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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#913479) Verfasst am: 19.01.2008, 19:48 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | jagy hat folgendes geschrieben: | Problem: Atheismus in der Definition des kleinsten gemeinsamen Nenners ist keine Weltanschauung, sondern nur das fehlen einer Weltanschauung bzw das Nichtvorhandensein eines Glaubens an Gott. |
Bei manchen Leuten ist "das Fehlen des Glaubens an Gott" oder aber - in der engeren Definition - "die Überzeugung, dass es keinen Gott gibt" aber so sehr die Hauptsache ihrer Weltanschauung, dass man Atheismus dann eben doch als ihre Weltanschauung bezeichnen kann. Und auch wenn bei anderen Leuten der Atheismus nur ein Teil ihrer Weltanschauung von geringerer oder größerer Wichtigkeit ist - auch in einem solchen Teilbereich kann man ja Fundamentalist sein. |
Atheismus kann problemlos als Weltanschauung bezeichnet werden... und?
Du gebrauchst hier übrigens den Begriff des Fundamentalismus irreführend... wurde alles schon gesagt, aber hier muss ich nochmal anmerken, dass das auf eine ziemliche Kollision hinausläuft, wenn du hier mit einer argumentativen Symmetrie von Naturalismus und Theismus ankommst. Das läuft letztlich auf eine Einflussnahme hinaus, die mit Kreationismus, ID und all den unschönen Sachen da vergleichbar ist. Wenn die Religion in diesem Sinne Gleichheit mit der Wissenschaft, bzw dem Naturalismus beansprucht, dann läuft sie Gefahr unterzugehen, das muss man sich schon klar machen.
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Arrivederci auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 747
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(#913486) Verfasst am: 19.01.2008, 20:03 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Wenn in solch einer Situation jemand doch an den Glaubensinhalten festhält, dann kann man diese abergläubisch-irrationalistische Haltung damit erklären, daß sein Wunsch nach Halt, Liebe oder nach bestimmten Befriedigungserlebnissen stärker wirkt als sein Wunsch nach einem realistischen Weltmodell oder nach intellektueller Redlichkeit. Das ist lebenspraktisch zwar mglw. legitim, aber weltanschaulich-diskursiv nicht. |
Boah, das sind ja dicke Töne! Mir hat meine intellektuelle Redlichkeit heute nachmittag zu erkennen gegeben, dass ich derzeit besser in ein Kloster passen würde als jemals zuvor.
Warum missioniert der Dalai Lama nicht? Weil jede Religion am besten in jenen Kulturkreis passt, dem sie entstammt. (Esoteriker behaupten mittlerweile, dass es mit Nahrungsmitteln / Klimazonen ähnlich ist.)
Kann es also sein, dass Yoga als Mittel zur Bewältigung des Stress´ der westlichen Welt ist?
Kann es sein, dass zur Bewältigung unserer durch ständiges Aufeinanderhocken ohne große Fluchtmöglichkeit und die Versachlichung des täglichen Umgangs entstandenen Probleme jene Mittel am besten geeignet sind, die das menschliche Miteinander regeln?
Mir kommt es mittlerweile so vor!
"Sag mir, was du glaubst, und ich hol dich da ab, wo du stehst" - geht am besten, wenn diese Aufforderung den anderen nicht zur Ausarbeitung einer Vorlesung zwingt.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913601) Verfasst am: 19.01.2008, 21:46 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Zum Inhaltlichen: Aus wissenschaftlicher Sicht sind religiöse Behauptungen kein Tabu oder spielen "in einer anderen Liga", sie sind entweder falsifizierbar oder sinnlos. |
Es müsste aber heißen, "für die Naturwissenschaften spielen religiöse Aussagen keine Rolle". Nicht mehr, nicht weniger.
step hat folgendes geschrieben: | Wenn in solch einer Situation jemand doch an den Glaubensinhalten festhält, dann kann man diese abergläubisch-irrationalistische Haltung damit erklären, daß sein Wunsch nach Halt, Liebe oder nach bestimmten Befriedigungserlebnissen stärker wirkt als sein Wunsch nach einem realistischen Weltmodell[...] |
Erstens kann man es so -aber eben auch anders- erklären. Zweitens stellt Spiritualität keineswegs einen Widerspruch zum Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis dar.
step hat folgendes geschrieben: | [...]oder nach intellektueller Redlichkeit. |
Das finde ich echt schade, daß Du auf diesen Klops nicht verzichten kannst. Ein redlicher Diskurs sollte sich doch darauf beschränken, den Vorwurf der Unredlichkeit genau dann zu erheben, wenn Unredlichkeit auftritt, aber nicht, um pauschal eine ganze Kategorie von Weltanschauung zu diskreditieren.
step hat folgendes geschrieben: | Den Begriff "psychische Storung" würde ich idZ für extreme Fälle wie ecclesiogene Neurosen (können auch Atheisten haben!) und dgl. vorbehalten. |
Dann ist aber die Neurose die psychische Störung und nicht, worauf sie fixiert ist.
Das ist überhaupt mein großer Vorbehalt (neben dem sozialhistorischen Horror, von dem wir wissen) gegenen den Einsatz von Krankheitsmetaphern in Diskussionen. Ihre eigentliche Funktion ist die Abwertung anderer Standpunkte.
Natürlich ist auch ein naturalistischer Standpunkt, ebenso wie ein Religiöser, irgendwo im Gehirn zu messen. Natürlich kann die Gehirnaktivität während der Lösung einer mathematischen Formel gemessen werden. Und ebenso natürlich gibt es neben den rationalen Begründungen für einen naturalistischen Standpunkt ebenso individuell-sozialpsychologische Erklärungen aus der Aussensicht. Nun könnte ein Dummkopf behaupten, daß der Naturalismus, da er im Gehirn messbar und unter bestimmten sozialen Voraussetzungen gehäuft vorkommt -jedoch nur von einer Minderheit vertreten wird- insgesamt eine Störung sei.
Wollen wir uns das gegenseitig antun?
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#913604) Verfasst am: 19.01.2008, 21:49 Titel: |
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Arrivederci hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn in solch einer Situation jemand doch an den Glaubensinhalten festhält, dann kann man diese abergläubisch-irrationalistische Haltung damit erklären, daß sein Wunsch nach Halt, Liebe oder nach bestimmten Befriedigungserlebnissen stärker wirkt als sein Wunsch nach einem realistischen Weltmodell oder nach intellektueller Redlichkeit. Das ist lebenspraktisch zwar mglw. legitim, aber weltanschaulich-diskursiv nicht. | Boah, das sind ja dicke Töne! Mir hat meine intellektuelle Redlichkeit heute nachmittag zu erkennen gegeben, dass ich derzeit besser in ein Kloster passen würde als jemals zuvor. |
Das möchte ich gar nicht bezweifeln. Auch ein Haltsuchender kann ja in lichten Momenten seine Lage durchaus realistisch einschätzen Die intellektuelle Redlichkeit und der Realismus bezieht sich dann eben nicht auf das Weltbild, aber immerhin auf das Selbstbild.
Arrivederci hat folgendes geschrieben: | Kann es sein, dass zur Bewältigung unserer durch ständiges Aufeinanderhocken ohne große Fluchtmöglichkeit und die Versachlichung des täglichen Umgangs entstandenen Probleme jene Mittel am besten geeignet sind, die das menschliche Miteinander regeln? Mir kommt es mittlerweile so vor! |
Mag schon sein. Es mag auch sein, daß Religionen (bei allen regional-kulturellen Unterschieden) gemeinsame Wurzeln in der Bewältigung des sozialen Primatenalltags haben. So what?
Arrivederci hat folgendes geschrieben: | "Sag mir, was du glaubst, und ich hol dich da ab, wo du stehst" - geht am besten, wenn diese Aufforderung den anderen nicht zur Ausarbeitung einer Vorlesung zwingt. |
Gläubige Prediger und vereinfachte, mesokosmische Welterklärungen erzielen leider auch heute noch eine höhere Quote als differenzierte wissenschaftliche Ansätze. Und zwar selbst innerhalb der Religionen oft je vereinfachter desto erfolgreicher. Wir sind halt wahrlich kein Meisterwerk. Wenn wir mehr wollen, müssen wir uns anstrengen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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vrolijke Bekennender Pantheist

Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 46732
Wohnort: Stuttgart
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(#913631) Verfasst am: 19.01.2008, 22:15 Titel: |
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Ich halte es wie "Albert Camus": Zitat: | Gibt es eine Partei der Leute, die nicht sicher sind, recht zu haben? Bei der bin ich Mitglied. | Alle andere halte ich für Fundamentalisten.
_________________ Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm
Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.
Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#913633) Verfasst am: 19.01.2008, 22:17 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Zum Inhaltlichen: Aus wissenschaftlicher Sicht sind religiöse Behauptungen kein Tabu oder spielen "in einer anderen Liga", sie sind entweder falsifizierbar oder sinnlos. | Es müsste aber heißen, "für die Naturwissenschaften spielen religiöse Aussagen keine Rolle". Nicht mehr, nicht weniger. |
Hmm ... dagegen habe ich anderthalb Einwände:
- Aus Sicht der NW spielen viele religiöse Aussagen nicht etwa keine Rolle, sondern sind falsch.
- (nur Ergänzung) Es gibt nach derzeitiger Kenntnis keine anderen Herangehensweisen, die zu ähnlich reproduzierbar voraussagfähigen Modellen der wahrzunehmenden Welt führen wie die NW Methode. Das nur um der Suggestion entgegenzutreten, Geisteswissenschaften und Theologie hätten nicht-NW Methoden, die ebenfalls Erkenntnis produzieren.
zelig hat folgendes geschrieben: | Zweitens stellt Spiritualität keineswegs einen Widerspruch zum Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis dar. |
Klar, Sport auch nicht.
zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | [...]oder nach intellektueller Redlichkeit. | Das finde ich echt schade, daß Du auf diesen Klops nicht verzichten kannst. Ein redlicher Diskurs sollte sich doch darauf beschränken, den Vorwurf der Unredlichkeit genau dann zu erheben, wenn Unredlichkeit auftritt, aber nicht, um pauschal eine ganze Kategorie von Weltanschauung zu diskreditieren. |
Ich habe ja die Pauschalität durch eine Definition der Situation eingeschränkt.
zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Den Begriff "psychische Storung" würde ich idZ für extreme Fälle wie ecclesiogene Neurosen (können auch Atheisten haben!) und dgl. vorbehalten. |
Dann ist aber die Neurose die psychische Störung und nicht, worauf sie fixiert ist. |
Ja, sehe ich ebenso. Wobei sie durch streng religiöse Erzeihung eben leicht ausgelöst werden kan.
zelig hat folgendes geschrieben: | Das ist überhaupt mein großer Vorbehalt (neben dem sozialhistorischen Horror, von dem wir wissen) gegenen den Einsatz von Krankheitsmetaphern in Diskussionen. Ihre eigentliche Funktion ist die Abwertung anderer Standpunkte. |
Wir haben viele solcher tendenziösen Wendungen in der Sprache, weil wir alle gelernt haben, manipulativ zu sprechen. Aber ich gebe Dir recht und habe ja auch schon geschrieben, daß ich diese Krankheitsmetaphern inzwischen sparsamer gebrauche als noch vor 10 Jahren.
zelig hat folgendes geschrieben: | Natürlich ist auch ein naturalistischer Standpunkt, ebenso wie ein Religiöser, irgendwo im Gehirn zu messen. Natürlich kann die Gehirnaktivität während der Lösung einer mathematischen Formel gemessen werden. Und ebenso natürlich gibt es neben den rationalen Begründungen für einen naturalistischen Standpunkt ebenso individuell-sozialpsychologische Erklärungen aus der Aussensicht. |
Zumindest für einige solcher Standpunkte. Allerdings spricht für die naturalistischen Standpunkte eben, daß sie gute Voraussagn ermöglichen. Sie sind intersubjektiv überprüfbar und daher in gewisser Weise unabhängig von der psych. Verfassung des Argumentierers.
zelig hat folgendes geschrieben: | Nun könnte ein Dummkopf behaupten, daß der Naturalismus, da er im Gehirn messbar und unter bestimmten sozialen Voraussetzungen gehäuft vorkommt -jedoch nur von einer Minderheit vertreten wird- insgesamt eine Störung sei. |
Mit anderer Begründung wird diese These ja tatsächlich mehrheitlich vertreten. In unserer Gesellschaft gelten Rationalisten, Leute, die die personale Illusion und die Unfreiheit des Willens vertreten, die ehemalige Wunder entmystifizieren usw. - bei vielen als asozial, gefühllos, irgendwie krank, abgedreht oder nerd.
zelig hat folgendes geschrieben: | Wollen wir uns das gegenseitig antun? |
Empfindest Du Ausdrücke wie "Haltbedürfnis", "Sinnsuche", "Trostspender", "Illusion", "Halluzination" usw. auch als Krankheitsmetapher?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913652) Verfasst am: 19.01.2008, 22:37 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
zelig hat folgendes geschrieben: | Wollen wir uns das gegenseitig antun? |
Empfindest Du Ausdrücke wie "Haltbedürfnis", "Sinnsuche", "Trostspender", "Illusion", "Halluzination" usw. auch als Krankheitsmetapher? |
Nein. Ich zielte auf den Begriff "Neurose" ab.
Aber ich finde allein die Reihung schon suggestiv und daher nicht besonders fair.
Sinngebung und Trost spenden sind sicherlich wesentliche Funktionen der Religionen, die man gar nicht abzuwerten braucht - sie erfüllen Bedürfnisse, die wie anthropologische Konstanten quer durch alle Zeitalter und alle Regionen vorhanden sind.
"Illusion" und "Halluzination" sind dagegen Begriffe, mit denen die zentralen Objekte von als falsch betrachteten Weltanschauungen gekennzeichnet werden. Damit muss man als Anhänger einer Anschauung leben können.
Schließlich sind Meme auch Illusionen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#913684) Verfasst am: 19.01.2008, 22:54 Titel: |
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ich kann mit Illusion und Halluzination hier auch nichts anfangen und sehe immer wieder, wie beliebig diese Begriffe engesetzt werden, um Triviales irgendwie aufzublähen. ZB folgt aus der Einsicht, dass die Gehrinabläufe physikalisch determiniert sind keine Konsequenz für die Gesellschaft. Das wird geradezu traditionell falsch verwendet.
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 19.01.2008, 22:54, insgesamt einmal bearbeitet |
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913685) Verfasst am: 19.01.2008, 22:54 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: |
step hat folgendes geschrieben: | [...]oder nach intellektueller Redlichkeit. |
Das finde ich echt schade, daß Du auf diesen Klops nicht verzichten kannst. Ein redlicher Diskurs sollte sich doch darauf beschränken, den Vorwurf der Unredlichkeit genau dann zu erheben, wenn Unredlichkeit auftritt, aber nicht, um pauschal eine ganze Kategorie von Weltanschauung zu diskreditieren. |
Ich habe vor ein paar Tagen den Film "The Call" gesehen. (Mehr dazu hier: http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=10162)
In dem Film wurde ein liberaler evangelischer Theologe interviewt. Sinngemäss sagte der "Dass diese fundamentalistischen Gruppierungen für sich Glaubensgewissheit beanspruchen, stört mich natürlich als Theologe. Wir modernen Theologen gehen nicht mehr von einer solchen Glaubensgewissheit aus, eine solche Gewissheit hat es in der Geschichte des Glaubens nie gegeben."
Auch wenn eine solche Einstellung sympathisch ist, finde ich sie intellektuell unredlich. Einerseits wird Jesus angebetet, man befindet sich in seiner Nachfolge. Aber sobald jemand sich diesem Vorbild zu sehr annähert und in seiner Glaubensgewissheit Jesus beim Wort nimmt, dann ist er ein böser Fundamentalist. Jesus hat laut Bibel nicht das gepredigt, was die modernen liberalen Theologen predigen, sondern das, was die Fundamentalisten predigen. Die Fundamentalisten abwatschen, aber Jesus behalten wollen - das finde ich unredlich.Worfür steht denn Jesus, wenn nicht (auch) für unbedingte Glaubensgewissheit bis in den Tod?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#913694) Verfasst am: 19.01.2008, 23:01 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: |
zelig hat folgendes geschrieben: | Wollen wir uns das gegenseitig antun? |
Empfindest Du Ausdrücke wie "Haltbedürfnis", "Sinnsuche", "Trostspender", "Illusion", "Halluzination" usw. auch als Krankheitsmetapher? |
Nein. Ich zielte auf den Begriff "Neurose" ab.
Aber ich finde allein die Reihung schon suggestiv und daher nicht besonders fair.
Sinngebung und Trost spenden sind sicherlich wesentliche Funktionen der Religionen, die man gar nicht abzuwerten braucht - sie erfüllen Bedürfnisse, die wie anthropologische Konstanten quer durch alle Zeitalter und alle Regionen vorhanden sind.
"Illusion" und "Halluzination" sind dagegen Begriffe, mit denen die zentralen Objekte von als falsch betrachteten Weltanschauungen gekennzeichnet werden. Damit muss man als Anhänger einer Anschauung leben können.
Schließlich sind Meme auch Illusionen. |
Die Reihung ist natürlich absichtlich suggestiv. Aber wenn wir schon auf Krankheitsmetaphern verzichten (was ich vor allem aufgrund der Tatsache befürworte, daß Krankheit auch im medizinischen und sozialen Zusammenhang nicht gut definiert ist), möchte ich wissen, ob definiertere und weniger umstrittene Begriffe nicht auf dieselbe emotionale Ablehnung treffen.
Deinem letzten Beitrag stimme ich im wesentlichen zu.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913712) Verfasst am: 19.01.2008, 23:12 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Worfür steht denn Jesus, wenn nicht (auch) für unbedingte Glaubensgewissheit bis in den Tod? |
Darauf habe ich woanders schonmal geantwortet. Deine Annahme ist schlichtweg falsch.
Genau in diesem Punkt ist das Christentum nach meiner Ansicht absolut modern. Denn Jesus selber -wenn Du schon Jesus ins Spiel bringst - also bitte keine derartigen Einwände jetzt, wenn ich darauf reagiere- hat an zentralster Stelle, und zwar unbestreitbar, gezweifelt. Das stellt für mich überhaupt eine der Stärken, wenn ich mich nicht irre, eine Alleinstellungsmerkmal des christlichen Glaubens dar: "Eli, Eli, lama asabtani?"
Jesus war eben ein vollständiger Mensch.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913737) Verfasst am: 19.01.2008, 23:27 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Kramer hat folgendes geschrieben: | Worfür steht denn Jesus, wenn nicht (auch) für unbedingte Glaubensgewissheit bis in den Tod? |
Darauf habe ich woanders schonmal geantwortet. Deine Annahme ist schlichtweg falsch.
Genau in diesem Punkt ist das Christentum nach meiner Ansicht absolut modern. Denn Jesus selber -wenn Du schon Jesus ins Spiel bringst - also bitte keine derartigen Einwände jetzt, wenn ich darauf reagiere- hat an zentralster Stelle, und zwar unbestreitbar, gezweifelt. Das stellt für mich überhaupt eine der Stärken, wenn ich mich nicht irre, eine Alleinstellungsmerkmal des christlichen Glaubens dar: "Eli, Eli, lama asabtani?"
Jesus war eben ein vollständiger Mensch. |
So unbestritten ist dieser Zweifel nun auch wieder nicht. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Sieben_Letzte_Worte
Zum einen ist die Quellenlage umstritten:
Zitat: | In der kritischen Auslegung wird angenommen, diese Aussprüche seien spätere Konstrukte, mit denen die frühe Kirche ihre Theologie festigte. Diese Annahme beruht auf der Sichtweise, dass Angehörigen kein Zugang zum Kreuzigungsopfer gewährt wurden, und somit keine Überlieferung letzter Worte möglich sei. |
Zum anderen ist man sich nicht einig, ob Jesus da wirklich gezweifelt hat:
Zitat: | Der Psalm bringt aber später das tiefe Gottvertrauen des scheinbar verlassenen zum Ausdruck und folglich ebenso das tiefe Vertrauen Jesu selbst in seiner größten Verzweiflung. |
Ich vermute mal, die Stelle wird je nach Situation interpretiert. Im Kontext unserer Diskussion ist die Interpretation "Auch Jesus hat an Gott gezweifelt" natürlich zu bevorzugen. Gegenüber einem zweifelnden und vielleicht sogar todkranken Christen, der seinen Zweifel damit begründet, dass auch Jesus am Kreuz an Gott gerzweifelt hat, wird ein Seelsorger wohl die Variante "Aber das war doch ein Zitat, das eigentlich das tiefe Gottvertrauen Jesu zum Ausdruck bringen sollte" bevorzugen. Man biegt es sich so hin, wie es gerade passt.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913752) Verfasst am: 19.01.2008, 23:35 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Man biegt es sich so hin, wie es gerade passt. |
Aber ich kann Dir doch nur sagen, was für mich gilt. Ich bin doch nicht der Sprecher aller Christen. Daher könntest Du mit Recht sagen, jede/r glaubt an den Jesus, an den sie/er glauben will (alles andere wäre auch absurd). Aber ich biege das niemals so hin, wie es gerade passt. Ich sage allen, die es wissen wollen, und zwar Situationsunabhängig, sinngemäß immer dasselbe: Der Zweifel ist Bestandteil des christlichen Glaubens. Der Zweifel ist menschlich. Und Jesus selber hat seinen Glauben am Kreuz verloren.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#913758) Verfasst am: 19.01.2008, 23:37 Titel: |
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@Kramer: Unabhängig von der Historizität von Jesus kann man wohl durchaus sagen, dass der Aspekt des Zweifles jedenfalls in den biblischen Gleichnissen und Geschichten enthalten ist. Das war das in der Wüste, wo ihn Saten prüft und wohl auch wie er Aam Kreuz hängt fragt, ob ihn sein Vater verlassen hat.... wo noch eigentlich?
Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 19.01.2008, 23:38, insgesamt einmal bearbeitet |
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913759) Verfasst am: 19.01.2008, 23:38 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Und Jesus selber hat seinen Glauben am Kreuz verloren. |
Dagegen stehen aber vier der sieben letzten Worte.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913760) Verfasst am: 19.01.2008, 23:38 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | @Kramer: Unabhängig von der Historizität von Jesus kann man wohl durchaus sagen, dass der Aspekt des Zweifles jedenfalls in den biblischen Gleichnissen und Geschichten enthalten ist. Das war das in der Wüste, wo ihn Saten prüft und wohl auch wie er Aam Kreuz hängt fragt, ob ihn sein Vater verlassen hat.... wo noch eigentlich? |
Thomas natürlich. Auch sehr modern das Bild.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#913764) Verfasst am: 19.01.2008, 23:41 Titel: |
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ich kann mir auch kaum vorstellen, dass das in der Geschichte der Theologie jemals anders ausgelegt wurde... oder?
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#913765) Verfasst am: 19.01.2008, 23:42 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | ich kann mir auch kaum vorstellen, dass das in der Geschichte der Theologie jemals anders ausgelegt wurde... oder? |
Doch. Ich denke, daß ich da eher eine Minderheitenmeinung vertrete.
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Argáiþ dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 27.01.2007 Beiträge: 12486
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(#913768) Verfasst am: 19.01.2008, 23:43 Titel: |
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hä? wieso... die Prüfung in der Wüste kenne ich aber auch noch. Wenn es eine echte Prüfung war, dann muss es doch Zweifel gegeben haben? Wo ist der Witz, wenn das von vorn herein fest stand?
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913778) Verfasst am: 19.01.2008, 23:49 Titel: |
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Semnon hat folgendes geschrieben: | @Kramer: Unabhängig von der Historizität von Jesus kann man wohl durchaus sagen, dass der Aspekt des Zweifles jedenfalls in den biblischen Gleichnissen und Geschichten enthalten ist. Das war das in der Wüste, wo ihn Saten prüft und wohl auch wie er Aam Kreuz hängt fragt, ob ihn sein Vater verlassen hat.... wo noch eigentlich? |
Aspekte des Zweifels sind da immer vorhanden, schliesslich sind die Evangelien auch die Geschichte eines Wanderpredigers und Missionars, der versucht, seine Mitmenschen zu überzeugen. Jeder Wunderbericht ist ein Beleg für vorhandene Zweifel und wie man sie damals literarisch beseitigt hat.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913799) Verfasst am: 20.01.2008, 00:04 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: |
Thomas natürlich. Auch sehr modern das Bild. |
Ja, hast Du den Film "The Call" gesehen? Soweit weg sind diese Fundis vom zweifelnden Thomas gar nicht. Die erwähnen zwar nicht den zweifelnden Thomas, aber was der junge Hiphopper da über seinen Weg zu den Fundis erzählt, geht in die gleiche Richtung. Diese Fundis glauben ja nicht einfach so auf Befehl, da werden ekstatische Rituale veranstaltet, um den Glauben zu festigen und alle Zweifel - zumindest zeitweilig -auszuräumen. Ja, das Bild ist sehr modern und die modernen Fundis haben ihre Schlüsse daraus gezogen.
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Arrivederci auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 747
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(#913802) Verfasst am: 20.01.2008, 00:06 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Arrivederci hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn in solch einer Situation jemand doch an den Glaubensinhalten festhält, dann kann man diese abergläubisch-irrationalistische Haltung damit erklären, daß sein Wunsch nach Halt, Liebe oder nach bestimmten Befriedigungserlebnissen stärker wirkt als sein Wunsch nach einem realistischen Weltmodell oder nach intellektueller Redlichkeit. Das ist lebenspraktisch zwar mglw. legitim, aber weltanschaulich-diskursiv nicht. | Boah, das sind ja dicke Töne! Mir hat meine intellektuelle Redlichkeit heute nachmittag zu erkennen gegeben, dass ich derzeit besser in ein Kloster passen würde als jemals zuvor. |
Das möchte ich gar nicht bezweifeln. Auch ein Haltsuchender kann ja in lichten Momenten seine Lage durchaus realistisch einschätzen Die intellektuelle Redlichkeit und der Realismus bezieht sich dann eben nicht auf das Weltbild, aber immerhin auf das Selbstbild. |
Ähem: Übrigens habe ich das, was ich hinter mir habe, neulich mit Zen verglichen.
> 25 Jahre Zen-ähnliche Praxis - ich schätze, daran erkennt man, dass es mit meinem Bedürfnis nach Halt nicht mehr so waaahnsinnig weit her ist!
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#913872) Verfasst am: 20.01.2008, 00:56 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren.
Sehr oft neigen Fundamentalisten beliebiger Weltanschauungen dazu, bei anderen Weltanschauungen wiederum nur (oder vor allem) deren Fundamentalisten als "echte" Vertreter ihrer Weltanschauungen wahrzunehmen.
All das wird in dem Artikel schön beispielhaft vorgeführt. |
Es spielt keine Rolle wie du den Unterschied benennst.
Atheisten und Theisten stehen sich diametral gegenüber.
Es gibt keinen gemeinsamen Nenner, wie auch?
Atheisten haben Gott nicht einfach abgeschafft, oder sich von "Ihm/Ihr/Es" abgewandt, da war nie etwas, ist nichts und wird auch in Zukunft nichts sein.
Das "gottlose" ist aus Sicht des Theisten immer eine Leugnung, ein Abwenden, ein den "Sinn" verloren haben.
Die Sichtweisen haben lediglich ähnliche Sprachformen, die Bedeutungen sind vollkommen verschieden.
Ich erinnere mich da an den Lutz, der bei der PK, die ich im TV vor einigen Monaten gesehen habe, es so ähnlich beschrieben hat:
Angenommen der Atheist hat Recht und da ist wirklich kein Gott, dann ist alles Treiben der Religiösen ein lustig anzusehendes Narrenspiel.
Gibt es aber tatsächlich einen Gott, dann ist der Narr der Atheist.
(danach kam dann noch seine Interpretation der pascalschen Wette, machte natürlich wie nicht anderst zu erwarten den Fehler, sich nur einen christlichen Gott vorstellen zu können)
Zu den Weltanschaungen:
Selbst wenn sich der Atheist irrt, ändert das nicht wirklich etwas für das Leben das er gewählt hat zu leben, denn lebend erfährt er es sicher nicht. (lol wobei ich Zugebe ich würde keiner Marienerscheinung, so eine meinen Weg kreuzt überhaupt glauben schenken)
Irrt sich der Glaubende, so ist sein ganzes Leben begründet auf falschen Voraussetzungen, weswegen gläubische ja wirklich so Leichtgläubig alle noch so kleinen rätselhaften Phänomenen größte Bedeutung beimessen.
@andere Weltanschauungen ... verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren.
ich gebe zu, dass dies einem Atheisten sehr leicht fällt, die historischen Indizien sind leider zu überwältigend,
natürlich ist es unfair die Fehlleistungen der Religionen aus früheren Zeiten dem Glaubenden unter die Nase zu reiben und ihm so rhetorisch zu unterstellen er habe nichts aus diesen Fehlern gelernt.
Aber, Atheisten haben ja auch erst seit sehr wenigen Generationen überhaupt Gelegenheit das öffentlich anzusprechen, das offensichtlich schon seid Jahrhunderten im Argen liegt.
Säkularisation wäre ja gar kein Thema, wenn die alten Oberhirten nicht so beständig immer auf die falschen Pferde gewettet hätten.
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ertrage die Clowns!
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#913895) Verfasst am: 20.01.2008, 01:15 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren.
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Da treiben sich hier im Forum allerdings 'ne ganze Menge von rum....
_________________ Defund the gender police!!
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beachbernie male Person of Age and without Color
Anmeldungsdatum: 16.04.2006 Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii
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(#913902) Verfasst am: 20.01.2008, 01:23 Titel: |
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der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren. |
Hallo tillich, was hältst du denn von dieser Fassung:
Ein fundamentalistischer Christ (meinetwegen auch Theist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren.
Im übrigen halte "Atheismus" für keine Weltanschauung, sondern lediglich als die Bezeichnung von Menschen für die ein Gott nicht existiert! |
Wie waer es denn, wenn man ganz allgemein den Begriff "Fundamentalist" so definiert, dass es sich sich um jemanden handelt, "der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren"? Voellig unabhaenigig davon, ob es sich bei dieser Weltanschauung um eine Religion oder um etwas anderes (z.B. die Ablehnung von theistischer Religion, also "Antitheismus") handelt?
Gruss, Bernie
_________________ Defund the gender police!!
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#913911) Verfasst am: 20.01.2008, 01:29 Titel: |
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beachbernie hat folgendes geschrieben: | der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ein fundamentalistischer Atheist (meinetwegen auch Naturalist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren. |
Hallo tillich, was hältst du denn von dieser Fassung:
Ein fundamentalistischer Christ (meinetwegen auch Theist) ist für mich jemand, der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren.
Im übrigen halte "Atheismus" für keine Weltanschauung, sondern lediglich als die Bezeichnung von Menschen für die ein Gott nicht existiert! |
Wie waer es denn, wenn man ganz allgemein den Begriff "Fundamentalist" so definiert, dass es sich sich um jemanden handelt, "der seine Weltanschauung für objektiv besser hält als andere und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu kriminalisieren und/oder zu pathologisieren"? Voellig unabhaenigig davon, ob es sich bei dieser Weltanschauung um eine Religion oder um etwas anderes (z.B. die Ablehnung von theistischer Religion, also "Antitheismus") handelt?
Gruss, Bernie |
Wenig, die angebrachte Formulierung wäre eher:
"Ein Fundamentalist ist jemand, der seine Weltanschauung als absolut wahr ansieht (*) und sich schon deshalb für berechtigt hält, andere Weltanschauungen zumindest verbal zu krimanalisieren und/oder zu pathologisieren"
(*) Sich letztlich auf eine Letztbegründung zu beziehen können glaubt.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#913944) Verfasst am: 20.01.2008, 02:21 Titel: |
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Ich würde das "Problem" des fundamentalistischen Atheismus so beschreiben.
Mal angenommen, wir befinden uns alle in einem Raum, in dem eine ungeöffnete Kiste von der Grösse eines Lieferwagens steht. Niemand von uns weiss, was sich in der Kiste befindet oder konnte einen Blick hineinwerfen. Leider lässt sich die Kiste auch nicht öffen.
Nun fangen einige an zu spekulieren, was sich in der Kiste befindet. Der Bäcker vermutet, dass sich darin der Ofen befindet, den er sich seit Jahren wünscht. Der einsame Jüngling vermutet in der Kiste die grosse Liebe, nach der er sich seit Jahren sehnt. Noch hoffnungsvollere Anwesende glauben, dass sich in der Kiste eine Wundermedizin, der Jungbrunnen, der Schlüssel zu ewiger Jugend, ewigem Leben oder sogar beides befindet. Ein Agnostiker wirft ein "Wir wissen nicht was in der Kiste ist, wir werden es wohl niemals herausfinden. Vielleicht ist sie leer, oder ihr Inhalt völlig bedeutungslos für uns. Solange wir es nicht wissen, ist alles nur Spekulation."
Einge, die vorher über den Inhalt der Kiste spekuliert haben, stimmen dem zu, aber wenden ein, dass es doch nicht schadet, sich vorzustellen, dass sich in der Kiste etwas schönes befindet. Man sollte ihnen ihren Glauben lassen.
Da wagt sich ein Akistiker hervor und meint: "Ich glaube, die Kiste ist leer. Bin ich jetzt ein Fundamentalist?"
Die anderen besprechen sich und antworten: "Nein, solange Du nicht bestreitest, dass es die Kiste gibt."
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann...
Ich vermute, genau das macht für viele den "fundamentalistischen" Atheisten aus. Er bestreitet nicht nur den Inhalt der Kiste, er bestreitet, dass es die Kiste gibt. Nur sieht die Realität anders aus, als mein Beispiel. Denn dort gibt es diese Kiste, bzw. ihr reales religiöses Equivalent nicht. Götter, Geister, Engel, höhere Mächte, das Leben nach dem Tod, Wunder - all das befindet sich in einer Kiste, die selber nur ein Objekt religiöser Wunschvorstellungen ist, für die es aber keinen belastbaren Nachweis gibt. Der "fundamentalistische" Atheist geht davon aus, dass nicht nur die erhofften Inhalte, sondern die gesamte Kiste eine Illusion ist, eine Wunschvorstellung, ein Wahngebilde. Es gibt für den "fundamentalistischen" Atheisten - ausser menschlichen Wunschvorstellungen, die psychologisch erklärbar sind - keinen rationalen Grund, an die Existenz der Kiste zu glauben. Darum halte ich es für ein Ding der Unmöglichkeit, von ihm zu erwarten, dass er die Inhalte solcher nichtexistenten Kisten respektiert und den Glauben daran für eine gleichberechtige, rational vertretbare und gesellschaftlich zu fördernde oder sogar zu privilegierende Weltsicht hält.
Ja, das hat auch eine emotionale Dimension. Manchmal fühlt es sich komisch an, wenn man z.B. den Papst und zenttausende jubelnde Jugendliche im Fernsehen sieht, oder theologen, die mit ernster Miene und tiefer Ergriffenheit über den spekulatiiven Inhalt ihrer spekulativen Kiste debattieren. Man hat das irritierende und befremdliche Gefühl, dass entweder die Welt oder man selber verrückt sein muss, wenn sowas möglich und gesellschaftlich sogar als moralische Instanz und Richtlinie für die gute Kindererziehung akzeptiert ist.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#913976) Verfasst am: 20.01.2008, 05:08 Titel: |
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jagy hat folgendes geschrieben: |
Problem: Atheismus in der Definition des kleinsten gemeinsamen Nenners ist keine Weltanschauung, sondern nur das fehlen einer Weltanschauung bzw das Nichtvorhandensein eines Glaubens an Gott. |
Beziehungsweise das Vorhandensein des Glaubens an eine götterfreie Welt.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#913997) Verfasst am: 20.01.2008, 09:31 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Ich würde das "Problem" des fundamentalistischen Atheismus so beschreiben.
Mal angenommen, wir befinden uns alle in einem Raum, in dem eine ungeöffnete Kiste von der Grösse eines Lieferwagens steht. Niemand von uns weiss, was sich in der Kiste befindet oder konnte einen Blick hineinwerfen. Leider lässt sich die Kiste auch nicht öffen.
Nun fangen einige an zu spekulieren, was sich in der Kiste befindet. Der Bäcker vermutet, dass sich darin der Ofen befindet, den er sich seit Jahren wünscht. Der einsame Jüngling vermutet in der Kiste die grosse Liebe, nach der er sich seit Jahren sehnt. Noch hoffnungsvollere Anwesende glauben, dass sich in der Kiste eine Wundermedizin, der Jungbrunnen, der Schlüssel zu ewiger Jugend, ewigem Leben oder sogar beides befindet. Ein Agnostiker wirft ein "Wir wissen nicht was in der Kiste ist, wir werden es wohl niemals herausfinden. Vielleicht ist sie leer, oder ihr Inhalt völlig bedeutungslos für uns. Solange wir es nicht wissen, ist alles nur Spekulation."
Einge, die vorher über den Inhalt der Kiste spekuliert haben, stimmen dem zu, aber wenden ein, dass es doch nicht schadet, sich vorzustellen, dass sich in der Kiste etwas schönes befindet. Man sollte ihnen ihren Glauben lassen.
Da wagt sich ein Akistiker hervor und meint: "Ich glaube, die Kiste ist leer. Bin ich jetzt ein Fundamentalist?"
Die anderen besprechen sich und antworten: "Nein, solange Du nicht bestreitest, dass es die Kiste gibt."
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann...
Ich vermute, genau das macht für viele den "fundamentalistischen" Atheisten aus. Er bestreitet nicht nur den Inhalt der Kiste, er bestreitet, dass es die Kiste gibt. Nur sieht die Realität anders aus, als mein Beispiel. Denn dort gibt es diese Kiste, bzw. ihr reales religiöses Equivalent nicht. Götter, Geister, Engel, höhere Mächte, das Leben nach dem Tod, Wunder - all das befindet sich in einer Kiste, die selber nur ein Objekt religiöser Wunschvorstellungen ist, für die es aber keinen belastbaren Nachweis gibt. Der "fundamentalistische" Atheist geht davon aus, dass nicht nur die erhofften Inhalte, sondern die gesamte Kiste eine Illusion ist, eine Wunschvorstellung, ein Wahngebilde. Es gibt für den "fundamentalistischen" Atheisten - ausser menschlichen Wunschvorstellungen, die psychologisch erklärbar sind - keinen rationalen Grund, an die Existenz der Kiste zu glauben. Darum halte ich es für ein Ding der Unmöglichkeit, von ihm zu erwarten, dass er die Inhalte solcher nichtexistenten Kisten respektiert und den Glauben daran für eine gleichberechtige, rational vertretbare und gesellschaftlich zu fördernde oder sogar zu privilegierende Weltsicht hält. |
besonders
Zitat: | Ja, das hat auch eine emotionale Dimension. Manchmal fühlt es sich komisch an, wenn man z.B. den Papst und zenttausende jubelnde Jugendliche im Fernsehen sieht, oder theologen, die mit ernster Miene und tiefer Ergriffenheit über den spekulatiiven Inhalt ihrer spekulativen Kiste debattieren. Man hat das irritierende und befremdliche Gefühl, dass entweder die Welt oder man selber verrückt sein muss, wenn sowas möglich und gesellschaftlich sogar als moralische Instanz und Richtlinie für die gute Kindererziehung akzeptiert ist. |
und das von mir markierte finde ich sehr wichtig.
die debatte um atheistische fundamentalisten entzündet sich doch meist aufgrund der betroffenheit der gläubigen. "atheistischer fundamentalist" bekommt man doch meist von denen zu hören, die angst um ihr "recht" auf mentalen kindesmissbrauch haben. wenn also die kindsmissionierung angegriffen wird, wird vom theistischen publikum "fundamentalist" geschrien und ich finde daran erkennt man sehr schön den fundamentalismus der hiesigen hirnviren.
es fühlt sich auch nicht nur "komisch an", sondern die abneigung gegen derlei humbug ist meiner einschätzung nach eine völlig normale, menschliche und legitime reaktion - und zwar unabhängig vom kenntnisstand über den jeweiligen virus! es ist uns menschen inne, ungerechtigkeit zu erkennen. allerdings besitzt nicht jeder mensch diese fähigkeit in gleicher ausprägung und leider kann und wird sie darüberhinaus vielen menschen aberzogen.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#914016) Verfasst am: 20.01.2008, 10:53 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | ...mentalen kindesmissbrauch...
...hirnviren.
... virus!
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:ko tz:
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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