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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#961302) Verfasst am: 23.03.2008, 18:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Entweder ist etwas determiniert oder etwas ist zufällig [== (nicht) determiniert]. Es kann bei dieser Definition nichts Drittes geben.

Genau. Deswegen gibt es keinen physikalsichen Freiheitsgrad, mit Ausnahme des QM-Zufalls, der sich aber auch nicht für den FW eignet.

Aha, ein "physikalischer Freiheitsgrad" ist also für Dich verbunden mit echtem Zufall. Was aber hat das mit meiner Ansicht zu tun, dass Personen ihre Handlungen steuern können? Dazu ist mMn genau im Gegenteil eine Kausalität notwendig.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du dagegen verstehst unter einem Freiheitsgrad, daß eine Person mehrere Handlungsmöglichkeiten sieht.

Nein, ich verstehe darunter, dass eine Person mehrere Handlungsmöglichkeiten hat (als intersubjektive Beurteilung), nicht dass sie diese nur fälschlicherweise sieht. Eine Möglichkeit erfordert aber keineswegs, dass diese auch realisiert wird, wie Du zu fordern scheinst.

Nein, ich fordere nicht, daß diese auch realisiert wird. Mir reicht es, wenn
- die anderen Möglichkeiten nicht gegen die bekannte Physik verstoßen
- Du (grob) die Schnittstelle zwischen "Person" und Physik erklären kannst, also wie es funktioniert, daß zwar unten alles kausal abläuft, aber irgendwo darüber eine freie Lenkung stattfindet. EIn Hinweis auf Systemtheorie ist hier unzureichend.

Die Frage nach einer "Schnittstelle" wäre nur dann sinnvoll, wenn die "Person" und die "Physik" (bzw. die physikalischen Prozesse) getrennte Entitäten wären (was einen Dualismus voraussetzt). Da sie das aber in meiner Sicht nicht sind, sondern da "Person" und "(bestimmte) physikalische Prozesse" mAn Beschreibungen letztlich desselben sind (auf anderer Ebene), halte ich die Frage für falsch gestellt.

Es muss daher um die Frage gehen, ob die "Person" Entscheidungen treffen kann oder ob sie das nicht kann. Oder anders gesagt, ob die Person intentional handeln kann.

Ein einfacher Hinweis auf Kausalität reicht zur impliziten Beantwortung dieser Frage keineswegs aus, wie viele hier zu meinen scheinen, es wäre schon noch eine Begründung dafür notwendig.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der etwas stiehlt, hätte das nicht machen müssen. Er hätte in Bezug auf den Diebstahl anders handeln können.

Ich habe eine Erklärung angeboten, warum es Dir nur so erscheinen könnte, daß er hätte können.

Wenn es äußere Umstände gab, die ihn zu dem Diebstahl zwangen, dann hätte er nicht anders handeln können. Du scheinst aber nun zu meinen, er hätte niemals anders handeln können. Wenn Du das aber nicht so meinst, dass es unmöglich ist, die Vergangenheit zu ändern, (das ist es mMn - was geschehen ist, ist geschehen und was geschehen wird, wird geschehen), wie meinst Du es sonst?

Der Dieb hat unter normalen Umständen selber entschieden, den Diebstahl auszuführen, es war seine Entscheidung und wenn überhaupt Entscheidungen möglich sind, dann muss auch eine andere Entscheidung möglich gewesen sein, denn sonst könnte man das wohl kaum Entscheidung nennen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der nicht verhindert hat, dass es Sonneneruptionen gibt, hätte das nicht verhindern können, auch nicht, wenn er es gewollt hätte. Und das scheint mir ein ganz wesentlicher Unterschied in der Bewertung der beiden Handlungen auszumachen und mir scheint auch, Du möchtest permanent behaupten, beides sei genau gleich zu bewerten, nämlich einfach als eine Abfolge von determinierten Ereignissen und zwar gänzlich unabhängig davon, ob es einen Handlungsspielraum gab oder nicht.

Genau, es ist determiniert (das Gehirn einbezogen), außer im Fall von Erwin, der seine Entscheidungen scheinbar häufig von Quantenereignissen abhängig macht.

Du (und viele andere hier auch) scheinen zu meinen, der einfache Hinweis auf Determination würde automatisch erklären, dass keine Entscheidungen möglich seien, weil der Determinismus "echte Möglichkeiten" (was auch immer das sein mag) ausschließen würde. Das ist aber keineswegs so evident, wie Ihr zu glauben scheint. Es sei denn, man würde nur das als "möglich" bezeichnen wollen, was letztlich auch umgesetzt wird. Das wäre aber mMn eine etwas exotische Auffassung.

Mal abgesehen davon, dass ich die ganze Diskussion über Determinismus für eine gewaltige Nebelkerze halte, denn eigentlich geht es Euch gar nicht darum, sondern es geht Euch nur um die banale Feststellung, dass zu einem zukünftigen Zeitpunkt die Welt nur genau einen Zustand haben wird (völlig unabhängig davon, inwieweit dieser Zustand nun determiniert oder zufällig ist). Um davon abzulenken, dass das so banal ist, wird die ganze Zeit über "Determinismus" geredet. Ihr scheint nun zu meinen, die von meiner Seite unbestrittene Tatsache, dass es eben nur genau eine Zukunft geben wird, würde irgendetwas erklären und würde automatisch begründen, dass Personen nichts entscheiden könnten. So ist das aber nicht: falls man dieser Ansicht sein sollte, dann müsste man das begründen und nicht einfach so mal eben voraussetzen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Okay, das ist schon mal ein Zwischenergebnis, wenn wir festhalten können, dass a) die Person Einfluss auf ihre Handlungen hat und b) es eine Rückkopplung auf die zukünftige Entwicklung der Person gibt.

Was mAn bedeutet, dass die Person nicht mehr gänzlich auf äußere Einflüsse reduzierbar und damit als verzichtbar, als Epiphänomen erklärt werden könnte. Und was auch mAn bedeutet, dass die Person sich durch diese Rückbezüglichkeit selber formt.

Damit kann ich leben, solange klar ist, daß all dieses Selberformen, rückwirken usw. auch nur den physikalischen Gesetzen folgt. So kannst Du zwar "Person" einigermaßen sinnvoll definieren, aber einen echte Freiheitsgrad sehe ich immer noch nicht.

Wenn eine Person die Umstände, die eigenen Ansicht, ihre vorherigen Handlungen reflektieren kann und darauf aufbauend ihr weiteres Verhalten ausrichten kann, dann sehe ich das als eine Art von Freiheit und Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen (graduell selbstverständlich, nicht absolut).

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber egal, mich interessiert bei dieser Diskussion eigentlich nur die Frage, ob eine Person für ihre Handlungen verantwortlich sein kann (gemacht werden kann) oder nicht. Wobei hier Verantwortlichkeit nicht etwas willkürlich Zugewiesenes sein kann, sondern eine Zuweisung von Verantwortlichkeit muss von bestimmten Kriterien abhängen. Diese Kriterien müssen mMn daran geknüpft werden, inwieweit die betrachtete Handlung bzw. das Unterlassen der Handlung im Handlungsspielraum der Person lag. Wenn man das nicht tut, dann muss man entweder eine Zuweisung von Verantwortlichkeit ganz ablehnen (man behandelt alle Personen genauso wie Geisteskranke, die ihre Handlungen nicht kontrollieren können) oder man weist sie letztlich willkürlich zu (Herr Müller wird verantwortlich für das Erdbeben in Peru erklärt).

Man könnte Verantwortung auch danach zuweisen, ob man bestimmten Personen diese Handlung zutraut (sie von ihnen erwartet). Die WIllkür wäre dann in gewisser Weise auf ein soziales Gerüst eingedämmt.

Man kann jemanden nur etwas zutrauen, von ihm nur das erwarten, was er auch leisten kann, was in seinem Handlungsspielraum liegt. Ja, dann unterscheidet sich das wohl nicht mehr von meiner Auffassung.

step hat folgendes geschrieben:
- Herr Müller würde also keine Verantwortung für die Verhinderung zukünftiger peruanischer Erdbeben zugewiesen, weil wir es aufgrund unseres (beschränkten) Wissens über Erdbeben und über Herrn Müller für extrem unwahrscheinlich halten, daß er sie verhindert, selbst wenn wir ihn durch die Verantwortungsübertragung "motivieren".

Genau, er hätte gar nicht die Möglichkeit dazu, das Erdbeben zu verhindern.

step hat folgendes geschrieben:
- Wenn wir jemand keine Verantwortung zuweisen, bedeutet das nicht, ihn wie einen Geisteskranken zu behandeln. Denn erstens weisen wir auch Geisteskranken Verantwortung zu (wenn auch nur sehr wenig), zweitens ist nichts Schlimmes an einer graduell abgestuften Zuweisung von Verantwortung. Auch in der traditionellen Schuld-und-freier-Wille-Gesellschaft wird graduell Verantwortung zugewiesen, z.B. Kinder oder Berufe mit mehr oder weniger Budget, Macht usw.

Das sehe ich anders. In unserer Gesellschaft ist es so, dass erwachsenen Menschen ein bestimmtes Bündel an Verantwortung automatisch zugewiesen wird, weil man davon ausgeht, dass sie normativ ansprechbar sind und diese Normen umsetzen können. Dadurch, dass man das tut, erhalten diese Menschen ein gewisses Maß an Freiheit. Es wäre also sehr wohl schlimm, wenn man das nicht tun würde, denn jemandem die Fähigkeit zu verantwortungsvollem Handeln abzusprechen, bedeutet, ihn (graduell) zu entmündigen und dadurch zieht man die Legitimation, über ihn bestimmen zu dürfen (wenn er seine Handlungen nicht unter Kontrolle hat, dann dürfen wir die Kontrolle vornehmen).

step hat folgendes geschrieben:
- Es scheint mir - etwa am Beispiel Kind - aus Sicht ener praktischen Ethik nicht schlechter, Verantwortungsbeschränkung mit wahrscheinlichen, determinierten Handlungen zu begründen, als mit freiwilligen Möglichkeiten. Der Unterchied ergibt sich mE bei der nachträglichen Bewertung: In meinem Ansatz trägt zwar der Verantwortliche die Verantwortung, aber die Verantwortung für deren Zuweisung tragen die Anderen. Wenn er also der Verantwortung nicht gerecht wird, ist er nicht "schuld", sondern die Anderen müssen entweder ihn ändern (Erziehung, Resozialisierung ...) oder seinen Spielraum ändern (Rechte einschränken, überwachen ...). Natürlich sind auch die Anderen nicht "schuld", aber sie tragen die Verantwortung aus Interesse.

Einem Kind kann man nicht die volle Verantwortung zusprechen, weil das Kind noch gar nicht kognitiv in der Lage ist, seine Handlungen ausreichend zu bewerten und zu beeinflussen. Das muss es erst im Laufe seiner Entwicklung lernen. Was aber eben auch bedeutet, dass es als unmündiger angesehen wird als ein Erwachsener (die andere Seite der Medaille).

Ansonsten befürchte ich stark bei Deiner Sichtweise, dass sie für meinen Geschmack zu schnell paternalistische Methoden legitimiert.
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#961336) Verfasst am: 23.03.2008, 19:54    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... die freien Vorstellungen, obwohl auch irgendwie letztlich physikalisch repräsentiert, sind "klarerweise" dann aber doch wieder nicht real... Warum genau sind sie nicht real, wenn doch physikalisch repräsentiert ?

Die Vorstellungen sind Modelle im Hirn. Es können Modelle beider Kugelwahlen real im Gehirn existieren. Die Vorstellungen als solche sind also real (und physikalisch im Gehirn repräsentiert) [...]

na gut, da sind dann also die beiden Vorstellungen in meinem Denken, daß ich die eine oder die andere Kugel nehmen kann.

Was passiert jetzt weiter ... also wie stellst du dir das jetzt vor, wenn ich dann die eine und nicht die andere nehme. Und bitte nicht wieder die Präferenzen auf psychologischer Ebene ins Spiel bringen ...

Wodurch muss jetzt die in meiner Vorstellung gebildete Wahlmöglichkeit (das ist übrigens das, was ich an anderer Stelle mal als "Bilden des Möglichkeitsraums" bezeichnet habe) genau so ablaufen und kann ganz, ganz unmöglich anders ablaufen ?

Gestehst du dem Denkprozess zu, daß er sich der Wahlsituation bewußt ist ?! In dem Denken existieren also die beiden Möglichkeiten, aber trotzdem ist nur die eine ausführbar und die andere nicht - ich finde du hast das in keiner Weise erklärt, warum das so sein sollte (btw. es ist natürlich auch nicht so ...).

Und die Wahl von einer von zwei gleichartigen Kugeln, dürfte sich in der "realistischen Vorstellung" völlig gleich sein, also - wie du selbst schreibst - reden Leute dann von Entscheidungsfreiheit. Nochmal: wie hindert "die Physik" jetzt das Bewußtsein, an der Wahl der "falschen" Kugel, oder noch krasser, wodurch unterscheiden sich die "falsche" und die "richtige" Wahlmöglichkeit in meinem Denkprozess - vorhanden sind ja beide ...

Erwin

PS: btw. Film und Schachcomputer finde ich als wenig zielführende Modellanalogie
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#961338) Verfasst am: 23.03.2008, 19:55    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Entweder ist etwas determiniert oder etwas ist zufällig [== (nicht) determiniert]. Es kann bei dieser Definition nichts Drittes geben.
Genau. Deswegen gibt es keinen physikalsichen Freiheitsgrad, mit Ausnahme des QM-Zufalls, der sich aber auch nicht für den FW eignet.
Aha, ein "physikalischer Freiheitsgrad" ist also für Dich dasselbe wie echter Zufall.

Nein! Der echte Zufall ist ein statistischer Freiheitsgrad, der sich daher nicht für die Begründung eines FW eignet. Weitere Freiheitsgrade gibt es - nach derzeitigem Stand - nicht, weswegen es keinen FW gibt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was aber hat das mit meiner Ansicht zu tun, dass Personen ihre Handlungen steuern können? Dazu ist mMn genau im Gegenteil eine Kausalität notwendig.

Das ist zwar richtig, aber das reicht Dir ja nicht aus. Wäre bei der Steuerung von Handlungen NUR Kausalität im Spiel, wär es Dir nicht recht, oder? Du glaubst also an etwas "Drittes", obwohl Du weißt, daß es das nicht gibt. Oder Du bezeichnest einfach ein bestimmtes Paket rein kausaler Effekte als "Person mit freiem Willen".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nein, ich fordere nicht, daß diese auch realisiert wird. Mir reicht es, wenn
- die anderen Möglichkeiten nicht gegen die bekannte Physik verstoßen
- Du (grob) die Schnittstelle zwischen "Person" und Physik erklären kannst, also wie es funktioniert, daß zwar unten alles kausal abläuft, aber irgendwo darüber eine freie Lenkung stattfindet. EIn Hinweis auf Systemtheorie ist hier unzureichend.
Die Frage nach einer "Schnittstelle" ist nur dann überhaupt sinnvoll, wenn die "Person" und die "Physik" (bzw. die physikalischen Prozesse) getrennte Entitäten wären (was einen Dualismus voraussetzt). Da sie das aber in meiner Sicht nicht sind, sondern da "Person" und "(bestimmte) physikalische Prozesse" mAn Beschreibungen letztlich desselben sind (auf anderer Ebene), halte ich die Frage für falsch gestellt.

Wenn sie letztlich Beschreibungen desselben nur auf anderer Ebene sind, dann mußt Du die realen physikalischen Möglichkeiten ja benennen können, die angeblich den realen Handlungsmöglichkeiten entsprechen. Das widerspricht aber der kompletten Kausalität, die Du nmV zugegeben hast. Oder können auch reale Handlungsmöglichkeiten aus rein kausaler Physik und echtem Zufall entstehen? Wenn ja, wie?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es muss daher um die Frage gehen, ob die "Person" Entscheidungen treffen kann oder ob sie das nicht kann. Oder anders gesagt, ob die Person intentional handeln kann.

Nein, diese Frage vernebelt die Zusammenhänge. Die Person könnte "intentional handeln", auch wenn alles determiniert wäre. Um das Gefühl zu haben, intentional zu handeln, reicht es aus, daß Absicht (bewußte Präferenz o.ä.) vorhanden ist. Die Frage muß also gerade im Gegenteil so gestellt werden, daß man herausfindet, ob die Physik in bezug auf Bewußtsein unvollständig / falsch ist oder nicht. Dafür müßte man die "Entscheidung" und die dabei auftretenden intuitiven Phänomene so operationalisieren, daß daraus entscheidbar wird, ob oder ob nicht dies alles auch in einem nur durch die QED determinierten Gesamtsystem möglich wäre.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der etwas stiehlt, hätte das nicht machen müssen. Er hätte in Bezug auf den Diebstahl anders handeln können.
Ich habe eine Erklärung angeboten, warum es Dir nur so erscheinen könnte, daß er hätte können.
Wenn es äußere Umstände gab, die ihn zu dem Diebstahl zwangen, dann hätte er nicht anders handeln können.

Nein, auch wenn es innere Umstände gab, die ihn zu dem Diebstahl zwangen, dann hätte er nicht anders handeln können. Und da es nur äußere und innere Umstände gibt, hätte er insgesamt nicht anders handeln können. Da wir aber in diesem Fall diese Umstände (vor allem die inneren) meist nicht genau durchschauen und zudem wissen, daß andere Personen in ähnlichen Situationen mit anderem Ergebnis handeln, deuten wir das fälschlicherweise so, als hätte auch DIESE Person anders handeln können.

Ähnlich wie auch verschiedene Schachcomputer in derselben (!) Situation verschiedene Züge machen. Auch hier gab es hypothetisch mehrere Möglichkeiten, aber keine freie Wahl, sondern jeweils reine Kausalität mit unterschiedlichem Handlungsergebnis, und zwar aufgrund unterschiedlich determinierten inneren Zustands. Klar, jetzt kommt ein Erwin und sagt wieder, das Gehirn ist ja viel komplexer und bewußt usw., aber ein Wunder passiert da drin auch nicht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du scheinst aber nun zu meinen, er hätte niemals anders handeln können. Wenn Du das aber nicht so meinst, dass es unmöglich ist, die Vergangenheit zu ändern, (das ist es mMn - was geschehen ist, ist geschehen und was geschehen wird, wird geschehen), wie meinst Du es sonst?

Habe ich doch gesagt: Das ganze ist eine komplett kausale Abfolge im Gesamtsystem. Wie beim Schachcomputer, nur viel komplexer und nicht designt, sondern selbstorganisiert und evolviert - was aber bis zum Beweis des Gegenteils nix ändert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du (und viele andere hier auch) scheinen zu meinen, der einfache Hinweis auf Determination würde automatisch erklären, dass keine Entscheidungen möglich seien, weil der Determinismus "echte Möglichkeiten" (was auch immer das sein mag) ausschließen würde. Das ist aber keineswegs so evident, wie Ihr zu glauben scheint.

Ich habe durchaus recht genau definiert, was ich mit "echte Möglichkeiten" meine. Dennoch ist das ein valider Punkt. Zeige doch mal, daß das nicht so evident ist. Auch Erwin hat einen Versuch gestartet, mit einem nebulösen Hinweis auf Systemtheorie. Meiner Kenntnis nach entstehen da aber auch nur geordnete Strukturen aus z.B. Zufall, und die zeigen ebenfalls wieder nur deterministisches oder chaotisches Vehalten. Aber ich bin da zugegeben kein Experte, also bitteschön, warum genau ist das nicht evident?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mal abgesehen davon, dass ich die ganze Diskussion über Determinismus für eine gewaltige Nebelkerze halte, denn eigentlich geht es Euch gar nicht darum, sondern es geht Euch nur um die banale Feststellung, dass zu einem zukünftigen Zeitpunkt die Welt nur genau einen Zustand haben wird (völlig unabhängig davon, inwieweit dieser Zustand nun determiniert oder zufällig ist). Um davon abzulenken, dass das so banal ist, wird die ganze Zeit über "Determinismus" geredet. Ihr scheint nun zu meinen, die von meiner Seite unbestrittene Tatsache, dass es eben nur genau eine Zukunft geben wird, würde irgendetwas erklären und würde automatisch begründen, dass Personen nichts entscheiden könnten. So ist das aber nicht: falls man dieser Ansicht sein sollte, dann müsste man das begründen und nicht einfach so mal eben voraussetzen.

Ich verstehe nicht, wieso Du immer wieder mit dieser 1-Zukunft-Geschichte ankommst. Meine Argumentation mit der unitären Zeitentwicklung gilt ja für jeden Zeitpunkt. D.h., wenn es einen FW gibt, muß er Teil des Gesamthamiltonian zum Zeitpunkt der angeblichen Entscheidung sein. Dieser besteht aber i.w. aus den Kräften der Elementarteilchen zu diesem Zeitpunkt. Deine "Person" bzw. ihr Handlungseinfluß ist also nichts weiter als die Summe der kausal determinierten Wirkungen von sehr vielen Elementarteilchen zu diesem (und zu jedem) Zeitpunkt (edit f. Erwin: plus evtl. ein bisschen Q-statistik).

Du magst recht haben, daß dies banal ist, aber dennoch halten viele Leute am FW fest, obwohl das widersprüchlich ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Man könnte Verantwortung auch danach zuweisen, ob man bestimmten Personen diese Handlung zutraut (sie von ihnen erwartet). Die WIllkür wäre dann in gewisser Weise auf ein soziales Gerüst eingedämmt.
Man kann jemanden nur etwas zutrauen, von ihm nur das erwarten, was er auch leisten kann, was in seinem Handlungsspielraum liegt. Ja, dann unterscheidet sich das wohl nicht mehr von meiner Auffassung.

Leider doch: Der Unterschied liegt hier:
- AP: ... von ihm nur das erwarten, was er auch leisten kann, was in seinem Handlungsspielraum liegt
- step: ... von ihm nur das erwarten, von dem wir meinen, daß er es vermutlich leisten WIRD.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Wenn wir jemand keine Verantwortung zuweisen, bedeutet das nicht, ihn wie einen Geisteskranken zu behandeln. Denn erstens weisen wir auch Geisteskranken Verantwortung zu (wenn auch nur sehr wenig), zweitens ist nichts Schlimmes an einer graduell abgestuften Zuweisung von Verantwortung. Auch in der traditionellen Schuld-und-freier-Wille-Gesellschaft wird graduell Verantwortung zugewiesen, z.B. Kinder oder Berufe mit mehr oder weniger Budget, Macht usw.
Das sehe ich anders. In unserer Gesellschaft ist es so, dass erwachsenen Menschen ein bestimmtes Bündel an Verantwortung automatisch zugewiesen wird, weil man davon ausgeht, dass sie normativ ansprechbar sind und diese Normen umsetzen können.

... "vmtl. umsetzen werden", aber sonst ok.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dadurch, dass man das tut, erhalten diese Menschen ein gewisses Maß an Freiheit. Es wäre also sehr wohl schlimm, wenn man das nicht tun würde, denn jemandem die Fähigkeit zu verantwortungsvollem Handeln abzusprechen, bedeutet, ihn (graduell) zu entmündigen und dadurch zieht man die Legitimation, über ihn bestimmen zu dürfen (wenn er seine Handlungen nicht unter Kontrolle hat, dann dürfen wir die Kontrolle vornehmen).

Ja, aber genau das passiert auch in der traditionellen Schuld-und-freier-Wille-Gesellschaft. Wir sprechen allen möglichen Menschen graduell die Fähigkeit zu verantwortungsvollem Handlen ab, nur ohne so konsistente Begründung und ohne ethische Dekonstruktion. Zum Beispiel ist es Nichtärtzten verboten, Operationen anzubieten. Weil wir ihnen auf diesem Gebiet verantwortungsvolles Handeln absprechen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Ansonsten befürchte ich stark bei Deiner Sichtweise, dass sie für meinen Geschmack zu schnell paternalistische Methoden legitimiert.

Das verhindert Deine Sichtweise übrigens nicht über den Glauben an den FW, sondern eher über den "absoluten Humanismus / Personalismus". Gewisse Unantastbarkeiten, Rechte usw. werden einer gewissen Klasse von Objekten axiomatisch zugesprochen. Das ist zwar unlogisch, gewährleistet aber eine vereinfachte und einigermaßen funktionierende Moral.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#961342) Verfasst am: 23.03.2008, 20:09    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Was passiert jetzt weiter ... also wie stellst du dir das jetzt vor, wenn ich dann die eine und nicht die andere nehme. Und bitte nicht wieder die Präferenzen auf psychologischer Ebene ins Spiel bringen ...

OK, wenn Du im Gegenzug darauf verzichtest, die psychologischen Präferenzen während der Diskussion zu ändern.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wodurch muss jetzt die in meiner Vorstellung gebildete Wahlmöglichkeit ... genau so ablaufen und kann ganz, ganz unmöglich anders ablaufen ?

Weil die Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion auch für das System gilt, daß die in Deiner Vorstellung gebildeten Wahlmöglichkeiten bewertet. Egal, wie die Bewertung im Detail funktioniert oder wie komplex sie ist.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Gestehst du dem Denkprozess zu, daß er sich der Wahlsituation bewußt ist ?!

Ja, in gewissem Umfang.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
In dem Denken existieren also die beiden Möglichkeiten, aber trotzdem ist nur die eine ausführbar und die andere nicht - ich finde du hast das in keiner Weise erklärt, warum das so sein sollte (btw. es ist natürlich auch nicht so ...).

Es ist nur eine ausführbar, weil die Bewertung (Auswahl) selbst durch die Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion determiniert ist (disclaimer für Quantenzufallkopplungen bla bla ...).

Das habe ich jetzt aber schon diverse Male erwähnt. Es wäre jetzt an Dir, das Geheimnis zu lüften, wieso doch (im selben Gehirn, in derselben Situation zur selben Zeit) beides ausführbar sein sollte.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Und die Wahl von einer von zwei gleichartigen Kugeln, dürfte sich in der "realistischen Vorstellung" völlig gleich sein, also - wie du selbst schreibst - reden Leute dann von Entscheidungsfreiheit. Nochmal: wie hindert "die Physik" jetzt das Bewußtsein, an der Wahl der "falschen" Kugel, oder noch krasser, wodurch unterscheiden sich die "falsche" und die "richtige" Wahlmöglichkeit in meinem Denkprozess - vorhanden sind ja beide ...

Hab ich auch schon erklärt weiter oben: Die Kugeln sind nicht ununterscheidbar, du machst Deine Entscheidung bei gleicher Farbe z.B. davon abhängig, welche rechts oder links liegt. Im Extremfall tätigst Du eine Zufallswahl, oder es handelt sich sogar tatsächlich um für Dich ununterscheidbare Objekte. In diesen Fällen habe ich nicht mehr das Gefühl, absichtsvoll gewählt zu haben.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
PS: btw. Film und Schachcomputer finde ich als wenig zielführende Modellanalogie

Hab ich mir gedacht. Beeindruckt mich aber erstmal nicht weiter.
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Wolf
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Beitrag(#961386) Verfasst am: 23.03.2008, 21:57    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Kannst du mir ein Konzept zwischen den beiden zeigen?

Keines, das mich bisher überzeugt hätte. Aber das heißt nichts. zwinkern

Könntest du welche nennen die dich nicht überzeugt hätten, abgesehen vom FW?
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Tarvoc
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Beiträge: 44649

Beitrag(#961450) Verfasst am: 23.03.2008, 23:05    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Kannst du mir ein Konzept zwischen den beiden zeigen?

Keines, das mich bisher überzeugt hätte. Aber das heißt nichts. zwinkern

Könntest du welche nennen die dich nicht überzeugt hätten, abgesehen vom FW?

Was heißt hier "abgesehen vom FW"? Großbuchstaben aneinanderreihen kann jeder. Ich kenne alleine schon eine ganze Reihe von teilweise äußerst heterogenen Konzepten, die unter dem Namen freier Wille umgehen. Einige davon enthalten Prädikate oder Verkettungen, die von sich in Anspruch nehmen, jenseits der Opposition von kausaler Verknüpfung und Zufall zu stehen, andere tun es nicht. Und andere machen nicht einmal eine solche Opposition auf. Wenn du einen guten Rat von mir willst: gewöhn' dir solche Abkürzungen ab. Die können einem tierisch das Blickfeld verkleistern. Was ich sagen will, ist: Du weisst schlichtweg nicht, was dir morgen für Modelle über den Weg laufen, die dir vielleicht oder vielleicht auch nicht mehr oder weniger einleuchten. Ich halte z.B. auch nichts davon, die Logik zur Metaphysik zu machen.
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AgentProvocateur
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Beitrag(#961460) Verfasst am: 23.03.2008, 23:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aha, ein "physikalischer Freiheitsgrad" ist also für Dich dasselbe wie echter Zufall.

Nein! Der echte Zufall ist ein statistischer Freiheitsgrad, der sich daher nicht für die Begründung eines FW eignet. Weitere Freiheitsgrade gibt es - nach derzeitigem Stand - nicht, weswegen es keinen FW gibt.

Hier fehlt eine Begründung, so ist es nur eine Behauptung.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was aber hat das mit meiner Ansicht zu tun, dass Personen ihre Handlungen steuern können? Dazu ist mMn genau im Gegenteil eine Kausalität notwendig.

Das ist zwar richtig, aber das reicht Dir ja nicht aus. Wäre bei der Steuerung von Handlungen NUR Kausalität im Spiel, wär es Dir nicht recht, oder?

Doch, wäre mir recht.

step hat folgendes geschrieben:
Du glaubst also an etwas "Drittes", obwohl Du weißt, daß es das nicht gibt.

Nein, ich glaube nicht an etwas Drittes.

step hat folgendes geschrieben:
Oder Du bezeichnest einfach ein bestimmtes Paket rein kausaler Effekte als "Person mit freiem Willen".

Ja, genau das tue ich.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] da "Person" und "(bestimmte) physikalische Prozesse" mAn Beschreibungen letztlich desselben sind (auf anderer Ebene), halte ich die Frage für falsch gestellt.

Wenn sie letztlich Beschreibungen desselben nur auf anderer Ebene sind, dann mußt Du die realen physikalischen Möglichkeiten ja benennen können, die angeblich den realen Handlungsmöglichkeiten entsprechen. Das widerspricht aber der kompletten Kausalität, die Du nmV zugegeben hast.

Inwiefern?

step hat folgendes geschrieben:
Oder können auch reale Handlungsmöglichkeiten aus rein kausaler Physik und echtem Zufall entstehen? Wenn ja, wie?

Rückkopplung, Rückbezüglichkeit, Bewusstsein, Bewertungsfähigkeit, Berücksichtigung der Umstände, Reflektion.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es muss daher um die Frage gehen, ob die "Person" Entscheidungen treffen kann oder ob sie das nicht kann. Oder anders gesagt, ob die Person intentional handeln kann.

Nein, diese Frage vernebelt die Zusammenhänge. Die Person könnte "intentional handeln", auch wenn alles determiniert wäre. Um das Gefühl zu haben, intentional zu handeln, reicht es aus, daß Absicht (bewußte Präferenz o.ä.) vorhanden ist.

Das Gefühl zu haben, intentional zu handeln, ist nicht dasselbe, wie es zu tun (wenn tatsächlich äußere Umstände die Handlung verursacht haben - die Elektrode im Gehirn zum Beispiel). Ich rede natürlich nicht nur von der nur eingebildeten Intentionalität, d.h. ich meine, jemand hat die Handlung X vollzogen aufgrund seiner vorherigen Entscheidung. Hätte ihn jemand durch elektrische Reize im Gehirn ferngesteuert, dann wäre dem nicht so, dann wäre es eine Illusion, wenn er dennoch an eine Verursachung durch ihn selber glauben würde.

step hat folgendes geschrieben:
Die Frage muß also gerade im Gegenteil so gestellt werden, daß man herausfindet, ob die Physik in bezug auf Bewußtsein unvollständig / falsch ist oder nicht.

Warum?

step hat folgendes geschrieben:
Dafür müßte man die "Entscheidung" und die dabei auftretenden intuitiven Phänomene so operationalisieren, daß daraus entscheidbar wird, ob oder ob nicht dies alles auch in einem nur durch die QED determinierten Gesamtsystem möglich wäre.

Was ist QED?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der etwas stiehlt, hätte das nicht machen müssen. Er hätte in Bezug auf den Diebstahl anders handeln können.
Ich habe eine Erklärung angeboten, warum es Dir nur so erscheinen könnte, daß er hätte können.
Wenn es äußere Umstände gab, die ihn zu dem Diebstahl zwangen, dann hätte er nicht anders handeln können.

Nein, auch wenn es innere Umstände gab, die ihn zu dem Diebstahl zwangen, dann hätte er nicht anders handeln können.

Naja, es gibt aber in meiner Sicht bestimmte innere Zustände, die nicht jemanden zu etwas zwingen können, weil nämlich dieser jemand diese inneren Zustände ist. Es ist halt in meiner Sicht ziemlich unsinnig zu sagen, meine Präferenzen haben mich zu etwas gezwungen, denn das ist wieder mal eine dualistische Sicht: es setzt eine Trennung zwischen "mir" und "meinen Entscheidungen" voraus.

step hat folgendes geschrieben:
Und da es nur äußere und innere Umstände gibt, hätte er insgesamt nicht anders handeln können. Da wir aber in diesem Fall diese Umstände (vor allem die inneren) meist nicht genau durchschauen

Ja, aber die genaue Kenntnis aller Umstände ist mAn keine notwendige Voraussetzung, um eine Entscheidung als eine der Person zuzuordnende anzusehen. Warum sollte sie?

step hat folgendes geschrieben:
und zudem wissen, daß andere Personen in ähnlichen Situationen mit anderem Ergebnis handeln, deuten wir das fälschlicherweise so, als hätte auch DIESE Person anders handeln können.

Sie HAT nicht anders gehandelt, aber sie HÄTTE anders handeln können. Nur wenn man zwischen beiden Aussagen keinen Unterschied sieht, stimmt Dein Satz. Sonst nicht. Und ich möchte hier einfach mal dreist behaupten, dass gemeinhin zwischen einer Möglichkeit und einer Realisation unterschieden wird.

step hat folgendes geschrieben:
Ähnlich wie auch verschiedene Schachcomputer in derselben (!) Situation verschiedene Züge machen. Auch hier gab es hypothetisch mehrere Möglichkeiten, aber keine freie Wahl, sondern jeweils reine Kausalität mit unterschiedlichem Handlungsergebnis, und zwar aufgrund unterschiedlich determinierten inneren Zustands.

Einem Schachcomputer würde ich keinen freien Willen zusprechen, weil ihm die Fähigkeit fehlt, bewusst mehrere Möglichkeiten abzuwägen.

step hat folgendes geschrieben:
Klar, jetzt kommt ein Erwin und sagt wieder, das Gehirn ist ja viel komplexer und bewußt usw., aber ein Wunder passiert da drin auch nicht.

Ich bin aber nicht Er_Win und ich teile seine Auffassung auch nicht, die insofern mit Deiner übereinzustimmen scheint, dass er meint, Zufall sei eine Grundnotwendigkeit für einen freien Willen, bzw. eine vollständig determinierte Welt könnte keine Entscheidungen hervorbringen, sondern nur Abläufe, die man nicht Entscheidungen nennen dürfte. Ich bin da eher leidenschaftslos, weil ich keinen Grund dafür sehe, warum ein Determinismus Entscheidungen ausschließen sollte. Warum also sollte er?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du scheinst aber nun zu meinen, er hätte niemals anders handeln können. Wenn Du das aber nicht so meinst, dass es unmöglich ist, die Vergangenheit zu ändern, (das ist es mMn - was geschehen ist, ist geschehen und was geschehen wird, wird geschehen), wie meinst Du es sonst?

Habe ich doch gesagt: Das ganze ist eine komplett kausale Abfolge im Gesamtsystem. Wie beim Schachcomputer, nur viel komplexer und nicht designt, sondern selbstorganisiert und evolviert - was aber bis zum Beweis des Gegenteils nix ändert.

Nix ändert an was? Daran, dass alles exakt so kommen wird, wie es kommen wird? Das wird es sicherlich, aber was hat das mit dem Thema zu tun?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du (und viele andere hier auch) scheinen zu meinen, der einfache Hinweis auf Determination würde automatisch erklären, dass keine Entscheidungen möglich seien, weil der Determinismus "echte Möglichkeiten" (was auch immer das sein mag) ausschließen würde. Das ist aber keineswegs so evident, wie Ihr zu glauben scheint.

Ich habe durchaus recht genau definiert, was ich mit "echte Möglichkeiten" meine. Dennoch ist das ein valider Punkt. Zeige doch mal, daß das nicht so evident ist.

Beweislastumkehr? Nee, so läuft das nicht. Wer eine Behauptung aufstellt, die er als evident ansieht, muss sie spätestens dann begründen, wenn jemand anderes die Evidenz anzweifelt.

step hat folgendes geschrieben:
Auch Erwin hat einen Versuch gestartet, mit einem nebulösen Hinweis auf Systemtheorie. Meiner Kenntnis nach entstehen da aber auch nur geordnete Strukturen aus z.B. Zufall, und die zeigen ebenfalls wieder nur deterministisches oder chaotisches Vehalten. Aber ich bin da zugegeben kein Experte, also bitteschön, warum genau ist das nicht evident?

Wie gesagt: Du musst begründen, warum Deine Sicht evident sein soll. Ich weiß ja gar nicht, warum Du das dauernd voraussetzt, wie sollte ich das also widerlegen können?

Du musst halt nun zeigen, dass deterministische Vorgänge bewusste Entscheidungen automatisch als Illusionen dastehen lassen. Dann erst kann ich dagegen argumentieren, vorher nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Meine Argumentation mit der unitären Zeitentwicklung gilt ja für jeden Zeitpunkt. D.h., wenn es einen FW gibt, muß er Teil des Gesamthamiltonian zum Zeitpunkt der angeblichen Entscheidung sein. Dieser besteht aber i.w. aus den Kräften der Elementarteilchen zu diesem Zeitpunkt. Deine "Person" bzw. ihr Handlungseinfluß ist also nichts weiter als die Summe der kausal determinierten Wirkungen von sehr vielen Elementarteilchen zu diesem (und zu jedem) Zeitpunkt (edit f. Erwin: plus evtl. ein bisschen Q-statistik).

Ja, na und? Das ist nur eine Feststellung, Du müsstest nun halt irgendwelche Folgerungen daraus ziehen. Zum Beispiel die Folgerung, dass es derjenigen Zusammenballung von Elementarteilchen und ihren Prozessen, die ich "Person" nenne, unmöglich sein könne, eine Wahl zu treffen. Und diese Folgerung müsstest Du selbstverständlich auch begründen.

step hat folgendes geschrieben:
Du magst recht haben, daß dies banal ist, aber dennoch halten viele Leute am FW fest, obwohl das widersprüchlich ist.

Ein "freier Wille" der bedeutet, man könne sich unabhängig von allen Gegebenheiten selber neu formen, ist selbstwidersprüchlich und logisch unmöglich.

Ein "freier Wille" jedoch, der bedeutet, man könne über sich reflektieren, sich seiner Präferenzen und den Anforderungen anderer und sonstigen Einflüssen mehr oder weniger bewusst werden und darauf aufbauend eine Entscheidung treffen, ist es mMn nicht. Was heißt, dass eine Person nicht nur durch äußere Umstände gesteuert wird, also nicht mit z.B. einem Blatt am Baum gleich zu setzen ist, sondern es einen wesentlichen Einfluss der Person auf sich selber gibt.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Man könnte Verantwortung auch danach zuweisen, ob man bestimmten Personen diese Handlung zutraut (sie von ihnen erwartet). Die WIllkür wäre dann in gewisser Weise auf ein soziales Gerüst eingedämmt.
Man kann jemanden nur etwas zutrauen, von ihm nur das erwarten, was er auch leisten kann, was in seinem Handlungsspielraum liegt. Ja, dann unterscheidet sich das wohl nicht mehr von meiner Auffassung.

Leider doch: Der Unterschied liegt hier:
- AP: ... von ihm nur das erwarten, was er auch leisten kann, was in seinem Handlungsspielraum liegt
- step: ... von ihm nur das erwarten, von dem wir meinen, daß er es vermutlich leisten WIRD.

Nein, das tun wir nicht. Wir geben einen Vertrauensvorschuss und dann warten wir ab, was passieren wird. Dieser Vertrauensvorschuss wird jedem unauffällig gebliebenem Erwachsenen gegeben, ohne Vorleistung. Dabei wissen wir sehr wohl, dass nicht alle diesem Vertrauensvorschuss gerecht werden.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Wenn wir jemand keine Verantwortung zuweisen, bedeutet das nicht, ihn wie einen Geisteskranken zu behandeln. Denn erstens weisen wir auch Geisteskranken Verantwortung zu (wenn auch nur sehr wenig), zweitens ist nichts Schlimmes an einer graduell abgestuften Zuweisung von Verantwortung. Auch in der traditionellen Schuld-und-freier-Wille-Gesellschaft wird graduell Verantwortung zugewiesen, z.B. Kinder oder Berufe mit mehr oder weniger Budget, Macht usw.
Das sehe ich anders. In unserer Gesellschaft ist es so, dass erwachsenen Menschen ein bestimmtes Bündel an Verantwortung automatisch zugewiesen wird, weil man davon ausgeht, dass sie normativ ansprechbar sind und diese Normen umsetzen können.

... "vmtl. umsetzen werden", aber sonst ok.

... weil sie es grundsätzlich können.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dadurch, dass man das tut, erhalten diese Menschen ein gewisses Maß an Freiheit. Es wäre also sehr wohl schlimm, wenn man das nicht tun würde, denn jemandem die Fähigkeit zu verantwortungsvollem Handeln abzusprechen, bedeutet, ihn (graduell) zu entmündigen und dadurch zieht man die Legitimation, über ihn bestimmen zu dürfen (wenn er seine Handlungen nicht unter Kontrolle hat, dann dürfen wir die Kontrolle vornehmen).

Ja, aber genau das passiert auch in der traditionellen Schuld-und-freier-Wille-Gesellschaft.

Es passiert nur dann (sollte im Idealfall nur dann passieren), wenn er sich hat etwas zuschulden kommen lassen.

step hat folgendes geschrieben:
Wir sprechen allen möglichen Menschen graduell die Fähigkeit zu verantwortungsvollem Handlen ab, nur ohne so konsistente Begründung und ohne ethische Dekonstruktion. Zum Beispiel ist es Nichtärtzten verboten, Operationen anzubieten. Weil wir ihnen auf diesem Gebiet verantwortungsvolles Handeln absprechen.

Zusätzlich zu dem jeden normalen Erwachsenen zugestandenen Vertrauensvorschuss gibt es zusätzliche Vertrauenszugeständnisse, die bestimmte Qualifikationen voraussetzen. Und weiter? Was folgt dMn daraus?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Ansonsten befürchte ich stark bei Deiner Sichtweise, dass sie für meinen Geschmack zu schnell paternalistische Methoden legitimiert.

Das verhindert Deine Sichtweise übrigens nicht über den Glauben an den FW, sondern eher über den "absoluten Humanismus / Personalismus". Gewisse Unantastbarkeiten, Rechte usw. werden einer gewissen Klasse von Objekten axiomatisch zugesprochen. Das ist zwar unlogisch, gewährleistet aber eine vereinfachte und einigermaßen funktionierende Moral.

Meine Auffassungen von Ethik stehen in diesem Fred gar nicht zur Debatte. Aber interessant, dass Du meiner eigentlichen Aussage nicht widersprichst.

Die von mir genannten Bestrebungen und Schlussfolgerungen aus Deiner Sichtweise gibt es nämlich sehr wohl (alles sei determiniert und daher gleich zu bewerten und daher mache es keinen Unterschied, ob man jemanden bevormunde oder nicht. Sei alles eh dasselbe, weil "Determinismus" (wie immer natürlich ohne Begründung, nur mit einem impliziten Hinweis auf Evidenz) und daraus folge irgendwie evident, "Freiheit" sei nur ein hohles Wort ohne jegliche naturwissenschaftliche Relevanz und nur "naturwissenschaftliche Relevanz" sei "echte Relevanz". Man müsse nun ein Ziel setzen, "Leidvermeidung" oder irgend etwas anderes und das sei dann nicht willkürlich, sondern wieder einfach so evident und behauptete Evidenz bedürfe gar keiner Begründung, sondern müsse widerlegt werden, sonst gelte sie uneingeschränkt und man müsse alles auf diese ach so evidenten Ziele ausrichten, koste es, was es wolle, Hauptsache, man bleibt immer ganz logisch und nicht willkürlich).

Ich möchte nicht behaupten, dass auch Du diese Sichtweise so teilst, mag sein, dass Du das etwas differenzierter siehst, aber es gibt nun mal die sich aus dieser Sichtweise speisende Argumentation (z.B. der olle Markowitsch).

Eine Sichtweise übrigens, um das noch einmal explizit festzuhalten, die meiner Meinung nach durch keinerlei (natur-)wissenschaftliche Erkenntnisse untermauert ist, sondern nur durch schlechte Philosophie, also letztlich gar nicht.

Um gleich mal dem ewigen Vorwurf entgegen zu treten, ich würde gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren wollen.
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Wolf
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Beitrag(#961464) Verfasst am: 23.03.2008, 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Was heißt hier "abgesehen vom FW"?
Abgesehen von einem "freien Willen"-modell.
Zitat:

Großbuchstaben aneinanderreihen kann jeder.
KB auch.
Zitat:

Ich kenne alleine schon eine ganze Reihe von teilweise äußerst heterogenen Konzepten, die unter dem Namen freier Wille umgehen.
Ja. Mich interessieren die nicht sonderlich. Es gibt auch FW-Konzepte die sich rein in der Bezeichnung von meiner Vorstellung des Willens unterscheiden, AP ist dem zum Beispiel sehr nahe.
Zitat:

Einige davon enthalten Prädikate oder Verkettungen, die von sich in Anspruch nehmen, jenseits der Opposition von kausaler Verknüpfung und Zufall zu stehen, andere tun es nicht.
Habe ich auch nie abgestritten.
Zitat:

Und andere machen nicht einmal eine solche Opposition auf. Wenn du einen guten Rat von mir willst: gewöhn' dir solche Abkürzungen ab. Die können einem tierisch das Blickfeld verkleistern.
Ich habe keine Problem mit Abkürzungen. Ich finde ehrlich gesagt, die meisten Sätzen, angesichts des so niedrigen Informationsgehalts, den sie enthalten, zu lang.
Zitat:

Was ich sagen will, ist: Du weisst schlichtweg nicht, was dir morgen für Modelle über den Weg laufen, die dir vielleicht oder vielleicht auch nicht mehr oder weniger einleuchten. Ich halte z.B. auch nichts davon, die Logik zur Metaphysik zu machen.

Ja und? Mich würde es freuen, wenn mich ein solches Konzept überzeugen würde. Dann hätte ich einen Grund meine Logik zu überarbeiten, dass wäre bestimmt aufregend.
Bisher sehe ich aber keinen Anlass dazu.
Ich hoffte du hättest mir ein nicht deterministisches, nicht zufälliges Konzept welches sich nicht auf einen freien Willen bezieht zeigen können, ein solches ist mir nämlich völlig fremd und wäre alleine deswegen unabhängig davon ob es überzeugend ist für mich interessant.
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Lukrez
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Beitrag(#961468) Verfasst am: 23.03.2008, 23:38    Titel: Antworten mit Zitat

John R. Searle im Interview:
Alle unsere angeblich freien Handlungen sind vollständig bestimmt von kausalen Prozessen im Gehirn...
Wir haben immer noch zu wenig Ahnung davon, wie das Gehirn Bewusstsein produziert, um eine Vorstellung zu haben, wie das wohl wäre. Also habe ich nachgeschaut, wo wir ziemlich sicher sind, dass es in der Natur Indeterminismus gibt. Sicher sind wir da nur auf dem quantenmechanischen Niveau. Doch kein Neurobiologe von Rang hält die quantenmechanische Erklärung für bedenkenswert.

http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/
Doc~EE9B99337FC2B4260A00CCDA0854D43C5~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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Tarvoc
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Beitrag(#961539) Verfasst am: 24.03.2008, 00:51    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Bisher sehe ich aber keinen Anlass dazu.

Eben. Ich ja eben auch nicht. zwinkern

Wolf hat folgendes geschrieben:
Ich hoffte du hättest mir ein nicht deterministisches, nicht zufälliges Konzept welches sich nicht auf einen freien Willen bezieht zeigen können.

Ich bin gerade schwer am Überlegen. Das (hypothetische) Ereignis einer Erschaffung der Welt ex Nihilo, wenn man ein solches annimmt, wäre zum Beispiel weder determiniert noch im eigentlichen Sinne zufällig. Naja, wenn du unbedingt lustig bist, kannst du das auch unter den freien Willen subsummieren - dann eben unter den freien Willen des jeweiligen Erschaffers. Und klar kann uns beide sowas nicht überzeugen - zumindest in keiner mir bekannten Ausarbeitung. Unter anderem auch aus logischen Gründen. Was nicht heißt, dass niemand sowas vertreten würde.
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Dreiklang
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Beitrag(#961561) Verfasst am: 24.03.2008, 01:35    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mich von vorn bis hierher durchgekämpft, nicht ganz alles verstanden.
1. Zwischenfrage:
Ein Steinzeit-Atheist müßte doch zumindest so ein jahreszeitenunabhängiges Phänomen wie Wind für rein zufällig gehalten haben, während ein Steinzeit-Determinist es nur mit höheren Wesen erklären konnte, die nach freiem Willen handeln.
Heute wissen wir mehr.
Ist es denn logisch auszuschließen, daß wir in ferner Zukunft auch Quantenereignisse determiniert erklären können?
2. Zwischenfrage:
Verwendet Ihr bei gleichen Begriffen auch gleiche Bedeutungen?:
Wir wissen, daß sensitive Systeme unvorhersehbare Ergebnisse hervorbringen,
aber in ihren Elementen und in den Einzelschritten determiniert sind. Bezeichnen wir die unvohersehbaren Ergebnisse nun als Zufall? Wäre das gleichzusetzen mit Indeterminiertheit? Werden in diesem Sinne zufällige Entscheidungen mit freiwilligen Entscheidungen gleichgesetzt?
3. Zwischenfrage:
Woran kann ich von außen erkennen, daß ein Wesen/Mechanismus sich seiner selbst bewußt ist? Ist ein Roboter, der sich selbst reproduzieren kann nicht u.U. schon ein Tier und ist ein Tier, das Probleme lösen kann, nicht schon intelligent, eins, das sich im Spiegel selbst erkennt, sich seiner selbst bewußt? Ab wann kann ich freien Willen annehmen? Bitte erst Frage 2 beantworten!!!
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Die Erbsünde der Kirche ist die Erfindung der Erbsünde selbst: Die Verdammung von Vernunft und Erkenntnisstreben (Sündenfall, 1. & 4. Gebot) und Heiligsprechung freiwilliger Idiotie (Bergpredigt)!
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Wolf
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Beitrag(#961562) Verfasst am: 24.03.2008, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Ich hoffte du hättest mir ein nicht deterministisches, nicht zufälliges Konzept welches sich nicht auf einen freien Willen bezieht zeigen können.

Ich bin gerade schwer am Überlegen. Das (hypothetische) Ereignis einer Erschaffung der Welt ex Nihilo, wenn man ein solches annimmt, wäre zum Beispiel weder determiniert noch im eigentlichen Sinne zufällig.
Gefällt mir.
Wo Erschaffung glaube ich nicht notwendig ist, es reicht eine Art Erstsituation, die kann in der Tat weder determiniert noch im eigentlichen Sinne zufällig sein.
(Dennoch ist sie meiner Auffassung nach natürlich nicht-zufällig, obwohl sie auch nicht-determiniert ist.)
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Dreiklang
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Beitrag(#961564) Verfasst am: 24.03.2008, 01:38    Titel: Antworten mit Zitat

Um noch mal den Ausgangspunkt dieses Threads zu berücksichtigen:
Ich gehe davon aus, daß die meisten Lebewesen einen Urwillen haben, nämlich eigenes Wohlergehen. (Schon bei der Frage, erst recht aber in der konkreten Umsetzung kommt es auch zu Fehlleistungen.) Anders gesagt, alles, auch Dummes, Perverses, Altruistisches, Selbstzerstörerisches etc. tut er für sich. Das bietet also keine Grundlage für Verurteilung. Aber so, wie wir alles, was wir tun, für uns tun, müssen wir auch selbst verantworten, daß wir es getan haben. (Also auch der z.B., der einer Strafe entgeht, muß damit leben, daß er etwas vermeintlich Strafwürdiges getan hat.) Unabhängig davon, wie frei wir unseren Willen einschätzen (Wollen wir Dummheit bestrafen oder Vorsatz?), müssen wir uns doch vor allem darum kümmern, daß wir unsere Freiheiten imi gesellschaftlichen Zusammenleben schützen. Das Recht auf Vorverurteilung darf vorläufig niemandem zugestanden werden. Der Fortschritt auf psychologischem Gebiet u.a. sollte genutzt werden, den Umgang mit Opfern, Tätern und Reaktoren (Polizei, Gericht, Vollzugsbeamte) auf eine Minimierung der individuellen Schäden als auch des anonymen gesellschaftlichen Schadens hin auszurichten.
In diesem Sinne ist es auch wichtig, nicht nur zu einer gewaltfreien Erziehung hin, sondern auch von einer sünden- und rachefixierten Erziehung wegzukommen. Der Fokus auf Rache und Strafe spricht die negativen Persönlichkeitsanteile des Täters an, das Opfer wird übersehen.

Für mich ist also, trotz meines oben geäußerten Interesses, die Frage nach der Definition des "Freien Willens" zweitrangig. Für wichtiger halte ich, daß wir unsere eigenen Orientierungen und Reaktionmuster überprüfen.

Wenn wir geistig frei sind - schön, dann auf zur nächsten Ebene:
Machen wir auch unsere Gefühle frei von christlicher Werteverdrehung!
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Lukrez
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Beitrag(#961571) Verfasst am: 24.03.2008, 01:57    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Erschaffung der Welt ex Nihilo

Interessantes Problem, dem man sich nur philosophisch nähern kann.
Enttäuscht bin ich da von den letzten Versuchen des Harald Lesch bezüglich Philosophie - speziell seiner angeblichen Widerlegung des Parmenides.
Nach Parmenides kann nicht nichts sein.
Hätte es jemals nichts gegeben, so könnten wir nichteinmal die Frage nach demm Nichts stellen.
Also ist alles ewiges Sein.
(Was nach Lesch angeblich wissenschaftlich widerlegt sei...)
Wieso muss nach der Wissenschaft der Urknall aus dem Nichts entstanden sein?
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Wolf
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Beitrag(#961574) Verfasst am: 24.03.2008, 02:03    Titel: Antworten mit Zitat

Lukrez hat folgendes geschrieben:
Hätte es jemals nichts gegeben.
Per Definition hat es nichts nicht gegeben
Zitat:

Wieso muss nach der Wissenschaft der Urknall aus dem Nichts entstanden sein?

Muss er das?
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Lukrez
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Beiträge: 20

Beitrag(#961581) Verfasst am: 24.03.2008, 02:26    Titel: Antworten mit Zitat

Wolf hat folgendes geschrieben:
Lukrez hat folgendes geschrieben:
Hätte es jemals nichts gegeben.
Per Definition hat es nichts nicht gegeben
Zitat:

Wieso muss nach der Wissenschaft der Urknall aus dem Nichts entstanden sein?

Muss er das?

Nicht Parmenides lag falsch, sondern die Atomisten lagen falsch!
Sie sagten: Es gibt Atome und leeren Raum.
(Leerer Raum = Nichts)
Parmenides sagte: Alles ist voll, alles ist Sein, alles ist ewig.
Nach Lesch widerspricht das aber der Tatsache des unablässigen Wandels des Seins.
Aber das Sein muss sich unablässig wandeln, da es sonst das Nichts wäre.
Ich erinnere mich an eine Sendung von Lesch:
Warum ist nicht Nichts?
Darin erklärt er das Sein (den Urknall) aus einer Schwankung des Nichts. Auf den Arm nehmen
Wissenschaft ist wohl oft nur schlechte Philosophie.
Er faselte selbst vom Sein als Gottesgeschenk. Geschockt

SWR2 Aula / Was die Welt im Innersten zusammenhält / Was ist Naturphilosophie?
Von Harald Lesch
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Beitrag(#961635) Verfasst am: 24.03.2008, 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Deshalb habe ich weiter oben geschrieben, daß Dein Begriff der Willensfreiheit ein rein psychosozialer zu sein scheint: WEIL die Person mehrere Möglichkeiten sieht und diese bewerten kann, nennst Du sie "handlungsfrei".
Nein, es reicht natürlich nicht aus, dass diese Person mehrere Möglichkeiten sieht. Sie muss sie auch tatsächlich haben, d.h. man kann nicht etwas Unmögliches von der Person erwarten.
Aber wie soll das mit den mehreren echten Möglichkeiten funktionieren? Meinst Du, daß sich die Gesamtwellenfunktion (Gehirn plus relevante Umwelt) nicht unitär zeitentwickelt?

Ab hier könnte ich dich schon unredlich nennen, könnte ich nicht antizipieren, daß du nicht anderst denken willst als du könntest, wenn du dir Freiheit nehmen würdest deine These von einem alternierendem aber mindestens gleichwertigen Standpunkt zu betrachten.
also nochmal:
Das das bekannte Universum eine unitärer Zeitentwicklung hat, ist für den individuellen Jetztzustand nur von limitierender Bedeutung, kann jedoch niemals reiner deterministischer Zwangszustand sein.
Dein reduktionistsisches Null setzen des aktuellen Jetzt, ist bereits eine unzulässige Generalisierung - du kannst nicht beweisen das Jetzt ein deterministisches Jetzt ist, das es also gar nicht anders kommen konnte wie es gekommen ist.
Und es nützt nicht darauf zu verweisen, das alles nur im Rahmen der Physik stattzufinden hat, das erklärt eben nur den Lauf der Sterne nicht aber das werden und vergehen von Kulturen.
Eine Kultur verfügt nunmal schlicht nicht über dieselbigen Eigenschaften wie Materie - zu sagen das Kultur den gleichen Naturgesetzen wie Sternhaufen unterliegen, macht nicht wirklich Sinn und erklärt gar nie nichts.


step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich verstehe immer noch nicht, was Du unter einem echten Freiheitsgrad verstehst.
IdZ eine Komponente im Handlungsablauf, die nicht durch die Wirkung des unitären Zeitentwicklungsoperators der bekannten phys. Gesetze auf das elementare Gesamtsystem (Elementarteilchen von Gehirn, Reizen, Händen, Kugeln usw.) determiniert, oder aber echt zufällig, ist.
Entweder ist etwas determiniert oder etwas ist zufällig [== (nicht) determiniert]. Es kann bei dieser Definition nichts Drittes geben.
Genau. Deswegen gibt es keinen physikalsichen Freiheitsgrad, mit Ausnahme des QM-Zufalls, der sich aber auch nicht für den FW eignet.


In welchen Stoffeigenschaften unterscheide ich mich denn bspw. von Usambaraveilchen,
In welchen Struktureigenschaften unterschieden sich die frühen Hominiden von unseren Schimpansen?
Das Individuum besitzt deutlich mehr Handlungsfreiheit als ein Usambaraveilchen und ein menschliches Individuum gebietet über deutlich mehr Willensentscheidungen als ein Schimpanse.

Freiheitsgrade sind nicht neue physikalische Eigenschaften, sondern eben schlicht strukturimmanente neue Wahlmöglichkeiten.
Wie könnte ich denn eine Präferenz für Schokoladeneis bekommen, wenn meine Kultur diese Wahlmöglichkeit nicht der Natur abgerungen hätte?
Welche Präferenz für Schokaldeneis muß präexistent in der Kultur sein, um dieses anzubieten?
Oder hat da Etwas, in unglaublicher Weise einem hirnverbrannten Puppet aus dem nichts Schokoladeneis einprogrammiert?
Muß wohl eine echter QM-Zufall gewesen sein.

banalerweise macht es noch nichteinmal Sinn Bewußtsein und (freien) Willen voneinander zutrennen.
Denn in welchen physikalischen Teilchen verstecken sich Präferenzen für Wissenserwerb oder das Streben nach Erkenntnis? Okay Wissen ist durchaus von evolutionärem Vorteil, was machen wir nur mit all den anderen weniger funktionelles kulturellen Emanationen, fitktionale Literatur Kunst oder Musik ... Affen tanzen nicht.
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Beitrag(#961651) Verfasst am: 24.03.2008, 12:08    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wodurch muss jetzt die in meiner Vorstellung gebildete Wahlmöglichkeit ... genau so ablaufen und kann ganz, ganz unmöglich anders ablaufen ?

Weil die Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion auch für das System gilt, daß die in Deiner Vorstellung gebildeten Wahlmöglichkeiten bewertet. Egal, wie die Bewertung im Detail funktioniert oder wie komplex sie ist.

Es ist nur eine ausführbar, weil die Bewertung (Auswahl) selbst durch die Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion determiniert ist (disclaimer für Quantenzufallkopplungen bla bla ...).

Das habe ich jetzt aber schon diverse Male erwähnt. Es wäre jetzt an Dir, das Geheimnis zu lüften, wieso doch (im selben Gehirn, in derselben Situation zur selben Zeit) beides ausführbar sein sollte.


- eine durchgängige determinisische Kausalität von Mikro- zu Makrokosmos ist Fiktion.
- weil es eine "Schnittstelle" wie du sie dir vorstellst zwischen physikalischem Mikrokosmos und Bewußtsein nicht gibt. (Was genau war an meinen Hinweise, Links, Ausführungen zu Themen der Systemtheorie eigentlich unverständlich ?)
- systemtheoretisch Emergenz als zweifelsfrei vorhanden anzusehen ist, insbesondere in komplexen Systemen
- Kausalität in komplexen, selbstorganisierenden Systemem wesentlich auch top-down auftritt
- eine komplexe Bewertung in meinem Beispiel gar nicht stattfindet (vgl. sogar Aussagen von Roth, wieviele Objekte gleichzeitig im bewußten Denken "modelliert" werden.)
- weil du ja selbst schon zugestanden hast, daß die (freien) Vorstellungen unterschiedlicher Handlungen sich bilden können. (von da zur freien Handlung ist's eigentlich nur mehr ein gradueller Schritt)

Erwin
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Wolf
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Beitrag(#961663) Verfasst am: 24.03.2008, 12:33    Titel: Antworten mit Zitat

Lukrez hat folgendes geschrieben:

(Leerer Raum = Nichts)

Weshalb?
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Beitrag(#961667) Verfasst am: 24.03.2008, 12:37    Titel: physikalischer Reduktionismus und Entenversuche Antworten mit Zitat

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Deshalb habe ich weiter oben geschrieben, daß Dein Begriff der Willensfreiheit ein rein psychosozialer zu sein scheint: WEIL die Person mehrere Möglichkeiten sieht und diese bewerten kann, nennst Du sie "handlungsfrei".
Nein, es reicht natürlich nicht aus, dass diese Person mehrere Möglichkeiten sieht. Sie muss sie auch tatsächlich haben, d.h. man kann nicht etwas Unmögliches von der Person erwarten.
Aber wie soll das mit den mehreren echten Möglichkeiten funktionieren? Meinst Du, daß sich die Gesamtwellenfunktion (Gehirn plus relevante Umwelt) nicht unitär zeitentwickelt?

Ab hier könnte ich dich schon unredlich nennen, könnte ich nicht antizipieren, daß du nicht anderst denken willst als du könntest, wenn du dir Freiheit nehmen würdest deine These von einem alternierendem aber mindestens gleichwertigen Standpunkt zu betrachten.
also nochmal:
Das das bekannte Universum eine unitärer Zeitentwicklung hat, ist für den individuellen Jetztzustand nur von limitierender Bedeutung, kann jedoch niemals reiner deterministischer Zwangszustand sein.
Dein reduktionistsisches Null setzen des aktuellen Jetzt, ist bereits eine unzulässige Generalisierung - du kannst nicht beweisen das Jetzt ein deterministisches Jetzt ist, das es also gar nicht anders kommen konnte wie es gekommen ist.
Und es nützt nicht darauf zu verweisen, das alles nur im Rahmen der Physik stattzufinden hat, das erklärt eben nur den Lauf der Sterne nicht aber das werden und vergehen von Kulturen.
Eine Kultur verfügt nunmal schlicht nicht über dieselbigen Eigenschaften wie Materie - zu sagen das Kultur den gleichen Naturgesetzen wie Sternhaufen unterliegen, macht nicht wirklich Sinn und erklärt gar nie nichts.


Ich zitiere dazu mal den Experten aus der FAZ:

Zitat:
Sicher sind wir da nur auf dem quantenmechanischen Niveau. Doch kein Neurobiologe von Rang hält die quantenmechanische Erklärung für bedenkenswert.
http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/
Doc~EE9B99337FC2B4260A00CCDA0854D43C5~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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All dieses sinnlose Operieren mit "physikalischen Freiheitsgraden" oder der "Unitarität der Zeitentwicklung" von step ist einfach gescheitert, auch hier in dieser Diskussion.

Und deshalb switchen die Gegner der Willensfreheit auf andere Begründungen um, zitieren wieder Roth, Schopenhauer, usw. Warum nicht gleich Konrad Lorenz mit seinen Entenversuchen?

Meiner Ansicht nach läuft all dieses Gedöns darauf hinaus, überhaupt den individuellen und subjektiven Willen zu leugnen. Das wiederum geht damit einher, dem Menschen jede Kreativität und Schöpferkraft abzusprechen.

Dabei ist doch klar, dass es einen Unterschied zwischen einer Entscheidung unter situativen Drucksituationen (wie von Roth beschrieben) und Nicht-Drucksituationen gibt. Ebenso ist der entfremdete Wille eines Menschen (z.B. durch Identifikation mit bestimmten herrschenden Institutionen) nicht in eine Reihe zu stellen mit einem nicht-entfremdeten Willen.

Deshalb muss man schon den freien Willen eines Subjekts im Zusammenhang mit seinen Lebens- und Entwicklungsbedingungen betrachten. Kein Wesen lebt im luftleeren Raum.

Freiheit des Wollens braucht entsprechende Bedingungen, in denen der Mensch den Raum hat, zu sich selbst zu finden und in Ruhe Entscheidungen zu finden, die seinen Lebensbedürfnissen (und denen anderer) am optimalsten entsprechen (wobei es dabei durchaus mehrere gleichwertige geben kann).

Das Roth'sche Modell ist ja im Grunde ein reines Input-BlackBox-Output-Modell, welches völlig abstrahiert von dem, was in der BlackBox drin ist oder drin sein könnte.

Aber genau das ist der Punkt. Und der wird von diesen Leuten gar nicht erfasst. Hier geht es um qualitative Phänomene, nicht bloß um Reiz-Reaktion-Schemata.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich verstehe immer noch nicht, was Du unter einem echten Freiheitsgrad verstehst.
IdZ eine Komponente im Handlungsablauf, die nicht durch die Wirkung des unitären Zeitentwicklungsoperators der bekannten phys. Gesetze auf das elementare Gesamtsystem (Elementarteilchen von Gehirn, Reizen, Händen, Kugeln usw.) determiniert, oder aber echt zufällig, ist.
Entweder ist etwas determiniert oder etwas ist zufällig [== (nicht) determiniert]. Es kann bei dieser Definition nichts Drittes geben.
Genau. Deswegen gibt es keinen physikalsichen Freiheitsgrad, mit Ausnahme des QM-Zufalls, der sich aber auch nicht für den FW eignet.


In welchen Stoffeigenschaften unterscheide ich mich denn bspw. von Usambaraveilchen,
In welchen Struktureigenschaften unterschieden sich die frühen Hominiden von unseren Schimpansen?
Das Individuum besitzt deutlich mehr Handlungsfreiheit als ein Usambaraveilchen und ein menschliches Individuum gebietet über deutlich mehr Willensentscheidungen als ein Schimpanse.

Freiheitsgrade sind nicht neue physikalische Eigenschaften, sondern eben schlicht strukturimmanente neue Wahlmöglichkeiten.
Wie könnte ich denn eine Präferenz für Schokoladeneis bekommen, wenn meine Kultur diese Wahlmöglichkeit nicht der Natur abgerungen hätte?
Welche Präferenz für Schokaldeneis muß präexistent in der Kultur sein, um dieses anzubieten?
Oder hat da Etwas, in unglaublicher Weise einem hirnverbrannten Puppet aus dem nichts Schokoladeneis einprogrammiert?
Muß wohl eine echter QM-Zufall gewesen sein.

banalerweise macht es noch nichteinmal Sinn Bewußtsein und (freien) Willen voneinander zutrennen.
Denn in welchen physikalischen Teilchen verstecken sich Präferenzen für Wissenserwerb oder das Streben nach Erkenntnis? Okay Wissen ist durchaus von evolutionärem Vorteil, was machen wir nur mit all den anderen weniger funktionelles kulturellen Emanationen, fitktionale Literatur Kunst oder Musik ... Affen tanzen nicht.


Stimmt.

Ich möche im übrigen noch mal darauf hinweisen, dass selbst dann, wenn ein Mensch - würde man ihn mit einer Zeitmaschine in die Vergangnheit zurück versetzen - immer wieder identisch handeln würde, dies kein Einwand gegen freies, seinem Willen gemäßes Handeln wäre.

Es kann umgekehrt gerade Ausdruck einer freien Willensentscheidung sein, genau eine bestimmte und keine andere Handlung zu begehen, nämlich dann, wenn irgend eine andere Handlung suboptimal wäre.

Freiheit des Willens heisst so viel wie Freiheit der Herstellung von Bedingungen, in denen wesentliche eigene Lebensbedürfnisse (und ggf. die anderer Wesen) möglichst maximal und nachhaltig realisiert werden können.

Wenn das durch viele gleich gute Handlungsoptionen erreicht werden kann, dann würde der freie Wille durch verschiedene Handlungen repräsentiert.

Wenn nicht, dann nur durch eine bestimmte Handlung.

Letzeres ist die Regel und widerspricht zwar der Handlungsfreiheit, nicht aber Willensfreiheit=Willenserfüllung.

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Beitrag(#961712) Verfasst am: 24.03.2008, 13:42    Titel: Antworten mit Zitat

@AP: Ein-Wort-Nachfragen, nur um mich am Rotieren zu halten, habe ich übersprungen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Oder Du bezeichnest einfach ein bestimmtes Paket rein kausaler Effekte als "Person mit freiem Willen".

Ja, genau das tue ich.

Nur noch mal schwarz auf weiß zitiert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Oder können auch reale Handlungsmöglichkeiten aus rein kausaler Physik und echtem Zufall entstehen? Wenn ja, wie?

Rückkopplung, Rückbezüglichkeit, Bewusstsein, Bewertungsfähigkeit, Berücksichtigung der Umstände, Reflektion.

Wie soll das gehen?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Person könnte "intentional handeln", auch wenn alles determiniert wäre. Um das Gefühl zu haben, intentional zu handeln, reicht es aus, daß Absicht (bewußte Präferenz o.ä.) vorhanden ist.

Das Gefühl zu haben, intentional zu handeln, ist nicht dasselbe, wie es zu tun. ...

Du sollst nicht zum x-ten Mal beteuern, daß das nicht dasselbe ist, sondern zeigen, wie man dazwischen unterscheiden kann. Denn sonst habe ich Dein Argument, "Intentionalität" belege Handlungsfreiheit, widerlegt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... es gibt aber in meiner Sicht bestimmte innere Zustände, die nicht jemanden zu etwas zwingen können, weil nämlich dieser jemand diese inneren Zustände ist. Es ist halt in meiner Sicht ziemlich unsinnig zu sagen, meine Präferenzen haben mich zu etwas gezwungen, denn das ist wieder mal eine dualistische Sicht: es setzt eine Trennung zwischen "mir" und "meinen Entscheidungen" voraus.

Nach derzeitiger Kenntnis des Gehirns und Bewußtseins (z.B. gehört das limbische System zur Person?) wirst Du wohl irgendwann eine Analyse zulassen müssen und kannst nicht ewig die Person als integren psychophilosophischen Klotz ansehen. Auch Deine Forderungen nach detaillierter "Evidenz" erhalten einen Beigeschmack, wenn Du selbst bei jeder Gelegenheit eine Reduktion des Gesamtsystems psychologisierend für unzulässig erklärst.

Des weiteren ist es für meine Argumentation kein Nacheil, wenn man die inneren Zustände mit dem Begriff "Person" belegt und identifiziert. Da ja alle Wirkungen kausal sind, hat man dann halt eine Art kausaler Selbstwechselwirkung.

Zudem hältst Du Dich auch selbst nicht immer daran, solche Trennungen zu vermeiden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und da es nur äußere und innere Umstände gibt, hätte er insgesamt nicht anders handeln können. Da wir aber in diesem Fall diese Umstände (vor allem die inneren) meist nicht genau durchschauen

Ja, aber die genaue Kenntnis aller Umstände ist mAn keine notwendige Voraussetzung, um eine Entscheidung als eine der Person zuzuordnende anzusehen.

Aber auch Du verwendest die Kenntnis innerer Umstände, um zu entscheiden, ob die Entscheidung "frei" war oder nicht, etwa bei der Verurteilung eines Verbrechers mit schwerer Kindheit. Hast Du dieses Wissen nicht, sprichst Du ihm freien Willen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
und zudem wissen, daß andere Personen in ähnlichen Situationen mit anderem Ergebnis handeln, deuten wir das fälschlicherweise so, als hätte auch DIESE Person anders handeln können.

Sie HAT nicht anders gehandelt, aber sie HÄTTE anders handeln können. Nur wenn man zwischen beiden Aussagen keinen Unterschied sieht, stimmt Dein Satz. Sonst nicht. Und ich möchte hier einfach mal dreist behaupten, dass gemeinhin zwischen einer Möglichkeit und einer Realisation unterschieden wird.

Du gehst überhupt nicht auf meinen Punkt ein: Es geht mir um den Schluß von einer hyp. Stichprobe auf einen Einzelnen. Meine Theorie ist, daß wir - weil eine Stichprobe von vergleichbaren Situationen ein Handlungsspektrum ergibt - wir annehmen, auch der Einzelne hätte dieses Handlungsspektrum real zur Verfügung. Ähnlich wie beim Lotto: Die Ziehungszahlen haben ein Ergebnisspektrum, die einzelne Kugel in einer konkreten Ziehung nicht, sie ist kausal determiniert. Wir deuten es aber fälschlicherweise so, daß die einzelne Kugel mehrere Möglichkeiten hat.

Achtung: Die Analogie taugt nur in bezug auf das Wesen der "Möglichkeit", nicht auf das STrafrecht oder so, da es sich beim Lotto um eine Pseudozufallsverteilung handelt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ähnlich wie auch verschiedene Schachcomputer in derselben (!) Situation verschiedene Züge machen. Auch hier gab es hypothetisch mehrere Möglichkeiten, aber keine freie Wahl, sondern jeweils reine Kausalität mit unterschiedlichem Handlungsergebnis, und zwar aufgrund unterschiedlich determinierten inneren Zustands.

Einem Schachcomputer würde ich keinen freien Willen zusprechen, weil ihm die Fähigkeit fehlt, bewusst mehrere Möglichkeiten abzuwägen.

Mehrere Möglichkeiten abwägen tut er ja, nur eben nicht selbstbewußt. Er stützt also meine Theorie (siehe Abschnitt zuvor), aber Du fokussierst jetzt nicht mehr auf die Möglichkeiten, sondern auf das Bewußtsein. Heißt das, Du lehnst eine Bestrafung von Triebtätern ab? Bei denen hatte das Bewußtsein ja auch keine Chance gegen die Handlungsentscheidung der unbewußten Schichten (siehe das Roth-Interview).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich bin aber nicht Er_Win und ich teile seine Auffassung auch nicht, die insofern mit Deiner übereinzustimmen scheint, dass er meint, Zufall sei eine Grundnotwendigkeit für einen freien Willen, ...

Das meint vielleicht er, aber nicht ich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... bzw. eine vollständig determinierte Welt könnte keine Entscheidungen hervorbringen, sondern nur Abläufe, die man nicht Entscheidungen nennen dürfte. Ich bin da eher leidenschaftslos, weil ich keinen Grund dafür sehe, warum ein Determinismus Entscheidungen ausschließen sollte. Warum also sollte er?

"Enstcheidungen" würde ich akzeptieren, denn auch eine deterministische Bewertung rein hypothetischer Möglichkeiten (also einen rein kausalen Ablauf) kann man "Entscheidung" nennen, nicht aber "frei". Auch der Schachcomputer "entscheidet" ja für eine Möglichkeit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das ganze ist eine komplett kausale Abfolge im Gesamtsystem. Wie beim Schachcomputer, nur viel komplexer und nicht designt, sondern selbstorganisiert und evolviert - was aber bis zum Beweis des Gegenteils nix ändert.
Nix ändert an was?

Daß es keine realen Möglichkeiten gibt (nein, auch nicht vor der Handlung), sondern nur hypothetische in der Vorstellung.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du (und viele andere hier auch) scheinen zu meinen, der einfache Hinweis auf Determination würde automatisch erklären, dass keine Entscheidungen möglich seien, weil der Determinismus "echte Möglichkeiten" (was auch immer das sein mag) ausschließen würde. Das ist aber keineswegs so evident, wie Ihr zu glauben scheint.

Ich habe durchaus recht genau definiert, was ich mit "echte Möglichkeiten" meine. Dennoch ist das ein valider Punkt. Zeige doch mal, daß das nicht so evident ist.

Beweislastumkehr? Nee, so läuft das nicht. Wer eine Behauptung aufstellt, die er als evident ansieht, muss sie spätestens dann begründen, wenn jemand anderes die Evidenz anzweifelt.

- Die hier relevante Physik ist extrem gut bestätigt und verbietet nichtunitäre Zeitentwicklungen auch komplexerer Systeme. Zudem gilt als derzeit beste Theorie, daß das Gehirn nur aus Elementarteilchen besteht, die der QED gehorchen. Damit ist erstmal hinreichend evident, daß auch ein auf dieser Basis selbstorganisertes makroskopisches System zu einem beliebigen Zeitpunkt nicht mehrere Möglichkeiten hat. Es handelt sich also nicht um Beweislastumkehr.

- Deine intuitionistisch-psychologisierende Argumentation dagegen ist überhaupt nicht evident: EInerseits gibst Du vollständige Kausalität zu, andererseits deutest Du an, durch emergente Effekte wie Bewußtsein, durch Selbstorganisation und Rückkopplungen könnte etwas entstehen, das vor der Handlung mehrere Möglichkeiten hat. Ich habe gezeigt, inwiefern das der Physik widerspricht, und sogar eine Erklärung vorgeschlagen, wie es dennoch zur Intution von Freiheit kommt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du musst halt nun zeigen, dass deterministische Vorgänge bewusste Entscheidungen automatisch als Illusionen dastehen lassen.

- Das muss ich nicht zeigen, sondern es reicht zu zeigen, daß deterministische Vorgänge mehrere echte Möglichkeiten automatisch als Illusionen dastehen lassen. Und das habe ich getan.

- Kannst Du übrigens zeigen, daß deterministische Vorgänge göttliches Eingreifen automatisch als Illusionen dastehen lassen?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein "freier Wille" jedoch, der bedeutet, man könne über sich reflektieren, sich seiner Präferenzen und den Anforderungen anderer und sonstigen Einflüssen mehr oder weniger bewusst werden und darauf aufbauend eine Entscheidung treffen, ist es mMn nicht. Was heißt, dass eine Person nicht nur durch äußere Umstände gesteuert wird, also nicht mit z.B. einem Blatt am Baum gleich zu setzen ist, sondern es einen wesentlichen Einfluss der Person auf sich selber gibt.

Alles kein Problem, ist alles auch in einer komplett determiniertenWelt möglich, bis auf den Begriff "frei" dafür. Fällt Dir auf, daß in dieser Deiner doch recht ausführlichen Definition plötzlich das einstmals wesentliche Kriterium fehlt, nämlich daß es zum Zeitpunkt vor der Handlung mehrere echte Möglichkeiten geben muß?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Der Unterschied liegt hier:
- AP: ... von ihm nur das erwarten, was er auch leisten kann, was in seinem Handlungsspielraum liegt
- step: ... von ihm nur das erwarten, von dem wir meinen, daß er es vermutlich leisten WIRD.

Nein, das tun wir nicht. Wir geben einen Vertrauensvorschuss und dann warten wir ab, was passieren wird. Dieser Vertrauensvorschuss wird jedem unauffällig gebliebenem Erwachsenen gegeben, ohne Vorleistung. Dabei wissen wir sehr wohl, dass nicht alle diesem Vertrauensvorschuss gerecht werden.

Das ist kein Argument dafür, daß jeder EInzelne tatsählich diesen Handlungsspielraum hat. Wieso sind wir denn der Meinung, daß ein normaler Erwachsener niemanden ermordet? Doch nur, weil wir wissen, daß es meistens klappt und weil wir die inneren Zustände des Einzelnen nicht genau kennen / verstehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dadurch, dass man das tut, erhalten diese Menschen ein gewisses Maß an Freiheit. Es wäre also sehr wohl schlimm, wenn man das nicht tun würde, denn jemandem die Fähigkeit zu verantwortungsvollem Handeln abzusprechen, bedeutet, ihn (graduell) zu entmündigen und dadurch zieht man die Legitimation, über ihn bestimmen zu dürfen (wenn er seine Handlungen nicht unter Kontrolle hat, dann dürfen wir die Kontrolle vornehmen).
Ja, aber genau das passiert auch in der traditionellen Schuld-und-freier-Wille-Gesellschaft.
Es passiert nur dann (sollte im Idealfall nur dann passieren), wenn er sich hat etwas zuschulden kommen lassen.

Also wenn wir wissen, daß er sich anders verhält. Und genauso ist es in "meinem" System auch. Nur daß der Aquisition dieses Wissens mglw. anders (präventiv) erfolgt. Dadurch erhält man eine systematischere Abdeckung und vermeidet Schuld und Strafe, dafür riskiert man (im Falle unzureihenden Wissens über das Gehirn) falsche Präventivmaßnahmen. Was bedeutet es denn im klassischen System, wenn sich jemand hat etwas zuschulden kommen lassen? Daß er zukünftig (!) nicht in der Lage ist, Verantwortung zu tragen bzw. konform zu handeln? Oder nur, daß er es einmal nicht war?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wir sprechen allen möglichen Menschen graduell die Fähigkeit zu verantwortungsvollem Handlen ab, nur ohne so konsistente Begründung und ohne ethische Dekonstruktion. Zum Beispiel ist es Nichtärtzten verboten, Operationen anzubieten. Weil wir ihnen auf diesem Gebiet verantwortungsvolles Handeln absprechen.
Zusätzlich zu dem jeden normalen Erwachsenen zugestandenen Vertrauensvorschuss gibt es zusätzliche Vertrauenszugeständnisse, die bestimmte Qualifikationen voraussetzen. Und weiter? Was folgt dMn daraus?

Daß der Vorwurf, in meinem System würde Verantwortung graduell zugewiesen, nichts taugt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Ansonsten befürchte ich stark bei Deiner Sichtweise, dass sie für meinen Geschmack zu schnell paternalistische Methoden legitimiert.
Das verhindert Deine Sichtweise übrigens nicht über den Glauben an den FW, sondern eher über den "absoluten Humanismus / Personalismus". Gewisse Unantastbarkeiten, Rechte usw. werden einer gewissen Klasse von Objekten axiomatisch zugesprochen. Das ist zwar unlogisch, gewährleistet aber eine vereinfachte und einigermaßen funktionierende Moral.
Meine Auffassungen von Ethik stehen in diesem Fred gar nicht zur Debatte. Aber interessant, dass Du meiner eigentlichen Aussage nicht widersprichst.

Das ist richtig und hat den Grund darin, daß ich hier nicht für ein ethisches System werbe, sondern für eine korrekte Beschreibung der Welt. Ich bin übrigens sogar der Meinung - und habe das hier schon des öfteren geäußert - daß die Entmystifizierung von Person, FW usw. es keineswegs leichter macht, eine stabile Ethik zu entwicklen.
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Beitrag(#961738) Verfasst am: 24.03.2008, 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es wäre jetzt an Dir, das Geheimnis zu lüften, wieso doch (im selben Gehirn, in derselben Situation zur selben Zeit) beides ausführbar sein sollte.
- eine durchgängige determinisische Kausalität von Mikro- zu Makrokosmos ist Fiktion.

Ich nehme an, Du meinst hier nicht Quanteneffekte. Aber was dann? Was heißt "nicht durchgängig" genau? Wo hört sie auf?

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- weil es eine "Schnittstelle" wie du sie dir vorstellst zwischen physikalischem Mikrokosmos und Bewußtsein nicht gibt. (Was genau war an meinen Hinweise, Links, Ausführungen zu Themen der Systemtheorie eigentlich unverständlich ?)

OK, vergiß die Schnittstelle, die brauchen wir nicht.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- systemtheoretisch Emergenz als zweifelsfrei vorhanden anzusehen ist, insbesondere in komplexen Systemen

Das hat niemand bezweifelt, es belegt aber in keiner Weise, daß es im selben Gehirn, in derselben Situation zur selben Zeit 2 ausführbare Möglichkeiten gibt.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- Kausalität in komplexen, selbstorganisierenden Systemem wesentlich auch top-down auftritt

Sagen wir, es tritt "so etwas wie" Kausalität top-down auf. Es ist eine Art emergente Kausalität. Zum Beispiel ein Orkan, der ein Dach abhebt. Das belegt aber nicht, daß sie nicht vollständig durch Mikrokausalität realisiert ist.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- eine komplexe Bewertung in meinem Beispiel gar nicht stattfindet (vgl. sogar Aussagen von Roth, wieviele Objekte gleichzeitig im bewußten Denken "modelliert" werden.)

Wofür soll das ein Argument sein?

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- weil du ja selbst schon zugestanden hast, daß die (freien) Vorstellungen unterschiedlicher Handlungen sich bilden können. (von da zur freien Handlung ist's eigentlich nur mehr ein gradueller Schritt)

Nein. Der Schritt ist so kategorisch wie vom Film zur Realität, wie von den erlaubten Schachzügen zum tatsächlichen Zug, der auf einer Berechnung / Entscheidung basiert. Vorstellen kann man sich viele Versionen, sogar welche, die eindeutig der Physik widersprechen, etwa daß man fliegen kann.
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Beitrag(#961751) Verfasst am: 24.03.2008, 14:33    Titel: Antworten mit Zitat

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Meinst Du, daß sich die Gesamtwellenfunktion (Gehirn plus relevante Umwelt) nicht unitär zeitentwickelt? ...

Das das bekannte Universum eine unitärer Zeitentwicklung hat, ist für den individuellen Jetztzustand nur von limitierender Bedeutung, kann jedoch niemals reiner deterministischer Zwangszustand sein.

Soso.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Dein reduktionistsisches Null setzen des aktuellen Jetzt, ist bereits eine unzulässige Generalisierung - du kannst nicht beweisen das Jetzt ein deterministisches Jetzt ist, das es also gar nicht anders kommen konnte wie es gekommen ist.

Nenn mir den Freiheitsgrad oder lass es.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Und es nützt nicht darauf zu verweisen, das alles nur im Rahmen der Physik stattzufinden hat, das erklärt eben nur den Lauf der Sterne nicht aber das werden und vergehen von Kulturen. Eine Kultur verfügt nunmal schlicht nicht über dieselbigen Eigenschaften wie Materie - zu sagen das Kultur den gleichen Naturgesetzen wie Sternhaufen unterliegen, macht nicht wirklich Sinn und erklärt gar nie nichts.

Thema verfehlt. Es geht nicht darum, Kulturen zu erklären, ich habe nicht behauptet, daß ich das kann. Egal wie Kulturen und Bewußtsein genau funktioniert, es darf nicht gegen die Physik verstoßen, oder diese ist falsch. Es geht hier nur darum, daß es zu einer bestimmten Zeit nur eine echte Möglichkeit gibt, also um eine notwendige Bedingung für die Freiheit des Handelns.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
In welchen Stoffeigenschaften unterscheide ich mich denn bspw. von Usambaraveilchen,
In welchen Struktureigenschaften unterschieden sich die frühen Hominiden von unseren Schimpansen? Das Individuum besitzt deutlich mehr Handlungsfreiheit als ein Usambaraveilchen und ein menschliches Individuum gebietet über deutlich mehr Willensentscheidungen als ein Schimpanse.

Ein menschliches Gehirn kann komplexer simulieren (sich vorstellen, berechnen, ...) als ein Usambaraveilchen, das seine Umwelt nur ganz primitiv abbildet. Der kausale Zusammenhang zwischen Zustand und Handlung ist daher beim Menschen komplexer als beim U-Veilchen.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Freiheitsgrade sind nicht neue physikalische Eigenschaften, sondern eben schlicht strukturimmanente neue Wahlmöglichkeiten.

Wie unterscheidest Du, ob die Möglichkeiten nur hypothetisch (vorgestellt) sind oder echt?

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Wie könnte ich denn eine Präferenz für Schokoladeneis bekommen, wenn meine Kultur diese Wahlmöglichkeit nicht der Natur abgerungen hätte?

Es ist keine Wahlmöglichkeit, sondern eine Präferenz! Dieses Präferenzattribut ist verteilt über ein Wertespektrum (Schoko, Vanille, ...), wenn man eine Gruppe von Indiciduen (oder gar Situationen eines I.) betrachtet.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Welche Präferenz für Schokaldeneis muß präexistent in der Kultur sein, um dieses anzubieten?

Keine Ahnung, was Du meinst. Auch Pflanzen haben ja ähnliche Präferenzen, wenn auch nicht bewußt.
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Beitrag(#961757) Verfasst am: 24.03.2008, 14:42    Titel: Re: physikalischer Reduktionismus und Entenversuche Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
zu sagen das Kultur den gleichen Naturgesetzen wie Sternhaufen unterliegen, macht nicht wirklich Sinn und erklärt gar nie nichts.

Ich zitiere dazu mal den Experten aus der FAZ:

Zitat:
Sicher sind wir da nur auf dem quantenmechanischen Niveau. Doch kein Neurobiologe von Rang hält die quantenmechanische Erklärung für bedenkenswert.
http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/
Doc~EE9B99337FC2B4260A00CCDA0854D43C5~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Link umgebrochen - kolja


All dieses sinnlose Operieren mit "physikalischen Freiheitsgraden" oder der "Unitarität der Zeitentwicklung" von step ist einfach gescheitert, auch hier in dieser Diskussion.

Auch für Dich nochmal die Enttarnung des Strohmanns:

Es geht hier nicht um eine Erklärung des Bewußtseins, sondern nur um einen Ausschluß des FW.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Freiheit des Wollens braucht entsprechende Bedingungen, in denen der Mensch den Raum hat, zu sich selbst zu finden und in Ruhe Entscheidungen zu finden, die seinen Lebensbedürfnissen (und denen anderer) am optimalsten entsprechen (wobei es dabei durchaus mehrere gleichwertige geben kann).

Sowas kannste im Wellness-Center aufhängen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das Roth'sche Modell ist ja im Grunde ein reines Input-BlackBox-Output-Modell, welches völlig abstrahiert von dem, was in der BlackBox drin ist oder drin sein könnte.

Es reicht aber, um die Handlungsfreiheit zu widerlegen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich möche im übrigen noch mal darauf hinweisen, dass selbst dann, wenn ein Mensch - würde man ihn mit einer Zeitmaschine in die Vergangnheit zurück versetzen - immer wieder identisch handeln würde, dies kein Einwand gegen freies, seinem Willen gemäßes Handeln wäre.

Geschockt

EDIT: Würde er denn Deiner Ansicht nach in diesem Fall jedesmal gleich handeln?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es kann umgekehrt gerade Ausdruck einer freien Willensentscheidung sein, genau eine bestimmte und keine andere Handlung zu begehen, nämlich dann, wenn irgend eine andere Handlung suboptimal wäre.

Und wer legt fest, was suboptimal ist?
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Beitrag(#961908) Verfasst am: 24.03.2008, 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Meinst Du, daß sich die Gesamtwellenfunktion (Gehirn plus relevante Umwelt) nicht unitär zeitentwickelt? ...

Das das bekannte Universum eine unitärer Zeitentwicklung hat, ist für den individuellen Jetztzustand nur von limitierender Bedeutung, kann jedoch niemals reiner deterministischer Zwangszustand sein.

Soso.


Jetzt sei ned albern, solang es keine Theorie of Everything gibt, ist deine Position oder meine die Nullhypothese in einem andauerndem Echtzeitverfahren

http://de.wikipedia.org/wiki/Nullhypothese
Die Nullhypothese H0 beinhaltet die Gleichheit von Sachverhalten, etwa:

* dass zwischen Gruppen kein Unterschied besteht,
* dass ein bestimmtes Medikament keine Wirkung zeigt,
* dass zwischen Merkmalen kein Zusammenhang besteht,
* dass der in der Alternativhypothese formulierte Sachverhalt „null und nichtig“ ist.



step hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Dein reduktionistsisches Null setzen des aktuellen Jetzt, ist bereits eine unzulässige Generalisierung - du kannst nicht beweisen das Jetzt ein deterministisches Jetzt ist, das es also gar nicht anders kommen konnte wie es gekommen ist.

Nenn mir den Freiheitsgrad oder lass es.

Dies ist genaugenommen nur eine Worthülse, Freiheitsgrade sind modellabhängig

Wir müßten uns also ein Verfahren ausdenken, das prinzipiell über quantifizierbare Kategorien verfügt.
Da du aber scheinbar nur auf physikalische Meßtechnik zurückgreifen willst, werden wir keine Qualitative Untersuchung hinbekommen.
Was seltsam ist, da du dann der empirischen Sozialforschung eine Nichtigkeit unterstellst.

Wenn man sich nämlich durch die Wikihypertext durchklickt, stößt man ständig über Wählbarkeit, unabhängige, unbestimmte und Zufallsvariablen. Jetzt brat mir einer mal einen Storch wie oft der Untersuchende sich da für dies oder jenes Regressmodell unterscheiden will, wenn er ja gar ned eigenwillig auswählt.

wozu denn dann sich von einem Signifikanztest überzeugen zu lassen ob die Wahl der Kategorien überhaupt voneinander unabhängig sind?
äh was genau heißt nochmal Determinismus?
Mittlerweile näherst du dich in großen Schritten einer quasi-physikalischen Prädestinationslehre.


step hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Und es nützt nicht darauf zu verweisen, das alles nur im Rahmen der Physik stattzufinden hat, das erklärt eben nur den Lauf der Sterne nicht aber das werden und vergehen von Kulturen. Eine Kultur verfügt nunmal schlicht nicht über dieselbigen Eigenschaften wie Materie - zu sagen das Kultur den gleichen Naturgesetzen wie Sternhaufen unterliegen, macht nicht wirklich Sinn und erklärt gar nie nichts.

Thema verfehlt. Es geht nicht darum, Kulturen zu erklären, ich habe nicht behauptet, daß ich das kann. Egal wie Kulturen und Bewußtsein genau funktioniert, es darf nicht gegen die Physik verstoßen, oder diese ist falsch. Es geht hier nur darum, daß es zu einer bestimmten Zeit nur eine echte Möglichkeit gibt, also um eine notwendige Bedingung für die Freiheit des Handelns.

Nun eigentlich können komplexe Systeme wie zum Beispiel Gesellschaften Bedingungen schaffen, denen sich Materie unterwerfen muß. Zum Beispiel in Atomreaktoren.
Und da sieht man den Kategorienfehler deines Willebegriffsraums.
FW als emergente Eigenschaft selbstbewußter Systeme bedeutet Kontrolle über pyhsikalische Phänomene und eben nicht die Auflösung naturgesetzlicher Rahmenbedingungen.

step hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Freiheitsgrade sind nicht neue physikalische Eigenschaften, sondern eben schlicht strukturimmanente neue Wahlmöglichkeiten.

Wie unterscheidest Du, ob die Möglichkeiten nur hypothetisch (vorgestellt) sind oder echt?

Der Computer funzt doch oder? Ich habe natürlich keine Kontrolle über die Elektrizität die alles antreibt, aber irgendwer dann wohl doch, weil soetwas wie freie Elektrizität gibt es nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Wie könnte ich denn eine Präferenz für Schokoladeneis bekommen, wenn meine Kultur diese Wahlmöglichkeit nicht der Natur abgerungen hätte?

Es ist keine Wahlmöglichkeit, sondern eine Präferenz! Dieses Präferenzattribut ist verteilt über ein Wertespektrum (Schoko, Vanille, ...), wenn man eine Gruppe von Indiciduen (oder gar Situationen eines I.) betrachtet.
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Welche Präferenz für Schokaldeneis muß präexistent in der Kultur sein, um dieses anzubieten?

Keine Ahnung, was Du meinst. Auch Pflanzen haben ja ähnliche Präferenzen, wenn auch nicht bewußt.

Dem FW einfach einen neuen Begriff geben, um ihm selbstgewählte neue Attribute geben zu können ist rhetorisch geschickt, inhaltlich aber ned haltbar, sobald du wirklich die Definitionmenge aller bekannten Präferenzen aufstellen mußt, wie groß schätzt du den die Schnittmenge der beiden Weltanschauungen, könnten wir da vielleicht mal sowas wie eine qualitative Varianzanalyse, oder wars eine Faktorenanalysemachen?
Am Kopf kratzen bin da schon zu lange nimmie mehr drin.

und ...
Es geht hier nicht um eine Erklärung des Bewußtseins, sondern nur um einen Ausschluß des FW.
aus formalen systemtheortischen Gründen, kann man über das System reflektieren und agieren, es spielt da keine Rolle ob du das Präferenz benennen willst oder ich FW. Es bedeutet nur etwas für das Design des Modells - FW ist immer hübscher, eine Art Rokoko gegenüber deinem Klassizismus.
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Beitrag(#961937) Verfasst am: 24.03.2008, 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Da du aber scheinbar nur auf physikalische Meßtechnik zurückgreifen willst, werden wir keine Qualitative Untersuchung hinbekommen. Was seltsam ist, da du dann der empirischen Sozialforschung eine Nichtigkeit unterstellst.

Unsinn. Wissenschaft auf emergenter Ebene macht durchaus Sinn, z.B. in der Chemie oder auch Medizin. Mit Abstrichen auch in der Soziologie. Aber nirgends werden für längere Zeit Theorien akzeptiert, die gutbestätigten Theorien unterer Schichten widersprechen. Der Theorie des FW als Auswahl zwischen echten Möglichkeiten wird es bald genauso ergehen wie der astromomischen Epizyklentheorie oder der intuitiven Theorie, daß Gefühle aus dem Herzen kommen.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Egal wie Kulturen und Bewußtsein genau funktioniert, es darf nicht gegen die Physik verstoßen, oder diese ist falsch. Es geht hier nur darum, daß es zu einer bestimmten Zeit nur eine echte Möglichkeit gibt, also um eine notwendige Bedingung für die Freiheit des Handelns.

Nun eigentlich können komplexe Systeme wie zum Beispiel Gesellschaften Bedingungen schaffen, denen sich Materie unterwerfen muß. Zum Beispiel in Atomreaktoren.

Ja, das macht die Materie ja höchstselbst mit sich. Na und, da ist doch nirgends irgendeine echte Handlungsfreiheit?

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wie unterscheidest Du, ob die Möglichkeiten nur hypothetisch (vorgestellt) sind oder echt?
Der Computer funzt doch oder?

Und wo hat der Computer mehrere echte und nicht nur hypothetische Möglichkeiten? Er kann doch nur so handlen (Ergebnis berechnen), wie er determiniert ist. Wenn er Entscheidungen trifft (und das tut er) - dann nicht frei.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Wie könnte ich denn eine Präferenz für Schokoladeneis bekommen, wenn meine Kultur diese Wahlmöglichkeit nicht der Natur abgerungen hätte?

Es ist keine Wahlmöglichkeit, sondern eine Präferenz! Dieses Präferenzattribut ist verteilt über ein Wertespektrum (Schoko, Vanille, ...), wenn man eine Gruppe von Individuen (oder gar Situationen eines I.) betrachtet.
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Welche Präferenz für Schokaldeneis muß präexistent in der Kultur sein, um dieses anzubieten?

Keine Ahnung, was Du meinst. Auch Pflanzen haben ja ähnliche Präferenzen, wenn auch nicht bewußt.

Dem FW einfach einen neuen Begriff geben, um ihm [..]selbstgewählte[..] neue Attribute geben zu können ist rhetorisch geschickt, ...

Moment mal. Ich habe Deine Frage nach der Herkunft von Präferenzen beantwortet, und warum Präferenzen keine (echten) Wahlmöglichkeiten erfordern.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
... inhaltlich aber ned haltbar, sobald du wirklich die Definitionmenge aller bekannten Präferenzen aufstellen mußt, wie groß schätzt du den die Schnittmenge der beiden Weltanschauungen, ...

Was tut das zur Sache? Deine Weltanschauung ist eben dementsprechend vage.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
FW ist immer hübscher, eine Art Rokoko gegenüber deinem Klassizismus.

Ah, ein neuer Versuch eines Arguments - den hatten wir hier noch nicht, ich füge ihn gleich meiner Liste hinzu:

Was spricht für die Handlungsfreiheit?
- die HF ist ja wohl evident, das zählt mehr als die Physik
- ohne HF kriegen wir soziale Probleme
- die HF ist dasselbe wie die Person / das Bewußtsein / ..., und die existiert ja wohl
- die Handlung ist frei, wenn man sich mehrere Möglichkeiten vorstellen kann (jede Enstcheidung ist frei)
- die HF könnte irgendwie systemtheoretisch aus Zufall entstehen, weil ja auch andere Dinge so entstehen.

und jetzt neu:
- die HF ist hübscher verziert
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Dreiklang
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Anmeldungsdatum: 18.03.2008
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Beitrag(#961989) Verfasst am: 24.03.2008, 21:00    Titel: Antworten mit Zitat

Böse Ignoriert Ihr mich aus Stärke, aus Schwäche oder aus Prinzip?

Könntet Ihr mir bitte etwas auf die Sprünge helfen und meine Fragen
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=961561#961561
beantworten?
Habe immer noch den Eindruck, daß zumindest der Vergleich Eurer Antworten erhellend wirken könnte!
_________________
Die Erbsünde der Kirche ist die Erfindung der Erbsünde selbst: Die Verdammung von Vernunft und Erkenntnisstreben (Sündenfall, 1. & 4. Gebot) und Heiligsprechung freiwilliger Idiotie (Bergpredigt)!
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Wolf
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Wohnort: Zuhause

Beitrag(#961994) Verfasst am: 24.03.2008, 21:09    Titel: Antworten mit Zitat

Dreiklang hat folgendes geschrieben:
Ich habe mich von vorn bis hierher durchgekämpft, nicht ganz alles verstanden.
1. Zwischenfrage:
Ein Steinzeit-Atheist müßte doch zumindest so ein jahreszeitenunabhängiges Phänomen wie Wind für rein zufällig gehalten haben, während ein Steinzeit-Determinist es nur mit höheren Wesen erklären konnte, die nach freiem Willen handeln.
Nein. Übrigens schließt sich Atheismus mit Determinismus nicht aus.
Zitat:

Heute wissen wir mehr.
Ist es denn logisch auszuschließen, daß wir in ferner Zukunft auch Quantenereignisse determiniert erklären können?
Können wir doch jetzt schon.
Zitat:

2. Zwischenfrage:
Verwendet Ihr bei gleichen Begriffen auch gleiche Bedeutungen?:
Wir wissen, daß sensitive Systeme unvorhersehbare Ergebnisse hervorbringen,
aber in ihren Elementen und in den Einzelschritten determiniert sind. Bezeichnen wir die unvohersehbaren Ergebnisse nun als Zufall? Wäre das gleichzusetzen mit Indeterminiertheit? Werden in diesem Sinne zufällige Entscheidungen mit freiwilligen Entscheidungen gleichgesetzt?
Unverhersehbare Ereignisse bezeichne ich in anderen Kontexten als Zufall. Hier geht es aber um "echten Zufall"[indeterminierte Ereignisse]. Und nein ich setze zufällige Entscheidungen nicht mit freiwilligen Entscheidungen gleich.
Zitat:

3. Zwischenfrage:
Woran kann ich von außen erkennen, daß ein Wesen/Mechanismus sich seiner selbst bewußt ist? Ist ein Roboter, der sich selbst reproduzieren kann nicht u.U. schon ein Tier und ist ein Tier, das Probleme lösen kann, nicht schon intelligent, eins, das sich im Spiegel selbst erkennt, sich seiner selbst bewußt? Ab wann kann ich freien Willen annehmen?
Ab wann? Ob ist wohl die Frage die zuerst beantwortet werden muss.
_________________
Trish:(
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#962004) Verfasst am: 24.03.2008, 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es wäre jetzt an Dir, das Geheimnis zu lüften, wieso doch (im selben Gehirn, in derselben Situation zur selben Zeit) beides ausführbar sein sollte.
- eine durchgängige determinisische Kausalität von Mikro- zu Makrokosmos ist Fiktion.

Was heißt "nicht durchgängig" genau? Wo hört sie auf?

Auf jeder hinreichend komplexen "neuen" Systemebene. Dann nämlich, wenn die emergenten Effekte ihrerseits auf den Mikrokosmos einwirken. Zünde eine H-Bombe per Q-Zufall. Was dann bei der Explosion passiert dh. wo die Bombe explodiert, daß es überhaupt sowas wie eine H-Bombe gibt nebst Zündvorrichtung etc, etc ... , ist kausal von menschlichem Bewußtsein verursacht, nicht von dem Q-Zufall.

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- systemtheoretisch Emergenz als zweifelsfrei vorhanden anzusehen ist, insbesondere in komplexen Systemen

Das hat niemand bezweifelt, es belegt aber in keiner Weise, daß es im selben Gehirn, in derselben Situation zur selben Zeit 2 ausführbare Möglichkeiten gibt.

etwas mehr Stringenz bitte ! Daß es die Möglichkeiten, wenn auch nur im Hirn, so aber doch auch "irgendwie" (Vorstellungs- Denk-Muster) physisch gibt, hast du doch selber gesagt ?!

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- Kausalität in komplexen, selbstorganisierenden Systemem wesentlich auch top-down auftritt

Sagen wir, es tritt "so etwas wie" Kausalität top-down auf.

Aha, wenn bei Cern "neue" subatomare Teilchen durch Experimente entdeckt werden, dann ist das nur "quasi-kausal" durch menschliche Forschung bedingt zwinkern

Zitat:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
- weil du ja selbst schon zugestanden hast, daß die (freien) Vorstellungen unterschiedlicher Handlungen sich bilden können. (von da zur freien Handlung ist's eigentlich nur mehr ein gradueller Schritt)

Nein. Der Schritt ist so kategorisch wie vom Film zur Realität, wie von den erlaubten Schachzügen zum tatsächlichen Zug, der auf einer Berechnung / Entscheidung basiert.

Also ob etwas prinzipiell durchführbares nur innerhalb des Kopfes (physisch) abgebildet wird, oder dann durch entsprechende Handlung auch ausserhalb, ist graduell. Das Beispiel mit dem Film hinkt ja auch, denn (Computeranimationen mal aussen vor) auch da wurde das Gefilmte ja mal gespielt nur Blickwinkel, Schnitt, Abfolgen etc., sind neu gemixt. Die Betrachtung und psychologische Fiktion ist eine andere, ob ich den Film sehe, oder das "Making of", nicht aber die Handlung.

Erwin
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#962011) Verfasst am: 24.03.2008, 21:45    Titel: Antworten mit Zitat

@step: habe gerade keine Lust, auf alles einzugehen. Ich möchte aber nicht ausweichen; falls es einiges gibt, was Du gerne von mir beantwortet sehen möchtest, dann kannst Du es einfach erneut aufs Tapet bringen.

--

So, wie ich das verstehe, definierst Du wie folgt:

1. "echte Möglichkeiten" = gleichzeitige Realisierung von (A) und [nicht (A)]
2. "echter Freiheitsgrad" = eine Unabhängigkeit von physikalischen Gegebenheiten
3. "echter freier Wille" = die Fähigkeit, in einer gegebenen Situation (X) "echte Möglichkeiten" zu realisieren, also einen "echten Freiheitsgrad" zu besitzen

Alles davon ist logisch unmöglich und ich zumindest vertrete keines davon.

So weit, so gut.

Nun behauptest Du aber zusätzlich, weil es dies nicht gäbe, könne man daraus weitergehende Schlüsse ziehen und das ist der Punkt, an dem ich einhaken möchte, weil ich da nicht mehr folgen kann:

step hat folgendes geschrieben:
[...] und hat den Grund darin, daß ich hier nicht für ein ethisches System werbe, sondern für eine korrekte Beschreibung der Welt [...]

Wenn es eine korrekte Beschreibung der Welt ist, dass es keine "echten Möglichkeiten", keine "echten Freiheitsgrade" und keinen "echten freien Willen" gibt, dann wirst Du von mir dazu (unter Zugrundelegung der obigen Definitionen) keinen Widerspruch hören.

Der Widerspruch erfolgt von meiner Seite erst dann, wenn Du weitergehende Folgerungen ziehst, nämlich zum Beispiel, dass unsere Weltsicht eine der obigen drei Aussagen benötigen würde (denn meine Weltsicht tut das mMn nicht).

Oder anders gesagt: was ich mal gerne wissen würde, wäre die Begründung der Inkompatibilisten dafür, dass eine (hypothetische) deterministische Welt automatisch unsere bisherigen Kategorien der Verantwortung und Schuld hinfällig erscheinen ließen. Diese Begründung (falls sie existiert) kenne ich nämlich nicht.

Machen wir mal ein Gedankenexperiment: nehmen wir einmal an, alles wäre tatsächlich seit Äonen festgelegt, bzw. jemand Außenstehendes könnte alles in unserer Welt vorausberechnen, auch unsere zukünftigen Handlungen (ohne uns dies mitzuteilen). Würde das etwas ändern? Wenn ja, warum?

In meiner Sicht würde das nichts ändern, meine Sicht würde sich nur dann ändern müssen, wenn einer der beiden folgen Umstände erfüllt wäre: a) der Außenstehende würde mir seine Berechnung mitteilen und ich müsste tatsächlich, auch gegen meinen Willen, so handeln, wie er vorhergesagt hätte (was eindeutig belegen würde, dass meine Entscheidungen für meine Handlung keine Rolle spielten) und b) der Außenstehende könnte meine Handlung beliebig beeinflussen (ohne dass ich das wüsste), denn dann würde eindeutig er mich steuern und nicht ich mich, wie ich annehme.

Dies ist eine Frage an alle Inkompatibilisten (also nicht nur an step, sondern auch z.B. an Wolf, Er_Win und zelig).
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