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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1649822) Verfasst am: 16.06.2011, 18:45 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich wüsste wirklich nicht, wozu man einen wie Singer überhaupt gebrauchen kann. |
ich weiß wirklich nicht, wozu man dein hobbyrevoluzzer-gesülze gebrauchen kann.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1649932) Verfasst am: 16.06.2011, 22:49 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach Singer hat das schwerstbehinderte Neugeborene aber kein apriori-Lebensrecht. Es gäbe also höchstens Interessen Dritter, die es schützen würden, z.B. die Eltern. |
Genau, das ist der Punkt. ... dabei spielt es auch keine Rolle, ob das Neugeborene schwerstbehindert ist oder nur z.B. eine entstellende Hautkrankheit hat. Wollen die Eltern es nicht und finden sich keine Adoptiveltern, dann ist eine Tötung kein Problem. |
In bezug auf die primäre, nichtvorhandene Verletzung von Interessen und Persönlichkeitsrechten des Säuglings ist das mE richtig. |
Ein beliebiger Säugling hat nach Singer keine zukunftsbezogenen Interessen. Deswegen soll (und muss) es nach Singer egal sein, ob man ihn (schmerzfrei) tötet oder nicht, die einzigen Interessen, die hier nach Singer zusätzlich noch zählen, sind die der Eltern, (die Interessen der Gesellschaft / allgemeinere Interessen / indirektere Interessen zählen für ihn nicht).
Genau genommen zählen dann auch die Interessen von Adoptionswilligen nicht, denn deren Interesse ist nicht auf einen bestimmten Säugling bezogen, die der Eltern aber schon.
Wenn die Eltern also einen Säugling (egal, ob behindert oder nicht) aus einem beliebigen Grund töten wollen, (weil das in ihrem Interesse liegt), dann gibt es nach Singers Ethik keinen Grund dagegen und die Tötung ist dann völlig in Ordnung.
Oder etwa nicht?
Dazu noch ein Zitat aus einem aktuellen Artikel vom HPD:
Was gibt uns ein Recht auf Leben? hat folgendes geschrieben: | Ein neugeborenes Baby verfügt sicher über ein Bewusstsein und kann Schmerzen empfinden. Angesichts seiner Empfindungsfähigkeit sollten wir es deshalb selbstverständlich auch nicht unnötigen Leiden aussetzen. Doch - und das ist jetzt der springende Punkt in Singers Ethik! - ein Interesse, nicht gequält zu werden, ist nicht gleichbedeutend mit einem Interesse, nicht getötet zu werden. Um ein Recht darauf zu haben, nicht getötet zu werden, bedarf es mehr als eines Interesses nicht gequält zu werden - es bedarf eines Interesses an seinem eigenen Überleben! Ein Interesse an seinem eigenen Überleben kann jedoch nur ein solches Wesen haben, das nicht nur über eine Vorstellung von sich selbst, sondern auch über eine Vorstellung von der Zukunft verfügt. Was meiner Tötung entgegensteht, ist schließlich die Tatsache, dass ich über ein Bewusstsein meiner selbst verfüge und ein Interesse daran habe, auch morgen, übermorgen, ja sogar in Jahren noch leben und nicht getötet werden zu wollen. All dies aber setzt voraus, dass man ein "Ich" hat, eine Vorstellung von sich selbst als einer Person mit einer eigenen Vergangenheit und einer eigenen Zukunft.
Nach Singer haben also nur Wesen mit einem Selbstbewusstsein einen Anspruch auf ein Recht auf Leben. Wesen, die lediglich über Bewusstsein verfügen, haben dagegen nur ein Recht darauf, nicht willkürlich gequält zu werden. |
Markierungen von mir.
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1649953) Verfasst am: 16.06.2011, 23:31 Titel: |
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[quote="AgentProvocateur" postid=1649932] step hat folgendes geschrieben: | Genau genommen zählen dann auch die Interessen von Adoptionswilligen nicht, denn deren Interesse ist nicht auf einen bestimmten Säugling bezogen, die der Eltern aber schon.
Wenn die Eltern also einen Säugling (egal, ob behindert oder nicht) aus einem beliebigen Grund töten wollen, (weil das in ihrem Interesse liegt), dann gibt es nach Singers Ethik keinen Grund dagegen und die Tötung ist dann völlig in Ordnung.
Oder etwa nicht?
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Nein, Singer sagt, sobald sich Adoptiveltern finden, sollten wir nicht die Tötung des Kindes zulassen. Zumindest gilt das seiner Meinung nach bei nicht schwer kranken Säuglingen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1649957) Verfasst am: 16.06.2011, 23:34 Titel: |
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Femina hat folgendes geschrieben: | Nein, Singer sagt, sobald sich Adoptiveltern finden, sollten wir nicht die Tötung des Kindes zulassen. Zumindest gilt das seiner Meinung nach bei nicht schwer kranken Säuglingen. |
Und mit welchem Argument?
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Femina registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.07.2005 Beiträge: 1038
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(#1649967) Verfasst am: 16.06.2011, 23:54 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Unsere Handlungsnormen aka Moral sind das Ergebnis eines sozialen Prozesses. Ich vergleiche es gelegentlich gern mit einer Sprache. Grundstrukturen sind vermutlich angeboren und der Rest hat sich nach Regeln, die wir noch nicht ganz verstehen, entwickelt.
Unsere moralischen Bewertungen erfolgen unbewußt, dh. wir haben sie in unserer Kindheit und Jugend gelernt, und vermutlich hört dieses Lernen niemals auf. Wir mögen bewußt darüber nachdenken, aber zu einem moralischen Urteil wird es erst, wenn es Teil unseres Unterbewußtseins geworden ist und das funktioniert anders als unser Bewußtsein. Es ist erfahrungs- und fallorientiert, nicht systematisch.
Das ist der grundsätzliche Unterschied zu einer philosophisch konstruierten Ethik, und wie eine künstliche Sprache fühlst sie sich nicht richtig an. Sie ist einfach zu simpel, um in unserem Leben anwendbar zu sein, ohne totalitär zu werden. |
Nach meiner Meinung schließt eine wirklich humane Ethik diese beiden Seiten ein.
Einerseits sind wir das Ergebnis eines sozialen Prozesses. Unsere Moralvorstellungen hängen oft ganz unbewusst von irgendwelchen Fakten ab. Zum Beispiel ist unsere Gesellschaft zu einem hohen Anteil christlich sozialisiert. Und gerade das Bewusstmachen dieses Umstandes ist nützlich, um Moralvrstellungen, die eigentlich zu einer Ideologie gehören, die wir nicht befürworten, zu überprüfen. Ich wäge also meine antrainierten Moralvorstellungen mit der philosophisch konstruierten Ethik ab und ziehe daraus meine Schlussfolgerungen. Einige Moralvorstellungen werden dabei bleiben, andere jedoch werden von mir überarbeitet.
Ich kann eine angelernte Vorstellung, z.B. "man darf niemanden töten", durch die Beschäftigung mit Philosophie und Ethik revidieren. Zwar bleibe ich im Allgemeinen bei dem Grundsatz, sehe aber ein, dass es wohlbegründete Ausnahmen geben kann. Andererseits muss ich nicht mit jedem philosophischen Konstrukt übereinstimmen. Zum Beispiel würde ich persönlich - bis auf eng eingegrenzte Ausnahmen (starkes Leiden ohne Genesungsmöglichkeit) - nie der Tötung eines Babys zustimmen, weil dies meinen Gefühlen gegenüber diesem Baby, die aus einem bestimmten evolutionären Prozess abgeleitet sind, widerspricht. Aufgrund dieser philosophischen Erkenntnisse würde ich aber auch nicht auf die Barrikaden gehen, wenn andere Eltern das etwas weiter gefasst sehen, die Ausnahmen also nicht ganz so stark eingrenzen, wie ich. Proteste gäbe es bei mir erst dann, wenn sich wer gegen die Interessen der Eltern stellt oder wenn auch leichter behinderte Babys am Weiterleben gehindert werden.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1649970) Verfasst am: 17.06.2011, 00:08 Titel: |
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Unbewußt muß nicht heißen: unhinterfragt. Entscheidend ist nur, daß Ethik eine Theorie über das Verhalten innerhalb einen Gruppe ist, ob diese Gruppe nun eine Familie ist, oder eine Gesellschaft oder die Menschheit insgesamt. Es ist nicht eine Theorie über das Verhalten eines Menschen, denn einen Menschen allein gibt es nicht. Damit ist Moral auch nicht eine Privatangelegenheit, denn für mich allein bräuchte ich keine Moral (Robinson hatte vor der Ankunft Freitags einfach keine Möglichkeit, unmoralisch zu sein), sondern ist das Ergebnis eines gesellschaftlichen Diskussionsprozesses. Deswegen sind bestimmte Skrupel, die wir haben, auch nicht einfach historisch entstanden Sentimentalitäten, sondern konstitutive Bestandteil unserer Gruppenkultur, deren Grundlage Solidarität ist, die nur unter ganz bestimmten Bedingungen verletzt werden darf. Nur wenn man sich dieser Grundlage bewußt ist, und des grundsätzlich sozialen Charakters von Moral, nur dann versteht man, warum die Menschen auf Singers Vorschläge zum Teil so heftig reagieren.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1649972) Verfasst am: 17.06.2011, 00:11 Titel: |
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Nehmen wir nochmal den Text von oben:
Was gibt uns ein Recht auf Leben? hat folgendes geschrieben: | Ein neugeborenes Baby verfügt sicher über ein Bewusstsein und kann Schmerzen empfinden. Angesichts seiner Empfindungsfähigkeit sollten wir es deshalb selbstverständlich auch nicht unnötigen Leiden aussetzen. Doch - und das ist jetzt der springende Punkt in Singers Ethik! - ein Interesse, nicht gequält zu werden, ist nicht gleichbedeutend mit einem Interesse, nicht getötet zu werden. Um ein Recht darauf zu haben, nicht getötet zu werden, bedarf es mehr als eines Interesses nicht gequält zu werden - es bedarf eines Interesses an seinem eigenen Überleben! Ein Interesse an seinem eigenen Überleben kann jedoch nur ein solches Wesen haben, das nicht nur über eine Vorstellung von sich selbst, sondern auch über eine Vorstellung von der Zukunft verfügt. [...] Wenn sie sich dennoch zu einer Abtreibung entschließen, liegt dies nicht an einem moralischen Werturteil, sondern an einer persönlichen Vorliebe. Sie bezweifeln nicht, dass Down-Kinder glücklich, wenn nicht gar weit glücklicher sein mögen, doch sie denken auch an die Konsequenzen, die die Geburt eines solchen Kindes für ihr Leben hat. Ein Kind mit Down-Syndrom aufzuziehen, geht mit vielen persönlichen Einschränkungen einher - Einschränkungen, die sie nicht auf sich nehmen wollen. Man mag dies als egoistisch verurteilen, doch da weder Embryonen noch Feten ein Recht auf Leben haben, ist es durchaus zulässig. |
Säuglinge haben nach seiner Argumentation ebenfalls kein Recht auf Leben und also ist nach dieser Argumentation eine Tötung von Säuglingen ebenfalls 'durchaus zulässig', auch wenn das aus egoistischen Interessen erfolgte. Wenn diese Argumente hier gültig sind, dann folgt das unausweichlich. Und andere Argumente sehe ich da nicht.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1649992) Verfasst am: 17.06.2011, 07:31 Titel: Tötung nutzloser Esser |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir nochmal den Text von oben:
Was gibt uns ein Recht auf Leben? hat folgendes geschrieben: | Ein neugeborenes Baby verfügt sicher über ein Bewusstsein und kann Schmerzen empfinden. Angesichts seiner Empfindungsfähigkeit sollten wir es deshalb selbstverständlich auch nicht unnötigen Leiden aussetzen. Doch - und das ist jetzt der springende Punkt in Singers Ethik! - ein Interesse, nicht gequält zu werden, ist nicht gleichbedeutend mit einem Interesse, nicht getötet zu werden. Um ein Recht darauf zu haben, nicht getötet zu werden, bedarf es mehr als eines Interesses nicht gequält zu werden - es bedarf eines Interesses an seinem eigenen Überleben! Ein Interesse an seinem eigenen Überleben kann jedoch nur ein solches Wesen haben, das nicht nur über eine Vorstellung von sich selbst, sondern auch über eine Vorstellung von der Zukunft verfügt. [...] Wenn sie sich dennoch zu einer Abtreibung entschließen, liegt dies nicht an einem moralischen Werturteil, sondern an einer persönlichen Vorliebe. Sie bezweifeln nicht, dass Down-Kinder glücklich, wenn nicht gar weit glücklicher sein mögen, doch sie denken auch an die Konsequenzen, die die Geburt eines solchen Kindes für ihr Leben hat. Ein Kind mit Down-Syndrom aufzuziehen, geht mit vielen persönlichen Einschränkungen einher - Einschränkungen, die sie nicht auf sich nehmen wollen. Man mag dies als egoistisch verurteilen, doch da weder Embryonen noch Feten ein Recht auf Leben haben, ist es durchaus zulässig. |
Säuglinge haben nach seiner Argumentation ebenfalls kein Recht auf Leben und also ist nach dieser Argumentation eine Tötung von Säuglingen ebenfalls 'durchaus zulässig', auch wenn das aus egoistischen Interessen erfolgte. Wenn diese Argumente hier gültig sind, dann folgt das unausweichlich. Und andere Argumente sehe ich da nicht. |
Ein Beispiel ist z.B. die Tötung weiblicher Babys in China und Indien, weil man ja Jungen haben möchte und der Aufwand für die Aufzucht von Mädchen nutzlos erscheint.
Es sind auch andere gesellschaftliche und kulturelle Konstellationen denkbar, die wiederum nach anderen Kriterien die Tötung Neugeborener (und bereits älterer) Menschen nach Singer absegnen.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1649996) Verfasst am: 17.06.2011, 07:41 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir nochmal den Text von oben:
Was gibt uns ein Recht auf Leben? hat folgendes geschrieben: | Ein neugeborenes Baby verfügt sicher über ein Bewusstsein und kann Schmerzen empfinden. Angesichts seiner Empfindungsfähigkeit sollten wir es deshalb selbstverständlich auch nicht unnötigen Leiden aussetzen. Doch - und das ist jetzt der springende Punkt in Singers Ethik! - ein Interesse, nicht gequält zu werden, ist nicht gleichbedeutend mit einem Interesse, nicht getötet zu werden. Um ein Recht darauf zu haben, nicht getötet zu werden, bedarf es mehr als eines Interesses nicht gequält zu werden - es bedarf eines Interesses an seinem eigenen Überleben! Ein Interesse an seinem eigenen Überleben kann jedoch nur ein solches Wesen haben, das nicht nur über eine Vorstellung von sich selbst, sondern auch über eine Vorstellung von der Zukunft verfügt. [...] Wenn sie sich dennoch zu einer Abtreibung entschließen, liegt dies nicht an einem moralischen Werturteil, sondern an einer persönlichen Vorliebe. Sie bezweifeln nicht, dass Down-Kinder glücklich, wenn nicht gar weit glücklicher sein mögen, doch sie denken auch an die Konsequenzen, die die Geburt eines solchen Kindes für ihr Leben hat. Ein Kind mit Down-Syndrom aufzuziehen, geht mit vielen persönlichen Einschränkungen einher - Einschränkungen, die sie nicht auf sich nehmen wollen. Man mag dies als egoistisch verurteilen, doch da weder Embryonen noch Feten ein Recht auf Leben haben, ist es durchaus zulässig. |
Säuglinge haben nach seiner Argumentation ebenfalls kein Recht auf Leben und also ist nach dieser Argumentation eine Tötung von Säuglingen ebenfalls 'durchaus zulässig', auch wenn das aus egoistischen Interessen erfolgte. Wenn diese Argumente hier gültig sind, dann folgt das unausweichlich. Und andere Argumente sehe ich da nicht. |
in diesem punkt kommt das von Singer abgelehnte potentialitätsargument ins spiel das ich subjektiv gegenüber dem recht der mutter auf ihren körper samt fötus ab der lebensfähigkeit desselben außerhalb des mütterlichen körpers als relevanter ansehen würde würde.
beim googeln hab ich zum thema diese arbeit gefunden:
http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/82552.html
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1649998) Verfasst am: 17.06.2011, 07:44 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir nochmal den Text von oben:
Was gibt uns ein Recht auf Leben? hat folgendes geschrieben: | Ein neugeborenes Baby verfügt sicher über ein Bewusstsein und kann Schmerzen empfinden. Angesichts seiner Empfindungsfähigkeit sollten wir es deshalb selbstverständlich auch nicht unnötigen Leiden aussetzen. Doch - und das ist jetzt der springende Punkt in Singers Ethik! - ein Interesse, nicht gequält zu werden, ist nicht gleichbedeutend mit einem Interesse, nicht getötet zu werden. Um ein Recht darauf zu haben, nicht getötet zu werden, bedarf es mehr als eines Interesses nicht gequält zu werden - es bedarf eines Interesses an seinem eigenen Überleben! Ein Interesse an seinem eigenen Überleben kann jedoch nur ein solches Wesen haben, das nicht nur über eine Vorstellung von sich selbst, sondern auch über eine Vorstellung von der Zukunft verfügt. [...] Wenn sie sich dennoch zu einer Abtreibung entschließen, liegt dies nicht an einem moralischen Werturteil, sondern an einer persönlichen Vorliebe. Sie bezweifeln nicht, dass Down-Kinder glücklich, wenn nicht gar weit glücklicher sein mögen, doch sie denken auch an die Konsequenzen, die die Geburt eines solchen Kindes für ihr Leben hat. Ein Kind mit Down-Syndrom aufzuziehen, geht mit vielen persönlichen Einschränkungen einher - Einschränkungen, die sie nicht auf sich nehmen wollen. Man mag dies als egoistisch verurteilen, doch da weder Embryonen noch Feten ein Recht auf Leben haben, ist es durchaus zulässig. |
Säuglinge haben nach seiner Argumentation ebenfalls kein Recht auf Leben und also ist nach dieser Argumentation eine Tötung von Säuglingen ebenfalls 'durchaus zulässig', auch wenn das aus egoistischen Interessen erfolgte. Wenn diese Argumente hier gültig sind, dann folgt das unausweichlich. Und andere Argumente sehe ich da nicht. |
in diesem punkt kommt das von Singer abgelehnte potentialitätsargument ins spiel das ich subjektiv gegenüber dem recht der mutter auf ihren körper samt fötus ab der lebensfähigkeit desselben außerhalb des mütterlichen körpers als relevanter ansehen würde würde. |
Aber die Ablehnung des "Potentialitätsarguments" macht doch Singers ... ähm ... Philosophie erst richtig "konsistent", wie hier einige meinen ...-
_________________ °
K.I.Z - Frieden
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1650003) Verfasst am: 17.06.2011, 07:56 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Nehmen wir nochmal den Text von oben:
Was gibt uns ein Recht auf Leben? hat folgendes geschrieben: | Ein neugeborenes Baby verfügt sicher über ein Bewusstsein und kann Schmerzen empfinden. Angesichts seiner Empfindungsfähigkeit sollten wir es deshalb selbstverständlich auch nicht unnötigen Leiden aussetzen. Doch - und das ist jetzt der springende Punkt in Singers Ethik! - ein Interesse, nicht gequält zu werden, ist nicht gleichbedeutend mit einem Interesse, nicht getötet zu werden. Um ein Recht darauf zu haben, nicht getötet zu werden, bedarf es mehr als eines Interesses nicht gequält zu werden - es bedarf eines Interesses an seinem eigenen Überleben! Ein Interesse an seinem eigenen Überleben kann jedoch nur ein solches Wesen haben, das nicht nur über eine Vorstellung von sich selbst, sondern auch über eine Vorstellung von der Zukunft verfügt. [...] Wenn sie sich dennoch zu einer Abtreibung entschließen, liegt dies nicht an einem moralischen Werturteil, sondern an einer persönlichen Vorliebe. Sie bezweifeln nicht, dass Down-Kinder glücklich, wenn nicht gar weit glücklicher sein mögen, doch sie denken auch an die Konsequenzen, die die Geburt eines solchen Kindes für ihr Leben hat. Ein Kind mit Down-Syndrom aufzuziehen, geht mit vielen persönlichen Einschränkungen einher - Einschränkungen, die sie nicht auf sich nehmen wollen. Man mag dies als egoistisch verurteilen, doch da weder Embryonen noch Feten ein Recht auf Leben haben, ist es durchaus zulässig. |
Säuglinge haben nach seiner Argumentation ebenfalls kein Recht auf Leben und also ist nach dieser Argumentation eine Tötung von Säuglingen ebenfalls 'durchaus zulässig', auch wenn das aus egoistischen Interessen erfolgte. Wenn diese Argumente hier gültig sind, dann folgt das unausweichlich. Und andere Argumente sehe ich da nicht. |
in diesem punkt kommt das von Singer abgelehnte potentialitätsargument ins spiel das ich subjektiv gegenüber dem recht der mutter auf ihren körper samt fötus ab der lebensfähigkeit desselben außerhalb des mütterlichen körpers als relevanter ansehen würde würde. |
Aber die Ablehnung des "Potentialitätsarguments" macht doch Singers ... ähm ... Philosophie erst richtig "konsistent", wie hier einige meinen ...- |
singer ist mir da zu strikt. ich sehe nicht ein, warum einem menschen, der bei zu erwartenden idealen bedinungen ein bewusstsein entwickeln wird weniger lebensrecht zuzuweisen ist als bspw. einem ausgewachenen schwein, welches zu keinem zeitpunkt ein bewusstsein entwickeln wird.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Kival Profeminist Ghost
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 24071
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(#1650005) Verfasst am: 17.06.2011, 08:01 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: |
singer ist mir da zu strikt. ich sehe nicht ein, warum einem menschen, der bei zu erwartenden idealen bedinungen ein bewusstsein entwickeln wird weniger lebensrecht zuzuweisen ist als bspw. einem ausgewachenen schwein, welches zu keinem zeitpunkt ein bewusstsein entwickeln wird. |
Ein ausgewachsenes Schwein hat - soweit wir es wissen - ein Bewusstsein. Singer ist hier auch nicht "zu strikt", seine Argumentation basiert zu einem ganz erheblichen Teil auf der Ablehnung des Potentialitiätsarguments. Wer dieses gelten lässt, kann eigentlich nicht mehr wirklich auf Singers Ethik verweisen, nur noch unzusammenhängende Einzelaspekte übernehmen.
_________________ "A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1650013) Verfasst am: 17.06.2011, 08:14 Titel: |
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Kival hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: |
singer ist mir da zu strikt. ich sehe nicht ein, warum einem menschen, der bei zu erwartenden idealen bedinungen ein bewusstsein entwickeln wird weniger lebensrecht zuzuweisen ist als bspw. einem ausgewachenen schwein, welches zu keinem zeitpunkt ein bewusstsein entwickeln wird. |
Ein ausgewachsenes Schwein hat - soweit wir es wissen - ein Bewusstsein. |
gut. warten wir hier also auf das in naher zukunft folgende "great mammal projekt" oder was?
Zitat: | Singer ist hier auch nicht "zu strikt", |
mir schon. singer lehnt ja vor allem die traditionell christliche sicht ab, die bereits menschlichen embryos ein lebensrecht zusprechen. ich habe jedoch mit dem ansatz der lebensfähigkeit menschlichen lebens außerhalb des mütterlichen körpers aurgumentiert. wenn singer auch dies ablehnt ist mir das schlichtweg zu radikal.
Zitat: | seine Argumentation basiert zu einem ganz erheblichen Teil auf der Ablehnung des Potentialitiätsarguments. Wer dieses gelten lässt, kann eigentlich nicht mehr wirklich auf Singers Ethik verweisen, nur noch unzusammenhängende Einzelaspekte übernehmen. |
ob das was von Singers ethik ohne ablehnung des potentialitätsarguments bloß "unzusammenhängende Einzelaspekte" sind kann ich nicht beurteilen und das spielt eigentlich auch keine rolle.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1650030) Verfasst am: 17.06.2011, 08:51 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber die Ablehnung des "Potentialitätsarguments" macht doch Singers ... ähm ... Philosophie erst richtig "konsistent", wie hier einige meinen ...- |
singer ist mir da zu strikt. |
Mir auch!
L.E.N. hat folgendes geschrieben: | ich sehe nicht ein, warum einem menschen, der bei zu erwartenden idealen bedinungen ein bewusstsein entwickeln wird weniger lebensrecht zuzuweisen ist als bspw. einem ausgewachenen schwein, welches zu keinem zeitpunkt ein bewusstsein entwickeln wird. |
Das Problem ist eben die Sache mit dem "Ich-Bewusstsein", das noch mal etwas anderes ist als das rein emotionale Bewusstsein.
Und da führt selbst das Potentialitätsargument nicht weit genug. Denn was, wenn ein Säugling womöglich kein "Ich-Bewusstsein" entwicklen kann?
Dieses "ich denke, also bin ich" (Descartes), das Singer offenbar aufgegriffen hat, führt notwendig zu Diskriminierung, wie ich meine. So kommt er dann zu absurden Forderungen wie "Menschenrechte für Affen".
Und der Hintergrund ist eben seine Oberflächenpsychologie ...-
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K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1650091) Verfasst am: 17.06.2011, 10:50 Titel: |
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@AP: Sorry, ich mag hier nicht mehr über dieses Thema öffentlich weiterdiskutieren, liegt mir zuviel Lynchstimmung in der Luft.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44665
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(#1650234) Verfasst am: 17.06.2011, 16:27 Titel: |
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Ich finde es interessant, dass hier immer wieder der Begriff des Rechts auftaucht. Ein Begriff, der eigentlich gar kein genuin ethischer, sondern ein juristischer Begriff ist. Seine Verwendung im Kontext einer Ethikdebatte wäre erstmal als solche zu rechtfertigen.
Was ist denn ein "Recht" in einem ethischen (d.h. streng nicht-juristischen) Sinne?
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1650242) Verfasst am: 17.06.2011, 16:39 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Ich finde es interessant, dass hier immer wieder der Begriff des Rechts auftaucht. Ein Begriff, der eigentlich gar kein genuin ethischer, sondern ein juristischer Begriff ist. Seine Verwendung im Kontext einer Ethikdebatte wäre erstmal als solche zu rechtfertigen. |
Zumal es in dieser Diskussion auch um "juristische Personen" geht, die gar keine Personen sind. Aber mehrere hier (mich eingeschlossen) waren sich ja einig, daß Rechte keine Eigenschaften von Personen sind, sondern ihnen von der Allgemeinheit zugesprochen werden, und zwar in unterschiedlichem Ausmaß.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Was ist denn ein "Recht" in einem ethischen (d.h. streng nicht-juristischen) Sinne? |
Meines Erachtens ist "Recht" vor allem ein juristischer Begriff. Der Zusammenhang mit der Ethik kommt dadurch zustande, daß Moral auch in Gesetze einfließt und diese (einklagbare) Rechte zuweisen.
Es gibt auch noch den Ausdruck "moralisch im Recht sein" - ich denke da schwingt evtl. die Vorstellung eines übermächtigen gerechten Richters mit, der über weltliche Ungerechtigkeiten (auch der Rechtsprechung) erhaben wäre.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44665
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(#1650265) Verfasst am: 17.06.2011, 17:44 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens ist "Recht" vor allem ein juristischer Begriff. Der Zusammenhang mit der Ethik kommt dadurch zustande, daß Moral auch in Gesetze einfließt und diese (einklagbare) Rechte zuweisen. |
Es mag sein, dass ethische Überlegungen in die Formulierung konkreter Rechtsinhalte mit einfließen, aber ich sehe nicht, wie dadurch der Begriff des Rechts zu einem ethischen Begriff wird.
step hat folgendes geschrieben: | Es gibt auch noch den Ausdruck "moralisch im Recht sein" |
Ja - aber das ist so ähnlich wie z.B. die Formulierung "Ich habe Recht", wenn es um die Frage geht, wer in einer Sachfrage richtig liegt. Das ist zwar das selbe Wort, aber nicht der selbe Begriff wie wenn ich z.B. jemandem ein Recht auf Leben zu- oder abspreche.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26486
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1650284) Verfasst am: 17.06.2011, 18:28 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ....
Es mag sein, dass ethische Überlegungen in die Formulierung konkreter Rechtsinhalte mit einfließen, .... |
Sie fließen nicht nur ein - meine persönliche Formulierung ist: Gesetze sind Moral handhabbar gemacht. Am deutlichsten siehst Du das am "Übergesetz", der Verfassung, die im Prinzip noch eine Übergangsform zwischen Moral und Gesetz darstellt. Allerdings gibt es mit der Existenz der Gesetze und ihrer Formulierung als politischer Prozess auch wieder eine Rückwirkung auf die Moral. Ganz deutlich wird das für mich bei den Diskussionen um die Steuergesetzgebung.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44665
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(#1650294) Verfasst am: 17.06.2011, 18:54 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Sie fließen nicht nur ein - meine persönliche Formulierung ist: Gesetze sind Moral handhabbar gemacht. |
In der Ethik geht es um Dinge wie z.B. Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit. Diese Dinge sind für das Recht völlig gleichgültig. Im Recht geht es um nichts anderes als um das Urteil nach dem Gesetz.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26486
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1650298) Verfasst am: 17.06.2011, 19:01 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Sie fließen nicht nur ein - meine persönliche Formulierung ist: Gesetze sind Moral handhabbar gemacht. |
Nö. In der Ethik geht es um Dinge wie z.B. Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit. Diese Dinge sind dem Recht völlig gleichgültig. Im Recht geht es um nichts anderes als um das Urteil nach dem Gesetz. |
Dann versuch mal ein Urteil nach der Verfassung zu fällen. Die möglichen Urteile sind verfassungsgemäß und nicht verfassungsgemäß.
Du hast natürlich Recht, wenn Du dich jetzt an den Begriff Ethik klammerst - ich habe in meiner Formulierung auch bewusst Moral benutzt. Allerdings werden beide Begriffe auch oft genug synonym benutzt.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44665
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(#1650300) Verfasst am: 17.06.2011, 19:03 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Du hast natürlich Recht, wenn Du dich jetzt an den Begriff Ethik klammerst - ich habe in meiner Formulierung auch bewusst Moral benutzt. |
Naja, Singer hat einen Ethikpreis bekommen und nicht einen Moralpreis. Unter "Moral" wird sowieso alles Mögliche verstanden, inklusive einiger der unethischsten Dinge, die man sich vorstellen kann.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1650303) Verfasst am: 17.06.2011, 19:10 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Meines Erachtens ist "Recht" vor allem ein juristischer Begriff. Der Zusammenhang mit der Ethik kommt dadurch zustande, daß Moral auch in Gesetze einfließt und diese (einklagbare) Rechte zuweisen. | Es mag sein, dass ethische Überlegungen in die Formulierung konkreter Rechtsinhalte mit einfließen, aber ich sehe nicht, wie dadurch der Begriff des Rechts zu einem ethischen Begriff wird. |
Zum Thema Einfließen schließe ich mich fwo an (Stichwort Verläßlichkeit aus Rechtsverbindlichkeit u.ä.), stimme Dir aber voll zu, daß Recht kein ethischer Begriff ist und auch nicht dazu wird. Denn Ethik dreht sich um die Frage, wovon wir aus welchem Grunde wollen, daß es die Menschen sollen. Gesetz und Rechte kann man dann am Ende daraus ableiten.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1650305) Verfasst am: 17.06.2011, 19:12 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Du hast natürlich Recht, wenn Du dich jetzt an den Begriff Ethik klammerst - ich habe in meiner Formulierung auch bewusst Moral benutzt. |
Naja, Singer hat einen Ethikpreis bekommen und nicht einen Moralpreis. Unter "Moral" wird sowieso alles Mögliche verstanden, inklusive einiger der unethischsten Dinge, die man sich vorstellen kann. |
Ich habe hier im Forum auch schon gelesen, unter "Ethik" werde sowieso alles Mögliche verstanden, inklusive einiger der unmoralischsten Dinge, die man sich vorstellen kann.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44665
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(#1650307) Verfasst am: 17.06.2011, 19:14 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Denn Ethik dreht sich um die Frage, wovon wir aus welchem Grunde wollen, daß es die Menschen sollen. |
So ungefähr. Man muss aber auch aufpassen, nicht Ethik und Politik durcheinanderzubringen. Warum und inwiefern ist die Frage danach, wovon ich will, dass es die Menschen sollen, deiner Ansicht nach nicht einfach nur eine politische Frage?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1650314) Verfasst am: 17.06.2011, 19:32 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Denn Ethik dreht sich um die Frage, wovon wir aus welchem Grunde wollen, daß es die Menschen sollen. |
So ungefähr. Man muss aber auch aufpassen, nicht Ethik und Politik durcheinanderzubringen. Warum und inwiefern ist die Frage danach, wovon ich will, dass es die Menschen sollen, deiner Ansicht nach nicht einfach nur eine politische Frage? |
Für mich als (im weitesten Sinne) Utilitaristen gibt es da natürlich eine Überschneidung, weil es in beiden Fällen irgendwie um Interessen geht.
Während in der (utilitaristischen) Ethik jedoch eher der rationale Diskurs über die optimale Vereinbarkeit von (nicht unbedingt eigenen) Interessen im Vordergrund steht, ist es in der Politik eher die Kunst des Durchsetzens eigener Interessen. Anders ausgedrückt: Wenn ich wähle, muß ich nicht begründen, wieso ich hoffe, daß diese Partei für meine Interessen kämpft.
Es gibt natürlich idealistische Modelle, in denen es diesen Unterschied nicht mehr gibt (der gerechte Potentat, die Diktatur des Proletariats, der Gotteststaat u.ä.)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44665
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(#1650316) Verfasst am: 17.06.2011, 19:48 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Während in der (utilitaristischen) Ethik jedoch eher der rationale Diskurs über die optimale Vereinbarkeit von (nicht unbedingt eigenen) Interessen im Vordergrund steht, ist es in der Politik eher die Kunst des Durchsetzens eigener Interessen. |
Interessant. Einen ziemlich radikalen Politikbegriff hast du da... aber vielleicht kommt's mir auch nur so vor.
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- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1650337) Verfasst am: 17.06.2011, 20:41 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Während in der (utilitaristischen) Ethik jedoch eher der rationale Diskurs über die optimale Vereinbarkeit von (nicht unbedingt eigenen) Interessen im Vordergrund steht, ist es in der Politik eher die Kunst des Durchsetzens eigener Interessen. | Interessant. Einen ziemlich radikalen Politikbegriff hast du da... aber vielleicht kommt's mir auch nur so vor. |
Naja, Politik ist auch ein weiter Begriff. Vielleicht sehe ich das zu radikal. Wenn man mal einen kleinen Ausflug in die Realpolitik gemacht hat (muß nicht das große Rad sein), kann man von dem ganzen Taktieren und Heucheln schon sehr schnell das Kotzen kriegen.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1650362) Verfasst am: 17.06.2011, 21:25 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Ich finde es interessant, dass hier immer wieder der Begriff des Rechts auftaucht. Ein Begriff, der eigentlich gar kein genuin ethischer, sondern ein juristischer Begriff ist. Seine Verwendung im Kontext einer Ethikdebatte wäre erstmal als solche zu rechtfertigen.
Was ist denn ein "Recht" in einem ethischen (d.h. streng nicht-juristischen) Sinne? |
du kannst in diskussionen in denen ich das wort "lebensrecht" verwende davon ausgehen, dass ich es nicht juristisch meine, sondern ethisch. überraschend oder?
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#1650398) Verfasst am: 17.06.2011, 22:24 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Während in der (utilitaristischen) Ethik jedoch eher der rationale Diskurs über die optimale Vereinbarkeit von (nicht unbedingt eigenen) Interessen im Vordergrund steht, ist es in der Politik eher die Kunst des Durchsetzens eigener Interessen. |
Interessant. Einen ziemlich radikalen Politikbegriff hast du da... aber vielleicht kommt's mir auch nur so vor. |
Die Art und Weise der Ablehnung des AK Laizisten seitens der SPD-Granden ist ein Paradebeispiel dafür. Sicher gibt es auch Gegenbeispiele. Aber das hat noch mal deutlich gezeigt, wie unfassbar unreflektiert Politik interessengeleitete Diskursverweigerung praktizieren kann.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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