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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#500960) Verfasst am: 18.06.2006, 02:04 Titel: 20. Juli 1944: "too little, too late!" |
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Und wieder rückt er näher, der Tag an dem die Nation den Widerstand des 20. Juli 1944 zelebriert. Guido Knopp wird seinen „Aufstand des Gewissens“ herunterleiern, zum wievieltausendsten Mal wird uns aus allen berufenem Mündern das Widerständler-Zitat: „Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.“ wieder und wieder um die Ohren gehauen wird.
Warum wurdne ausgerechnet diese Herrschaften zu Symbolfiguren des Widerstandes? Meist erklärte Gegner der Weimarer Republik und begeisterte Militaristen, Nationalisten, fanatische Kommunistenhasser und teilweise Antisemiten. Stauffenberg etwa schreibt nach der Eroberung Polens in einem Brief an seine Frau: „Die Bevölkerung, ein unglaublicher Pöbel, sehr viele Juden und sehr viel Mischvolk: Ein Volk, welches sich unter der Knute wohl fühlt. Die Tausenden von Gefangenen werden unserer Landwirtschaft recht gut tun“. Stülpnagel, der den Kommissarbefehl noch verschärfte: „Sabotage ... vornehmlich jüdische Komsomolzen zu erschießen, wenn die Täter nicht feststellbar sind“. Der Spiegel schreibt 2004 "Unter den Verschwörern gegen Hitler fanden sich nur wenige Demokraten, wohl aber einige Antisemiten und manche Kriegsverbrecher. Viele hatten zeitweise vom Griff nach der Weltmacht geträumt. ... Die meisten Verschwörer standen dem Nationalsozialismus zunächst neutral oder sogar wohlwollend gegenüber. "
Nationalistische Opportunisten, die Hitlers revisionistische Außen- und hemmungslose Aufrüstungspolitik begrüßen, zudem eloquent und zackig im Auftreten, dürstend nach Beförderung. Sie stehen der Kriegskunst des Wiener Gefreiten zwar zunächst skeptisch gegenüber, beteiligen sich aber an der Vorbereitung und Planung des Angriffskrieges Geblendet vom anfänglichen Erfolgen, marschieren sie in der Masse begeistert mit und teilweise sogar vorneweg. Erst 1941/1942 wendet sich das Kriegsglück Hitlers, und rasch wird einigen Militärs die Ausweglosigkeit des Kampfes gegen den Rest der Welt klar. Erst jetzt wenden sie sich vom Führer ab, den sie unter vorgehaltener Hand schon immer für einen Proleten gehalten haben, erst jetzt wird ernsthafter Widerstand in Erwägung gezogen. Natürlich hat es auch noch schlimmere gegeben - solche wie Keitel und Jodel, die noch bis in den April 45 an den Endsieg glaubten oder das zumindest behaupteten, sie waren verblendet, aber eben keine Opportunisten. Nicht etwa die Sorge um die Opfer des Nationalsozialismus nicht etwa der millionenfache Völkermord trieb die Helden des 20. Juli an. Nein! Es war die Sorge um „die Verletzung der Ehre der deutschen Armee“ (Oberst Gersdorff).
Ganz sicher, das was Stauffenberg, Haeften, Quirnheim und Olbricht taten war mutig, aber warum ausgerechnet diese Männer immer wieder als Speerspitze des Widerstandes genannt werden ist mir ein ganz und gar ekelhaftes Rätsel. Im Übrigen waren sie Dilettanten: Der 20. Juli war ihr dritter Versuch und alles andere als ein Erfolg, wie die Geschichte lehrt.
T.
PS: Ein bisschen "altes Material" recyclen... nur damit ich die 1000 voll kriege... ich hoffe ihr verzeiht mir dies
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AdvocatusDiaboli Öffentlicher Mobber
Anmeldungsdatum: 12.08.2003 Beiträge: 26397
Wohnort: München
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(#501060) Verfasst am: 18.06.2006, 12:31 Titel: |
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Die Bundesrepublik braucht halt einen Gründungsmythos.
Ehrliche und anständige Deutsche begehrten gegen die braunen Proleten auf, die ja keine echte Deutschen waren, weil sie das Vaterland verrieten (äh, dummerweise den Krieg verloren). Die Helden des 7-20 stritten für Einigkeit und Recht und Freiheit und zahlten mit ihrem glorreichen Leben dafür. Welch Tragik! Und wenn man sich die Geschichte der Bundesrepublik vor Augen führt, waren sie die idealen Vorbilder für ein aufstrebendes Land des real existierenden Kapitalismus.
_________________ Triggerwarnung: Der toxische Addi hat gepostet. Oh, zu spät, Sie haben das schon gelesen.
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GermanHeretic Individualoptimist & Kulturpessimist
Anmeldungsdatum: 16.06.2004 Beiträge: 4932
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(#501072) Verfasst am: 18.06.2006, 12:40 Titel: |
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Oh ja, wir können uns auf weitere Beiträge der Reihe "Hitler, Knopps Helfer" freuen.
Aber im Ernst, bei allen Fehlern und Diletantismus, den die Verschwörer an den Tag gelegt haben, wie hätte man denn einen hochgerüsteten Parteiapparat (SS, Waffen-SS, SD, zum Teil noch SA) anders beseitigen können als aus den Reihen der einzigen bewaffneten Organisation, die noch einen, wenn auch kleinen, Rest an Nichtgleichschaltung besaß?
_________________ "Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück." (Henrik Ibsen)
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#501208) Verfasst am: 18.06.2006, 15:40 Titel: |
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GermanHeretic hat folgendes geschrieben: | Oh ja, wir können uns auf weitere Beiträge der Reihe "Hitler, Knopps Helfer" freuen.
Aber im Ernst, bei allen Fehlern und Diletantismus, den die Verschwörer an den Tag gelegt haben, wie hätte man denn einen hochgerüsteten Parteiapparat (SS, Waffen-SS, SD, zum Teil noch SA) anders beseitigen können als aus den Reihen der einzigen bewaffneten Organisation, die noch einen, wenn auch kleinen, Rest an Nichtgleichschaltung besaß? |
Es gab auch Privatpersonen, die aufbegehrten.
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GermanHeretic Individualoptimist & Kulturpessimist
Anmeldungsdatum: 16.06.2004 Beiträge: 4932
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(#501210) Verfasst am: 18.06.2006, 15:43 Titel: |
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Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | GermanHeretic hat folgendes geschrieben: | Oh ja, wir können uns auf weitere Beiträge der Reihe "Hitler, Knopps Helfer" freuen.
Aber im Ernst, bei allen Fehlern und Diletantismus, den die Verschwörer an den Tag gelegt haben, wie hätte man denn einen hochgerüsteten Parteiapparat (SS, Waffen-SS, SD, zum Teil noch SA) anders beseitigen können als aus den Reihen der einzigen bewaffneten Organisation, die noch einen, wenn auch kleinen, Rest an Nichtgleichschaltung besaß? |
Es gab auch Privatpersonen, die aufbegehrten. |
Sicher und die sollte man nicht vergessen. Aber was konnten die im großen Maßstab erreichen? Operation Walküre hatte zumindestens ansatzweise die Chance auf Erfolg.
_________________ "Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück." (Henrik Ibsen)
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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GermanHeretic Individualoptimist & Kulturpessimist
Anmeldungsdatum: 16.06.2004 Beiträge: 4932
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(#501215) Verfasst am: 18.06.2006, 15:53 Titel: |
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Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Georg Elser hätte es fast geschafft. Die Bombe explodierte 13 Minuten zu spät.r |
Gut, der hätte Hitler weggepustet. Und wie hätte er dann die SS entwaffnet?
_________________ "Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück." (Henrik Ibsen)
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#501221) Verfasst am: 18.06.2006, 16:01 Titel: |
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GermanHeretic hat folgendes geschrieben: | Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Georg Elser hätte es fast geschafft. Die Bombe explodierte 13 Minuten zu spät.r |
Gut, der hätte Hitler weggepustet. Und wie hätte er dann die SS entwaffnet? |
Ohne Hitler hätte sich die Führung der NSDAP vielleicht durch Machtkämpfe selbst geschwächt und das Ausland hätte eingreifen können. Aber das sowieso nur alles Spekulation.
Wichtig ist, dass Georg Elser das Attentat nicht verübt hat um die Ehre der Armee zu retten (wie Stauffenberg), sondern um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Das war hier ja der Grund für die Kritik am Attentat vom 20. Juli.
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GermanHeretic Individualoptimist & Kulturpessimist
Anmeldungsdatum: 16.06.2004 Beiträge: 4932
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(#501223) Verfasst am: 18.06.2006, 16:02 Titel: |
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Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Wichtig ist, dass Georg Elser das Attentat nicht verübt hat um die Ehre der Armee zu retten (wie Stauffenberg), sondern um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Das war hier ja der Grund für die Kritik am Attentat vom 20. Juli. |
Ehrlich gesagt wäre mir scheißegal gewesen, aus welchem Grund jemand die Nazis vor '45 abgeschafft hätte. Hauptsache weg. Schlimmer hätte es nicht werden können.
_________________ "Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück." (Henrik Ibsen)
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#501232) Verfasst am: 18.06.2006, 16:06 Titel: |
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GermanHeretic hat folgendes geschrieben: | Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Wichtig ist, dass Georg Elser das Attentat nicht verübt hat um die Ehre der Armee zu retten (wie Stauffenberg), sondern um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Das war hier ja der Grund für die Kritik am Attentat vom 20. Juli. |
Ehrlich gesagt wäre mir scheißegal gewesen, aus welchem Grund jemand die Nazis vor '45 abgeschafft hätte. Hauptsache weg. Schlimmer hätte es nicht werden können. |
Sicher, aber sie später als Helden zu feiern ist Heuchelei.
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Alchemist registrierter User
Anmeldungsdatum: 03.08.2004 Beiträge: 27897
Wohnort: Hamburg
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(#501397) Verfasst am: 18.06.2006, 18:59 Titel: |
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Ich teile deine Ansicht Sehwolf.
Es war ja nicht so, dass die Hintermänner des Anschlages einen verschuldeten Krieg, millionenfaches, fließbandartiges Morden sahen und sich deswegen dachten, dass der Hitler weg müsse.
Sondern die drohende militärische Niederlage, die einige immer noch negierten, veranlasste sie zum Handeln.
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Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#501466) Verfasst am: 18.06.2006, 19:30 Titel: |
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Sermon hat folgendes geschrieben: | http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=152712#152712 | Tresckow, nicht Treskow.
Über wie viele andere Verschwörer des 20. Juli lässt sich denn noch sagen, dass sie ebenfalls an Kriegsverbrechen teilgenommen haben?
http://www.wsws.org/de/1995/apr1995/wehr-a14.shtml
Über Arthur Nebe:
Zitat: | So zählte der notorische Massenmörder Arthur Nebe schon seit 1938 zum Kreis der Verschwörer. General von Tresckow, der sich, wie die Legende weiß, nach seiner anfänglichen Begeisterung 1933 angeblich vom Nationalsozialismus abgewandt hat, wird als einer der Hauptverantwortlichen des Holocausts im Bereich der Heeresgruppe Mitte entlarvt. Etliche der an der Verschwörung beteiligte Offiziere waren buchstäblich gleichzeitig Organisatoren des Völkermordes. Die Opposition des 20. Juli 1944 hatte nichts mit "Abscheu über die Verbrechen der Nazis" zu tun, nichts mit einem "verzweifelten Versuch, dem Massenmorden Einhalt zu gebieten". Sie beruhte einzig und allein auf Differenzen mit Hitler darüber, wie der Krieg noch zu gewinnen oder mit möglichst wenig Verlusten für Deutschland zu beenden sei. |
Wikipedia über Arthur Nebe:
Zitat: | Während des Zweiten Weltkriegs war Nebe im Rang eines SS-Brigadeführers bis Oktober 1941 Kommandant der SS-Einsatzgruppe B, die für zahlreiche Massaker an der sowjetischen Zivilbevölkerung verantwortlich war. Während dieser Zeit soll er Tausenden von Zivilisten das Leben gerettet haben, indem er überhöhte Zahlen von Exekutionen meldete, beziehungsweise Exekutionen meldete, die nie durchgeführt wurden. |
Welche der beiden Aussagen passender ist, lässt sich schlecht sagen.
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#501505) Verfasst am: 18.06.2006, 19:59 Titel: |
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Nee Hitler ging früher als geplant, oder?
Früher hatte ich ne kleine Liste mit alternativen Helden an dem Artikel dran, die hab ich dieses mal weggelassen wahrscheinlich deswegen
Bei Elser find ich einen Gedanken besonders interessant. Hätte er Erfolg gehabt, welches Hitler-Bild hätten wir heute? War im November 39, also vor Kampfhandlungen an der Westfront. Kampfhandlungen in Polen waren im Prinzip vorbei.
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Nachtrag zum Originalbeitrag:
Weniger bekannte Widerständler
Helmuth Hübener:
- beginnt 1941 im Alter von 16 Jahren selbstständig mit der Herstellung und Verbreitung antifaschistischer Flugblätter.
- im Alter von 17 Jahren hingerichtet
Bartholomäus Schink:
- Edelweißpirat
- wegen eines Sprengstoffanschlages auf die Gestapo im Alter von 16 Jahren öffentlich gehängt
Georg Elser:
- verübt schon 1939 im Alleingang Bombenattentat auf Hitler
- stirbt 1945 in Auschwitz
Und andere, die sich dem Wahnsinn des Hitlerregimes entzogen und einfach „Mensch“ blieben:
10-12 namenlose Angehörige des Reservepolizeibataillons 101:
Vor dem ersten Erschießungseinsatz in Józefów hält der Kompaniechef eine Ansprache. Ein Zeuge in einem Prozess 1964: „Er erläuterte seinen Männern die Einsatzaufgabe. Dabei ließ er keinen Zweifel daran, daß alle Juden des Ortes zu erschießen seien ... Seine Einstellung zu Einsätzen dieser Art ergibt sich aus einer Bemerkung, die er später gegenüber Angehörigen des Bataillons machte: 'Solche Aktionen lieben wir nicht, aber Befehl ist Befehl.' Am Ende seiner Ansprache erklärte Trapp, daß diejenigen älteren Bataillonsangehörigen, die sich der bevorstehenden Aufgabe nicht gewachsen fühlten, vortreten sollten. Darauf trat nach einer Zeit des Wartens der Zeuge S. allein vor. Ihm schlossen sich nach und nach etwa 10 weitere Kameraden an. Der Kompanieführer Hoffmann, zu dessen Kompanie der Zeuge S. gehörte, gab seinen Unmut für dieses Verhalten durch eine erregte Äußerung zu erkennen. Die Männer, die vorgetreten waren, wurden nicht zu den Exekutionen eingeteilt..“
Nur 10, oder vielleicht 12 mutige, standhafte Männer aus über 500. Sie waren die einzigen, die die Teilnahme an der Erschießung Tausender Juden verweigerten. Keiner von ihnen hatte übrigens unter nennenswerten Repressalien zu leiden, auch nicht jene die anfangs mitmachten und sich später unauffällig verdrückten.
Rosenstraßen-Protest:
Ende Februar 1943 versammelten sich spontan Hunderte von Demonstranten, meist die „arischen“ Ehepartner und Angehörige - übrigens überwiegend Frauen - von Juden aus Mischehen, Gesinnungsjuden und Halbjuden, die kurz zuvor verhaftet worden waren. Obwohl immer wieder einige der Demonstrantinnen verhaftet wurden und trotz der Androhung massiver Gewalt seitens der Polizei, wurde die Demonstration mit Erfolg fortgesetzt. Alle Inhaftierten wurden auf Befehl von Goebbels wenig später entlassen, es wurden sogar diejenigen, zurückgeführt, die schon zuvor nach Auschwitz deportiert worden waren.
Die Beschäftigung mit dem Widerstand darf nicht das Ziel haben Verbrechen die im Namen Deutschlands geschehen sind zu relativieren. Kein „20. Juli“-Baldrian kann die kollektive Erinnerung an die historisch einmaligen Verbrechen auslöschen. Nichts kann die Schuld schmälern. Ebenso wenig die Verantwortung die daraus erwächst. Zu viele waren Täter, irgendwie. Manche beteiligten sich aktiv, viele passiv. Tatsächlich wussten viele nicht was geschah, aber allzu viele wussten genug um zu wissen, dass sie nicht mehr wissen wollten. Alle - auch die Täter - hatten eines gemeinsam: Sie waren keine Monster, keine Verrückten, sie waren ganz normale Menschen und sie hatten eine Wahl!
T.
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#501522) Verfasst am: 18.06.2006, 20:11 Titel: |
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Sehwolf hat folgendes geschrieben: |
Nee Hitler ging früher als geplant, oder? |
Ja, wie man's nimmt.
Zitat: | Bei Elser find ich einen Gedanken besonders interessant. Hätte er Erfolg gehabt, welches Hitler-Bild hätten wir heute? War im November 39, also vor Kampfhandlungen an der Westfront. Kampfhandlungen in Polen waren im Prinzip vorbei. |
Er wäre dann weniger das personifizierte Böse, sondern einfach nur ein erfolgreicher Populist, der dann abserviert wurde.
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#501526) Verfasst am: 18.06.2006, 20:14 Titel: |
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Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Sehwolf hat folgendes geschrieben: |
Nee Hitler ging früher als geplant, oder? |
Ja, wie man's nimmt.
Zitat: | Bei Elser find ich einen Gedanken besonders interessant. Hätte er Erfolg gehabt, welches Hitler-Bild hätten wir heute? War im November 39, also vor Kampfhandlungen an der Westfront. Kampfhandlungen in Polen waren im Prinzip vorbei. |
Er wäre dann weniger das personifizierte Böse, sondern einfach nur ein erfolgreicher Populist, der dann abserviert wurde. |
Haffner hat in seinen Anmerkungen zu Hitler (sinngemäß) geschrieben:
Wäre Hitler Ende 38 (also nach München) einem Attentat zum Opfer gefallen würde er heute als der größte Staatsmann aller Zeiten gelten.
T.
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#501532) Verfasst am: 18.06.2006, 20:19 Titel: |
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Sehwolf hat folgendes geschrieben: | Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Sehwolf hat folgendes geschrieben: |
Nee Hitler ging früher als geplant, oder? |
Ja, wie man's nimmt.
Zitat: | Bei Elser find ich einen Gedanken besonders interessant. Hätte er Erfolg gehabt, welches Hitler-Bild hätten wir heute? War im November 39, also vor Kampfhandlungen an der Westfront. Kampfhandlungen in Polen waren im Prinzip vorbei. |
Er wäre dann weniger das personifizierte Böse, sondern einfach nur ein erfolgreicher Populist, der dann abserviert wurde. |
Haffner hat in seinen Anmerkungen zu Hitler (sinngemäß) geschrieben:
Wäre Hitler Ende 38 (also nach München) einem Attentat zum Opfer gefallen würde er heute als der größte Staatsmann aller Zeiten gelten.
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Gut möglich. (Aber das ist natürlich alles nur Spekulation.)
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#501548) Verfasst am: 18.06.2006, 20:41 Titel: |
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Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Sehwolf hat folgendes geschrieben: |
Nee Hitler ging früher als geplant, oder? |
Ja, wie man's nimmt. |
Ein bisschen "Klugscheiß":
Die "Bombe explodierte zu spät" hört sich nach einem Konstruktionsfehler oder Planungsfehler Elsers an. Soweit ich mich erinnere hat er die Bombe absichtlich erste am Ende der Veranstaltung zünden wollen um sowenig wie möglich Unschuldioge Zuhörer zu schädigen. Das Hitlers Rede kürzer war als vorgesehen und dass er den Bierkeller sofort verließ konnte Elser nicht ahnen.
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Gut möglich. (Aber das ist natürlich alles nur Spekulation.) |
Logo. Ist aber aus den von dir besagten Gründen wichtig: Hitler war nicht das personifizierte Böse, Hitler war ein "normaler" (und wahrscheilich sogar hochintelligenter) Mensch.
T.
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Yamato Teeist
Anmeldungsdatum: 21.08.2004 Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore
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(#501553) Verfasst am: 18.06.2006, 20:46 Titel: |
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Sehwolf hat folgendes geschrieben: | Tobias Brandt hat folgendes geschrieben: | Sehwolf hat folgendes geschrieben: |
Nee Hitler ging früher als geplant, oder? |
Ja, wie man's nimmt. |
Ein bisschen "Klugscheiß":
Die "Bombe explodierte zu spät" hört sich nach einem Konstruktionsfehler oder Planungsfehler Elsers an. Soweit ich mich erinnere hat er die Bombe absichtlich erste am Ende der Veranstaltung zünden wollen um sowenig wie möglich Unschuldioge Zuhörer zu schädigen. Das Hitlers Rede kürzer war als vorgesehen und dass er den Bierkeller sofort verließ konnte Elser nicht ahnen. |
Schon klar.
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Jabberwock burbles as he comes
Anmeldungsdatum: 09.10.2003 Beiträge: 107
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(#501557) Verfasst am: 18.06.2006, 20:52 Titel: |
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Sehwolf hat folgendes geschrieben: |
... Nur 10, oder vielleicht 12 mutige, standhafte Männer aus über 500. Sie waren die einzigen, die die Teilnahme an der Erschießung Tausender Juden verweigerten. Keiner von ihnen hatte übrigens unter nennenswerten Repressalien zu leiden, auch nicht jene die anfangs mitmachten und sich später unauffällig verdrückten.
(Hervorhebung von Jabberwock)
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Das ist ein durchaus interessanter und leider viel zu wenig bekannter Fakt:
Dass nämlich die oben genannten wie auch die Erschießungskommandos bei Wehrmacht und Waffen-SS, die zu Geiselerschießungen in besetzten Gebieten abkommandiert waren, ausschließlich aus Freiwilligen bestanden (bei miltärischen Standgerichtsurteilen war es eventuell etwas anders, aber da bin ich nicht allzu genau informiert).
Auf alle Fälle gab es für jeden Soldaten die Möglichkeit, sich solche Kommandos zu entziehen und alle heute noch auffindbaren Akten dieser Ära belegen, dass kein einziger, der sich dieser "Pflicht" entzog, Repressalien ausgesetzt war.
Was das Argument vom Befehlsnotstand jedenfalls in dieser Angelegenheit als Ausrede entlarvt.
Jabberwock
_________________ Beware the Jabberwock, my son,
the jaws that bite, the claws that scratch...
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#501567) Verfasst am: 18.06.2006, 21:00 Titel: |
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Jabberwock hat folgendes geschrieben: | Auf alle Fälle gab es für jeden Soldaten die Möglichkeit, sich solche Kommandos zu entziehen und alle heute noch auffindbaren Akten dieser Ära belegen, dass kein einziger, der sich dieser "Pflicht" entzog, Repressalien ausgesetzt war. |
Das ist übertrieben formuliert, denke ich. Repressalien gab`s mindestens im Einzelfall bestimmt - eine Extraschicht Nachtwache, dümmliche Kommentare o. ä.
Aber es stimmt schon: Der Nachweis, dass jemand um seine physische Existenz zu fürchten hatte aufgrund der Weigerung, sich am Morden zu beteiligen ist bis heute nicht erfolgt.
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#501584) Verfasst am: 18.06.2006, 21:20 Titel: |
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Jabberwock hat folgendes geschrieben: | Dass nämlich die oben genannten wie auch die Erschießungskommandos bei Wehrmacht und Waffen-SS, die zu Geiselerschießungen in besetzten Gebieten abkommandiert waren, ausschließlich aus Freiwilligen bestanden (bei miltärischen Standgerichtsurteilen war es eventuell etwas anders, aber da bin ich nicht allzu genau informiert). |
"Ausschließlich aus Freiwilligen" scheint mir ein wenig übertrieben. Die Ersatzpolizei war ja sowas wie heute das THW oder freiwillige Feuerwehren. Man konnte sich auf diese Art elegant dem echten Dienst an der Waffe entziehen. Die Leute, die da dienten gingen ganz normalen Berufen nach, machten nach dem Ende ihrer Ausbildung einen "Dienst nach Feierabend", und wurden dann ziemlich unvermittel abkommandiert. Das die sich freiwillig zu Erschießungskomamndos meldeten kann man mE so nicht sagen
Zitat: | Auf alle Fälle gab es für jeden Soldaten die Möglichkeit, sich solche Kommandos zu entziehen und alle heute noch auffindbaren Akten dieser Ära belegen, ... |
Browning: "Ganz normale Männer": Stütz sich auf Dienstpläne, Zeugenaussagen und Prozeßakten. Was du schreibst wird dort ziemlich eindrucksvoll bestätigt. (Aus dem Buch hab ich auch obiges Beispiel)
Evilbert hat folgendes geschrieben: | Jabberwock hat folgendes geschrieben: | Auf alle Fälle gab es für jeden Soldaten die Möglichkeit, sich solche Kommandos zu entziehen und alle heute noch auffindbaren Akten dieser Ära belegen, dass kein einziger, der sich dieser "Pflicht" entzog, Repressalien ausgesetzt war. |
Das ist übertrieben formuliert, denke ich. Repressalien gab`s mindestens im Einzelfall bestimmt - eine Extraschicht Nachtwache, dümmliche Kommentare o. ä.
Aber es stimmt schon: Der Nachweis, dass jemand um seine physische Existenz zu fürchten hatte aufgrund der Weigerung, sich am Morden zu beteiligen ist bis heute nicht erfolgt. |
Versetzung an die vorderste Front oder besonders gefährliche Frontabschnitte sind bekannt. Albert Battel ist mW ein Beispiel, hab aber keine Quellen dazu gefunden sonst hätte ich das da rein geschrieben. Sie dazu auch den Thread Mythos Befehlsnotstand
T.
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