablehnen, die eine schwere Behinderung darstellen und dominant vererbt werden, also eben dann, wenn die Behinderung der Kinder zu gut 95% oder mehr sicher ist.

Interessant ist aber nicht das "Prinzipielle", sondern das Konkrete. In welchen konkreten Fällen würdest Du ein Fortpflanzungsverbot heute in D befürworten

Momentan würde ich, müsste ich über ein solches Gesetz abstimmen, mich enthalten.

Das kannst Du so allgemein dahersagen, ohne das hypothetische Gesetz im Einzelnen zu kennen? Ganz und gar erstaunlich und für mich überhaupt nicht nachvollziehbar.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Zitat:
[...]und wie konkret sollte das Verbot durchgesetzt werden? Welche konkreten Sanktionen wären dMn bei einem Verstoß gegen das Verbot angemessen?

Weiss ich nicht und ist für die Frage irrelevant.

Nein, das ist keineswegs irrelevant. Denn davon hängt es natürlich ab, ob ein Verbot akzeptabel wäre oder nicht. Ein Verbot muss Sanktionsmöglichkeiten beinhalten, ansonsten würde ich es nicht "Verbot", sondern "Appell" nennen. Wenn diese Sanktion Gefängnisstrafe für den Elter/die Eltern bedeutete, dann würde aber in diesem konkreten Falle dadurch wieder das Kind mitbestraft. Eine andere Frage, die sich auch gleich stellt, ist die, ob es dann nicht auch verpflichtend gemacht werden müsste, sich als potentielle Eltern auf alle indizierten Erbkrankheiten untersuchen zu lassen, bevor ein sexueller Kontakt zwischen beiden Geschlechtern überhaupt zulässig wäre.

All dies und mehr muss bei der Diskussion über ein Fortpflanzungsverbot berücksichtigt werden; Deine Argumentation nach dem Muster "kann ich nicht prinzipiell ablehnen und muss mich daher enthalten" erscheint mir vollkommen abwegig.

Okay, es ist für mich dermaßen selbstverständlich, dass ich vergaß es zu erwähnen: Natürlich nur, wenn die maßnahmen selbst ethisch vertretbar sind, wovon ich in der hiesigen Gesellschaft einfach ausgehe.
Einfach davon auszugehen, dass etwas in humaner Art und Weise durchgeführt wird mag ein Denkfehler meinerseits sein.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#883022) Verfasst am: 12.12.2007, 20:14    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Okay, es ist für mich dermaßen selbstverständlich, dass ich vergaß es zu erwähnen: Natürlich nur, wenn die maßnahmen selbst ethisch vertretbar sind, wovon ich in der hiesigen Gesellschaft einfach ausgehe.
Einfach davon auszugehen, dass etwas in humaner Art und Weise durchgeführt wird mag ein Denkfehler meinerseits sein.

Hm, verstehe ich nicht. Keine Ahnung, was für Dich "ethisch vertretbar" ist oder was eine "humane Art und Weise". Finde ich auch merkwürdig, das einfach so vorauszusetzen. Letztlich lautet Deine Aussage dann: wenn es ein Gesetz dazu gibt, das ich ethisch vertretbar finde, kann ich nicht dagegen votieren. Das scheint mir aber eine Tautologie zu sein.

Wären denn für Dich zum Beispiel Zwangsuntersuchungen aller fortpflanzungsfähigen Menschen auf Erbkrankheiten und eine zentrale Speicherung dieser Untersuchungsergebnisse vertretbar, bzw. bei einer Verweigerung dieser Untersuchungen Geldstrafen in Form höherer Versicherungsbeiträge akzeptabel? Für mich wäre das überhaupt nicht annehmbar, das hat jedoch mE eigentlich weder mit Ethik noch mit Humanität zu tun.
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step
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Beitrag(#883102) Verfasst am: 12.12.2007, 22:09    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die hypothetischen sozialen Folgekosten könnte man auf verschiedener Ebene zu vermeiden versuchen, z.B. über PID oder eine Versicherung oder eine Kombination. Wenn ein Paar tatsächlich eine wesentlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Vererbung eines schweren Gendefekts hat, aber unbedingt leibliche Kinder möchte, ist PID oder ein erhöhter Versicherungsbeitrag mE eine vertretbare Forderung.

PID wird doch eigentlich nur bei künstlicher Befruchtung durchgeführt, oder?

Ja klar, sonst gibt es ja keine "I". Bei natürlichen Befruchtungen stünde an deren Stelle ein anderer Test. Ich habe die künstliche Befruchtung erwähnt, weil sich mit ihr auch für genetisch vorbelastete Eltern eine hohe Wahrscheinlichkeit auf ein gesundes Kind erreichen ließe.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie sollte Dein Vorschlag denn eigentlich konkret durchgesetzt werden? Sollte es eine Verpflichtung geben, sich auf (bestimmte) vererbbare Krankheiten untersuchen zu lassen, bevor man Geschlechtsverkehr hat?

Alle Föten oder Säuglinge könnten untersucht werden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn ja, wem sollten diese Untersuchungsergebnisse zugänglich gemacht werden? Dem Staat, der Versicherung?

Dem Staat und/oder einer gesetzl. Versicherung

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie sollte das gehandhabt werden bei Leuten, die eine solche medizinische Untersuchung bei sich ablehnen?

Wenn das einmal beschlossen wäre, würde eine Verweigerung einen ähnlichen Status haben wie das Verweigern anderer Leistungen für die Gesellschaft, etwa Totalverweigerer, Schulverweigerer, u.ä. Man könnte solche Freiheiten gestatten und ähnlich besteuern wie andere potenzielle Gemeinschaftskostenproduzenten, etwa Golfspieler, fette Autos, Vielflieger, Extremsportler, Raucher, ... wer sich das leistet, der leistet es sich als Luxus, weil es ihm aus irgendeinem Grunde besonders wichtig ist. Also: kein Zwang, solange es leicht anders kompensierbar ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wäre eine Untersuchungspflicht mit Pflichtspeicherung der Ergebnisse bei einer dritten Stelle nicht ein extrem großer Eingriff in die persönliche Freiheit?

Wieso extrem? Ist das extremer als Schufa, Personalausweis, Wehrdienst, Schulpflicht, Mode, ...? Das ganze Leben ist ein einziger großer Eingriff in die persönliche Freiheit. Was genau soll das eigentlich sein?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und sollte es hierbei nicht auch ein Recht auf Nichtwissen geben? Oder sollten bei jeder neu gefundenen Erbkrankheit alle fortpflanzungsfähigen Leute verpflichtend erneut zur Untersuchung gehen müssen?

Das hängt daon ab, wie hoch die projizierten sozialen Folgekosten sind. Wenn sie nur gering sind, etwa weil die Krankheit extrem selten ist, dann lohnt sich der Aufwand nicht.

Um nochmal auf den Punkt zu kommen: Ich bin nicht unsozial. Risiken, die nicht individuell vermeidbar sind, müssen von der Gemeinchaft getragen werden. Bei bei vielen anderen Risiken werden die Kosten bedenkenlos mehrheitlich auf das Individuum gewälzt, z.B. beim Armutsrisiko. Was, wenn jemand das Armsein für sich ablehnt? Wird er dann gezwungen, arm zu sein?
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step
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Beitrag(#883106) Verfasst am: 12.12.2007, 22:15    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Um das mal ein wenig zu konkretisieren. Ich kenne ein Paar, deren Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% die Anlage für eine äusserst rare Erkrankung mit sich tragen. Diese Erkrankung hat komplexe Ursachen, kann, aber keineswegs zwingend, sich in sehr unterschiedlichen, leichten oder schwerwiegenden Symptomen im Erwachsenenalter zeigen. Die Eltern wussten von dem Risiko, haben sich aber nach intensiver Auseinandersetzung mit der Problematik dafür entschieden, Kinder zu bekommen. Nun geschieht folgendes:

Da sie gegenüber und für ihre Kinder vorbereitet sein wollen, lassen sie eine Gen-Analyse durchführen. Als sie zu einem vertraulichen Gespräch ins Institut eingeladen werden, will man ihnen zunächst keine Auskunft über das Ergebnis geben, sondern klärt darüber auf, daß, unabhängig vom Ergebnis der Analyse, die Inkenntnisnahme evtl Folgen haben könnte, deren Reichweite noch nicht abzuschätzen sei. Es gebe bereits Versuche der Versicherungswirtschaft, an die Daten des Instituts zu gelangen. Man sei nicht sicher, wie sich die gesetzlichen Rahmenbedingen entwickeln werde. Daher könne es Gründe geben, auf das Wissen über die genetische Ausstattung des Kindes zu verzichten.

Vor dieser Entscheidung stand also das Paar: Entweder die Kinder dem nicht geringen Risikos auszusetzen, beispielsweise keine Lebensversicherung abschließen zu können oder aus Schutzgründen dieses Wissen vor ihnen zu verbergen - wenn sie denn das Ergebnis der Analyse wissen wollten und diese einen positiven Befund aufweise. Man riet ab.

Das ist nachvollziehbar. Aber wenn es eine Untersuchung für diese Veranlagung gibt und die W. 50% ist, dann wäre die Lösung mit dem geringsten Risiko für alle ja wohl die künstliche Befruchtung mit PID, mal vorausgesetzt das geht technisch.

zelig hat folgendes geschrieben:
Jedenfalls, ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, daß es Fragen geben mag, deren allzuleichtfertige, vielleicht auf rein rationalen Erwägungen fussende, jedoch die konkreten sozialen Folgen nicht bedenkende Antwort für die Betroffenen unabsehbare Folgen haben mag. Man sollte da, alleine schon wegen der normativen Kraft solcher Regelungen sehr behutsam sein.

Ja. Wobei mir die Suggestion mißfällt, "rein rationale Erwägungen" seien "allzu leichtfertig" und führten zu "unabsehbaren Folgen". Gerade von rationalen Erwägungen erwarte ich eine bessere Berücksichtigung der Folgen als von einer rein intuitiven oder gar traditionsorientierten Herangehensweise.
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Beitrag(#883145) Verfasst am: 12.12.2007, 23:07    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie sollte Dein Vorschlag denn eigentlich konkret durchgesetzt werden? Sollte es eine Verpflichtung geben, sich auf (bestimmte) vererbbare Krankheiten untersuchen zu lassen, bevor man Geschlechtsverkehr hat?

Alle Föten oder Säuglinge könnten untersucht werden.

Dazu müssten eine Menge bestehender Gesetze geändert werden und auch einige jetzt bestehende Auffassungen über die Selbstbestimmung aufgegeben werden (was ich ablehnen würde).

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie sollte das gehandhabt werden bei Leuten, die eine solche medizinische Untersuchung bei sich ablehnen?

Wenn das einmal beschlossen wäre, würde eine Verweigerung einen ähnlichen Status haben wie das Verweigern anderer Leistungen für die Gesellschaft, etwa Totalverweigerer, Schulverweigerer, u.ä. Man könnte solche Freiheiten gestatten und ähnlich besteuern wie andere potenzielle Gemeinschaftskostenproduzenten, etwa Golfspieler, fette Autos, Vielflieger, Extremsportler, Raucher, ... wer sich das leistet, der leistet es sich als Luxus, weil es ihm aus irgendeinem Grunde besonders wichtig ist. Also: kein Zwang, solange es leicht anders kompensierbar ist.

Hm, wäre dann so wie eine Regelung, die für die Teilnahme an einer Demonstration 100.000 € Gebühr verlangte. Wäre dann ja auch kein Zwang, kein Demonstrationsverbot, könnte sich ja jeder überlegen, daran teilzunehmen. Anders gesagt: falls für ein Recht, wenn es in Anspruch genommen wird, zukünftig eine Gebühr zu entrichten wäre, dann würde ich das als Aushöhlung dieses Rechtes betrachten.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wäre eine Untersuchungspflicht mit Pflichtspeicherung der Ergebnisse bei einer dritten Stelle nicht ein extrem großer Eingriff in die persönliche Freiheit?

Wieso extrem? Ist das extremer als Schufa, Personalausweis, Wehrdienst, Schulpflicht, Mode, ...?

Ja, das denke ich schon.

step hat folgendes geschrieben:
Das ganze Leben ist ein einziger großer Eingriff in die persönliche Freiheit.

Hm, das hatten wir auch schon. Wir können uns darauf einigen, dass Eingriffe in die persönliche Freiheit nicht prinzipiell abzulehnen sind, dass es sogar im Gegenteil in einer Gesellschaft solcherlei Eingriffe geben muss. Wir können uns aber nicht darauf einigen, dass a) alle Eingriffe gleich zu bewerten seien und dass b) aus dem Fakt, dass es bereits Eingriffe gibt (und geben muss), folgen soll, dass die Ausweitung der Einschränkung der persönlichen Freiheit deswegen unbedenklich wäre.

step hat folgendes geschrieben:
Was genau soll das eigentlich sein?

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

step hat folgendes geschrieben:
Um nochmal auf den Punkt zu kommen: Ich bin nicht unsozial. Risiken, die nicht individuell vermeidbar sind, müssen von der Gemeinchaft getragen werden. Bei bei vielen anderen Risiken werden die Kosten bedenkenlos mehrheitlich auf das Individuum gewälzt, z.B. beim Armutsrisiko. Was, wenn jemand das Armsein für sich ablehnt? Wird er dann gezwungen, arm zu sein?

Hm, sehe nicht so ganz, wie Armut nun in das Thema hineinpasst. Anderes Thema mE.

Ich habe nicht prinzipiell etwas gegen utilitaristische Abwägungen. Nur neigt sich, anders als bei Dir, in meiner Abwägung in dieser Frage die Waage eindeutig auf die Seite der Persönlichkeitsrechte. Allgemeine zentral gespeicherte Krankheitsakten mit Wahrscheinlichkeiten für Erbkrankheiten und mit Sanktionen bei einem Verstoß gegen ein bei bestimmter Wahrscheinlichkeit ausgesprochenes Fortpflanzungsverbot halte ich hier und heute für völlig unverhältnismäßig.
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Shadaik
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Beitrag(#883616) Verfasst am: 13.12.2007, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Okay, es ist für mich dermaßen selbstverständlich, dass ich vergaß es zu erwähnen: Natürlich nur, wenn die maßnahmen selbst ethisch vertretbar sind, wovon ich in der hiesigen Gesellschaft einfach ausgehe.
Einfach davon auszugehen, dass etwas in humaner Art und Weise durchgeführt wird mag ein Denkfehler meinerseits sein.

Hm, verstehe ich nicht. Keine Ahnung, was für Dich "ethisch vertretbar" ist oder was eine "humane Art und Weise". Finde ich auch merkwürdig, das einfach so vorauszusetzen. Letztlich lautet Deine Aussage dann: wenn es ein Gesetz dazu gibt, das ich ethisch vertretbar finde, kann ich nicht dagegen votieren. Das scheint mir aber eine Tautologie zu sein.

Die Sache ist die, dass die ursprüngliche Frage sich darum drehte, ob ein Fortpflanzungsverbot ethisch vertretbar sei, wenn dadurch die Zeugung von Kindenr mit Erbkrankheiten verhindert wird.
Hierzu lautet meine Antwort: Ja, bei schweren Erkrankungen.

Es ist nun aber noch eine zusätzliche Frage, welche Strafen oder Vorgehensweise vertretbar sind, dieses Verbot durchzusetzen. Hier lautet meine Antwort mangels konkreter Vorschläge bisher: Keine Ahnung.

Zitat:
Wären denn für Dich zum Beispiel Zwangsuntersuchungen aller fortpflanzungsfähigen Menschen auf Erbkrankheiten und eine zentrale Speicherung dieser Untersuchungsergebnisse vertretbar, bzw. bei einer Verweigerung dieser Untersuchungen Geldstrafen in Form höherer Versicherungsbeiträge akzeptabel? Für mich wäre das überhaupt nicht annehmbar, das hat jedoch mE eigentlich weder mit Ethik noch mit Humanität zu tun.

Nein, eine Erbkrankheit, die sich nicht oder nur wenig phänotypisch niederschlägt beeinträchtigt die Lebensqualität des Kindes mE nicht genug, um ein Verbot zu rechtfertigen.
Die Art der Bestrafung für Vergehen gegen das Verbot (höhere Krankenkassenbeiträge) finde ich aber gerecht, das ist ja auch die übliche "Bestrafung" für einen ungesunden Lebensstil.

Wobei ich eigentlich kein Freund von Krankenkassen an sich bin, aber das ist wieder was anderes und die momentanen Zustände gegeben gibt es sie nunmal.
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Beitrag(#883974) Verfasst am: 13.12.2007, 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Die Sache ist die, dass die ursprüngliche Frage sich darum drehte, ob ein Fortpflanzungsverbot ethisch vertretbar sei, wenn dadurch die Zeugung von Kindenr mit Erbkrankheiten verhindert wird.
Hierzu lautet meine Antwort: Ja, bei schweren Erkrankungen.

Nergal hat folgendes geschrieben:
Währt ihr dafür dass man Menschen mit schweren erblichen Behinderungen von Körper und Geist die Fortpflanzung verbietet?

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Zur Frage: Nein.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Hierzu lautet meine Antwort: Ja, bei schweren Erkrankungen.

Du hast Deine Meinung im Laufe des Threads geändert?

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Es ist nun aber noch eine zusätzliche Frage, welche Strafen oder Vorgehensweise vertretbar sind, dieses Verbot durchzusetzen. Hier lautet meine Antwort mangels konkreter Vorschläge bisher: Keine Ahnung.

Ist mir immer noch unklar, wie man die beiden Fragen trennen kann. Aber sei's drum.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Die Art der Bestrafung für Vergehen gegen das Verbot (höhere Krankenkassenbeiträge) finde ich aber gerecht, das ist ja auch die übliche "Bestrafung" für einen ungesunden Lebensstil.

Üblich in der gesetzlichen Krankenkasse? Nicht, dass ich wüsste.
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