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Wie werden atheistische Organisationen erfolgreicher?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#904326) Verfasst am: 08.01.2008, 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

Tapuak hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Man kann das - wenn auch wesentlich weniger dogmatisch, archaisch-moralisch und abergläubisch als bei den Religionen - eine Ersatzreligion nennen.

Womit man den Religionsbegriff dann aber irgendwann so weit entkernt hätte, dass so gut wie jedes System von Überzeugungen, Ansichten, Ideen usw. darunter fallen würde.

Hm ... sehe ich eigentlich nicht so. Evtl. jedes System, das wesentliche apriori-Überzeugungen enthält, also solche, die als nicht hinterfragbar gelten, oder in bezug auf die eine emotionale Identifikation gefordert wird.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tapuak
registrierter User



Anmeldungsdatum: 23.02.2006
Beiträge: 1264

Beitrag(#904346) Verfasst am: 09.01.2008, 00:11    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Der evolutionäre Humanismus als _festes_, gemeinschaft stiftendes System von Überzeugungen kann man als Beispiel für Ersatzreligion sehen, wenn man diese eben so definiert.

Natürlich. Nur fällt dann eben jede Sammlung von Ideen, die von mehreren Menschen geteilt wird und in irgendeiner Form organisiert ist, darunter, da gemeinsame Ideen es nun einmal an sich haben, gemeinschaftsstiftend zu wirken. Eventuell könnten dann sogar Einzelideen oder andere einzelne Gemeinsamkeiten, die konstitutiv für bestimmte soziale Gruppen sind, als Ersatzreligion bezeichnet werden. Der Wissenschaftsbetrieb, in dem bestimmte Arbeitsstandards und Gepflogenheiten gelten wäre dann genauso eine Ersatzreligion wie die Gewerkschaft, die bestimmte gemeinsame Interessen und gemeinsame politische Überzeugungen öffentlich vertritt. Wenn man das Kriterium "organisiert" weglässt, fällt sogar der Freundeskreis darunter, in dem feste Kleidungsregeln, gleicher Musikgeschmack usw. herrschen, denn gerade solche Gemeinsamkeiten wirken gemeinschaftsbildend - sehr viel mehr, als das bei MSS' Ansichten jemals der Fall sein wird.

Zitat:
Das ist so abwegig nicht und führt dazu, dass jedes feste, gemeinschaftsstiftende Überzeugungssystem, dass organisatorisch vertreten wird, eine Ersatzreligion wäre, aber nicht jedes freie, individuelle System von Ansichten etc.

MSS' Ansichten sind definitionsgemäß seine individuellen Ansichten, nur dass er das Glück hat, sie einigermaßen öffentlichkeitswirksam verbreiten zu können. Es wird von keinem Leser erwartet, dass er genau diese individuelle Zusammenstellung von Ideen entweder gänzlich annimmt oder gänzlich verwirft. Einige seiner Punkte überzeugen mich, andere nicht.
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Tapuak
registrierter User



Anmeldungsdatum: 23.02.2006
Beiträge: 1264

Beitrag(#904376) Verfasst am: 09.01.2008, 01:12    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tapuak hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Man kann das - wenn auch wesentlich weniger dogmatisch, archaisch-moralisch und abergläubisch als bei den Religionen - eine Ersatzreligion nennen.

Womit man den Religionsbegriff dann aber irgendwann so weit entkernt hätte, dass so gut wie jedes System von Überzeugungen, Ansichten, Ideen usw. darunter fallen würde.

Hm ... sehe ich eigentlich nicht so. Evtl. jedes System, das wesentliche apriori-Überzeugungen enthält, also solche, die als nicht hinterfragbar gelten, oder in bezug auf die eine emotionale Identifikation gefordert wird.

Na ja, auch den Aspekt des nicht-Hinterfragens hat man nach meiner Ansicht in ziemlich jeder sozialen Gruppe und jedem sozialen System. Bestimmte Überzeugungen werden innerhalb dieser Gefüge immer - zumindest temporär - dogmatisiert, und zwar in dem Sinne, dass derzeit Keiner auf die Idee kommen würde, sie fundamental in Frage zu stellen, oder wenn dies versucht wird, werden die Argumente nicht ernstgenommen, weil sie zu weit vom derzeitigen Konsens, der innerhalb des sozialen Gefüges herrscht, entfernt sind. Ein naheliegendes Beispiel hierfür ist öffentliche politische Diskurs: Vorschläge für politische Maßnahmen, die sich gegen bestimmte konsente Überzeugungen richten, tauchen überhaupt nicht auf, weil unter den derzeitigen Randbedingungen nicht der Hauch einer Realisierungsschance für sie besteht. In abgeschwächtem Maß gilt das sogar für die Wissenschaft, in der die abseitigen Theorien irgendwelcher Freaks ebenfalls nicht ernstgenommen werden. Sie schaffen es nicht einmal, überhaupt Zugang zum wissenschaftlichen Mainstream-Diskurs zu finden. Der derzeitige Konsens wird also jeweils gegen bestimmte Kritikformen abgeschirmt.

Ähnlich dürfte es auf der individuellen psychischen Ebene aussehen. Bestimmte Ideen, die fundamental gegen die derzeitigen Überzeugungen verstoßen, werden wohl in den meisten Fällen ausgeblendet oder zunächst einmal nicht ernstgenommen. Wenn sich ein Wandel individueller Kernüberzeugungen einstellt, dann wahrscheinlich eher langfristig.

Und um auf den "Stein des Antoßes" zurückzukommen: Ich sehe nicht, dass diese überall anzutreffenden und offenbar "natürlichen" Dogmatisierungstendenzen bei MSS besonders ausgeprägt sind (nicht bei ihm persönlich, sondern in dem, was er veröffentlicht - als Privatperson steht er hier ja nicht zur Debatte) - im Gegensatz zu "echten" Religionen, in denen der Glaube - also das besonders starke Festhalten an bestimmten Überzeugungen - sogar oftmals ausdrücklich zur Tugend erklärt wird. So etwas habe ich bei MSS zumindest noch nirgends gelesen. Natürlich kann man davon ausgehen, dass auch er - trotz aller "Bekenntnisse" zum Fallibilismus - seine publizierten Überzeugungen nicht von heute auf morgen ändern würde. Er hat halt bestimmte Ideen, die er in pointierter Form unter die Leute bringen will. Ein gewisses Maß an Überzeugung auch nach außen sichtbar zu machen, ist für mich jedenfalls noch kein Anzeichen von Religion...

Darüber hinaus ist der für "echte" Religionen kennzeichnende Gemeinschaftsaspekt bei MSS ja auch so gut wie gar nicht gegeben: Mir sind jedenfalls keine "Glaubensgemeinschaften des evolutionären Humanismus" bekannt, von deren Mitgliedern die Übernahme eines festen Ideensystems oder eine emotionale Identifikation eingefordert würde. Jeder drittklassige Popsänger wirkt durch sein Handeln wohl gemeinschaftsstiftender (Freundeskreis, Fanclub, Konzerte...) als der "evolutionäre Humanismus" das zu tun vermag... zwinkern
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#904495) Verfasst am: 09.01.2008, 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

@tapuak: OK, ich will den Ideologievegleich nicht überstrapazieren, es war ein Versuch, an Arrividerci's Position etwas für mich Nachvollziehbares herauszustellen. Bei MSS dachte ich weniger an Dogmatismus (den sehe ich eher beim klassischen ethischen Humanismus), sondern eher an den Versuch einer Sinn-/Identitätsstiftung, z.B. im 10. Angebot:
Zitat:
10. Stelle dein Leben in den Dienst einer „größeren Sache“, werde Teil der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen wollen!
.
Andererseits fordert MSS natürlich zurecht Skeptizismus, Kritikfähigkeit und Dogmafreiheit.

Allgemeiner ausgedrückt frage ich mich, ob ein nichtreligiöses Individuum unbedingt eine Ersatzmetaphysik braucht (ich meine nein, sehen aber viele anders), und falls ja, ob diese Ersatzmetaphysiken in einer nichtreligiösen Gemeinschaft unbedingt normiert sein müssen (ich meine wiederum nein).
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Anmeldungsdatum: 26.11.2007
Beiträge: 3972

Beitrag(#904525) Verfasst am: 09.01.2008, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tapuak hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Man kann das - wenn auch wesentlich weniger dogmatisch, archaisch-moralisch und abergläubisch als bei den Religionen - eine Ersatzreligion nennen.

Womit man den Religionsbegriff dann aber irgendwann so weit entkernt hätte, dass so gut wie jedes System von Überzeugungen, Ansichten, Ideen usw. darunter fallen würde.


Ja, genau so ist es.
Freigeister lassen sich kein geistiges Korsett aufstülpen.
Atheismus (das nicht anwesend sein von irgendetwas) taugt sowieso nicht dazu.
Die vielen unterschiedlichen Meinungen zu allen möglichen Themen hier im Forum sind berechtigt und ihr Austausch wichtig und gut.
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mfg Kosh
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Effô Tisetti
Königsblau bis in den Tod



Anmeldungsdatum: 18.09.2003
Beiträge: 9920
Wohnort: 75

Beitrag(#904543) Verfasst am: 09.01.2008, 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

- die weltanschauliche Ebene:

"Den Atheismus" als definierende Weltanschauung gibt es ja gar nicht. Ungläubig zu sein ist eine der vielen Folgen einer rationalen Denkweise. Daher fällt das weltanschauliche Eintreten gegen Aberglauben in den Bereich der Wissenschaft.


Das ist richtig. Von hier muss er aber auch den Weg in die Gesellschaft finden. Dass das nicht (ausreichend) geschieht, hat viel mit Konventionen und der Angst vor Tabubrüchen zu tun.

step hat folgendes geschrieben:
Hier favorisiere ich Ansätze wie die Bücher von Dawkins, Kanitscheider u.ä., Spektrum der Wissenschaft, die Brights, Leserbriefe, Joke-Aktionen wie das fliegende Spaghettimonster, Verbreitung von Rationalität und Skepsis in Schulen usw.


Deshalb habe ich auch durchaus Sympathie für solche Ansätze nach dem Motto "Schluss mit lustig, Butter bei die Fische" à la Dawkins. Die weltanschauliche Ebene ist aber von der politischen kaum zu trennen. Denn weiterhin gibt des RU als "ordentliches" Fach an Schulen und Theol. Fakultäten an den Unis. Die Politik verweigert sich in großen Teilen, aus dem wissenschaftlichen Weltbild die Konsequenzen zu ziehen. Dazu muss die Wissenschaft kritisch die Stimme erheben. Immer wieder. Die Wissenschaft soll nicht "mitreden", sondern die Politik in Rechtfertigungszwang bringen: Sie soll ihre Verweigerungshaltung begründen. Momentan läuft es genau andersherum und Bayern bringt einen dreisten, frechen Gesetzentwurf in den Bundesrat ein, der letztlich darauf hinausläuft, jeden Rechtfertigungszwang bereits im Vorfeld für illegitim zu erklären. Wäre die "Scientific Community" irgendwie organisiert, könnte sie z.B. auch mal auf doof streiken. Dann käme die Diskrepanz zwischen wissenschaftlichem Weltbild und kirchlobbyistischer Politik endlich mal in öffentliche Bewusstsein!
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Beiträge: 747

Beitrag(#904913) Verfasst am: 09.01.2008, 19:49    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
@tapuak: OK, ich will den Ideologievegleich nicht überstrapazieren, es war ein Versuch, an Arrividerci's Position etwas für mich Nachvollziehbares herauszustellen. Bei MSS dachte ich weniger an Dogmatismus (den sehe ich eher beim klassischen ethischen Humanismus), sondern eher an den Versuch einer Sinn-/Identitätsstiftung, z.B. im 10. Angebot:
Zitat:
10. Stelle dein Leben in den Dienst einer „größeren Sache“, werde Teil der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen wollen!
.
Andererseits fordert MSS natürlich zurecht Skeptizismus, Kritikfähigkeit und Dogmafreiheit.

Allgemeiner ausgedrückt frage ich mich, ob ein nichtreligiöses Individuum unbedingt eine Ersatzmetaphysik braucht (ich meine nein, sehen aber viele anders), und falls ja, ob diese Ersatzmetaphysiken in einer nichtreligiösen Gemeinschaft unbedingt normiert sein müssen (ich meine wiederum nein).



Zitat:
Indem Don Giussani die Freiheit als eine dem Glauben eigene Gabe hervorgehoben hat, hat er uns auch gesagt, dass die Freiheit der Gemeinschaft bedarf, um eine wahre menschliche Freiheit, eine Freiheit in Wahrheit zu sein.

( http://de.wikipedia.org/wiki/Comunione_e_Liberazione )
Ich meine: Ratzinger hat Recht! Der Mensch braucht Gemeinschaft, und wenn es nur die Gemeinschaft mit einem anderen Menschen ist!


Ich sehe das Problem darin, dass allzu viele sich nach wie vor (nach ihrem subjektiven Empfinden, aber darauf kommt´s letztlich eben an!) vor die Alternative gestellt sehen: (Ersatz-)Metaphysik oder Vereinzelung.
Mit der Kriminalgeschichte des Christentums ist dagegen nicht anzukommen.


Wer selbstlos wird, wird sein Selbst los. Es ginge also gerade darum, dem Einzelnen zu ermöglichen, dieses in den Dienst einer größeren Sache zu stellen. (Wobei hier die Devise gilt: "Alles Geniale ist einfach." Es müssen keine ausgeklügelten Konzepte sein. Das Geklügelte ist nur klug, aber nicht genial. Das Einfachste und somit G... wäre, das Selbst des Einzelnen zu Wort kommen zu lassen.)
Aber auch dies kann wiederum kein Arbeitgeber. Auch deshalb plädiere ich für die Kleinteiligkeit "atheistischer / humanistischer" Organisationsformen.


Lasst die Leute zu sich kommen, und die Kirchen bleiben abgeschlagen zurück!
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