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Ist Jura eine Wissenschaft?
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jagy
Herb Derpington III.



Anmeldungsdatum: 26.11.2006
Beiträge: 7275

Beitrag(#1317977) Verfasst am: 30.06.2009, 08:09    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:

Btw: Wie sieht es eigentlich mit der Dogmatik aus (die jagy ja schon ansprach)? Dogma und Wissenschaftlichkeit sind doch wohl als Widersprüche aufzufassen.


Also Dogma im Sinne der Theologie gibt es nicht.

Aber wie gesagt, es ist kein Zufall, dass der Jurist, wenn er sagen will, dass ein Ergebnis der Subsumtion eines Sachverhalts unter ein Gesetztes nicht mit den anerkannten Methoden der juristischen Auslegung zu erzielen ist, dass er dann sagt, z.b. "das Ergebnis ist dogmatisch nicht überzeugend".
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Hornochse
Orthographiefetischist



Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1317992) Verfasst am: 30.06.2009, 08:50    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
6. Ein interessanter Punkt ist, der bisher nicht zur Sprache kam, dass die Rechtswissenschaft verschiedener Länder entsprechend sehr verschiedener Rechtssystemsprinzipien teilweise fundamental verschieden sind. Das deutsche Recht hat m.W. eine gewisse Besonderheit, wie weit systematisch es ist. Ganz anders als Länder, die sehr stark vom Fallrecht dominiert sind.


Was bedeutet das in Hinblick auf die Frage nach der Wissenschaftlichkeit?
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Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.

- Niklas Luhmann -
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Baldur
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Anmeldungsdatum: 05.10.2005
Beiträge: 8326

Beitrag(#1318000) Verfasst am: 30.06.2009, 08:55    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
6. Ein interessanter Punkt ist, der bisher nicht zur Sprache kam, dass die Rechtswissenschaft verschiedener Länder entsprechend sehr verschiedener Rechtssystemsprinzipien teilweise fundamental verschieden sind. Das deutsche Recht hat m.W. eine gewisse Besonderheit, wie weit systematisch es ist. Ganz anders als Länder, die sehr stark vom Fallrecht dominiert sind.


Was bedeutet das in Hinblick auf die Frage nach der Wissenschaftlichkeit?


Die Überrpüfung auf Allgemeingültigkeit von Prinzipien wäre zB ein wissenschaftliches Kriterium, das von den Rechtswissenschaften nicht erfüllt wird, da sie sich überwigend mit dem eigenen Rechtsraum befassen und keine globalen und interkulturellen Bezüge herstellt. Die Auslegung der national spezifischen Gesetze steht hierbei im Vordergrund, ohne allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten herauszuarbeiten.

Diese Aspekte werden allerdings von anderen Wissenschaften abgedeckt (Rechtsphilosophie, Soziologie, Ethik, usw.)
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Hornochse
Orthographiefetischist



Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1318001) Verfasst am: 30.06.2009, 08:58    Titel: Antworten mit Zitat

Baldur hat folgendes geschrieben:
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
6. Ein interessanter Punkt ist, der bisher nicht zur Sprache kam, dass die Rechtswissenschaft verschiedener Länder entsprechend sehr verschiedener Rechtssystemsprinzipien teilweise fundamental verschieden sind. Das deutsche Recht hat m.W. eine gewisse Besonderheit, wie weit systematisch es ist. Ganz anders als Länder, die sehr stark vom Fallrecht dominiert sind.


Was bedeutet das in Hinblick auf die Frage nach der Wissenschaftlichkeit?


Die Überrpüfung auf Allgemeingültigkeit von Prinzipien wäre zB ein wissenschaftliches Kriterium, das von den Rechtswissenschaften nicht erfüllt wird, da sie sich überwigend mit dem eigenen Rechtsraum befassen und keine globalen und interkulturellen Bezüge herstellt.


Dann wäre beinahe jede Literaturwissenschaft (außer evtl. "Allgemeine und vergleichende L.") keine Wissenschaft, ebenso wie dies auf die Linguistik (sofern nicht vergleichend) zutreffen würde.
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- Niklas Luhmann -
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Baldur
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Anmeldungsdatum: 05.10.2005
Beiträge: 8326

Beitrag(#1318007) Verfasst am: 30.06.2009, 09:05    Titel: Antworten mit Zitat

Richtig, man kann natürlich den Forschungsgegenstand sehr begrenzt auf einen Teilbereich eines globalen Phänomens festlegen, und würde dennoch in diesem Bereich eine Wissenschaft betreiben. Oder aber man untersucht ein Phänomen, das nicht allgemein beobachtbar ist und würde dennoch Wissenschaft betreiben.
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Hornochse
Orthographiefetischist



Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1318009) Verfasst am: 30.06.2009, 09:10    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
2. Falsifikation und Verifikation sind in der Juristerei sehr wohl benutzbare Begriffe. Bei Schlink gibt es sogar explizite Verweise auf Popper.


Die Verwendung von bestimmten Begriffen und Verweise auf Popper sind schön und gut, die gibt es auch in der Pädagogik zu Hauf. Mich interessiert aber, wie es tatsächlich aussieht.
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Baldur
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Anmeldungsdatum: 05.10.2005
Beiträge: 8326

Beitrag(#1318016) Verfasst am: 30.06.2009, 09:15    Titel: Antworten mit Zitat

Dann würde ich behaupten, dass die Juristerei eine Wissenschaft ist, sofern sie in irgendeiner Form einen Erkenntnisgewinn liefert. Dies zB durch die Erforschung der Rechtsgeschichte (dieser Aspekt wird allerdings durch die Geschichtswissenschaft abgedeckt), oder durch die Wirkung von Strafed oder der Wirkung des Risikos, bei einer Straftat entdeckt zu werden(dieser Aspekt wird allerdings eher durch Soziologie und Psychologie abgedeckt), oder indem sie die Notwendigkeit von Recht und Gesetz für das Funktionieren von Gesellschaften herausstellt (dieser Aspekt fällt ebenfalls unter die Soziologie).

Fällt euch denn ein Bereich ein, in dem die Rechtswissenschaft einen Erkenntnisgewinn liefert?
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26536
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1318019) Verfasst am: 30.06.2009, 09:19    Titel: Antworten mit Zitat

Baldur hat folgendes geschrieben:
......
Fällt euch denn ein Bereich ein, in dem die Rechtswissenschaft einen Erkenntnisgewinn liefert?

Jedes Urteil für die gerade Betroffenen.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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Yogosh
Leisetreter ...und Klugscheisser



Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1318020) Verfasst am: 30.06.2009, 09:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Nein, der Punkt ist: Formalwissenschaften beschäftigen sich per Definition mit formalen Systemen. Gesetzestexte sind kein formales System, ebensowenig wie Bücher ein solches sind.

Dann verstehe ich nicht, was diese Unterscheidung zur Frage beiträgt. Formalwissenschaften sind wissenschaftlich obwohl die Falsifikation so gut wie keine Rolle spielt. Warum ist das also der Mangel an Falsifikation und Hypothesenüberprüfung in der Juristerei ein Problem?

Edit: Vielleicht kann ich es selbst beantworten: Sowohl Falsifizierung als auch ein hoher Grad an Formalisierung sind zwar nicht notwendig, aber hinreichend für Wissenschaftlichkeit. Dann steht aber noch das Beispiel der griechischen Mathematik, oder überhaupt großer Teile der Mathematik und der Logik vor dem 20. Jahrhundert. Das war alles ziemlich prosalastig, ausser den euklidischen Axiomen in der Ebenengeometrie gab es nirgendwo ordentliche Axiome und selbst deren epistemischen Status hatte man (aus heutiger Sicht) überhaupt nicht verstanden.
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Zuletzt bearbeitet von Yogosh am 30.06.2009, 09:36, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Yogosh
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Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1318022) Verfasst am: 30.06.2009, 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

Baldur hat folgendes geschrieben:
......
Fällt euch denn ein Bereich ein, in dem die Rechtswissenschaft einen Erkenntnisgewinn liefert?

Ich würde in zwei Richtungen einen Erkenntnisgewinn sehen: in Anwenderrichtung die Kenntnis der Systematik und der Art der Argumentation mit der man abschätzen kann, welche gewünschten Resultate möglich sind. Das wäre die Sicht des Anwalts.
In Grundlagenrichtung die Kenntnis der Systematik, die es ermöglicht abzuschätzen, wie Gesetze formuliert werden müssen um bestimmte Ergebnisse zu ermöglichen. Das wäre die Sicht der Richter und Gesetzgeber.

Edit: Grammatik
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Zuletzt bearbeitet von Yogosh am 30.06.2009, 09:51, insgesamt einmal bearbeitet
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Baldur
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Beiträge: 8326

Beitrag(#1318038) Verfasst am: 30.06.2009, 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Baldur hat folgendes geschrieben:
......
Fällt euch denn ein Bereich ein, in dem die Rechtswissenschaft einen Erkenntnisgewinn liefert?

Ich würde in zwei Richtungen einen Erkenntnisgewinn sehen: in Anwenderrichtung die Kenntnis der Systematik und der Art der Argumentation mit der man abschätzen kann, welche gewünschten Resultate möglich sind. Das wäre die Sicht des Anwalt.
In Grundlagenrichtung die Kenntnis der Systematik, die es ermöglicht abzuschätzen wie Gesetze formuliert werden müssen, um bestimmte Ergebnisse zu ermöglichen. Das wäre die Sicht der Richter und Gesetzgeber.


Dem kann ich mich anschließen.
Allerdings sind dies inhärente Erkenntnisse. Würdest du also sagen, die Rechtswissenschaft befasst sich in wissenschaftlicher Hinsicht nur mit sich selbst? Die wissenschaftlichen Erkenntnisse beziehen sich also allein auf die Ergebnisse, die sie selbst produziert?
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Wolf
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Wohnort: Zuhause

Beitrag(#1318076) Verfasst am: 30.06.2009, 10:48    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:

In der Mathematik, Logik und Philosophie wird auch nichts falsifiziert. Es kann also kein notwendiges Kriterium sein.

Jein. (Aufgrund menschlicher Unvollkommenheit ist es gar nicht so leicht festzustellen ob ein Beweis wirklich ein Beweis ist, vorallem wenn er sich über ein ganzes Buch erstreckt.)
Als wesentlich erachte ich jedoch, dass unsere Resultate unabhängig von uns sind, sobald man sich für ein Axiomsystem entschieden hat, stehen auch schon alle Sätze fest die sich daraus folgern lassen.
Philosophie sehe ich zum Teil als wissenschaftlich, aber meiner Ansicht enthält Philosophie nicht nur einen wissenschaftlichen Teil.
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Trish:(
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
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Beitrag(#1318123) Verfasst am: 30.06.2009, 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
6. Ein interessanter Punkt ist, der bisher nicht zur Sprache kam, dass die Rechtswissenschaft verschiedener Länder entsprechend sehr verschiedener Rechtssystemsprinzipien teilweise fundamental verschieden sind. Das deutsche Recht hat m.W. eine gewisse Besonderheit, wie weit systematisch es ist. Ganz anders als Länder, die sehr stark vom Fallrecht dominiert sind.


Was bedeutet das in Hinblick auf die Frage nach der Wissenschaftlichkeit?


Es spricht vermutlich eher dagegen, dass die rechtswissenschaftliche Praxis in verschiedenen Ländern überhaupt keine methodischen Gemeinsamkeiten hat. Zudem erscheint mir die deutsche Rechtswissenschaft wissenschaftlicher als beispielsweise die Britische.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26536
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1318131) Verfasst am: 30.06.2009, 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
.....
Es spricht vermutlich eher dagegen, dass die rechtswissenschaftliche Praxis in verschiedenen Ländern überhaupt k?eine methodischen Gemeinsamkeiten hat. ....

fett von mir. Am Kopf kratzen
@Kival: ist das k Absicht?

fwo
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#1318133) Verfasst am: 30.06.2009, 12:08    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
.....
Es spricht vermutlich eher dagegen, dass die rechtswissenschaftliche Praxis in verschiedenen Ländern überhaupt k?eine methodischen Gemeinsamkeiten hat. ....

fett von mir. Am Kopf kratzen
@Kival: ist das k Absicht?

fwo


Ja, es spricht vermutlich eher dagegen = gegen die Wissenschaftlichkeit, dass ... keine ...
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26536
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1318137) Verfasst am: 30.06.2009, 12:14    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
.....
Es spricht vermutlich eher dagegen, dass die rechtswissenschaftliche Praxis in verschiedenen Ländern überhaupt k?eine methodischen Gemeinsamkeiten hat. ....

fett von mir. Am Kopf kratzen
@Kival: ist das k Absicht?

fwo


Ja, es spricht vermutlich eher dagegen = gegen die Wissenschaftlichkeit, dass ... keine ...

Am Kopf kratzen Also dafür, dass sie eine hat? näää - dann hatte ich richtig gelesen, dass Du da unabsichtlich eine doppelte Verneinung machst.

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Danol
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Beiträge: 3027

Beitrag(#1318202) Verfasst am: 30.06.2009, 13:55    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Ich finde die oben erwähnte Parallele zur Mathematik ein starkes Argument dafür. Gleiches würde für die Dogmatik gelten. Nur wäre die dann halt eine unnütze Wissenschaft.
Im Übrigen kommt der Widerspruch doch daher, dass Wahrheit wenn überhaupt bloß als eine Art interne Konsistenz oder Kohärenz definiert werden kann. Das geht der Mathematik oder der Literaturwissenschaft aber auch nicht wirklich anders.


Der Vergleich von Jura und Mathematik geht nur leider nicht auf. In der Mathematik ist die Axiomatik die Grundlage, von der ausgehend man die Mathematik aufbaut, aber nicht selber Untersuchungsgegenstand (an dem Punkt an dem man Axiome mit mathematischen Mitteln untersuchen kann verlieren sie ihren Status als Axiome), das ist in der Jura grundlegend anders. Dort sind die Gesetze und vor allem ihre Auslegung selbst Untersuchungsgegenstand, während ein präzise formuliertes Axiom in der Mathematik idealerweise gar nicht mehr auslegbar weil eindeutig ist.
Natürlich ist Falsifikation in der Mahtematik prinzipiell möglich, hin und wieder gibts sowas auch wirklich mal (wenn irgendein bisher für wahr gehaltene Hypothese wiederlegt wird), sie tritt nur nicht so offen zutage wie in diversen anderen Fächern weil die Mathematik durch ihre Arbeitsweise eine Falsifikation in den meisten Fällen unnötig macht. Wo kein Fehler drinn ist kann auch nichts falsifiziert werden ...

Was die Folgen der Deklassifizierung der Jura als Wissenschaft anginge, so wäre für mich klar dass sie aus den Universitäten ausgegliedert werden sollte. Mir schwebt eine klare Teilung der Bildungseinrichtungen nach den Anforderungen der an ihnen unterichteten Fächer vor: Die Unis solltens ich auf die wissenschaftlichen Fächer, also Natur- und Gesellschftswissenschaften und Mathematik, beschränken, FHs und TUs auf angewandte Wissenschaften, also Informatik, Ingenieurswissenschaften u.ä., Berufsakademien auf Fächer die rein der Berufsqualifikation dienen, also BWL, Jura, Verwaltungswissenschaften u.ä., und zu guter letzt die Kunsthochschule für rein kulturschaffende Qualifikationen (Musik, Kunst, Literaturwissenschaft u.ä.). Ich bin für diese strikte Teilung da diese verschiedenen Disziplinen insbesondere aufgrund ihrer stark differierenden Ausbildungsziele andere Strukturen der Ausbildung benötigen, die sich m.e. an jeweils darauf spezialisierten Bildungseinrichtungen besser umsetzen lassen als an einer gemeinsamen. Das beinhaltet auch keine Auf- oder Abwertung einzelner Studiengänge sondern soll schlicht der Tatsache rechnung tragen dass unterschiedliche Ziele meist mit unterschiedlichen Mitteln erreicht werden und diese besser von jeweils spezialisierten Einrichtungen bereitgestellt werden können als von einer weitgehend generalisierten.
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#1318224) Verfasst am: 30.06.2009, 14:32    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
.....
Es spricht vermutlich eher dagegen, dass die rechtswissenschaftliche Praxis in verschiedenen Ländern überhaupt k?eine methodischen Gemeinsamkeiten hat. ....

fett von mir. Am Kopf kratzen
@Kival: ist das k Absicht?

fwo


Ja, es spricht vermutlich eher dagegen = gegen die Wissenschaftlichkeit, dass ... keine ...

Am Kopf kratzen Also dafür, dass sie eine hat? näää - dann hatte ich richtig gelesen, dass Du da unabsichtlich eine doppelte Verneinung machst.

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Es spricht gegen die Wissenschaftlichkeit, dass es keine methodischen Gemeinsamkeiten in verschiedenen Ländern gibt....
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Yogosh
Leisetreter ...und Klugscheisser



Anmeldungsdatum: 19.03.2009
Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1318225) Verfasst am: 30.06.2009, 14:33    Titel: Antworten mit Zitat

Danol hat folgendes geschrieben:
Der Vergleich von Jura und Mathematik geht nur leider nicht auf. In der Mathematik ist die Axiomatik die Grundlage, von der ausgehend man die Mathematik aufbaut, aber nicht selber Untersuchungsgegenstand (an dem Punkt an dem man Axiome mit mathematischen Mitteln untersuchen kann verlieren sie ihren Status als Axiome), das ist in der Jura grundlegend anders. Dort sind die Gesetze und vor allem ihre Auslegung selbst Untersuchungsgegenstand, während ein präzise formuliertes Axiom in der Mathematik idealerweise gar nicht mehr auslegbar weil eindeutig ist.

Die Parallele, die ich aufmachen wollte, bezog sich auch nicht auf die Auslegung sondern genau das, was Du eigentlich auch sagst: nach oben hin akzeptiert man die Grundlagen als gegeben und schaut was daraus folgt. Dieses Folgern ist natürlich in der Mathematik strenge Deduktion und in der Juristerei Auslegung, aber während man sich damit beschäftigt wird die Gültigkeit des Gesetzes auch nicht in Frage gestellt.

Nach unten hin wird sehr wohl an den Axiomen gearbeitet. Man weiss, dass man z.B. die elementare Arithmetik (d.h. die Peano Axiome) haben will und sucht nach schlankeren Axiomsystemen aus denen man die ableiten kann. Gerade in der Mengentheorie wird auch sehr viel mit sich logisch ausschließenden Axiomsystemen herumgespielt. Man guckt z.B. was man so bekommt wenn man die Kontinuum Hypothese als Axiom nimmt und was man so bekommt, wenn man ihre Verneinung als Axiom nimmt. Die Mengentheoretiker haben zig verschiedene Mathematiken und Mengenlehren mit denen sie rumspielen. Welche davon wahr ist, interessiert überhaupt nicht. Die Frage ist im mathematischen Sinn trivial und damit irrelevant. Das kümmert bloß die Philosophen.

Diesen Wechsel (Fixieren der Grundlagen und Untersuchung der Folgen vrs. Fixieren der Folgen und Design der Grundlagen) vollzieht man in der Juristerei vielleicht öfter aber ich sehe keinen prinzipiellen Unterschied. Die Systematik scheint mir hinreichend ähnlich.

Natürlich gibt es gravierende Unterschiede in der Arbeitsweise von Mathematik und Juristerei, aber man müsste erst mal begründen, warum die für den Status der Wissenschaftlichkeit relevant oder notwendig sind. Mir erscheint das nicht so, aber ich behaupte nicht, dass diese Sichtweise zwingend wäre. Man kann auch die formale Strenge der Mathematik heranziehen um Deduktion von Auslegung schärfer zu trennen und dann die Literaturwissenschaften aus anderen Gründen ins Boot holen.

Danol hat folgendes geschrieben:
Natürlich ist Falsifikation in der Mahtematik prinzipiell möglich, hin und wieder gibts sowas auch wirklich mal (wenn irgendein bisher für wahr gehaltene Hypothese wiederlegt wird), sie tritt nur nicht so offen zutage wie in diversen anderen Fächern weil die Mathematik durch ihre Arbeitsweise eine Falsifikation in den meisten Fällen unnötig macht. Wo kein Fehler drinn ist kann auch nichts falsifiziert werden ...

Dass Falsifikation in diesem Sinne wichtig ist trifft auch auf die Schreinerei zu: was nicht klappt, lässt man bleiben. Für die Begründung und die angenommene Gültigkeit von Theorien ist die (bislang nicht erfolgte) Falsifikation aber egal. Falsifikation ist meiner Ansicht nach nur in induktiven Wissenschaften essentiell.
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Danol
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Anmeldungsdatum: 02.04.2007
Beiträge: 3027

Beitrag(#1318238) Verfasst am: 30.06.2009, 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Dieses Folgern ist natürlich in der Mathematik strenge Deduktion und in der Juristerei Auslegung, aber während man sich damit beschäftigt wird die Gültigkeit des Gesetzes auch nicht in Frage gestellt.


Doch, tut man. Wenn man sich die Frage stellt was ein Gesetz eigentlich aussagt stellt man natürlich implizit jede Aussage des Gesetzes in Frage. Oder, anders gesagt, letztlich ist nur das als Gesetz de Facto gültig was als gültig ausgelegt wird. Das eröffnet inhaltliche Spielräume die man selbstverständlich als Infragestellen eines Gesetzes selbst interpretieren kann. Schaut man sich an was Disziplinen wie die Theologie aus ihren Auslegungen machen, wundert man sich bisweilen dass die Jura dem noch nicht verfallen ist.

Zitat:
Nach unten hin wird sehr wohl an den Axiomen gearbeitet. Man weiss, dass man z.B. die Peano Axiome haben will und sucht nach schlankeren Axiomsystemen aus denen man die ableiten kann.


Wie ich schon schrieb verlieren die Peano-Axiome damit aber ihren Status als Axiome zwinkern
Du hast dann neue Axiome, die aber ihrerseits, sobald Du ihre gültigkeit untersuchst und mit anderen Axiomen begründest, ebenfalls keine mehr sind.

Zitat:
Gerade in der Mengentheorie wird auch sehr viel mit sich logisch ausschließenden Axiomsystemen herumgespielt. Man guckt z.B. was man so bekommt wenn man die Kontinuum Hypothese als Axiom nimmt und was man so bekommt, wenn man ihre Verneinung als Axiom nimmt. Die Mengentheoretiker haben zig verschiedene Mathematiken und Mengenlehren mit denen sie rumspielen. Welche davon wahr ist, interessiert überhaupt nicht. Die Frage ist im mathematischen Sinn trivial und damit irrelevant.


Das kommt jetzt schlicht auf den Wahrheitsbegriff und die genaue Auffassung von den mathematischen Sätzen an. Für mich sagt ein Satz stets aus "Im Axiomensystem A gilt die Aussage B unter den Voraussetzungen C", womit durchaus verschiedene Mengentheorien gleichzeitig 'wahr' sein können. Es kommt eben immer darauf an anzugeben worauf sich der Wahrheitsanspruch bezieht und das ist in der Mathematik nunmal das verwendete Axiomensystem und das darauf aufbauende formale System.

Zitat:
Diesen Wechsel (Fixieren der Grundlagen und Untersuchung der Folgen vrs. Fixieren der Folgen und Design der Grundlagen) vollzieht man in der Juristerei vielleicht öfter aber ich sehe keinen prinzipiellen Unterschied. Die Systematik scheint mir hinreichend ähnlich.

Natürlich gibt es gravierende Unterschiede in der Arbeitsweise von Mathematik und Juristerei, aber man müsste erst mal begründen, warum die für den Status der Wissenschaftlichkeit relevant oder notwendig sind.


Nun, wie ich schon schrieb sehe ich den darin dass die Jura ihre eigene Axiomatik als Untersuchungsgegenstand enthält und somit gewissermaßen 'zirkulär' arbeitet. Eine weitere Parallele zur Theologie ...

Zitat:
Dass Falsifikation in diesem Sinne wichtig ist trifft auch auf die Schreinerei zu: was nicht klappt, lässt man bleiben.


Grundsätzlich ist das richtig, die Schlussfolgerung, die Du daraus ziehst, kann ich aber so nicht nachvollziehen. Erklär das bitte genauer ...
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Yogosh
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Anmeldungsdatum: 19.03.2009
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#1318305) Verfasst am: 30.06.2009, 16:00    Titel: Antworten mit Zitat

Danol hat folgendes geschrieben:
Doch, tut man. Wenn man sich die Frage stellt was ein Gesetz eigentlich aussagt stellt man natürlich implizit jede Aussage des Gesetzes in Frage. Oder, anders gesagt, letztlich ist nur das als Gesetz de Facto gültig was als gültig ausgelegt wird. Das eröffnet inhaltliche Spielräume die man selbstverständlich als Infragestellen eines Gesetzes selbst interpretieren kann. Schaut man sich an was Disziplinen wie die Theologie aus ihren Auslegungen machen, wundert man sich bisweilen dass die Jura dem noch nicht verfallen ist.

(Meine Hervorhebung)
Stimmt schon. Aber das macht ein z.B. Anwalt genau nicht. Wenn man das tut, wechselt man die Perspektive hin zum Grundlagendesign.

Danol hat folgendes geschrieben:
Wie ich schon schrieb verlieren die Peano-Axiome damit aber ihren Status als Axiome zwinkern
Du hast dann neue Axiome, die aber ihrerseits, sobald Du ihre gültigkeit untersuchst und mit anderen Axiomen begründest, ebenfalls keine mehr sind.

Sie verlieren nur in syntaktischer Hinsicht ihren Axiomenstatus, nicht in semantischer. Ihre Gültigkeit und ihr Axiomenstatus (semantisch und syntaktisch) für die Arithmetik soll ja erhalten bleiben. Das ist eher wie das Design einer neuen tieferliegenden Softwareschicht, die bestimmten Schnittstellen einer höheren Ebene genügen muss. Die Analysis Leute kümmert das nicht, was die Mengentheoretiker und die Logiker in ihren Niederungen treiben.

Danol hat folgendes geschrieben:
Das kommt jetzt schlicht auf den Wahrheitsbegriff und die genaue Auffassung von den mathematischen Sätzen an. Für mich sagt ein Satz stets aus "Im Axiomensystem A gilt die Aussage B unter den Voraussetzungen C", womit durchaus verschiedene Mengentheorien gleichzeitig 'wahr' sein können. Es kommt eben immer darauf an anzugeben worauf sich der Wahrheitsanspruch bezieht und das ist in der Mathematik nunmal das verwendete Axiomensystem und das darauf aufbauende formale System.

Jupp. Genau deswegen ist die Frage nach der Wahrheit der Axiome mathematisch trivial.

Danol hat folgendes geschrieben:
Yogosh hat folgendes geschrieben:
Dass Falsifikation in diesem Sinne wichtig ist trifft auch auf die Schreinerei zu: was nicht klappt, lässt man bleiben.

Grundsätzlich ist das richtig, die Schlussfolgerung, die Du daraus ziehst, kann ich aber so nicht nachvollziehen. Erklär das bitte genauer ...

Die Rolle Falsifikation in der Wissenschaft ist ja mehr als bloß die Taktik irgendwas zu ändern, wenn alles schief läuft.

Das Falsifikationskriterium für die Wissenschaftlichkeit von Theorien dient doch dazu die Physik drin und die Astrologie draussen zu haben und es spielt eine Doppelrolle: zum einen ist es ein semantisches Kriterium dafür dass eine Theorie überhaupt etwas über die Welt aussagt (wenn die Welt keine Chance hat gegen diese Beschreibung zu protestieren, dann beschreibt die Theorie halt nichts und hat keinen empirischen Inhalt). Damit fliegt die Astrologie raus.

Zum anderen als Indikator für Wahrheit. Einen Induktionsschluss kann man nie beweisen, aber je länger er überlebt obwohl er prinzipiell angreifbar ist, desto sicher können wir uns sein, dass er einigermaßen stimmt und man die Theorie verwenden kann um weiterzumachen ohne grob Zeit zu verschwenden.

Das Pendant zum Kriterium für den empirischen Gehalt wäre höchstens ob ein Satz trivial ist oder nicht. Unwiderlegbarkeit ist ja gerade das Endprodukt eines deduktiven Beweises. Falsifizierbarkeit wegen menschlicher Fehler ist ein Analogon zum verdreckten Reagenzglas oder kaputtem Instrument, nicht zur Falsifizierbarkeit empirischer Theorien.

Was die Rolle der Falsifizierbarkeit als Wahrheitsindikator angeht: In den deduktiven Wissenschaften zählt es gar nichts, dass irgendeine Hypothese jetzt schon länger unwiderlegt blieb.
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Kival
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Beiträge: 24071

Beitrag(#1318307) Verfasst am: 30.06.2009, 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:

Zum anderen als Indikator für Wahrheit. Einen Induktionsschluss kann man nie beweisen, aber je länger er überlebt obwohl er prinzipiell angreifbar ist, desto sicher können wir uns sein, dass er einigermaßen stimmt und man die Theorie verwenden kann um weiterzumachen ohne grob Zeit zu verschwenden.


Ich bezweifle ehrlich gesagt, dass Du das explizieren - um mal deine Wortwahl aufzunehmen - oder gar formalisieren kannst, dass häufiges Nichtwiderlegen etwas über den Gewissheitsgrad von spezifischen Allsätzen aussagt. Und bei Existenzaussagen, die nun auch häufig eine Rolle Spielen z. B. in Physik und co. wird dir Falsifizierbarkeit gar nichts bringen. Existenzaussagen sind schließlich gar nicht falsifizierbar.
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Yogosh
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Beitrag(#1318314) Verfasst am: 30.06.2009, 16:11    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Yogosh hat folgendes geschrieben:

Zum anderen als Indikator für Wahrheit. Einen Induktionsschluss kann man nie beweisen, aber je länger er überlebt obwohl er prinzipiell angreifbar ist, desto sicher können wir uns sein, dass er einigermaßen stimmt und man die Theorie verwenden kann um weiterzumachen ohne grob Zeit zu verschwenden.


Ich bezweifle ehrlich gesagt, dass Du das explizieren - um mal deine Wortwahl aufzunehmen - oder gar formalisieren kannst, dass häufiges Nichtwiderlegen etwas über den Gewissheitsgrad von spezifischen Allsätzen aussagt.

Smilie
Das gebe ich Dir sogar schriftlich dass ich das noch nicht mal so gut kann wie Meister Popper. Und bei näherer Durchleuchtung sah das als Kriterium auch nicht mehr so gut aus wie es als durchaus sinnvolle Hausregel erst mal klingt.

Ich hab aber die Falsifikation als (möglicherweise notwendiges) Kriterium für Wissenschaftlichkeit nicht eingebracht. Ich bestreite hier bloß dass man es (selbst wenn man es ordentlich ausformulieren könnte) benutzen kann um speziell der Juristerei die Wissenschaftlichkeit abzusprechen.
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Kival
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Beitrag(#1318321) Verfasst am: 30.06.2009, 16:20    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Yogosh hat folgendes geschrieben:

Zum anderen als Indikator für Wahrheit. Einen Induktionsschluss kann man nie beweisen, aber je länger er überlebt obwohl er prinzipiell angreifbar ist, desto sicher können wir uns sein, dass er einigermaßen stimmt und man die Theorie verwenden kann um weiterzumachen ohne grob Zeit zu verschwenden.


Ich bezweifle ehrlich gesagt, dass Du das explizieren - um mal deine Wortwahl aufzunehmen - oder gar formalisieren kannst, dass häufiges Nichtwiderlegen etwas über den Gewissheitsgrad von spezifischen Allsätzen aussagt.

Smilie
Das gebe ich Dir sogar schriftlich dass ich das noch nicht mal so gut kann wie Meister Popper.


Popper lehnt gerade ab, dass häufiges Nichtwiderlegen viel aussagt. Deswegen gibt es ja Poppers Forderung nach "harten Tests". Poppers Formalisierungsversuche, soweit es sie bei ihm überhaupt gab, sind m.E. eher ziemlich in die Hose gegangen. Bei Popper scheint es sowieso nur reine, spezifische Allsätze zu geben in der Wissenschaft.

Zitat:
Und bei näherer Durchleuchtung sah das als Kriterium auch nicht mehr so gut aus wie es als durchaus sinnvolle Hausregel erst mal klingt.


Wenn man mit einbezieht, dass man möglichst versucht, Tests zu wählen, die tatsächlich geeignet sind, die Theorie zu widerlegen, kommt man schon etwas weiter. Gewisser werden die Theorien dadurch allerdings auch nicht wirklich, sie haben nur eine gewisse Robustheit gegen Widerlegungsversuche gezeigt. Wichtig ist natürlich auch, dass man Tests macht, die die Theorie von anderen diskreminiert, also nur solche abgeleiteten Hypothesen zu testen, die unerwartete Vorhersagen darstellen oder anderen Theorien widersprechen. So lässt sich dann zwischen zwei Theorien möglicherweise die bessere auswählen. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass Theorien eigentlich nur im Vergleich (!) besser oder schlechter sind. Absolut kann man über Theorien eigentlich nicht viel aussagen.



Zitat:
Ich hab aber die Falsifikation als (möglicherweise notwendiges) Kriterium für Wissenschaftlichkeit nicht eingebracht. Ich bestreite hier bloß dass man es (selbst wenn man es ordentlich ausformulieren könnte) benutzen kann um speziell der Juristerei die Wissenschaftlichkeit abzusprechen.


Wir sollten vielleicht wenn schon dann lieber von Falsifzierbarkeit sprechen, sonst unterstützen wir noch den üblichen Fehschluss, es ginge darum, Theorien tatsächlich zu widerlegen. Popper fordert erstmal aber nur eine prinzipielle Falsifzierbarkeit, dass es also theoretisch möglich ist, sie zu widerlegen. Praktische Falsifzierbarkeit ist nicht vorausgesetzt für Wissenschaftlichkeit.
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Yogosh
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Beitrag(#1318333) Verfasst am: 30.06.2009, 16:36    Titel: Antworten mit Zitat

Soviel ich weiss ist die ganze Falsifizierbarkeit hier ohnehin fehl am Platz weil ja selbst Popper nie behauptet hat dass sie für all das was wir mit 'Wissenschaft' bezeichnen relevant sei. Bei ihm ging es da ja um nur um science. Oder wollte es das ausweiten?
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Kival
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Beitrag(#1318340) Verfasst am: 30.06.2009, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Soviel ich weiss ist die ganze Falsifizierbarkeit hier ohnehin fehl am Platz weil ja selbst Popper nie behauptet hat dass sie für all das was wir mit 'Wissenschaft' bezeichnen relevant sei. Bei ihm ging es da ja um nur um science. Oder wollte es das ausweiten?


Schwierige Frage. Popper selber geht ja schon bei den Sozialwissenschaften von seinem eigenen Wissenschaftstheorie ab. Er ist in den eigentlichen wissenschaftstheoretischen Texten massiv fixiert auf Naturwissenschaften, was aber ja allgemeines Übel der wissenschaftstheoretischen Diskussion ist.

Nichtdestotrotz wird eigentlich Falsifzierbarkeit im Allgemeinen als Kriterium für Wissenschaftlichkeit angesehen; noch mehr in der Rezeption von Popper als bei ihm selber vielleicht. Gerade wenn man science von den arts trennt, lehnt man es ja ab, die arts als Wissenschaft zu betrachten.
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Danol
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Beitrag(#1318349) Verfasst am: 30.06.2009, 16:46    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Stimmt schon. Aber das macht ein z.B. Anwalt genau nicht. Wenn man das tut, wechselt man die Perspektive hin zum Grundlagendesign.


Mag sein, aber das die Berufspraxis mit Wissenschaftlichkeit nichts mehr zu tun hat haben ja selbst die Jursiten hier zugegeben - bei der muss mans also nichtmehr explizit wiederlegen und kann sich somit auf den Rest stürzen.

Zitat:
Sie verlieren nur in syntaktischer Hinsicht ihren Axiomenstatus, nicht in semantischer. Ihre Gültigkeit und ihr Axiomenstatus (semantisch und syntaktisch) für die Arithmetik soll ja erhalten bleiben.


Für die Arthmetik ist richtig - die Untersuchung und Begründung der Axiome selbst ist ja auch m.E. keine Arithmetik, insofern wiederspricht das nicht meiner Aussage.

Zitat:
Die Analysis Leute kümmert das nicht, was die Mengentheoretiker und die Logiker in ihren Niederungen treiben.


Korrekt. Ich hab' selbst mal einen Aufsatz gelesen indem skizziert wurde wie man die Rechenregeln, die man normalerweise als Axiome nutzt, aus tieferliegenden Aussagen herleiten kann - und bin heilfroh dass mir sowas erspart bleibt. Um sinnvoll Analysis betreiben zu können braucht man sowas wirklich nicht ...
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Yogosh
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Beitrag(#1318367) Verfasst am: 30.06.2009, 17:11    Titel: Antworten mit Zitat

Danol hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sie verlieren nur in syntaktischer Hinsicht ihren Axiomenstatus, nicht in semantischer. Ihre Gültigkeit und ihr Axiomenstatus (semantisch und syntaktisch) für die Arithmetik soll ja erhalten bleiben.


Für die Arthmetik ist richtig - die Untersuchung und Begründung der Axiome selbst ist ja auch m.E. keine Arithmetik, insofern wiederspricht das nicht meiner Aussage.

Ich finde schon. Diese Spielerei mit den Axiomen betreibt man nicht wirklich um ihre Gültigkeit zu untersuchen. Es ist einfach für gewisse relative Konsistenzbeweise oder Modellkonstruktionen bisweilen simpler z.B. eine Axiomatik mit nur einem Axiom zu haben in dem aber keine Konjunktionen vorkommen oder eine mit nur einer Schlussregel oder eine mit einem Minimum an elementaren Zeichen oder eine ohne Klammern. Das ist ziemlich viel Syntax Spielerei.

Danol hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Analysis Leute kümmert das nicht, was die Mengentheoretiker und die Logiker in ihren Niederungen treiben.

Korrekt. Ich hab' selbst mal einen Aufsatz gelesen indem skizziert wurde wie man die Rechenregeln, die man normalerweise als Axiome nutzt, aus tieferliegenden Aussagen herleiten kann - und bin heilfroh dass mir sowas erspart bleibt.

Ich fand das gerade toll. War so schön anwendungsfern und abgefahren. Und der Prof war so einer von der Sorte der nie wußte welcher Wochentag ist. Oder warum das wichtig ist.

Ich glaube aber, dass das jetzt sehr OT wird.
...und dass wir den Nerd Pegel dieses Threads jetzt auch genug angehoben haben *duck*
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Baldur
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Beiträge: 8326

Beitrag(#1318461) Verfasst am: 30.06.2009, 18:42    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Ich glaube aber, dass das jetzt sehr OT wird.


Eben.

Baldur hat folgendes geschrieben:
Yogosh hat folgendes geschrieben:
Baldur hat folgendes geschrieben:
......
Fällt euch denn ein Bereich ein, in dem die Rechtswissenschaft einen Erkenntnisgewinn liefert?

Ich würde in zwei Richtungen einen Erkenntnisgewinn sehen: in Anwenderrichtung die Kenntnis der Systematik und der Art der Argumentation mit der man abschätzen kann, welche gewünschten Resultate möglich sind. Das wäre die Sicht des Anwalt.
In Grundlagenrichtung die Kenntnis der Systematik, die es ermöglicht abzuschätzen wie Gesetze formuliert werden müssen, um bestimmte Ergebnisse zu ermöglichen. Das wäre die Sicht der Richter und Gesetzgeber.


Dem kann ich mich anschließen.
Allerdings sind dies inhärente Erkenntnisse. Würdest du also sagen, die Rechtswissenschaft befasst sich in wissenschaftlicher Hinsicht nur mit sich selbst? Die wissenschaftlichen Erkenntnisse beziehen sich also allein auf die Ergebnisse, die sie selbst produziert?


Danol hat folgendes geschrieben:
das ist in der Jura grundlegend anders. Dort sind die Gesetze und vor allem ihre Auslegung selbst Untersuchungsgegenstand,


Danol hat folgendes geschrieben:
Yogosh hat folgendes geschrieben:


Natürlich gibt es gravierende Unterschiede in der Arbeitsweise von Mathematik und Juristerei, aber man müsste erst mal begründen, warum die für den Status der Wissenschaftlichkeit relevant oder notwendig sind.


Nun, wie ich schon schrieb sehe ich den darin dass die Jura ihre eigene Axiomatik als Untersuchungsgegenstand enthält und somit gewissermaßen 'zirkulär' arbeitet. Eine weitere Parallele zur Theologie ...


Also hat nun die Rechtswissenschaft allein sich selbst und ihre durch sich selbst produzierten Ergebnisse zum Forschungsobjekt? Ich meine, eine Wissenschaft sollte schon "natürliche" Phänomene untersuchen, anstatt nur die Phänomene, die sie selbst geschaffen hat.
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Danol
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Beitrag(#1318475) Verfasst am: 30.06.2009, 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

Yogosh hat folgendes geschrieben:
Ich finde schon. Diese Spielerei mit den Axiomen betreibt man nicht wirklich um ihre Gültigkeit zu untersuchen. Es ist einfach für gewisse relative Konsistenzbeweise oder Modellkonstruktionen bisweilen simpler z.B. eine Axiomatik mit nur einem Axiom zu haben in dem aber keine Konjunktionen vorkommen oder eine mit nur einer Schlussregel oder eine mit einem Minimum an elementaren Zeichen oder eine ohne Klammern. Das ist ziemlich viel Syntax Spielerei


Sicherlich ist es manchmal bequemer ... aber das ist jetzt eine Art ad hominem ...
Ändert auch nichts daran dass jeweils nur die tiefliegendsten Axiome für sich diesen Status beanspruchen können.

Zitat:
Ich fand das gerade toll. War so schön anwendungsfern und abgefahren. Und der Prof war so einer von der Sorte der nie wußte welcher Wochentag ist. Oder warum das wichtig ist.


Ich finde einen Teilbereich der Mathematik nicht schlecht nur weil er irgendwo anwendbar ist zynisches Grinsen
Außerdem bekommst Du auch in der Analysis ziemlich viel abgefahrenes zu sehen, musst nur lange genug suchen. ^^
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