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Die Inquisition im Licht der Kuschel-Historiker
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HiobHolbach
registrierter User



Anmeldungsdatum: 28.07.2007
Beiträge: 1715

Beitrag(#928863) Verfasst am: 08.02.2008, 16:39    Titel: Unverschämtheiten von "hehehe" Antworten mit Zitat

Aus der Tatsache, dass ich Gui als ein Scheusal bezeichnet habe, schließt „hehehe“ anscheinend, dass es mir an psychologischen Einsichtsmöglichkeiten mangelt und erteilt mir entsprechenden Nachhilfeunterricht. Ich halte das für eine Frechheit. Dass „hehehe“ beharrlich ignoriert, dass ich mich mit ihm nicht duzen möchte, ist ebenfalls unverschämt.

Meinen grundsätzlichen Standpunkt zur Entwicklung menschlichen Verhaltens habe ich kürzlich in FGH wie folgt formuliert (es ging da um die angebliche Entscheidungsfreiheit von Kindern bezüglich ihrer religiösen Einstellungen):
„Weder Kinder noch Erwachsene können sich „selber“ entscheiden. Sie werden entschieden. Sie wollen nicht, sondern sie werden gewollt. Was Menschen fühlen, denken, wollen und tun hängt a) von deren Genen und b) von Umwelteinflüssen ab.“

Dass auch Gui ein Produkt seiner sozialen Umgebung war, ist doch klar. Der vorliegende Thread heißt aber nicht „Wie Menschen zu Verbrechern werden können“, sondern „Die Inquisition im Licht der Kuschel-Historiker“.
_________________
Bibel- und Kirchenkritik: www.reimbibel.de
Kritik an § 217 StGB (Verbot der professionellen Suizidhilfe): www.reimbibel.de/217.htm
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HiobHolbach
registrierter User



Anmeldungsdatum: 28.07.2007
Beiträge: 1715

Beitrag(#929031) Verfasst am: 08.02.2008, 19:40    Titel: Lea über den Inquisitor Bernhard Gui Antworten mit Zitat

Henry Charles Lea hielt die Inquisition für notwendig und hatte daher auch für die Inquisitoren viel Verständnis. Auch Lea streicht positive sekundäre Aspekte des Wirkens und der Persönlichkeit von Gui heraus: Gelehrsamkeit, rastlose geistige Tätigkeit, außerordentliches Geschick in der Führung der Geschäfte, Überzeugungstäter, kein Missbrauch seiner Macht, um eigene Vorteile zu erzielen. Eine Tendenz zur Verharmlosung der Inquisition ist m.E. schon bei Lea gegeben.

Über den Inquisitor Bernard Gui schreibt Lea in seiner „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“ (Bd. 2, Kap. 1):

„Um die selbe Zeit beginnen die von Limborch veröffentlichten Urteile der Inquisition von Toulouse. Im Jahre 1307 war Bernhard Guidonis zum Inquisitor dieser Stadt ernannt worden.
Seine zahlreichen Werke bezeugen, dass er eine umfassende Gelehrsamkeit besass und eine rastlose geistige Tätigkeit entfaltete. Er hatte ferner ein ausserordentliches Geschick in der Führung der Geschäfte und war von der Überzeugung tief durchdrungen, dass die Ketzerei ein schweres Verbrechen sei, und dass sein Orden die heilige Pflicht habe, um jeden Preis die Unterwerfung unter Rom durchzusetzen. Zweimal wurde er als päpstlicher Legat verwandt, einmal in Italien und das andere Mal in Frankreich. Er erhielt zwei Bistümer, das von Tuy und das von Ladeve, ein Beweis, wie sehr Johann XXII. seine Dienste zu schätzen wusste. Mit seiner Ernennung zum Inquisitor von Toulouse begann er sofort mit dem langen Feldzug, der mit der tatsächlichen Vernichtung des Katharismus in in Languedoc endigte. Obgleich er streng und schonungslos vorging, wenn die Gelegenheit es zu fordern schien, zeigen seine Protokolle keine Spur von nutzloser Grausamkeit oder missbräuchlicher Erpressung.“ S. 113

„Schliesslich sah sich Bernhard veranlasst, zu einem besonderen Mittel zu greifen. Am 10. August 1309 erliess er, um die Bevölkerung zur Beteiligung an der Verfolgung anzufeuern, folgende Bekanntmachung:

Bruder Bernhard Guidonis, Dominikaner, Inquisitor von Toulouse, entbietet allen Gläubigen in Christo die Belohnung und die Krone des ewigen Lebens. Umgürtet Euch, Söhne Gottes, erhebt euch mit mir, Streiter Christi, gegen die Feinde seines Kreuzes, jene Verderber der Wahrheit und Reinheit des katholischen Glaubens, gegen Peter Autier, den Erzketzer, und seine Anhänger und Mitschuldigen, Peter Sanche und Sanche Mercadier. Sie, die sich versteckt halten und in der Dunkelheit umhergehen, befehle ich im Namen Gottes zu verfolgen und zu ergreifen, wo immer man sie findet, und verspreche die ewige Belohnung Gottes und einen reichen zeitlichen Lohn denjenigen, welche die Genannten ergreifen und vorführen. Wachet daher, ihr Hirten, damit die Wölfe Eure Schafe nicht fressen! Handelt mannhaft, Ihr treuen Eiferer Gottes, damit die Gegner des Glaubens nicht fliehen und entrinnen können!“ S. 115

„Peter Autier wurde erst bei dem grossen Autodafe im April 1310 verbrannt, zu dem Gottfried von Ablis von Carcassonne herkam, um aus seinerseits Anteil an dem Triumphe zu haben. Der Erzketzer hatte seinen Glauben nicht zu verbergen gesucht, sondern mutig seine sträflichen Anschauungen bekannt und die Kirche Roms für die Synagoge des Satans erklärt.
Trotzdem blieb ihm die grausamste Folterung nicht erspart, die man zweifellos anwandte, nicht um ihm ein Geständnis zu entlocken – denn das war überflüssig, - sondern um ihn zu zwingen, seine Schüler und die, welche ihm Zuflucht gewährt hatten, zu verraten. Autiers genaue Bekanntschaft mit allen Ketzern des Landes stellte Bernhard Guidonis eine solche Menge von Enthüllungen in Aussicht, dass er vor keinem Mittel zurückschreckte, um in den Besitz derselben zu kommen. Tatsächlich wird dann auch auf diese Angaben in so vielen späteren Urteilen hingewiesen, dass es für uns gar keinen Zweifel geben kann über die Mittel und Wege, durch welche man den Erzketzer so weit brachte, dass er Freunde und Genossen seinen Peinigern auf Gnade und Ungnade auslieferte.
Damit endigt das blutige Drama des Katharismus in Languedoc. Ausgerüstet mit den so erlangten Enthüllungen brauchten Bernhard Guidonis und Gottfried von Ablis nur noch einige Jahre, um diejenigen von Peter Autiers Jüngern, deren man habhaft werden konnte, zu bekehren oder zu verbrennen und diejenigen, welche ihren Spionen entgingen, zur Auswanderung zu zwingen.“ S. 116
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Quéribus
Eretge



Anmeldungsdatum: 21.07.2003
Beiträge: 5947
Wohnort: Avaricum

Beitrag(#929055) Verfasst am: 08.02.2008, 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
...Peter Autier...
Geschockt Bitte nicht!

der Mann hieß Pèire Autier Mit den Augen rollen

Pierre ginge auch noch zur Not, aber Peter, waahhh, bei solchen deplazierten Eindeutschungen rollen sich mir gelinde gesagt die Fußnägel auf Böse
_________________
"He either fears his fate too much
or his deserts are small
That dares not put it to the touch
To gain or lose it all."
James Graham
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Uriziel
Herpiderpi



Anmeldungsdatum: 22.12.2007
Beiträge: 1728

Beitrag(#929362) Verfasst am: 09.02.2008, 01:53    Titel: Antworten mit Zitat

DeHerg hat folgendes geschrieben:
Uriziel hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Dieser Mann wollte klarmachen, dass die Inquisitoren nicht gleich jeder Anzeige nachgingen, dass die Folter erst die ultima ratio dieser Verfahren war und dass man relativ leicht glimpflich davonkam oder gar freigesprochen wurde.


LÜGE! zwinkern
In Wahrheit war das "Opfer" der Anklage in 99,5% IMMER tot - keine Chance, zu überleben. Man stirbt, wenn man "nicht gesteht" und man stirbt, wenn man gesteht.
zornig solche undifferentierten Schnellschüsse bringen uns doch echt nicht weiter


Na gut, na gut... ... ich will mal nicht so anmassend klingen. Ich berufe mich jedoch "nur" auf Berichte aus Geschichtsbüchern und Dokumentationen... ... und ich habe niemals so etwas gelesen oder gesehen wie, das man "oftmals" lebend' oder "glimpflich" davonkam.

Ich habe immer nur gelesen, das Menschen in eigentlich den meisten Fällen umgebracht wurden - in den seltensten Fällen überlebten sie, wenn sie was "gestehen" mussten, was sie nicht getan hatten und eigentlich wurden diese Menschen immer verstümmelt, gequält und sogar sexuell genötigt/misshandelt - es war die Menschenverachtung in Reinform!



MountainKing hat folgendes geschrieben:
@ Uriziel
Nach deinem Posting stellt sich die Frage, mit welcher Geschichte du dich wie beschäftigt hast. Die des Mittelalters/der Frühen Neuzeit kann es zumindest nicht gewesen sein.


Frühzeit auch, aber dort eben nicht so extrem wie in der Inquisitation...

Die "Vorläufer"/Vorgänger des Christentum's waren auch nicht gerade die Knuddelmenschen. Menschenopfer (die zum Glück später verboten wurden), Steinigungen (ui toll Mit den Augen rollen eine wilde, schreiende Horde menschlicher Affen darf dich steinigen Mit den Augen rollen ), Auspeitschungen bis der Rücken ein Leben lang entstellt war, Brandmarken/Körperteile abhacken...


Und was die unser "liebes Christentum" später gemacht hat, war auch nicht gerade harmlos. Das "an einen Pfahl binden und bei lebendigem' Leib abfackeln" ist nur eine ungeheuerliche Abscheutat...


Wie oben geschrieben. Geschichtsbücher... ... Dokumentationen und immer wieder Geschichtsbücher...
Was ich da gelesen und gesehen habe, hat mein Weltbild von Religion bedeutend' geprägt...

Meiner Meinung nach ist die "heutige" Kirche nur deswegen anders, weil sie mit solchem' Schei** in unserer modernen Gesellschaft nicht mehr durchkommen würde... ... jedenfalls in Europa.



Das die Kirche allerdings in "anderen" Ländern, die meistens noch nicht so weit sind (Islam Ortodoxe Gegenden z.B) noch so ein hässliches, menschenverachtendes Gesicht hat, wundert mich also ÜBERHAUPT nicht zwinkern
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Ahriman
Tattergreis



Anmeldungsdatum: 31.03.2006
Beiträge: 17976
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Beitrag(#929597) Verfasst am: 09.02.2008, 17:28    Titel: Antworten mit Zitat

Beifall!
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Arena-Bey
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Anmeldungsdatum: 29.01.2008
Beiträge: 1460

Beitrag(#929608) Verfasst am: 09.02.2008, 17:55    Titel: keine Zustimmung zum vorherigen :-)))) Antworten mit Zitat

hehehe hat geschrieben:

Ich sehe nicht ein, was solche Begriffe wie "Scheusal" zur Klärung der Fakten und Motive sinnvolles beitragen können! Das stört mich genauso, wie wenn Hitler ständig als Monstrum dargestellt wird, wie von einem bösen fremden Planeten - darüber übersieht man völlig, dass er das nicht war, sondern ein stinknormaler Kleinbürger, ungebildet, und ein Fanatiker der sich in tiefste weltanschauliche Irrtümer verstrickt hat, in der festen Überzeugung, das Richtige zu tun. Auf DIE Art kann man noch etwas lernen aus der Geschichte - aber wenn man einfach sagt: "Der war ein Scheusal", und das als Erklärung ausreichen soll - dann lernt man gar nichts. Du kannst Gui als religiösen Fanatiker bezeichnen, das hat wesentlich mehr Erklärungsgehalt als "Scheusal" oder "fürchterlich".

ich meine:

Grundsätzlich die richtige Sicht. Hier wird doch eine überwiegend historisch Richtige Sicht missbraucht.
Die Fakten werden umgedeutet zu einer Bestätigung der eigenen Weltsicht.

Es ist falsch und bleibt falsch Tatbestände der Vergangenheit mit den HEUTIGEN moralischen Erkenntnissen zu betrachten. Wer dies tut ist für eine Diskussion über Fakten nicht zu brauchen, da er sein Mütchen kühlen, seine Einstellung bestätig wissen will aber über die Faktenlage und / oder deren Aufhellung aus faktischer Sicht nichts beitragen kann oder will.

Es hindert niemanden daran aus Schaden klug zu werden. Schaden aus heutiger Klugheit zu beurteilen hilft den Geschädigten nichts. Es hilft nur dazu die Fakten unter heutiger Sicht zu beleuchten um ein Beurteilungskriterium zu bekommen, nach den die gleichen Fakten unter den heutigen Bedingungen so gehandhabt werden könnten.

Allein die Benutzung von Begriffe wie Scheusal, fürchterlich, etc. fallen doch auf die Nutzer und deren Weltsicht zurück. Die damalige Zeit hat die Handelnden nicht als Scheusal betrachtet, sondern als Gegner, als Unterdrücker etc. weil auch die Denke der Geschundenen in der Zeit verhaftet waren und die Scheußlichkeit erst durch unsere Erkenntnis hininterpretiert wird.

Für mich wird hier überwiegend in Dinge / Abläufe ständig etwas hineininterpretiert,. das der eigen Weltsicht geschuldet ist, objektives Denken sieht anders aus... freier.....

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recital
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Anmeldungsdatum: 31.01.2004
Beiträge: 243
Wohnort: Wien

Beitrag(#929657) Verfasst am: 09.02.2008, 19:43    Titel: Antworten mit Zitat

Den Verharmlosern der mittelalterlichen Greueltaten muss folgendes gesagt werden:

Sowohl im Mittelalter als auch im Altertum hatte der Mensch die Anlage, gut oder böse bzw. richtig oder falsch zu unterscheiden. Dazu verhilft (verhalf) sicherlich auch das Unrechtsbewusstsein, das ja nicht erst seit heute dem Menschen innewohnt.

Dafür gab es zu jeder Zeit Beispiele, wo Menschen unmenschliche oder ungerechte Entscheidungen bekämpft haben.

Dass gefährliche gesellschaftspolitische Strömungen gleichsam Massenpsychosen ausgelöst haben, und Religionen stehen da seit jeher in vorderster Reihe, soll nicht unerwähnt bleiben, aber Fakt ist, dass der Mensch schon im Altertum Werte wie Mitleid, Nächstenliebe, Gerechtigkeitsgefühl etc. besessen hat.

Man darf die Gräuel, wann immer sie auch geschahen, nicht dadurch sanktionieren, dass es sich dabei um Neandertaler gehandelt hat!

Die kriminellen Auswüchse (auch die Eroberungs- bzw. Religionskriege gehören dazu) des Altertums oder Mittelalters mit der Tumbheit des Menschen zu entschuldigen, auch wenn zugegebenermaßen sein Bildungsniveau nicht mit dem heutigen zu vergleichen ist, ist schlichtweg unhaltbar.
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hehehe
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Anmeldungsdatum: 26.07.2006
Beiträge: 674

Beitrag(#930772) Verfasst am: 11.02.2008, 14:24    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Na gut, na gut... ... ich will mal nicht so anmassend klingen. Ich berufe mich jedoch "nur" auf Berichte aus Geschichtsbüchern und Dokumentationen... ... und ich habe niemals so etwas gelesen oder gesehen wie, das man "oftmals" lebend' oder "glimpflich" davonkam.

Ich habe immer nur gelesen, das Menschen in eigentlich den meisten Fällen umgebracht wurden - in den seltensten Fällen überlebten sie, wenn sie was "gestehen" mussten, was sie nicht getan hatten und eigentlich wurden diese Menschen immer verstümmelt, gequält und sogar sexuell genötigt/misshandelt - es war die Menschenverachtung in Reinform!


Das ist aber eine grobe Falschdarstellung! In Einzelfällen bei der Ketzerbekämpfung, etwa den Katharern, trifft das zu - die hat man gefoltert bis sie sagen, was sie sagen sollten. Insgesamt war die Inquisition aber alles andere als ein Hinrichtungstribunal. Von Gustav Henningsen gibt es dazu interessantes Zahlenmaterial; er hat in einer Datenbank 50.000 Prozesse der spanischen Inquisition erfasst und kam zu dem Schluss, dass der Prozentsatz der Hingerichteten "only 1,8 percent" betrug. Ähnliches Zahlenmaterial gibts zur römischen I. von John Tedeschi, der zusammenfasst: "Relativ wenige bei der Inquisition Angeklagte landeten auf dem Scheiterhaufen" (Inquisition and societc in the kingdom of valencia)

Zitat:
Sowohl im Mittelalter als auch im Altertum hatte der Mensch die Anlage, gut oder böse bzw. richtig oder falsch zu unterscheiden. Dazu verhilft (verhalf) sicherlich auch das Unrechtsbewusstsein, das ja nicht erst seit heute dem Menschen innewohnt.


Die Zeiten waren unverhältnismässig brutaler als heute. Es gab ein eher kosmopolitisches Rechtsverständnis - ein Unrecht musste wieder gutgemacht werden, indem jemand möglichst qualvoll um die Ecke gebracht wird. Die weltlichen Gerichte standen der Grausamkeit der Inquisition in nichts nach: Lebendig mit glühenden Zangen zu Tode gezwickt, an einen Pfahl gebunden und lebendig zerschnitten, Rädern (d.h. Zertrümmern aller Knochen -"windelweich schlagen"- und danach Einflechten in ein Rad, wo derjenige im schlimmsten Fall noch tagelang leben konnte), bei geringeren Straftaten (Diebstahl, Meineid) Handabschlagen oder Ohrabschneiden ("Schlitzohr) - das alles war nicht nur "normal" und wurde als rechtmässige Wiedergutmachung angesehen, sondern hatte zudem noch den Charakter der Volksbelustigung. Man guckte sich das auch noch an, mit dem größten Vergnügen - es gab sogar spezielles "Galgenbier" was unter den Schaulustigen verkauft wurde! Man hatte SPASS, sich diese Grausamkeiten anzuschauen. In vielleicht ganz ähnlicher Weise, wie sich die Römer mit Vergnügen anschauten, wie sich Gladiatoren gegenseitig zerstückelten oder zu Tode Verurteilte lebendig von Löwen zerrissen wurden. Für uns heute nicht mehr vorstellbar - aber so verroht waren die Menschen damals.

Zitat:
Die kriminellen Auswüchse (auch die Eroberungs- bzw. Religionskriege gehören dazu) des Altertums oder Mittelalters mit der Tumbheit des Menschen zu entschuldigen, auch wenn zugegebenermaßen sein Bildungsniveau nicht mit dem heutigen zu vergleichen ist, ist schlichtweg unhaltbar.


Es ist eine schwierige Frage, womit das zu erklären ist. Man wäre ja geneigt anzunehmen, mit fortschreitender Zivilisation und Bildung hätte auch der Level an Brutalität und Grausamkeit abgenommen, aber die Geschehnisse im 20. Jahrhundert waren um nichts weniger brutal, und das ist ein ernsthafter Einwand gegen diesen Optimismus. Ich bin dennoch der Ansicht, dass tatsächlich mit zunehmender Bildung und vor allem zunehmendem Wohlstand die Rohheit und Brutalität der Menschen generell abgenommen hat. Das 20. Jahrhundert mit seinen totalitären Ideologien und der resultierenden Barbarei ist da ein ganz eigenes Kapitel, das man ruhig unter der Überschrift "Zivilisationsbruch" abbuchen kann. Bildung ist ein wichtiger Faktor, weil sie den Menschen vergeistigt und die Ratio als Gegengewicht zum emotionalen "aus dem Bauch handeln" (mit der resultierenden Rachsucht und blinden Wut) ins Spiel bringt. Wohlstand und technischer Fortschritt hat sicherlich dazu geführt, dass der Mensch sich immer weniger als Bestandteil der ihn umgebenden Natur empfand - die ist nunmal grausam und brutal, und somit kein gutes Vorbild - und sein eigenes Leben weniger hart und brutal wurde und damit ganz einfach eine gewisse Abgebrühtheit und Verrohung überwunden wurde, die die Menschen im Mittelalter ganz sicher hatten.

Zitat:
Das die Kirche allerdings in "anderen" Ländern, die meistens noch nicht so weit sind (Islam Ortodoxe Gegenden z.B) noch so ein hässliches, menschenverachtendes Gesicht hat, wundert mich also ÜBERHAUPT nicht


Im Islam gibt es keine Kirche und auch keine vergleichbare Institution - das nur mal zur Info.
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hehehe
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Anmeldungsdatum: 26.07.2006
Beiträge: 674

Beitrag(#930821) Verfasst am: 11.02.2008, 15:17    Titel: Antworten mit Zitat

Quéribus hat folgendes geschrieben:
@hehehe
sorry, aber in dem letzten Punkt irrst du:

die Frauen waren bei den bons crestians* den Männern fast gleichgestellt: der Klerus bestand sowohl aus Männern als auch aus Frauen: "parfaits" und "parfaites" (nannten sich eigentlich "bons hommes"* und "bonnes dames"*) und die bonnes dames wurden genauso geachtet wie die bons hommes



Naja "Klerus" kann man das nicht nennen - es gab keine einzige katharische Bischöfin, und bei öffentlich relevanten Reden, Auseinandersetzungen oder Predigten findet man auch nur Männernamen. Prinzipiell durften Frauen Priester werden, aber es war ein patriarchalischer Kult. Die Frauenfeindlichkeit liegt auch nicht in Einschränkungen beim Priesterwerden begründet, sondern im extremen Dualismus der Katharer: Alles Materielle ist böse und satanisch, nur der Geist, der sich Gott unterwirft, ist gut. Die Frau, die einen (materiellen!) Menschenkörper auf die Welt bringt, ist damit in besonderer Weise zu meiden: Von schwangeren Frauen glaubten die Katharer, sie sein von einem Dämon besessen; wenn sie schwanger starben, war man überzeugt, sie würde mit diesem Dämon zur Hölle fahren. Die Frau als Hervorbringer irdischen (materiellen) Lebens wurde weniger unterdrückt als vielmehr angstvoll gemieden.
Der Fanatismus der Katharer zeigt sich auch in der extremen Askese, die die besonders "Erleuchteten" dahin trieben, nach Geistestaufe und spezieller "Tröstung" (consolamentum) sich selbst zu Tode zu hungern.

Was ich damit nur sagen wollte, ohne die Inquisitionsverbrechen irgendwie entschuldigen zu wollen: Der Kult der Katharer war keineswegs etwas, dem man aus heutiger Sicht nachtrauern sollte - auch wenn einige Romantiker versuchen, ihnen eine aufklärerische oder gar feministische Haltung anzudichten. De facto war es ein fanatischer Kult mit extemsten Formen von Dualismus und Askese, und in diesen Punkten fanatischer als es die Kirche je gewesen ist.
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