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Mahone registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.12.2008 Beiträge: 842
Wohnort: Munich
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(#1695291) Verfasst am: 09.10.2011, 16:30 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Was ich wissen wollte, sollte ich lieber deutlich machen, indem ich das Gedankenexperiment von oben etwas erweitere: mit dem Notar von oben hatte ich jeden Tag etwas zu tun und er hat - ohne dass ich das wusste - ein Tagebuch über mich und meine Handlungen geführt. Nun ist er außerdem ein genialer Erfinder und hat eine Zeitmaschine erfunden. Damit reist er 80 Jahre in die Vergangenheit, deponiert das Buch im Schließfach, reist wieder zurück und übergibt mir den zweiten Schlüssel, so dass ich das Buch lesen kann. (Oder er reist 2000 Jahre zurück und das Buch geht nach einiger Zeit verloren.)
Wäre das dann auch 'Vorweggenommenheit' in Deinem Sinne und wenn nicht: warum nicht? |
Das Problem bei diesen Gedankenexperimenten ist, dass sie so gestellt sind, dass sie immer in einem Aspekt auf Paradoxa hinauslaufen würden. Damit sind sie zwar denkbar aber nicht möglich. So konstruiert ihr Problemstellungen die Probleme illustrieren, die ohne die Gedankenexperimente gar nicht existieren würden. Ihr könnt das zwar zum Ende bringen, aber es können sich daraus keine Konsequenzen realer Art ergeben. Ihr tätet gut daran, Gedankenexperimente so zu stellen, dass alle Aspekte mit der Wirklichkeit konsistent sind bzw. sein können. |
Aber in diesem Gedankenexperiment ist kein Paradox, ich sehe jedenfalls keines. Welches meinst Du? Es soll ja gerade ausgeschlossen sein, dass ich das Buch vor meinem 80sten Geburtstag kenne, (würde ich es kennen, würde ich versuchen, es ungültig zu machen, indem ich anders handele, als drinsteht).
Es geht hier nicht darum, ob ich meinen Großvater als Zeitreisender ermorden könnte oder dergleichen Paradoxa.
Ich kann das Gedankenexperiment aber auch noch ein bisschen abändern, wenn Dir das lieber ist: es ist nicht notwendig, dass der Notar selber in die Vergangenheit reist, er muss lediglich das Buch in die Vergangenheit transportieren. |
Weisst du,
Gedankenexperimente sind einfach immer sofort zigmal Relevanter,
wenn darin keine Zeitreisen oder Überlichtgeschwindigkeiten drin vorkommen.
Sonst kannst du auch gleich mit Parallel-Welten anfangen,
oder Boltzmann-Gehirnen.
Ganz Nett, aber auf einen grünen Zweig kommt man damit einfach nicht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1695292) Verfasst am: 09.10.2011, 16:47 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Ja, in der Ablehnung der zufälligen oder grundlosen Entscheidung sind wir uns einig. Uneinig sind wir uns in dem Punkt, ob Gründe auf Ursachen reduzierbar sind. Mein Standpunkt wird in Deinen Fragen nicht sichtbar, weil der Unterschied zwischen Ursache und Grund nicht auftaucht. |
Gründe sind selber keine Ursachen, aber die Kombination von Gründen und der jeweiligen individuellen Bewertung würde ich Ursachen sehen, zumindest insofern, als diese eine Handlung erklären können. Und die Gründe und die indivuellen Bewertungen kommen nicht aus dem Nichts - und falls doch, dann wären sie willkürlich.
D.h.: wenn Du Dich zweimal in exakt derselben Situation befindest, der wirst Du auch exakt gleich entscheiden - zumindest wenn sich die Waage Deiner Überlegungen letztlich ziemlich eindeutig nach einer Seite neigt, wie in meinem Beispiel mit dem Besuch des Freundes.
Daher ist ein bestimmter Weltablauf keine Bedrohung für Deine Freiheit. |
Ein durch mich bestimmter Weltablauf, in dem ich also Akteur bin, sowieso nicht. Auch hier geht nach meinem Gefühl in Deiner Formulierung unter, daß Ursachen und Gründe nicht deckungsgleich sind.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1695294) Verfasst am: 09.10.2011, 16:52 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn A den Teil der Zukunft exakt kennt, der die nächste Entscheidung von Person B betrifft, B aber nicht, hat B dann einen FW im kompat. Sinne (a) generell? (b) nur aus Sicht von B, (c) gar nicht? |
Das Wissen von A über die zukünftige Entscheidung von B hätte keinen Einfluss auf die Willensfreiheit (im kompat. Sinne) von B. |
OK. Was ist, wenn B weiß, daß A es weiß? |
Dann wird - je nach Bedeutung der Entscheidung - B dieses Wissen in seine Entscheidung einbeziehen. Was das Wissen von A über die Entscheidung von B - kommt auf die Umstände, den konkreten Fall an - hinfällig machen kann. |
Das sehe ich anders. Hier müssten wir 2 Szenarien unterscheiden.
Im Szenario 1) weiß B, daß A seine Zukunft kennt. Aber ohne zu wissen, was A weiß. Würde A das Wissen über das Leben von B irgendwo hinterlegen, so daß B es an seinem Lebensende lesen könnte. Und er müsste lesen, wie seine durchdachtesten, konfliktreichsten, intimsten Entscheidungen vorweggewusst waren, dann waren diese Entscheidungen auch vorweggenommen.
Im Szenario 2) kennt B nicht nur die Tatsache, daß A seine Zukunft kennt, sondern er kennt auch das Wissen von A. Nur in diesem Fall könnte B das Wissen von A in seine Entscheidungen einbeziehen, und damit hinfällig machen. |
Aaaaaahhhhhh, Paradoxon im Szenario 2!!! Wenn B weiß, was A weiß aber A alles weiß was B macht und weiß, dann weiß A auch ob B seine Entscheidung ändert (oder halt nicht). So lange beide unfehlbar sind gibt es keinen Ausweg aus diesem Paradoxon. Sind beide kognitiv dazu in der Lage Ihre Möglichkeiten zu überdenken, gibt B irgendwann nach oder verharrt in der Untätigkeit. Letzteres wäre, weil A es vorraussieht, ein Spezialfall des Nachgebens. In letzter Konsequenz ist B logisch nicht in der Lage das Wissen von A gegen A selbst einzusetzen. |
Wenn Du das so siehst, dann kannst Du nach meiner Auffassung kein Determinist sein, weil der infinite Regress, um den es hier geht, tatsächlich schon den vorhersagbaren Ablauf verhindern würde.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1695296) Verfasst am: 09.10.2011, 17:00 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Was ich wissen wollte, sollte ich lieber deutlich machen, indem ich das Gedankenexperiment von oben etwas erweitere: mit dem Notar von oben hatte ich jeden Tag etwas zu tun und er hat - ohne dass ich das wusste - ein Tagebuch über mich und meine Handlungen geführt. Nun ist er außerdem ein genialer Erfinder und hat eine Zeitmaschine erfunden. Damit reist er 80 Jahre in die Vergangenheit, deponiert das Buch im Schließfach, reist wieder zurück und übergibt mir den zweiten Schlüssel, so dass ich das Buch lesen kann. (Oder er reist 2000 Jahre zurück und das Buch geht nach einiger Zeit verloren.)
Wäre das dann auch 'Vorweggenommenheit' in Deinem Sinne und wenn nicht: warum nicht? |
Das finde ich verwirrend. Eine Wirklichkeit, in der Zeitreisen stattfinden, schmeisst die Grundlage der Diskussion über den Haufen, da unsere Vorstellung von Kausalität nicht mehr gültig wäre.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1695301) Verfasst am: 09.10.2011, 17:19 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Auch hier geht nach meinem Gefühl in Deiner Formulierung unter, daß Ursachen und Gründe nicht deckungsgleich sind. |
Wie entstehen Gründe und deren individuelle Bewertung Deiner Ansicht nach? Sind Gründe etwas von der physikalischen Welt Getrenntes und wenn ja: inwiefern?
(Und vergessen wir mein Gedankenexperiment, wenn Du Dich nicht darauf einlassen willst. Es stimmt allerdings meiner Meinung nach nicht, dass durch eine Zeitreise in die Vergangenheit Kausalität über den Haufen geschmissen würde. Aber das ist hier nur ein Nebenaspekt.)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1695304) Verfasst am: 09.10.2011, 17:28 Titel: |
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Auf Anregung von Mahone möchte ich meinen kompatibilistischen Standpunkt nochmal grob skizzieren.
'Willensfreiheit' ist auf der einen Seite ein philosophischer terminus technicus, auf der anderen Seite gibt es auch ein landläufiges Konzept von Willensfreiheit.
Die notwendigen Anforderungen an einen freien Willen aus philosophischer Sicht sind:
Philosophie verständlich hat folgendes geschrieben: | Weitgehend unumstritten ist, dass eine Entscheidung folgende Bedingungen erfüllen muss, um als frei gelten zu können:
1. Die Person muss eine Wahl zwischen Alternativen haben; sie muss anders handeln bzw. sich anders entscheiden können, als sie es tatsächlich tut. (Die Bedingung des Anders-Handeln- oder Anders-Entscheiden-Könnens)
2. Welche Wahl getroffen wird, muss entscheidend von der Person selbst abhängen. (Urheberschaftsbedingung)
3. Wie die Person handelt oder entscheidet, muss ihrer Kontrolle unterliegen. Diese Kontrolle darf nicht durch Zwang ausgeschlossen sein. (Kontrollbedingung) |
Umstritten ist nun allerdings bei allen 3 Punkten, wie diese genau zu verstehen sind, bzw. ob die in unserer Welt realisiert sind / realisiert werden können. Dazu unten mehr.
Nun will Philosophie nicht einfach im luftleeren Raum spekulieren, daher wäre es wünschenswert, wenn ein kohärentes Konzept von Willensfreiheit etwas mit dem landläufigen Verständnis darüber etwas zu tun hätte, das hinreichend erklären könnte, hinreichend mit dem übereinstimmte.
Dazu wurden nun mehrere Studien durchgeführt, die versuchten, herauszufinden, was hinter dem landläufigen Konzept steckt, wie Leute das verstehen, welche Anforderungen sie an Willensfreiheit stellen. Einige habe ich ja schon zitiert, hier noch eine: From Uncaused Will to Conscious Choice: The Need to Study, Not Speculate About People’s Folk Concept of Free Will:
Zitat: | (Meine Übersetzung)
Die vorliegende Studie versucht, das landläufige Konzept von Willensfreiheit zu rekonstruieren, indem Leute gebeten wurden, das Konzept zu definieren (Studie 1) und indem sie mit einer neurowissenschaftlichen Behauptung konfrontiert wurden, dass freier Wille eine Illusion sei (Studie 2), wodurch sie eingeladen waren, entweder freien Willen mit Determinismus zu vereinbaren oder mit ihm zu kontrastieren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass für die Leute der Kern des Konzeptes 'Willensfreiheit' eine Auswahl ist, die die eigenen Wünsche erfüllt und die frei ist von inneren oder äußeren Zwängen. Es wurden keine Anhaltspunkte gefunden für metaphysische Annahmen über Dualismus oder Indeterminismus. |
Nun geht der Streit oft einfach um Worte, um Begriffe, jemand sagt: "aber das verstehe ich nicht unter Freiheit / Willensfreiheit, ich verstehe darunter dies und jenes". Diesen Einwand halte ich aber nicht für berechtigt, denn niemand hat die Definitionshoheit über gebräuchliche Begriffe. Man kann natürlich sein anderes Verständnis zur Diskussion stellen und dafür werben, aber letztlich läuft das nur auf Sprachkosmetik hinaus, wenn man das nicht näher begründen kann. Und es ist sehr schwierig, eingeführte Begriffe global zu ändern.
Nochmal zu den obigen 3 Punkten, die als Bedingungen für Willensfreiheit angesehen werden. Bei jedem der Punkte gibt es nun Strittiges:
1. der Streit ist hier, wie 'anders-handeln-können' verstanden werden soll. Inkompatibilisten sagen: es muss so verstanden werden: 'anders-handeln-können unter exakt denselben Umständen', Kompatibilisten sagen: 'anders-handeln-können' muss als Fähigkeit des Akteurs verstanden werden, es muss an ihm liegen, dass er so handelt, wie er handelt, anders gesagt: 'anders-handeln-können wenn man anders handeln gewollt hätte'. Das Problem ist ferner, dass ein 'er hätte auch anders handeln können' im starken Sinne nicht verständlich gemacht werden kann, so dass es nicht im Widerspruch zu den anderen beiden Punkten steht, es daher kein kohärentes Konzept ist. (Ein 'er hätte auch anders handeln können' ist was anderes als 'es hätte auch anders kommen können'.)
2. der Streit hierbei ist der, wie stark die Urheberschaft zu verstehen ist. Inkompatibilisten sagen: es muss eine absolute Urheberschaft sein, ein causa sui, Kompatibilisten sagen: eine causa sui ist weder logisch möglich noch notwendig. Es reicht aus, wenn jemand hinreichend Kontrolle über sich und seine Handlungen hat, um die als seine eigenen anzusehen und ihm die zuordnen zu können.
3. der Einwand von Inkompatibilisten hier hat weniger mit Determinismus zu tun, ist eher ein psychologischer Einwand, der letztlich darauf hinausläuft, dass eine bewusste Kontrolle nicht möglich ist, weil das Bewusstsein lediglich ein nebenherlaufendes auswirkungsloses Epiphänomen sei. Was z.B. Rohrspatz vertritt, (wenn ich das richtig verstanden habe) oder auch Daniel Wegner. Ich meine, dass diese Ansicht auf ein falsches Verständnis dessen, wer oder was der Akteur bei Handlungen einer Person ist, hinausläuft, letztlich auf einen cartesischen Homunkulus.
Wobei es mW so ist: die Inkompatibilisten vertreten meist lediglich einen dieser Einwände und lehnen oft die anderen beiden ab.
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Mahone registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.12.2008 Beiträge: 842
Wohnort: Munich
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(#1695308) Verfasst am: 09.10.2011, 17:42 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Auf Anregung von Mahone möchte ich meinen kompatibilistischen Standpunkt nochmal grob skizzieren.
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Wow,
Danke.
Ich les es dann später, ich muss jetzt dann mal was arbeiten.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1695309) Verfasst am: 09.10.2011, 17:56 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn A den Teil der Zukunft exakt kennt, der die nächste Entscheidung von Person B betrifft, B aber nicht, hat B dann einen FW im kompat. Sinne (a) generell? (b) nur aus Sicht von B, (c) gar nicht? |
Das Wissen von A über die zukünftige Entscheidung von B hätte keinen Einfluss auf die Willensfreiheit (im kompat. Sinne) von B. |
OK. Was ist, wenn B weiß, daß A es weiß? |
Dann wird - je nach Bedeutung der Entscheidung - B dieses Wissen in seine Entscheidung einbeziehen. Was das Wissen von A über die Entscheidung von B - kommt auf die Umstände, den konkreten Fall an - hinfällig machen kann. |
Das sehe ich anders. Hier müssten wir 2 Szenarien unterscheiden.
Im Szenario 1) weiß B, daß A seine Zukunft kennt. Aber ohne zu wissen, was A weiß. Würde A das Wissen über das Leben von B irgendwo hinterlegen, so daß B es an seinem Lebensende lesen könnte. Und er müsste lesen, wie seine durchdachtesten, konfliktreichsten, intimsten Entscheidungen vorweggewusst waren, dann waren diese Entscheidungen auch vorweggenommen.
Im Szenario 2) kennt B nicht nur die Tatsache, daß A seine Zukunft kennt, sondern er kennt auch das Wissen von A. Nur in diesem Fall könnte B das Wissen von A in seine Entscheidungen einbeziehen, und damit hinfällig machen. |
Aaaaaahhhhhh, Paradoxon im Szenario 2!!! Wenn B weiß, was A weiß aber A alles weiß was B macht und weiß, dann weiß A auch ob B seine Entscheidung ändert (oder halt nicht). So lange beide unfehlbar sind gibt es keinen Ausweg aus diesem Paradoxon. Sind beide kognitiv dazu in der Lage Ihre Möglichkeiten zu überdenken, gibt B irgendwann nach oder verharrt in der Untätigkeit. Letzteres wäre, weil A es vorraussieht, ein Spezialfall des Nachgebens. In letzter Konsequenz ist B logisch nicht in der Lage das Wissen von A gegen A selbst einzusetzen. |
Wenn Du das so siehst, dann kannst Du nach meiner Auffassung kein Determinist sein, weil der infinite Regress, um den es hier geht, tatsächlich schon den vorhersagbaren Ablauf verhindern würde. |
Nur wenn ich die Szenarios als realistisch ansehe. Beim Szenario 2 bezweifele ich die Annahme einer allwissenden Person A und damit auch einer allwissenden Person B. Dieses kann ich ruhig machen, da auch in der Wirklichkeit keine allwissende Person existieren kann.
Szenario 1 leidet ebenso an der fast umfänglichen Allwissenheit von Person A. Sie müsste nicht nur wissen was Person B machen möchte, sie müsste auch wissen was die anderen interagierenden Personen tun und die Personen die mit ihnen interagieren usw. usf.. Selbst wenn man annimmt, dass diese Informationen alle vorliegen, ist es nicht möglich diese Informationen schnell genug auszuwerten, außer der Auswertende ist allwissend.
Insgesamt sind beide Szenarios so weit weg von der Realität, als dass sie als Argumentation zugelassen sein könnten.
Für Mahone:
Jede Situation entsteht kausal aus den Anfangszuständen des Universums. Es wird niemals einen Einfluss geben, der nicht kausal auf den Anfangszustand des Universums zurückgeführt werden könnte. Jede Eigenschaft eines größeren Systems ist auf die Eigenschaften seiner Bestandteile und die Art und Weise der Entstehung des Systems zurückzuführen (System = Materialien und Methoden (im teleonomischen Sinne).
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Katatonia ...the quiet cold of late november
Anmeldungsdatum: 05.04.2005 Beiträge: 826
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(#1695313) Verfasst am: 09.10.2011, 18:08 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Gründe können nach meiner Ansicht nicht auf Ursachen reduziert werden. Ich weiß, die Annahme, daß dem so wäre, entspricht der Intuition der heutigen Zeit. Aber meiner Meinung nach gibt es keinen wirklich überzeugenden Grund, warum man dieser Meinung sein sollte, der nicht einem erkenntnistheoretischen oder weltanschaulichen Paradigma geschuldet ist, welches ich wiederum nicht teile. Bzw, wenn mir jemand mal ein Beispiel dafür nennen könnte, wo und wie diese Reduktion realiter gelingt, dann bin ich bereit, darüber nachzudenken. |
Gründe mögen vielleicht nicht unbedingt auf Ursachen reduzierbar sein, jedoch ist schwer vorstellbar, dass sie nicht durch neuronale Prozesse realisiert sind und als solche verursachend wirken. Oder was genau verstehst du unter Gründen? Und unterscheidet sich deren Status von anderen menschlichen Ideen etc.?
step hat folgendes geschrieben: | Katatonia hat folgendes geschrieben: | Wenn der Determinismus dagegen falsch ist, könnte es zu einem Zeitpunkt zwei oder mehrere ontologische Möglichkeiten geben, wie das Weltgeschehen fortschreitet. |
Wenn es mehrere ontologische Möglichkeiten gibt, aber immer genau eine realisiert wird, dann muß diese Auswahl ja entweder durch verborgene Variablen (heimlicher Determinismus) oder durch echten Zufall geschehen. Und das schreibt AP im Prinzip ja auch, insofern sehe ich da keinen Widerspruch zwischen Euren Positionen. |
Vielleicht könnte man als weiteren und eine Art Mittelweg die Akteurskausalität auffassen, wonach Handlungen zwar durch Subjekte determiniert werden, diese aber selbst nicht wiederum durch vergangene Umstände. Aber das ist ja auch recht obskur.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Seid ihr immer noch bei der Ontologie? Ontologie könnt ihr nur glauben, nicht belegen. Man kann Eigenschaften und Ereignisse messen und belegen, nicht irgendein ominöses "Sein" dahinter. |
Man kann aber diskutieren, ob Willensfreiheit mit Determinismus vereinbar ist oder nicht, auch wenn sich Letzterer nicht beweisen ließe. Wenn die Antwort dabei negativ ausfällt und sich zugleich nicht plausibel machen lässt, wie Freiheit unter indeterministischen Bedingungen sinnvoll verstanden werden kann, spräche das dann vielleicht dafür, den Begriff der Willensfreiheit zu verwerfen.
_________________ Faulheit: der Hang zur Ruhe ohne vorhergehende Arbeit. (Kant)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1695319) Verfasst am: 09.10.2011, 18:15 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | 1. der Streit ist hier, wie 'anders-handeln-können' verstanden werden soll. Inkompatibilisten sagen: es muss so verstanden werden: 'anders-handeln-können unter exakt denselben Umständen', Kompatibilisten sagen: 'anders-handeln-können' muss als Fähigkeit des Akteurs verstanden werden, es muss an ihm liegen, dass er so handelt, wie er handelt, ... |
Ist das nicht eher das Urheberschaftspostulat? Ich würde das nicht vermischen. Der Kompatibilist sollte in bezug auf (1.) eine eigene Haltung nur zu (1.) haben, also zu der Natur der Möglichkeit / Verzweigung.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... anders gesagt: 'anders-handeln-können wenn man anders handeln gewollt hätte'. |
Mich stört ja schon lange dieses "können". Mir ist klar, was es bedeutet, wenn man sagt "er hätte anders gehandelt wenn er anders gewollt hätte". Aber was bedeutet "hätte anders handeln können"? Soll das suggerieren, er hätte eine echte Auswahl gehabt? Zwischen den Umständen hatte er ja keine Auswahl.
Nach meinem Verständnis bedeutet dagegen "eine Auswahl haben" im Zusammenhang mit Entscheidungen nur, daß man - vereinfacht gesagt - eine IF/ELSE Bedingung in seinem Regelkreis hat.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1695323) Verfasst am: 09.10.2011, 18:26 Titel: |
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Katatonia hat folgendes geschrieben: |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Seid ihr immer noch bei der Ontologie? Ontologie könnt ihr nur glauben, nicht belegen. Man kann Eigenschaften und Ereignisse messen und belegen, nicht irgendein ominöses "Sein" dahinter. |
Man kann aber diskutieren, ob Willensfreiheit mit Determinismus vereinbar ist oder nicht, auch wenn sich Letzterer nicht beweisen ließe. Wenn die Antwort dabei negativ ausfällt und sich zugleich nicht plausibel machen lässt, wie Freiheit unter indeterministischen Bedingungen sinnvoll verstanden werden kann, spräche das dann vielleicht dafür, den Begriff der Willensfreiheit zu verwerfen. |
Oh, ja, man kann alles diskutieren, nur ob es Sinn macht, das ist hier die Frage. Wenn Determinismus sich nicht beweisen läßt, dann macht es keinen Sinn, über mögliche Folgen aus seiner Existenz zu diskutieren. Die viel entscheidendere Frage ist die, was "Freier Wille" eigentlich sein soll. AgentProvocateur hat dazu einen Vorschlag gemacht, und ich hatte mich auch schon mal dazu geäußert. Immer geht es um reales, beobachtbares Verhalten, und das ist eindeutig unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht, wie jede andere konkrete Beobachtung auch. Der Rest ist wie gesagt Diskussion um Ontologie, und die führt nie zu einem guten Ende.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1695345) Verfasst am: 09.10.2011, 19:03 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | 1. der Streit ist hier, wie 'anders-handeln-können' verstanden werden soll. Inkompatibilisten sagen: es muss so verstanden werden: 'anders-handeln-können unter exakt denselben Umständen', Kompatibilisten sagen: 'anders-handeln-können' muss als Fähigkeit des Akteurs verstanden werden, es muss an ihm liegen, dass er so handelt, wie er handelt, ... |
Ist das nicht eher das Urheberschaftspostulat? Ich würde das nicht vermischen. Der Kompatibilist sollte in bezug auf (1.) eine eigene Haltung nur zu (1.) haben, also zu der Natur der Möglichkeit / Verzweigung. |
Nein, das ist nicht das Urheberschaftspostulat und ja, der Kompatibilist sollte eine eigene Haltung zu (1.) haben.
Nehmen wir einfach ein Beispiel. Jemand bekommt eine Pistole an die Schläfe gehalten und er wird aufgefordert, seinen Geldbeutel herauszugeben. Dann hat er keine andere akzeptable Alternative, als das auch zu tun, (sofern er nicht lebensmüde ist). Aber für das Herausgeben des Geldbeutels ist er dennoch der Urheber.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... anders gesagt: 'anders-handeln-können wenn man anders handeln gewollt hätte'. |
Mich stört ja schon lange dieses "können". Mir ist klar, was es bedeutet, wenn man sagt "er hätte anders gehandelt wenn er anders gewollt hätte". Aber was bedeutet "hätte anders handeln können"? Soll das suggerieren, er hätte eine echte Auswahl gehabt? Zwischen den Umständen hatte er ja keine Auswahl. |
Ich weiß nicht, was eine 'echte Auswahl' ist. Es wäre sicher sehr hilfreich, das mal exakt darzustellen, denn ich habe die starke Vermutung, dass das letztlich inkohärent, nicht verständlich darstellbar ist.
Zu dem 'können': das hat, grob gesagt, mindestens zwei Bedeutungen.
Einmal bezieht sich das auf eine Fähigkeit und andererseits kann es sich auch auf die konkrete Situation beziehen.
Beispiel: jemand wird gefragt: "kannst Du Klavier spielen?". Nehmen wir weiter an, er könne zwar Klavier spielen, habe aber seinen rechten Arm gebrochen, dann kann er auf die Frage sowohl mit "ja" (d.h. ich habe die Fähigkeit dazu) antworten als auch mit "nein" (nein, jetzt und hier kann ich nicht Klavier spielen, weil mein Arm gebrochen ist).
Nehmen nun an, jemand anderes, der Klavier spielen kann und der keinen Arm gebrochen oder eine sonstige Einschränkung hat, zusätzlich ist ein Klavier vorhanden, er kann dort hin gehen und Klavier spielen, es gibt keine bekannte Einschränkung, warum es ihm unmöglich wäre, hier und jetzt Klavier zu spielen, wird gefragt: "kannst Du Klavier spielen?" und er sagt: "ja, kann ich zwar und könnte ich auch tun, aber ich will jetzt nicht" - dann liegt es nur an ihm, dass er nicht Klavier spielt. Er will nicht, aber er könnte, wenn er wollte. Und dass er nicht will, liegt auch an ihm.
step hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Verständnis bedeutet dagegen "eine Auswahl haben" im Zusammenhang mit Entscheidungen nur, daß man - vereinfacht gesagt - eine IF/ELSE Bedingung in seinem Regelkreis hat. |
Das ist nun sehr vereinfacht. Wie gesagt: hilfreich wäre mal eine konkrete Darstellung einer 'echten Auswahl' in Deinem Sinne. Ich vermute: das ist ein per se inkohärentes Konzept.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1695356) Verfasst am: 09.10.2011, 19:55 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Aber für das Herausgeben des Geldbeutels ist er dennoch der Urheber. |
Hmm ... etwas spitzfindig. Ich könnte entgegnen: Für die Entscheidung ist er ebenfalls der Urheber, nur für den Zwang nicht - abgesehen davon wäre, selbst wenn man Deiner Unterscheidung folgt, das ein Kriterium für Handlungsfreiheit, oder? Also "zu tun, was man präferiert".
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Mir ist klar, was es bedeutet, wenn man sagt "er hätte anders gehandelt wenn er anders gewollt hätte". Aber was bedeutet "hätte anders handeln können"? Soll das suggerieren, er hätte eine echte Auswahl gehabt? Zwischen den Umständen hatte er ja keine Auswahl. | Ich weiß nicht, was eine 'echte Auswahl' ist. Es wäre sicher sehr hilfreich, das mal exakt darzustellen, denn ich habe die starke Vermutung, dass das letztlich inkohärent, nicht verständlich darstellbar ist. |
Sagen wir so: das was ich da definieren würde, gibt es mE in unserer Welt nicht. Aber mir geht es hier ja um Deine Definition, also um das "können".
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... es gibt keine bekannte Einschränkung, warum es ihm unmöglich wäre, hier und jetzt Klavier zu spielen ... Er will nicht, aber er könnte, wenn er wollte. |
Nach Deiner Erklärung bedeutet ja das "könnte", daß es außer seinem Unwillen keine weiteren offensichtlichen (oder tatsächlichen) Hinderungsründe gibt. Das ist aus meiner (deterministischen) Sicht äquivalent zu "er will nicht, aber er täte es, wenn seine Präferenz so wäre". Die Aussage drückt also nur aus, daß er bei gegenteiliger Präferenz auch präferenzgemäß gehandelt hätte. Hier haben wir wieder das Kriterium für Handlungsfreiheit.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Verständnis bedeutet dagegen "eine Auswahl haben" im Zusammenhang mit Entscheidungen nur, daß man - vereinfacht gesagt - eine IF/ELSE Bedingung in seinem Regelkreis hat. | Das ist nun sehr vereinfacht. |
Ja, natürlich. Mir geht es eben darum, das Wesentliche herauszustellen und gar nicht erst die Suggestion zu erlauben, bei der Auswahl ginge es nicht streng deterministisch zu.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Steffen Rehm registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.07.2011 Beiträge: 160
Wohnort: bei Berlin
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(#1695357) Verfasst am: 09.10.2011, 19:56 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Ohne die mathematische Chaos-Theorie, ohne Fraktale Geometrie ist die komplexe Formensprache der Schneeflocken nicht tiefgründig zu verstehen. |
Das ist insofern richtig, als Fraktale und deterministisches Chaos sehr nützlich zur Modellierung solcher Phänomene sind. Andererseits meine ich gelesen zu haben, daß man auch allein aus den zugrundeliegenden phys. Gleichungen mithilfe rein statistischer Annahmen ziegen kann, daß diese Phänomene entstehen.
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben: | Ähnliches kann man auch von „Sinn“ erwarten: „Sinn“ ist in der Formensprache der Natur, d.h. mit fraktaler Geometrie in unser Hirn geschrieben. |
Und wer oder was hat das da reingeschrieben?
Und mal abgesehen davon: Welche fraktalen oder deterministisch-chaotischen Eigenschaften hat denn das Sinngefühl? |
Aus den physikalischen Gleichungen und Statistik wird sich die unendliche Formenvielfalt der Scheeflocken nicht herleiten lassen, vermute ich.
„Schreiben“ ist hier eine Metapher. Besser wäre vielleicht „Eindrücke“, die kann man sich wie Spuren im Schnee vorstellen, welche zum Teil aus den Formen und Drücken der Schuhe resultieren, aber auch aus den Eigenschaften des Mediums . Pulverschnee läßt andere Spuren entstehen als verharrschter Schnee oder Matsch.
Sinn würde ich nicht als Gefühl bezeichnen, eher mit „Weltanschauung“ oder „Weltwissen“ gleichsetzen, aufgebaut wie ein Puzzle. „Das macht Sinn“ heißt so viel wie „Das passt in meine Weltanschauung“ an einer genau vorbestimmten Stelle.
Objekte, die uns durch den Sinn gehen, können wir uns skaleninvariant, ähnlich, in allen Größenordnungen vorstellen.
Sogar unser Dezimal-Zahlensystem und seine Anwendung auf die Maßstäbe der räumlichen Messungen und das Geld gleicht überall einem Fraktal: Jede Einheit kann durch zehn unterteilt werden, diese Zehnteleinheiten können ebenso durch zehn geteilt werden, und so weiter. In umgekehrter Richtung werden in jeder Größenordnung durch die Multiplikation mit zehn identische Einheiten, die wieder mit zehn multipliziert werden, und diese skaleninvariante Selbstähnlichkeit ist ein Kennzeichen der Fraktalen Geometrie.
Das präferierte Wort „Präferenz“ lässt sich in der Chaostheorie mit dem „Attraktor“ in Verbindung bringen, und die Tatsache, daß ursächliche Kleinigkeiten gewaltige Wirkungen entfalten können spricht auch für die Gedanken von Benoid Mandelbrot, dessen Tod genau eine Jahr zurückliegt.
Sein Andenken zu bewahren scheint mir wichtig, weil er den Menschen etwas hinterlassen hat, was deren Weltanschauung enorm bereichern kann, hauptsächlich durch die sehr kurze Formel mit einem äußerst komplexen Ergebnis.
Ich habe ein Video (ca. 5 Minuten) mit Musik von Pink Floyd zur Visualisierung der Mandelbrot-Menge hergestellt, hier zum Andenken an ihren Entdecker.
http://www.youtube.com/watch?v=j-_OOPBF6BA
_________________ Die Erkenntnis der Grenze ist die Grenze der Erkenntnis
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1695366) Verfasst am: 09.10.2011, 20:44 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Aber für das Herausgeben des Geldbeutels ist er dennoch der Urheber. |
Hmm ... etwas spitzfindig. Ich könnte entgegnen: Für die Entscheidung ist er ebenfalls der Urheber, nur für den Zwang nicht - abgesehen davon wäre, selbst wenn man Deiner Unterscheidung folgt, das ein Kriterium für Handlungsfreiheit, oder? Also "zu tun, was man präferiert". |
Nein, das war keine echte Entscheidung in meinem Sinne, denn zu einer Entscheidung gehören mindestens zwei akzeptable Optionen. Vielleicht aber ist das Beispiel nicht so gut, nehmen wir ein anderes Beispiel. Jemand hat Kinder, wohnt auf einer Insel, von der es kein Entkommen gibt und auf der Insel gibt es nur eine einzige Schule. Nun kann es keine Entscheidung derart geben: "auf welche Schule schicke ich meine Kinder?". Es gibt ja nur die eine Möglichkeit. Dennoch aber ist dieser Jemand der Urheber der Handlung, die Kinder auf diese Schule zu schicken.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Mir ist klar, was es bedeutet, wenn man sagt "er hätte anders gehandelt wenn er anders gewollt hätte". Aber was bedeutet "hätte anders handeln können"? Soll das suggerieren, er hätte eine echte Auswahl gehabt? Zwischen den Umständen hatte er ja keine Auswahl. | Ich weiß nicht, was eine 'echte Auswahl' ist. Es wäre sicher sehr hilfreich, das mal exakt darzustellen, denn ich habe die starke Vermutung, dass das letztlich inkohärent, nicht verständlich darstellbar ist. |
Sagen wir so: das was ich da definieren würde, gibt es mE in unserer Welt nicht. Aber mir geht es hier ja um Deine Definition, also um das "können". |
Ich vermute nun: Dein Konzept ist inkohärent, d.h. ist in keiner logisch möglichen Welt möglich, weil unlogisch, widersprüchlich.
Ergibt dann aber auch keinen Sinn, ist nicht verstehbar.
Fragt sich nur, wieso ein nicht darstellbares Konzept Voraussetzung für Willensfreiheit sein sollte. Das hört sich erst mal wenig plausibel an.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... es gibt keine bekannte Einschränkung, warum es ihm unmöglich wäre, hier und jetzt Klavier zu spielen ... Er will nicht, aber er könnte, wenn er wollte. |
Nach Deiner Erklärung bedeutet ja das "könnte", daß es außer seinem Unwillen keine weiteren offensichtlichen (oder tatsächlichen) Hinderungsründe gibt. Das ist aus meiner (deterministischen) Sicht äquivalent zu "er will nicht, aber er täte es, wenn seine Präferenz so wäre". Die Aussage drückt also nur aus, daß er bei gegenteiliger Präferenz auch präferenzgemäß gehandelt hätte. Hier haben wir wieder das Kriterium für Handlungsfreiheit. |
Ja, Deine Formulierung ist mir auch recht, (bzw., müsste vielleicht genauer heißen: "er hätte es nach allem Ermessen tun können, wenn seine Präferenzen derart gewesen wären und er hätte es nach allem Ermessen wollen können, d.h. es gab keinen inneren Zwang, der das diesbezügliche Wollen verhindert hätte", und nein, das ist nicht Handlungsfreiheit in meinem Sinne.
Aber da haben wir ja eh einen Dissens, was diese Begriffe betrifft.
Meiner Ansicht nach ist das so:
'Handlungsfreiheit' = X kann tun, was X will (wobei 'tun' etwas nach außen Sichtbares ist, eine Handlung)
'Willensfreiheit' = X kann seine Entscheidungen selber rational treffen, mit seinen Präferenzen und denen anderer abgleichen
Wenn aber 'tun' hier - so wie Du sagst - auch Nachdenken, Reflektieren und Entscheiden beinhalten soll, dann verstehe ich nicht, was Du eigentlich unter 'Willensfreiheit' verstehst. Das wäre dann für mich ein leerer Begriff. Und wie gesagt: normalerweise versteht man diese Begriffe nicht so wie Du.
Nehmen wir nochmal das Beispiel mit der Schule oben. Einmal ist da jemand, der seine Kinder auf die Schule schicken will, der hat nach meiner Ansicht Handlungsfreiheit, dann ist da jemand, der eigentlich seine Kinder lieber nicht auf diese Schule schicken will. Der hat meiner Ansicht nach keine Handlungsfreiheit. Und beide haben meiner Ansicht nach keine Entscheidungsfreiheit. Alles auf die konkrete Frage: "auf welche Schule schicke ich meine Kinder?" bezogen.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Verständnis bedeutet dagegen "eine Auswahl haben" im Zusammenhang mit Entscheidungen nur, daß man - vereinfacht gesagt - eine IF/ELSE Bedingung in seinem Regelkreis hat. | Das ist nun sehr vereinfacht. |
Ja, natürlich. Mir geht es eben darum, das Wesentliche herauszustellen und gar nicht erst die Suggestion zu erlauben, bei der Auswahl ginge es nicht streng deterministisch zu. |
Aber Du stellst damit nicht das Wesentliche heraus; das würdest vielmehr Du dann tun, wenn Du die IF/ELSE Bedingung dem gegenüber stellen würdest, was Du als unabdingbare Voraussetzung für Willensfreiheit siehst.
Und wenn Indeterminismus unabdingbare Voraussetzung für Willensfreiheit in Deinem Sinne sein soll, wie Du anscheinend hier behaupten willst, dann solltest Du eben das belegen / plausibel machen. Per se ist es mE erst mal sehr unplausibel, dass ein zufälliges Ereignis (und das bedeutet Indeterminismus) irgendwie eine Entscheidung freier machen könnte.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1695371) Verfasst am: 09.10.2011, 21:21 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... zu einer Entscheidung gehören mindestens zwei akzeptable Optionen |
Ja, aber wird nicht eine Option dadurch unakzeptabel, daß sie bei der rationalen Bewertung weniger Punkte bekommt?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Fragt sich nur, wieso ein nicht darstellbares Konzept Voraussetzung für Willensfreiheit sein sollte. |
Ich brauch keine Willensfreiheit, ich finde, Willensfreiheit ist ein irreführender Begriff. Und ich begründe anhand Deiner Definitionsversuche, warum das so ist. Ich muß auch kein Konzept von Gott vorlegen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | 'Handlungsfreiheit' = X kann tun, was X will (wobei 'tun' etwas nach außen Sichtbares ist, eine Handlung)
'Willensfreiheit' = X kann seine Entscheidungen selber rational treffen, mit seinen Präferenzen und denen anderer abgleichen |
Von Rationalität und Abgleich war aber in Deiner Definition oben gar nicht die Rede. Und außerdem sollte man diese Dinge "Rationalität", "Rücksichtnahme" oder was auch immer nennen, und nicht "Willensfreiheit".
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Per se ist es mE erst mal sehr unplausibel, dass ein zufälliges Ereignis (und das bedeutet Indeterminismus) irgendwie eine Entscheidung freier machen könnte. |
Freier würde sie schon, freier von physikalischem Zwang sozusagen. Aber rationaler oder rücksichtsvoller oder moralischer wird sie natürlich nicht.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1695385) Verfasst am: 09.10.2011, 22:07 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Auch hier geht nach meinem Gefühl in Deiner Formulierung unter, daß Ursachen und Gründe nicht deckungsgleich sind. |
Wie entstehen Gründe und deren individuelle Bewertung Deiner Ansicht nach? Sind Gründe etwas von der physikalischen Welt Getrenntes und wenn ja: inwiefern?[...] |
Ich weiß wenig über die Natur von Gedanken (zu denen ich die Gründe zähle). Aber eine Besonderheit unter allen Dingen, die existieren, ist, daß denken bedeutet, daß man Relationen zu Dingen haben kann, die nicht zur physikalischen Welt gehören. Abstrakta, Ideen, imaginäre Zahlen usw. Ich bin eher kein Dualist, aber wenn Monismus bedeutet, daß man diese Relationen nicht für real halten darf, dann vertrete ich auch keinen Monismus. Um Deine Frage beantworten zu können müsste ich zunächst wissen, ob "physikalische Welt" für Dich bedeutet, daß alles, was keine definierten Raum-Zeit-Koordinaten aufweist, nicht zu ihr gehört.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1695387) Verfasst am: 09.10.2011, 22:13 Titel: |
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Katatonia hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Gründe können nach meiner Ansicht nicht auf Ursachen reduziert werden. Ich weiß, die Annahme, daß dem so wäre, entspricht der Intuition der heutigen Zeit. Aber meiner Meinung nach gibt es keinen wirklich überzeugenden Grund, warum man dieser Meinung sein sollte, der nicht einem erkenntnistheoretischen oder weltanschaulichen Paradigma geschuldet ist, welches ich wiederum nicht teile. Bzw, wenn mir jemand mal ein Beispiel dafür nennen könnte, wo und wie diese Reduktion realiter gelingt, dann bin ich bereit, darüber nachzudenken. |
Gründe mögen vielleicht nicht unbedingt auf Ursachen reduzierbar sein, jedoch ist schwer vorstellbar, dass sie nicht durch neuronale Prozesse realisiert sind und als solche verursachend wirken.[...] |
Keine Frage. Ich bezweifle nicht, daß das Gehirn das Substrat ist, das unser Bewußtsein hervorbringt.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1695406) Verfasst am: 09.10.2011, 23:52 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | ... zu einer Entscheidung gehören mindestens zwei akzeptable Optionen |
Ja, aber wird nicht eine Option dadurch unakzeptabel, daß sie bei der rationalen Bewertung weniger Punkte bekommt? |
Nein, oben in meinem Beispiel würde man wohl keine Sekunde darüber nachdenken, ob man seine Kinder auf eine nicht-existierende Schule schicken könnte. Die nicht existierende Schule ist keine Option.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Fragt sich nur, wieso ein nicht darstellbares Konzept Voraussetzung für Willensfreiheit sein sollte. |
Ich brauch keine Willensfreiheit, ich finde, Willensfreiheit ist ein irreführender Begriff. |
Nun, ja, offensichtlich ist das Konzept, das mit dem Begriff gemeint ist, Anlass für sehr ausgedehnte und streitbare Diskussionen. Nur: es wäre besser, wenn man sich über das Konzept unterhielte, schaute, was damit so gemeint ist, wo man das unterschiedlich versteht, wo die Knackpunkte liegen, welche unterschiedlichen notwendigen und hinreichenden Bedingungen für das Konzept man sieht etc. und nicht über den Begriff an sich. Das bringt meiner Ansicht nach gar nichts. Insbesondere dann nicht, wenn man ihn nicht explizit definieren will, wenn man immer nur sagt: "das, was Du sagst, überzeugt mich nicht" - aber kein eigenes Konzept vorlegen kann.
step hat folgendes geschrieben: | Und ich begründe anhand Deiner Definitionsversuche, warum das so ist. Ich muß auch kein Konzept von Gott vorlegen. |
Aber Du bringst nur semantische Einwände. Dir gefällt der Begriff nicht, nach Deinem Sprachgebrauch ist er nicht gut. Aber eine eigene Definition bringst Du nicht, Du kannst nicht darstellen, was Willensfreiheit nach Deinem Sprachgebrauch bedeutet. Gegen ein reines "gefällt mir aber nicht, meine Begriffe sind anders und zwar so und so" kann ich nicht viel sagen, außer, dass ich das nach meinem Sprachgebrauch anders sehe.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | 'Handlungsfreiheit' = X kann tun, was X will (wobei 'tun' etwas nach außen Sichtbares ist, eine Handlung)
'Willensfreiheit' = X kann seine Entscheidungen selber rational treffen, mit seinen Präferenzen und denen anderer abgleichen |
Von Rationalität und Abgleich war aber in Deiner Definition oben gar nicht die Rede. |
Ja, da bin ich Dir ein bisschen entgegengekommen. Mir ging es aber eigentlich darum, den kategoriellen Unterschied zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit, so wie das sehe, nochmal darzustellen. Zu sagen, dass meiner Ansicht nach Willensfreiheit keine Unterkategorie von Handlungsfreiheit ist.
Aber wenn Du nun unbedingt Willensfreiheit als Unterkategorie von Handlungsfreiheit ansehen willst und Handlungsfreiheit als gegeben ansiehst: wo ist dann noch das Problem? Dann gibt es ja Willensfreiheit nach meinem Verständnis und dann sind wir uns einig, (abgesehen vom semantischen Problem).
step hat folgendes geschrieben: | Und außerdem sollte man diese Dinge "Rationalität", "Rücksichtnahme" oder was auch immer nennen, und nicht "Willensfreiheit". |
Aber es geht nicht um Worte/Begriffe, sondern um das Konzept. Und man kann meiner Meinung nach nicht das Konzept, das mit 'Willensfreiheit' gemeint ist, einfach durch "Rationalität" oder "Rücksichtnahme" ersetzen, das wäre zu kurz gegriffen.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Per se ist es mE erst mal sehr unplausibel, dass ein zufälliges Ereignis (und das bedeutet Indeterminismus) irgendwie eine Entscheidung freier machen könnte. |
Freier würde sie schon, freier von physikalischem Zwang sozusagen. Aber rationaler oder rücksichtsvoller oder moralischer wird sie natürlich nicht. |
Aber um "frei von physikalischem Zwang" geht es bei dem Konzept nun mal nicht. Eine völlig zufällige Entscheidung wäre gar keine Entscheidung, auch wenn die "frei von physikalischen Zwängen" wäre, (wobei es an der Stelle natürlich strittig ist, ob physikalische Vorgänge automatisch einen Zwang bedeuten - ich halte diese implizite Behauptung für falsch).
Ich habe oben noch mal die 3 Bedingungen aufgelistet, die erfüllt sein müssen, um von 'Willensfreiheit' reden zu können, über die es einen weiten Konsens unter Philosophen gibt.
Wenn Du unter Freiheit per se eine "Unabhängigkeit von Naturgesetzen" oder dergleichen verstehst, (was Du aber nicht genau darstellen, nicht näher spezifizieren kannst), dann redest Du wohl schlicht über ein anderes Konzept, nicht über das, was unter Philosophen oder im alltäglichen Sinne unter 'Willensfreiheit' verstanden wird.
Das magst Du ja auch tun, nur solltest Du dann auch darlegen, wofür das relevant sein könnte.
Du kannst dann niemandem sagen: "Du hast keine Willensfreiheit", weil Du a) gar nicht genau sagen kannst, was Du eigentlich meinst und b) ohne einen solchen Zusatz der andere das nicht verstehen kann, er wahrscheinlich das so versteht, als ob Du meintest: "Du hast keine Willensfreiheit in Deinem Sinne". Aber das wäre dann eben falsch, Du meinst ja lediglich: "Du hast keine Willensfreiheit in meinem Sinne". Was wiederum undefiniert ist und daher keinen Sinn ergibt, wenn Du das nicht näher definieren kannst.
Und, übrigens: ich finde auch, dass jemand, der sagte: "es gibt keinen Gott" ein Konzept des Begriffes 'Gott' haben sollte. Ansonsten ist auch dieser Satz sinnlos. Weil er dann korrekterweise so lauten müsste: "ich weiß nicht, was der Begriff 'Gott' bedeutet und es gibt keinen Gott".
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
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(#1695418) Verfasst am: 10.10.2011, 01:30 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Um Deine Frage beantworten zu können müsste ich zunächst wissen, ob "physikalische Welt" für Dich bedeutet, daß alles, was keine definierten Raum-Zeit-Koordinaten aufweist, nicht zu ihr gehört. |
Nein, das bedeutet es nicht für mich. Ideen, Gefühle, Meinungen, Gedanken, Abstrakta, Theorien, Interpretationen, Naturgesetze etc. gehören meiner Ansicht nach zur physikalischen Welt dazu. (Naturalistischer) Monismus bedeutet meiner Ansicht nach nur, dass alles durch Elementarteilchen realisiert ist, es bedeutet nicht, dass nur Elementarteilchen real wären bzw. einen besonderen, hervorgehobenen ontologischen Status genießen würden/sollten/müssten.
Eigentlich ging es mir aber viel mehr um meine erste Frage: wie entstehen Gründe und deren individuelle Bewertungen Deiner Ansicht nach?
Ich möchte nun auf so eine Art 'psychologischen Determinismus' hinaus: bist Du zweimal in exakt derselben Situation, hast daher dieselben Gründe und Ansichten für die Wahl der einen Option, dann wirst Du die auch zuverlässig jedes Mal wieder wählen. Wenn es Dir wichtig ist, dass Du Deinen Freund nicht warten lassen willst, dann bist Du dadurch gewissermaßen determiniert.
Das betrifft die oben zitierte Bedingung 1 für Willensfreiheit: "Die Person muss eine Wahl zwischen Alternativen haben; sie muss anders handeln bzw. sich anders entscheiden können, als sie es tatsächlich tut. (Die Bedingung des Anders-Handeln- oder Anders-Entscheiden-Könnens)"
Wenn Du wolltest, könntest Du den längeren Weg fahren, (Du hast genügend Benzin im Tank, es ist Dir möglich, das Lenkrad zu drehen, die Straße ist nicht gesperrt etc. pp.), und so Deinen Freund warten lassen, aber dennoch entscheidest Du Dich immer wieder, (bei jedem hypothetischen Zurückspulen der Welt), für den kürzeren Weg, weil Du immer wieder dasselbe denkst, es Dir jedesmal wieder wichtiger ist, den Freund nicht warten zu lassen als die schönere Strecke zu fahren.
Was aber nun nach meiner (der kompatibilistischen) Ansicht nach keine Einschränkung Deiner Entscheidungsfreiheit bedeutet, (Kompatibilisten meinen ja nicht, dass Freiheit und Determinismus sich ausschließende Gegensätze seien).
Der Punkt ist nun: Determinismus ist nicht dasselbe wie Zwang. Wenn Du immer wieder (im Falle des hypothetischen Zurückspulens des Weltgeschehens: immer gleich) im Einklang und Übereinstimmung mit Deinen (in der Situation aktuellen) Ansichten, Wertungen, Gründen, Deiner Persönlichkeit etc. entscheidest, ist das kein Zwang. Zwang wäre im Gegenteil, wenn Du das nicht könntest, wenn Du irgendwie davon abgehalten würdest.
Mit anderen Worten: wenn das richtig ist, wenn man dem zustimmt, dann kann die hier wesentliche Freiheit (Willensfreiheit) nicht darin bestehen, unter exakt denselben Umständen mal so und mal so zu entscheiden.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1695431) Verfasst am: 10.10.2011, 09:27 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das betrifft die oben zitierte Bedingung 1 für Willensfreiheit: "Die Person muss eine Wahl zwischen Alternativen haben; sie muss anders handeln bzw. sich anders entscheiden können, als sie es tatsächlich tut. (Die Bedingung des Anders-Handeln- oder Anders-Entscheiden-Könnens)"
Wenn Du wolltest, könntest Du den längeren Weg fahren, (Du hast genügend Benzin im Tank, es ist Dir möglich, das Lenkrad zu drehen, die Straße ist nicht gesperrt etc. pp.), und so Deinen Freund warten lassen, aber dennoch entscheidest Du Dich immer wieder, (bei jedem hypothetischen Zurückspulen der Welt), für den kürzeren Weg, weil Du immer wieder dasselbe denkst, es Dir jedesmal wieder wichtiger ist, den Freund nicht warten zu lassen als die schönere Strecke zu fahren.
Was aber nun nach meiner (der kompatibilistischen) Ansicht nach keine Einschränkung Deiner Entscheidungsfreiheit bedeutet, (Kompatibilisten meinen ja nicht, dass Freiheit und Determinismus sich ausschließende Gegensätze seien). |
Inwiefern unterscheidet sich dein "Anders-Entscheiden-Können" denn von dem "nicht-Anders-Entscheiden-Können"? Du sagst, dass du "das Andere" tun kannst, wenn es noch nicht passiert ist. Aber wenn du von einem späteren Zeitpunkt darauf zurückschaust, dann hast du plötzlich diese Wahl nicht mehr. Du wirst dich immer für die eine Alternative entscheiden. Wenn sich aber niemals für die andere Alternative entschieden wird, dann ist diese auch nicht möglich. Auch wenn sie ausführbar möglich gewesen wäre.
Verglichen mit einem Experiment, wäre die Situation die: Du beschleunigst einen Ball, der Raum vor dem Ball ist frei von jeglichen Hindernissen. Der Ball fliegt leicht nach links, weil die Abschussvorrichtung leicht in diese Richtung zeigt. Zwar wäre der Ball nicht aufgehalten worden, wäre er nach rechts geflogen, aber aufgrund der Umstände konnte er trotzdem nur nach links fliegen. Wiederholt man das Experiment mit den gleichen Konfigurationen, wird der Ball immer wieder nach links fliegen. Die Möglichkeit nach rechts zu fliegen, existiert also praktisch nicht.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1695440) Verfasst am: 10.10.2011, 10:37 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Der Punkt ist nun: Determinismus ist nicht dasselbe wie Zwang. Wenn Du immer wieder (im Falle des hypothetischen Zurückspulens des Weltgeschehens: immer gleich) im Einklang und Übereinstimmung mit Deinen (in der Situation aktuellen) Ansichten, Wertungen, Gründen, Deiner Persönlichkeit etc. entscheidest, ist das kein Zwang. Zwang wäre im Gegenteil, wenn Du das nicht könntest, wenn Du irgendwie davon abgehalten würdest.
Mit anderen Worten: wenn das richtig ist, wenn man dem zustimmt, dann kann die hier wesentliche Freiheit (Willensfreiheit) nicht darin bestehen, unter exakt denselben Umständen mal so und mal so zu entscheiden. |
Wie gesagt, der Zwang, dessen Existenz ich negiere, entstünde durch das Fehlen der faktischen Steuerungsfähigkeit mittels begründeter Entscheidungen. Und soweit ich das verfolge, ist das die dominierende Determinismus-Variante, schon daran erkennbar, daß diese Steuerungsfähigkeit von Deterministen als illusionär bezeichnet wird.
Ich verstehe Deine Argumentation so, daß Du diesen Determinismus verwirfts. Und die Frage ist, ob es einen deterministischen Standpunkt geben kann, der nicht im Konflikt mit der Steuerungsfähigkeit steht.
Ich versuche zu erklären, warum ich mir Deinen Standpunkt nicht zu eigen machen kann:
Eine Entscheidung ist die Wahl einer Person zwischen unterschiedlichen gedanklichen Szenarien, die
a) in der Zukunft liegen
b) an deren [edit: <s>Entstehung</s>] Realisierung die Person mitwirkt
Der Determinist sagt an dieser Stelle, daß diese Wahl illusionär ist, da zu dem Zeitpunkt der Wahl bereits feststeht, welches dieser gedanklichen Szenarien Realität werden wird. Wenn man glaubt, daß alles determiniert ist, dann muss man an dieser Stelle sagen, gleichgültig welche Alternativen sie gedanklich entwirft, alle sind illusionär, nur eine nicht, und die die ist seit dem Urknall fixiert.
Und genau das lehne ich ab, weil der Mensch in der Lage ist die Zukunft zu gestalten, anstatt einem -im Grunde teleologischen- Plan verhaftet zu sein.
edit: Ich verstehe nicht, wie dieser Konflikt aufgelöst werden kann. Aber es wäre jedenfalls falsch ihn zu leugnen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1695445) Verfasst am: 10.10.2011, 11:17 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Der Determinist sagt an dieser Stelle, daß diese Wahl illusionär ist, da zu dem Zeitpunkt der Wahl bereits feststeht, welches dieser gedanklichen Szenarien Realität werden wird. Wenn man glaubt, daß alles determiniert ist, dann muss man an dieser Stelle sagen, gleichgültig welche Alternativen sie gedanklich entwirft, alle sind illusionär, nur eine nicht, und die die ist seit dem Urknall fixiert.
Und genau das lehne ich ab, weil der Mensch in der Lage ist die Zukunft zu gestalten, anstatt einem -im Grunde teleologischen- Plan verhaftet zu sein.
edit: Ich verstehe nicht, wie dieser Konflikt aufgelöst werden kann. Aber es wäre jedenfalls falsch ihn zu leugnen. |
Im Grunde stimme ich dir zu, mit der Einschränkung, dass der "Plan" ein teleonomischer ist. Die Illusion das man in seinen Entscheidungen eine Wahl hat, ist so perfekt, dass mir als Determinist unwohl bei dem Gedanken ist, man hätte keine Wahl (das ist aber eher emotional bedingt). Die Illusion ist so gut, dass es mir meist nicht gelingt ihr nicht zu erliegen.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1695492) Verfasst am: 10.10.2011, 15:42 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ich verstehe nicht, wie dieser Konflikt aufgelöst werden kann. Aber es wäre jedenfalls falsch ihn zu leugnen. |
Der Konflikt ist ganz einfach aufzulösen: Es steht zum Zeitpunkt der Wahl noch gar nichts fest, weil es noch nicht passiert ist. Der Eindruck, es stünde fest, entsteht nur in der Rückschau.
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1695501) Verfasst am: 10.10.2011, 16:18 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Inwiefern unterscheidet sich dein "Anders-Entscheiden-Können" denn von dem "nicht-Anders-Entscheiden-Können"? |
Indem ich äußere und innere Zwänge / Einschränkungen / Gegebenheiten betrachte, die eine Option per se für mich unmöglich machten. Anders gesagt: die ich nicht tun könnte, wenn ich wollte und wenn dem Wollen der Option keine inneren Zwänge entgegenstehen, (z.B. eine Phobie).
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Du sagst, dass du "das Andere" tun kannst, wenn es noch nicht passiert ist. Aber wenn du von einem späteren Zeitpunkt darauf zurückschaust, dann hast du plötzlich diese Wahl nicht mehr. Du wirst dich immer für die eine Alternative entscheiden. Wenn sich aber niemals für die andere Alternative entschieden wird, dann ist diese auch nicht möglich. Auch wenn sie ausführbar möglich gewesen wäre. |
Vor einer Entscheidung weiß ich noch nicht, für was ich mich letztlich entscheiden werde. Ich ziehe bei einer Entscheidung grundsätzlich für möglich gehaltene Optionen in Betracht. Und das halte ich für eine sinnvolle Vorgehensweise. Dass ich mich aber am Ende nur für eine einzige Option entscheiden werde, (diejenige, die ich am Schluss für die besten halte), ist mir vorher schon klar, das eben das ist ja das Ziel bei einer Entscheidung.
Das heißt aber nicht, dass die anderen Alternativen grundsätzlich für mich unmöglich gewesen wären, auch nicht, wenn ich eine davon niemals wähle.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1695503) Verfasst am: 10.10.2011, 16:28 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Ja, in der Ablehnung der zufälligen oder grundlosen Entscheidung sind wir uns einig. Uneinig sind wir uns in dem Punkt, ... |
Welchen Wert hat schon Einigkeit? Intersubjektivität ist nicht Objektivität. Letztere ist entscheidend.
Die Welt nämlich kümmert sich nicht um unsere Meinung.
zelig hat folgendes geschrieben: | Mein Standpunkt wird in Deinen Fragen nicht sichtbar, weil der Unterschied zwischen Ursache und Grund nicht auftaucht. |
Unterschied zwischen Ursache und Grund? Dieser Unterschied wurde glaube ich bisher noch nicht erläutert oder ich habe es vergessen oder überlesen.
Jedenfalls beruhen ja auch Gründe auf Ursachen, wenn es nicht beides das selbe ist. Das ist ja auch steps Argument.
Wäre schön, wenn dieser Punkt wenigstens mal ausdiskutiert würde. Wenigstens dieser Punkt.
Ansonsten bietet hier doch jeder seinen Standpunkt feil, ohne auf die Argumente des anderen einzugehen.
Mehr Diskussion, weniger Meinungsaustausch! |
Der Sache ist, daß wir mit steps, APs und meinem drei exemplarische Standpunkte vorfinden, die jeweils unterschiedliche Übereinstimmungen und Differenzen haben. |
Ich würde sagen: Ihr drei seid sozusagen das Trio Infernale der Willensfreiheits-Debatte.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1695514) Verfasst am: 10.10.2011, 16:50 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Wie gesagt, der Zwang, dessen Existenz ich negiere, entstünde durch das Fehlen der faktischen Steuerungsfähigkeit mittels begründeter Entscheidungen. Und soweit ich das verfolge, ist das die dominierende Determinismus-Variante, schon daran erkennbar, daß diese Steuerungsfähigkeit von Deterministen als illusionär bezeichnet wird.
Ich verstehe Deine Argumentation so, daß Du diesen Determinismus verwirfts. Und die Frage ist, ob es einen deterministischen Standpunkt geben kann, der nicht im Konflikt mit der Steuerungsfähigkeit steht. |
Ein Determinismus, der Steuerungsfähigkeit ablehnte oder als illusionär bezeichnete, wäre ein falsch verstandener Determinismus. Denn aus Determinismus folgt nicht Fatalismus.
zelig hat folgendes geschrieben: | Ich versuche zu erklären, warum ich mir Deinen Standpunkt nicht zu eigen machen kann:
Eine Entscheidung ist die Wahl einer Person zwischen unterschiedlichen gedanklichen Szenarien, die
a) in der Zukunft liegen
b) an deren [edit: <s>Entstehung</s>] Realisierung die Person mitwirkt |
Ja.
zelig hat folgendes geschrieben: | Der Determinist sagt an dieser Stelle, daß diese Wahl illusionär ist, da zu dem Zeitpunkt der Wahl bereits feststeht, welches dieser gedanklichen Szenarien Realität werden wird. Wenn man glaubt, daß alles determiniert ist, dann muss man an dieser Stelle sagen, gleichgültig welche Alternativen sie gedanklich entwirft, alle sind illusionär, nur eine nicht, und die die ist seit dem Urknall fixiert.
Und genau das lehne ich ab, weil der Mensch in der Lage ist die Zukunft zu gestalten, anstatt einem -im Grunde teleologischen- Plan verhaftet zu sein. |
Es gibt keinen Plan, dem wir verhaftet sind. Wir entscheiden, handeln und gestalten die Zukunft mit. Inwiefern genau soll das jetzt illusionär sein, bezogen auf Deine beiden Kriterien oben? Wir kennen die Zukunft, speziell unsere Entscheidungen nicht, und müssen sie daher treffen. Die Zukunft ist insofern offen, als wir sie nicht kennen, (und in Bezug auf unsere Entscheidungen nicht mal kennen können).
Und zu sagen, vorgestellte Alternativen, die nicht verwirklicht werden, seien 'illusionär' kommt mir auch nicht richtig vor. Was genau ist daran die Illusion?
zelig hat folgendes geschrieben: | edit: Ich verstehe nicht, wie dieser Konflikt aufgelöst werden kann. Aber es wäre jedenfalls falsch ihn zu leugnen. |
Ich sehe diesen von Dir gesehenen Konflikt immer noch nicht richtig. Praktisch / lebensweltlich ist unsere Zukunft für uns offen, steht also für uns nicht fest, wir haben die Fähigkeit, reflektiert nach Gründen Entscheidungen treffen zu können, unsere Entscheidungen und Handlungen werden immer erst zu dem Zeitpunkt real, wenn wir sie realisieren. Und für niemanden steht bereits fest, was jemand entscheiden wird. Es gibt keinen Laplaceschen Dämon, kann keinen geben.
Du scheinst nun irgendwie zu meinen, dass Determinismus Personen aus der Welt herausnehmen würde, ihre Entscheidungen und Handlungen wirkungslos machen würde. Aber das stimmt nicht. Wie gesagt: aus Determinismus folgt nicht Fatalismus, es folgt nicht, dass keine begründeten Entscheidungen getroffen werden könnten, es folgt nicht, dass es keine Steuerungsfähigkeit gäbe, es folgt nicht, dass Entscheidungen illusionär seien.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1695520) Verfasst am: 10.10.2011, 17:28 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die Illusion das man in seinen Entscheidungen eine Wahl hat, ist so perfekt, dass mir als Determinist unwohl bei dem Gedanken ist, man hätte keine Wahl (das ist aber eher emotional bedingt). Die Illusion ist so gut, dass es mir meist nicht gelingt ihr nicht zu erliegen. |
Man kann sich vorstellen, daß die Ausgangssituation A und der Endzustand E (die "gewählte Zukunft") quasi nebeneinander "statisch" in der Raumzeit vorliegen. Der Entscheidungsvorgang dazwischen, vor allem der rationale, enthält den komplett kausalen / naturgesetzlichen Zusammenhang zwischen A und E. Die "Option" E* liegt selbst gar nicht vor, sondern nur eine Vorstellung (Simulation) von E* ist Teil des Entscheidungsvorgangs.
Die Illusion der Wahl entsteht möglicherweise dadurch, daß man nicht als neutraler Beobachter sozusagen die singuläre Zukunft beim kausalen Entstehen beobachtet, sondern die zwei simulierten Zukünfte E und E* eher wie zwei (reale) Orangen betrachtet, zwischen denen man wählt.
"Du hast die Wahl zwischen E und E*" heißt eigentlich "Die Berechnung dieses Aspekts der Zukunft ist ohne Kenntnis des Regelkreises in Deinem Gehirn nicht möglich."
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1695607) Verfasst am: 10.10.2011, 20:28 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die Illusion das man in seinen Entscheidungen eine Wahl hat, ist so perfekt, dass mir als Determinist unwohl bei dem Gedanken ist, man hätte keine Wahl (das ist aber eher emotional bedingt). Die Illusion ist so gut, dass es mir meist nicht gelingt ihr nicht zu erliegen. |
Man kann sich vorstellen, daß die Ausgangssituation A und der Endzustand E (die "gewählte Zukunft") quasi nebeneinander "statisch" in der Raumzeit vorliegen. Der Entscheidungsvorgang dazwischen, vor allem der rationale, enthält den komplett kausalen / naturgesetzlichen Zusammenhang zwischen A und E. Die "Option" E* liegt selbst gar nicht vor, sondern nur eine Vorstellung (Simulation) von E* ist Teil des Entscheidungsvorgangs. | Ja so denke ich auch, bis auf die Einschränkung "der rationale". Die halte ich für nicht sinnvoll, auch emotionale Entscheidungsvorgänge sind letztlich nichts anderes als örtlich veränderte Konzentrationen von Neurotransmittern und Hormonen. Trotzallem fühlt sich die Determination komisch an. Was ist mit rückkoppelnden Systemen? Wieso ist es möglich Fehler zu machen? Oder ist es einfach nur unmöglich keine zu machen? Würde ein perfektes Wesen existieren würde es nie Fehler machen, und wäre vollkommen determiniert. Folgt daraus, dass wir nicht determiniert sind oder nur dass es kein perfektes Wesen gibt?
Jetzt bin ich voll verwirrt.
step hat folgendes geschrieben: | Die Illusion der Wahl entsteht möglicherweise dadurch, daß man nicht als neutraler Beobachter sozusagen die singuläre Zukunft beim kausalen Entstehen beobachtet, sondern die zwei simulierten Zukünfte E und E* eher wie zwei (reale) Orangen betrachtet, zwischen denen man wählt. | Warum ist die Zukunft nicht eher eine Art "noch nicht kollabierte Wellenfunktion"? Ähnlich der EPR-Erklärung der Viele-Welten-Theorie?
step hat folgendes geschrieben: | "Du hast die Wahl zwischen E und E*" heißt eigentlich "Die Berechnung dieses Aspekts der Zukunft ist ohne Kenntnis des Regelkreises in Deinem Gehirn nicht möglich." | Es geht jetzt mir jetzt gerade nicht um Willensfreiheit. Sondern allein um den Determinismus. Ist der Regelkreis in meinem Hirn nicht auch quantenmechanischen Phänomenen ausgesetzt? Wie z.B.: Schaffen es die Hirnströme die Reizschwelle der einen Synapse zu überschreiten? oder bleibt das Signal einfach aus? Kommt der Schmerz der Verletzung nun an oder nicht? Wenn es in der Physik Platz für Unbestimmtheit, sprich Unschärfe, gibt, dann sollte sie uns auch betreffen. Oder bin ich einem Irrtum aufgesessen. (Ich glaube übrigens, dass diese Überlegung nicht passiert ist, weil die Vorstellung der Wahlillusion sich doof anfühlt, ich hab tatsächlich Probleme mit der Logik)
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1695676) Verfasst am: 10.10.2011, 23:08 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Wieso ist es möglich Fehler zu machen? |
"Fehler" im landläufigen Sinne entstehen u.a. dadurch, daß die Simulationen, die unsere Gehirne von den möglichen Entwicklungen während eines Entscheidungsprozesses machen, oder auch die Bewertungsfunkionen, ungenau oder sogar komplett falsch sind.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Illusion der Wahl entsteht möglicherweise dadurch, daß man nicht als neutraler Beobachter sozusagen die singuläre Zukunft beim kausalen Entstehen beobachtet, sondern die zwei simulierten Zukünfte E und E* eher wie zwei (reale) Orangen betrachtet, zwischen denen man wählt. | Warum ist die Zukunft nicht eher eine Art "noch nicht kollabierte Wellenfunktion"? Ähnlich der EPR-Erklärung der Viele-Welten-Theorie? |
Das ist eine anderes Thema. Ich habe hier in Näherung von klassischer Zukunft geschrieben, weil die FW-Anhänger ja nicht nur bei kohärenten Zuständen an PAP glauben.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ist der Regelkreis in meinem Hirn nicht auch quantenmechanischen Phänomenen ausgesetzt? Wie z.B.: Schaffen es die Hirnströme die Reizschwelle der einen Synapse zu überschreiten? oder bleibt das Signal einfach aus? Kommt der Schmerz der Verletzung nun an oder nicht? |
Das alles sind, anders als noch von Penrose vermutet, Phänomene im dekohärenten Bereich. Nach heutigem Wissen spielen Quantenzustände bei der Entstehung von Aktionspotenzialen keine entscheidende Rolle.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Wenn es in der Physik Platz für Unbestimmtheit, sprich Unschärfe, gibt, dann sollte sie uns auch betreffen. Oder bin ich einem Irrtum aufgesessen. |
Die quantenphysikalische Unschärfe tritt im Alltag nur äußerst selten auf. Das liegt daran, daß es nur wenige mesokosmische / makroskopische Quantenphänomene gibt - die meisten werden durch Dekohärenz mit einem Bad von Myriaden von Nachbarteilchen zerstört. Dazukommt, daß man ja nur Erwarungswerte von Observablen mißt/beobachtet, und die sind durchaus scharf (z.B. Absorptionslinien). Letztendlich spielt die Quantenphysik zwar eine große Rolle bei den Eigenschaften der einzelnen Moleküle, aber für die neuronalen Funktionen spielt sie so gut wie keine Rolle. Das wäre bei Quantencomputern natürlich anders.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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