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moritura pan narrans
Anmeldungsdatum: 01.12.2003 Beiträge: 1358
Wohnort: Berlin
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(#302978) Verfasst am: 09.06.2005, 18:57 Titel: Lange Nacht der Wissenschaften in Berlin |
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Am Samstag ist die 'Lange Nacht der Wissenschaften' in Berlin.
Da gibt es von 18:20 bis 18:40 eine Einführung in die Vielfalt des Christentums
im Institut für Islamwissenschaft und Religionswissenschaft (Altensteinstr. 40)
falls jemand Interesse hat.
(Bei der Kürze kann ich mir allerdings fast nur vorstellen, das jemand eine Liste vorliest,
soviel Varianten wie es da gibt ; ich gehe jedenfalls hin.)
Könnte für die Diskussion was ist nun eigentlich Christentum ist, interessant sein.
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#303017) Verfasst am: 09.06.2005, 20:07 Titel: |
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Machel hat folgendes geschrieben: | Das europäische Christentum beruht allerdings weder auf einem Judenchristentum, noch auf einem ursprünglichen europäischen Christentums. Die jetzigen Lehren des Christentums entwickelten sich weitaus später. |
Was haben wir denn da alles zu unterscheiden:
- ein jetziges Christentum
- ein ursprüngliches europäisches Christentum
- ein Judenchristentum
Für einen der bis vor kurzem noch nicht mal zwischen Christentum und Kirche unterscheiden wollte, sehr geehrter Herr Samora Machel, entwickeln Sie mit Ihrer Definition von (mindestens?) 3 Christentümern plötzlich eine erstaunliche Liebe zum Detail.
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Falameezar registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 1867
Wohnort: umringt von glücklichen Kühen
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(#303103) Verfasst am: 09.06.2005, 23:12 Titel: |
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AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | So ganz zufällig waren alle Beteiligten religiös und hatten (einschl. Thomas Paine!) christliche Erziehung genossen. Selbst wenn Ihre Behauptung, daß Paine nicht religiös gewesen sei, stimmen würde, dann wäre der christliche Hintergrund dieses Satzes offensichtlich. |
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Ich bleibe bei meiner Behauptung: er war Gegner von KIRCHEN nicht von RELIGIONEN. Darum gehts hier übrigens gar nicht. Zu diskutieren ist ob die genannten Ideen als Vermächtnis des Christentums anzusehen seien. |
Der christliche Hintergrund der Aufklärung u. der daraus resultierenden Menschenrechten wird von mir ja nicht bestritten, wäre ja auch idiotisch in Anbetracht dessen, dass die Bewohner Europas u. die europäischen Aussiedler in Amerika zu dieser Zeit zu 99,99% christlich waren u. ergo alle Aufklärer eine christliche Erziehung u. sogar die meisten eine theologische Ausbildung genossen hatten. Strittig ist jedoch, ob die Idee der MR als "christliches Vermächtnis" bezeichnet werden kann, also ein, durch das Christentum erworbener Verdienst, der an die Vertreter der Aufklärung übergeben wurde bzw. aus dem c.V. kausal die MR hervorgegangen sind. Das einzige Vermächtnis, das ich erkennen kann ist, dass christliche Einrichtungen die nötigen Voraussetzungen (eben den Hintergrund wie Klosterschulen, Bibliotheken etc.) inne hatten, die Ideen der Ausfklärung aber NICHT auf das Christentum zurückzuführen sind.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Zu klären ist in diesem Thread nur OB es sich bei einem Gebot um ein Vermächtnis des Christentums handelt, nicht WARUM die politisch-militärische Umsetzung so lange gedauert hat. |
Es geht nicht um die politisch-militäische Umsetzung, sondern um die Ausbreitung einer Idee u. hier ist festzustellen, dass sich zwar das Christentum in relativ kurzer Zeit über Europa ausbreitete, nicht aber die MR etc. Es besteht also KEIN kausaler Zusammenhang zw. dem Christentum u. der Aufklärung.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Für Sie ein Vergleich: Wenn ich sage das Hebelgesetz sei ein Vermächtnis des Archimedes ist die Frage, warum die Umsetzung in moderne Getriebe 2200 Jahre gedauert hat ebenfalls ohne Bedeutung. |
Was soll dieser Sandmännchenvergleich, denn nur um einen solchen kann es sich handeln, wenn ich dir nicht Dummheit unterstellen soll? Für die Umsetzung einer Idee sind keine wissenschaftlich-technischen Kenntnisse erforderlich, wie z.B. Werkstoffkunde, Gußverfahren, spanabhebende Stahlverarbeitung od. Schmiertechniken, nur Überzeugungswillen (siehe die christliche Missionierung Europas). Für die Umsetzung der Archimed'schen Hebelgesetze zu einem modernen Getriebe bedurfte es weit mehr als nur die Kenntnis dieser Gesetze.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Wenn die Beobachter Ihrer Pygmäen im übrigen dem christlichen Kulturkreis entstammten (europa, USA, Commonwealth), dann ist es höchst wahrscheinlich, daß ihre Interpretation der Beobachtungen bei Naturvölkern zumindest zu 80% aus Wunschdenken besteht. |
Nicht die Interpretation der Beobachter ist wichtig, sondern die Handlungen der Pygmäen u. deren Begründung, warum sie so handeln.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Gleichwohl sind Sie natürlich eingeladen nachzweisen welche pygmäischen Schriften die Deklaration von 1776 entscheident beeinflusst haben. |
Aha, dir geht es also nicht mehr um die Idee, sondern nur darum, welche Fertigkeiten (Lesen u. Schreiben) u. Techniken (Buchdruck) benötigt werden, um diese zu verbreiten.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Es geht hier nicht um Verdienste sondern um historische Tatsachen. Die Idee, daß Ausländer (Heiden) gleichberechtigt seien wird im NT enwickelt. Zusätzlich wird die Gleichheit diskriminierter Gruppen (Huren Zöllner) betont. Die war damals nicht nur aus jüdischer sondern aus griechisch-römischer Sicht eine Neuerung. |
Historisch scheint mir nur die Tatsache zu sein, dass das NT das einzige schriftliche Werk aus dieser Zeit ist, das heute weit verbreitet ist UND für jeden zugänglich ist. Die Tatsache, dass frühere Quellen nur spärlich od. nicht mehr existent sind, od. aber nicht der Allgemeinheit zugänglich sind, ist kein Beleg dafür, dass das NT ein "revolutionäres Buch" mit einer originären Idee ist, zumal diese neue Idee über Jahrhunderte kaum einen Niederschlag im Handeln der Anhänger des NT fand, diese Idee also SOOO zentral nicht war, wie es heutzutage immer wieder suggeriert werden soll.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Was für Juden der Heide war, das war für Griechen/Römer der Barbar. Daß Christen ihre Ideen oft gegen den Widerstand von Christen formulierten ist seit der Apostelgeschichte Standard. Auch Christen können verschiedener Meinung sein, genau gesagt waren sie das fast immer, für Sie eine Neuigkeit? |
Natürlich nicht, aber das ist ja gerade der springende Punkt. Wenn es der Person Jesus (sofern er überhaupt gelebt hat) darauf angekommen wäre, etwas gänzlich neues zu postulieren, dann hätte er sagen können: "Scheiß auf den Alten Bund u. die Tora, hier sind meine neuen Gebote, danach sollt ihr leben u. handeln". Statt dessen wird den Menschen eine Schwarte vorgelegt, aus dem man alles lesen kann, sowohl Nächstenliebe als auch Fremdenhass usw. usf.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Stimmt nicht ganz, Gegenbeispiel MÜnzer oder amerikanischer Bürgerkrieg. |
Die "Befreiung der Südstaatensklaven" im amerikanische Bürgerkrieg war doch nur der notwendige Vorwand, der das Volk mobilisieren konnte, um die aus dem Wirtschaftsverband USA ausscherenden Südstaaten niederzuzwingen.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Grundsätzlich ist aber der Zweck jeder Religion die Bewahrung existierender Gemeinschaften. Das ist aber keine Spezialität des Christentums, sondern z.B. im Konfuzianismus viel stärker ausgeprägt. |
Eben, u. das kann nur funktionieren, indem man Andere, außerhalb der eigenen Gemeinschft stehende ausgrenzt.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Es gibt selbstverständlich Religionen ohne Kirche. |
Erklär mir bitte den Unterschied zw. einer Religion u. einer (christlichen) Kirche.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Womit Sie selbst ein Beispiel liefern, wo die christliche Lehre des Pfarrers Münzer den Kampf gegen die Unterdrückung anzettelt hat,... |
Das nenne ich spekulatives Wunschdenken, denn nichts anderes als NUR die christliche Lehre kann für Münzers handeln verantwortlich gewesen sein. Genau dieses einnehmende Wesen des Christentums ist es, was mich immer wieder ausfregt. Als ob Menschen nicht eine eigene Entwicklung durchmachten u. oft mangels von Alternativen auf theologischen Wegen wandelten.
_________________ Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahr keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein.
Arthur Schopenhauer (Philosoph, 1788-1860)
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annox Grim Reaper
Anmeldungsdatum: 30.05.2004 Beiträge: 5800
Wohnort: Berlin
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(#303120) Verfasst am: 09.06.2005, 23:50 Titel: Re: Lange Nacht der Wissenschaften in Berlin |
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moritura hat folgendes geschrieben: | Am Samstag ist die 'Lange Nacht der Wissenschaften' in Berlin.
Da gibt es von 18:20 bis 18:40 eine Einführung in die Vielfalt des Christentums
im Institut für Islamwissenschaft und Religionswissenschaft (Altensteinstr. 40)
falls jemand Interesse hat.
(Bei der Kürze kann ich mir allerdings fast nur vorstellen, das jemand eine Liste vorliest,
soviel Varianten wie es da gibt ; ich gehe jedenfalls hin.)
Könnte für die Diskussion was ist nun eigentlich Christentum ist, interessant sein. |
Nett. Die "Vielfalt des Christentums" wird in 20min abgehakt.
Ich werde wohl arbeiten muessen...
_________________ Ich bin jenes Pferd, das unter der Peitsche der Kutscher den Wagen voller Gesindel hinter sich her ziehen muss.
[Sadegh Hedayat]
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#303314) Verfasst am: 10.06.2005, 16:22 Titel: |
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Falameezar hat folgendes geschrieben: | Das einzige Vermächtnis, das ich erkennen kann ist, dass christliche Einrichtungen die nötigen Voraussetzungen (eben den Hintergrund wie Klosterschulen, Bibliotheken etc.) inne hatten, die Ideen der Ausfklärung aber NICHT auf das Christentum zurückzuführen sind. |
Der Gleichheitsgedanke zieht sich als roter Faden vom NT durch die christliche Kultur bis in die Zeit der Aufklärung. Somit hatten die Autoren der Menschenrechte den INHALT der christlichen Lehren als Input, nicht nur irgendwelche Infrastrukturen.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Es geht nicht um die politisch-militäische Umsetzung, sondern um die Ausbreitung einer Idee |
die Ausbreitung einer Idee ist von den politisch-militärischen Gegebenheiten abhängig. Der Pfarrer Thomas Münzer vertrat lange vor der Aufklärung Gleichheitsideen, die weit über die bürgerliche Aufklärung hinauswiesen, wurde aber militärisch plattgemacht.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | u. hier ist festzustellen, dass sich zwar das Christentum in relativ kurzer Zeit über Europa ausbreitete, nicht aber die MR etc. Es besteht also KEIN kausaler Zusammenhang zw. dem Christentum u. der Aufklärung. |
Wieder falsch, Herr Falameezar, das Christentum brauchte überhaupt mal 300 Jahre um im römischen Reich Staatsreligion zu werden, mehr als 500 Jahre später prügelte sich Karlchen immer noch mit Moslems und Göttergläubigen.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Was soll dieser Sandmännchenvergleich, denn nur um einen solchen kann es sich handeln, wenn ich dir nicht Dummheit unterstellen soll? Für die Umsetzung einer Idee sind keine wissenschaftlich-technischen Kenntnisse erforderlich, wie z.B. Werkstoffkunde, Gußverfahren, spanabhebende Stahlverarbeitung od. Schmiertechniken, nur Überzeugungswillen (siehe die christliche Missionierung Europas). Für die Umsetzung der Archimed'schen Hebelgesetze zu einem modernen Getriebe bedurfte es weit mehr als nur die Kenntnis dieser Gesetze. |
ÜberzeugungsARBEIT gibts bei Ihnen wohl garnicht die macht sich von selbst wenn nur Überzeugungswillen da ist wie? Daß Sie Überzeugungsarbeit für einen Klacks im Vergleich zu technisch-wissenschaftlichen Leistungen halten offenbart schon Ihre Realitätsferne, sehr geehrter Herr Falameezar. Beispiel: die Entwicklung des Penicilins zur klinischen Reife dauerte gerade mal 10 Jahre, die Überzeugungsarbeit zur verantwortungsvollen weltweiten Anwendung ist heute noch nicht geleistet. Eher realistisch: Technische Leistungen sind ein Klacks im Vergleich zu Organisation und Überzeugungsarbeit.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Nicht die Interpretation der Beobachter ist wichtig, sondern die Handlungen der Pygmäen u. deren Begründung, warum sie so handeln. |
Wer als Europäer behauptet er könne verstehen warum kulturell andere Menschen in einer bestimmte Weise handeln beweist damit nur eins: daß er noch nie über den Tellerrand des christlichen Kulturkreises hinausgekommen ist.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Aha, dir geht es also nicht mehr um die Idee, sondern nur darum, welche Fertigkeiten (Lesen u. Schreiben) u. Techniken (Buchdruck) benötigt werden, um diese zu verbreiten. |
Vermächtnis ohne eine Form der Weitergabe ist wohl etwas schwierig oder?
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Historisch scheint mir nur die Tatsache zu sein, dass das NT das einzige schriftliche Werk aus dieser Zeit ist, das heute weit verbreitet ist UND für jeden zugänglich ist. Die Tatsache, dass frühere Quellen nur spärlich od. nicht mehr existent sind, od. aber nicht der Allgemeinheit zugänglich sind, ist kein Beleg dafür, dass das NT ein "revolutionäres Buch" mit einer originären Idee ist, zumal diese neue Idee über Jahrhunderte kaum einen Niederschlag im Handeln der Anhänger des NT fand, diese Idee also SOOO zentral nicht war, wie es heutzutage immer wieder suggeriert werden soll. |
Wenn sich welche lieber im Circus an Löwen verfüttern lassen als von ihren Ideen abzulassen, dann würde ich nicht behaupten, daß diese Ideen kaum Niederschlag auf ihr Handeln hätten. Im Übrigen stehen Copyrights nicht zur Diskussion, jede Religion hat unbestritten ihre(n) Vorgänger. Hier zur Debatte steht die Schiene auf der gewisse Ideen bei calvin, luther, münzer, rousseau, jefferson, kant, etc angekommen sind und die läuft über das Christentum.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Die "Befreiung der Südstaatensklaven" im amerikanische Bürgerkrieg war doch nur der notwendige Vorwand, der das Volk mobilisieren konnte, um die aus dem Wirtschaftsverband USA ausscherenden Südstaaten niederzuzwingen. |
Es ist das Vermächtnis des Christentums, daß das Volk mit dem Gleichheitsgedanken als Argument mobilisiert werden konnte. Hier hat übrigens niemand behauptet, daß diese Motivation das gleichzeitige Auftreten wirtschaftlicher Interessan ausschließt. Die ideologische Verblödung der linksliberalen Gutmenschen, die das für realistisch halten oder sogar fordern ist übrigens ebenfalls ein (zur Abwechslung mal negatives) Vermächtnis des christentums.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Erklär mir bitte den Unterschied zw. einer Religion u. einer (christlichen) Kirche. |
eine Religion ist eine Sammlung von Memen (um mit Richard Brodie zu sprechen), eine Kirche ist eine Organisation.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Das nenne ich spekulatives Wunschdenken, denn nichts anderes als NUR die christliche Lehre kann für Münzers handeln verantwortlich gewesen sein. Genau dieses einnehmende Wesen des Christentums ... |
Das wörtchen "NUR" taucht aber nur in IHREM Text auf. Das spekulative Denken ist auf Ihrer Seite. Alles weitere ist 2 Absätze weiter oben zum US-Bürgerkrieg schon gesagt.
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Falameezar registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 1867
Wohnort: umringt von glücklichen Kühen
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(#305198) Verfasst am: 16.06.2005, 00:04 Titel: |
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@ AlexDorfner
1) Gleichheit vor Gott ist nicht dasselbe wie Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz (von Menschen). Dies kommt auch ganz deutlich zum Ausdruck in dem Satz von Jesus vor Pontius Pilatus, als er sagt: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt". Die christliche R. hatte niemals die Absicht, die bestehende weltliche Ordnung in Frage zu stellen.
2) Festzuhalten ist, dass die christliche Idee offensichtlich so schlecht war, dass sie eines Diktates von Kaiser Konstantin bedurfte, um gesellschaftsfähig zu werden, womit sich aber noch keinesfalls die Ideen der Menschenrechte zu dieser Zeit abzeichneten. Wenn sich Karlchen noch Jahrhunderte später mit Muslimen u. ein paar Heiden herumschlug, so spricht das weder für ein, dem Christentum angeblich immanenten Gleichheitsprinzip, aus dem die MR resultieren, noch gegen meine Aussage über die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Christentums, welche hauptsächlich betrieben wurde durch die hartnäckige Missionierungsarbeit von Mönchen.
3) Eine Idee, vorausgesetzt bei mehrheitlicher Verbreitung, wird zum Selbstläufer, wenn a) die Versprechungen "gut" sind (= Erlösung od. Gleichheit) u. b) die Erfüllung der Versprechungen nicht überprüfbar sind (= jenseitsbezogen). Eine solche Idee bedarf im Grunde keiner politisch-militärischer Umsetzung, auch wenn die Idee noch so schlecht bzw. falsch ist. Wenn dies trotzdem erforderlich war (siehe die Kaiser Konstantin u. Karl), so nur aus machtpolitischem Kalkül.
Fazit: Das christliche Gleichheitsprinzip (=jenseitsbezogen) ist nicht zu vergleichen mit dem Gleichheitsgedanken, das den Menschenrechten zugrunde liegt (=diesseitsbezogen). Es ist deshalb anmaßend, die MR als Vermächtnis des Christentums anzusehen, auch wenn bedeutende Menschenrechtler aus dem christlichen Kulturkreis hervorgingen, diese aber meist durch das Christentum bekämpft wurden.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Das wörtchen "NUR" taucht aber nur in IHREM Text auf. Das spekulative Denken ist auf Ihrer Seite. Alles weitere ist 2 Absätze weiter oben zum US-Bürgerkrieg schon gesagt. |
Das war keine Spekulation, sondern eine satirische Überzeichnung, denn aus deinem Text ging NICHT hervor, dass für das Handeln der Person Münzer außer dem christlichen Glauben auch andere Fakoren eine Rolle spielen könnten. Insofern habe ich genau das erreicht was ich wollte, nämlich dass du deine pauschalierende Aussage ansatzweise (mehr erwarte ich ja nicht) relativiert hast.
PS: Wenn ich einem Hauptschüler erklären muß, dass sich eine (Un-)Gleichung wertemäsig nicht ändert, wenn man diese auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens durch einen bestimmten Wert dividiert (z.B. Arbeit), so ist dies für mich noch nachvollziehbar, aber dass du das ist erkennen kannst? Oder bist du etwa der Meinung, dass sich ein "modernes" Getriebe allein durch die Kenntnis der Archimed'schen Hebelgesetze u. noch ein paar nicht unwesentlichen Gesetzen von alleine herstellt? So viel Einsicht hatte ich dir allerdings zugetraut, dass ich der Einfachheit halber die Arbeit, welche in beiden Fällen damit verbunden ist, aus Gründen der Konzentration auf das Wesentliche herausgekürzt habe.
Damit ist für mich dieses Thema erledigt, denn für argumentative Kindergartenspielchen, wie sie von dir betrieben werden, bin ich mir zu schade.
_________________ Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahr keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein.
Arthur Schopenhauer (Philosoph, 1788-1860)
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#305210) Verfasst am: 16.06.2005, 01:04 Titel: |
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Falameezar hat folgendes geschrieben: | Damit ist für mich dieses Thema erledigt, denn für argumentative Kindergartenspielchen, wie sie von dir betrieben werden, bin ich mir zu schade. |
Oder nur nicht dazu bereit, einen Kratzer ans makellose Feindbild zu lassen.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Gleichheit vor Gott ist nicht dasselbe wie Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz (von Menschen). [...] Die christliche R. hatte niemals die Absicht, die bestehende weltliche Ordnung in Frage zu stellen. |
...aber durch die Gleichheit vor Gott überhaupt eine Grundlage für den Gedanken der Gleichheit im Diesseits geschaffen.
Dass entspringend aus der Religion ganz andere Verständnisse von "Gleichheit" im Diesseits wachsen können, zeigt z.B. ein Blick nach Indien.
und zur Unabhängigkeitserklärung:
Zitat: | We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness. |
Wer mag wohl dieser Schöpfer sein?
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#305211) Verfasst am: 16.06.2005, 01:07 Titel: |
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Grad kommts mir noch.
Du hast Dich in einem anderen Thread ja sehr erbost über die Diskriminierung von Atheisten durch das bayerische Grundgesetz geäußert.
Wie stehst Du denn zu dem Gottesbezug in der Unabhängigkeitserklärung?
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#305279) Verfasst am: 16.06.2005, 09:52 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | und zur Unabhängigkeitserklärung:
Zitat: | We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness. |
Wer mag wohl dieser Schöpfer sein? |
Derselbe, der es nach Auffassung des amerikanischen Obersten Gerichtshofes so eingerichtet hat, dass es genauso "self-evident" ist, dass obige Rechte nicht für die "unhappy African race" gelten.
Was Gottesbezüge angeht, kann man noch ganz andere - und überraschende - Beispiele nennen, vor allem die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, wo vom "être suprême" (höchsten Wesen) die Rede ist, was damals einfach nur ein literarisches Synonym für "Gott" war (höchstens könnte man vermuten, dass es eher in Richtung "Gott der Philosophen" gehen sollte).
Ich für meinen Teil denke von alledem genauso schlecht wie von jedem anderen Gottesbezug in Verfassungen, wobei er natürlich in der bayrischen Verfassung ziemlich radikal ausgefallen ist.
Was das Gleichheitsgebot angeht, so will ich zugestehen, dass es eine der wenigen positiven Seiten der überlieferten Figur Jesus von Nazareth darstellt, dass er sich auch mit Huren und Zöllnern abgegeben hat.
Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass auch für uns heute der Unterschied zwischen Bürger und Nicht-Bürger fundamental ist. Der Hungerleider in Kenia, der gerne Straßenkehrer in Bitterfeld würde, weiß das nur zu genau.
Dass wir dabei auch Nicht-Bürger als Menschen ansehen, ist auch nicht sonderlich neu. In der europäischen Antike erfuhr der "Nicht-Bürger" Respekt vor allem über den Gedanken der Gastfreundschaft. Dass dieser Gedanke weiterlebte und vielleicht später in einem christlichen Kontext mit dem Argument der Gotteskindschaft verteidigt wurde, nur weil man halt gezwungen war "christlich" zu argumentieren, ist jedenfalls eine plausible Annahme.
Wir haben es hier mit einer geistesgeschichtlichen Gemengelage zu tun, aus der wir unmöglich ableiten können, was jetzt genau woher kam. Und Was-wäre-wenn-Fragen sind schon überhaupt nicht seriös zu beantworten.
Aber wenn hier einige Leute behaupten, es sei doch offensichtlich, dass der Gleichheitsgedanke dem Christentum entstammt, dann kann ich nicht anders als aufzuzeigen, dass es noch andere, mindestens ebenso plausible, Erklärungsmuster gibt.
Was das "Liebesgebot" angeht, so ist es sehr wohl spezifisch christlich, denn es ist typisch für das Christentum, dass es alles "verinnerlicht": Es kommt nicht in erster Linie auf das Verhalten an, sondern auf die Geisteshaltung.
Dieser christentumstypische Aspekt soll sogar auf einem Übersetzungsfehler beruhen, weil es im Hebräischen (Aramäischen?) ein Verb für "lieben" gegeben haben soll, das mit zwei verschiedenen Fällen gebraucht werden konnte, also übertragen einerseits "lieben deinen Nächsten" und andererseits "liebe deinem Nächsten", wobei letzteres die Bedeutung "behandle ihn liebevoll" haben soll.
Wie dem auch sei, diese "Verinnerlichung" ist typisch für das Christentum, und das halte ich für kritikwürdig. Schuldgefühle sind da ein Aspekt. Ein evangelischer Christ hat mir einmal erklärt, dass das Liebesgebot ja doch nicht durchzuhalten sei und dass er deswegen daraus nur das Gebot der Demut vor Gott (ob der eigenen Unvollkommenheit) schließen können. Mir scheint das absolut nicht hilfreich.
_________________ They all err — Moslems, Jews,
Christians, and Zoroastrians:
Humanity follows two world-wide sects:
One, man intelligent without religion,
The second, religious without intellect.
Abu 'L-ala Ahmad b. Abdallah al-Ma'arri (973-1057)
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#305453) Verfasst am: 16.06.2005, 20:38 Titel: |
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Falameezar hat folgendes geschrieben: | Das christliche Gleichheitsprinzip (=jenseitsbezogen) ist nicht zu vergleichen mit dem Gleichheitsgedanken, das den Menschenrechten zugrunde liegt (=diesseitsbezogen). |
Ja,ja wir wissen schon, das Hebelgesetz als theoretisch-abstrakte Formel ist ja auch was gaaaaanz anderes als das Momentengleichgewicht an einer konkreten Getriebewelle. Es soll vorgekommen sein, daß sich Gedanken aus Vorstufen entwickeln. Für Herrn Falameezar unvorstellbar.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Gleichheit vor Gott ist nicht dasselbe wie Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz (von Menschen). |
Zweiteres ist eine Folgerung welche die Aufklärung aus ersterem gezogen hat. Wobei diese Folgerung so gut wie vorprogrammiert ist. Die Vorstellung einer Identität Gott=Gesetz war bei Moses längst Standard.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Die christliche R. hatte niemals die Absicht, die bestehende weltliche Ordnung in Frage zu stellen.
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Sie wiederholen sich. Dann wiederhole ich: Stimmt fürs NT, stimmt nicht für Vertreter des Christentums allgemein.
Ist es dann ein Vermächtnis des Christentums, daß wir nicht in Anarchie leben müssen? Ich hätte nicht gedacht, daß ausgerechnet Sie eine Lanze für Christentum brechen werden.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Es ist deshalb anmaßend, die MR als Vermächtnis des Christentums anzusehen, auch wenn bedeutende Menschenrechtler aus dem christlichen Kulturkreis hervorgingen, diese aber meist durch das Christentum bekämpft wurden.
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Das Christentum wurde schon immer durch das Christentum bekämpft. Des einen Kirche ist des anderen Ketzerei (s. 30-jähriger Krieg). Nach Ihrer Logik ist es dann sicher auch "anmaßend" das Christentum als Vermächtnis des Christentums zu bezeichnen?
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Festzuhalten ist, dass die christliche Idee offensichtlich so schlecht war, dass sie eines Diktates von Kaiser Konstantin bedurfte, um gesellschaftsfähig zu werden, womit sich aber noch keinesfalls die Ideen der Menschenrechte zu dieser Zeit abzeichneten. Wenn sich Karlchen noch Jahrhunderte später mit Muslimen u. ein paar Heiden herumschlug, so spricht das weder für ein, dem Christentum angeblich immanenten Gleichheitsprinzip, aus dem die MR resultieren, noch gegen meine Aussage über die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Christentums, welche hauptsächlich betrieben wurde durch die hartnäckige Missionierungsarbeit von Mönchen.
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Hier kommen Sie jetzt aber gewaltig ins Eiern: Erst ist die Ausbreitungsfähigkeit so schwach, daß ohne Kaiser Konstantin (KK) gar nichts gegangen wäre. Dann war plötzlich eine Missionierung durch hartnäckige Mönche (wieso gab es eigentlich so viele) wieder ausreichend um eine große Ausbreitungsgeschwindigkeit zu gewährleisten.
Positionieren Sie sich doch einfach mal wann das Christentum Ihrer Meinung nach "ausgebreitet" war.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Eine Idee, vorausgesetzt bei mehrheitlicher Verbreitung, wird zum Selbstläufer, wenn a) die Versprechungen "gut" sind (= Erlösung od. Gleichheit) u. b) die Erfüllung der Versprechungen nicht überprüfbar sind (= jenseitsbezogen). Eine solche Idee bedarf im Grunde keiner politisch-militärischer Umsetzung, auch wenn die Idee noch so schlecht bzw. falsch ist. |
Wir lernen von Ihnen, daß die Voraussetzung zu einer Ausbreitung einer Religion als Selbstläufer ihre "mehrheitliche Verbreitung" ist. Mein lieber Herr Falameezar hier haben wir einen Punkt, wo ich Ihnen definitiv nicht widersprechen kann.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Oder bist du etwa der Meinung, dass sich ein "modernes" Getriebe allein durch die Kenntnis der Archimed'schen Hebelgesetze u. noch ein paar nicht unwesentlichen Gesetzen von alleine herstellt? |
Auf die Zeit der Entwicklung von Archimedes bis ZF-Getrieben (~2300 Jahre) hatte ich selbst hingewiesen. Was SIE nicht erkennen wollen ist, daß die Entwicklung von Ideen bis zu einer politischen Umsetzung erheblich schwieriger ist und Zeit braucht. Der GleichheitsGEDANKE war ja von Anfang an da. Daß der auf einem politisch relevanten paper auftaucht, das ist der Knackpunkt. Unabdingbare Voraussetzungen für diesen Prozeß insbesondere für die Aufklärung waren:
- Erreichen einer kritischen Masse bei Ausbreitung der christentums
- Reformation
- militärische Festigung der Reformation
Das kostet halt auch Zeit, mein lieber Diskutant Falameezar.
Falameezar hat folgendes geschrieben: | Damit ist für mich dieses Thema erledigt, denn für argumentative Kindergartenspielchen, wie sie von dir betrieben werden, bin ich mir zu schade. |
Wer keine Argumente hat, spielt den Beleidigten, dieses Verhaltensmuster kennen wir aus Forumsdiskussionen zur Genüge.
lupus hat folgendes geschrieben: | Derselbe, der es nach Auffassung des amerikanischen Obersten Gerichtshofes so eingerichtet hat, dass es genauso "self-evident" ist, dass obige Rechte nicht für die "unhappy African race" gelten. |
Wir haben längst diskutiert, daß die Autoren der Deklaration von 1776 Gegner der Sklaverei waren. So pauschal gilt Ihr Statement also nicht. Auf welches Urteil beziehen Sie sich?
lupus hat folgendes geschrieben: | Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass auch für uns heute der Unterschied zwischen Bürger und Nicht-Bürger fundamental ist. |
Auf welche Unterschiede beziehen Sie sich konkret?
lupus hat folgendes geschrieben: | Wir haben es hier mit einer geistesgeschichtlichen Gemengelage zu tun, aus der wir unmöglich ableiten können, was jetzt genau woher kam. Und Was-wäre-wenn-Fragen sind schon überhaupt nicht seriös zu beantworten. |
Richtig. Allerdings können wir untersuchen ob weltweit die Verbreitung des Gleichheitsgedanken mit verschiedenen Hintergründen (z.B. Christlich, Konfuzianistisch, Hinduistisch) korreliert ist.
lupus hat folgendes geschrieben: | In der europäischen Antike erfuhr der "Nicht-Bürger" Respekt vor allem über den Gedanken der Gastfreundschaft. Dass dieser Gedanke weiterlebte und vielleicht später in einem christlichen Kontext mit dem Argument der Gotteskindschaft verteidigt wurde, nur weil man halt gezwungen war "christlich" zu argumentieren, ist jedenfalls eine plausible Annahme |
Gastfreundschaft gibts auch in Asien, dort eher noch mehr als bei uns. Bleibt zu erklären, warum sich der Gleichheitsgedanke besonders im christlichen Kulturkreis entwickelt hat.
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#305576) Verfasst am: 17.06.2005, 09:16 Titel: |
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AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Derselbe, der es nach Auffassung des amerikanischen Obersten Gerichtshofes so eingerichtet hat, dass es genauso "self-evident" ist, dass obige Rechte nicht für die "unhappy African race" gelten. |
Wir haben längst diskutiert, daß die Autoren der Deklaration von 1776 Gegner der Sklaverei waren. So pauschal gilt Ihr Statement also nicht. Auf welches Urteil beziehen Sie sich? |
Dred Scott v. Sandford
Zitat: | It then proceeds to say: 'We hold these truths to be selfevident: that all men are created equal; that they are endowed by their Creator with certain unalienable rights; that among them is life, liberty, and the pursuit of happiness; that to secure these rights, Governments are instituted, deriving their just powers from the consent of the governed.'
The general words above quoted would seem to embrace the whole human family, and if they were used in a similar instrument at this day would be so understood. But it is too clear for dispute, that the enslaved African race were not intended to be included, and formed no part of the people who framed and adopted this declaration; for if the language, as understood in that day, would embrace them, the conduct of the distinguished men who framed the Declaration of Independence would have been utterly and flagrantly inconsistent with the principles they asserted; and instead of the sympathy of mankind, to which they so confidently appealed, they would have deserved and received universal rebuke and reprobation. |
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass auch für uns heute der Unterschied zwischen Bürger und Nicht-Bürger fundamental ist. |
Auf welche Unterschiede beziehen Sie sich konkret? |
Den wichtigsten Unterschied habe ich mit meinem Straßenkehrerbeispiel ja schon genannt. Im übrigen gibt es eine klare Unterscheidung zwischen Bürgerrechten und Menschenrechten. Jedes Land gewährt den eigenen Bürgern mehr Rechte als anderen Menschen.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Wir haben es hier mit einer geistesgeschichtlichen Gemengelage zu tun, aus der wir unmöglich ableiten können, was jetzt genau woher kam. Und Was-wäre-wenn-Fragen sind schon überhaupt nicht seriös zu beantworten. |
Richtig. Allerdings können wir untersuchen ob weltweit die Verbreitung des Gleichheitsgedanken mit verschiedenen Hintergründen (z.B. Christlich, Konfuzianistisch, Hinduistisch) korreliert ist. |
Korrelationen sind was Schönes, aber hier ist es doch so, dass die Korrelation geschichtlich nicht mit der christianisierten Welt insgesamt besteht, sondern mit einem enger umgrenzten Raum vor allem in Westeuropa. Aber das habe ich ja bereits mal ausgeführt. EDIT: Ich sehe gerade, das war in einem anderen Thread: "Denn während dieser Zeit haben auch ganz andere Einflüsse gewirkt (Ich nenne nur mal das römische Recht und die germanische Tingverfassung, die bereits frühzeitig zu den Geschworenengerichten geführt hat. Ein heidnischer religiöser Gedanke, der von großer Bedeutung war, ist es, dass selbst die Götter dem Gesetz unterstehen, und daher erst recht der Fürst. Selbst in den Zeiten des Absolutismus ist dieser Grundsatz nie völlig verdrängt worden, denn selbst der absolutistischste Fürst musste ggf. nachweisen, dass er sein Amt rechtmäßig erworben hatte). Du musst einfach mal die Entwicklung in England und in Russland vergleichen; Russland war doch sicher nicht weniger "christlich". Da liegt die Vermutung nahe, dass für die heute entscheidenden Werte etwas anderes als das Christentum bestimmend war."
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | In der europäischen Antike erfuhr der "Nicht-Bürger" Respekt vor allem über den Gedanken der Gastfreundschaft. Dass dieser Gedanke weiterlebte und vielleicht später in einem christlichen Kontext mit dem Argument der Gotteskindschaft verteidigt wurde, nur weil man halt gezwungen war "christlich" zu argumentieren, ist jedenfalls eine plausible Annahme |
Gastfreundschaft gibts auch in Asien, dort eher noch mehr als bei uns. Bleibt zu erklären, warum sich der Gleichheitsgedanke besonders im christlichen Kulturkreis entwickelt hat. |
Der "christliche Kulturkreis" ist wie gesagt nicht das entscheidende Kriterium, denn da bliebe zu erklären, warum z.B. in Russland die Leibeigenschaft erst 1861 abgeschafft wurde, in England hingegen bereits im 14. Jahrhundert.
_________________ They all err — Moslems, Jews,
Christians, and Zoroastrians:
Humanity follows two world-wide sects:
One, man intelligent without religion,
The second, religious without intellect.
Abu 'L-ala Ahmad b. Abdallah al-Ma'arri (973-1057)
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#305780) Verfasst am: 17.06.2005, 21:33 Titel: |
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lupus hat folgendes geschrieben: | Dred Scott v. Sandford |
Daß es bis zum Bürgerkrieg noch Sklaverei gab wissen wir. Daß das daran gelegen haben könnte, daß einige die Deklaration 1779 nicht so ganz wörtlich ausgelegt haben, ist naheliegend. Was wollen Sie uns mit diesem Beispiel also sagen?
lupus hat folgendes geschrieben: | Den wichtigsten Unterschied habe ich mit meinem Straßenkehrerbeispiel ja schon genannt. Im übrigen gibt es eine klare Unterscheidung zwischen Bürgerrechten und Menschenrechten. Jedes Land gewährt den eigenen Bürgern mehr Rechte als anderen Menschen. |
Daß in real existierenden Gesellschaften die Übertreibungen des Gleichheitsgedankens heutiger deutsch-frommer Gutmenschen nicht realisiert werden können ist bekannt. Derartige Übertreibungen sind übrigens typisch für das monotheistische Konzept einer "Gleichheit vor Gott", (also einer abstrakten übergeordneten Instanz) in Verbindung mit dem typsichen christlichen Dogmatismus. Die verlogenen Forderungen der Gutmenschen offenbaren also gerade in der Übertreibung ihren christlich-fundamentalistischen ursprung.
lupus hat folgendes geschrieben: | "Denn während dieser Zeit haben auch ganz andere Einflüsse gewirkt (Ich nenne nur mal das römische Recht und die germanische Tingverfassung, |
Das Christentum ist doch nichts anderes als eine Kombination hebräischer und griechisch-römischer Elemente. Keiner behauptet, daß sich das Christentum selbst erfunden hätte.
Zur Thingverfassung und dem röm. Recht: Wo und wie ist dort der Gleichheitsgedanke formuliert? welche Staatsmänner und Philosophen von Mittelalters über Aufklärung bis heute nehmen bei Formulierung von Gleichheitsideen Bezug auf diese? In welchen wichtigen Dokumenten zu Menschenrechten werden diese zitiert?
lupus hat folgendes geschrieben: | Russland war doch sicher nicht weniger "christlich". Da liegt die Vermutung nahe, dass für die heute entscheidenden Werte etwas anderes als das Christentum bestimmend war." |
Dann liegt für Sie sicher auch "die Vermutung nahe", daß Gras-Samen NICHT Ursache von Gras sind. Die fliegen nämlich überall herum, gehen aber nur stellenweise auf.
lupus hat folgendes geschrieben: | Der "christliche Kulturkreis" ist wie gesagt nicht das entscheidende Kriterium, denn da bliebe zu erklären, warum z.B. in Russland die Leibeigenschaft erst 1861 abgeschafft wurde, in England hingegen bereits im 14. Jahrhundert. |
Ich habe bereits erwähnt, daß die Reformation eine Vorbedingung für eine politisch-militärische Durchsetzung des christlichen Gleichheitsgedankens war. Diese war ihrerseits selbstverständlich wieder von weiteren politisch-militärischen Gegebenheiten abhängig.
Fazit: das Argument eines christlichen Kulturkreises bleibt weiter im Gespräch. Um dieses zu entkräften wäre ihrerseits nun zu zeigen, daß und wie sich der Gleichheitsgedanke in anderen Hochkulturen (Konfuzianismus, Hinduismus) völlig unabhängig vom Christentum in einer ähnlichen Weise entwickelt hat.
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#305815) Verfasst am: 17.06.2005, 23:05 Titel: |
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AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Dred Scott v. Sandford |
Daß es bis zum Bürgerkrieg noch Sklaverei gab wissen wir. Daß das daran gelegen haben könnte, daß einige die Deklaration 1779 nicht so ganz wörtlich ausgelegt haben, ist naheliegend. Was wollen Sie uns mit diesem Beispiel also sagen? |
Nur dass Christentum und Sklaverei offensichtlich sehr gut miteinander auskamen.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Den wichtigsten Unterschied habe ich mit meinem Straßenkehrerbeispiel ja schon genannt. Im übrigen gibt es eine klare Unterscheidung zwischen Bürgerrechten und Menschenrechten. Jedes Land gewährt den eigenen Bürgern mehr Rechte als anderen Menschen. |
Daß in real existierenden Gesellschaften die Übertreibungen des Gleichheitsgedankens heutiger deutsch-frommer Gutmenschen nicht realisiert werden können ist bekannt. Derartige Übertreibungen sind übrigens typisch für das monotheistische Konzept einer "Gleichheit vor Gott", (also einer abstrakten übergeordneten Instanz) in Verbindung mit dem typsichen christlichen Dogmatismus. Die verlogenen Forderungen der Gutmenschen offenbaren also gerade in der Übertreibung ihren christlich-fundamentalistischen ursprung. |
Die "verlogene Forderung der Gutmenschen" könnte durchaus insoweit christlich inspiriert sein, dass sie sich um real existierende Gesellschaften (=Diesseits) nicht weiter kümmert.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | "Denn während dieser Zeit haben auch ganz andere Einflüsse gewirkt (Ich nenne nur mal das römische Recht und die germanische Tingverfassung, |
Das Christentum ist doch nichts anderes als eine Kombination hebräischer und griechisch-römischer Elemente. Keiner behauptet, daß sich das Christentum selbst erfunden hätte.
Zur Thingverfassung und dem röm. Recht: Wo und wie ist dort der Gleichheitsgedanke formuliert? welche Staatsmänner und Philosophen von Mittelalters über Aufklärung bis heute nehmen bei Formulierung von Gleichheitsideen Bezug auf diese? In welchen wichtigen Dokumenten zu Menschenrechten werden diese zitiert? |
Es geht nicht um ausdrückliche Bezugnahmen, die in dem christlichen Umfeld ja wohl auch eher kontraproduktiv gewesen wären.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Fazit: das Argument eines christlichen Kulturkreises bleibt weiter im Gespräch. Um dieses zu entkräften wäre ihrerseits nun zu zeigen, daß und wie sich der Gleichheitsgedanke in anderen Hochkulturen (Konfuzianismus, Hinduismus) völlig unabhängig vom Christentum in einer ähnlichen Weise entwickelt hat. |
Ich bin doch gar nicht angetreten, zu beweisen, dass der Gleichheitsgedanke nicht (oder nicht zu einem bedeutenden Teil) christlich inspiriert ist. Ich habe bereits klargestellt, dass ich einen solchen Beweis für unmöglich halte.
Wogegen ich mich wehre ist die manchen fast selbstverständlich scheinende Annahme, dass es nichts anderes gewesen sein könnte. Diese Annahme ist meines Erachtens genauso unbeweisbar.
Dass Jesus von Nazareth zu Huren und Zöllnern nett gewesen sein soll, ist nicht gerade ein besonders schwerwiegendes Argument - auch wenn ich es nicht von der Hand weise.
Eigentlich halte ich schlichte dumme Zufälle für einen sehr viel wahrscheinlicheren Grund. So wurde z.B. über lange Zeit purer Willkür (die ja das extreme Gegenteil von Gleichbehandlung ist) dadurch Einhalt geboten, dass in den komplizierten Feudalstrukturen Westeuropas der Gerichtsherr oft ein anderer war als der Landesherr - also eine primitive Vorform von Gewaltenteilung. Das ist nur ein ganz kleiner Aspekt, aber solche dürfte es noch viele andere gegeben haben. Dass das eine oder andere christliche Motiv mitgespielt hat, ist wohl plausibel. Allein das Ausmaß dieses Einflusses dürfte nur schwer abschätzbar sein.
Und nochmals: Ich behaupte nicht, dass dieser Einfluss sicher nur klein war, ich behaupte, dass man nich mit großer Wahrscheinlichkeit darauf schließen kann, dass er besonders groß war.
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#305982) Verfasst am: 18.06.2005, 17:05 Titel: |
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lupus hat folgendes geschrieben: | Die "verlogene Forderung der Gutmenschen" könnte durchaus insoweit christlich inspiriert sein, dass sie sich um real existierende Gesellschaften (=Diesseits) nicht weiter kümmert. |
Das ist die halbe Wahrheit, sehr geehrter Herr Lupus, das linksliberale teutsch-fromme Gutmenschentum will doch gerade 150%-ige Realisierung des christlichen Gleichheitsgedankens im Diesseits. Geht dabei aber - und hier haben Sie wiederum recht - nicht sonderlich pragmatisch, sondern sozusagen "jenseitsbezogen", nämlich religiös-dogmatisch vor.
lupus hat folgendes geschrieben: | Wogegen ich mich wehre ist die manchen fast selbstverständlich scheinende Annahme, dass es nichts anderes gewesen sein könnte. Diese Annahme ist meines Erachtens genauso unbeweisbar. |
Selbstverständlich sind Kausalitäten, etwa im Sinne der Gesetze der Mechanik, im gesellschaftlichen Bereich unbeweisbar. In Bereichen wie Geschichte, Soziales, Medizin etc. ist man auf Korrelationen angewiesen, um dann Wahrscheinlichkeitsaussagen über Kausalzusammenhänge zu machen. Es gilt also Indizien zu sammeln und diese zu gewichten. Damit bleiben auch z.B. rein geographische Korrelationen Diskussionsgegenstand.
lupus hat folgendes geschrieben: | Dass Jesus von Nazareth zu Huren und Zöllnern nett gewesen sein soll, ist nicht gerade ein besonders schwerwiegendes Argument - auch wenn ich es nicht von der Hand weise. |
Es geht zusätzlich um die Gleichheit von Juden und Ausländern, Bruderschaft zwischen Juden und Heiden, die einerseits mit der Gottkindschaft, andrerseits mit der Erlösung begründet wird etc. Das sind keine isolierten Details, sondern eine Schiene, die nicht nur von dem Jesus der Evangelien, sondern auch in den Apostelbriefen verfolgt wird.
lupus hat folgendes geschrieben: | Es geht nicht um ausdrückliche Bezugnahmen, die in dem christlichen Umfeld ja wohl auch eher kontraproduktiv gewesen wären. |
Bezugnahmen würden Ihre Argumentation klar belegen, aber Sie haben anscheinend keine zu bieten?. Europäische Philosophen, Wissenschaftler, Staatsmänner etc. haben selbstverständlich auf antike Quellen Bezug genommen, wenn es was gab, worauf man Bezug nehmen konnte.
Wenn Sie jedoch behaupten, der Gleichheitsgedanke sei germanisch/römisches Prinzip und sei nur mit christlichen Parolen transportiert worden wären Ihrerseits zwei Punkte zu klären und belegen:
Wie ist der Gleichheitsgedanke im röm. Recht und/oder in der Thingverfassung formuliert?
Ist es auch im Falle, einer nichtchristlichen Kultur (etwa Konfuzianismus um ein atheistisches Beispiel zu nennen) als selbstverständlich anzusehen, daß der Gleichheitsgedanke ebenso glaubhaft mit Versatzstücken dieser Kultur transportiert und verbreitet werden kann?
lupus hat folgendes geschrieben: | So wurde z.B. über lange Zeit purer Willkür (die ja das extreme Gegenteil von Gleichbehandlung ist) dadurch Einhalt geboten, dass in den komplizierten Feudalstrukturen Westeuropas der Gerichtsherr oft ein anderer war als der Landesherr - also eine primitive Vorform von Gewaltenteilung. |
Eine halbwegs kontinuierliche Entwicklung (Einsetzung einer Institution nach der anderen) sehe ich so nicht (England ist da noch am nächsten dran). Die Geschichte von Gleichheit und Menschenrechten ist eine Geschichte der Kriege, Aufstände und Neuanfänge. Die aber immer wieder belegen, daß der Gleichheitsgedanke in der Bevölkerung unabhängig vom Bildungsstand immanent war.
lupus hat folgendes geschrieben: | Und nochmals: Ich behaupte nicht, dass dieser Einfluss sicher nur klein war, ich behaupte, dass man nich mit großer Wahrscheinlichkeit darauf schließen kann, dass er besonders groß war. |
Eine derart pauschale Aussage strebe ich auch garnicht an. Ich würde im Rahmen dieser Diskussion gerne zu einem Summary von Belegen kommen, die aber doch in irgendeiner Form eine Quantifizierung ermöglichen. Womit dann auch der Fragestellung im Eingangsbeitrag ausreichend Rechnung getragen wäre.
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#306034) Verfasst am: 18.06.2005, 20:42 Titel: |
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AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Wogegen ich mich wehre ist die manchen fast selbstverständlich scheinende Annahme, dass es nichts anderes gewesen sein könnte. Diese Annahme ist meines Erachtens genauso unbeweisbar. |
Selbstverständlich sind Kausalitäten, etwa im Sinne der Gesetze der Mechanik, im gesellschaftlichen Bereich unbeweisbar. In Bereichen wie Geschichte, Soziales, Medizin etc. ist man auf Korrelationen angewiesen, um dann Wahrscheinlichkeitsaussagen über Kausalzusammenhänge zu machen. Es gilt also Indizien zu sammeln und diese zu gewichten. Damit bleiben auch z.B. rein geographische Korrelationen Diskussionsgegenstand. |
Darüber kann man natürlich trefflich diskutieren. Hinweisen möchte ich aber nochmals darauf, dass hier nur die negative Seite der Korrelation stimmt [Arbeitshypothese, so genau kenne ich mich mit allen Kulturen der Welt nicht aus], nicht die positive Korrelation, d.h. dass Christentum bei weitem nicht überall dem Gleichheitsgedanken zum Durchbruch verholfen hat.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Wenn Sie jedoch behaupten, der Gleichheitsgedanke sei germanisch/römisches Prinzip... |
Tue ich nicht, ich sehe nur Ansatzpunkte, die die spätere Entwicklung erklären können.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | So wurde z.B. über lange Zeit purer Willkür (die ja das extreme Gegenteil von Gleichbehandlung ist) dadurch Einhalt geboten, dass in den komplizierten Feudalstrukturen Westeuropas der Gerichtsherr oft ein anderer war als der Landesherr - also eine primitive Vorform von Gewaltenteilung. |
Eine halbwegs kontinuierliche Entwicklung (Einsetzung einer Institution nach der anderen) sehe ich so nicht (England ist da noch am nächsten dran). Die Geschichte von Gleichheit und Menschenrechten ist eine Geschichte der Kriege, Aufstände und Neuanfänge. Die aber immer wieder belegen, daß der Gleichheitsgedanke in der Bevölkerung unabhängig vom Bildungsstand immanent war. |
Kriege und Aufstände sind eher eine Frage handfester Interessen, Neuanfänge eine Folge dieser Kriege und Aufstände.
Ob bei Aufständen unterdrückter Bevölkerungsgruppen ein Gleichheitsgedanke Pate gestanden hat, ist auch nicht sicher. Es könnte auch einfach der Gedanke der Verteidigung gegen Willkür, der Gedanke, dass man Rechte hat und sich nicht alles gefallen lassen muss, gewesen sein. Dann wären wir wieder bei germanischem Gedankengut (das wie gesagt ein Gleichheitsprinzip als solches noch nicht beinhaltete).
Wobei ich anmerken möchte, dass mir bei unseren heutigen Grundwerten ein christlicher Einfluss beim Gleichheitsgedanken noch am ehesten plausibel erscheint (auch wenn ich halt bei dem Ausmaß des Einflusses, von dem oft ausgegangen wird, sehr skeptisch bin). Bei Dingen wie Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Menschenrechten scheint mir ein christlicher Einfluss noch sehr viel weniger plausibel, weil hier doch die Widersprüche stärker zu Tage treten.
Es ist ja auch richtig, dass ein Teil des NT auf dem Mist des römischen Bürgers Saulus/Paulus gewachsen ist, der insbesondere an der Unterscheidung Jude/Nichtjude nicht so großes Interesse haben konnte (Wobei wir wieder - zugegebenermaßen nun innerhalb des Christentums - bei meiner These schlichter Zufälle sind).
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#306359) Verfasst am: 19.06.2005, 21:08 Titel: |
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lupus hat folgendes geschrieben: | Darüber kann man natürlich trefflich diskutieren. |
Genau zu diesem Zweck haben wir uns hier und jetzt in diesem Forum zusammengefunden.
lupus hat folgendes geschrieben: | Hinweisen möchte ich aber nochmals darauf, dass hier nur die negative Seite der Korrelation stimmt [Arbeitshypothese, so genau kenne ich mich mit allen Kulturen der Welt nicht aus], nicht die positive Korrelation, d.h. dass Christentum bei weitem nicht überall dem Gleichheitsgedanken zum Durchbruch verholfen hat. |
Korrelation heißt ja gerade nicht, daß ein Zusammenhang 100%-ig nachweisbar ist. Wenn dem Gleichheitsgedanken nicht überall politisch-militärisch der Durchbruch gelingt, dann heißt das nicht daß der nicht da ist. Speziell bezüglich Rußland möchte ich schon darauf hinweisen, ehemalige Teilnehmer von Priesterseminaren unter namhaften Revolutionären überrepräsentiert sind.
lupus hat folgendes geschrieben: | Tue ich nicht, ich sehe nur Ansatzpunkte, die die spätere Entwicklung erklären können |
Und die wären?
lupus hat folgendes geschrieben: | Kriege und Aufstände sind eher eine Frage handfester Interessen, Neuanfänge eine Folge dieser Kriege und Aufstände.
Ob bei Aufständen unterdrückter Bevölkerungsgruppen ein Gleichheitsgedanke Pate gestanden hat, ist auch nicht sicher. |
Ich sehe aber deutliche Ansatzpunkte, die eine derartige Annahme nahelegen. vgl. z.B. Thomas Münzer, die 12 Artikel der Bauern, 1525:
"Zum dritten ist der Brauch bisher gewesen, daß man uns für ihr Leibeigenleut gehalten haben, welches zu erbarmen ist, angesehen, daß uns Christus all mit seinem kostbarlichen Blutvergüßen erlöst und freigekauft hat, den Hirten gleich als wohl als den Höchsten, keiner ausgenommen. Darum findet sich mit der Schrift, daß wir frei seien und es auch sein wollen."
Ohne eine deutliche materielle Motivation gibts keine Revolution. Das aber schließt die grundlegende Bedeutung der ideologischen Komponente nicht aus.
lupus hat folgendes geschrieben: | Es ist ja auch richtig, dass ein Teil des NT auf dem Mist des römischen Bürgers Saulus/Paulus gewachsen ist, der insbesondere an der Unterscheidung Jude/Nichtjude nicht so großes Interesse haben konnte ... |
Wie schon mehrfach erwähnt: das Christentum ist eine Kombination hebräischer und griechisch-römischer Elemente. Ob Paulus oder - wie F.Engels behauptet - Philo ist heute nur noch schwer nachvollziehbar. Das waren übrigens alles Juden, wenn auch griechischsprachige. Ganz klar: die Existenz einer im römischen Reich teilweise internationalisierten jüdischen Gemeinde war klare Voraussetzung für die Entstehung des Christentums, in der Form, wie wir es heute kennen.
lupus hat folgendes geschrieben: | (Wobei wir wieder - zugegebenermaßen nun innerhalb des Christentums - bei meiner These schlichter Zufälle sind). |
Nun, jede geschichtliche Entwicklung wird getrieben entweder von Ursachen, die dem Beobachter (z.B. uns) bekannt sind (materielle, nicht-materielle Interessen) und Ursachen die ihm nicht bekannt sind, die er dann mit dem Denkmodell "Zufall" zu umschreiben pflegt. Aber was hat das mit der Frage eines "Vermächtnisses" zu tun?
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#306427) Verfasst am: 20.06.2005, 01:22 Titel: |
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Es ist offensichtlich, dass eine ganz bestimmte Konstellation nötig war, um in Westeuropa dem Gleichheitsgedanken zum Durchbruch zu verhelfen. Bei den bekannten Ursachen wäre Folgendes zu nennen:
- eine wegen der bereits lange andauernden relativ dichten Besiedlung auf Machtgleichgewichte angelegte Feudalstruktur,
- Verstärkung dieser Struktur durch die fränkische vermögensrechtliche Konzeption von Herrschaftsrechten, da die ständigen Erbteilungen Zersplitterung förderten,
- Verstärkung dieser Struktur auch durch das (ebenfalls auf der vermögensrechtlichen Konzeption beruhende) Auseinanderfallen verschiedener Herrschaftsrechte (Landesherrschaft, Gerichtsherrschaft),
- überlieferte Rechtstradition, die auch den Fürsten dem Recht unterwirft (das Gottesgnadentum hat sich nie völlig als ausschließliche Machtlegitimation durchsetzen können),
- überlieferte genossenschaftliche Verfassungselemente (Tingverfassung), die sich in der Gerichtsverfassung (Geschworenengericht) und in den Landständen widerspiegeln,
- Rezeption des römischen Rechts, das in seiner Struktur bereits auf Gleichheit ausgerichtet war, da es zwar Sklaven und der Hausgewalt eines anderen Unterstehende gab, aber im Allgemeinen die Rechtsbeziehungen immer zwischen keiner Hausgewalt unterstehenden Freien gedacht wurden (also zwischen gleichen Parteien) - sowohl im Vertragsrecht als auch im Sachenrecht gab es keine strukturellen Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
Andere Umstände dürften hinzukommen.
Machtgleichgewicht verleitet zur juristischen Argumentation statt militärischer Interessendurchsetzung. Recht galt bereits seit Urzeiten als mehr denn nur ein politisches Gestaltungsmittel des Herrschenden. Das rezipierte römische Recht war tendenziell gleichheitsfördernd, ebenso wie genossenschaftliche Verfassungselemente.
In der Geistesgeschichte geht es ferner ähnlich zu wie bei der biologischen Evolution: Etwas so Komplexes wie das Auge kann nicht zufällig entstanden sein, um dann wegen eines Wettbewerbsvorteils selektiert zu werden; es muss Millionen Zwischenstadien gegeben haben, die wegen ganz anderer Wettbewerbsvorteile selektiert wurden.
So auch hier: Wenn sich Handwerker und Händler in mittelalterlichen Städten einen Platz am Tisch der Herrschenden erstritten haben, dann nicht als Schritt auf dem Weg zum anvisierten Ziel der Gleichheit (mit Klerus und Adel) sondern aufgrund von Gruppeninteressen und tatsächlich vorhandenen Machtmitteln. Objektiv kam man so aber mehr Gleichheit faktisch näher.
Nichts von alledem hat etwas mit Christentum zu tun.
Dass mittelalterliche Bauern vom importierten Christentum bereits derart durchdrungen gewesen sein sollten, dass ihre eigentliche Motivation für Aufstände aus der Bibel hergeleitet wurde, ist im Übrigen nicht sehr plausibel. Es geht wohl eher um zweitrangige Argumentationshilfen gegenüber den Mächtigen, die diese Religion vertraten.
Die gesamte Geschichte des Mittelalters zeigt, wie schwer die Kirche es hatte, die neue Religion auch Jahrhunderte nach der oberflächlichen Bekehrung im gemeinen Volk wirklich zu verankern - Hexenprozesse gab es z.B. bis ins 18. Jahrhundert; die familienrechtlichen Vorstellungen durchzusetzen war ebenso schwierig, denn Scheidungen gab es de facto ebenso wie Kebse und die Ehe wurde weiter als Vertrag zwischen Familien praktiziert.
Zu denken, dass die Bibel Bauern zum Aufstand inspiriert hat, ist daher nicht sehr naheliegend.
Dass tatsächlich vorhandene und deswegen in Anspruch genommen Argumentationshilfen, die dem Christentum entstammen, auch von Einfluss gewesen sein dürften, ist durchaus plausibel. Nicht plausibel ist es aber, ohne weitere Elemente davon auszugehen, dass gerade dieser offensichtlich nicht unbedingt erforderliche Aspekt von ganz besonderer Bedeutung gewesen sein soll.
Da auch bei Freiheit, Würde und Menschenrechten andauernd behauptet wird, dass diese christlich zu begründen sind, obwohl die Widersprüche zur biblischen Botschaft sehr viel deutlicher sind als beim Gleichheitsgedanken, ist hier erst recht eine gesunde Skepsis angebracht.
Zur Ausbildung des Gleichheitsgedankens bedurfte es einer ganzen Reihe von glücklichen Zufällen; ich wüsste nicht, wo in der Welt die oben genannten Umstände außerhalb der damals christlichen Welt vorgelegen hätten. Die angesprochene Korrelation trägt daher nicht besonders weit.
Außerdem gibt es eine andere Korrelation, nämlich die von Schwächung des Christentums und Stärkung des Gleichheitsgedankens. Diese Korrelation weist in eine andere Richtung.
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#306756) Verfasst am: 20.06.2005, 20:45 Titel: |
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lupus hat folgendes geschrieben: | Es ist offensichtlich, dass eine ganz bestimmte Konstellation nötig war, um in Westeuropa dem Gleichheitsgedanken zum Durchbruch zu verhelfen. |
Das streitet doch niemand ab. Aber eine Sache der zum Durchbruch verholfen werden soll, die muß auch erst mal da sein.
lupus hat folgendes geschrieben: | eine wegen der bereits lange andauernden relativ dichten Besiedlung auf Machtgleichgewichte angelegte Feudalstruktur, |
... die es auch in Japan schon immer gab, und heute noch gibt. Allerdings zeigt die Entwicklung in Japan, daß ein Feudalsystem genauso auch extrem hierarchische Strukturen begünstigen kann.
Unklare Machtverhältnisse können für reformatorischen Bestrebungen, (die ja entscheidende Voraussetzung für eine politische Durchsetzung des Gleichheitsgedanken waren) förderlich und/oder abträglich sein.
Bei klaren Machtverhältnissen in Deutschland hätte es ein Martin Luther deutlich schwerer gehabt.
In England wiederum hat gerade die unangefochtene Herrschaft eines Königs Heinrich, der es sich leisten konnte sich nach Belieben von der Kirche zu lösen reformatorische Bewegungen langfristig gefördert.
lupus hat folgendes geschrieben: | Rezeption des römischen Rechts, das in seiner Struktur bereits auf Gleichheit ausgerichtet war, da es zwar Sklaven und der Hausgewalt eines anderen Unterstehende gab, aber im Allgemeinen die Rechtsbeziehungen immer zwischen keiner Hausgewalt unterstehenden Freien gedacht wurden |
Sobald sich 2 Verhandlungspartner einer Regel unterwerfen, vielleicht noch abstrakt-formal formuliert, ist diese dann also Ihrer Logik zufolge "in ihrer Struktur auf Gleichheit ausgerichtet". Auch Konfutse kennt Regeln, die begrenzte Reziprozitätsbeziehungen begründen, etwas darüber hinaus gehen die im AT formulierten Ideen. Potentiell also Vorstufen eines Gleichheitsgedankens, nicht weniger, aber auch nicht mehr.
lupus hat folgendes geschrieben: | Das rezipierte römische Recht war tendenziell gleichheitsfördernd |
nichts neues, s. oben.
lupus hat folgendes geschrieben: | Zur Ausbildung des Gleichheitsgedankens bedurfte es einer ganzen Reihe von glücklichen Zufällen; |
Der Gleichheitsgedanke ist bereits Kernpunkt des NT. Von einer "Ausbildung" kann also höchstens auf formaler Ebene die Rede sein. Es waren lediglich bestimmte Konstellationen nötig um diesem zu einer politisch-militärischen DURCHSETZUNG zu verhelfen. Im übrigen ist Ihre Hartnäckigkeit, mit der Sie "Zufälle" als Gegenargument verkaufen wollen, amüsant. Ihrer Logik folgend hat der Wallfahrtsort Lourdes überhaupt nichts mit Christentum zu tun. Daß ausgerechnet dort irgendjemand eine Erscheinung zu haben meinte, gleichzeitig dort eine Quelle war, ist ja schließlich Zufall pur.
lupus hat folgendes geschrieben: | ich wüsste nicht, wo in der Welt die oben genannten Umstände außerhalb der damals christlichen Welt vorgelegen hätten. |
Hier kann ich Ihnen schwerlich widersprechen: Sie werden tatsächlich keine 2 Regionen in der Welt finden, an denen genau dieselben Umstände vorliegen. Mit diesem Argument können Sie so ziemlich alles erklären. In der christlichen Welt gehört aber zu diesen "Umständen" übrigens auch das Christentum.
lupus hat folgendes geschrieben: | Dass mittelalterliche Bauern vom importierten Christentum bereits derart durchdrungen gewesen sein sollten, dass ihre eigentliche Motivation für Aufstände aus der Bibel hergeleitet wurde, ist im Übrigen nicht sehr plausibel. Es geht wohl eher um zweitrangige Argumentationshilfen gegenüber den Mächtigen, die diese Religion vertraten.
...
Zu denken, dass die Bibel Bauern zum Aufstand inspiriert hat, ist daher nicht sehr naheliegend. |
Durch mehrfache Wiederholung wird diese Argumentation nicht richtiger. Die Behauptung daß Münzers Streitschriften zu 90% aus "zweitrangigen Argumentationshilfen" bestünden erklärt nicht Münzers Rekrutierungserfolge sondern eher Ihre Argumentationsnot.
Tatsache ist nun mal daß die entscheidenden Agitatoren Priester waren, daß sie aus der Bibel argumentierten und daß ihre Parolen vom Volk aufgegriffen wurden. Wenn die Bauernaufständler aufgrund ihrer Argumentation tatsächlich bei den Mächtigen Erfolg gehabt hätten wäre dies übrigens ebenfalls das Beleg für den entscheidenden Beitrag christlicher Ideen zu politischen Entwicklungen. Diese Schiene verfolgte eher der als Opportunist gescholtene Luther, dessen Arbeiten und Erfolge in der Tat eine Voraussetzung der Aufklärung bildeten. Münzers Artikel mobilisierten in erster Linie die Bauern, wohingegen er bei den Mächtigen auf Granit biß.
Spätestens die Tatsache, daß auch Aufklärer, die Opportunismus am allerwenigsten nötig hatten, ebenfalls weiter mit genau diesen Argumenten arbeiteten, dürfte die Absurdität Ihrer Behauptung klar offenlegen.
lupus hat folgendes geschrieben: | In der Geistesgeschichte geht es ferner ähnlich zu wie bei der biologischen Evolution: |
Ich greife Ihren Vergleich auf:
Teilweise operiert die biologische Evolutionslehre mit billigen a posteriori "Erklärungen", mit denen man so ziemlich alles herleiten kann. So ist z.B. die Tatsache, daß die Elefanten lange Rüssel haben "schlagender" Beweis der Evolution, genauso wie man kurze Rüssel, wenn es die so gäbe, ebenso "Schlüssig" a posteroiri erklären könnte. Das entspricht der Schiene die Sie vorführen.
Andrerseits folgert die Evolution aber gelegentlich auch auch aus Ähnlichkeiten (etwa genetischer Art) Abhängigkeiten. Aus einem Genom, welches zu 90% übereinstimmt wird normalerweise eine Abstammungsbeziehung gefolgert. Das ist nun wieder eine Argumentationsschiene der Evolution, der Sie sich standhaft verschließen, da Sie offenbar ein Problem haben einen Gleichheitsgedanken als Vorläufer eines Gleichheitsgedankens anzuerkennen.
lupus hat folgendes geschrieben: | Außerdem gibt es eine andere Korrelation, nämlich die von Schwächung des Christentums und Stärkung des Gleichheitsgedankens. Diese Korrelation weist in eine andere Richtung. |
Nun befindet sich gerade der zur Diskussion stehende Gleichheitsgedanke neben vielen anderen fundamentalen judeo-christlichen Prinzipien weltweit auf dem Vormarsch. Ihr Argument WÄRE also diskussionswürdig, wenn der Gleichheitsgedanke, - Ihrer Behauptung folgend - nichts mit Christentum zu tun HÄTTE. Ihr Argument wird also genau dadurch schlüssig, daß wir die zu zeigende Behauptung vorausetzen. Das nennt man circular reasoning.
Trotzdem vielen Dank für Ihren Beitrag
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#306798) Verfasst am: 20.06.2005, 23:34 Titel: |
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AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Rezeption des römischen Rechts, das in seiner Struktur bereits auf Gleichheit ausgerichtet war, da es zwar Sklaven und der Hausgewalt eines anderen Unterstehende gab, aber im Allgemeinen die Rechtsbeziehungen immer zwischen keiner Hausgewalt unterstehenden Freien gedacht wurden |
Sobald sich 2 Verhandlungspartner einer Regel unterwerfen, vielleicht noch abstrakt-formal formuliert, ist diese dann also Ihrer Logik zufolge "in ihrer Struktur auf Gleichheit ausgerichtet". Auch Konfutse kennt Regeln, die begrenzte Reziprozitätsbeziehungen begründen, etwas darüber hinaus gehen die im AT formulierten Ideen. Potentiell also Vorstufen eines Gleichheitsgedankens, nicht weniger, aber auch nicht mehr. |
Mit dem römischen Recht kenne ich mich zufällig etwas besser aus und weiß daher, dass es um weit mehr geht als "begrenzte Reziprozitätsbeziehungen". Rechtsverhältnisse wurden grundsätzlich ohne Ansehen der Person gedacht. Man war rechts- und geschäftsfähig (sui iuris) oder man war es nicht (alieni iuris, Sklave), und in letzterem Falle nahm man am Rechtsverkehr grundsätzlich nicht selber teil, weswegen diese Situation auch nicht strukturbegründend war. Übrigens wurde auch die Hausgewalt bereits vor dem Vordringen des Christentums umso mehr zurückgedrängt je urbaner das Leben wurde. Die Emanzipation (Mündigerklärung) erwachsener Kinder wurde die Regel, und die städtische Römerin wusste zumeist dafür zu sorgen, dass ihr Mann keine Hausgewalt über sie ausüben konnte.
Das ist auch gerade so ein Punkt, der meine Hartnäckigkeit erklärt. Wie kommt es, dass viele Historiker diesen eigentlich sehr offensichtlichen Aspekt oft übersehen und sich fast nur Juristen damit beschäftigen? Beim Gleichheitsgedanken kann ich wie gesagt auch die aus dem Christentum hergeleitete "Abstammung" nachvollziehen. Dass aber ein so deutlich überlieferter Aspekt wie die Struktur des römischen Rechts kaum behandelt wird, mach mich eben stutzig. Daher meine Skepsis.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Daß ausgerechnet dort irgendjemand eine Erscheinung zu haben meinte, gleichzeitig dort eine Quelle war, ist ja schließlich Zufall pur. |
Was den sonst?
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | ich wüsste nicht, wo in der Welt die oben genannten Umstände außerhalb der damals christlichen Welt vorgelegen hätten. |
Hier kann ich Ihnen schwerlich widersprechen: Sie werden tatsächlich keine 2 Regionen in der Welt finden, an denen genau dieselben Umstände vorliegen. Mit diesem Argument können Sie so ziemlich alles erklären. In der christlichen Welt gehört aber zu diesen "Umständen" übrigens auch das Christentum. |
Klar, nur nicht so ausschließlich, wie es immer dargestellt wird.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Spätestens die Tatsache, daß auch Aufklärer, die Opportunismus am allerwenigsten nötig hatten, |
Wieso? Hatten die etwa nicht gegen Widerstände anzukämpfen?
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Nun befindet sich gerade der zur Diskussion stehende Gleichheitsgedanke neben vielen anderen fundamentalen judeo-christlichen Prinzipien weltweit auf dem Vormarsch. Ihr Argument WÄRE also diskussionswürdig, wenn der Gleichheitsgedanke, - Ihrer Behauptung folgend - nichts mit Christentum zu tun HÄTTE. Ihr Argument wird also genau dadurch schlüssig, daß wir die zu zeigende Behauptung vorausetzen. Das nennt man circular reasoning. |
Der Zirkelschluss dürfte doch wohl eher darin liegen, zu behaupten, dass von einer Schwächung des Christentums trotz leerer Kirchen und verbreiteter Gleichgültigkeit gegenüber christlichen Lehren nicht die Rede sein kann, weil ja der "christliche" Gleichheitsgedanke auf dem Vormarsch ist!
Um dem Zirkel zu entkommen, könnte man z.B. versuchen, die andere Behauptung zu belegen, nämlich dass "viele andere fundamentale judeo-christliche Prinzipien weltweit auf dem Vormarsch" sind.
Und das dürfte weitaus schwieriger werden als beim Gleichheitsgedanken, bei dem ich ja eine gewisse Plausibilität bereits konzediert habe...
_________________ They all err — Moslems, Jews,
Christians, and Zoroastrians:
Humanity follows two world-wide sects:
One, man intelligent without religion,
The second, religious without intellect.
Abu 'L-ala Ahmad b. Abdallah al-Ma'arri (973-1057)
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Brahms Geschwafelkommodore
Anmeldungsdatum: 15.06.2005 Beiträge: 495
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(#306841) Verfasst am: 21.06.2005, 07:53 Titel: |
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Erst einmal rezitiere ich hier mal das Ausgansargument um noch einmal klar zu machen worüber wir in diesem Thread sprechen:
Zitat: | Gerade lief auf Phoenix eine Talk-Show zum Thema des derzeitigen Standes der Kirche, in welcher einmal mehr behauptet wurde, unsere heutigen Werte, das Grundgesetz sowie die Menschenrechte fußten auf christlichen Wurzeln bzw. seien dem Christentum zu verdanken (Höhepunkt, sinngemäß: "Ohne das Christentum gäbe es wohl keine Nächstenliebe").
Welche Argumente kann man gegen eine solche Sichtweise geltend machen? |
Eine minimalistische Antwort:
1. Nächstenliebe:
Intellektuelle Ramschware; wer immer noch meint das liebe Jesulein hat Nächstenliebe erfunden ...
Hier brauche ich keine eine Myriade von Diskussionen nichts hizuzufügen
2. Das formale Wesensmerkmal unserer Gesellschaft besteht aus Demokratie und Gleichheit
2.1. Gleichheit wird aus verschiedenen Blickwinkeln in der Bibel behandelt
Der Status der "Gleichheit" in der Bibel ist nach meinem dafürhalten eher interpretativ als normativ.
Aus der Bibel, auch dem NT, sind auch hinreichende Argumente für Ungleichheit ableitbar, wie das auch geschichtlich hinreichend demonstriert wird.
2.2. Zur Demokratie hat die Bibel nichts zu sagen, die wird in der okzidentalen Welt von Griechenland eingebracht.
2.2.1. Gleichheit eine notwendige Konsequenz in einer auf Bestandsfähigkeit ausgerichteten Demokratie ist, umsomehr im nordamerikanischen Kontext.
2.2.2. Also schliessen wir, dass die Gleichheit Folge des Hellenischen Erbes ist, welche allerdings dem Zeitgeschmack entsprechend verdaulich mit hinreichend "christlicher" Rhetorik unterlegt ist.
Die starke Anlehnung der US Intelligenzkultur an jenes humanistische, hellenistische Erbe fand übrigens auch ihre Entsprechung in der Offizialarchitektur.
3. In diesem Sinne sind unsere Werte also eine Folge der Rennaisance mit ihren aus der Antike bezogenen Werten. Die Rennaisance wiederum fand für alle praktischen Zwecke gegen das Christentum statt.
Grruss von Brahms
Zitat: | "(linksliberale) deutsch-fromme Gutmenschen" |
Eine idiotische Phrase wird nicht besser durch andauernde Wiederholung.
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Effô Tisetti Königsblau bis in den Tod
Anmeldungsdatum: 18.09.2003 Beiträge: 9920
Wohnort: 75
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(#306871) Verfasst am: 21.06.2005, 11:25 Titel: |
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Es wird doch niemand ernsthaft bestreiten, dass das Christentum als irrationales, transzendentales. soziales, heterogenes, psychologisches, historisches usw. Phänomen ein "Vermächtnis" hinterlassen hat. Mindestens hat es als Multiplikator, Katalysator oder auch als Verhinderer geistiger Strömungen und Ideen gewirkt. Für grundsätzlich falsch halte ich die Annahme, dass eine solche Idee wie die "Gleichheit" durch die Religion bzw. ihre Offenbarung in die Welt gekommen sei. Oder anders: Keiner weiß, "was wäre gewesen, wenn?" Also hätte es vielleicht ohne Christentum keine Menschenrechte gegeben? Mag sein. Es ist aber völlig falsch, anzunehmen, die Entwicklung hin zu den Menschrechten sei bereits in der göttlichen Offenbarung angelegt gewesen. Meiner Meinung nach sind die Menschenrechte durch Universalisierung und Emanzipation einzelner(!), für die Religion als solche nicht zentrale philosophische Ideen im erbitterten Kampf gegen den Absolutheitsanspruch der christlichen Offenbarungsreligion entstanden: Um etwas zu Aufklärung und Menschenrechten beitragen zu können, musste der anmaßende Anspruch der Religion bekämpft werden. Etwas gegen seinen erklärten Willen beizusteuern als "Vermächtnis" zu bezeichnen, ist schon einigermaßen waghalsig. Das Diebesgut, dass die Aufklärung dem Christentum "gestohlen" hat, hat auch keinerlei "qualitativen", sondern höchstens "quantitativen" Wert.
_________________ "Die einfache Formel: Jesus ist stärker! hilft Menschen, sich aus der Fixierung völlig irrationaler Wertesysteme zu lösen."
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#307018) Verfasst am: 21.06.2005, 20:53 Titel: |
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lupus hat folgendes geschrieben: | Der Zirkelschluss dürfte doch wohl eher darin liegen, zu behaupten, dass von einer Schwächung des Christentums trotz leerer Kirchen und verbreiteter Gleichgültigkeit gegenüber christlichen Lehren nicht die Rede sein kann, weil ja der "christliche" Gleichheitsgedanke auf dem Vormarsch ist! |
Das WÄRE ebenfalls ein Zirkelschluß, wenn ich diesen vollzogen HÄTTE. Wenn Sie meine Beiträge ganz scharf anschauen habe ich das aber nicht. Sie dagegen Argumentieren genau so wie beschrieben nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Der Zirkelschluß ist mithin ausschließlich auf Ihrer Seite.
lupus hat folgendes geschrieben: | Man war rechts- und geschäftsfähig (sui iuris) oder man war es nicht (alieni iuris, Sklave), und in letzterem Falle nahm man am Rechtsverkehr grundsätzlich nicht selber teil, weswegen diese Situation auch nicht strukturbegründend war. |
Die nicht-Rechts-Teilnehmer (Sklaven) sind also aus Ihrer Sicht "nicht strukturbegründend", also quasi nicht vorhanden. Scherz beiseite: die Grenze zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern ist klar definiert, juristische Spitzfindigkeiten, denen zufolge diese Grenzziehung nicht mehr Teil des Rechtes ist interessieren hier wenig. Damit haben wir den Status der Vorstufen des Gleichheitsgedankens vor dem NT. Allenfalls eine weiterentwickelte formal-wissenschaftliche Methodik zeichnet das römische Recht aus. Wie z.B. auch der Monotheismus an sich abstrakte Denkstrukturen und damit Gleichheitsgedanken begünstigt.
lupus hat folgendes geschrieben: | AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Spätestens die Tatsache, daß auch Aufklärer, die Opportunismus am allerwenigsten nötig hatten, |
Wieso? Hatten die etwa nicht gegen Widerstände anzukämpfen?
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Das mag Ihnen ja nun als das selbstverständlichste der Welt erscheinen, daß man, wenn man gegen Widerstände anzukämpfen hat nicht mehr die eigene Überzeugung vertritt. Für Sie vielleicht neu, aber das ist nicht das allgemeingültige Naturgesetz als welches Sie es hier verkaufen.
Positionieren Sie sich erst mal jeweils im Bezug auf.
A) die Streitschriften Münzers
B) die Deklaration von 1776
Haben die Autoren im Bezug auf den Gleichheitsgedanken Ihrer Meinung nach
1) die eigene Überzeugung geschrieben
2) dem Volk nach dem Mund geschrieben
3) entsprechend der Meinung von Fürsten/Regierungen geschrieben
4) die Texte auf minimalen Widerstandder katholischen Kirche optimiert.
Die Entstehung des Wallfahrtsrummels in Lourdes beruhte auf Zufall:
lupus hat folgendes geschrieben: | Was den sonst? |
Und folgern Sie daraus nun, daß das keine christliche Veranstaltung sein kann?
Brahms hat folgendes geschrieben: | Zitat:
"(linksliberale) deutsch-fromme Gutmenschen"
Eine idiotische Phrase wird nicht besser durch andauernde Wiederholung. |
Das Gutmenschentum bezieht der Gleichheitsgedanken nicht nur auf ALLE Menschen (wo es beliebig weitgehende Gleichmacherei forciert). Es weitet im typischen Übereifer des Frömmlers den Gleichheitsgedanken auch auf Tiere und Weltanschauungen aus. Es zeichnet sich gerade durch die dogmatischen (also nicht an praxisorientierte Bedingungen geknüpften) Übertreibungen als religiös fundamentalistisches Gehabe aus.
Brahms hat folgendes geschrieben: | Gleichheit eine notwendige Konsequenz in einer auf Bestandsfähigkeit ausgerichteten Demokratie ist, umsomehr im nordamerikanischen Kontext. |
Das alte Griechenland hat gezeigt, daß dies NICHT generell der Fall ist. Im nordamerikanischen Kontext ja, allerdings sind die USA auch ein christliche Gründung. Die griechische Konzeption der Dikaiosyne gilt nicht im sinne einer Gleichheit für alle sondern im Sinne von "jedem das Seine".
Brahms hat folgendes geschrieben: | Die starke Anlehnung der US Intelligenzkultur an jenes humanistische, hellenistische Erbe fand übrigens auch ihre Entsprechung in der Offizialarchitektur. |
... und in der großen Bedeutung des Griechischunterrichtes an amerikanischen High Schools, gelle?
Es ist bezeichnend für das Niveau der Argumentation, daß philosophische Zusammenhänge, wenn genehm, aus Architektur gefolgert werden, wenn der eigenen Argumentation nicht dienlich dagegen selbst die Bedeutung von Textstellen vehement in Abrede gestellt bzw. ignoriert wird.
Sehr geehrter Herr Brahms, darf ich mir die Bemerkung erlauben, daß Ihre G-moll Rhapsodie besser gelungen sind als Ihr Beitrag.
Schalker hat folgendes geschrieben: | Also hätte es vielleicht ohne Christentum keine Menschenrechte gegeben? |
Schalke unser,
Es HAT ohne Christentum kein Konzept der unalienable rights gegeben. Die Tatsache können Sie nicht wegdiskutieren. Diskutieren kann man allenfals darüber inwieweit das Christentum nun die Ursache ist.
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#307190) Verfasst am: 22.06.2005, 10:45 Titel: |
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AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Der Zirkelschluss dürfte doch wohl eher darin liegen, zu behaupten, dass von einer Schwächung des Christentums trotz leerer Kirchen und verbreiteter Gleichgültigkeit gegenüber christlichen Lehren nicht die Rede sein kann, weil ja der "christliche" Gleichheitsgedanke auf dem Vormarsch ist! |
Das WÄRE ebenfalls ein Zirkelschluß, wenn ich diesen vollzogen HÄTTE. Wenn Sie meine Beiträge ganz scharf anschauen habe ich das aber nicht. Sie dagegen Argumentieren genau so wie beschrieben nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Der Zirkelschluß ist mithin ausschließlich auf Ihrer Seite. |
Jetzt wird es aber ganz krass. Ich habe keinesfalls die Schwächung des Christentums daraus abgeleitet, dass der Gleichheitsgedanke nicht christlich sei. Mir schien diese Schwächung eine selbstverständliche Feststellung, die übrigens die Christenfunktionäre selbst lauthals beklagen und somit bestätigen. Leere Kirchen und die Ablehnung christlicher Lehren, sobald sie anderen Interessen in die Quere kommen (Abtreibung,...) sind dafür klare Anzeichen. Jedenfalls ist ein Autoritätsverlust des Christentums nicht zu übersehen. Hier liegt eine Schwächung vor, die selbst dann nicht zu leugnen ist, wenn man hypothetisch davon ausgeht, dass der Gleichheitsgedanke rein christlicher Natur ist (denn "Schwächung" bedeutet ja nicht, dass sofort alles verworfen wird]). Daher kann von Zirkelschluss keine Rede sein.
Wenn man beweisen wollte, dass das Christentum trotz all dieser deutlichen Anzeichen nicht wirklich geschwächt ist, dann kann man das natürlich nicht mit dem angeblich christlichen Gleichheitsgedanken tun, wenn man die Nichtschwächung später als Begründung für die Christlichkeit des Gleichheitsgedankens (bzw. zur Entwertung eines Arguments in anderer Richtung) anführen will. Darüber sind wir uns ja jetzt anscheinend einig. Deswegen habe ich angeregt, die Behauptung zu beweisen, dass "viele andere fundamentale judeo-christliche Prinzipien weltweit auf dem Vormarsch" sind.
Aber wo nichts ist, kann man natürlich auch nichts beweisen...
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | Man war rechts- und geschäftsfähig (sui iuris) oder man war es nicht (alieni iuris, Sklave), und in letzterem Falle nahm man am Rechtsverkehr grundsätzlich nicht selber teil, weswegen diese Situation auch nicht strukturbegründend war. |
Die nicht-Rechts-Teilnehmer (Sklaven) sind also aus Ihrer Sicht "nicht strukturbegründend" |
In der Tat. Deutlich wird dies z.B. dadurch, dass der Gesetzgeber mit einem Federstrich Sklaverei abschaffen kann. Das ist von der Konzeption her ziemlich leicht. Die der Analyse von Rechtsbeziehungen zugrunde liegenden Denkstrukturen zu ändern ist aber für den Gesetzgeber fast ein Ding der Unmöglichkeit. Zumindest wären dafür Tausende Federstriche nötig, meist aber ganz andere Kräfte als der Gesetzgeber.
Im Übrigen waren wir uns ja einig, dass auch Christentum und Sklaverei in real existierenden Gesellschaften jahrhundertelang gut miteinander ausgekommen sind. Ein argumentativer Vorteil für das Christentum ergibt sich hier also nicht.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Wie z.B. auch der Monotheismus an sich abstrakte Denkstrukturen und damit Gleichheitsgedanken begünstigt. |
Das sehe ich nicht. Wenn ich mehrere Götter habe, können diese sowohl gleich als auch ungleich sein. Wenn ich nur einen habe, kann er unmöglich "gleich" sein.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | lupus hat folgendes geschrieben: | AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Spätestens die Tatsache, daß auch Aufklärer, die Opportunismus am allerwenigsten nötig hatten, |
Wieso? Hatten die etwa nicht gegen Widerstände anzukämpfen? |
Das mag Ihnen ja nun als das selbstverständlichste der Welt erscheinen, daß man, wenn man gegen Widerstände anzukämpfen hat nicht mehr die eigene Überzeugung vertritt. |
Nein, aber es ist empirisch belegt, dass dies gelegentlich vorkommt.
Die Frage war ja eigentlich, warum Aufklärer in Gegensatz zu manchen anderen Opportunismus nicht nötig gehabt haben sollen.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Die Entstehung des Wallfahrtsrummels in Lourdes beruhte auf Zufall:
lupus hat folgendes geschrieben: | Was den sonst? |
Und folgern Sie daraus nun, daß das keine christliche Veranstaltung sein kann? |
Im richtigen Zusammenhang zitiert heißt es so:
lupus hat folgendes geschrieben: | AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Daß ausgerechnet dort irgendjemand eine Erscheinung zu haben meinte, gleichzeitig dort eine Quelle war, ist ja schließlich Zufall pur. |
Was den sonst? |
Die Christlichkeit des Wallfahrtsrummels beruht nicht darauf, dass "ausgerechnet dort irgendjemand eine Erscheinung zu haben meinte, gleichzeitig dort eine Quelle war", sondern darauf, dass dort eine Christin eine Figur gesehen haben will, die dieselbe Christin und andere dann christlich interpretiert haben.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Schalker hat folgendes geschrieben: | Also hätte es vielleicht ohne Christentum keine Menschenrechte gegeben? |
Schalke unser,
Es HAT ohne Christentum kein Konzept der unalienable rights gegeben. Die Tatsache können Sie nicht wegdiskutieren. Diskutieren kann man allenfalls darüber inwieweit das Christentum nun die Ursache ist. |
Bei einer Was-wäre-wenn-Frage wie der von Schalker geht es per Definition nur um Ursachenforschung. Was also soll diese Bemerkung?
(Abgesehen davon möchte ich mir vorbehalten zu untersuchen, ob außerhalb der Gesellschaften, in denen Christentum verbreitet war/ist, der Grundsatz, dass ausnahmslos alle Rechte veräußerlich sind, tatsächlich so selbstverständlich war/ist. Absolut sicher bin ich mir auch da nicht. Schließlich habe ich ja die alte europäische Rechtskonzeption, wonach das Recht selbst dem Zugriff auch des Fürsten [und sogar der Götter!] entzogen war, bereits angeführt. Der gedankliche Bezug zu den Menschenrechten liegt auf der Hand.)
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Brahms Geschwafelkommodore
Anmeldungsdatum: 15.06.2005 Beiträge: 495
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(#307375) Verfasst am: 22.06.2005, 18:01 Titel: |
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Alex Dorfner
Zitat: | Brahms hat folgendes geschrieben:
Zitat: | Gleichheit eine notwendige Konsequenz in einer auf Bestandsfähigkeit ausgerichteten Demokratie ist, umsomehr im nordamerikanischen Kontext. |
Das alte Griechenland hat gezeigt, daß dies NICHT generell der Fall ist. Im nordamerikanischen Kontext ja, allerdings sind die USA auch ein christliche Gründung. Die griechische Konzeption der Dikaiosyne gilt nicht im sinne einer Gleichheit für alle sondern im Sinne von "jedem das Seine".
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Hier wie dort die selbe Unterteilung in Bürger und Sklaven bei Entfall der der Aristokratie im Nordamerika. Eine Unterteilung der "Weissen" in ungleiche Klassen machte insofern keinen Sinn da alle für das Soldatentum im Freiheitskampf (Terror) gegen die Engländer motiviert sein mussten.
Auf der anderen Seite war die Gleichheit in Nordamerika auch noch nicht so weit entwickelt. Weithin unbekannt aufgrund von Geschichtsglättung, gab es auch eine weitverbreitete weisse Sklaverei (mit vielen auch britischstämmigen "Teilnehmern")
Alex Dorfner
Zitat: | Brahms hat folgendes geschrieben:
Zitat: | Die starke Anlehnung der US Intelligenzkultur an jenes humanistische, hellenistische Erbe fand übrigens auch ihre Entsprechung in der Offizialarchitektur. |
... und in der großen Bedeutung des Griechischunterrichtes an amerikanischen High Schools, gelle?
Es ist bezeichnend für das Niveau der Argumentation, daß philosophische Zusammenhänge, wenn genehm, aus Architektur gefolgert werden, wenn der eigenen Argumentation nicht dienlich dagegen selbst die Bedeutung von Textstellen vehement in Abrede gestellt bzw. ignoriert wird.
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Hier scheint sich ein ungenügendes Verständnis des Herrn Dorfner der US Geschichte / "Founding Fathers" zu offenbaren.
"großen Bedeutung des Griechischunterrichtes ..." etc. ist wiederrum nur billige Polemik. Wie aus meinen kurzen Argumentation unschwer geschlossen werden konnte war Architektur eine Entsprechung der Geisteshaltung.
Wenn Sie mit amerikanischer Historie argumentieren wollen, sollten sie sich erst ein etwas fundierteres Wissen zulegen. Die "Oxford History of the American People" wäre da mal was zum Einstieg.
Alex Dorfner
Zitat: | Sehr geehrter Herr Brahms, darf ich mir die Bemerkung erlauben, daß Ihre G-moll Rhapsodie besser gelungen sind als Ihr Beitrag. |
Billige Polemik - solltest Dich mal wieder auf "christliche Werte" wie Nächstenliebe und Feindesliebe besinnen.
Gruss von Brahms
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#307395) Verfasst am: 22.06.2005, 19:24 Titel: |
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lupus hat folgendes geschrieben: | Jetzt wird es aber ganz krass. Ich habe keinesfalls die Schwächung des Christentums daraus abgeleitet, dass der Gleichheitsgedanke nicht christlich sei. Mir schien diese Schwächung eine selbstverständliche Feststellung, die übrigens die Christenfunktionäre selbst lauthals beklagen ... |
Nur wenn Sie den Gleichheitsgedanken als nicht-christlich definieren können Sie zur Beobachtung einer Schwächung christlicher Werte überhaupt kommen. Genau die nicht-christliche Natur des Gleichheitsgedankens ist aber das, was Sie eigentlich belegen wollen.
Die Behauptung einer Identität christentum=Kirche hängt m.E. sehr eng mit Ihrer Behauptung einer Trennung zwischen Christentum und dessen abstrakten Wertvorstellungen wie Gleichheit etc. zusammen. Daß nicht nur Sie, sondern auch kirchennahe Elemente interessiert sind in diesem Sinne zu argumentieren hat naheliegende Gründe erhöht Ihre Glaubwürdigkeit nicht.
Ganz typisches Beispiel: Sie verweisen z.B. auf gesteigerte Bereitschaft zur Abtreibung hin. Das ist eine politische Position der Kirche und hat nichts mit irgendeiner christlichen Lehre zu tun.
Zu Lourdes:
lupus hat folgendes geschrieben: | Die Christlichkeit des Wallfahrtsrummels beruht nicht darauf, dass "ausgerechnet dort irgendjemand eine Erscheinung zu haben meinte, gleichzeitig dort eine Quelle war", sondern darauf, dass dort eine Christin eine Figur gesehen haben will, die dieselbe Christin und andere dann christlich interpretiert haben.
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Die Christlichkeit des Gleichheitsrummels könnte also z.B. ganz analog darauf beruhen, daß ein Christ irgendwann mal auf die Idee gekommen ist, daß alle Menschen gleich sein sollten und dies dann aus der Bibel begründet hat, was dann auch von anderen aufgegriffen wurde.
lupus hat folgendes geschrieben: | Deutlich wird dies z.B. dadurch, dass der Gesetzgeber mit einem Federstrich Sklaverei abschaffen kann. |
Interessantes Argument: auch Hitler hatte die administrativen Möglichkeiten Rassismus abzuschaffen. Aber nicht die Motivation. Auf die kommts also offenbar an. Die liefert das römische Recht ebenfalls nicht.
Rom schaffte die Sklaverei auch nicht ab, sondern z.B. die christlichen USA. Zugegebenermaßen nicht mit einem Federstrich.
lupus hat folgendes geschrieben: | Wenn ich mehrere Götter habe, können diese sowohl gleich als auch ungleich sein. Wenn ich nur einen habe, kann er unmöglich "gleich" sein. |
Hier haben Sie mich total mißverstanden. Poly-Götter sind antropomorph oder zumindest anschaulich. Für den Mono-Gott existiert keine bildliche Vorstellung. Der Übergang zum Monotheismus ist somit gleichheitig eine Hinwendung zu abstrakt-formalem Denken. Dieses ist aber für die Akzeptanz des Gleichheitsgedankens notwendig.
Zum Thema Opportumismus
lupus hat folgendes geschrieben: | Nein, aber es ist empirisch belegt, dass dies gelegentlich vorkommt.
Die Frage war ja eigentlich, warum Aufklärer in Gegensatz zu manchen anderen Opportunismus nicht nötig gehabt haben sollen. |
Sie weichen aus. Sie haben meine Fragen nicht beantwortet. Aber egal.
Ihre Behauptung war, daß Vertreter des Gleichheitsgedankens, wie Münzer und die Autoren der Deklaration von 1776 die Bibel- und Gottesbezüge in den genannten Schriften aus Opportunismus ohne wirkliche Überzeugung eingebaut hätten (Ihre Rede: "zweitrangige Argumentationshilfen"). Nun räumen Sie ja selbst ein, daß dergleichen opportunismus nur "gelegentlich" vorkommt. Ausgerechnet den genannten Personen, von denen auch Biographien und weitere Schriften bekannt sind, würde ich das am wenigsten unterstellen. Und selbst wenn strategische Überlegungen mit im Spiel gewesen wären, die ja nur darauf zielen konnten Mehrheiten (immer gerne auch unter "Mächtigen") zu finden, wäre das ein Indiz, daß die christliche Basis den Gleichheitsgedanken befördert hat.
Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, daß Sie sich Sie mir lang und breit erklären, warum die christliche Religion noch bis ins 18. Jahrhundert nicht so besonders verbreitet gewesen sein soll (Ihr Beitrag am: 20.06.2005, 01:22). Da ernten Sie nicht nur von mir Widerspruch, sondern z.B. hier im Thread auch vom Diskutanten Falameezar (und vielen anderen), der nun gerade wieder größten Wert darauf legte daß das christentum sich sooo "schnell" ausgebreitet habe, daß die lange Verzögerung bis 1776 überhaupt nicht erklärbar gewesen sei.
Darf ich Sie bei dieser Gelegenheit vielleicht daran erinnern, daß eine der wichtigsten Triebkräfte bei der Besiedelung Amerikas die Religionsfreiheit war.
lupus hat folgendes geschrieben: | Abgesehen davon möchte ich mir vorbehalten zu untersuchen,... |
Das haben Sie sehr schön gesagt, Herr lupus. So recht nach Juristenart. Ich behalte mir natürlich auch vor viele weitere christliche Konzepte anzuführen, die in der Ausbreitung befindlich sind. Ich halte es allerdings momentan für kontraproduktiv die Diskussion auf 4-5 Themen parallel zu erweitern.
Brahms hat folgendes geschrieben: | Wie aus meinen kurzen Argumentation unschwer geschlossen werden konnte war Architektur eine Entsprechung der Geisteshaltung. |
Wie aus meiner kurzen Argumentation unschwer geschlossen werden konnte wäääären m.E. ein Lehrinhalte eine wesentlich überzeugendere Entsprechung der Geisteshaltung
Brahms hat folgendes geschrieben: | Hier wie dort die selbe Unterteilung in Bürger und Sklaven bei Entfall der der Aristokratie im Nordamerika |
... und bei Entfall der Sklaven in Nordamerika ab ca. 1860 oder wann war das?
Herr Brahms, eine gelegentliche polemische Herangehensweise ist auch Ihnen nicht ganz fremd. Sie zeigt sich sowohl in Ihren Beiträgen als auch in Ihrer G-moll Rhapsodie und es liegt mir fern Ihnen einen Vorwurf daraus zu machen
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Brahms Geschwafelkommodore
Anmeldungsdatum: 15.06.2005 Beiträge: 495
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(#307412) Verfasst am: 22.06.2005, 20:11 Titel: |
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Zitat: | Brahms hat folgendes geschrieben: | Wie aus meinen kurzen Argumentation unschwer geschlossen werden konnte war Architektur eine Entsprechung der Geisteshaltung. |
Wie aus meiner kurzen Argumentation unschwer geschlossen werden konnte wäääären m.E. ein Lehrinhalte eine wesentlich überzeugendere Entsprechung der Geisteshaltung
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Griechischunterischt für alle. Aha. In der Bauerngesellschaft der frühen USA?
Zitat: | Brahms hat folgendes geschrieben: | Hier wie dort die selbe Unterteilung in Bürger und Sklaven bei Entfall der der Aristokratie im Nordamerika |
... und bei Entfall der Sklaven in Nordamerika ab ca. 1860 oder wann war das?
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US-Verfassung bis 1860. Da liegt ja nur ein knappes Jahrhunder dazwischen ....
Gruss von Brahms
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#307470) Verfasst am: 22.06.2005, 22:40 Titel: |
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AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Sie weichen aus. Sie haben meine Fragen nicht beantwortet. |
Das Kompliment kann ich zurückgeben, denn es wäre an der Zeit, darzulegen, welche "viele anderen fundamentalen judeo-christlichen Prinzipien weltweit auf dem Vormarsch" sind. Aber richtig, das wäre ja "kontraproduktiv", weil dann schnell zu Tage träte, dass diese Behauptung total aus der Luft gegriffen ist.
Ich habe auch gar nicht die Absicht, mich in Detailfragen zu Einzelbiographien zu verzetteln. Die Strategie ist natürlich klasse: Man nehme den einzigen Aspekt unserer Werteordnung, wo christliche Abstammung noch einigermaßen plausibel begründet werden kann (wie ich ja selbst bereits wiederholt festgestellt habe). Dann beiße man sich in Details fest, bis überhaupt nicht mehr auffällt, dass die Ausgangsthese der weitgehenden Christlichkeit unserer Werteordnung aus ganz anderen Gründen nicht zu verteidigen ist.
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, daß Sie sich Sie mir lang und breit erklären, warum die christliche Religion noch bis ins 18. Jahrhundert nicht so besonders verbreitet gewesen sein soll (Ihr Beitrag am: 20.06.2005, 01:22). |
Ich habe von Durchdringung und Verankerung gesprochen, nicht von Verbreitung. Aber wenn man korrekt zitieren würde, könnte man mich natürlich nicht so hämisch niedermachen...
AlexDorfner hat folgendes geschrieben: | Ich halte es allerdings momentan für kontraproduktiv die Diskussion auf 4-5 Themen parallel zu erweitern. |
Wie gesagt: Die Strategie ist durchschaut. Ein einziger weiterer Aspekt würde übrigens schon reichen, um einigermaßen glaubwürdig zu bleiben, es müssen nicht vier oder fünf sein.
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#307526) Verfasst am: 23.06.2005, 00:55 Titel: |
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Sorry lupus, wenn ich nicht direkt auf Deinen Beitrag von vor ein paar Tagen antworte.
Grund, mich in das Thema einzuklinken ist die in einem anderen Thread aufgekommene Meinung, der heutige immer noch allgegenwärtige Bezug zum Christentum in vielen alltäglichen Bereichen sei willkürlich und darüber hinaus noch diskriminierend. Im Grunde wurde dem Christentum die Verflechtung mit unserer kulturellen Entwicklung und damit die Daseinsberechtigung abgesprochen.
Damit war ich nicht einverstanden.
Gerade aus der Diskussion hier wird klar, dass das Christentum teil eines hochkomplexen Systems mit Eigendynamk und etlichen Rückkopplungsschleifen war und ist. Und damit in unserer Kultur etablierte Werthaltungen mit geschaffen hat und von diesen aber auch verändert wird.
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lupus registrierter User
Anmeldungsdatum: 07.02.2005 Beiträge: 586
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(#307571) Verfasst am: 23.06.2005, 09:38 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | Im Grunde wurde dem Christentum die Verflechtung mit unserer kulturellen Entwicklung und damit die Daseinsberechtigung abgesprochen. |
Nana, was mit unserer kulturellen Entwicklung nicht verflochten ist, verliert damit doch nicht gleich seine Daseinsberechtigung.
Latenight hat folgendes geschrieben: | ..., dass das Christentum teil eines hochkomplexen Systems mit Eigendynamik und etlichen Rückkopplungsschleifen war und ist. Und damit in unserer Kultur etablierte Werthaltungen mit geschaffen hat und von diesen aber auch verändert wird. |
So allgemein gehalten will ich das sogar unterschreiben. Aber Gleiches gilt für viele andere geistesgeschichtliche Überlieferungen. Und über die jeweiligen Anteile dürften wir auch geteilter Meinung sein.
Außerdem gibt es verschiedene Arten von Einflüssen, positive, negative und neutrale.
Die positiven überlass ich dir, da bist du ja ganz firm.
Die negative Art von Einfluss könnte z.B. eine Gegenreaktion sein: Man predigt Demut, weil nur Gottes Wille geschieht und wir Menschen dagegen nichts sind. > Der gedemütigte Mensch bäumt sich schließlich auf und besteht auf der eigenen Würde. Oder: Nach jahrhundertelangen Versuchen eines logischen Gottesbeweises muss man schließen, dass dieser Beweis unmöglich ist.
Dann gibt es noch die "neutralen" Einflüsse. Da kenne ich einen ganz tollen: Der Zölibat ist gut für die Demokratie!
Das war historisch tatsächlich so, denn die katholische Kirche konnte wegen des Zölibats ihre Ämter nicht durch Vererbung besetzen. Also musste gewählt werden. Zwar handelte es sich nur um Kooptation, aber auf diese Weise kam man dazu, ausgefeilte Wahlverfahren zu entwickeln, von denen unsere heutige Wahlgesetzgebung sehr profitiert hat.
Muss ich deswegen den Zölibat jetzt als etwas Gutes ansehen?
_________________ They all err — Moslems, Jews,
Christians, and Zoroastrians:
Humanity follows two world-wide sects:
One, man intelligent without religion,
The second, religious without intellect.
Abu 'L-ala Ahmad b. Abdallah al-Ma'arri (973-1057)
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AlexDorfner Profillos
Anmeldungsdatum: 27.05.2005 Beiträge: 208
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(#307790) Verfasst am: 23.06.2005, 19:47 Titel: |
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lupus hat folgendes geschrieben: | Ich habe von Durchdringung und Verankerung gesprochen, nicht von Verbreitung. Aber wenn man korrekt zitieren würde, könnte man mich natürlich nicht so hämisch niedermachen... |
Herr Lupus, es ging ganz konkret um die Frage: machte für einen Aktivisten gegen die Leibeigenschaft im Mittelalter der Versuch einer Mobilisierung der Allgemeinbevölkerung durch Bibelbezüge Sinn? Bei den Bauernaufständen von Wat Tyler 1380 arbeitete der Priester John Ball als Agitator, der die analphabetische Bevölkerung mit griffigen Parolen mobilisierte. Überliefert ist z.B.: "When Adam delved and Eve span Who was then the gentleman?". Der Gleichheitsgedanke wird aus der Genesis erklärt. Fazit: Auch bei der breiten Bevölkerung war also auch wieder dieser Bezug der einfachste Weg die message überzeugend zu vermitteln.
lupus hat folgendes geschrieben: | Ich habe auch gar nicht die Absicht, mich in Detailfragen zu Einzelbiographien zu verzetteln. |
Genau das sind aber die historischen Fakten, von reinen Spekulationen halte ich wenig.
lupus hat folgendes geschrieben: | Die Strategie ist natürlich klasse: Man nehme den einzigen Aspekt unserer Werteordnung, wo christliche Abstammung noch einigermaßen plausibel begründet werden kann (wie ich ja selbst bereits wiederholt festgestellt habe) |
Wenn ich die Frage nach einem Vermächtnis beantworten soll, dann nehme ich natürlich etwas heraus, das ich auch dafür halte.
Zu möglichen weiteren Aspekten spezifisch christlicher Werteordnung:
lupus hat folgendes geschrieben: | Ein einziger weiterer Aspekt würde übrigens schon reichen, um einigermaßen glaubwürdig zu bleiben, es müssen nicht vier oder fünf sein. |
Merkmale christlicher Denkweise wären neben dem Gleichheitsgedanken ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Konzept einer absoluten Wahrheit
- Auffassung, daß diese absolute Wahrheit vom Menschen grundsätzlich (natürlich nie vollständig) erkennbar sei
- Eifer zur Mission andersdenkender
- Konzept absoluter unveräußerlicher Rechte
- Konzept einer messianischen Erlösung
- restriktive Sexualmoral
lupus hat folgendes geschrieben: | Griechischunterischt für alle. Aha. In der Bauerngesellschaft der frühen USA? |
Ach soooo, die Bauern. Und ich dachte, als Sie von hellenistischen Offizialbauten Sprachen, wäre von den Städten die Rede gewesen. Wer saß in den Offizialbauten eigentlich drin? Bauern? Kühe?
lupus hat folgendes geschrieben: | US-Verfassung bis 1860. Da liegt ja nur ein knappes Jahrhunder dazwischen .... |
In diesem Thread war mehrfach davon die Rede, daß gewisse Prozesse der Bewußtseinsbildung eine gewisse Zeit brauchen. Im Norden war die Sklaverei übrigens schon vorher weitestgehend zurückgedrängt.
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