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Was für Werte haben wir? Brauchen wir Werte und Moral?
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Ascanius
abnorm



Anmeldungsdatum: 14.06.2005
Beiträge: 375
Wohnort: Berlin

Beitrag(#947254) Verfasst am: 05.03.2008, 05:01    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Weswegen sollte es keinen "negativen Eigenschaften" geben? Beispiel: Kugeln, welche nicht größer als 2 im Durchmesser sind.


Kugeln sind erstmal nur mathematische Objekte. Sie sind fiktiv und haben darum keine Eigenschaften sondern Prädikate, die durchaus negative Zahlen enthalten können. Willst Du von realen kugelförmigen Objekten sprechen, müßtest Du ihre Eigenschaften spezifizieren, z.B. Material, Gewicht und Größe. Um zu wissen, was etwas ist, reicht es nämlich nicht aus, zu wissen, was es nicht ist (nicht aus Schaumstoff, nicht 200 g schwer und nicht 25 cm groß).

Wolf hat folgendes geschrieben:
Wie kann ich ein Ding von einem Nichtding in der Praxis unterscheiden?


Dinge können miteinander interagieren und existieren auch dann noch, wenn sie niemand wahrnimmt. Konstrukte hingegen gibt es nur so lange, wie es Gehirne gibt, die sie denken können. Ist das hilfreich?

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Der Zustand eines Dinges (z.B. eines Sessels) ist die Gesamtheit seiner Eigenschaften zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ein Ding kann weder zu verschiedenen Zeitpunkten in identischen Zuständen sein noch in mehr als einem Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt.


Wolf hat folgendes geschrieben:
Du meinst also mit Zustand einen Gesamtzustand. Jetzt verstehe ich nicht wie etwas mehr als einen Zustand zur selben Zeit haben soll.


Genau das ist ja unmöglich.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Weder Zahlen noch Prozesse haben überhaupt Zustände, denn sie sind nicht real. Nur das Gehirn, das diese Objekte denkt, ist real.


Wolf hat folgendes geschrieben:
Ich dachte fiktive Dinge


Ups, bitte um begriffliche Genauigkeit (korinthenscheiß)! "Fiktive Dinge" ist ein Widerspruch in sich. Dinge = real / Konstrukte = fiktiv / Objekte = entweder real oder fiktiv.

Wolf hat folgendes geschrieben:
hätte im gegensatz zum realen Dingen mehrer Zustände gleichzeitig. Muss ich wohl nochmal nachlesen.


Besser ist das!

Mir scheint, Du hast besonderes Interesse an der Metaphysik. Deshalb möchte ich Dir "Über die Natur der Dinge" von Bunge/Mahner wärmstens ans Herz legen. Bunges Philosophie ist von überwältigender analytischer Schärfe und bläst einem das Gehirn mal ordentlich durch. Ich jedenfalls genieße sie schon lange und gerne immer wieder.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Kein neuronalen Systeme, keiner der den Sessel wahrnimmt-> kein Sessel.


Glaubst Du wirklich, ein Sessel hört auf zu existieren, wenn niemand mehr auf ihm sitzt oder ihn anschaut? Überleg doch bitte mal, was es bedeuten würde, wenn die Welt identisch mit dem wäre, was wir von ihr wahrnehmen.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Mit einer Äquivalenzreleation komme ich nicht von negativen Zahlen auf Schulden.
Eine bijektive Funktion von Z/N->X=Menge aller Schulden ist von nöten.


Das glaube ich Dir jetzt einfach mal unbesehen... Smilie
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#947261) Verfasst am: 05.03.2008, 06:53    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Nur das Gehirn, das diese Objekte denkt, ist real.

sehe ich nicht ganz so - auch erbsenzählerisch - das Bewußtsein als Produkt des Gehirns oder manifestiert durch das Gehirn, denkt Objekte. Und dabei ist das Bewußtsein einerseits real aber doch kein Ding zwinkern

Erwin
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Ascanius
abnorm



Anmeldungsdatum: 14.06.2005
Beiträge: 375
Wohnort: Berlin

Beitrag(#947264) Verfasst am: 05.03.2008, 07:36    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Nur das Gehirn, das diese Objekte denkt, ist real.


sehe ich nicht ganz so - auch erbsenzählerisch -


Gute Metaphysik muß "Erbsenzählerei" sein, denn immerhin stellt sie gewissermaßen das "BIOS" einer gesamten Philosophie. Ungenauigkeiten und Inkonsistenzen haben verheerende Auswirkungen.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
das Bewußtsein als Produkt des Gehirns


Mißverständliche Formulierung. Das Bewußtsein ist eine Funktion des Gehirns und selbst kein Ding. Solltest Du mit "Produkt" ein reales Objekt meinen, wäre Deine Aussage schlicht falsch.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
oder manifestiert durch das Gehirn,


Auch eine mißverständliche Formulierung, weil sie einen ontologischen Kategorienfehler impliziert.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
denkt Objekte. Und dabei ist das Bewußtsein einerseits real aber doch kein Ding zwinkern


Wenn das kein Selbstwiderspruch sein soll, müßtest Du entweder den Begriff "real" oder den Dingbegriff anders definieren, als ich es tue. Zumindest in der analytischen Philosophie kann man sich "leider" kein Geschwafel erlauben...

Ascanius
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#947266) Verfasst am: 05.03.2008, 08:13    Titel: Antworten mit Zitat

natürlich ist das formal ein Widerspruch. Aber als was siehst du denn das Bewußtsein. Als Funktion des Gehirns ? Impliziert: Kein Gehirn -> kein Bewußtsein.

Erkenntnistheoretisch betrachte ich Bewußtsein als eigene Kategorie. "manifestieren" magst du missverstanden haben - sag' mir einen besseren Audruck dafür, daß ich a-tens Bewußtsein (nur) als Funktion des Gehirns bezweifle andererseits aber b-tens keinen Nachweis/Beweis für die Existenz von Bewußtsein ohne Gehirn habe, jedoch als Mathematiker und Systemtheoretiker davon ausgehe, daß Bewußtsein in jedem hinreichend komplexen System auftritt, sowie auch Möglichkeiten existieren müßten, Bewußtsein bzw. Bewußtseinsinhalte intersystemisch auszutauschen.

Wenn diese Hypothese bewiesen werden könnte, würde der Schluss von der ideellen Kategorie des Bewußtseins, auf Kategorien des Realen zulässig. Etwas plastisch (und damit vielleicht ungenau) formuliert: sobald es gelingt ein Bewußtsein zu schaffen, dem es bewußt ist wie und wodurch es von einer realen "Repräsentanz" zu einer anderen wechseln kann, wird der ontologischen Kategoriefehler überwindbar, bzw. ist dann eben kein formal logischer Fehlschluß.

Btw.: ab und zu neigt analytische Philosophie dazu, formallogisch richtig, Belangloses zu folgern und übersieht dabei die formalen Schranken, die sie sich durch strikte Kategorisierung auferlegt. Dass - völlig unphilosophisch und holistisch "dahergeplappert" *g* - Kategoriegrenzen nur formale Fiktion sein könnten, sollte man skeptischerweise auch in Betracht ziehen. Nimm dazu zB. als Denkanalogon (nicht formal !) die Fiktion von GUT in der theoretischen Physik.

Erwin
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Beitrag(#947291) Verfasst am: 05.03.2008, 10:26    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
natürlich ist das formal ein Widerspruch. Aber als was siehst du denn das Bewußtsein. Als Funktion des Gehirns ? Impliziert: Kein Gehirn -> kein Bewußtsein.

Erkenntnistheoretisch betrachte ich Bewußtsein als eigene Kategorie. "manifestieren" magst du missverstanden haben - sag' mir einen besseren Audruck dafür, daß ich a-tens Bewußtsein (nur) als Funktion des Gehirns bezweifle andererseits aber b-tens keinen Nachweis/Beweis für die Existenz von Bewußtsein ohne Gehirn habe, jedoch als Mathematiker und Systemtheoretiker davon ausgehe, daß Bewußtsein in jedem hinreichend komplexen System auftritt, sowie auch Möglichkeiten existieren müßten, Bewußtsein bzw. Bewußtseinsinhalte intersystemisch auszutauschen.
Jetzt wirst Du aber ganz erbsenzählerisch. Ich hätte Gehirn an dieser Stelle nicht spezifisch menschlich verstanden sondern einfach als hinreichend komplexes Gebilde, das zu einer Abbildung von Teilen der Welt inschließlich seiner selbst fähig ist, verstanden.
Zitat:

Wenn diese Hypothese bewiesen werden könnte, würde der Schluss von der ideellen Kategorie des Bewußtseins, auf Kategorien des Realen zulässig. Etwas plastisch (und damit vielleicht ungenau) formuliert: sobald es gelingt ein Bewußtsein zu schaffen, dem es bewußt ist wie und wodurch es von einer realen "Repräsentanz" zu einer anderen wechseln kann, wird der ontologischen Kategoriefehler überwindbar, bzw. ist dann eben kein formal logischer Fehlschluß.

Btw.: ab und zu neigt analytische Philosophie dazu, formallogisch richtig, Belangloses zu folgern und übersieht dabei die formalen Schranken, die sie sich durch strikte Kategorisierung auferlegt. Dass - völlig unphilosophisch und holistisch "dahergeplappert" *g* - Kategoriegrenzen nur formale Fiktion sein könnten, sollte man skeptischerweise auch in Betracht ziehen. Nimm dazu zB. als Denkanalogon (nicht formal !) die Fiktion von GUT in der theoretischen Physik.

Erwin

Das letze würde ich verkürzen als . Ab und zu neigt die analytische Philosophie dazu eine paralytische zu werden.

gruß fwo
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
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Wohnort: Zuhause

Beitrag(#947297) Verfasst am: 05.03.2008, 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Weswegen sollte es keinen "negativen Eigenschaften" geben? Beispiel: Kugeln, welche nicht größer als 2 im Durchmesser sind.


Kugeln sind erstmal nur mathematische Objekte. Sie sind fiktiv und haben darum keine Eigenschaften sondern Prädikate, die durchaus negative Zahlen enthalten können.
Üblicherweise werden Kugeln so definiert dass der Radius >0 sein muss als nicht
-2 sein kann.
Zitat:

Willst Du von realen kugelförmigen Objekten sprechen, müßtest Du ihre Eigenschaften spezifizieren, z.B. Material, Gewicht und Größe.
Wenn ich von realen Kugeln spreche spreche natürlich von Kugelförmigen Dingen.
Weswegen sollte mich das Material etc interessieren?
Vielleicht interiesieren mich halt nur Kugeln die durch ein Loch bestimmter Größe passen.

Um zu wissen, was etwas ist, reicht es nämlich nicht aus, zu wissen, was es nicht ist (nicht aus Schaumstoff, nicht 200 g schwer und nicht 25 cm groß).

Wolf hat folgendes geschrieben:
Wie kann ich ein Ding von einem Nichtding in der Praxis unterscheiden?


Dinge können miteinander interagieren und existieren auch dann noch, wenn sie niemand wahrnimmt. Konstrukte hingegen gibt es nur so lange, wie es Gehirne gibt, die sie denken können. Ist das hilfreich?
[/quote]Wie stellt man die fest das "Dinge" interagieren, wenn sie niemand war nimmt?
Zitat:

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Der Zustand eines Dinges (z.B. eines Sessels) ist die Gesamtheit seiner Eigenschaften zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ein Ding kann weder zu verschiedenen Zeitpunkten in identischen Zuständen sein noch in mehr als einem Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt.


Wolf hat folgendes geschrieben:
Du meinst also mit Zustand einen Gesamtzustand. Jetzt verstehe ich nicht wie etwas mehr als einen Zustand zur selben Zeit haben soll.


Genau das ist ja unmöglich.
Ja auch für ein Konstrukt wie Schulden, deswegen schlecht zur Unterscheidung von Konstrukten und Dingen.
Zitat:


Ascanius hat folgendes geschrieben:
Weder Zahlen noch Prozesse haben überhaupt Zustände, denn sie sind nicht real. Nur das Gehirn, das diese Objekte denkt, ist real.


Wolf hat folgendes geschrieben:
Ich dachte fiktive Dinge


Ups, bitte um begriffliche Genauigkeit (korinthenscheiß)! "Fiktive Dinge" ist ein Widerspruch in sich. Dinge = real / Konstrukte = fiktiv / Objekte = entweder real oder fiktiv.
Fiktive Dinge ist nicht per se widersprüchlich, sondern eine Frage der Definition.
Das mit einen fiktiven Ding ein Konstrukt gemeint ist, ist auch eindeutig zu erkennen.
Zitat:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Kein neuronalen Systeme, keiner der den Sessel wahrnimmt-> kein Sessel.


Glaubst Du wirklich, ein Sessel hört auf zu existieren, wenn niemand mehr auf ihm sitzt oder ihn anschaut?
Nein, ich glaube es nicht. Genau wissen tue ich es nicht.
Glaubst du die mathematischen Sätze verlieren an Gültigkeit wenn sie niemand mehr kennt?
_________________
Trish:(
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#947310) Verfasst am: 05.03.2008, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das letze würde ich verkürzen als . Ab und zu neigt die analytische Philosophie dazu eine paralytische zu werden.

*grins* @fwo - den find ich gut Mr. Green
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Wolf
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Anmeldungsdatum: 23.08.2004
Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause

Beitrag(#947318) Verfasst am: 05.03.2008, 11:42    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jegliche Ethik benötigt nicht weiter begründbare Setzungen.

Nö.

Du hast also eine Letztbegründung gefunden?
Würdest du diese bitte begründen.
_________________
Trish:(
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Ascanius
abnorm



Anmeldungsdatum: 14.06.2005
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Beitrag(#947451) Verfasst am: 05.03.2008, 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
als was siehst du denn das Bewußtsein. Als Funktion des Gehirns ? Impliziert: Kein Gehirn -> kein Bewußtsein.


Richtig. Zu diesem Thema habe ich mich schon mal in einem anderen Forum geäußert:

"Warum überlassen wir die Feststellung, ob es ein "körperloses Bewußtsein" ("körperlose Atmung/Defäkation/Fortbewegung"???) gibt, nicht einfach den Neurobiologen? Die sind für diese Frage zuständig, haben aber bis heute keinen einzigen ernstzunehmenden Hinweis darauf finden können, daß Bewußtsein etwas anderes als eine FUNKTION neuronaler Systeme ist. Wäre das Bewußtsein ein reales Objekt und nicht bloß Äquivalenzklasse von etwas, das ein reales Objekt TUT, würden Neurobiologie und auch Psychopharmakologie IN IHRER GÄNZE auf einem ontologischen Kategorienfehler beruhen. Gemäß den erkenntnistheoretischen Grundsätzen der Wissenschaft sind selbst solche Irrtümer möglich, aber in der Praxis ist das ausgeschlossen! PRAKTISCH macht es nämlich einen gewaltigen Unterschied, ob man Dinge verändert, um ihr Verhalten zu verändern, oder ob man annimmt, das Verhalten, bzw. die Funktion eines Dinges sei selbst ein Ding, das man verändern kann. Jedenfalls muß man wissenschaftlich schon einigermaßen ahnungslos sein, um Neurobiologen - und sei es auch nur unbewußt und indirekt - für komplette Idioten auf ihrem eigenen Fachgebiet halten zu können. Außerdem sollten wir uns endlich klarmachen, wie gefährlich die Idee von einer "unsterblichen Seele" ist, solange man ihre Existenz nicht zweifelsfrei nachgewiesen hat! Schließlich werden wir auch den Umgang mit dem letzten Geldschein in unserer Börse entscheidend davon abhängig machen, ob unser Konto noch etwas hergibt oder nicht (von den Geldscheinen in den Börsen Anderer ganz zu schweigen)!"

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Erkenntnistheoretisch betrachte ich Bewußtsein als eigene Kategorie.


Warum eigentlich? Es kann doch nur real oder fiktiv sein und unterliegt so denselben erkenntnistheoretischen Prinzipien wie andere reale oder fiktive Objekte auch.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
"manifestieren" magst du missverstanden haben - sag' mir einen besseren Audruck dafür, daß ich a-tens Bewußtsein (nur) als Funktion des Gehirns bezweifle andererseits aber b-tens keinen Nachweis/Beweis für die (reale) Existenz von Bewußtsein ohne Gehirn habe,


Wie gesagt: nicht einmal die Neurobiologen haben einen solchen "Beweis". Darum wüßte ich auch nicht, warum man eine solche Aussage überhaupt treffen sollte. Vergeuden wir doch unsere Zeit nicht mit vorerst haltlosen Spekulationen!

Er_Win hat folgendes geschrieben:
jedoch als Mathematiker und Systemtheoretiker davon ausgehe, daß Bewußtsein in jedem hinreichend komplexen System auftritt, sowie auch Möglichkeiten existieren müßten, Bewußtsein bzw. Bewußtseinsinhalte intersystemisch auszutauschen.


Auch das dürfte nur eine platonistische Vorstellung sein. Es gibt zu diesem Thema einen Aufsatz von Michael Kary und Martin Mahner: "How Would You Know if You Synthesized a Thinking Thing?" - analytisch brilliant aber leider auch recht kostspielig. Hier das Abstract:

"We confront the following popular views:

that mind or life are algorithms;
that thinking, or more generally any process other than computation, is computation;
that anything other than a working brain can have thoughts;
that anything other than a biological organism can be alive;
that form and function are independent of matter;
that sufficiently accurate simulations are just as genuine as the real things they imitate;
and that the Turing test is either a necessary or sufficient or scientific procedure for evaluating whether or not an entity is intelligent.

Drawing on the distinction between activities and tasks, and the fundamental scientific principles of ontological lawfulness, epistemological realism, and methodological skepticism, we argue for traditional scientific materialism of the emergentist kind in opposition to the functionalism, behaviourism, tacit idealism, and merely decorative materialism of the artificial intelligence and artificial life communities."

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wenn diese Hypothese bewiesen werden könnte, würde der Schluss von der ideellen Kategorie des Bewußtseins, auf Kategorien des Realen zulässig.


Ach je, viele Begriffe, über deren Bedeutung wir uns erstmal einigen müßten. Darum nur so viel: Es ist grundsätzlich nicht möglich, von einem Konstrukt auf die Existenz eines Dinges zu schließen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Existenz dieses Dinges bereits nachgewiesen ist oder nicht.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Etwas plastisch (und damit vielleicht ungenau) formuliert: sobald es gelingt ein Bewußtsein zu schaffen, dem es bewußt ist wie und wodurch es von einer realen Repräsentanz zu einer anderen wechseln kann, wird der ontologischen Kategoriefeher überwindbar, bzw. ist dann eben kein formal logischer Fehlschluß.


Tatsächlich: noch mehr Begriffe, die wir auseinanderpfriemeln müßten. Darum auch hierzu nur Folgendes: Ontologische Kategorienfehler sind nicht dasselbe wie logische Fehlschlüsse. Wenn man reale Objekte für fiktiv oder fiktive Objekte für real hält, begeht man ontologische Kategorienfehler. Wenn man den Begriff "Ding" als "reales Objekt" definiert hat, ist - und bleibt! - die Aussage "einerseits real aber doch kein Ding" selbstwidersprüchlich.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
ab und zu neigt analytische Philosophie dazu, formallogisch richtig, Belangloses zu folgern


Konkreter?

Er_Win hat folgendes geschrieben:
und übersieht dabei die formalen Schranken, die sie sich durch strikte Kategorisierung auferlegt.


Ich weiß nicht, was Du meinst. Wir reden ja erstmal nur über ontologische Kategorien. Zur möglichst genauen Unterscheidung zwischen realen und fiktiven Objekten gibt es einfach keine Alternative!

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Dass - völlig unphilosophisch und holistisch "dahergeplappert" *g* - Kategoriegrenzen nur formale Fiktion sein könnten, sollte man skeptischerweise auch in Betracht ziehen.


Keine Ahnung, wovon Du sprichst. Integration von Wissen ist ohne Kategorisierung einfach nicht möglich. Analytische Philosophen und auch Wissenschaftler nehmen Kategorisierungen vor, die im jeweiligen Zusammenhang aus bestimmten Gründen nötig erscheinen. Erweisen sie sich später als inadäquat oder falsch, werden sie korrigiert. Wo ist das Problem?

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Nimm dazu zB. als Denkanalogon (nicht formal !) die Fiktion von GUT in der theoretischen Physik.


Was willst Du mir damit sagen? Theoriebildung ist doch wissenschaftlicher Alltag. Erst in ihrer praktischen Anwendung erweist sich, ob eine Theorie auch nur irgendwas mit der Wirklichkeit zu tun hat.

Ascanius
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Ascanius
abnorm



Anmeldungsdatum: 14.06.2005
Beiträge: 375
Wohnort: Berlin

Beitrag(#947466) Verfasst am: 05.03.2008, 15:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Kugeln sind erstmal nur mathematische Objekte. Sie sind fiktiv und haben darum keine Eigenschaften sondern Prädikate, die durchaus negative Zahlen enthalten können.


Wolf hat folgendes geschrieben:
Üblicherweise werden Kugeln so definiert dass der Radius >0 sein muss als nicht -2 sein kann.


Dann scheint meine Aussage mißverständlich gewesen zu sein. Nachdem ich zuvor über Eigenschaften im Allgemeinen gesprochen hatte, ging es mir dann auch um Prädikate im Allgemeinen.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Weswegen sollte mich das Material etc interessieren?


Mit Material, Gewicht und Größe war irgendein(e) Material, Gewicht und Größe gemeint, denn mathematische Objekte bestehen aus gar nichts, besitzen keine Masse und haben auch keine Ausmaße.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Wie stellt man die fest das "Dinge" interagieren, wenn sie niemand war nimmt?


Davon ist auszugehen, weil sie bestimmte Eigenschaften haben, die sie nicht allein deshalb plötzlich verlieren können, weil sie niemand wahrnimmt.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Fiktive Dinge ist nicht per se widersprüchlich, sondern eine Frage der Definition.


Ich weiß, aber die Definition hatte ich vorgegeben. Du müßtest sie schon übernehmen oder aber eine neue anbieten.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Das mit einen fiktiven Ding ein Konstrukt gemeint ist, ist auch eindeutig zu erkennen.


Richtig, aber wir betreiben hier Philosophie. Sprachliche Disziplin ist dabei unentbehrlich! Es bleibt ohnehin noch genug Spielraum für Mißverständnisse.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Glaubst Du wirklich, ein Sessel hört auf zu existieren, wenn niemand mehr auf ihm sitzt oder ihn anschaut?


Wolf hat folgendes geschrieben:
Nein, ich glaube es nicht. Genau wissen tue ich es nicht.


Du mußt einfach davon ausgehen, weil alles andere absurde Implikationen hätte.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Glaubst du die mathematischen Sätze verlieren an Gültigkeit wenn sie niemand mehr kennt?


Schon die Frage ist unsinnig: "Verliert die Zahl 8 eine ihrer Schlaufen, wenn sie niemand mehr kennt?". "Gültigkeit" als Attribut mathematischer Sätze kann es nur so lange geben, wie es Gehirne gibt, von denen diese Sätze gedacht werden. Konstrukte können nichts "verlieren".

Wolf hat folgendes geschrieben:
Du hast also eine Letztbegründung gefunden?


Mein wenn-dann-Satz ist keine Letztbegründung sondern ein Angebot.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Würdest du diese bitte begründen.


Da gibt es nichts zu begründen. Schließlich ist niemand gezwungen, auf meine Offerte einzugehen. Stell Dir vor, Du hast eine schwere Krankheit, und ich biete Dir ein Medikament an. Du kannst es unbesehen ablehnen, Du kannst Dir erklären lassen, wie großartig es funktioniert, und sogar dann noch ganz einfach darauf verzichten. Was dem Effekt einer erfolgreichen Letztbegründung nahe kommt, ist der logisch zwingende Charakter meines Systems. Es gibt einen Ausgangspunkt, mit dem sich wohl jeder geistig gesunde Mensch identifizieren kann. Alles Weitere folgt fast automatisch, so daß es sich im Grunde jeder selbst herleiten kann, der nicht gerade mit der Logik auf Kriegsfuß steht. Kein Irrationalismus, keine Willkür, keine Vorschriften und dabei ein Höchstmaß an Berechenbarkeit und Sicherheit für alle Menschen - ich finde, viel mehr kann man von einer funktionalen Ethik nicht verlangen.
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Argáiþ
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Anmeldungsdatum: 27.01.2007
Beiträge: 12486

Beitrag(#947474) Verfasst am: 05.03.2008, 16:10    Titel: Antworten mit Zitat

Was für ein grausiges Geschwafel
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#947705) Verfasst am: 05.03.2008, 20:06    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Was für ein grausiges Geschwafel

Geschockt Sehr glücklich

@ascanius
irgendwie reden wir aneinander vorbei bzw. erklärst du mir Sachen, wo ich dir eh nicht widerspreche und dir formal völlig Recht gebe, bzw. wo du meine bewußte "Unlogik" bzw. Selbstironie nicht verstanden hast wie zB.:
Zitat:
Wenn man den Begriff "Ding" als "reales Objekt" definiert hat, ist - und bleibt! - die Aussage "einerseits real aber doch kein Ding" selbstwidersprüchlich.


Ein Versuch, womit dir klar werden könnte was ich meine. Du argumentierst im System der analytischen Philosophie völlig korrekt. Ebenso ist die Newton'sche Mechanik auch in ihrem Systemgültigkeitsbereich völlig korrekt. Aus relativistischer Sicht, stellt sie allerdings "nur" einen Spezialfall dar und ist zwar nicht falsch aber unvollständig und nicht anwendbar auf "subatomare Systeme".

Habe ich schon an anderer Stelle geschrieben: viele Mediziner, Biologen, Neurorobiologen - soferne sie nicht interdisziplinär orientiert sind - denken und forschen (noch) sehr "mechanistisch" - ganz im Gegensatz zu den Teilchenphysikern (die werden zT. fast zu "esoterisch" *fg* ) oder auch der Mathematik, (Quanten)physik und Systemstrukturforschung. Als Einstieg eignet sich zB. sehr gut "Gödel, Escher, Bach" von Hofstadter allerdings operiert man eher mit nicht so formal strengen Begriffen (was aber völlig bewußt passiert - also keinen Mangel an formallogischen Fähigkeiten oder definitorischer Stringenz darstellt; wär ja auch ein Witz insbesondere bei Mathematikern/Physikern), welche eben Funktionsweisen und Theorienbildung von multipel rückgekoppelten, selbstbezüglichen, vielschichtigen, selbstorganisierenden Systemen (wie zB. unserem Hirn) eher gerecht werden als klassische und vorallem 2-wertige Logik. Als Begründung warum sich dieses Modell eher für unser Hirn eignet, siehe zB. auch die Holistische Sprachgenesetheorie, bzw. die praktischen Erfolge der (schon älteren) Modelle von de Bono.

Holistische Systembetrachtung geht (vereinfacht) davon aus, dass komplexe Systeme in ihrer Gesamtheit bzw. (Gesamt)funktion mehr sind als irgendeine reduktionistische Aufsplittung und dh. Untersuchungen, die sich vom theoretischen Ansatz her auf eine strikte algorithmische Sicht eines Teilsystems beschränken, keine zielführenden Aussagen für das Gesamtsystems ergeben müssen.

Soll jetzt natürlich nicht heißen, dass Reduktionismus und strikte Kategorisierungen dadurch ihre wissenschaftliche Notwendigkeit bzw. Gültigkeit verloren hätten, eben genausowenig wie die newtonsche Mechanik durch Heisenberg, Einstein und co. ihre Gültigkeit verloren hat.

Aber wie eben zB. auch Zeilinger demonstriert hat, sind wir gezwungen vertraute Vorstellungen und Denkgewohnheiten aufzugeben. Die Quantenphysik eröffnet eine subatomare Welt, in der eine Reihe von Gewissheiten unserer Alltagserfahrung verabschiedet werden müssen. In der Quantenwelt versagen die uns so selbstverständlichen Kategorien wie Raum, Zeit und Kausalität. Stattdessen gewinnt der Begriff des Zufalls, noch mehr aber der Begriff der Information, entscheidende Bedeutung. (Zitat)

Und wozu jetzt dieses längliche Gequake von mir ?
Zitat:
Ontologische Kategorienfehler sind nicht dasselbe wie logische Fehlschlüsse.
Ich habe nicht behauptet sie wären das selbe: Ein Kategorienfehler ist, von einem Sachverhalt mit einer Kategorie als Eigenschaft auf einen Sachverhalt mit einer anderen Kategorie als Eigenschaft zu schließen. Das meinte ich mit meinem Nachsatz. Ontologisch wird der Fehler, wenn eine der Seinskategorien des Idealen oder des Realen aus sie, als Eigenschaft enthaltenden Prämissen eines Syllogismus gefolgert werden sollen.

Zitat:
Konkreter?

Aus Falschem kann beliebiges gefolgert werden. Das gilt auch für eine falsche (im Sinne von unpassender Modellierung) Kategorisierung.

Und im Sinne Turings ist Bewußtsein eben KEINE FUNKTION des Gehirns, was jetzt nicht bedeutet, daß es deshalb gleich ein reales Ding im Sinne analytischer Philosophie wird und schon gar nichts mit irgendeiner "unsterblichen Seele" zu tun hat oder "körperlos" sein muss - wie du versuchst mir in den Mund zu legen. Systemtheoretisch ist nur die Frage interessant, ob ein hinreichend komplexes System (nicht dualistisch, vielschichtig, stark rückgekoppelt, selbstorganisierend ...) also strukturell ähnlich dem Gehirn, qua seiner Systemeigenschaften quasi "automatisch" Bewußtsein "produziert". Theoretisch möglich, nachprüfbar, wenn entsprechend komplexe Trägersysteme verwirklicht werden können. Und der angesprochene Nachweis ist eher simpel, nämlich dann, wenn es (ohne algorithmische Determinanz - das wäre gefakt) ein Selbstbild entwickelt. Wird sicher noch dauern ... zwinkern

Bewußtsein wird in "deinem" System unzureichend und unpassend beschrieben bzw. kategorisiert, wie ich vorhin anhand der Analogien aus der Physik versucht habe darzustellen und falls ich (bzw. andere) Recht haben sollten.

Und zu deinem mechanistisch, materialistisch konkretem "Geldscheinbeispiel": Hätten wir ein (durchaus denkmögliches) völlig anderes Wirtschaftssystem, wäre der Geldschein sowie die Frage nach dem Kontostand einfach bedeutungslos, wiewohl man darüber analytisch philosophieren könnte.

Zitat:
Theoriebildung ist doch wissenschaftlicher Alltag.

Aber ja, nur darum ging es mir bei dem "GUT-Gleichnis" nicht - es geht darum, komplette Verständnissysteme mit ihren jeweiligen Kategorisierungen durch ein "übergeordnetes" Gesamtsystem zu ersetzen.

Erwin


Zuletzt bearbeitet von Er_Win am 05.03.2008, 22:12, insgesamt einmal bearbeitet
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#947772) Verfasst am: 05.03.2008, 21:01    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Holistische Systembetrachtung geht (vereinfacht) davon aus, dass komplexe Systeme in ihrer Gesamtheit bzw. (Gesamt)funktion mehr sind als irgendeine reduktionistische Aufsplittung

So formuliert ist es trivial richtig (Musik ist mehr als eine Menge von Tönen), aber keineswegs ein Argument für die Irreduzibilität.

In meinem Beispiel: Musik ist deshalb mehr als eine Menge von Tönen, weil sie auch ihre Rezeption, biologische Weschselwirkung, ihren sozialen Kontext usw. umfaßt. Dennoch könnte man "Musik" erklären (simulieren), wenn man alle diese Aspekte naturgesetzlich reduziert.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... und dh. Untersuchungen, die sich vom theoretischen Ansatz her auf eine strikte algorithmische Sicht eines Teilsystems beschränken, keine zielführenden Aussagen für das Gesamtsystems ergeben müssen.

Bedenke, daß in der Vergangenheit die Irreduzibilität von allem Möglichen behauptet wurde, aber das meiste wurde dann doch reduziert, z.B. Temperatur, Zeugung, Tod, Ansteckung, Atom, Flüssigkeit, ...

Meines Erachtens ist die einzige Berechtigung für eine holistische, emergente Betrachtung, daß eine vollständige Reduktion oft ineffizient oder gar aus Gründen der Rechenökonomie oder mangelnden Wissens unmöglich wäre.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Aber wie eben zB. auch Zeilinger demonstriert hat,

Wenn ein Satz schon so anfängt, gehen bei mir alle Warnlampen an.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... sind wir gezwungen vertraute Vorstellungen und Denkgewohnheiten aufzugeben. Die Quantenphysik eröffnet eine subatomare Welt, in der eine Reihe von Gewissheiten unserer Alltagserfahrung verabschiedet werden müssen. In der Quantenwelt versagen die uns so selbstverständlichen Kategorien wie Raum, Zeit und Kausalität. Stattdessen gewinnt der Begriff des Zufalls, noch mehr aber der Begriff der Information, entscheidende Bedeutung.

Alles altbekannt, schon lange vor Zeilinger. Gerade durch reduktionistische Ansätze konnten Wissenschaftler den Abschied von zuvor selbstverständlichen Kategorien überhaupt erst erzwingen.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Und im Sinne Turings ist Bewußtsein eben KEINE FUNKTION des Gehirns, ...

Nur daß keine geschlossene Darstellung möglich ist, heißt nicht, daß das Bewußtsein nicht vollständig reduzierbar / berechenbar ist.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Systemtheoretisch ist nur die Frage interessant, ob ein hinreichend komplexes System (nicht dualistisch, vielschichtig, stark rückgekoppelt ...) also strukturell ähnlich dem Gehirn, qua seiner Systemeigenschaften quasi "automatisch" Bewußtsein "produziert".

Ich denke, das ist der Fall, und damit ist das Bewußtsein ein reines Epiphänomen des Gehirns bei (entsprechendem Input) und könnte reduziert und berechnet werden.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Theoretisch möglich, nachprüfbar, wenn entsprechend komplexe Trägersysteme verwirklicht werden können. Und der angesprochene Nachweis ist eher simpel, nämlich dann, wenn es ... ein Selbstbild entwickelt.

Eben. Durch Reduktion wissen wir ja immerhin schon, daß auch die kontinuierliche Person und die Handlungsfreiheit Illusionen sind.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
...(ohne algorithmische Determinanz - das wäre gefakt)

Du meinst hier sicher, daß das Selbstbild nicht makroskopisch vorgegeben sein darf, oder?
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Wolf
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Beitrag(#947893) Verfasst am: 05.03.2008, 22:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Weswegen sollte mich das Material etc interessieren?


Mit Material, Gewicht und Größe war irgendein(e) Material, Gewicht und Größe gemeint, denn mathematische Objekte bestehen aus gar nichts, besitzen keine Masse und haben auch keine Ausmaße.^
Es gibt sehr wohl eine Vielzahl an mathematischen Objekten mit einer Masse, Größe(zB Volumen) usw.
Sonsten hätten die Physiker ein ernstes Problem.
Zitat:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Wie stellt man die fest das "Dinge" interagieren, wenn sie niemand war nimmt?


Davon ist auszugehen, weil sie bestimmte Eigenschaften haben, die sie nicht allein deshalb plötzlich verlieren können, weil sie niemand wahrnimmt.
Welche? Wie wurde festgestellt, dass sie sie nicht verlieren können?
Zitat:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Fiktive Dinge ist nicht per se widersprüchlich, sondern eine Frage der Definition.


Ich weiß, aber die Definition hatte ich vorgegeben. Du müßtest sie schon übernehmen oder aber eine neue anbieten.
Ich habe mich sprachlich verständlich ausgedrückt, dies sollte reichen.
Zudem kann man fiktives Ding als ganzes lesen, so läuft es deiner Defition von Ding nicht zu wider, da sie sie nicht berührt.
Zitat:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Glaubst Du wirklich, ein Sessel hört auf zu existieren, wenn niemand mehr auf ihm sitzt oder ihn anschaut?


Wolf hat folgendes geschrieben:
Nein, ich glaube es nicht. Genau wissen tue ich es nicht.


Du mußt einfach davon ausgehen, weil alles andere absurde Implikationen hätte.
Welche?
Zitat:

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Glaubst du die mathematischen Sätze verlieren an Gültigkeit wenn sie niemand mehr kennt?


Schon die Frage ist unsinnig: "Verliert die Zahl 8 eine ihrer Schlaufen, wenn sie niemand mehr kennt?". "Gültigkeit" als Attribut mathematischer Sätze kann es nur so lange geben, wie es Gehirne gibt, von denen diese Sätze gedacht werden. Konstrukte können nichts "verlieren".
Die Sätze scheinen nicht an ein Subjekt gebunden. Ist es vorstellbar, dass sie Subjekte sie unabhängig von einander "entdecken".
Und ich bin fest davon überzeugt, dass der Mittelwertsatz der Integralrechnung bereits wahr war, bevor ich ihn kannte.
Zitat:


Wolf hat folgendes geschrieben:
Du hast also eine Letztbegründung gefunden?


Mein wenn-dann-Satz ist keine Letztbegründung sondern ein Angebot.
Es ist eine Setzung der man zustimmen kann oder nicht. Nenn das "Ding" doch beim Namen.
Ohne diese bewusste Setzung und einer menge versteckter kannst du nichts herleiten.
_________________
Trish:(
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AgentProvocateur
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Beitrag(#948007) Verfasst am: 05.03.2008, 23:37    Titel: Antworten mit Zitat

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jegliche Ethik benötigt nicht weiter begründbare Setzungen.

Nö. "Meine" Ethik z.B. gründet sich auf einen wenn-dann-Satz: Wenn ihr leben und dabei möglichst nicht leiden wollt, dann braucht ihr eine Ethik, die euch systematisch zur Erfüllung dieser Wünsche anleitet. [...] Leiden setzt Leben voraus, nicht aber umgekehrt. Darum kann die ethische Zentralprämisse nur lauten: Ethik dient der Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von Leid.

Ich meine jedoch, dass man immer Prämissen setzen muss, dass jegliches Gedankengebäude auf Grundannahmen aufbaut. Ich finde es ein wenig schwierig, mit jemandem zu reden, der das nicht einsieht, denn dann muss ich mühsam seine Prämissen herauslesen.

Deiner ethischen Zentralprämisse kann ich übrigens nicht zustimmen, denn mir fehlen dabei a) ein Recht auf Selbstbestimmung und b) ein Recht auf Leben.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zurzeit gesteht unsere Gesellschaft zum Beispiel das Grundrecht auf Leben auch Neugeborenen zu. Aus diesem Grunde gibt es dieselben Sanktionen für die Tötung von Neugeborenen wie für die Tötung von Erwachsenen. Du möchtest das ändern,

Woraus schließt Du das? Tatsächlich habe ich mich zum Thema Sanktionen gar nicht geäußert, weil sie - wie bereits festgestellt - ein Rechtsmittel und kein ethisches Werkzeug sind.

Eine Ethik, die keinen Anspruch auf Umsetzung stellt, bleibt wohl ein reines Glasperlenspiel.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mir persönlich aber erscheint es ungünstig, Neugeborene aus der Gesellschaft ausschließen zu wollen, indem ihnen das bisher gewährte Lebensrecht entzogen würde.

Bitte unterscheide doch sorgfältiger zwischen ethischen und juristischen Fragen! Es ist und bleibt ethischer Nonsens, Wesen ein Lebensrecht zu gewähren, die nicht wissen, daß sie leben, und demzufolge auch kein Interesse daran haben können.

Nein, selbst unter der Prämisse, nur die Gefühle reflektionsfähiger Wesen seien zu berücksichtigen, ist das kein ethischer Nonsens, denn die Aufhebung des Lebensrechtes von Neugeborenen hätte auch Auswirkungen auf diese Wesen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Naja, mir scheint, wir haben wohl unterschiedliche Vorstellungen darüber, was überhaupt ein indirektes Interesse sein kann. Ich habe aus unterschiedlichen Gründen ein Interesse daran, in einer Gesellschaft zu leben, die auch das Leben von Neugeborenen achtet.

"Sogar" ich achte das Leben von Neugeborenen, aber eben nicht mehr und nicht weniger als das Leben nichtmenschlicher Tiere mit den gleichen erE. Eine zentrale Forderung des Utilitarismus ist, konsequent auf willkürliche Unterscheidungen zu verzichten. Wir werden den Faschismus niemals überwinden, wenn wir dieser Forderung nicht nachkommen!

"Faschismus"? Verstehe ich in dem Zusammenhang nicht.

Und: Du meinst, wenn man einen Unterschied zwischen neugeborenen Menschen und anderen Tieren macht, dann sei das willkürlich und daher abzulehnen und man dürfe folglich auf keinen Fall neugeborene Menschen andere Rechte zumessen als bestimmten Tieren auf bestimmten Entwicklungsstufen? Warum das und welche Prämisse liegt dieser Ansicht zugrunde?

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob man das nun auf Leid zurückführen kann oder nicht, ist eine andere Frage. Ich meine ja eher nicht, dass man alle Interessen irgendwie auf Leid reduzieren kann.

Es ist grundsätzlich anzunehmen, daß jedes unbefriedigte B&I mehr oder weniger großes Leid nach sich zieht. Sollte das in irgendeinem Zusammenhang nicht der Fall sein, gäbe es auch nichts, was ethisch zu berücksichtigen wäre.

Wieso sollte das grundsätzlich anzunehmen sein? Erscheint mir überhaupt nicht evident. Wäre es übrigens ethisch einwandfrei oder sogar geboten, Leute (von Geburt an oder später gegen ihren expliziten Willen oder auch ungefragt) mit hypothetischen Glücksdrogen vollzupumpen, so dass sie nicht mehr leiden können, (testhalber mal ein Tötungsverbot angenommen)?

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Frage an Dich wäre nun, ob Du mein Interesse an einer Einbeziehung von Neugeborenen in die Gesellschaft als legitim ansehen würdest und wenn nicht, warum nicht?

Warum sollte ich was dagegen haben? Es würde ja vermutlich niemand darunter leiden. Allerdings ist es Dein (bisher noch unbegründetes) Interesse und hat mit der moralischen Objekthaftigkeit Neugeborener nichts zu tun.

Natürlich leidet jemand darunter: derjenige, der einen Neugeborenen tötet und dafür zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Dennoch lohnt das Engagement für dieses Ziel, weil bereits auf dem Weg dorthin viel Leid vermieden, gelindert und beseitigt werden kann. Dazu brauchen wir übrigens keinen "Neuen Menschen", sondern schlicht ethische Bildung, deren motivative Keimzelle folgende Einsichten sein sollten:
1. Es kann keine funktionale Ethik ohne die gleiche, d.h. auch speziesunabhängige Berücksichtigung gleicher erE geben.

Sollte man also zum Beispiel Löwen davon abhalten, Antilopen leiden zu lassen? Oder sollte man Löwen ebensowenig davon abhalten, verwaiste neugeborene Menschen (leidvoll) zu töten, wie man sie nicht davon abhält, Antilopen (leidvoll) zu töten? Eins von Beidem würde Dein Verlangen nach einer gleichen Behandlung bei (momentan) gleichen ethisch relevanten Werte wohl erfordern.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
2. Es besteht kein ethisch relevanter Unterschied zwischen Quälen und leiden Lassen sowie zwischen Töten und sterben Lassen.

Ein Unfall ist geschehen. Fünf Unfallopfer werden in die Klinik eingeliefert. Bei jedem ist ein Organ derart verletzt, dass er/sie nur noch zwei Tage zu leben hat. Es gibt zufällig eine Krankenschwester auf der Station, deren Organe alle fünf retten könnten. Ist der Chirurg nun ethisch verpflichtet, die Krankenschwester zu töten, um die fünf Schwerverletzten zu retten? Und müsste man dabei noch zusätzlich berücksichtigen, dass jedes der Unfallopfer eine sehr große Familie hat und die Krankenschwester keine Angehörigen mehr?

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand seine ethischen Überzeugungen für richtig hält, dann muss er sich mMn (zumindest in Gedanken) dafür einsetzen, dass diese Ethik auch umgesetzt wird.

Keine Einwände, doch schimmert in Deinen Bemerkungen ein verbreitetes und hartnäckiges Mißverständnis des Utilitarismus auf: es geht ihm nicht darum, menschliches Leben "abzuwerten", sondern vielmehr darum, nichtmenschliches Leben "aufzuwerten".

Unsinn. Es gibt nicht "den einzig wahren Utilitaristen". Ich habe schon zu viele Utilitaristen kennen gelernt, denen es nicht um eine Aufwertung nichtmenschlichen Lebens ging.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn dieser Jemand z.B. in einer Gesellschaft lebt, in der Homosexuelle aufgrund ihrer Homosexualität bestraft werden, dann müsste er das mE falsch finden, wenn das seiner Ethik widerspricht und demnach eine Initiative, die dieses Gesetz ändern will, unterstützenswert finden.

In diesem Sinne würde ich eine Differenzierung der Strafmaße für die Tötung unterschiedlicher Organismen natürlich befürworten, aber in einer Gesellschaft, die noch nicht einmal begriffen hat, daß frühembryonale Zellhaufen und Leichen keine moralischen Objekte sind, und daß ihr ach so brilliantes Grundgesetz totalitäre und faschistoide Elemente enthält, wäre eine solche Initiative von vornherein aussichtslos.

Welches genau sind diese "totalitären" und "faschistischen" Elemente des Grundgesetzes?

Und noch einmal: es ist schlicht zu kurz gedacht, die Behandlung von X nur von seiner "ethischen Objekt- oder Subjekthaftigkeit" abhängig machen zu wollen. Der Utilitarismus kennt mehrere indirekte Gründe, die Auswirkungen der Behandlung auch von ethischen Noch-Nicht-Objekten auf ethische Subjekte betreffen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Diese Subjekte wollen leben und möglichst nicht leiden - das sind unterschiedliche Wünsche, von denen der zweite nur erfüllt werden kann, wenn der erste bereits erfüllt ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nein, das ist falsch. Wenn die Wesen tot sind, dann können sie nicht leiden. Ist ebenfalls logisch.

Bitte zu beachten: sie wollen 1. leben -> und <- 2. möglichst nicht leiden.

Ja. Was aber konkret bedeutet, dass das Weiterleben dieser Subjekte als Ziel genommen werden muss. Nur eine Verminderung von Leid als Ziel zu sehen erscheint mir hier inkonsequent.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
ich glaube übrigens inzwischen eher nicht, dass deine Ethik kongruent zu der Singers ist.

Das habe ich doch auch nicht behauptet. Tatsächlich bin ich als Emergentistischer Materialist mehr formale Strenge gewöhnt, als Prof. Singer sie anbietet (auch eine Ethik sollte zunächst ihre ontologischen, erkenntnistheoretischen und semantischen Grundlagen aufzeigen.

Tja, Deine formale Strenge führt aber leider zu einer (in meiner Sicht) in ihren Auswirkungen nicht akzeptablen Ethik.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Übrigens ist mir gestern noch etwas zu Deinem Insel-Beispiel eingefallen, das ich Dir nicht vorenthalten möchte. Es geht um die Struktur Deiner Argumente:

Du konstruierst eine Situation, in die kaum irgendwer jemals kommen wird. Offenbar annehmend, daß alle Schiffbrüchigen nur auf die Gelegenheit warten, einen perfekten Mord zu begehen (statt z.B. darüber nachzudenken, ob man zu zweit nicht die besseren Überlebenschancen hat), forderst Du die Anwendbarkeit "meiner" Ethik auf einen Fall, in dem sich gar kein moralisches Problem stellt.

Eine Ethik, die kein Lebensrecht einräumen will, sehe ich von meiner Seite als nicht zustimmungsfähig an. Um das zu verdeutlichen, dass Du dieses Lebensrecht nicht zugestehen willst, war das Beispiel gedacht.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Aus der Tatsache, daß sie ein nicht vorhandenes Problem natürlich auch nicht lösen kann, schließt Du ihre strukturelle Dysfunktionalität und unterbreitest einen Gegenvorschlag, der "mein" indirektes aber ethisch begründetes und vor allem systemisch gestütztes Tötungsverbot durch ein direktes aber willkürliches Tötungsverbot ersetzt, das man - ohne in Erklärungsnot zu geraten - nach Belieben gegen ein Tötungsgebot austauschen könnte.

Ich sehe es jedoch eben als Problem an, das Tötungsverbot in der Gesellschaft aufzuweichen, denn das hätte mMn unerfreuliche Auswirkungen auf alle.

Wo genau ist die Grenze, wann das Tötungsverbot einsetzen soll und warum ist sie das? Dazu habe ich noch keine Antwort bekommen.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das ist nur ein grober Abriß, aber er zeigt, daß die Menschheit an einer utilitaristischen Ethik ganz sicher nicht zugrunde gehen würde, nur weil alle Jubeljahrhunderte mal ein schlafender Schiffbrüchiger auf einer einsamen Insel von jemandem umgebracht werden könnte, der Töten zufällig supi findet und die Prinzipien des Utilitarismus nicht begriffen hat und auch noch glaubt, allein besser dran zu sein.

Mal abgesehen von Deinen Heilsversprechungen, denen ich mehr als skeptisch gegenüberstehe, da ich meine, dass Du ganz wesentliche Gesichtspunkte wegen einer formalen Strenge und Einfachheit einfach außer Acht lässt, hast Du mein Beispiel ziemlich verzerrt.

Deine Ethik sieht noch nicht einmal selbst-bewusstes Leben als Wert an, das war alles, was ich mit meinem Beispiel zeigen wollte. Und alleine deswegen ist sie mAn schon nicht haltbar und nicht akzeptabel.

Die Tötung in meinem Beispiel ist für Dich ethisch neutral. Das genau ist der Punkt. Alles Gerede von meinem Menschenbild usw. ist nur Ablenkung. Es spielt ebenfalls keine Rolle, ob jemand töten "supi" findet oder nicht. Wenn es ethisch neutral ist, dann gibt es ja wohl keine Einwände Deinerseits im Rahmen Deiner Ethik dagegen. Und nur darum ging es mir.
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#948326) Verfasst am: 06.03.2008, 13:32    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Holistische Systembetrachtung geht (vereinfacht) davon aus, dass komplexe Systeme in ihrer Gesamtheit bzw. (Gesamt)funktion mehr sind als irgendeine reduktionistische Aufsplittung

So formuliert ist es trivial richtig (Musik ist mehr als eine Menge von Tönen), aber keineswegs ein Argument für die Irreduzibilität.

Musik ist da ein nicht ganz passendes Beispiel, da strukturell zu einfach und sicher nicht zur Klasse der mehrschichtigen, stark rückgekoppelten, selbstorganisierenden Systeme zu zählen.

Und bei denen sehe ich die Irreduzibiliztät - wenn du damit die Nicht-Vorhersagbarkeit auf (Gesamt-)Systemebene meinst - eigentlich qua Zufall und sg. Schmetterlingseffekt aus der Chaosforschung, als bewiesen

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... und dh. Untersuchungen, die sich vom theoretischen Ansatz her auf eine strikte algorithmische Sicht eines Teilsystems beschränken, keine zielführenden Aussagen für das Gesamtsystems ergeben müssen.

Bedenke, daß in der Vergangenheit die Irreduzibilität von allem Möglichen behauptet wurde, aber das meiste wurde dann doch reduziert, z.B. Temperatur, Zeugung, Tod, Ansteckung, Atom, Flüssigkeit, ...

hmmmm ... verstehe jetzt nicht ganz was du daraus schließen willst, bzw. was das Argument bringt, daß irgendwelche (Teil-)systeme durch neue Forschung immer feiner reduktionistisch betrachtet werden können. Konsequenterweise endet das dann sowieso alles bei der Teilchenphysik und die bringt den Zufall ins Spiel, womit (so das System strukturell komplex genug) wieder die Nichtvorhersagbarkeit folgt ?!

Zitat:
Meines Erachtens ist die einzige Berechtigung für eine holistische, emergente Betrachtung, daß eine vollständige Reduktion oft ineffizient oder gar aus Gründen der Rechenökonomie oder mangelnden Wissens unmöglich wäre.

Da liegts du mW. einfach falsch - siehe meine vorigen Argumente, bzw. lies dich mal in die (leider auch oft falsch vereinnahmte) Chaosforschung ein. Selbst bei hypothetisch unendlicher Rechenleistung und Bekanntsein aller Ausgangsbedingungen und Variablen, ist das Systemverhalten nicht deterministisch berechenbar.

Als Argument für die theoretische Berechenbarkit von Bewußtsein, müßte man nachweisen, daß die systemtheoretischen Vergleiche unzulässig sind, ggf. weil das Hirn einfacher (??!) (oder doch ganz anders) strukturiert ist als jene kybernetischen und sonstigen komplexen Systeme anhand derer die Erkenntnisse über die Nichtvorhersagbarkeit gezeigt wurden.

Bedenke dabei, daß es jede Menge psychotischer Geistes-Zustände/Krankheiten gibt, die sehr für die strukturelle, systemtheoretische Vergleichbarkeit sprechen !

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Aber wie eben zB. auch Zeilinger demonstriert hat,

Wenn ein Satz schon so anfängt, gehen bei mir alle Warnlampen an.

Magst den Zeiliger nicht, oder stört dich die ausgelutschte oftmalige Vereinnahmung ähnlicher Aussagen durch "esoterische Kreise" zwinkern ?

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Und im Sinne Turings ist Bewußtsein eben KEINE FUNKTION des Gehirns, ...

Nur daß keine geschlossene Darstellung möglich ist, heißt nicht, daß das Bewußtsein nicht vollständig reduzierbar / berechenbar ist.

Sorry, also daß komplexe Systeme der von mir gemeinten Klasse nicht berechenbar sind ist mW. wissenschaftlicher Fakt. (s.o.)

Zitat:

... damit ist das Bewußtsein ein reines Epiphänomen des Gehirns bei (entsprechendem Input) und könnte reduziert und berechnet werden.

Bin nicht dieser Meinung s.o.

Zitat:

Durch Reduktion wissen wir ja immerhin schon, daß auch die kontinuierliche Person und die Handlungsfreiheit Illusionen sind.

Wissen ? Ich kenne die Argumentation und die Forschungen, aus denen sie sich ergeben hat. Aus der Nichtkausalität der zeitlichen Beobachtungen auf einem sehr tiefen und kleinen (Teil-)Systemlevel zwingend auf die (*imho* aus philosophischen Gründen gewollte zwinkern ) Bedeutung zu schließen halte ich für ziemlich problematisch - bzw. im Sinne analytischer Philosophie *g* sogar für unzulässig.

Ich sagte schon, daß mir Neurobiologen da manchmal sehr "naiv" (im Sinne von unzulässig vereinfachend) in der Interpretation ihrer Forschungsergebnisse erscheinen. Sie beobachten/messen irgendwelche energetische neuronale Muster und leiten dann - ohne Ahnung von Systemtheorie und deren Ergebnissen - in sehr einfach, kausal mechanistischer Denkweise Bedeutungen auf höchster Systemebene ab.

Mal als krass überzeichnetes (!) (und sicher hinkendes) Beispiel für solche (anderes Wissen über Zusammenhänge aussenvorlassender) Schlussfolgerungen: Franzi beobachtet, daß sich jedesmal bevor es regnet, gewisse Blüten schliessen. Der folgert daraus, daß das Schliessen irgendwie kausal regenverursachend sein könnte ...

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
...(ohne algorithmische Determinanz - das wäre gefakt)

Du meinst hier sicher, daß das Selbstbild nicht makroskopisch vorgegeben sein darf, oder?

Ja.

Erwin
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
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Beitrag(#948391) Verfasst am: 06.03.2008, 14:30    Titel: Antworten mit Zitat

@A.P.

Zitat:
Ich meine jedoch, dass man immer Prämissen setzen muss, dass jegliches Gedankengebäude auf Grundannahmen aufbaut. Ich finde es ein wenig schwierig, mit jemandem zu reden, der das nicht einsieht, denn dann muss ich mühsam seine Prämissen herauslesen.

Tja, Menschen und unsere Sozialsysteme sind nun mal komplex zwinkern

Atomistische Prämissen sind im Verständnis simpler zu befolgender Handlungsanweisungen kaum als umfassende Ethik geeignet, wiewohl u.U. durchaus "nötig" weil die Menschen eben so sind, wie sie sind.

Nimm einfach: "Du sollst nicht töten".

Mit sehr wenig Fantasie kann ich dir beliebig viele Szenarien beschreiben, in denen es ethischer wäre, doch jemanden zu töten.

Ethische Prämissen wären mir als strukturgebende bzw. systemstrukturelle Vorgaben denkbar aber schwer beschreibbar. Viele Menschen "benötigen" (leider) klare Anweisungen, bzw. können mit komplexen solchen nichts anfangen zwinkern

"Liebe und tue was du willst" ist ethisch eine sehr wertige Aussage, aber eben nur dann, wenn man eine "systemisch richtige" Vorstellung von Liebe hat, ansonsten kann das auch jemand verwenden - bzw. eigentlich missbrauchen - zur Rechtfertigung um Autobusse voll Kinder in die Luft zu sprengen ...

Erwin
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step
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Beitrag(#949079) Verfasst am: 06.03.2008, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Klasse der mehrschichtigen, stark rückgekoppelten, selbstorganisierenden Systeme ... Und bei denen sehe ich die Irreduzibiliztät - wenn du damit die Nicht-Vorhersagbarkeit auf (Gesamt-)Systemebene meinst - eigentlich qua Zufall und sg. Schmetterlingseffekt aus der Chaosforschung, als bewiesen

- Würdest Du denn wenigstens zustimmen, daß nichts anderes als die Physik das Gesamtverhalten bestimmt, auch wenn es unberechenbar ist?
- Übrigens wird der S-Effekt oft mißbräuchlich verwendet. So wird etwa ein Orkan nur äußerst unwahrscheinlich durch einen Schmetterlingsflügel ausgelöst.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Konsequenterweise endet das dann sowieso alles bei der Teilchenphysik und die bringt den Zufall ins Spiel, womit (so das System strukturell komplex genug) wieder die Nichtvorhersagbarkeit folgt ?!

Im Bewußtsein spielt der quantenmechanische Zufall aber keine Rolle, ebensowenig wohl beim Wetter und bei den meisten makroskopischen Phänomenen.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Selbst bei hypothetisch unendlicher Rechenleistung und Bekanntsein aller Ausgangsbedingungen und Variablen, ist das Systemverhalten nicht deterministisch berechenbar.

Das ist mW beim klassischen Chaos nicht der Fall. (Wohl aber beim QUantenchaos. Das kommt in unseren Breiten allerdings selten vor.)

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Aber wie eben zB. auch Zeilinger demonstriert hat,
Wenn ein Satz schon so anfängt, gehen bei mir alle Warnlampen an.
Magst den Zeiliger nicht, oder stört dich die ausgelutschte oftmalige Vereinnahmung ähnlicher Aussagen durch "esoterische Kreise" zwinkern ?

Letzteres, auch hier im Forum schon mehrmals geschehen.
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#949265) Verfasst am: 07.03.2008, 09:30    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Klasse der mehrschichtigen, stark rückgekoppelten, selbstorganisierenden Systeme ... Und bei denen sehe ich die Irreduzibiliztät - wenn du damit die Nicht-Vorhersagbarkeit auf (Gesamt-)Systemebene meinst - eigentlich qua Zufall und sg. Schmetterlingseffekt aus der Chaosforschung, als bewiesen

- Würdest Du denn wenigstens zustimmen, daß nichts anderes als die Physik das Gesamtverhalten bestimmt, auch wenn es unberechenbar ist?

Ja gerne, aber was habe ich von dieser "Aussage" ? Die sagt nichts wesentliches aus - "Physik" ist doch nur eine spezielle Betrachtungsweise, bzw. ein bestimmtes Forschungsgebiet. Ich glaube nicht, dass Bewußtsein irgendetwas "göttliches" benötigt - ist es das, was du meinst ?

Zitat:

- Übrigens wird der S-Effekt oft mißbräuchlich verwendet. So wird etwa ein Orkan nur äußerst unwahrscheinlich durch einen Schmetterlingsflügel ausgelöst.

ich sagte ja selber, daß die Chaosforschung auch unsinnig vereinnahmt wird. Gerade die Schmetterlingsmetapher wird viel zu bildlich verstanden ...
Zitat:


Er_Win hat folgendes geschrieben:
Konsequenterweise endet das dann sowieso alles bei der Teilchenphysik und die bringt den Zufall ins Spiel, womit (so das System strukturell komplex genug) wieder die Nichtvorhersagbarkeit folgt ?!

Im Bewußtsein spielt der quantenmechanische Zufall aber keine Rolle, ebensowenig wohl beim Wetter und bei den meisten makroskopischen Phänomenen.

Wie kommst du zu dieser Auffassung ? Systemtheoretisch ist das nicht schlüssig - bzw. lehnt sich daran an, wie Menschen künstliche mehrschichtige Systeme "bauen" (zB. Computer) bzw. zumindest versuchen zu bauen (gelingt erstaulich selten) - nämlich um die Komplexität zu beherrschen in möglichst abgeschlossenen Schichten (vgl. zB. http://de.wikipedia.org/wiki/OSI-Modell ) die nur auf "wohldefinierte (eingeschränkte) Weise" interagieren bzw. Informationen austauschen und auch wie sie versuchen natürliche Systeme zu untersuchen. Die wesentliche Erkenntnis der Chaosforschung ist doch gerade, daß kleinste Änderungen in einer Anfangsschicht des chaotischen Systems, zu drastischen Änderungen des Gesamtsystems führen kann - nicht muss. Was du behauptest ist genau das Gegenteil davon: also daß eine "Zufälligkeit" auf tiefer Systemebene keinenfalls eine Auswirkung auf höheren Ebenen haben kann ! Es stimmt schon, daß sich im "klassischen" Chaos die Unvorhersehbarkeit aufgrund der Unbestimmbarkeit der Einflußfaktoren ergibt und eine Systemeigenschaft darstellt, aber das Forschungsgebiet um Quanteneffekte ist auch noch ziemlich neu und focusiert momentan eher im Bereich der Physik/Kosmologie und weniger im systemtheoretischen Bereich - eigentlich schade.

Ich halte die (reduktionistische) Abgrenzung der Forschungsbereiche zwar einerseits für notwendig um der Komplexität Herr zu werden, andererseits aber für eine wesentliche "scheuklappenartige" Beschränkung, da (völlig natürlich, menschlich) es dann eben meist passiert, das Wissenschaftler die gewählte Modellabstraktion (die systemtheoretisch immer eine vereinfachte reduzierte Betrachtungsweise darstellt), schon für "die Realität" halten.

Sehr begrüßenswert fände ich es, wenn in allen naturwissenschaftlichen Studien zumindestens 1-2 Semester Philosophie und Systemtheorie verpflichtend wären, um den Blick für die "Beschränktheit" des eigenen Fachgebiets zu reflektieren, als auch die Vernetztheit mit anderen zu erkennen ...

Ein schönes Beispiel für interdisziplinare Forschung (Verständnis wie Akkupunktur/Pressur wirkt), findet sich zB. hier: Bei vernetzten Systemen bewirkt das kohärente Verhalten, daß kein Teil des Systems verändert werden kann, ohne eine Auswirkung auf das gesamte System zu haben, verschiedene Regelkreise greifen ineinander. Dieses Kohärenzprinzip legt jedoch zugleich das Fundament für das Versagen einer linear kausalanalytischen Betrachtungsweise. Extrem offene, dissipative Systeme bilden stets die Einflüsse ihrer gesamten wahrnehmbaren Umwelt auf ihr inneres Geschehen ab. (Zitat)

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Selbst bei hypothetisch unendlicher Rechenleistung und Bekanntsein aller Ausgangsbedingungen und Variablen, ist das Systemverhalten nicht deterministisch berechenbar.

Das ist mW beim klassischen Chaos nicht der Fall. (Wohl aber beim QUantenchaos. Das kommt in unseren Breiten allerdings selten vor.)

Ich wußte gar nicht, daß Europa quantenfrei ist ... zwinkern Lachen (s.o.)

Kurz zusammengefasst läuft meine Argumentation darauf hinaus, daß ich es für wahrscheinlicher halte, daß quantenmechanische Effekte einen Einfluß auf das Gesamtsystem haben, als daß sie keinen haben. Das ist sicher "nur" ein systemtheoretischer Analogieschluß, da das "wie" noch völlig unzureichend erforscht ist/wird. Aber mit dieser Ansicht stehe ich sicher nicht alleine da und sie hat auch überhaupt nichts esoterisches oder "göttliches" zwinkern

Erwin


Zuletzt bearbeitet von Er_Win am 07.03.2008, 10:03, insgesamt einmal bearbeitet
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Tarvoc
Holy shit, 4 decades already.



Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44766

Beitrag(#949288) Verfasst am: 07.03.2008, 09:57    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Ich halte die (reduktionistische) Abgrenzung der Forschungsbereiche zwar einerseits für notwendig um der Komplexität Herr zu werden, andererseits aber für eine wesentliche "scheuklappenartige" Beschränkung [...]

Interessant finde ich die Frage, wie diese Abgrenzungen historisch gewachsen sind. zwinkern
_________________
"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#949298) Verfasst am: 07.03.2008, 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Ich halte die (reduktionistische) Abgrenzung der Forschungsbereiche zwar einerseits für notwendig um der Komplexität Herr zu werden, andererseits aber für eine wesentliche "scheuklappenartige" Beschränkung [...]

Interessant finde ich die Frage, wie diese Abgrenzungen historisch gewachsen sind. zwinkern

Naja - eben so wie dynamische Systeme wachsen zwinkern

Einerseits wurde wegen der Vermehrung des Wissens Spezialisierung nötig um Modellbildung überhaupt noch "überschaubar" zu halten und andererseits kam dazu dann die liebe menschliche "Kleingeistigkeit" ins Spiel: wo es eben um Macht, Ansehen, Geld ... geht.

Reine wissenschaftliche Neugierde als Forschungsmotivation ist ziemlich selten. Gerade im Gespräch mit (studierten) Philosophen bemerke ich oft eine sehr "dogmatische Verbissenheit", was die (Über-)schätzung ihrer jeweils präferierten philosophischen (manchmal bin ich geneigt zu denken: auswendiggelernten) Betrachtungsweise anlangt - ich sehe das zB. als Folge des realen Bedeutungsverlustes den die (abgespaltene) Geisteswissenschaft in der Neuzeit gegenüber den naturwissenschaftlichen Disziplinen erfahren (bzw. aus introspektiver Sicht: erlitten) hat.

Nach meinen (statistisch sicher nicht relevanten) persönlichen Erfahrungen, sind Mathematiker und Physiker noch die offensten und "neugierigsten" Wissenschaftler ...

Erwin
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Beitrag(#949313) Verfasst am: 07.03.2008, 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
....
Nach meinen (statistisch sicher nicht relevanten) persönlichen Erfahrungen, sind Mathematiker und Physiker noch die offensten und "neugierigsten" Wissenschaftler ...

Erwin

naja... Zu dem Mathematikern kann ich mich nicht äußern, aber die Mehrzahl der Physiker, die ich kennengelernt habe, ging in Richtung deterministische Bastler - als sei die Physik eine Ingenieurswissenschaft.

(womit ich nicht sagen will, dass ich mich in dieser Hinsicht bei den Biologen wohler fühlte Verlegen was denen an Determinismus fehlt, fehlt ihnen auch an Analytik)

Mein Fazit: Die Mehrzahl der Wissenschaftler sind keine - sie stellen weniger Fragen, sie verstehen sich mehr als Praktiker. So sehr ich diesem Zirkus nachtraure, so sehr freue ich mich, draußen zu sein.

fwo
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Beitrag(#949324) Verfasst am: 07.03.2008, 11:33    Titel: Antworten mit Zitat

fwohlgemuth hat folgendes geschrieben:
Mein Fazit: Die Mehrzahl der Wissenschaftler sind keine - sie stellen weniger Fragen, sie verstehen sich mehr als Praktiker. ...

Kann ich unterschreiben.

Zitat:
... bei den Biologen wohler fühlte was denen an Determinismus fehlt, fehlt ihnen auch an Analytik

Mediziner finde ich genau in diesem Punkt (oft) noch "schlimmer".

Und meine Aussage vielleicht präzisieren: Ich habe bei den Mathematikern von der Fachrichtung her Informatiker/Systemtheorie bzw. bei Physikern theoretische Quantenphysiker gemeint. Die Einschätzung kann aber auch auf meiner eigenen selektiven Wahrnehmung beruhen ... zwinkern

Erwin
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Beitrag(#949326) Verfasst am: 07.03.2008, 11:43    Titel: Re: Was für Werte haben wir? Brauchen wir Werte und Moral? Antworten mit Zitat

Gott_der_Luecke hat folgendes geschrieben:
Hi

Ich bin neu hier und wollte gleich mit einem brisanten Thema anfangen, weil ich das als wichtigen Kritikpunkt finde, dass Religion durchaus Werte hat und für die Menschen in der Regel etwas Gutes möchte und Atheisten gerne vorgeworfen wird keine Werte zu haben, sondern im Gegenteil total böse und gierige Menschen sind. Also sie sehen uns als Menschen, die andere ausbeuten und sich keine Gedanken um die Welt machen und sowieso total egoistisch sind.

Ich finde damit ein Nichtglaube bzw. ein Humanismus oder nennen wir es Atheismus erfolgreich ist, sollte er in diesen Punkten ähnlich sein. Also Werte im Sinne von ein guter Mensch sein OHNE irgendwelche ungreifbaren Regeln aller Homosexualität ist Sünde und kein Sex vor der Schwangerschaft zwinkern , beten oder ähnliches

Sondern wirklich Gutes, was auch tatsächlich greifbar ist. Dazu gehört für mich zumindest bewusster Konsum, Naturschutz, Liebe (aller Art), Gerichtigkeit, Gesundheit und sonstige ethische humanistische Werte, die den Menschen wirklich helfen und die wirklich gut sind.

Ich weiß ja nicht was ihr darüber denkt, aber ich finde Religion in manchen Bereiche einfach sehr gutherzig und sind wir das eigentlich auch in der breiten Masse?

Ich versuche es zumindest. Also ich möchte niemand seine Werte vorschreiben, aber ich finde es gut welche zu haben oder? Ich finde wir sollten die Welt überzeugen, dass man auch ohne Religion ein guter Mensch sein kann. Ich interessiere mich sehr für Glücksforschung und habe auch in meinem Leben festgestellt, dass Geld und materielle Dinge (außer Materie Lachen ) nicht wichtig sind und das kann man ja auch zumindest zu einem gewissen Maß auch Religionen zuordnen. Also ich meine diesen Vorteil hat Religion.

Ich finde wir sollten dieses Image vom bösen Menschen so schnell wie möglich loswerden, weil nur so kann man etwas erreichen oder seid ihr sogar schon dabei?

Was denkt ihr?


ich bin ziemlich - nein : "ganz sicher" dass wir im Zeitalter gentechnologischer und "hirnwissenschaftlicher" enormer Fortschritte, die wir garnicht absehen können
zumindest einer im Vorfeld breiten Diskussion bedürfen, before das "Kind in den Brunnen gefallen ist" . Gerade was "die Gedanken sind frei" anbelangt, ist das äusserst schwierig zu beurteilen.

Die Gedanken sind nämlich nichtmehr frei, sie können und werden beinflusst, sie sind meßbar/lesbar
und veränderbar

( völlig unabhängig von irgendwelchen Religionen )
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Beitrag(#949343) Verfasst am: 07.03.2008, 12:13    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Die Gedanken [...] sie sind meßbar/lesbar

hast du dir schon mal über das "wie" Gedanken gemacht ?

Nochmal die "Warnung" vor der zu vereinfachten Interpretation von "Lesungen" *fg* oder Messungen. zwinkern

Beispiel aus einem komplexen (aber im Vergleich zum Gehirn doch einfachen) System:

Du schreibst mit einem Textverarbeitungsprogramm "GOTT". Messungen ergeben jetzt, daß bei diesem Vorgang im RAM immer gewisse Speicherbänke "aktiviert" werden, andere als wenn du "ATHEIST" schreibst.

Kein ernstzunehmender Informatiker würde jetzt sagen, daß daraus irgendeine wesentliche Erkenntnis über die Bedeutung von "Gott", oder über das System eines Computers abzuleiten wäre. Wiewohl ebenso keiner bestreiten würde, daß die Messung völlig korrekt ist. Idee

Erwin


Zuletzt bearbeitet von Er_Win am 07.03.2008, 13:47, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#949353) Verfasst am: 07.03.2008, 12:23    Titel: Antworten mit Zitat

Gedanken sind mittels spezieller EEGs meßbar und beweisbar und veränderbar
in den USA werden Lügendedektoren eingesetzt, die eindeutig die Unschuld eines zum Tode Verurteilten beweisen konnten
Computer können von schwerst Behinderten mittels Gedankenkraft bedient werden, nicht nur das
sie können sogar mittels Gedankenkraft ihre gelähmten Hände bewegen

Wissenschaftler können Menschen, die spontan eine Hand, eine bevorzugte Hand heben
mittels magnetischer Veränderung ihres Willens ( die ursprüngliche Entscheidung des Gehirns )
die andere Hand heben lassen, das Gehirn - b.z.w. die Entscheidung einer bestimmten Information
IST meßbar/sichtbar und damit nichtmehr "frei" - da ein Computer deine Gedanken liest
solange das für gute medizinische Zwecke verwendet wird, alles i.O.
wenn es allerdings für militärische Zwecke eingesetzt werden würde, sieht die Sache anders aus


.....
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Beitrag(#949394) Verfasst am: 07.03.2008, 12:54    Titel: Antworten mit Zitat

Und die nächste Physikergeneration muss nicht mehr studieren, sondern bekommt einfach das Hirn neu formatiert.... (das hatte noch gefehlt und muss doch mal gesagt werden!)

fwo
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Beitrag(#949405) Verfasst am: 07.03.2008, 13:03    Titel: Antworten mit Zitat

@mama's liebling

damit erzählst du mir nichts neues bzw. nichts, was ich nicht selbst weiss, oder irgend etwas, was ich bestreiten würde.

Nur hast du leider meinen Einwand nicht verstanden, der sich auf der Bedeutungsebene abspielt.

Ich biete zwar keine Million, aber 1000€ ist mir das wert, wenn du mir einen Wissenschaftler bringst, der (ohne zuerst den "Gedanken" qua den Testbedingungen produziert zu haben) wirklich die Bedeutung (!) dessen was ich gerade denke irgendwie messen kann.

Dasselbe gilt für die Beeinflussung. Dabei bestreite ich nicht, daß man das Hirn mechanisch, elektrisch, chemisch ja sogar psychologisch ziemlich einfach beeinflussen kann, aber wissenschaftlich noch nicht in der Weise, daß ich "Bedeutung" transportiere.

Jeder Hypnose"künstler" kann (hypnotisierbare) Menschen beeinflussen, wobei das eigentlich das (systemtheoretisch) interessantere Forschungsgebiet wäre, da dabei in einem veränderten Systemzustand tatsächlich "Bedeutung" übertragen wird, die zu (vermeintlich) freiwilligen Reaktionen führt. Allerdings auf "herkömmlichem" Kommunikationsweg nur unter "Ausschaltung" des (Selbst-)bewußtteils.

Ja in den USA wird vieles gemacht zwinkern
Zitat:
in den USA werden Lügendedektoren eingesetzt, die eindeutig die Unschuld eines zum Tode Verurteilten beweisen konnten

Und ich behaupte, jeder der sich intensiv in Biofeedbackmethoden übt wird einen Lügendetektor "austricksen" können ...

Erwin
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Beitrag(#949428) Verfasst am: 07.03.2008, 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

Nachtrag zu Lügendetektoren:

Wenn das (Link) gemeint sein sollte, dann halte ich die Schlüsse auf die Beweiskraft für ethisch gleich fragwürdig, wie die http://de.wikipedia.org/wiki/Physiognomik die in der Vergangenheit auch missbraucht wurde um Verbrecher zu "entlarven".

Ein Mehr an Technik macht noch lange keine Schlüssigkeit auf Bedeutungsebene aus !

Erwin
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Beitrag(#949445) Verfasst am: 07.03.2008, 13:53    Titel: Antworten mit Zitat

fwohlgemuth hat folgendes geschrieben:
Und die nächste Physikergeneration muss nicht mehr studieren, sondern bekommt einfach das Hirn neu formatiert.... (das hatte noch gefehlt und muss doch mal gesagt werden!)

klasse Hinweis ! Geschockt Sehr glücklich

Code:
format brain:
install http://wikipedia.org brain: -followalllinks


Mr. Green Erwin
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