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Kann Wissenschaft moralische Fragen beantworten?
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Tom der Dino
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1700742) Verfasst am: 31.10.2011, 11:55    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Warum? was ist denn unmoralisch an evolutionärer Moral? Oder versteh ich dich falsch? Letztendlich hat uns die Natur so gebaut (teleonomisch gemeint) dass wir mit unseren Lebensumständen glücklich sind. Die Liebe zu den eigenen Kindern ist bedingungslos und das erfahrene Glück so immens, weil die Evolution uns dahin gebracht hat. Glück ist ein Produkt der Evolution, wie sollte es auch anders sein.

Was ist "evolutionäre Moral"?

In dem Zusammenhang mal einen Link zu einer Studie, nach der Eltern häufiger depressiv sind als Kinderlose.

Sollte man nun daraus schließen - weil das sicher auch evolutionär entstanden ist - dass Kinderkriegen moralisch schlechter ist als kinderlos zu bleiben? Doch wohl eher nicht. Oder?
Ich kam dummerweise an die Original-Studie nicht heran, die Webseite scheint nicht zu funktionieren. Leider sind die Gründe der erhöhten Zahl an Depressionen unter Eltern im Vergleich zu Kinderlosen nicht genau dargestellt worden. Ich bezweifle, dass die Kinder selbst es sind die Depression fördern, sondern vielleicht, wie auch in dem Artikel erwähnt, die fehlende Unterstützung durch andere Mitglieder der Gesellschaft. Um deine Frage zu beantworten, ob es moralisch schlechter zu bewerten ist, Kinder zu bekommen, muss ich nochmal versuchen zu erklären was Ethik/Moral für mich ist, und worauf sich dann die moralische Bewertung einer Entscheidung gründet.
Die Ethik stellt das Resultat der Gesamtheit der Präferenzen der Individuen einer Gesellschaft dar. Findet die Mehrheit , dass Steinigung eine gerechte Strafe ist und ist sie in der Lage diese Strafe im Gesetz zu verankern, dann ist diese Strafe ein Teil der Ethik dieser Gesellschaft. Die Moral ist die Gesamtheit der Präferenz eines Individuums. Sie kann in beliebigem Maße von der vorherrschenden Ethik abweichen.
Danach ist es durchaus möglich aus ethischer und moralischer Sicht die Entscheidung gegen Kinder gutzuheißen. Ich bewerte diese Entscheidung anders, aber das folgt aus meiner persönlichen Perspektive, die natürlich auf einer anderen Moral beruht.

Evolutionäre Moral/Ethik bedeutet, dass die Ethik und Moral evolutionären Gesetzen unterworfen ist. Deswegen auch mein "Stabilitätskriterium". Ich hab das an Mahones Beispiel hier versucht darzulegen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die Stabilität einer Gesellschaft ist für mich eines der Hauptkriterien einer optimalen Gesellschaft.

Aber es wäre eine Gesellschaft denkbar, die aus sich heraus beschließt, (oder deren Mitglieder unabhängig jeder für sich - mehr oder weniger zufällig - beschließen), keinen Nachwuchs mehr zu bekommen. Wäre das deswegen eine weniger gute Gesellschaft als eine, die regelmäßig Nachwuchs bekommt?
Sie wäre nicht stabil. Nach einer Generation, oder falls schon Kinder geboren wurden, nach zwei Generationen, ist die Gesellschaft und damit ihre Ethik/Moral verschwunden.

Ich möchte hier nicht Gesellschaften vor dem Hintergrund meiner Moralvorstellungen als gut oder Böse bewerten, sondern vorerst vor dem Hintergrund der Stabilität, weil ich noch kein weiteres Kriterium gefunden habe. Also lautet die Aussage, die ich bisher machen kann stabil, metastabil oder nicht stabil.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Käme wohl darauf an, was die anderen Hauptkriterien sind und wie die jeweils erfüllt sind und wie man die gegeneinander gewichtet. Und wohl auch davon, ob es eine optimale Lösung in dem Sinne, dass alle diese Kriterien gleichzeitig optimiert werden können, überhaupt geben kann, (denn in dem Falle bräuchte man nicht darüber nachzudenken, wie man die einzelnen Kriterien gegeneinander abwägen kann). Ich habe da so meine Zweifel - denn ich meine, dass es inkommensurable (und auch widersprüchliche) Moral-Kriterien und es daher keine einfache / endgültige Lösung des Problemes gibt. Und über diese Kriterien und deren Gewichtung dreht sich mE letztlich der Streit bei der Frage nach einer optimalen, wissenschaftlich erforschbaren / festlegbaren Moral / Ethik. Wie will Wissenschaft (der Wissenschaftsbetrieb) dafür eine Lösung anbieten, wie könnte die aussehen, wie könnte man sich das auch nur im Ansatz vorstellen? Wie kann man z.B. durch Messungen im Gehirn, also durch Neurowissenschaft sowas beantworten? Welche Werte zählen sollen und in welchem Maße?

Das sind die interessanten Aspekte und ich hoffe, dass wir hier in der Diskussion wegkommen von dem "ich glaube nicht dass es möglich ist" vs. "Ich glaube es aber doch" und einfach mal schauen, ob wir mehr dieser Kriterien finden können oder ob es tatsächlich Umstände gibt die eine oder einige wenige optimale Ethiken unmöglich machen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Anders gesagt: wie kann man vom Sein aufs Sollen schließen und zwar konkret? Zum Beispiel in Bezug auf die Frage "Freiheit vs. Gleichheit"?
Das ist eine sehr schwammige Frage. Das könnte ich so nichtmal vor dem Hintergrund meiner eigenen Moralvorstellungen auf die Schnelle leisten.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
So oder so müssen wir das zwar tun, (eine immer bessere / verbesserte Moral / Ethik finden, bzw. zumindest aber moralische Entscheidungen treffen, mögliche Optionen nach besser und schlechter moralisch zu bewerten), aber wenn man der Ansicht ist, dass dies durch den Wissenschaftsbetrieb (bzw. spezielle Experten für Moral / Ethik) besser erledigt werden kann als durch die momentane Vorgehensweise, (ein mehr oder vielleicht auch weniger umfassender gesellschaftlicher Diskurs / Konsens inkl. Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse), dann ist die Frage (auch an Harris): wie genau soll oder kann das vonstatten gehen? Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Wenn wir unsere Ziele / Werte und deren Gewichtungen und Verhältnisse untereinander eindeutig und konsensfähig festlegen könnten, dann könnten wir uns an eine solche Optimierungsfunktion machen, bzw. die Berechnung der Wissenschaft übertragen. Aber das können wir schlicht nicht und das ist das Problem.

Selbst wenn es hypothetisch eine optimale Moral / Ethik geben sollte, dann bleibt immer noch die praktische Frage, wie wir die finden könnten und wie die Kriterien und deren Gewichtung festgestellt werden könnten.

Und solange es keine Antwort darauf gibt, nur die Behauptung von Harris, man könne das irgendwie und irgendwann mal auf eine unbestimmte Weise im Wissenschaftsbetrieb ermitteln: solange ist diese Behauptung mE irrelevant. Kann sein oder auch nicht, (wer kennt schon die Zukunft exakt?), aber das ist für uns heute nicht relevant.


Ich wunder mich immer wieder warum du so vom Wissenschaftsbetrieb sprichst. Das ist kein von der Gesellschaft abgekapselter Bereich der irgendetwas weltfremdes tut und diktiert wie die Dinge zu laufen haben. Die Wissenschaftler gehören doch genauso zur Gesellschaft wie alle anderen auch.
Sollten die (oder auch wir hier auf Amateurniveau) nun Kriterien für eine natürlich begründete Ethik liefern, heißt das ja nicht automatisch, dass sich diese sofort durchsetzt. Das Implementieren einer Ethik geht doch auch nur durch eine Vielzahl von Menschen, die dafür streiten.
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Skeptiker
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Beitrag(#1700745) Verfasst am: 31.10.2011, 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Harris ist ethischer Objektivist/Realist und metaphysischer Naturalist, was bedeutet, dass moralische Tatsachen für ihn natürliche Tatsachen sein müssen. Da er außerdem Konsequenzialist ist, muss er mit folgender Definition arbeiten:

Verhalten/Handlung X ist gut =def X hat Folgen, die (auf natürliche Weise) das Wohlbefinden oder/und die Wohlfahrt fördern.


"If we define 'good' as that which supports well-being, as I will argue we must, …"

(Harris, Sam. The Moral Landscape: How Science Can Determine Human Values. New York: Free Press, 2010. p. 12)

Für Harris bedeutet "gut" (im moralischen Sinn des Wortes) also "wohlseinsfördernd", und dadurch werden moralische Fragen zu erfahrungswissenschaftlich behandelbaren Tatsachenfragen:

Führt das Verhalten, die Handlung, die Einstellung/Haltung X zu wohltuenden Tatsachen, d.h. zu angenehmen, gesunden, schönen Erlebnissen oder zur Befriedigung von Bedürfnissen oder zur Erfüllung von Wünschen oder zur Verwirklichung von Werten?

Falls ja, dann ist X per definitionem moralisch gut oder richtig; und falls nein, dann ist X per definitionem moralisch schlecht/böse oder falsch/unrichtig.


Ja so ähnlich verstehe ich das auch. Und ich sehe die Definition von "Gut" im Prinzip so wie Harris, wenn auch meine Begriffe etwas andere sind.

Es geht ja darum, Moral auf modernen Erkenntnissen zu gründen, anstatt Moral abzuschaffen, nur weil man ihre religiöse Begründung berechtigter Weise verneint. Denn die religiöse "Begründung" von Moral ist eine Setzung. Moral darf aber nicht gesetzt werden.

Wichtig ist mir noch, dass Intuition und Wissenschaft, also die gefühlte und objektiv erkannte Moral sich nicht widersprechen müssen. Das ist aber noch mal eine komplizierte Diskussion.

Wir fühlen ja Kälte als relative Temperatur, aber das muss kein Widerspruch zu der wirklichen Temperatur sein, usw. ...-
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Mahone
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Beitrag(#1700812) Verfasst am: 31.10.2011, 14:28    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Mahone hat folgendes geschrieben:
Woah,
ich meine der grossen Sci-Fi Roman steht schon auch noch auf meiner To-Do-Liste,
aber da sitz ich schon noch ein bisschen dran.

Und "unangreifbar" ist hier eh niemand.
Wie war das inoffizielle FGH-Motto ?
"Haarespalten ist was für Grobmotoriker."


Aber deine Einwände kann man auch schon wieder gut relativieren.
Du argumentierst zum Beispiel recht evolutionär,
dass diese Gesellschaft nicht so erfolgreich wäre.
Gerade da könnte man sagen dass Viele das nicht mal subjektiv als sehr moralisch ansehen würden.
Warum? was ist denn unmoralisch an evolutionärer Moral? Oder versteh ich dich falsch? Letztendlich hat uns die Natur so gebaut (teleonomisch gemeint) dass wir mit unseren Lebensumständen glücklich sind. Die Liebe zu den eigenen Kindern ist bedingungslos und das erfahrene Glück so immens, weil die Evolution uns dahin gebracht hat. Glück ist ein Produkt der Evolution, wie sollte es auch anders sein.

Mahone hat folgendes geschrieben:
Aber darum gehts ja nicht mal.
Sagen wir einfach mal es gäbe so eine Gesellschaft, sie wäre stabil,
und ihre Mitglieder behaupten sie wären glücklich damit.
Wer könnte jetzt sagen sie wären uns moralisch unterlegen, und warum ?

Die Stabilität einer Gesellschaft ist für mich eines der Hauptkriterien einer optimalen Gesellschaft. Indem du die Stabilität als Vorraussetzung implementierst, muss ich dir zustimmen bzw. ich kann dir nicht mehr widersprechen.
Ich muss dann allerdings davon ausgehen, dass es sich bei deiner Gesellschaft um eine andere Spezies handelt.
Außerdem bewerte ich hier keine Moral/Ethik. Das könnte ich nur vor dem Hintergrund meiner eigenen Moral und ich kann nicht einfach davon ausgehen, dass meine die optimale Moral ist.


Das impliziert für mich der Begriff "Moral",
so war auch glaub ich hier irgend wann mal der Konsens:

Moral:
Aktueller Regelkomplex, was richtig und was falsch ist, muss nicht unbedingt logisch begründet werden.

Ethik:
Man versucht da irgendwas logisch herzuleiten.


Mein Beispiel hinkt wirklich in dem Punkt,
dass die Sorge um den Nachwuchs wohl stark in den Genen steckt.
Aber ich denke schon dass sich ein gutes Beispiel konstruieren liesse.
Menschen sind ja nun recht formbar.


Stabilität erachte ich nicht als sonderlich gutes Kriterium.
Nimm zum Beispiel eine Aristokratie,
in der 90% der Menschen unterjocht werden.
Wenn man ihnen den Zugang zu Ressourcen und Bildung verwehrt,
kann das über Jahrhunderte gut gehen.

Ich habe aber das Gefühl wir reden ein wenig aneinander vorbei.
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AgentProvocateur
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Beiträge: 7851
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Beitrag(#1700827) Verfasst am: 31.10.2011, 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ich wunder mich immer wieder warum du so vom Wissenschaftsbetrieb sprichst. Das ist kein von der Gesellschaft abgekapselter Bereich der irgendetwas weltfremdes tut und diktiert wie die Dinge zu laufen haben. Die Wissenschaftler gehören doch genauso zur Gesellschaft wie alle anderen auch.
Sollten die (oder auch wir hier auf Amateurniveau) nun Kriterien für eine natürlich begründete Ethik liefern, heißt das ja nicht automatisch, dass sich diese sofort durchsetzt. Das Implementieren einer Ethik geht doch auch nur durch eine Vielzahl von Menschen, die dafür streiten.

Nun, Harris argumentiert aber immer wieder so, als ob es, so wie es Physik-Experten gibt, die sich in ihrem Gebiet von Laien nicht reinreden lassen brauchen, es auch Ethik-Experten geben solle, (auf dem Gebiet der "Science of Mind").

Ich bin nicht der einzige, der das so und kritisch sieht, siehe hier.

Was Du nun genau mit "evolutionärer Ethik" meinst, habe ich immer noch nicht verstanden, bzw. wie man damit arbeiten kann in Bezug auf eine bessere / optimale Ethik.

Nehmen wir nun mal, um an den Disput zwischen Dir und Mahone anzuknüpfen, ein Beispiel einer Gesellschaft, die man, je nach Kriterien, als optimal, (bzw. als besser als heutige Gesellschaften), oder aber als schlechter / nicht wünschenswert ansehen könnte:

Schöne neue Welt hat folgendes geschrieben:
Schöne neue Welt (engl. Brave New World) ist ein 1932 erschienener dystopischer Roman von Aldous Huxley, der eine utopische Gesellschaft beschreibt, in der „Stabilität, Frieden und Freiheit“ gewährleistet scheinen.

Mittels physischer Manipulationen der Embryonen und Föten sowie der anschließenden mentalen Indoktrinierung der Kleinkinder werden die Menschen gemäß der jeweiligen gesellschaftlichen Kasten geprägt, denen sie angehören sollen und die von Alpha-Plus (für Führungspositionen) bis zu Epsilon-Minus (für einfachste Tätigkeiten) reichen.

Allen Kasten gemeinsam ist die Konditionierung auf eine permanente Befriedigung durch Konsum, Sex und die Droge Soma, sodass den Mitgliedern dieser Gesellschaft das Bedürfnis zum kritischen Denken und Hinterfragen ihrer Weltordnung genommen wird. Die Regierung jener Welt bilden Kontrolleure, Alpha-Plus-Menschen, die von der Bevölkerung wie Idole verehrt werden.

[...]

Michel Houellebecq setzt sich in seinem Roman Elementarteilchen (im 10. Kapitel des 2. Teils) intensiv mit Aldous Huxley und dessen Bruder Julian auseinander. Er vertritt die These, es sei Heuchelei, in dem Buch einen totalitären Albtraum zu sehen, es sei vielmehr hinsichtlich der genetischen Kontrolle, der sexuellen Freiheit, dem Kampf gegen das Altern und der Freizeitkultur ein Paradies. Aldous Huxley habe erst später in seinem Essayband Brave New World Revisited (dt. Dreißig Jahre danach) versucht, seinen Roman als Anklage und Satire hinzustellen.

Siehst Du das als Utopie oder als Dystopie an? Dein Kriterium "Stabilität" ist jedenfalls dort gewährleistet.
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step
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Beiträge: 22782
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Beitrag(#1700828) Verfasst am: 31.10.2011, 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Moral darf aber nicht gesetzt werden.

Das ist eine moralische Setzung.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Mahone
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Beiträge: 842
Wohnort: Munich

Beitrag(#1700830) Verfasst am: 31.10.2011, 15:24    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Moral darf aber nicht gesetzt werden.

Das ist eine moralische Setzung.


Das ist der Witz.

Und die Katze beisst sich in den Schwanz, den lieben, langen Tag lang.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1700832) Verfasst am: 31.10.2011, 15:33    Titel: Antworten mit Zitat

Mahone hat folgendes geschrieben:

Stabilität erachte ich nicht als sonderlich gutes Kriterium.
Nimm zum Beispiel eine Aristokratie,
in der 90% der Menschen unterjocht werden.
Wenn man ihnen den Zugang zu Ressourcen und Bildung verwehrt,
kann das über Jahrhunderte gut gehen.


Diese Aristokratie würde ich somit vorerst als metastabil bezeichnen, aber nur weil du implizierst, dass auch sie untergeht. Wäre sie stabil würde sie meinem Kriterium entsprechen. Somit wären dann die weiteren noch zu bestimmenden Kriterien an der Reihe geprüft zu werden.
Außerdem wäre ein Kriterium, das wichtig für die Beurteilung der Stabilität ist, der Zugang zu Informationen und Ressourcen. Der Zugang zu Informationen, ist heutzutage äußerst schwer einzudämmen. Das führt dazu, dass bei einem Mangel an Ressourcen Revolutionen passieren (die Arabische Welt). Als nächstes wurden in Tunesien freie Wahlen abgehalten. Warum versuchen die Tunesier die Demokratie? Weil es das beste Denkmodell ist, was wir zur Zeit haben? Was macht die Demokratie zum besten Denkmodell zur Zeit? Kann man sie verbessern? Oder gibt es bessere, die auch praktisch möglich sind?
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1700837) Verfasst am: 31.10.2011, 15:51    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ich wunder mich immer wieder warum du so vom Wissenschaftsbetrieb sprichst. Das ist kein von der Gesellschaft abgekapselter Bereich der irgendetwas weltfremdes tut und diktiert wie die Dinge zu laufen haben. Die Wissenschaftler gehören doch genauso zur Gesellschaft wie alle anderen auch.
Sollten die (oder auch wir hier auf Amateurniveau) nun Kriterien für eine natürlich begründete Ethik liefern, heißt das ja nicht automatisch, dass sich diese sofort durchsetzt. Das Implementieren einer Ethik geht doch auch nur durch eine Vielzahl von Menschen, die dafür streiten.

Nun, Harris argumentiert aber immer wieder so, als ob es, so wie es Physik-Experten gibt, die sich in ihrem Gebiet von Laien nicht reinreden lassen brauchen, es auch Ethik-Experten geben solle, (auf dem Gebiet der "Science of Mind").

Ich bin nicht der einzige, der das so und kritisch sieht, siehe hier.

Was Du nun genau mit "evolutionärer Ethik" meinst, habe ich immer noch nicht verstanden, bzw. wie man damit arbeiten kann in Bezug auf eine bessere / optimale Ethik.

Nehmen wir nun mal, um an den Disput zwischen Dir und Mahone anzuknüpfen, ein Beispiel einer Gesellschaft, die man, je nach Kriterien, als optimal, (bzw. als besser als heutige Gesellschaften), oder aber als schlechter / nicht wünschenswert ansehen könnte:

Schöne neue Welt hat folgendes geschrieben:
Schöne neue Welt (engl. Brave New World) ist ein 1932 erschienener dystopischer Roman von Aldous Huxley, der eine utopische Gesellschaft beschreibt, in der „Stabilität, Frieden und Freiheit“ gewährleistet scheinen.

Mittels physischer Manipulationen der Embryonen und Föten sowie der anschließenden mentalen Indoktrinierung der Kleinkinder werden die Menschen gemäß der jeweiligen gesellschaftlichen Kasten geprägt, denen sie angehören sollen und die von Alpha-Plus (für Führungspositionen) bis zu Epsilon-Minus (für einfachste Tätigkeiten) reichen.

Allen Kasten gemeinsam ist die Konditionierung auf eine permanente Befriedigung durch Konsum, Sex und die Droge Soma, sodass den Mitgliedern dieser Gesellschaft das Bedürfnis zum kritischen Denken und Hinterfragen ihrer Weltordnung genommen wird. Die Regierung jener Welt bilden Kontrolleure, Alpha-Plus-Menschen, die von der Bevölkerung wie Idole verehrt werden.

[...]

Michel Houellebecq setzt sich in seinem Roman Elementarteilchen (im 10. Kapitel des 2. Teils) intensiv mit Aldous Huxley und dessen Bruder Julian auseinander. Er vertritt die These, es sei Heuchelei, in dem Buch einen totalitären Albtraum zu sehen, es sei vielmehr hinsichtlich der genetischen Kontrolle, der sexuellen Freiheit, dem Kampf gegen das Altern und der Freizeitkultur ein Paradies. Aldous Huxley habe erst später in seinem Essayband Brave New World Revisited (dt. Dreißig Jahre danach) versucht, seinen Roman als Anklage und Satire hinzustellen.

Siehst Du das als Utopie oder als Dystopie an? Dein Kriterium "Stabilität" ist jedenfalls dort gewährleistet.


Brave New World ist tatsächlich ein gutes Beispiel. Ich habe es vor Jahren gelesen und ich verstehe immer noch nicht so genau was daran eine Dystopie ist. Wenn ich mich recht erinnere, sind alle glücklich, keiner wird gezwungen, jeder lebt das Leben, was ihm gefällt. Zumindestens wird es so geschildert. Zwar gibt es auch einen oder zwei denen das Soma-Ding nicht gefällt, aber selbst für diese gibt es eine andere Gesellschaft, in der sie leben können. Es wird kein Zwang ausgeübt. Kinder werden nicht mehr geboren, wenn mich nicht alles täuscht, sondern wachsen in Apparaten heran. Es klingt absolut befremdlich und aufgrund meiner Moralvorstellungen möchte ich selbst Kinder haben, die ich nach meinen Vorstellungen erziehe. Brave New World scheint aber zu funktionieren. Ich halte es zwar auch nicht für eine Utopie, aber wenn die getroffenen Annahmen zutreffen, dann wäre es vermutlich eine mögliche optimale Lösung.
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caballito
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Beitrag(#1700844) Verfasst am: 31.10.2011, 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Moral darf aber nicht gesetzt werden.

Das ist eine moralische Setzung.

Das kannst du nicht wissen. Es ist zwar unwahrsheinlich, aber zumindestest theoretisch könnte es ja sein, dass sich dieser Satz in Skeptikers Ethik als Konsequenz aus etwas anderem anderen ergibt.

Was natürlich nichts daran ändert, dass am Ende als Letztbegründung dann eben eine andere Setzung steht.

Ansonsten freut es mich, dass du hier fleißig das predigst, was ich dir in anderen Kontexten immer vorhalte zwinkern
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Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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caballito
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#1700847) Verfasst am: 31.10.2011, 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Nur wenn man ein (letztlich willkürliches) formales moralisches System axiomatisch setzen würde, könnte man innerhalb dieses Systems versuchen, Kriterien für die "Wahrheit" moralischer Sollsätze zu definieren.

Genau das tut man aber nun mal (zwangsläufig), weil man sonst über Moral gar nicht reden könnte. Jeder braucht irgendeine, letztlich willkürliche, axiomatische Grundlage, um überhaupt ethisch/moralische Aussagen treffen zu können.

Die Frage ist lediglich, ob sich jemand dessen bewusst ist, oder nicht.
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Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Beitrag(#1700848) Verfasst am: 31.10.2011, 16:14    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
"If we define 'good' as that which supports well-being, as I will argue we must, …"

(Harris, Sam. The Moral Landscape: How Science Can Determine Human Values. New York: Free Press, 2010. p. 12)

Für Harris bedeutet "gut" (im moralischen Sinn des Wortes) also "wohlseinsfördernd", und dadurch werden moralische Fragen zu erfahrungswissenschaftlich behandelbaren Tatsachenfragen:

Führt das Verhalten, die Handlung, die Einstellung/Haltung X zu wohltuenden Tatsachen, d.h. zu angenehmen, gesunden, schönen Erlebnissen oder zur Befriedigung von Bedürfnissen oder zur Erfüllung von Wünschen oder zur Verwirklichung von Werten?

Falls ja, dann ist X per definitionem moralisch gut oder richtig; und falls nein, dann ist X per definitionem moralisch schlecht/böse oder falsch/unrichtig.

Ich sehe das Problem mit Harris' Argumentation genau anders herum, als Du es siehst: Harris definiert "well-being" nicht hinreichend, er weigert sich, das zu tun und verweist auf das Konzept "Gesundheit", das ebenso nicht hinreichend definiert sei.

Mir scheint nun, Harris definiert nicht "gut" als "well-being", sondern umgekehrt setzt er einfach "well-being" mit "gut" gleich, d.h. man könnte in jedem seiner Sätze, in denen er von "well-being" redet, dies durch "good" ersetzen.

Und so sagt er letztlich nur: "eine Handlung / ein Verhalten ist dann gut, wenn sie / es gut ist".

Und das ist nicht unbedingt besonders hilfreich.
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Tom der Dino
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Beitrag(#1700853) Verfasst am: 31.10.2011, 16:34    Titel: Antworten mit Zitat

Das Prinzip der evolutionären Moral sieht grob vereinfacht folgendermaßen aus.

Wir gehen von mindestens einer Gesellschaft aus, die aus mehr als einem Menschen besteht.

Diese Gesellschaft richtet sich nach Regeln, der Ethik. Führen diese Regeln zum Untergang der Gesellschaft, stirbt die Ethik sozusagen aus. Der Untergang einer Gesellschaft kann durch Wechsel des Gesellschaftssystems/ Ethik passieren, oder auch durch Aussterben oder Abwandern der Mitglieder.

Nimmt man nun 2 Gesellschaften an, die nicht isoliert und geschützt voneinander leben und ähnliche Ethiken haben, und nur eine der beiden Ethiken besagt, es sollen viele Kinder geboren werden, während es in der anderen ethisch ist, nur 2 Kinder zu bekommen, dann wird die mit den vielen Kindern wachsen und die zwangsläufig stagnierende vernichten, durch Assimilation, Übertragen der Vielkinderethik oder auf kriegerischem Wege oder durch Übernahme der Ressourcen oder oder oder. Die Ethik der vielen Kinder hat einen Selektionsvorteil und setzt sich durch.

Das stellt nur ein Beispiel dar. Es ist sicher nicht der einzige Aspekt, den es zu beachten gilt und andere Aspekte beeinflussen auch diesen.

Eine Ethik hat nur dann Bestand, wenn sie nicht vernichtet wird, das bedeutet, wenn sie stabil ist. Sie muss also wehrhaft sein. Aufgrund der Fülle an Präferenzen sollte sie aber auch "Freiheit" bieten. Tut sie das nicht, bilden sich Ethiken heraus, die sehr wohl Freiheit bieten und stellen eine Gefahr dar. Insofern sind hier schon die Aspekte Freiheit und Sicherheit mit inbegriffen, aber wie genau die austariert werden müssen, wage ich nicht zu sagen.
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Mahone
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Beitrag(#1700874) Verfasst am: 31.10.2011, 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Mahone hat folgendes geschrieben:

Stabilität erachte ich nicht als sonderlich gutes Kriterium.
Nimm zum Beispiel eine Aristokratie,
in der 90% der Menschen unterjocht werden.
Wenn man ihnen den Zugang zu Ressourcen und Bildung verwehrt,
kann das über Jahrhunderte gut gehen.


Diese Aristokratie würde ich somit vorerst als metastabil bezeichnen, aber nur weil du implizierst, dass auch sie untergeht. Wäre sie stabil würde sie meinem Kriterium entsprechen. Somit wären dann die weiteren noch zu bestimmenden Kriterien an der Reihe geprüft zu werden.
Außerdem wäre ein Kriterium, das wichtig für die Beurteilung der Stabilität ist, der Zugang zu Informationen und Ressourcen. Der Zugang zu Informationen, ist heutzutage äußerst schwer einzudämmen. Das führt dazu, dass bei einem Mangel an Ressourcen Revolutionen passieren (die Arabische Welt). Als nächstes wurden in Tunesien freie Wahlen abgehalten. Warum versuchen die Tunesier die Demokratie? Weil es das beste Denkmodell ist, was wir zur Zeit haben? Was macht die Demokratie zum besten Denkmodell zur Zeit? Kann man sie verbessern? Oder gibt es bessere, die auch praktisch möglich sind?

Möchte ich gar nicht widersprechen, sind gute Denkansätze,
aber bewegt sich ein wenig vom Thema weg, hin zu allgemeiner Gesellschaftskritik, oder ?
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Mahone
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Beitrag(#1700877) Verfasst am: 31.10.2011, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nur wenn man ein (letztlich willkürliches) formales moralisches System axiomatisch setzen würde, könnte man innerhalb dieses Systems versuchen, Kriterien für die "Wahrheit" moralischer Sollsätze zu definieren.

Genau das tut man aber nun mal (zwangsläufig), weil man sonst über Moral gar nicht reden könnte. Jeder braucht irgendeine, letztlich willkürliche, axiomatische Grundlage, um überhaupt ethisch/moralische Aussagen treffen zu können.

Die Frage ist lediglich, ob sich jemand dessen bewusst ist, oder nicht.

Das geht imho schon leicht in eine teleologische Richtung.
Der Mensch ist der Mensch, und kann auch durchaus widersprüchliche Eigenschaften haben,
und jedes Exemplar ist auch ein bisschen anders.
Und er wird auch immer anders erzogen, und dann braucht er ein bisschen andere Haltung.

Das alles in Einklang zu bringen,
ist eben die Herausforderung an eine wirklich progressive Moral.
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Tom der Dino
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Beitrag(#1700881) Verfasst am: 31.10.2011, 18:03    Titel: Antworten mit Zitat

Mahone hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Mahone hat folgendes geschrieben:

Stabilität erachte ich nicht als sonderlich gutes Kriterium.
Nimm zum Beispiel eine Aristokratie,
in der 90% der Menschen unterjocht werden.
Wenn man ihnen den Zugang zu Ressourcen und Bildung verwehrt,
kann das über Jahrhunderte gut gehen.


Diese Aristokratie würde ich somit vorerst als metastabil bezeichnen, aber nur weil du implizierst, dass auch sie untergeht. Wäre sie stabil würde sie meinem Kriterium entsprechen. Somit wären dann die weiteren noch zu bestimmenden Kriterien an der Reihe geprüft zu werden.
Außerdem wäre ein Kriterium, das wichtig für die Beurteilung der Stabilität ist, der Zugang zu Informationen und Ressourcen. Der Zugang zu Informationen, ist heutzutage äußerst schwer einzudämmen. Das führt dazu, dass bei einem Mangel an Ressourcen Revolutionen passieren (die Arabische Welt). Als nächstes wurden in Tunesien freie Wahlen abgehalten. Warum versuchen die Tunesier die Demokratie? Weil es das beste Denkmodell ist, was wir zur Zeit haben? Was macht die Demokratie zum besten Denkmodell zur Zeit? Kann man sie verbessern? Oder gibt es bessere, die auch praktisch möglich sind?

Möchte ich gar nicht widersprechen, sind gute Denkansätze,
aber bewegt sich ein wenig vom Thema weg, hin zu allgemeiner Gesellschaftskritik, oder ?


Möglich. Für mich sieht es nur so aus, als ob die Demokratie als Gesellschaftsform einen evolutionären Vorteil gegenüber vielen anderen hat. Die Demokratie bringt aber ihrerseits eine gewisse Ethik mit sich, die sich naturgemäß von der in Diktaturen unterscheidet. Haben wir also hier Beispiele für die Evolution von Ethik und Moral? Wenn ja, würde es die These nach der wissenschaftlichen Begründbarkeit der Moral untermauern.
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Am Anfang war ......das Experiment.
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caballito
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Beitrag(#1700888) Verfasst am: 31.10.2011, 18:14    Titel: Antworten mit Zitat

Mahone hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nur wenn man ein (letztlich willkürliches) formales moralisches System axiomatisch setzen würde, könnte man innerhalb dieses Systems versuchen, Kriterien für die "Wahrheit" moralischer Sollsätze zu definieren.

Genau das tut man aber nun mal (zwangsläufig), weil man sonst über Moral gar nicht reden könnte. Jeder braucht irgendeine, letztlich willkürliche, axiomatische Grundlage, um überhaupt ethisch/moralische Aussagen treffen zu können.

Die Frage ist lediglich, ob sich jemand dessen bewusst ist, oder nicht.

Das geht imho schon leicht in eine teleologische Richtung.
Der Mensch ist der Mensch, und kann auch durchaus widersprüchliche Eigenschaften haben,
und jedes Exemplar ist auch ein bisschen anders.
Und er wird auch immer anders erzogen, und dann braucht er ein bisschen andere Haltung.

Das alles in Einklang zu bringen,
ist eben die Herausforderung an eine wirklich progressive Moral.

Frage
_________________
Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Mahone
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Beitrag(#1700891) Verfasst am: 31.10.2011, 18:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde ja sagen Moral sind eben zu einem Grossteil Regeln,
die eben nicht von der Gesellschaftsform abhängen.

Es gibt ja auch islamische Demokratien,
deren Bürger dann ganz andere Moralvorstellungen haben als wir.

Und:
Klar sind alle möglichen kulturellen Element evolutionären Prozessen unterworfen,
aber das muss man ja nicht unbedingt gut finden.

Wenn jetzt irgendwann eine Supermacht brutal den ganzen Planeten unterjocht,
und alle anderen ausradiert,
wären die sozusagen auch evolutionär im Vorteil,
aber moralisch wäre es imho ein Rückschritt.
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fwo
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Beitrag(#1700893) Verfasst am: 31.10.2011, 18:16    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
.....
Möglich. Für mich sieht es nur so aus, als ob die Demokratie als Gesellschaftsform einen evolutionären Vorteil gegenüber vielen anderen hat. Die Demokratie bringt aber ihrerseits eine gewisse Ethik mit sich, die sich naturgemäß von der in Diktaturen unterscheidet. Haben wir also hier Beispiele für die Evolution von Ethik und Moral? Wenn ja, würde es die These nach der wissenschaftlichen Begründbarkeit der Moral untermauern.

Nein. Dass man einen evolutionären Vorgang oder einen Vorgang, den man als Evolution beschreiben kann, findet, bedeutet weder, dass dieser Vorgang vorhersehbar wird, noch, dass er genau so abgelaufen sein muss.

Eine Begründung einer Ethik ist etwas anderes als die Feststellung einer erfolgreichen Tradition.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).


Zuletzt bearbeitet von fwo am 31.10.2011, 18:21, insgesamt einmal bearbeitet
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1700894) Verfasst am: 31.10.2011, 18:18    Titel: Antworten mit Zitat

Thread kurz gesperrt zwecks Abtrennung von Beiträgen. Geht gleich weiter.

Okay, Thread ist wieder offen. Die abgetrennten Beiträge zur Erziehung befinden sich jetzt hier: Erziehung und Moral

(Sorry, vorhin war er doch noch nicht wieder offen, aber jetzt.)
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Myron
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Beitrag(#1700933) Verfasst am: 31.10.2011, 20:46    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich sehe das Problem mit Harris' Argumentation genau anders herum, als Du es siehst: Harris definiert "well-being" nicht hinreichend, er weigert sich, das zu tun und verweist auf das Konzept "Gesundheit", das ebenso nicht hinreichend definiert sei.


"Many readers might wonder how can we base our values on something as difficult to define as 'well-being'? It seems to me, however, that the concept of well-being is like the concept of physical health: it resists precise definition, and yet it is indispensable. In fact, the meanings of both terms seem likely to remain perpetually open to revision as we make progress in science. Today, a person can consider himself physically healthy if he is free of detectable disease, able to exercise, and destined to live into his eighties without suffering obvious decrepitude. But this standard may change."

(Harris, Sam. The Moral Landscape: How Science Can Determine Human Values. New York: Free Press, 2010. p. 11)

Der Begriff "Standard" ist ein Wertbegriff, und damit ist auch der Begriff "Wohlsein" nicht mehr gänzlich wertfrei, was bedeutet, dass seine Definition von "gut" eigentlich keine naturalistische, d.h. keine rein deskriptive Definition mehr ist.

"Naturalism in ethics, like attempts to square the circle and to 'justify induction', will constantly recur so long as there are people who have not understood the fallacy involved. It may therefore be useful to give a simple procedure for exposing any new variety of it that may be offered. Let us suppose that someone claims that he can deduce a moral or other evaluative judgement from a set of purely factual or descriptive premisses, relying on some definition to the effect that V (a value-word) means the same as C (a conjunction of descriptive predicates). We first have to ask him to be sure that C contains no expression that is covertly evaluative (for example 'natural' or 'normal' or 'satisfying' or 'fundamental human needs'). Nearly all so-called 'naturalistic definitions' will break down under this test—for to be genuinely naturalistic a definition must contain no expression for whose applicability there is not a definite criterion which does not involve the making of a value-judgement. [meine Betonung] If the definition satisfies this test, we have next to ask whether its advocate ever wishes to commend anything for being C. If he says that he does, we have only to point out to him that his definition makes this impossible, for the reasons given. And clearly he cannot say that he never wishes to commend anything for being C; for to commend things for being C is the whole object of his theory."

(Hare, R. M. The Language of Morals. 1952. Part II: http://www.ditext.com/hare/lm5.html)

"…Damit eine Definition echt naturalistisch ist, darf sie keinen Ausdruck enthalten, für dessen Anwendbarkeit kein definitives Kriterium vorliegt, das unabhängig ist vom Fällen eines Werturteils."

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Mir scheint nun, Harris definiert nicht "gut" als "well-being", sondern umgekehrt setzt er einfach "well-being" mit "gut" gleich, d.h. man könnte in jedem seiner Sätze, in denen er von "well-being" redet, dies durch "good" ersetzen.
Und so sagt er letztlich nur: "eine Handlung / ein Verhalten ist dann gut, wenn sie / es gut ist".
Und das ist nicht unbedingt besonders hilfreich.


Es verhält sich ja bei jeder Definition so, dass das definiens und das definiendum synonym sind. Wenn z.B. "Schimmel" als "weißes Pferd" definiert ist, dann haben diese beiden Wörter dieselbe Bedeutung.
Dennoch kann das eine Wort nicht einfach in allen Kontexten durch das andere ersetzt werden, ohne den Wahrheitswert der betreffenden Aussage zu ändern. Ein Beispiel: "Peter sagte, er hätte ein weißes Pferd gesehen" & "Peter sagte, er hätte einen Schimmel gesehen."

Was den Tautologievorwurf betrifft, so versuchen manche ethischen Naturalisten, diesen dadurch zu entkräften, dass sie sagen, dass man ihn gegen jedwede Definition richten könnte, was jedoch absurd wäre. Denn wenn man definitionsgemäß sagt, dass ein Schimmel ein weißes Pferd sei, dann wolle man damit selbstverständlich nicht überflüssigerweise sagen, dass ein Schimmel ein Schimmel oder ein weißes Pferd ein weißes Pferd sei.
Siehe dazu Hare's Erwiderung in seinem oben erwähnten Buch (fängt an bei 5.5): http://www.ditext.com/hare/lm5.html
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1701056) Verfasst am: 01.11.2011, 01:28    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Brave New World ist tatsächlich ein gutes Beispiel. Ich habe es vor Jahren gelesen und ich verstehe immer noch nicht so genau was daran eine Dystopie ist. Wenn ich mich recht erinnere, sind alle glücklich, keiner wird gezwungen, jeder lebt das Leben, was ihm gefällt. Zumindestens wird es so geschildert. Zwar gibt es auch einen oder zwei denen das Soma-Ding nicht gefällt, aber selbst für diese gibt es eine andere Gesellschaft, in der sie leben können. Es wird kein Zwang ausgeübt. Kinder werden nicht mehr geboren, wenn mich nicht alles täuscht, sondern wachsen in Apparaten heran. Es klingt absolut befremdlich und aufgrund meiner Moralvorstellungen möchte ich selbst Kinder haben, die ich nach meinen Vorstellungen erziehe. Brave New World scheint aber zu funktionieren. Ich halte es zwar auch nicht für eine Utopie, aber wenn die getroffenen Annahmen zutreffen, dann wäre es vermutlich eine mögliche optimale Lösung.

Optimal für was?

Schöne neue Welt hat folgendes geschrieben:
John und Mond diskutieren über die Vorteile (allgemeines Glück und gesellschaftliche Stabilität) und die Nachteile (die Sinnlosigkeit einer solchen menschlichen Existenz) der „schönen neuen Welt“. Religion, Kunst, Liebe, freies Denken und starke, echte Emotionen werden nicht mehr gebraucht. Jeder tut nur, was er kann, wozu er geboren ist, und kennt kein Scheitern, kein Leid, keine unerwiderte Liebe, kein Altern, keinen vorzeitigen Tod. Doch dieses Leben muss erkauft werden gegen die Freiheit: wer frei sein will, der nimmt auch die damit verbundenen Nachteile in Kauf.

Das Problem ist meiner Ansicht nach, dass die Menschen hier von Vorneherein auf eine gewisse Weise geformt werden, auf eine vorgebene Weise, die ihnen keinen eigenen Spielraum mehr lässt. Alles wird dem Funktionieren / der Stabilität der Gesellschaft untergeordnet, bzw. alles dem, was einmal für immer festgelegt wurde, wie es sein soll, was gut für alle ist.

Aber meiner Ansicht nach ist der Einzelne nicht nur für die Gesellschaft da, nicht nur dazu da, um die Gesellschaft am Leben zu halten, ein reines Mittel zu diesem Zwecke, sondern die Gesellschaft sollte auch dazu da sein, damit der Einzelnen seine Ziele und sich selber selber entwickeln / finden und denen nachgehen kann.

Deinen Wert "Stabilität der Gesellschaft" sehe ich als sekundären, extrinsischen Wert an, d.h. er ist nur Mittel zu einem anderen Zweck, aber kein Wert an sich. Was nicht heißt, dass er unwichtig / verzichtbar wäre, aber was bedeutet, dass, wenn man ihn als primären Wert setzt, man zu solchen totalitären Gesellschaften kommen kann, was zumindest meiner o.g. Vorstellung davon, wozu eine Ethik / Gesellschaft gut sein soll, widerspricht.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1701069) Verfasst am: 01.11.2011, 02:20    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich sehe das Problem mit Harris' Argumentation genau anders herum, als Du es siehst: Harris definiert "well-being" nicht hinreichend, er weigert sich, das zu tun und verweist auf das Konzept "Gesundheit", das ebenso nicht hinreichend definiert sei.

"Many readers might wonder how can we base our values on something as difficult to define as 'well-being'? It seems to me, however, that the concept of well-being is like the concept of physical health: it resists precise definition, and yet it is indispensable. In fact, the meanings of both terms seem likely to remain perpetually open to revision as we make progress in science. Today, a person can consider himself physically healthy if he is free of detectable disease, able to exercise, and destined to live into his eighties without suffering obvious decrepitude. But this standard may change."

(Harris, Sam. The Moral Landscape: How Science Can Determine Human Values. New York: Free Press, 2010. p. 11)

Ich halte seinen Vergleich von "well-being" mit dem Konzept "physische Gesundheit" für einen unguten rhetorischen Trick. Klar kann ich mir unter "physischer Gesundheit" was vorstellen und ich kann mir auch vorstellen, wie sich das ändern kann, wenn man wissenschaftliche Fortschritte erzielt. Aber bei dem Konzept "well-being" kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen, unter diesem Konzept kann man alles verstehen. Und einen Zusammenhang von "well-being" zu wissenschaftlichem Fortschritt kann ich auch nicht sehen. Stellt er das irgendwo in seinem Buch mal beispielhaft dar, wie sowas aussehen könnte?

Solange das so schwammig bleibt:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
When the drift of the argument presses him [Harris] towards defining well-being, he says that he is not talking about feelings of pleasure; instead, he tends to invoke ideas of deep satisfaction or fulfillment.

Meine Übersetzung: Wenn ein Argument ihn [Harris] dazu drängt, 'Wohlbefinden' näher zu definieren, dann sagt er, er würde nicht über Gefühle von Genuss reden, stattdessen neigt er dazu, sich auf die Ideen von tiefer Befriedigung oder Erfüllung zu berufen.

dann kann da jeder reininterpretieren, was er will, was er selber für gut hält, bzw. selber unter "tiefer Befriedigung und Erfüllung" verstehen will.

Klar ist es moralisch gut, wenn sich alle bewussten Lebewesen permanent, (bzw. so oft wie irgend möglich), in einem Zustand von "tiefer Befriedigung und Erfüllung" befinden, da wird wohl niemand widersprechen wollen, d.h. der Aussage: "eine Welt, in der sich alle bewussten Lebewesen so oft wie möglich in einem Zustand befinden, der ihnen tiefe Befriedigung und Erfüllung gibt, ist moralisch besser als eine Welt, in der das niemals der Fall ist" wird sicher so gut wie jeder zustimmen können.

Aber was hilft diese Erkenntnis bei der Entwicklung einer (besseren / optimalen) Ethik, wenn man nicht weiß, was "tiefe Befriedigung und Erfüllung" genau bedeuten soll, worauf das genau hinauslaufen soll?

Und selbst wenn man das wüsste: woher käme dann das Sollen, woraus leitet sich das nun wieder her? Soll man (ist man moralisch verpflichtet) permanent auf die "tiefe Befriedigung und Erfüllung aller bewussten Lebewesen" hinzuarbeiten?

Nein, dazu sagt er selber:

Sam Harris - A Response to Critics hat folgendes geschrieben:
It seems to me that whatever our preferences and capacities are at present, our beliefs about good and evil must still relate to what is ultimately possible for human beings.
Meine Übersetzung: Mir scheint, egal, wie unsere Präfärenzen und Kapazitäten zurzeit sind, müssen unsere Ansichten bezüglich gut und böse dennoch in einem Zusammenhang dazu stehen, was ultimativ für Menschen möglich ist.

Gut, er ist nun kein Hardcore-Handlungs-Utilitarist, okay, und das "ultimativ möglich" macht das Ganze nun auch wieder viel komplizierter, aber, jetzt mal abgesehen von seinem theoretisch falschen Sein-Sollen-Fehlschluss, (und sonstigen theoretischen Einwänden gegen seine Position): welche praktischen Auswirkungen ergeben sich überhaupt aus seiner Ansicht?

Wie genau (beispielhaft) stellt er sich die Rolle der "Science of Mind" bei der Frage nach einer Ethik vor? Was kann man wo wie messen, um daraus eine Ethik abzuleiten? Wie genau kann die Neuro-Wissenschaft vorgehen, um das zu ermitteln, seiner Ansicht nach? Das würde mich mal interessieren, dazu habe ich noch nichts gefunden.

Dass die Ethik der Taliban nicht sooo ganz das Superoptimalste ist: das kann doch nicht die einzige Erkenntnis sein, die er verbreiten will. Dazu braucht es mE keine Wissenschaft, um das festzustellen, um darüber eine große Einigung zu erzielen.
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Landei
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Beitrag(#1701116) Verfasst am: 01.11.2011, 10:35    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dass die Ethik der Taliban nicht sooo ganz das Superoptimalste ist: das kann doch nicht die einzige Erkenntnis sein, die er verbreiten will. Dazu braucht es mE keine Wissenschaft, um das festzustellen, um darüber eine große Einigung zu erzielen.


Aber genau das behauptet die relativistische Fraktion: Das Wertsysteme nicht logisch begründet werden können und dass deshalb alle Wertsysteme gleichwertig seien. Es reicht nicht anzumerken, dass die talibanesische Ethik nicht das Gelbe vom Ei ist, man muss es auch begründen, und genau das versucht Harris.

An irgendeiner Stelle muss das Fundament gelegt werden, die Axiome definiert werden, um den totalen Relativismus zu überwinden. Harris versucht das mit minimalen (wesentlich "schwächeren" als die religiösen) und einleuchtenden Grundannahmen, denen deshalb auch fast alle Menschen zustimmen würden, aber das Beispiel eines Marquis de Sades beweist, dass diese Zustimmung nicht absolut ist.

Das Problem ist ein Ähnliches wie mit dem Beweis der Nichtexistenz eines christlichen Gottes: Es gibt viele Indizien, die gegen ihn sprechen und kein einziges überzeugendes, das für ihn spricht, aber das ist noch kein Beweis. Der pragmatische Ansatz ist, Ockhams Rasiermesser anzusetzen. Ähnlich kann man viele soziologische und evolutionäre Gründe vorbringen, warum die Ethik eines de Sade nicht wünschenswert ist, aber das ist ebenfalls kein letztgültiger Beweis.

Ich bin der Meinung, dass Relativismus die Menschheit nicht weiterbringt, und man an dieser Stelle einfach Stellung beziehen muss und die Annahme, dass "well-being" ein erstrebenswertes Ziel ist, als Axiom akzeptiert - genau wie die Mathematiker Kröten wie das Auswahlaxiom schlucken mussten.
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Der Islam gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Diese Gotteslehre eines unmoralischen Beduinen ist ein verwesender Kadaver, der unser Leben vergiftet. (Kemal Atatürk)
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1701203) Verfasst am: 01.11.2011, 14:17    Titel: Antworten mit Zitat

Landei hat folgendes geschrieben:
Aber genau das behauptet die relativistische Fraktion: Das Wertsysteme nicht logisch begründet werden können und dass deshalb alle Wertsysteme gleichwertig seien. Es reicht nicht anzumerken, dass die talibanesische Ethik nicht das Gelbe vom Ei ist, man muss es auch begründen, und genau das versucht Harris.

An irgendeiner Stelle muss das Fundament gelegt werden, die Axiome definiert werden, um den totalen Relativismus zu überwinden. Harris versucht das mit minimalen (wesentlich "schwächeren" als die religiösen) und einleuchtenden Grundannahmen, denen deshalb auch fast alle Menschen zustimmen würden, aber das Beispiel eines Marquis de Sades beweist, dass diese Zustimmung nicht absolut ist.

Insofern Harris sich gegen einen solchen totalen Relativismus richtet, (alles sei total relativ, daraus folge, dass jede beliebige Ansicht gleichwertig sei), stimme ich ihm zu.

Die Probleme sind nur:

- es ist schlicht nicht richtig, dass es für die Begründung einer Ethik nur diese 3 Möglichkeiten gäbe: 1. religiöse Begründungen, 2. totaler Relativismus im obigen Sinne, 3. rein (neuro)-wissenschaftliche Begründungen

- Harris' Begründungen sind selber nicht (neuro)-wissenschaftlich, er betreibt Philosophie. Und dann erscheint seine Weigerung, sich mit den grundlegenden Begriffen und Ansichten dabei zu beschäftigen, mehr als merkwürdig. Gut, er will ein populäres, d.h. allgemein verständliches Buch schreiben, aber das entbindet ihn dennoch nicht davon, grundlegende philosophische Argumente zu verstehen und zu berücksichtigen. Ich kann doch auch kein allgemeinverständliches Buch über Physik schreiben wollen und dann sagen: was die Physik bisher gesagt hat, ignoriere ich einfach, das ist zu kompliziert. Was nicht heißt, dass man die Themen Philosophie oder auch Physik nicht allgemeinverständlicher aufbereiten kann, als es im internen akademischen Betrieb üblich ist, das kann und sollte man auch tun, aber bitte nicht, indem man einfach den bisherigen Stand der Diskussion / des Wissens einfach ignoriert.

- und dann stellt sich Harris nicht lediglich gegen religöse Begründungen einer Ethik und gegen totalen Relativismus, sondern er behauptet darüber hinaus, dass Wissenschaft uns sagen könne, was gut und schlecht(böse) sei, wie unsere Werte sein sollen und da würde man doch gerne mal wissen, wie. Wie gesagt, darüber habe ich noch nichts Konkretes gefunden, vielleicht hat ja jemand das Buch und kann mal ein Beispiel daraus erwähnen, damit ich mir vorstellen kann, wie das aussehen könnte.

Landei hat folgendes geschrieben:
Ich bin der Meinung, dass Relativismus die Menschheit nicht weiterbringt, und man an dieser Stelle einfach Stellung beziehen muss und die Annahme, dass "well-being" ein erstrebenswertes Ziel ist, als Axiom akzeptiert - genau wie die Mathematiker Kröten wie das Auswahlaxiom schlucken mussten.

Was verstehst Du denn genau unter "well-being"?

Ist Deiner Ansicht nach in Huxleys 'Schönen Neuen Welt' "well-being" optimiert (bzw. zumindest höher als heute)? Und wenn ja: sollten wir also in diese Richtung gehen? Und wenn nein: warum nicht?
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Landei
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Beitrag(#1701292) Verfasst am: 01.11.2011, 20:26    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ist Deiner Ansicht nach in Huxleys 'Schönen Neuen Welt' "well-being" optimiert (bzw. zumindest höher als heute)? Und wenn ja: sollten wir also in diese Richtung gehen? Und wenn nein: warum nicht?


Ein Epsilon würde sich besser fühlen, wenn er nicht zum Epsilon gemacht worden wäre: Selbst wenn er sich nicht schlecht fühlt, ist das Spektrum seiner Gefühlswelt doch künstlich eingeschränkt. Es fehlen alle "intellektuellen" Aspekte von "well being", wie die Freude über ein gelöstes Problem, die Freude an schöpferischer Tätigkeit oder der Freude an Kunst. Solange derartige Empfindungen durch die "Behandlung" unmöglich werden und auch nicht adäquat simuliert werden können (was sich angesichts der Komplexität des Gehirns als unmöglich erweisen könnte), würde ich Huxleys "Utopie" ablehnen.
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Myron
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Beitrag(#1701316) Verfasst am: 01.11.2011, 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich halte seinen Vergleich von "well-being" mit dem Konzept "physische Gesundheit" für einen unguten rhetorischen Trick. Klar kann ich mir unter "physischer Gesundheit" was vorstellen und ich kann mir auch vorstellen, wie sich das ändern kann, wenn man wissenschaftliche Fortschritte erzielt. Aber bei dem Konzept "well-being" kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen, unter diesem Konzept kann man alles verstehen.


Der Begriff des Wohlseins/Wohlbefindens/Wohlergehens ist vielschichtig und umfassender als der Begriff der Gesundheit, weil er physische, psychische, soziale, politische und ökonomische Aspekte beinhaltet.
Im Allgemeinen und Ungenauen besteht das Wohlseinsfördernde in demjenigen, das gut für einen ist, einem guttut, wobei es einem wohlergeht – also in positiven, konstruktiven Erlebnissen/Erfahrungen oder Lebensumständen/-zuständen. Doch die Frage, welche Erlebnisse/Erfahrungen oder Lebensumstände/-zustände konstruktiv-positiv und welche destruktiv-negativ sind, ist keine reine Tatsachenfrage, weil in die Antwort stets Werturteile einbezogen sind.
Wenn aber nun der Begriff des Wohlseins im Grunde selbst ein Wertbegriff ist, dann scheitert Harris' deskriptivistische "Naturalisierung" der Ethik bereits im konzeptionellen Ansatz.

"…Damit eine Definition echt naturalistisch ist, darf sie keinen Ausdruck enthalten, für dessen Anwendbarkeit kein definitives Kriterium vorliegt, das unabhängig ist vom Fällen eines Werturteils."
– R. M. Hare

Der hedonistischen Auslegung des Wohlseinsbegriffs nach besteht das Positive-Konstruktive im Angenehm-Erfreulichen; und Harris könnte nun behaupten, dass sich mithilfe rein deskriptivistischer Psychologie genau feststellen lässt, welche Erfahrungen und Lebensumstände von Menschen als angenehm/erfreulich empfunden werden und welche nicht.
(Die Frage ist allerdings, inwieweit sich solche psychologischen Erkenntnisse verallgemeinern lassen; denn es gibt ja auch Menschen, die das Foltern und Töten anderer Menschen als höchst angenehm, erfreulich, lustvoll und beglückend empfinden. Wenn wir anfangen, zwischen normalen und unnormalen Begierden und Gelüsten zu unterscheiden, dann sind wir schon wieder beim Bewerten und nicht nur beim Beschreiben.)
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Myron
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Beitrag(#1701321) Verfasst am: 01.11.2011, 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

Der hedonistischen Auslegung des Wohlseinsbegriffs nach besteht das Positive-Konstruktive im Angenehm-Erfreulichen; und Harris könnte nun behaupten, dass sich mithilfe rein deskriptivistischer Psychologie genau feststellen lässt, welche Erfahrungen und Lebensumstände von Menschen als angenehm/erfreulich empfunden werden und welche nicht.


Dass Armut, Einsamkeit und Krankheit unangenehm, unerfreulich und damit wohlseinsmindernd sind, wird allerdings niemand bestreiten, oder?
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step
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Beitrag(#1701343) Verfasst am: 01.11.2011, 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Der hedonistischen Auslegung des Wohlseinsbegriffs nach besteht das Positive-Konstruktive im Angenehm-Erfreulichen; und Harris könnte nun behaupten, dass sich mithilfe rein deskriptivistischer Psychologie genau feststellen lässt, welche Erfahrungen und Lebensumstände von Menschen als angenehm/erfreulich empfunden werden und welche nicht.
Dass Armut, Einsamkeit und Krankheit unangenehm, unerfreulich und damit wohlseinsmindernd sind, wird allerdings niemand bestreiten, oder?

In gewissen Kreisen des Christentums ist eine Verklärung des Leidens populär ("komm, süßes Kreuz ..."). Leiden steht auch bei Asketen, Flagellanten, SM-Freaks hoch im Kurs, und Armut ist sogar im Volksmund (der Fuchs und die Trauben?) als Weg zum Glück bekannt.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Skeptiker
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Beitrag(#1701344) Verfasst am: 01.11.2011, 23:10    Titel: Ersetzung der Setzung durch objektive Grundlagen Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Moral darf aber nicht gesetzt werden.

Das ist eine moralische Setzung.

Das kannst du nicht wissen. Es ist zwar unwahrsheinlich, aber zumindestest theoretisch könnte es ja sein, dass sich dieser Satz in Skeptikers Ethik als Konsequenz aus etwas anderem anderen ergibt.


Das tut er. Denn wenn ich sage, dass Moral sich begründen muss (- und zwar mit den verschiedenen Lebensbedürfnissen bewusster Lebewesen -) dann folgt daraus, dass man Moral nicht einfach setzen kann, ohne diese Bedürfnisse zu Grunde zu legen.

Was step hier sagt, ähnelt bestimmten "Argumenten" unserer Theisten, wenn diese nämlich behaupten, auch Atheisten hätten einen Glauben, nur einen anderen. (Bis hin zu der absurden Aussage, Ahteisten & Materialisten würden an die Wissenschaft glauben!)

So sagt auch step indirekt, dass man aus der Axiomatik nicht raus kommt. Jedoch hat niemand jene Bedürfnisse gesetzt (- es sei denn, man bringt hier die göttliche Metaphysik ins Spiel). Sondern umgekehrt setzen die Lebensbedürfnisse die Moral.

Wenn jemand eine Brücke bauen möchte, und ich nun behaupte, man könne die Statik nicht einfach setzen, sondern müsse sie errechnen, dann mache ich damit durchaus keine solche Setzung, sondern weise eben darauf hin, dass etwas die Setzung ersetzen müsse (nämlich in diesem Fall die objektiven Gesetze der Statik.)

Und so wie das well-being aus richtig begründeten Moralen erfolgt, so folgt auch die Stabilität - das "well-being" der Brücke sozusagen - aus richtig begründeten Konstruktionen.

caballito hat folgendes geschrieben:
Was natürlich nichts daran ändert, dass am Ende als Letztbegründung dann eben eine andere Setzung steht.


Wie schon Landei und Harris tendenziell sagen, ist aber das Wohlergehen bewusster Lebewesen ein Ziel, welches im Grunde selbstverständlich ist. Und es entspricht ja auch der Triebstruktur bzw. dem Streben bewusster Lebewesen.
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Beitrag(#1701348) Verfasst am: 01.11.2011, 23:15    Titel: Antworten mit Zitat

Landei hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ist Deiner Ansicht nach in Huxleys 'Schönen Neuen Welt' "well-being" optimiert (bzw. zumindest höher als heute)? Und wenn ja: sollten wir also in diese Richtung gehen? Und wenn nein: warum nicht?


Ein Epsilon würde sich besser fühlen, wenn er nicht zum Epsilon gemacht worden wäre: Selbst wenn er sich nicht schlecht fühlt, ist das Spektrum seiner Gefühlswelt doch künstlich eingeschränkt. Es fehlen alle "intellektuellen" Aspekte von "well being", wie die Freude über ein gelöstes Problem, die Freude an schöpferischer Tätigkeit oder der Freude an Kunst. Solange derartige Empfindungen durch die "Behandlung" unmöglich werden und auch nicht adäquat simuliert werden können (was sich angesichts der Komplexität des Gehirns als unmöglich erweisen könnte), würde ich Huxleys "Utopie" ablehnen.


Auch ich denke, dass die Entfaltung der menschlichen Schöpferkraft ein Glück ist, das den Wesen in der "Brave New World" fehlt. Ihr "well-being" ist eher ein Selbstvergessen und ein künstliches Glück, das dem Organismus irgendwann als künstlich auffallen wird. Und dann erfolgt eine Gegensteuerung durch Ausschüttung entsprechender Antagonismen, wie wir das auch von anderen Drogen und Medikamenten kennen.

edit: Dass Harris hier mit dem Begriff "Gesundheit" operiert ist nicht abwegig. Man beachte auch die WHO-Definition:

Zitat:
Gesundheit des Menschen ist laut Weltgesundheitsorganisation „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“

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Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video

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