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Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet?
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1751010) Verfasst am: 08.05.2012, 14:37    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zahlen kann man nicht sehen? Wirklich nicht?

I
II
III

Aha, und wo sind da jetzt die Zahlen? Ich seh da nur Striche.

Warum meinst du, die Mehrzahl benutzen zu müssen?
_________________
Am Anfang war ......das Experiment.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1751023) Verfasst am: 08.05.2012, 15:46    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zahlen kann man nicht sehen? Wirklich nicht?

I
II
III

Aha, und wo sind da jetzt die Zahlen? Ich seh da nur Striche.

Warum meinst du, die Mehrzahl benutzen zu müssen?

Besser wäre gewesen: "Aha, und wo sind da jetzt die Zahlen? Ich seh da nur Heizungen." Lachen
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1751028) Verfasst am: 08.05.2012, 16:09    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Warum meinst du, die Mehrzahl benutzen zu müssen?

Grammatische Konvention. zwinkern
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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pera
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Anmeldungsdatum: 01.07.2009
Beiträge: 4256

Beitrag(#1751061) Verfasst am: 08.05.2012, 18:24    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Das ist die erste Quelle die ich durch Googlen nach "können Tiere zählen" gefunden habe. Die Grundlagen der Mathematik sind dermaßen "natürlich", dass offenbar Tiere das bereits können, die, so wage ich zu behaupten, von Differentialgleichungen nicht viel verstehen. Das ist wohl der Grund warum du (pera) dir keine andere Mathematik vorstellen kannst und ich mir übrigens auch nicht.


Ja, das kann man so sehen. Wobei, man muss dann schon die "grundlegendsten" Grundlagen nehmen. Das mit den Tieren ist interessant. Man könnte also sagen eine Grundlage ist das unterscheiden von Mengen nach der Anzahl ihrer Elemente. Ob das jetzt der Grund, oder einzige Grund ist, warum keine andere vorstellbar ist, kann ich nicht beantworten, da muss ich erst noch etwas nachgrübeln.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Im Großen und Ganzen wollte ich nur zeigen, dass jene Axiome die "gewählt" wurden, aufgrund der "Verwurzelung" (verzeiht mir das Wort) in der Natur "gewählt" wurden.


Einerseits ja, andererseits, wenn du die ersten drei Seiten von Euklids Elementen ansiehst, sozusagen dem ersten mathematischen Werk mit einer Methodik, die fast aussieht als wäre es in jüngster Zeit geschrieben, wirst du daran zweifeln. Es beginnt mit Definitionen
- Ein Punkt ist, was keine Teile hat
- Eine Linie ist was keine Breite hat ....
Postulaten
- Daß man von jedem Punkt zu jedem Punkt eine Strecke ziehen kann
Und Axiomen
- Daß alle rechten Winkel einander gleich sind

Und so geht es weiter, die euklidsche Geometrie eben, von Anschauung ist da schon nicht mehr viel zu finden. Gewählt sind die Axiome schon, im Hinblick darauf was, in dem Fall die Geometrie, leisten soll. (Und noch ein paar Kriterien, Widerspruchsfreiheit, Eindeutigkeit, Existenz)
Oder eben die Peano-Axiome, von Anschauung keine Spur mehr.
Das ist diese erste Stufe der Abstraktion. (oder schon die zweite, je nachdem)

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Die höhere Mathematik funktioniert offenbar so gut, weil die Logik dahinter kompromisslos ist. Die Anwendung auf die Physik funktioniert nicht zuletzt deshalb so gut, weil die Axiome wahr sind und weil die Mathematik sich zusammen mit der Physik entwickelte. Irgendwann verselbstständigte sie sich, was aber nicht schlimm ist.


Das gefettete könnte ein Grund sein, warum sich keine andere Mathematik denken lässt. Ist mir grade so eingefallen. Zum zweiten Teil dieses Abschnitts sage ich jetzt mal nichts.
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Schlumpf
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Anmeldungsdatum: 17.11.2007
Beiträge: 2572

Beitrag(#1751062) Verfasst am: 08.05.2012, 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Achso, ich dachte Philosophie ist vorrangig individuell.
In einem gewissen Sinne. Man könnte die Naturwissenschaften als "Konsenswissenschaften" bezeichnen, insofern sie sich bemühen, einen möglichst großen Konsens zwischen den Wissenschaftlern herzustellen. Hingegen würde ich die Philosophie zu den "Dissenswissenschaften" zählen.

Das ist schön formuliert - und beschreibt auch sehr gut den typischen Ablauf philosophischer Diskurse: Die Philosophen reden aneinander vorbei und verstehen sich nicht. Natürlich kann man auch nicht entscheiden, wer die bessere Theorie hat.

Das ist doch bei Religion noch viel drastischer. Die verschiedenen Religionen haben verschiedene Götter und selbst inner halb einer Religion haben Priester und Gläubige, und auch diese untereinander, verschiedene Gottes- und Glaubensvorstellungen. Im übrigen sind die meisten Menschen mit Philosophie überfordert:
Zitat:
Religion ist die einzige Philosophie, die das Durchschnittshirn verstehen und annehmen kann.

(Joseph Joubert, franz. Moralist, 1754-1824)
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1751079) Verfasst am: 08.05.2012, 20:08    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

pera hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Das ist die erste Quelle die ich durch Googlen nach "können Tiere zählen" gefunden habe. Die Grundlagen der Mathematik sind dermaßen "natürlich", dass offenbar Tiere das bereits können, die, so wage ich zu behaupten, von Differentialgleichungen nicht viel verstehen. Das ist wohl der Grund warum du (pera) dir keine andere Mathematik vorstellen kannst und ich mir übrigens auch nicht.


Ja, das kann man so sehen. Wobei, man muss dann schon die "grundlegendsten" Grundlagen nehmen. Das mit den Tieren ist interessant. Man könnte also sagen eine Grundlage ist das unterscheiden von Mengen nach der Anzahl ihrer Elemente. Ob das jetzt der Grund, oder einzige Grund ist, warum keine andere vorstellbar ist, kann ich nicht beantworten, da muss ich erst noch etwas nachgrübeln.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Im Großen und Ganzen wollte ich nur zeigen, dass jene Axiome die "gewählt" wurden, aufgrund der "Verwurzelung" (verzeiht mir das Wort) in der Natur "gewählt" wurden.


Einerseits ja, andererseits, wenn du die ersten drei Seiten von Euklids Elementen ansiehst, sozusagen dem ersten mathematischen Werk mit einer Methodik, die fast aussieht als wäre es in jüngster Zeit geschrieben, wirst du daran zweifeln. Es beginnt mit Definitionen
- Ein Punkt ist, was keine Teile hat
- Eine Linie ist was keine Breite hat ....
Postulaten
- Daß man von jedem Punkt zu jedem Punkt eine Strecke ziehen kann
Und Axiomen
- Daß alle rechten Winkel einander gleich sind

Und so geht es weiter, die euklidsche Geometrie eben, von Anschauung ist da schon nicht mehr viel zu finden. Gewählt sind die Axiome schon, im Hinblick darauf was, in dem Fall die Geometrie, leisten soll. (Und noch ein paar Kriterien, Widerspruchsfreiheit, Eindeutigkeit, Existenz)
Oder eben die Peano-Axiome, von Anschauung keine Spur mehr.
Das ist diese erste Stufe der Abstraktion. (oder schon die zweite, je nachdem)

Ja, dass das nicht mehr nur die Grundlagen sind, sollte klar sein. Euklid lebte lang nachdem Städte gegründet wurden. Die Menschheit und die Zivilisation hatten sich schon ziemlich weiterentwickelt.

pera hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Die höhere Mathematik funktioniert offenbar so gut, weil die Logik dahinter kompromisslos ist. Die Anwendung auf die Physik funktioniert nicht zuletzt deshalb so gut, weil die Axiome wahr sind und weil die Mathematik sich zusammen mit der Physik entwickelte. Irgendwann verselbstständigte sie sich, was aber nicht schlimm ist.


Das gefettete könnte ein Grund sein, warum sich keine andere Mathematik denken lässt. Ist mir grade so eingefallen. Zum zweiten Teil dieses Abschnitts sage ich jetzt mal nichts.


Zum fettgedruckten: zwinkern

Aus Wiki: Euklid:
wikipedia hat folgendes geschrieben:
Die überlieferten Werke umfassen sämtliche Bereiche der antiken griechischen Mathematik: das sind die theoretischen Disziplinen Arithmetik und Geometrie (Die Elemente, Data), Musiktheorie (Die Teilung des Kanon), eine methodische Anleitung zur Findung von planimetrischen Problemlösungen von bestimmten gesicherten Ausgangspunkten aus (Porismen) sowie die physikalischen bzw. angewandten Werke (Optik, astronomische Phänomene).

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step
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Beitrag(#1751083) Verfasst am: 08.05.2012, 20:36    Titel: Antworten mit Zitat

Noch eine kurze Ergänzung zum Thema Mathematik / Natur:

Daß Mathematik durch Abstraktion entsteht, wenn ein Hirn nur irgendeine Struktur zu fassen kriegt (und die kriegt es halt aus der Natur), ist glaube ich einigermaßen unstrittig.

mE wirklich erstaunlich ist jedoch, mit welcher fast "beängstigenden" Regelmäßigkeit die Physik bisher mathematisch faßbar ist. Symmetrie-Gruppen zum Beispiel. Man bekommt wirklich fast den Verdacht, daß es die Mathematik ist, die "existiert" ...
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pera
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Beiträge: 4256

Beitrag(#1751097) Verfasst am: 08.05.2012, 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Noch eine kurze Ergänzung zum Thema Mathematik / Natur:

Daß Mathematik durch Abstraktion entsteht, wenn ein Hirn nur irgendeine Struktur zu fassen kriegt (und die kriegt es halt aus der Natur), ist glaube ich einigermaßen unstrittig.

mE wirklich erstaunlich ist jedoch, mit welcher fast "beängstigenden" Regelmäßigkeit die Physik bisher mathematisch faßbar ist. Symmetrie-Gruppen zum Beispiel. Man bekommt wirklich fast den Verdacht, daß es die Mathematik ist, die "existiert" ...


In der Tat erstaunlich. Könnte man darüber referieren wie, auf welche Weise Gegenstände der Mathematik existieren. Kugel etwa. Eine vollkommene Kugel werden wir in der Natur nicht finden.
Und doch hat jeder, der versteht wie eine Kugel beschrieben wird (ein! Parameter) die völlig gleiche Vorstellung.
Aber ich fürchte irgendwie TdD ganz von seinem Thema abgelenkt zu haben. Sorry for that.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1751105) Verfasst am: 08.05.2012, 22:15    Titel: Antworten mit Zitat

pera hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Noch eine kurze Ergänzung zum Thema Mathematik / Natur:

Daß Mathematik durch Abstraktion entsteht, wenn ein Hirn nur irgendeine Struktur zu fassen kriegt (und die kriegt es halt aus der Natur), ist glaube ich einigermaßen unstrittig.

mE wirklich erstaunlich ist jedoch, mit welcher fast "beängstigenden" Regelmäßigkeit die Physik bisher mathematisch faßbar ist. Symmetrie-Gruppen zum Beispiel. Man bekommt wirklich fast den Verdacht, daß es die Mathematik ist, die "existiert" ...


In der Tat erstaunlich. Könnte man darüber referieren wie, auf welche Weise Gegenstände der Mathematik existieren. Kugel etwa. Eine vollkommene Kugel werden wir in der Natur nicht finden.
Und doch hat jeder, der versteht wie eine Kugel beschrieben wird (ein! Parameter) die völlig gleiche Vorstellung.
Aber ich fürchte irgendwie TdD ganz von seinem Thema abgelenkt zu haben. Sorry for that.

Kein Problem Smilie ich habe diesen kleinen Exkurs sehr genossen. Und ich stimme step ausdrücklich zu.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1751114) Verfasst am: 08.05.2012, 22:38    Titel: Antworten mit Zitat

Philosophie als Begriffswissenschaft.

Der australische Philosoph David Armstrong, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Metaphysiker, schreibt:

"Nowadays, for cosmologists and quantum theorists the nature of space-time, the scientific image as Sellars would have said, is up for grabs and in many a theorist's mind it is utterly different from the manifest image. Philosophers, I take it, must just follow the lead of natural science here, and natural science has so far produced no generally agreed-upon theory.
But if we follow the lead of natural science why do we not foreclose any appeal to metaphysics? Why not just hand over the inquiry to science? The answer is that there are a great number of notions that, following the lead of Gilbert Ryle and J. J. C. (Jack) Smart, we can call topic neutral notions. Instances are cause, class, property, relation, quality, kind, resemblance, quantity, number, substance, fact, truth, law of nature, power, and others. These notions are perfectly general, are very difficult to analyse and interconnect, and give rise to controversy, sometimes to bitter controversy, when we (and the 'we' here includes scientists as much as philosophers) try to discuss them. They are not exhausted by logic or mathematics. It is these sorts of notions, I suggest, that metaphysics strives to give a systematic account of."

"Heutzutage ist die Frage nach der Beschaffenheit der Raumzeit, dem wissenschaftlichen Weltbild, wie Sellars gesagt hätte, für die Kosmologen und Quantentheoretiker noch nicht entschieden, und in vielen Theoretikerköpfen unterscheidet es sich völlig vom augenscheinlichen Weltbild. Wie ich es sehe, müssen sich die Philosophen hier von der Naturwissenschaft führen lassen, und die Naturwissenschaft hat bisher keine allgemein anerkannte Theorie hervorgebracht. Aber wenn wir uns von der Naturwissenschaft führen lassen, warum verzichten wir dann nicht auf die Metaphysik? Warum überlassen wir die Forschung nicht einfach der Wissenschaft? Die Antwort ist, dass es eine Vielzahl von Begriffen gibt, die wir, Gilbert Ryle und J. J. C. (Jack) Smart folgend, als themenneutrale Begriffe bezeichnen können. Beispiele sind 'Ursache', 'Klasse', 'Eigenschaft', 'Beziehung', 'Qualität', 'Art', 'Ähnlichkeit', 'Quantität', 'Zahl', 'Substanz', 'Tatsache', 'Wahrheit', 'Naturgesetz', 'Macht'/'Vermögenheit' und andere. Diese Begriffe sind vollkommen allgemein, sind sehr schwer zu analysieren und zu verknüpfen, und geben Anlass zu Auseinandersetzungen, manchmal zu erbitterten Auseinandersetzungen, wenn wir (und das 'wir' schließt hier die Wissenschaftler ebenso ein wie die Philosophen) versuchen, darüber zu diskutieren. Sie werden von der Logik oder der Mathematik nicht erschöpfend behandelt. Nach meinem Dafürhalten sind es diese Arten von Begriffen, die die Metaphysik in systematischer Weise zu erklären sucht."

[© meine Übers.]

(Armstrong, D. M. Sketch for a Systematic Metaphysics. Oxford: Oxford University Press, 2010. pp. 2-3)
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pera
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Anmeldungsdatum: 01.07.2009
Beiträge: 4256

Beitrag(#1751117) Verfasst am: 08.05.2012, 22:53    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Philosophie als Begriffswissenschaft.

Der australische Philosoph David Armstrong, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Metaphysiker, schreibt:
....

Die Antwort ist, dass es eine Vielzahl von Begriffen gibt, die wir, Gilbert Ryle und J. J. C. (Jack) Smart folgend, als themenneutrale Begriffe bezeichnen können. Beispiele sind 'Ursache', 'Klasse', 'Eigenschaft', 'Beziehung', 'Qualität', 'Art', 'Ähnlichkeit', 'Quantität', 'Zahl', 'Substanz', 'Tatsache', 'Wahrheit', 'Naturgesetz', 'Macht'/'Vermögenheit' und andere. Diese Begriffe sind vollkommen allgemein, sind sehr schwer zu analysieren und zu verknüpfen, und geben Anlass zu Auseinandersetzungen, manchmal zu erbitterten Auseinandersetzungen, wenn wir (und das 'wir' schließt hier die Wissenschaftler ebenso ein wie die Philosophen) versuchen, darüber zu diskutieren. Sie werden von der Logik oder der Mathematik nicht erschöpfend behandelt. Nach meinem Dafürhalten sind es diese Arten von Begriffen, die die Metaphysik in systematischer Weise zu erklären sucht."[/i]
[© meine Übers.]

(Armstrong, D. M. Sketch for a Systematic Metaphysics. Oxford: Oxford University Press, 2010. pp. 2-3)


Wenn ein bedeutender zeitgenössischer Metaphysiker die Metaphysik verteidigt und ihr eine Art Daseinsberechtigung zuschreibt wundert das niemand.
Diese themenneutralen Begriffe finde ich jedoch sehr interessant, jedoch, nur weil sie "sehr schwer zu analysieren und zu verknüpfen" sind die Unabdingbarkeit der Metaphysik zu fordern ist doch ein wenig übertrieben. (Macht sich die Metaphysik dann überflüssig, wenn es endlich gelingt diese Begriffe zu definieren?)
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1751119) Verfasst am: 08.05.2012, 22:54    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Die Zahlen von 1 bis 3 kann man auf jeden Fall sehen.


Man unterscheide zwischen Zahlen und Ziffern, d.i. Zahlwörtern oder -zeichen, und des Weiteren zwischen Typen und Exemplaren von Zahlzeichen. Sowohl Zahlen als auch Zahlzeichentypen sind abstrakte Objekte und von daher unsichtbar, wohingegen Zahlzeichenexemplare konkrete und sichtbare Objekte sind.

"3", "3", "3" sind konkrete Exemplare des Zifferntyps <3>, und sowohl die Exemplare als auch der Typ repräsentieren die Zahl 3.
Abstrakte Zifferntypen und Zahlen kann man natürlich nur mithilfe konkreter Ziffernexemplare erwähnen. Das heißt, in der Nominalphrase "die Zahl 3" wird ein Exemplar des Zifferntyps <3> gebraucht, um die entsprechende Zahl zu erwähnen.
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1751120) Verfasst am: 08.05.2012, 23:00    Titel: Antworten mit Zitat

pera hat folgendes geschrieben:

In der Tat erstaunlich. Könnte man darüber referieren wie, auf welche Weise Gegenstände der Mathematik existieren. Kugel etwa. Eine vollkommene Kugel werden wir in der Natur nicht finden.


Das liegt daran, dass perfekte, ideale geometrische Figuren abstrakte Objekte sind. Nun kann man darüber streiten, ob solche abstrakten Objekte imaginär oder real sind.
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pera
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Anmeldungsdatum: 01.07.2009
Beiträge: 4256

Beitrag(#1751121) Verfasst am: 08.05.2012, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
pera hat folgendes geschrieben:

In der Tat erstaunlich. Könnte man darüber referieren wie, auf welche Weise Gegenstände der Mathematik existieren. Kugel etwa. Eine vollkommene Kugel werden wir in der Natur nicht finden.


Das liegt daran, dass perfekte, ideale geometrische Figuren abstrakte Objekte sind. Nun kann man darüber streiten, ob solche abstrakten Objekte imaginär oder real sind.


Ja, das könnte man, haben wir auch schon irgendwo mal. Erstaunlich finde ich dennoch, wenn wir sie zu den abstarkten zählen, wie einfach deren Definition (und Vorstellung) ist, im Gegensatz zu den von dir zitierten Begriffen, wie Ursache usw..
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#1751122) Verfasst am: 08.05.2012, 23:16    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Nun kann man darüber streiten, ob solche abstrakten Objekte imaginär oder real sind.

Oder symbolisch (um mal die Lacansche Trias zu vervollständigen).
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#1751164) Verfasst am: 09.05.2012, 07:06    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Experiment zeigte halt, dass 1 Stock und noch 1 Stock 2 Stöcke ergibt.

...

Dann ist die Rechnung aber schon experimentell bestätigt.
Man könnte verschiedene Prämissen aufstellen. Unter der, wie du richig bemerktest, Voraussetzung dass die Zahlen bereits bestimmt sind, könnte man behaupten, dass 1+1=3 oder 1+1=2 oder 1+1=5,32837 ist. Wie leicht zu sehen ist, wenn man einen Stock und noch einen Stock nebeneinander legt, hat man nur 2 Stöcke. Die anderen Prämissen könnten ebenfalls zu Mathematiken führen, die aber mit der Natur und unserer Erfahrungswelt wenig gemein haben.

Du kannst auch '1' als 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' interpretieren und dann schauen, was passiert, wenn Du in der Realität 1 + 1 praktizierst.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
Beiträge: 3949

Beitrag(#1751167) Verfasst am: 09.05.2012, 08:49    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Experiment zeigte halt, dass 1 Stock und noch 1 Stock 2 Stöcke ergibt.

...

Dann ist die Rechnung aber schon experimentell bestätigt.
Man könnte verschiedene Prämissen aufstellen. Unter der, wie du richig bemerktest, Voraussetzung dass die Zahlen bereits bestimmt sind, könnte man behaupten, dass 1+1=3 oder 1+1=2 oder 1+1=5,32837 ist. Wie leicht zu sehen ist, wenn man einen Stock und noch einen Stock nebeneinander legt, hat man nur 2 Stöcke. Die anderen Prämissen könnten ebenfalls zu Mathematiken führen, die aber mit der Natur und unserer Erfahrungswelt wenig gemein haben.

Du kannst auch '1' als 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' interpretieren und dann schauen, was passiert, wenn Du in der Realität 1 + 1 praktizierst.

Das gilt aber nur, wenn das "+" gleichzeitig eine lokale Zusammenführung bedeutet. Wenn das eine 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' in Massachusetts und das andere in Kairo lokalisiert ist, hat man trotzdem 2 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' ohne einer Atombombenexplosion beiwohnen zu müssen.
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step
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Beitrag(#1751173) Verfasst am: 09.05.2012, 09:33    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
pera hat folgendes geschrieben:
In der Tat erstaunlich. Könnte man darüber referieren wie, auf welche Weise Gegenstände der Mathematik existieren. Kugel etwa. Eine vollkommene Kugel werden wir in der Natur nicht finden.
Das liegt daran, dass perfekte, ideale geometrische Figuren abstrakte Objekte sind. Nun kann man darüber streiten, ob solche abstrakten Objekte imaginär oder real sind.

Sie sind imaginär (und symbolisch), jedenfalls in klassischen Fällen von Objekten - so wie etwa eine reale Kanonenkugel keine ideale Kugel ist.

Und jetzt kommt das große ABER: In der mikrospkopischen Physik sieht das erstaunlicherweise anders aus. Wenn wir dort ein Objekt mathematisch beschreiben, dann entspricht dieses Objekt - so sieht es jedenfalls heute aus - tatsächlich einer idealen mathematischen Struktur. Nach "idealer" wird es bei Symmetriegruppen. Es sieht also erstaunlicherweise so aus, daß wir, je näher wir an die fundamentalen Strukturen heranreichen, desto unbefriedigender wird es, die Mathematik einfach nur als eine idealisierende Modellierhilfe anzusehen.
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El Schwalmo
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Beiträge: 9073

Beitrag(#1751181) Verfasst am: 09.05.2012, 10:06    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Experiment zeigte halt, dass 1 Stock und noch 1 Stock 2 Stöcke ergibt.

...

Dann ist die Rechnung aber schon experimentell bestätigt.
Man könnte verschiedene Prämissen aufstellen. Unter der, wie du richig bemerktest, Voraussetzung dass die Zahlen bereits bestimmt sind, könnte man behaupten, dass 1+1=3 oder 1+1=2 oder 1+1=5,32837 ist. Wie leicht zu sehen ist, wenn man einen Stock und noch einen Stock nebeneinander legt, hat man nur 2 Stöcke. Die anderen Prämissen könnten ebenfalls zu Mathematiken führen, die aber mit der Natur und unserer Erfahrungswelt wenig gemein haben.

Du kannst auch '1' als 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' interpretieren und dann schauen, was passiert, wenn Du in der Realität 1 + 1 praktizierst.

Das gilt aber nur, wenn das "+" gleichzeitig eine lokale Zusammenführung bedeutet. Wenn das eine 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' in Massachusetts und das andere in Kairo lokalisiert ist, hat man trotzdem 2 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' ohne einer Atombombenexplosion beiwohnen zu müssen.

Du hast oben 'nebeneinander legt' geschrieben.
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Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
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Beitrag(#1751220) Verfasst am: 09.05.2012, 12:14    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das Experiment zeigte halt, dass 1 Stock und noch 1 Stock 2 Stöcke ergibt.

...

Dann ist die Rechnung aber schon experimentell bestätigt.
Man könnte verschiedene Prämissen aufstellen. Unter der, wie du richig bemerktest, Voraussetzung dass die Zahlen bereits bestimmt sind, könnte man behaupten, dass 1+1=3 oder 1+1=2 oder 1+1=5,32837 ist. Wie leicht zu sehen ist, wenn man einen Stock und noch einen Stock nebeneinander legt, hat man nur 2 Stöcke. Die anderen Prämissen könnten ebenfalls zu Mathematiken führen, die aber mit der Natur und unserer Erfahrungswelt wenig gemein haben.

Du kannst auch '1' als 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' interpretieren und dann schauen, was passiert, wenn Du in der Realität 1 + 1 praktizierst.

Das gilt aber nur, wenn das "+" gleichzeitig eine lokale Zusammenführung bedeutet. Wenn das eine 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' in Massachusetts und das andere in Kairo lokalisiert ist, hat man trotzdem 2 'deutlich mehr als die halbe kritische Masse' ohne einer Atombombenexplosion beiwohnen zu müssen.

Du hast oben 'nebeneinander legt' geschrieben.

Ich hab oben auch “Stock“ geschrieben. Nebenbei hab ich dir auch zugestimmt. Ich wollte nur nicht näher darauf eingehen, dass angereichertes Uran eben nicht in ausreichender Menge zum Bau einer Atombombe verfügbar war, als sich die Grundlagen der Mathematik entwickelten. Und selbst wenn, hätte nach jenem Experiment kaum noch jemand was davon erzählen können. Dass die Mathematik nicht grundlegend geändert wurde nachdem man hinter diese Möglichkeit kam, liegt daran, dass sie zur Beschreibung dessen trotzdem sehr gut genutzt werden kann.
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Rohrspatz
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Beitrag(#1751225) Verfasst am: 09.05.2012, 12:42    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Durch die, meines Empfindens nach sehr interessante Diskussion in diesem Thread kam bei mir die Frage auf, ob die Philosophie nicht eher ungeeignet ist für die Aufklärung der Menschheit.

Die Philosophie hat über die Jahrhunderte Worte wie Transzendenz kreiert und steht damit der Dreifaltigkeit/Dreieinigkeit der christlichen Theologen in nichts nach.
Diese Worte sind sinnlose Bezeichnungen, denn entweder gibt es keine reale Entsprechung oder sie implizieren Widersprüche, die dazu führen, dass sich die Begriffe selbst ad absurdum führen.

Ist die Philosophie tatsächlich nötig? Oder ist sie ein doch nur ein Hindernis?


Ich denke, es kann durchaus helfen, wenn man Menschen das Werkzeug in die Hand gibt, über das Denken nachzudenken. Man kann nicht verhindern, dass Menschen irrationalen Überzeugungen anhängen, aber ich fände es besser, wenn sie sich bewusst dafür oder dagegen entscheiden würden und diese Entscheidung auch begründen könnten. Meine Hoffnung dahinter wäre, dass weniger die Frage wäre "glaube ich an Religion A, B, C, D /esoterische Strömung 1, 2, 3.... oder keine?", sondern "möchte ich konsequent Irrationalität vermeiden, oder nicht?". Das würde die Weltanschauung aus dem Reich persönlicher Geschmacksfragen heraus nehmen und zu einer Grundsatzfrage machen.
Aber um das zu ermöglichen, muss man immerhin das Hinterfragen erlernt haben. Warum versucht man beispielsweise, fast in allen Gedanken konsistent zu bleiben und woran möchte man den "Erfolg" einer Annahme messen? "Was können wir wissen?" und wie vorsichtig möchte ich in der Frage, was ich als Wissen bezeichnen möchte, sein?
Das ist doch alles bereits Philosophie.
Natürlich kann man schlecht gute Philosophie "definieren" ohne sich in ein Minenfeld zu begeben, andererseits reicht aber vielleicht auch die Vermittlung dessen, welche Fragen sich die Philosophie stellt und warum. Das Fragen lernen halte ich in dem Zusammenhang nämlich für wichtiger, als verschiedene Antworten zu kennen.


Auf das fettgedruckte bezogen:
Aufgrund dieser Frage fing ich an die Philosophie zu hinterfragen. zwinkern Irrationalität vermeiden heißt auch von Voraussetzungen auszugehen, die selbst "möglichst wahr" sind. Dieses kann meines Erachtens nur ein naturwissenschaftliches Experiment leisten. Die resultierenden Folgerungen des daraufhin erfolgenden Philosophierens sollten ebenfalls anhand von Experimenten überprüft werden. Dann tut man aber das was Naturwissenschaftler heute schon tun. Fragen, die prinzipiell nicht überprüft werden können, sind dann ohne Sinn und können auch dementsprechend behandelt werden.

Auf das kursive bezogen:
Absolut. Fragen zu stellen ist wichtig, n verschiedene Antworten für ein und dasselbe Experiment sind aber n-1 Antworten zuviel. Vor allem dann, wenn die Antworten gegenteilig sind. Es mag mehrere mögliche Antworten geben, die aber nur aus der Verschiedenheit der Modelle resultieren. Jede dieser verschiedenen Antworten sollte weitere überprüfbare Fragen aufwerfen und damit eine Unvollständigkeit der Antwort selbst zeigen. Eine vollständige Antwort kann es nur eine geben.


Ich werfe mal den Lauf des Threads durcheinander, indem ich spät noch hierauf antworte zwinkern

Du fragst im Titel, ob Philosophie zur Aufklärung geeignet sei. Das habe ich mit dem Kursiven bejaht. Fragen zu kennen, durch die man über das eigene Denken reflektieren kann, halte ich für wichtig und das ist bereits Philosophie. Ich halte daher Philosophie als Tätigkeit sogar für notwendig für Aufklärung.

Eine andere Frage ist, ob bestehende philosophische Werke der Aufklärung dienlich sind. Da kann sich immerhin Irrationalität einschleichen.
Man könnte sich auf dünnes Eis begeben und Werke nennen, die man für geeignet hält, dann aber begibt man sich in besagtes Minenfeld. Ich würde daher eher antworten: Wenn man den Menschen das Fragen und Zweifeln vermitteln kann, dann sind philosophische Werke auch nichts, was einfach "geschluckt" werden sollte. Philosophie + Zweifeln + Diskutieren -> Selektion.

Was deine Begrenzung auf "möglichst wahre" Aussagen betrifft, würde ich mich dem so nicht anschließen wollen. Auch Wissenschaftler müssen weiter denken, als es die Empirie erlaubt, um überhaupt erst auf überprüfbare Fragen zu stoßen. Aus einem ähnlichen Grund halte ich auch Spekulationen, die sich nicht direkt überprüfen lassen, für wertvoll. Und wenn es auch nur deshalb ist, weil Menschen von manchen Fragen fasziniert sind und sich nicht damit trösten lassen, dass"die Menschheit" in vielen Generationen diese vielleicht beantworten kann. Wenn die Wissenschaft keine Antworten hat, kann die Philosophie zumindest sagen "Mal angenommen, X wäre richtig, dann ließe sich daraus folgern, dass Y. Hingegen wenn A richtig wäre, müsste B zutreffend sein. B und Y schließen sich gegenseitig aus, da..."
Dadurch kommt man zwar nicht zu Wissen, aber man findet immerhin zu möglichen Antworten, kann die Realität mal in dem Licht der einen und mal im Licht der anderen Annahmen betrachten. Dadurch komme ich vielleicht zu Fragen, die doch überprüfbar sind und die sich aus der Empirie nicht direkt erschlossen hätten (soll heißen: zu denen es kein Vorläufer-Experiment gibt). Wahrscheinlicher ist allerdings, dass ich intuitive Annahmen anzweifeln muss, die ich für selbstverständlich gehalten hätte.

Eine andere Sache sind dann wiederum beispielsweise soziale Zusammenhänge, die zu komplex sind, um kausale Zusammenhänge testen zu können, die aber nichts desto trotz wichtig für unser Verständnis über uns selbst und das Miteinander sind. Dann können philosophische Spekulationen immerhin zur gesellschaftlichen Reflexion verwendet werden. Was bedeuten diese Zusammenhänge für uns? Was bedeutet es, wenn man die Zusammenhänge so-und-so deutet? Ergeben sich aus manchen Deutungen vielleicht normative Ansprüche und stimmen wir mit diesen überein?

Noch eine andere Sache ist die Wissenschaftsheorie. Mit ihrer Hilfe versteht man, warum Wissenschaft (wenn sie frei und kompetitiv ist), undogmatisch ist. Das ist etwas sehr wichtiges in der Aufklärung, wie ich finde, da viele Menschen Wissenschaft einfach für eine weitere Autorität neben Religion halten (Kittel statt Robe).

Also alles in Allem halte ich die Philosophie schon für wichtig, auch wenn ich leider kaum drin stecke und meine Überlegungen daher zwangsläufig oberflächlich bleiben.
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Beitrag(#1751257) Verfasst am: 09.05.2012, 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das ist die erste Quelle die ich durch Googlen nach "können Tiere zählen" gefunden habe. Die Grundlagen der Mathematik sind dermaßen "natürlich", dass offenbar Tiere das bereits können, die, so wage ich zu behaupten, von Differentialgleichungen nicht viel verstehen.

Ja, Tiere haben ein rudimentäres Zahlenverständnis. Ein sehr schönes Ergebnis aus dem letzten Jahrhundert.

Übrigens hast du dich zu weit vorgewagt mit deiner Behauptung über Differentialgleichungen. zwinkern

Keith Devlin beschreibt diesen Fall:

Er geht mit seinem Hund an einem Seeufer entlang. Dann wirft er einen Gegenstand schräg zum Ufer ins Wasser. Der Hund wird zunächst parallel zum Ufer laufen und schließlich, noch bevor er auf gleicher Höhe mit dem Gegenstand ist, ins Wasser springen und den Rest der Strecke schwimmen. Dabei wählt der Hund den minimalen Pfad, der sich ergibt, wenn Lauf- und Schwimmgeschwindigkeit sich unterscheiden. Um das zu lösen, braucht man Analysis. Der Hund kann also intuitiv Differentialgleichungen lösen.

Würde mich interessieren, ob Hundehalter das bestätigen können.


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zahlen kann man nicht sehen? Wirklich nicht?

I
II
III

Aha, und wo sind da jetzt die Zahlen? Ich seh da nur Striche.

1, 2, 3 - das sind nur die Namen die wir ', '' und ''' gegeben haben.

Natürlich gilt wie immer - und das ist so trivial, daß man es eigentlich nicht erwähnen müßte:

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pera
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Beitrag(#1751263) Verfasst am: 09.05.2012, 17:07    Titel: Re: Ist die Philosophie zur Aufklärung geeignet? Antworten mit Zitat

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
...
Dadurch kommt man zwar nicht zu Wissen, aber man findet immerhin zu möglichen Antworten, kann die Realität mal in dem Licht der einen und mal im Licht der anderen Annahmen betrachten. Dadurch komme ich vielleicht zu Fragen, die doch überprüfbar sind und die sich aus der Empirie nicht direkt erschlossen hätten (soll heißen: zu denen es kein Vorläufer-Experiment gibt). Wahrscheinlicher ist allerdings, dass ich intuitive Annahmen anzweifeln muss, die ich für selbstverständlich gehalten hätte.
...

Nur dazu, dieses Szenario halte ich für wenigstens sehr selten. Ein Philosoph denkt so vor sich hin und stößt gerade auf die Frage die ein nie dagewesenes Experiment nach sich zieht. Ich denke die weitaus meisten Experimente werden von Wissenschaftlern in den jeweiligen Disziplinen geplant.
Ich bin auch der Ansicht, dass die Philosophie nicht ersatzlos gestrichen werden sollte und doch Verdienste erworben hat. (Leider wird auch viel Blödsinn unter diesem Namen geschrieben.)
Die Zeit der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert hätte so gar nicht stattgefunden ohne Philosophie.
(Aber ich vermute TdD meint etwas anderes mit Aufklärung, mehr in der Gegenwart.)
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step
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Beitrag(#1751276) Verfasst am: 09.05.2012, 18:01    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Der Hund kann also intuitiv Differentialgleichungen lösen. Würde mich interessieren, ob Hundehalter das bestätigen können.

Das wäre insbesondere nützlich für Hundehalter, die selbst keine DGL lösen können.
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El Schwalmo
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Beitrag(#1751286) Verfasst am: 09.05.2012, 18:45    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Um das zu lösen, braucht man Analysis. Der Hund kann also intuitiv Differentialgleichungen lösen.

ich vermute, dass hier eine interessante philosophische Fragestellung vorliegt. In der Natur, in der ja eine Evolution durch Mutation und Selektion abläuft, entwickeln Organismen Strategien, die nach irgendwelchen Kriterien optimal sind. Für die Modellierung dieser Strategien benötigt man eine bestimmte Art Mathematik. Folgt daraus, dass Handeln nach dieser Strategie erfordert, die mathematischen Grundlagen zu beherrschen?

Oder ein anderes Beispiel. Auf Baustellen wurde schon vor Pythagoras ein Dreieck mit Kantenlängen 3, 4, 5 (gemessen in irgendwelchen Einheiten) verwendet. Müssen diese Menschen den Satz des Pythagoras gekannt haben? Würde sich etwas ändern, wenn die exakten Maße für einen genau rechten Winkel jeweils plus oder minus ein paar Promille betragen würden?
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El Schwalmo
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Beitrag(#1751287) Verfasst am: 09.05.2012, 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Rudolf Steiner würde ich noch nicht mal zu den Philosophen zählen. Es gibt z.B. keine Seminare zu Steiner im Philosophiestudium (oder jedenfalls in Bonn und Köln nicht).
Wie alle Esoteriker beschäftigt sich Steiner zwar irgendwie auch mit Themen der Philosophie, aber auf notorisch völlig unphilosophische Weise.

noch schlimmer, Steiner meinte, Naturwissenschaft zu betreiben. Ich hatte im Examen unter anderem Waldorf-Pädagogik als Thema (ich habe mich mit Alternativ-Schulen, wozu ja auch die Waldorf-Schulen gehören, beschäftigt) und kaufte mir ein paar Bücher von Steiner. Nachem ich die ersten 20 Seiten im ersten Buch gelesen habe, wurde mir klar, dass ich keine Chance gehabt hätte, meine Examina in Biologie oder Chemie zu bestehen, sollte ich das vertreten, was Steiner da schrieb. Daher habe ich die Bücher umweltneutral entsorgt.
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Beitrag(#1751291) Verfasst am: 09.05.2012, 19:18    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Um das zu lösen, braucht man Analysis. Der Hund kann also intuitiv Differentialgleichungen lösen.

ich vermute, dass hier eine interessante philosophische Fragestellung vorliegt. In der Natur, in der ja eine Evolution durch Mutation und Selektion abläuft, entwickeln Organismen Strategien, die nach irgendwelchen Kriterien optimal sind. Für die Modellierung dieser Strategien benötigt man eine bestimmte Art Mathematik. Folgt daraus, dass Handeln nach dieser Strategie erfordert, die mathematischen Grundlagen zu beherrschen?

Oder ein anderes Beispiel. Auf Baustellen wurde schon vor Pythagoras ein Dreieck mit Kantenlängen 3, 4, 5 (gemessen in irgendwelchen Einheiten) verwendet. Müssen diese Menschen den Satz des Pythagoras gekannt haben? Würde sich etwas ändern, wenn die exakten Maße für einen genau rechten Winkel jeweils plus oder minus ein paar Promille betragen würden?


Wer eine Strategie befolgt, muss nicht unbedingt die mathematischen Grundlagen kennen.
Die ägyptischen Seilspanner (mindestens 2300 v.C. benutzen schon die 3,4,5 um rechte Winkel zu markieren. Pythagoras (ca. 570 - 510 v.C.) konnten sie also nicht kennen. Allerdings wussten die Babylonier z.Z. der Hammurabi-Dynastie schon um die Quadrate, auch die Chinesen, aber erst ab 300 v.C. belegt.
Auch ein Beispiel, es gibt bei Kartenspielen Leute die eine optimale Strategie verfolgen, ohne je etwas von Spieltheorie gehört zu haben, einzig weil sie eben ein Spiel sehr oft spielen.
(Beim Poker mags heute anders sein.)
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El Schwalmo
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Beitrag(#1751293) Verfasst am: 09.05.2012, 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

pera hat folgendes geschrieben:
Wer eine Strategie befolgt, muss nicht unbedingt die mathematischen Grundlagen kennen.

sehe ich auch so. Daher finde ich das mit dem Hund und den Differentialgleichunge nicht besonders gelungen. Der verhält sich so 'als ob'.
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Tom der Dino
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Beitrag(#1751340) Verfasst am: 09.05.2012, 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Das ist die erste Quelle die ich durch Googlen nach "können Tiere zählen" gefunden habe. Die Grundlagen der Mathematik sind dermaßen "natürlich", dass offenbar Tiere das bereits können, die, so wage ich zu behaupten, von Differentialgleichungen nicht viel verstehen.

Ja, Tiere haben ein rudimentäres Zahlenverständnis. Ein sehr schönes Ergebnis aus dem letzten Jahrhundert.

Übrigens hast du dich zu weit vorgewagt mit deiner Behauptung über Differentialgleichungen. zwinkern

Keith Devlin beschreibt diesen Fall:

Er geht mit seinem Hund an einem Seeufer entlang. Dann wirft er einen Gegenstand schräg zum Ufer ins Wasser. Der Hund wird zunächst parallel zum Ufer laufen und schließlich, noch bevor er auf gleicher Höhe mit dem Gegenstand ist, ins Wasser springen und den Rest der Strecke schwimmen. Dabei wählt der Hund den minimalen Pfad, der sich ergibt, wenn Lauf- und Schwimmgeschwindigkeit sich unterscheiden. Um das zu lösen, braucht man Analysis. Der Hund kann also intuitiv Differentialgleichungen lösen.

Ich danke dir für den Hinweis und gehe gern den Schritt zurück und entschulldige mich bei allen Hunden. Sehr glücklich

@Rohrspatz: Bitte sieh es mir nach, dass ich die Reihenfolge deiner Absätze im Zitat geändert habe.
Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Du fragst im Titel, ob Philosophie zur Aufklärung geeignet sei. Das habe ich mit dem Kursiven bejaht. Fragen zu kennen, durch die man über das eigene Denken reflektieren kann, halte ich für wichtig und das ist bereits Philosophie. Ich halte daher Philosophie als Tätigkeit sogar für notwendig für Aufklärung.

Was deine Begrenzung auf "möglichst wahre" Aussagen betrifft, würde ich mich dem so nicht anschließen wollen. Auch Wissenschaftler müssen weiter denken, als es die Empirie erlaubt, um überhaupt erst auf überprüfbare Fragen zu stoßen. Aus einem ähnlichen Grund halte ich auch Spekulationen, die sich nicht direkt überprüfen lassen, für wertvoll. Und wenn es auch nur deshalb ist, weil Menschen von manchen Fragen fasziniert sind und sich nicht damit trösten lassen, dass"die Menschheit" in vielen Generationen diese vielleicht beantworten kann. Wenn die Wissenschaft keine Antworten hat, kann die Philosophie zumindest sagen "Mal angenommen, X wäre richtig, dann ließe sich daraus folgern, dass Y. Hingegen wenn A richtig wäre, müsste B zutreffend sein. B und Y schließen sich gegenseitig aus, da..."
Dadurch kommt man zwar nicht zu Wissen, aber man findet immerhin zu möglichen Antworten, kann die Realität mal in dem Licht der einen und mal im Licht der anderen Annahmen betrachten. Dadurch komme ich vielleicht zu Fragen, die doch überprüfbar sind und die sich aus der Empirie nicht direkt erschlossen hätten (soll heißen: zu denen es kein Vorläufer-Experiment gibt). Wahrscheinlicher ist allerdings, dass ich intuitive Annahmen anzweifeln muss, die ich für selbstverständlich gehalten hätte.


Versteh ich dich richtig, dass Philosophie also nichts anderes ist, als Spekulation? In dem Fall hast du ja mMn richtig geschrieben, dass die Wissenschaftler es ebenfalls tun um auf weitere überprüfbare Fragen zu stoßen. Im gewissen Sinne gehört die Spekulation oder besser Findung begründeter Hypothesen zur Naturwissenschaft hinzu. Beschränke man die Philosophie darauf hätte ich kein Problem mehr damit.
Zum Kursiven: Das ist eigentlich ein schönes Beispiel für das, was ich mit "subjektives" meinte. Vielleicht ist "privates" ein besseres Wort. Insofern beurteile ich die Philosophie mE folgerichtig ähnlich der Religion.

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Eine andere Frage ist, ob bestehende philosophische Werke der Aufklärung dienlich sind. Da kann sich immerhin Irrationalität einschleichen.
Man könnte sich auf dünnes Eis begeben und Werke nennen, die man für geeignet hält, dann aber begibt man sich in besagtes Minenfeld. Ich würde daher eher antworten: Wenn man den Menschen das Fragen und Zweifeln vermitteln kann, dann sind philosophische Werke auch nichts, was einfach "geschluckt" werden sollte. Philosophie + Zweifeln + Diskutieren -> Selektion.

Fett von mir.
An sich stimm ich dir zu, dass man den Menschen das Hinterfragen beibringen sollte. Aber das Zweifeln um des Zweifelns Willen, schießt übers Ziel hinaus. Gerade das führt dazu, dass es in jedem Punkt ähnlicher Meinungen unzählige Varianten gibt. Das fettgedruckte würde ich deswegen als falsch bezeichnen, ich würde eher sagen, dass Philosophie + Zweifeln + Diskutieren -> <s>Selektion</s> künstliche Diversifizierung. Eine echte Selektion beinhaltet das Verwerfen falscher Teile. Ohne Experimente hat man keine Instanz um zu erkennen, was falsch und was wahr ist.

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Eine andere Sache sind dann wiederum beispielsweise soziale Zusammenhänge, die zu komplex sind, um kausale Zusammenhänge testen zu können, die aber nichts desto trotz wichtig für unser Verständnis über uns selbst und das Miteinander sind. Dann können philosophische Spekulationen immerhin zur gesellschaftlichen Reflexion verwendet werden. Was bedeuten diese Zusammenhänge für uns? Was bedeutet es, wenn man die Zusammenhänge so-und-so deutet? Ergeben sich aus manchen Deutungen vielleicht normative Ansprüche und stimmen wir mit diesen überein?

Das ist ein sehr guter Punkt. Bei sehr komplexen Systemen könnte Philosophie aufgrund des Mangels an belastbaren experimentellen Ergebnissen zu einer Schärfung der Intuition führen und zwar so lange bis man belastbare Experimente hat. Sie könnte also dazu dienen Zeit zu gewinnen.

Rohrspatz hat folgendes geschrieben:
Noch eine andere Sache ist die Wissenschaftsheorie. Mit ihrer Hilfe versteht man, warum Wissenschaft (wenn sie frei und kompetitiv ist), undogmatisch ist. Das ist etwas sehr wichtiges in der Aufklärung, wie ich finde, da viele Menschen Wissenschaft einfach für eine weitere Autorität neben Religion halten (Kittel statt Robe).

Aber ist auch das nicht automatisch ein Teil der Wissenschaft selbst?

pera hat folgendes geschrieben:
Ich bin auch der Ansicht, dass die Philosophie nicht ersatzlos gestrichen werden sollte und doch Verdienste erworben hat. (Leider wird auch viel Blödsinn unter diesem Namen geschrieben.)
Die Zeit der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert hätte so gar nicht stattgefunden ohne Philosophie.
(Aber ich vermute TdD meint etwas anderes mit Aufklärung, mehr in der Gegenwart.)


Moment, das ist vielleicht falsch herübergekommen. Ich denke auch, dass die Philosophie wichtige Schritte in der Vergangenheit ermöglicht und bereitet hat. Auch ich habe mich ein wenig mit Sartre und dem Existenzialismus beschäftigt und andere Vertreter in der Schule (damals hach) aufmerksam kennengelernt. Ich bin mir auch darüber im Klaren, dass unsere Gesellschaft heute ohne Philosophie und die Aufklärung nicht das wäre, was sie heute ist.
Aber unsere Vernunft allein schafft nicht den Weg aus der Unmündigkeit. Eine Kalibrierung an dem was der Wahrheit am nächsten kommt ist nötig dazu. Und dieses sind im Moment Experimente.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
pera hat folgendes geschrieben:
Wer eine Strategie befolgt, muss nicht unbedingt die mathematischen Grundlagen kennen.

sehe ich auch so. Daher finde ich das mit dem Hund und den Differentialgleichunge nicht besonders gelungen. Der verhält sich so 'als ob'.

Dann hätte er es vorher aber öfter ausprobieren (Experimente durchführen zwinkern) müssen. Macht er das auf Anhieb ist es eher eine intuitive Lösung von DGL.
_________________
Am Anfang war ......das Experiment.
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smallie
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Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3726

Beitrag(#1751342) Verfasst am: 09.05.2012, 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

pera hat folgendes geschrieben:
Könnte man darüber referieren wie, auf welche Weise Gegenstände der Mathematik existieren. Kugel etwa. Eine vollkommene Kugel werden wir in der Natur nicht finden.

Spielverderber. zwinkern



Wenn wir in der Natur keine vollkommene Kugel finden, dann liegt das vor allem daran, daß es zuviele Störeinflüsse gibt. Kein Problem liegt uns in Reinstform vor.

...und um pedantisch zu sein: Reinstformen enden spätenstens dort, wo die Unschärferelation einsetzt.


Myron hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Die Zahlen von 1 bis 3 kann man auf jeden Fall sehen.


Man unterscheide zwischen Zahlen und Ziffern, d.i. Zahlwörtern oder -zeichen, und des Weiteren zwischen Typen und Exemplaren von Zahlzeichen. Sowohl Zahlen als auch Zahlzeichentypen sind abstrakte Objekte und von daher unsichtbar, wohingegen Zahlzeichenexemplare konkrete und sichtbare Objekte sind.

"3", "3", "3" sind konkrete Exemplare des Zifferntyps <3>, und sowohl die Exemplare als auch der Typ repräsentieren die Zahl 3.
Abstrakte Zifferntypen und Zahlen kann man natürlich nur mithilfe konkreter Ziffernexemplare erwähnen. Das heißt, in der Nominalphrase "die Zahl 3" wird ein Exemplar des Zifferntyps <3> gebraucht, um die entsprechende Zahl zu erwähnen.

Sowas sagt mir wenig.

Das hilft uns weder, irgend etwas über das Zahlverständnis bei Tieren zu lernen, noch hilft es uns dabei, neues über Mathematik herauszufinden.


Du sagst: "abstrakte Objekte [sind] unsichtbar". Gilt das auch fürs "innere Auge"?

Wer würde bestreiten, daß man Zahlen von eins bis drei "sehen" kann, ohne sie zählen zu müssen?

Bestenfalls könnte man das hochtrabend umschreiben als: "man kann die Mächtigkeit einer Menge mit drei Elementen auf einen Blick abschätzen". Wo ist der Unterschied, wenn man den Jargon beiseite läßt?

Man kann mit Zahlen alles machen was man will. Man kann damit Mengen zählen: ein Apfel und zwei Birnen sind drei Früchte. Man kann Zahlen als Index verstehen: erster Eintrag im Lexikon, zweiter Eintrag im Lexikon. Man kann den Weg durch einen Irrgarten als Zahl darstellen. 10010010 - links, rechts, rechts, links, rechts... Man kann 10010010 als Blau im RGB-Farbraum deuten. Man kann 10010010 natürlich auch als 146 in dec wandeln.

Und so weiter, und so fort. Die Möglichkeiten, wie man eine Zahl verstehen will, sind endlos.
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