Metaphysik und Wissenschaft
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#1: Metaphysik und Wissenschaft Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 16:28
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Dieser Thread wurde nicht von Marcellinus erstellt, sondern von mir aus "Aktuelle Hinweise zu den Themen Evolution - Kreationismus - ID" abgetrennt. -fwo-

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Mich wundert immer, dass ausgerechnet Menschen, die den "Agnostizismus" wie eine Monstranz vor sich hertragen, ...

Wobei "Agnostizismus" einen eigenen Thread wert wäre, wenn, ja wenn ich dann nicht wieder zu hören kriegte, wie oft wir das schon diskutiert haben. zwinkern

Nur, eine kleine Nachfrage: Hat sich El Schwalmo sich wirklich über einen Religiösen aufgeregt, oder nicht eher über das Darstellen eines (eines wenn auch noch so zurückhaltenden) religiösen Standpunkts in einem wissenschaftliche Zusammenhang?

#2: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 16:51
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Mich wundert immer, dass ausgerechnet Menschen, die den "Agnostizismus" wie eine Monstranz vor sich hertragen, ...

Wobei "Agnostizismus" einen eigenen Thread wert wäre, wenn, ja wenn ich dann nicht wieder zu hören kriegte, wie oft wir das schon diskutiert haben. zwinkern


Nur, damit das nicht falsch ankommt: Ich bin auch (epistemologischer) Agnostiker und (pragmatischer) Atheist. Mit Hemmingers Weltanschauung kann ich ebenso wenig anfangen wie El Schwalmo. Dass er sich Probleme einhandelt, wenn er auf der Basis "gültigen Wissens" konfessionell gebundenen Religionsunterricht in der Schule einfordert, sehe ich auch. Nur halte ich es eben, wie oben dargelegt, für nicht angebracht, denjenigen, der ein mikroskopisches Splitterchen im Auge hat und der auf den Balken im Auge anderer hinweist, mit ehrabschneidenden Begriffen zu belegen und gleichzeitig demjenigen mit dem Balken im Auge zu bescheinigen, ein wahrhaft aufrechter Kämpe zu sein, obwohl (oder gerade weil) er auf der ganzer Linie scheitert.

Edit: Ich weiß übrigens genau, dass Hemminger die Probleme, die sein Gottesbild aufwerfen, durchaus sieht. Er sieht durchaus, dass es gute Argumente für den Naturalismus gibt. Allein schon deshalb gebietet es das "principle of charity", dem anderen nicht unlautere Motive oder gar das Verbreiten von Lügen zu unterstellen. Wie ich so ein Verhalten finde, dazu fallen mir eigentlich nur noch wenig schmeichelhafte Begriffe ein.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Nur, eine kleine Nachfrage: Hat sich El Schwalmo sich wirklich über einen Religiösen aufgeregt, oder nicht eher über das Darstellen eines (eines wenn auch noch so zurückhaltenden) religiösen Standpunkts in einem wissenschaftliche Zusammenhang?


Ihm passt generell nicht, dass "liberale Theologen" (AKA Theolügen, AKA Theolunken) sich "erdreisten", den Kreationismus mit denselben Argumenten zu kritisieren wie lupenreine Naturalisten. Denn, so die Replik, gemessen an diesen Argumenten würde ja deren Theologie genauso scheitern. Das ist zwar richtig, ändert aber nichts an der Richtigkeit der liberaltheologischen Analyse. Wer will, kann das in einem anderen Rahmen - und vor allem sine ira et studio - analytisch zeigen. Aber es ist unfair und vor allem "off topic", wenn dieser Punkt in jede nur erdenkliche Debatte über den Kreationismus hinein gezerrt wird. Dann kann ich den liberalen Theologen gleich einen Maulkorb verpassen, egal wie zutreffend ihre Argumente auch sein mögen.

Und, wie gesagt, ich hätte als Naturalist auch keinerlei Probleme, mit Reinhard Junker hinsichtlich Umweltschutz zu kooperieren, auch wenn der vollkommene andere Motive hat als ich. Es wäre ebenso Kappes, würde ich dann von ihm fordern, den Mund zu halten, weil seine kreationistischen Motive daneben sind.

#3: Methaphysik und Wissenschaft Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 17:58
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Mich wundert immer, dass ausgerechnet Menschen, die den "Agnostizismus" wie eine Monstranz vor sich hertragen, ...

Wobei "Agnostizismus" einen eigenen Thread wert wäre, wenn, ja wenn ich dann nicht wieder zu hören kriegte, wie oft wir das schon diskutiert haben. :wink:

hilf mir mal über die Straße. In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere. Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat? Man kann 'Agnostizismus' natürlich auch als 'negativen Atheismus' bezeichnen, an der Sache ändert das nichts.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Nur, eine kleine Nachfrage: Hat sich El Schwalmo sich wirklich über einen Religiösen aufgeregt, oder nicht eher über das Darstellen eines (eines wenn auch noch so zurückhaltenden) religiösen Standpunkts in einem wissenschaftliche Zusammenhang?

Ich habe mich genau über das aufgeregt, was ich vielfach dargestellt habe: Dass Religiöse uns Naturalisten vor den Karren spannen wollen, damit wir gemeinsam auf noch Religiösere eindreschen, selbst wenn die weniger Religiösen auch auf den Naturalismus eindreschen.

#4: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Eklatant BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 18:19
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Und ich sagte in aller Deutlichkeit, dass der konfessionell orientierte Religionsunterricht aus der Kurve fliegt. Ein alter Zopf, der längst abgeschnitten gehört.


Der konfessionelle Reliunterricht in DE dient vielfach (wenn auch nicht unbedingt beabsichtigt) dazu mit der emotionalen Belegung "Religion = Langeweile" aufzuwarten für den einzelnen Schüler.
Und letztlich dazu die Gesellschaftsblase nicht zu einer Art von "Eieruhr" werden zu lassen an deren Rändern die jeweiligen Extreme im genauen Schwarz und Weiß gegenüber stehen, sondern das bräsige, zähflüssige Grau-in-Grau der Positionen weiterhin dominiert.

Das Ganze ist wesentlich mehr vergleichbar mit dem Auftrag der CDU/CSU am rechten Rand der Gesellschaft nach Wählern zu "fischen" um damit auch diese Klientele zufrieden zu stellen damit keine Nazis populär werden, als mit etwas anderem.

Daher auch die "Hoffnung" andererseits Religionsunterricht im Kontext des Islam würde das Gleiche bewerkstelligen und die muslimisch geprägten Schüler von Extremismen hin zu mehr Bräsigkeit und Assoziation mit liberalem Geschwurbel drängen.
Konsequenz und Konsistenz verträgt sich mit solchen Vorstellungen von "Gesellschaftskitt" nicht, wenn man ein Erbsenzähler ist bemerkt man das auch schnell.
Man muss aber kein Erbsenzähler sein und all diese entdeckten "Heucheleien" und "Illusionen" eben zum Wohle des Gesellschaftsfriedens erdulden. zwinkern

#5: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 18:27
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

hilf mir mal über die Straße. In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere. Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat? Man kann 'Agnostizismus' natürlich auch als 'negativen Atheismus' bezeichnen, an der Sache ändert das nichts.

Der Theist glaubt ein einen oder mehrere Götter. Der Atheist glaubt nicht an Götter. Glauben wird hier verstanden als "vertrauen auf". Atheisten machen also keine Aussage über die Existenz von Göttern, wie sie auch keine Aussage über die Existenz von unsichtbaren Teekannen oder rosa Einhörnern machen (OK, manche machen das schon, aber die sind dann selbst schuld). Weder behaupten Theisten im allgemeinen, die Existenz von Göttern beweisen zu können, noch müssen Atheisten diese widerlegen.

Der Agnostiker behauptet, sich in der Frage der Existenz von Göttern nicht entscheiden zu können, eine Frage, die wie gesagt von vielen Atheisten gar nicht gestellt, und schon gar nicht beantwortet wird. Allerdings frage ich mich, in welcher Hinsicht ein Agnostiker sich da nicht entscheiden kann. Ich bin ziemlich sicher, daß die meisten Agnostiker, auf die Frage nach der Existenz des Teufels oder von Aphrodite eindeutig mit "Nein" antworten würden. Was ist an der Frage nach "Gott" anders?

Gehen wir die Sache naturalistisch an, denn Philosophie oder Religion interessiert mich nicht. Wenn ich mich zu der Existenz von etwas äußern soll, muß man mir nachprüfbare Eigenschaften nennen. Kaum ein vernünftiger Gläubiger kann oder tut das (und die anderen können meinetwegen im Kreuzgang schmoren). Das war's dann.

#6: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Eklatant BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 18:58
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Der Agnostiker behauptet, sich in der Frage der Existenz von Göttern nicht entscheiden zu können, eine Frage, die wie gesagt von vielen Atheisten gar nicht gestellt, und schon gar nicht beantwortet wird. Allerdings frage ich mich, in welcher Hinsicht ein Agnostiker sich da nicht entscheiden kann. Ich bin ziemlich sicher, daß die meisten Agnostiker, auf die Frage nach der Existenz des Teufels oder von Aphrodite eindeutig mit "Nein" antworten würden. Was ist an der Frage nach "Gott" anders?


Man muss das Ganze viel mehr auf einer praktischen Handlungsebene betrachten.

Beispiel:
Gehst du jeden Tag um 3.23Uhr vor die Haustür um ein Kaninchen zu opfern wie es Gottglaube X verlangt?

Wenn nicht, dann führst du diese Handlung die im Sinne des Gottglaube X getätigt wird nicht aus.
Du handelst dann nicht bzw. bist a-theistisch im Sinn von Gottglaube X, selbst wenn du meinst weder sagen zu können, dass der "Kaninchenopfer-ist-um-3.23Uhr-notwendig-Gott" existiert noch nicht existiert - du wirst ganz bewusst Nicht aktiv im Sinne von (theoretisch unendlich) möglichen Handlungsabläufen die sich auf "Gott" und "Götter" beziehen (könnten).

Auf etwas allgemeinere Gesellschaftsfragen angewandt:
Warum glaubst du aktiv die Handlung "Abtreibung" im Allgemeinen unterbinden zu müssen?
Was veranlasst dich dazu Aktiv zu werden? - Doch nicht etwa der Gottglaube Y oder Z, oder etwa doch?
usw.

Dröselt man dies so auf, merkt man fix woran man bei dem jeweiligen Menschen genau ist.


Zuletzt bearbeitet von Eklatant am 14.02.2012, 19:01, insgesamt einmal bearbeitet

#7: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 19:01
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

hilf mir mal über die Straße. In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere. Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat? Man kann 'Agnostizismus' natürlich auch als 'negativen Atheismus' bezeichnen, an der Sache ändert das nichts.

Der Theist glaubt ein einen oder mehrere Götter. Der Atheist glaubt nicht an Götter. Glauben wird hier verstanden als "vertrauen auf". Atheisten machen also keine Aussage über die Existenz von Göttern, wie sie auch keine Aussage über die Existenz von unsichtbaren Teekannen oder rosa Einhörnern machen (OK, manche machen das schon, aber die sind dann selbst schuld). Weder behaupten Theisten im allgemeinen, die Existenz von Göttern beweisen zu können, noch müssen Atheisten diese widerlegen.

ich bezeichne mich als atheistischen Agnostiker, wobei 'atheistisch' pragmatisch und 'Agnostiker' epistemisch gemeint ist. Du hast gerade das formuliert, was ich als pragmatischer Atheist vertrete.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Der Agnostiker behauptet, sich in der Frage der Existenz von Göttern nicht entscheiden zu können,

Falsch. Er behauptet, dass diese Frage nicht entscheidbar ist. Das hat nichts mit einer persönlichen Entscheidung zu tun. Das ist schon unter 'pragmatischer Atheist' abgehakt. Man kann problemlos auch theistischer Agnostiker sein. Die negative Theologie ist ein fast lupenreiner Agnostizismus.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
eine Frage, die wie gesagt von vielen Atheisten gar nicht gestellt, und schon gar nicht beantwortet wird.

Leicht verständlich, denn die, die das getan haben, bezeichnen sich als 'Agnostiker', meist zumindest dann, wenn sie ihren Standpunkt bei Philosophens zu vertreten haben. Kennst Du

Zitat:
Russell, B. (1947) 'Am I An Atheist Or An Agnostic? A Plea For Tolerance In The Face Of New Dogmas'

URL: <http://www.positiveatheism.org/hist/russell8.htm>, letzter Zugriff: 12.01.2004

Reichlich betagt, aber immer noch lesenswert.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Allerdings frage ich mich, in welcher Hinsicht ein Agnostiker sich da nicht entscheiden kann.

Wenn Du Dich darüber informierst, wie man Gott beweisen oder widerlegen kann, sollte Deine Frage leicht zu beantworten sein.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich bin ziemlich sicher, daß die meisten Agnostiker, auf die Frage nach der Existenz des Teufels oder von Aphrodite eindeutig mit "Nein" antworten würden. Was ist an der Frage nach "Gott" anders?

Nichts. Du musst allerdings 'Gott' etwas präzisieren. Gottesbilder kann man durchaus widerlegen, sollten daraus empirische Beobachtungen abgeleitet werden. 'Die Gottesfrage' ist allerdings etwas diffiziler und geht in Richtung 'Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts?'. Interessanterweise stellte sich für die alten Griechen diese Frage so gut wie nicht. Der Unbewegte Beweger hat das Universum nicht geschaffen. Falls Dich Details interessieren

Zitat:
Sedley, D. (2007) 'Creationism and its Critics in Antiquity' Berkeley; Los Angeles; London, Universtity of California Press



Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Gehen wir die Sache naturalistisch an,

Ups. Was verstehst Du unter 'Naturalismus'? Der Begriff ist mindestens so schwammig wie 'Gott'.

Eine hübsche Auflistung aller Spielarten findest Du in

Zitat:
Sukopp, T. (2006) 'Naturalismus. Kritik und Verteidigung erkenntnistheoretischer Positionen' Frankfurt, mult., Ontos Verlag


Marcellinus hat folgendes geschrieben:
denn Philosophie oder Religion interessiert mich nicht.

Keine Ahnung, was Dich dann dazu treibt, Dich zu diesem Thema äußern zu sollen. Was interessiert Dich dann eigentlich, außer Deinen Standpunkt kundzutun?

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn ich mich zu der Existenz von etwas äußern soll, muß man mir nachprüfbare Eigenschaften nennen. Kaum ein vernünftiger Gläubiger kann oder tut das (und die anderen können meinetwegen im Kreuzgang schmoren). Das war's dann.

Das ist eine vertretbare pragmatische Position. Aber darüber müssen wir nicht diskutieren, das ist auf dem Niveau von 'trockener Rotwein passt besser zu Rehbraten als ein lieblicher Weißwein'. Wers probiert hat, kann was dazu sagen. Es kann aber immer noch sein, dass jemand einen anderen Geschmack hat.

Falls Du Dich doch vielleicht interessiert, was Philosophen zu diesem Thema sagen, kann ich

Zitat:
Le Poidevin, R. (2010) 'Agnosticism. A Very Short Introduction' Oxford, Oxford Univ. Press

wärmstens empfehlen. Das Buch hält sein Versprechen ('a very short introduction', gut 115 Seiten) und ist von einem bekennenden, sehr informierten Agnostiker geschrieben und untersucht sehr genau die Kritik von Theisten und Atheisten am Agnostizismus.

#8: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 19:15
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
'Die Gottesfrage' ist allerdings etwas diffiziler und geht in Richtung 'Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts?'.


Was hat diese Frage mit Gott zu tun? Und überhaupt ist "Gott" die denkbar schlechteste Anwort auf solche Fragen.

#9: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 19:27
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Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
'Die Gottesfrage' ist allerdings etwas diffiziler und geht in Richtung 'Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts?'.

Was hat diese Frage mit Gott zu tun? Und überhaupt ist "Gott" die denkbar schlechteste Anwort auf solche Fragen.

schau mal in ein Handbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Oder, falls Du eher lachen möchtest, in

Zitat:
Grün, J. (2000) 'Die Schöpfung. Ein göttlicher Plan. Die Evolution im Lichte naturwissenschaftlicher Fakten und philosophisch-theologischer Grundlagen' Müstair, Verax-Verlag


Dort ist hübsch dargestellt, dass die tumben Heiden noch nicht in der Lage waren, Gott in der Schöpfung zu erkennen ...


Natürlich sind wir uns einig, dass das die schlechteste Antwort ist. Allerdings sehen das viele Menschen, die sich in pucto Intelligenz nicht vor uns Beiden zu verstecken brauchen, ganz anders. Kann sein, dass die einen Schnuller brauchen, den wir nicht benötigen.

#10: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 19:35
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Natürlich sind wir uns einig, dass das die schlechteste Antwort ist. Allerdings sehen das viele Menschen, die sich in pucto Intelligenz nicht vor uns Beiden zu verstecken brauchen, ganz anders. Kann sein, dass die einen Schnuller brauchen, den wir nicht benötigen.


Ob sie intelligenter sind oder nicht, halte ich hier für nebensächlich. Die entscheidende Frage ist, welche Argumente sie für ihren Standpunkt haben. Zumal die Frage ja schon nicht ganz unproblematisch ist, da sie von Voraussetzungen ausgeht, die auf sehr wackeligen Beinen stehen.

#11: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 19:42
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Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Natürlich sind wir uns einig, dass das die schlechteste Antwort ist. Allerdings sehen das viele Menschen, die sich in pucto Intelligenz nicht vor uns Beiden zu verstecken brauchen, ganz anders. Kann sein, dass die einen Schnuller brauchen, den wir nicht benötigen.


Ob sie intelligenter sind oder nicht, halte ich hier für nebensächlich. Die entscheidende Frage ist, welche Argumente sie für ihren Standpunkt haben. Zumal die Frage ja schon nicht ganz unproblematisch ist, da sie von Voraussetzungen ausgeht, die auf sehr wackeligen Beinen stehen.


Wenn dem Naturalismus nicht beizukommen ist, wird halt immer der vermeintliche Rettungsanker in Gestalt der Frage geworfen: "Warum existiert überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?". Dass die Frage falsch gestellt ist, lässt sich sehr detailliert nachlesen in:

Kanitscheider, B. (2007) Die Materie und ihre Schatten. Naturalistische Wissenschaftsphilosophie. Aschaffenburg, pp. 119-121

#12: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 19:43
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Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Natürlich sind wir uns einig, dass das die schlechteste Antwort ist. Allerdings sehen das viele Menschen, die sich in pucto Intelligenz nicht vor uns Beiden zu verstecken brauchen, ganz anders. Kann sein, dass die einen Schnuller brauchen, den wir nicht benötigen.

Ob sie intelligenter sind oder nicht, halte ich hier für nebensächlich. Die entscheidende Frage ist, welche Argumente sie für ihren Standpunkt haben.

natürlich. Seit man von einem Urknall ausgeht, sehe ich deren Position eher gestärkt. Ein ewig existierendes Universum würde uns besser ins Weltbild passen. Ist halt wie mit der Nagelstanzmaschine, auch keine Nagelstanzmaschinen stanzt (Du kennst das Beispiel sicher aus einschlägigen Foren).

Kramer hat folgendes geschrieben:
Zumal die Frage ja schon nicht ganz unproblematisch ist, da sie von Voraussetzungen ausgeht, die auf sehr wackeligen Beinen stehen.

Exakt, und es ist schon interessant, wie es die Christen gebacken bekommen haben, die alten Griechen gegen den Strich zu lesen. Thomas von Aquin hat aus dem Unbewegten Beweger des Aristoteles einen Gottesbeweis gebastelt. Aristoteles müsste sich im Grabe umdrehen.

Stimmt wirklich, die Frage ist theologengemacht, man kann die Frage nach dem ersten Ursprung auch ablehnen. Aber, wie gesagt, der Urknall passt nicht so ganz ins Weltbild, aber die Kosmologen sind ja schon wieder am Basteln.

#13: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 19:58
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Seit man von einem Urknall ausgeht, sehe ich deren Position eher gestärkt. Ein ewig existierendes Universum würde uns besser ins Weltbild passen.


Ich habe mit dem Urknall keine Probleme. Mag ja sein, dass manche Theisten da die letzte Lücke für ihren Gott sehen, aber da sie nie zugeben würden, an einen Lückenbüssergott zu glauben, sehe ich nicht, wie sie daraus ein Argument basteln sollten.

#14: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 20:03
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Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Seit man von einem Urknall ausgeht, sehe ich deren Position eher gestärkt. Ein ewig existierendes Universum würde uns besser ins Weltbild passen.


Ich habe mit dem Urknall keine Probleme. Mag ja sein, dass manche Theisten da die letzte Lücke für ihren Gott sehen, aber da sie nie zugeben würden, an einen Lückenbüssergott zu glauben, sehe ich nicht, wie sie daraus ein Argument basteln sollten.

wie gesagt, wenn man die Frage 'warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts' (Kanitscheider, auf den DU hingewiesen hat, führt diese Frage auf Leibniz zurück, die Formulierung stamm IIRC von Heidegger) als legitim stellt, kann man auf so einen Gedanken kommen.

Recht possierlich finde ich in diesem Kontext, dass es etliche Theologen gibt, die die Genesis der Bibel nicht als 'creatio ex nihilo' lesen. Das ist dann natürlich spannend.

Einen Fehler sollte man allerdings nicht machen: aus der Frage 'Wer hat die Welt erschaffen?' zur Frage 'Wer hat dann Gott erschaffen?' überwechseln. Dann sind wir wieder bei der Nagelstanzmaschine ...

#15: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 20:27
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

ich bezeichne mich als atheistischen Agnostiker, wobei 'atheistisch' pragmatisch und 'Agnostiker' epistemisch gemeint ist.

Das ist doch schön für dich. Du hast sicherlich eine Reihe sehr interessanter Bücher gelesen. Allerdings hätte ich es glücklicher gefunden, von dir eigene Argumente zu lesen.

So, die Gottesfrage sei nicht entscheidbar. Nun, das ist die Frage nach dem rosa Einhorn auch nicht, und trotzdem würdest du dich in dieser Beziehung sicher nicht als Agnostiker bezeichnen.

Warum beschäftigt man sich mit Gottesbildern (denn mit Göttern kann man sich nicht beschäftigen)? Weil es Leute gibt, die an Götter glauben. Wann hast du das letzte Mal mit Gläubigen diskutiert? Offenbar fehlt dir etwas "Feindkontakt". zwinkern

Ich habe schon lange keinen mehr getroffen, der behauptet, die Existenz seines Gottes beweisen zu können. Du und die agnostischen und atheistischen Philosophen, die du erwähnst, rennen offene Türen ein, arbeiten sich an Gottesbildern ab, die viele Gläubige längst nicht mehr haben.

'Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts? Interessant, daß du mit diesem Taschenspielertrick kommst. Eigentlich kenne ich den nur von Gläubigen. Die einzig vernünftige Antwort darauf: Das Nichts nichtet! Lachen

#16: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 20:47
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Einen Fehler sollte man allerdings nicht machen: aus der Frage 'Wer hat die Welt erschaffen?' zur Frage 'Wer hat dann Gott erschaffen?' überwechseln. Dann sind wir wieder bei der Nagelstanzmaschine ...


Wieso wieder? Ich war da noch nie, mir sagt das auch nichts. Klingt aber nach Bauernfängerei.

#17: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 20:56
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

ich bezeichne mich als atheistischen Agnostiker, wobei 'atheistisch' pragmatisch und 'Agnostiker' epistemisch gemeint ist.

Das ist doch schön für dich. Du hast sicherlich eine Reihe sehr interessanter Bücher gelesen. Allerdings hätte ich es glücklicher gefunden, von dir eigene Argumente zu lesen.

wenn jemand, wie Du, sagt, er interessiere sich nicht für Religion und Philosophie, redet er halt als Blinder von Farben. Kann sein, dass er dann ein Argument nicht erkennt, falls es ihn in den Hintern beißt.

#18: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 21:02
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Einen Fehler sollte man allerdings nicht machen: aus der Frage 'Wer hat die Welt erschaffen?' zur Frage 'Wer hat dann Gott erschaffen?' überwechseln. Dann sind wir wieder bei der Nagelstanzmaschine ...


Wieso wieder? Ich war da noch nie, mir sagt das auch nichts. Klingt aber nach Bauernfängerei.

sorry, mit 'wir' meinte ich nur 'ist man', ging nicht gegen Dich.

Das Problem besteht darin, dass 'Gott' für die Menschen, die das Argument verwendet, das 'Unbedingt Seiende' ist, während 'die Welt' zu den kontingenten Dingen gehört. Kontingente Dinge haben einen Schöpfer (oder zumindest Erhalter, 'creatio continua'), ein Schöpfer nicht. Die Frage 'Wer hat den Schöpfer erschaffen?' ist daher ein Kategorienfehler, die Frage 'Wer hat die Welt erschaffen' hingegen nicht. Wir lehnen das gesamte Weltbild ab, das kann man problemlos machen. Aber die Inkonsistenz, auf die hingewiesen werden soll, gibt es in diesem Weltbild nicht.

Ich dachte, das Beispiel mit der Nagelstanzmaschine (IIRC verwenden das Gitt und seine Anhänger) sei Dir vertraut. Ist aber kein Thema zwischen uns.

#19: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 21:11
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

ich bezeichne mich als atheistischen Agnostiker, wobei 'atheistisch' pragmatisch und 'Agnostiker' epistemisch gemeint ist.

Das ist doch schön für dich. Du hast sicherlich eine Reihe sehr interessanter Bücher gelesen. Allerdings hätte ich es glücklicher gefunden, von dir eigene Argumente zu lesen.

wenn jemand, wie Du, sagt, er interessiere sich nicht für Religion und Philosophie, redet er halt als Blinder von Farben. Kann sein, dass er dann ein Argument nicht erkennt, falls es ihn in den Hintern beißt.

Kommt jetzt noch ein Argument, oder kannst du nur ad hominem? Du sagst, du seiest "atheistischer Agnostiker", mithin kann ich unterstellen, daß du ähnlich wie ich ein Ungläubiger bist. Was sollen wir also Religion oder Religionskritik des letzten Jahrhunderts diskutieren, über die selbst die meisten Gläubigen schon hinweg sind? Diskutiere das Thema mit Gläubigen und ich garantiere dir, du lernst noch was. Zum Beispiel, wieviel Religion in deinen Ansichten steckt.

Du sprichst vom "Seienden und dem Nichts", und meinst, ich würde "Argumente" nicht sehen? Dann habe ich noch eine schockierende Information für dich, ich bin nicht nur ein Ungläubiger im Bezug auf Religionen, sondern im Bezug auf Metaphysik, auf absolute Begriffe überhaupt. Die Wahrheit, das Wesen der Dinge, Ontologie, all das ist ins anderes als der Ersatz der Götter durch Abstraktionen, die zwar vielleicht emotional von großer Bedeutung sind, aber leider nichts anderes als Fantasievorstellungen, die ihrer Herkunft aus vorwissenschaftlichen Zeiten nur schwer verleugnen können.

#20: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 21:17
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Eklatant hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Der Agnostiker behauptet, sich in der Frage der Existenz von Göttern nicht entscheiden zu können, eine Frage, die wie gesagt von vielen Atheisten gar nicht gestellt, und schon gar nicht beantwortet wird. Allerdings frage ich mich, in welcher Hinsicht ein Agnostiker sich da nicht entscheiden kann. Ich bin ziemlich sicher, daß die meisten Agnostiker, auf die Frage nach der Existenz des Teufels oder von Aphrodite eindeutig mit "Nein" antworten würden. Was ist an der Frage nach "Gott" anders?


Man muss das Ganze viel mehr auf einer praktischen Handlungsebene betrachten.

Beispiel:
Gehst du jeden Tag um 3.23Uhr vor die Haustür um ein Kaninchen zu opfern wie es Gottglaube X verlangt?

Wenn nicht, dann führst du diese Handlung die im Sinne des Gottglaube X getätigt wird nicht aus.
Du handelst dann nicht bzw. bist a-theistisch im Sinn von Gottglaube X, selbst wenn du meinst weder sagen zu können, dass der "Kaninchenopfer-ist-um-3.23Uhr-notwendig-Gott" existiert noch nicht existiert - du wirst ganz bewusst Nicht aktiv im Sinne von (theoretisch unendlich) möglichen Handlungsabläufen die sich auf "Gott" und "Götter" beziehen (könnten).

Auf etwas allgemeinere Gesellschaftsfragen angewandt:
Warum glaubst du aktiv die Handlung "Abtreibung" im Allgemeinen unterbinden zu müssen?
Was veranlasst dich dazu Aktiv zu werden? - Doch nicht etwa der Gottglaube Y oder Z, oder etwa doch?
usw.

Dröselt man dies so auf, merkt man fix woran man bei dem jeweiligen Menschen genau ist.

Kannst du das mal so formulieren, daß auch ein normaler Mensch versteht, was du sagen willst?

#21: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 21:27
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Kommt jetzt noch ein Argument, oder kannst du nur ad hominem? Du sagst, du seiest "atheistischer Agnostiker", mithin kann ich unterstellen, daß du ähnlich wie ich ein Ungläubiger bist.

selbstverständlich.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Was sollen wir also Religion oder Religionskritik des letzten Jahrhunderts diskutieren, über die selbst die meisten Gläubigen schon hinweg sind?

Es ging um Agnostizismus. Das ist eine epistemische Position.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Diskutiere das Thema mit Gläubigen und ich garantiere dir, du lernst noch was. Zum Beispiel, wieviel Religion in deinen Ansichten steckt.

Ups, ich diskutiere ständig mit Gläubigen, aber dass in meinen Ansichten Religion steckt (was verstehst Du eigentlich unter 'Religion'?) ist mir oder Anderen noch nie aufgefallen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Du sprichst vom "Seienden und dem Nichts", und meinst, ich würde "Argumente" nicht sehen? Dann habe ich noch eine schockierende Information für dich, ich bin nicht nur ein Ungläubiger im Bezug auf Religionen, sondern im Bezug auf Metaphysik, auf absolute Begriffe überhaupt. Die Wahrheit, das Wesen der Dinge, Ontologie, all das ist ins anderes als der Ersatz der Götter durch Abstraktionen, die zwar vielleicht emotional von großer Bedeutung sind, aber leider nichts anderes als Fantasievorstellungen, die ihrer Herkunft aus vorwissenschaftlichen Zeiten nur schwer verleugnen können.

Oh, dann verstehe ich natürlich Deine Position. Vielleicht solltest Du mit Philosophen diskutieren, um zu merken, dass Du eine philsophische Position vertrittst? Du kannst nicht zwischen Metaphysik und keiner wählen, sondern nur zwischen einer schlechten und einer guten.

#22: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 21:50
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Das Problem besteht darin, dass 'Gott' für die Menschen, die das Argument verwendet, das 'Unbedingt Seiende' ist, während 'die Welt' zu den kontingenten Dingen gehört. Kontingente Dinge haben einen Schöpfer (oder zumindest Erhalter, 'creatio continua'), ein Schöpfer nicht. Die Frage 'Wer hat den Schöpfer erschaffen?' ist daher ein Kategorienfehler, die Frage 'Wer hat die Welt erschaffen' hingegen nicht.


Das ist doch Unfug. Die Welt existiert, das ist unstrittig. Die Existenz Gottes ist dagegen höchst umstritten. Ausgerechnet ihm das Attribut "unbedingt seiend" anzudichten ist daher kein Argument, sondern eine unbewiesene Behauptung. Ein Kategorienfehler wäre es nur, wenn man beweisen könnte, dass Gott nicht nur existiert, sondern dass er "unbedingt" existiert. Beides ist bisher keinem gelungen, darum beeindruckt mich das Argument überhaupt nicht.

#23: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 22:04
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Du kannst nicht zwischen Metaphysik und keiner wählen, sondern nur zwischen einer schlechten und einer guten.

Eine ähnlich intelligente Bemerkung wie die Behauptung, jeder habe eine Religion? Nein, ernsthaft, ich halte deine Ansicht für einen Irrtum, aber das hat natürlich auch damit zu tun, was man unter Metaphysik versteht, aber das ist hier nun wirklich OT.

#24: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 22:06
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Das Problem besteht darin, dass 'Gott' für die Menschen, die das Argument verwendet, das 'Unbedingt Seiende' ist, während 'die Welt' zu den kontingenten Dingen gehört. Kontingente Dinge haben einen Schöpfer (oder zumindest Erhalter, 'creatio continua'), ein Schöpfer nicht. Die Frage 'Wer hat den Schöpfer erschaffen?' ist daher ein Kategorienfehler, die Frage 'Wer hat die Welt erschaffen' hingegen nicht.


Das ist doch Unfug. Die Welt existiert, das ist unstrittig. Die Existenz Gottes ist dagegen höchst umstritten. Ausgerechnet ihm das Attribut "unbedingt seiend" anzudichten ist daher kein Argument, sondern eine unbewiesene Behauptung. Ein Kategorienfehler wäre es nur, wenn man beweisen könnte, dass Gott nicht nur existiert, sondern dass er "unbedingt" existiert. Beides ist bisher keinem gelungen, darum beeindruckt mich das Argument überhaupt nicht.

Thread 1: Wir argumentieren 'von außen' gegen das gesamte System

Thread 2: Wir argumentieren 'von innen' gegen das System

Uns überzeugt das System nicht, Deine Argumente sind auch meine. Auf dieser Basis kann man auch versuchen, einen Anhänger des Systems von seinem Glauben abzubringen.

Einem Anhänger eines Systems innerhalb seines Systems eine Inkonsistenz nachweisen zu wollen, die es in diesem System nicht gibt, wird diesen nicht überzeugen. Nur das war mein Punkt. Vielleicht hätte ich schreiben müssen, dass es innerhalb des Systems ein Kategorienfehler ist.

#25: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 22:14
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Du kannst nicht zwischen Metaphysik und keiner wählen, sondern nur zwischen einer schlechten und einer guten.

Eine ähnlich intelligente Bemerkung wie die Behauptung, jeder habe eine Religion? Nein, ernsthaft, ich halte deine Ansicht für einen Irrtum, aber das hat natürlich auch damit zu tun, was man unter Metaphysik versteht, aber das ist hier nun wirklich OT.

nein, im Gegenteil, das ist doch zentral. Du wirfst mir vor, dass meine Metaphysik religiöse Inhalte aufweist, und meinst, das mit dem Vertreten keiner Metaphysik begründen zu können, formulierst im selben Atemzug aber expressis verbis eine Metaphysik.

Ich habe kein Problem damit, wenn Du solche Diskussionen nicht führen möchtest, aber ich kann dann nicht nachvollziehen, warum Du meinst, Deine Position sei der meinigen überlegen.

Wir sind uns doch einig, dass wir keine Religion benötigen, müssten uns also in der täglichen Lebenspraxis einig sein, dass man Moral etc. anders begründen muss und nicht auf ein Leben nach dem Tod schielen darf. Was Du aber angeschnitten hast, sind genuin philosophische Fragen, zu denen es eine umfängliche Literatur gibt. Kein Problem, wenn Du darüber nicht diskutieren willst, und ich bin auch der falsche Sparringspartner, der als advocatus diaboli einen Theismus hochhalten soll. Ich vertrete allerdings den Standpunkt, dass, epistemisch gesehen, Agnostizismus konsistenter ist als Atheismus und begründe das damit, dass so gut wie alle Atheisten, die ich kenne, epistemische Agnostiker sind.

[ edit ]

Vergessen: 'Keine Religion haben ist auch eine Religion' ist auf einer anderen Ebene angesiedelt. Man kann problemlos ohne Religion leben, aber nicht denken ohne eine Metaphysik (AKA Ontologie), wenn man das etwas intensiver betreiben möchte.

Gegen 'Keine Religion ist auch eine Religion' habe ich ein hübsches Argument gelesen. Christen hätten dann zwei Religionen. Da sie den Islam ablehnen, sind sie Nicht-Islamisten, was als Nicht-Religion dann einer Religion entspricht.

Der Mensch, der das formulierte, hätte noch weiter gehen können ...

#26: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 22:44
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Du kannst nicht zwischen Metaphysik und keiner wählen, sondern nur zwischen einer schlechten und einer guten.

Eine ähnlich intelligente Bemerkung wie die Behauptung, jeder habe eine Religion? Nein, ernsthaft, ich halte deine Ansicht für einen Irrtum, aber das hat natürlich auch damit zu tun, was man unter Metaphysik versteht, aber das ist hier nun wirklich OT.

nein, im Gegenteil, das ist doch zentral. Du wirfst mir vor, dass meine Metaphysik religiöse Inhalte aufweist, und meinst, das mit dem Vertreten keiner Metaphysik begründen zu können, formulierst im selben Atemzug aber expressis verbis eine Metaphysik.

Nein, da hast du mich mißverstanden, aber vielleicht hat das mit deiner oder meiner Vorstellung von Metaphysik zu tun. Metaphysik ist die Beschäftigung mit absoluten Begriffen, wie sie im 18. Jh. entstand, die Beschäftigung mit absoluten Begriffen wie "Vernunft" oder "Wahrheit", die Suche nach Letztbegründungen, dem "Sein" und "Wesen" dieser Welt usw., alles Vorstellungen, die zwar für die, die sich damit beschäftigen, große emotionale Bedeutung haben, sich nur leider nicht Tatsachenbeobachtungen belegen lassen.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Ich habe kein Problem damit, wenn Du solche Diskussionen nicht führen möchtest, aber ich kann dann nicht nachvollziehen, warum Du meinst, Deine Position sei der meinigen überlegen.

Wer sagt, daß ich das nicht möchte?

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Wir sind uns doch einig, dass wir keine Religion benötigen, müssten uns also in der täglichen Lebenspraxis einig sein, dass man Moral etc. anders begründen muss und nicht auf ein Leben nach dem Tod schielen darf. Was Du aber angeschnitten hast, sind genuin philosophische Fragen, zu denen es eine umfängliche Literatur gibt.

Nein, mir geht es nicht um philosophische Fragen. Und auch Moral ist nicht zwingend eine philosophische Frage, sondern aus der Sie-Perspektive eine soziologische Frage und aus der Ich- oder Wir-Perspektive eine persönliche Entscheidung.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Kein Problem, wenn Du darüber nicht diskutieren willst, und ich bin auch der falsche Sparringspartner, der als advocatus diaboli einen Theismus hochhalten soll. Ich vertrete allerdings den Standpunkt, dass, epistemisch gesehen, Agnostizismus konsistenter ist als Atheismus und begründe das damit, dass so gut wie alle Atheisten, die ich kenne, epistemische Agnostiker sind.

Du betreibst Philosophie, ich nicht. Ich habe es schon einmal gesagt, Atheismus macht allgemein gesprochen überhaupt keine Existenzaussage, sondern lehnt Glaubensvorstellungen ab, aus welchem Grund auch immer (die Gründe für einen Atheismus können ganz unterschiedliche sein). Der Agnostiker dagegen meint, sich zur Existenzfrage von Göttern verhalten zu müssen, und sich dann nicht entscheiden zu können. Weil dich Philosphen offenbar beeindrucken, hier ein Zitat:

"Im Vergleich zum Atheisten erscheint der Agnostiker geradezu als ehrbar, wenigstens als nicht ganz so verwerflich. Dabei vertritt eben der Agnostiker einen äußerst verworrenen Standpunkt. Als Agnostiker gilt ein Mensch, der keine ausreichenden Beweise für die Existenz Gottes zu finden glaubt und sich daher eines Urteils enthält. Doch wofür fehlt es ihm an Beweisen? Worüber enthält er sich seines Urteils? Wie die anderen bemerkt auch der Agnostiker nicht die verschwommene Zweideutigkeit des Begriffes "Gott existiert". Ohne vorherige Definition kann niemand eine solche These für wahr, unwahr oder unbeweisbar halten. Zu sagen, sie sei falsch, was immer sie auch bedeuten könnte, zeugt zwar von Streitbarkeit, verrät aber große Unkenntnis der verwässerten und harmlosen Glaubensvorstellungen, sie seit Jahrhunderten von Theologen, Philosophen, Geistlichen und Laien in diese heilige Formel hineingedeutet wurden."
(Walter Kaufmann: Der Glaube eines Ketzers, 1965, S. 43)

Mit einem Ungläubigen muß du über einen Gottesbegriff überhaupt nicht reden, denn der hat keinen. Ein Gläubiger wird dir seinen vermutlich nicht einmal erklären können. Auch da gibt es also nichts, dem gegenüber man ein Agnostiker sein könnte. Bleibt nur dein eigener Gottesbegriff, den du doch eigentlich gar nicht haben müßtest, es sei denn, die wärst religiös, was du aber zurückgewiesen hast. Was bleibt da noch?

Mit der Metaphysik ist es ähnlich. Du kannst sie nicht für unentbehrlich erklären, ohne konkret zu sagen, was eigentlich daran unentbehrlich sein soll. Ich habe bisher keine glaubwürdige Begründung für die Bedeutung von Metaphysik gesehen, die nicht Metaphysik schon voraussetzen würde. Insofern ist diese Art der Philosophie der Religion nicht unähnlich, obwohl die eine sich mit Glauben, die andere mit Denken beschäftigt. Aber wie sagte Rolf Hellmut Foerster so schön:
"Zur Metaphysik kommt man ..., wenn man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt."

#27: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 22:50
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wir sind uns doch einig, dass wir keine Religion benötigen, müssten uns also in der täglichen Lebenspraxis einig sein, dass man Moral etc. anders begründen muss und nicht auf ein Leben nach dem Tod schielen darf.


Dem Gefetteten stimme ich nicht zu. Ich bin weder der Meinung, dass man Moral begründen muss - ebensowenig wie man Hunger oder die Notwendigkeit zu atmen begründen muss -, noch denke ich, dass die Religionen ihre Moral begründen können, siehe Eutyphrons Dilemma.

#28: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 22:55
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich bin ziemlich sicher, daß die meisten Agnostiker, auf die Frage nach der Existenz des Teufels oder von Aphrodite eindeutig mit "Nein" antworten würden. Was ist an der Frage nach "Gott" anders?
Nichts. Du musst allerdings 'Gott' etwas präzisieren. Gottesbilder kann man durchaus widerlegen, sollten daraus empirische Beobachtungen abgeleitet werden.

Das möchte ich jetzt aber genau wissen: Bist Du epistemischer A-Exist bezüglich der Zahnfee, bezüglich Aphrodite, bezüglich des Bibelgottes, bezüglich des katholischen Gottes? Und was ist ein Falsifikationskriterium in bezug auf eine Existenzfrage? Existiert der Bibelgott nicht, weil die Behauptung über seine Schöpfung empirisch widerlegt ist?

Kannst Du überhaupt ein vernünftiges Kriterium angeben, nach dem man der Meinung sein kann, etwas exstiere nicht?

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
'Die Gottesfrage' ist allerdings etwas diffiziler und geht in Richtung 'Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts?'.

Da protestiere ich. Diese Frage ist nur dann die Frage nach Gott, wenn ich Annahmen über Letztgründe, allerlei anthropomorphe Fehlschlüsse und dergleichen bereits hereinstecke. Also im Prinzip einen Glauben.

#29: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 23:02
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wir sind uns doch einig, dass wir keine Religion benötigen, müssten uns also in der täglichen Lebenspraxis einig sein, dass man Moral etc. anders begründen muss und nicht auf ein Leben nach dem Tod schielen darf.


Dem Gefetteten stimme ich nicht zu. Ich bin weder der Meinung, dass man Moral begründen muss - ebensowenig wie man Hunger oder die Notwendigkeit zu atmen begründen muss -, noch denke ich, dass die Religionen ihre Moral begründen können, siehe Eutyphrons Dilemma.

Richtig, und die Male. wo man versucht hat, eine Ethik auf eine Begründung aufzubauen, ist es jämmerlich schief gegangen. Man kann es an jedem Gesetzbuch ablesen (ich weiß, daß Gesetze etwas anderes sind als Moral). Nach kurzer Zeit nehmen die Ausnahmetatbestände überhand, weil das Leben eben nicht nach einem Prinzip zu organisieren ist (zumindest kennen wir noch keins).

#30: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 23:05
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step hat folgendes geschrieben:

Da protestiere ich. Diese Frage ist nur dann die Frage nach Gott, wenn ich Annahmen über Letztgründe, allerlei anthropomorphe Fehlschlüsse und dergleichen bereits hereinstecke. Also im Prinzip einen Glauben.

Sobald eine Gesellschaft über ein Mindestmaß an wissenschaftlichem Wissen verfügt, ist jeder Gottesbegriff ein Glaube.

#31: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 23:26
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Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wir sind uns doch einig, dass wir keine Religion benötigen, müssten uns also in der täglichen Lebenspraxis einig sein, dass man Moral etc. anders begründen muss und nicht auf ein Leben nach dem Tod schielen darf.

Dem Gefetteten stimme ich nicht zu. Ich bin weder der Meinung, dass man Moral begründen muss - ebensowenig wie man Hunger oder die Notwendigkeit zu atmen begründen muss -, noch denke ich, dass die Religionen ihre Moral begründen können, siehe Eutyphrons Dilemma.

kann sein, dass ich berufsbedingt voreingenommen bin, das Halbjahresthema, das ich gerade behandle, lautet

Zitat:
Vernunft und Gewissen. Normsetzende Begründungen verantwortlichen Handelns


Im Lehrplan ist nicht nur vorgesehen, kritisch die bisher vorgetragenen Begründungen zu analysieren, es wird auch davon ausgegangen, dass man moralisches Handeln begründen kann.

Okay, wir könnten uns nun darüber streiten, was der Unterschied zwischen Ethik und Moral ist oder was ich mit 'etc.' gemeint haben könnte.

Im Stoffplan steht aber auch 'Die Antwort der Religionen' und da ist durchaus vorgesehen, zu zeigen, warum diese 'Begründungen' keine sind. Hier sind wir uns einig, ich behandle dort auch das Euthyphron-Dilemma.

#32: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 23:30
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wir sind uns doch einig, dass wir keine Religion benötigen, müssten uns also in der täglichen Lebenspraxis einig sein, dass man Moral etc. anders begründen muss und nicht auf ein Leben nach dem Tod schielen darf.


Dem Gefetteten stimme ich nicht zu. Ich bin weder der Meinung, dass man Moral begründen muss - ebensowenig wie man Hunger oder die Notwendigkeit zu atmen begründen muss -, noch denke ich, dass die Religionen ihre Moral begründen können, siehe Eutyphrons Dilemma.

Richtig, und die Male. wo man versucht hat, eine Ethik auf eine Begründung aufzubauen, ist es jämmerlich schief gegangen. Man kann es an jedem Gesetzbuch ablesen (ich weiß, daß Gesetze etwas anderes sind als Moral). Nach kurzer Zeit nehmen die Ausnahmetatbestände überhand, weil das Leben eben nicht nach einem Prinzip zu organisieren ist (zumindest kennen wir noch keins).

ich stimme hier mit Dir überein. Ich kenne Dutzende von 'Begründungen' für Moral bzw. Ethik, aber keine konnte sich durchsetzen in dem Sinn, dass sie allgemein anerkannt ist. Sogar die Formen, die beanspruchen, eine Letztbegründung geliefert zu haben, konnten sich nicht durchsetzen.

Ich persönlich ordne mich daher irgendwo zwischen Nihilismus und Konventionalismus ein.

#33: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 23:42
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

ich stimme hier mit Dir überein. Ich kenne Dutzende von 'Begründungen' für Moral bzw. Ethik, aber keine konnte sich durchsetzen in dem Sinn, dass sie allgemein anerkannt ist. Sogar die Formen, die beanspruchen, eine Letztbegründung geliefert zu haben, konnten sich nicht durchsetzen.

Ich persönlich ordne mich daher irgendwo zwischen Nihilismus und Konventionalismus ein.

Unsere Handlungsnormen aka Moral sind meiner Ansicht nach das Ergebnis eines sozialen Prozesses. Ich vergleiche es gelegentlich gern mit einer Sprache. Grundstrukturen sind vermutlich angeboren und der Rest hat sich im Laufe unserer Geschichte nach Regeln, die wir noch nicht ganz verstehen, entwickelt. Moral ist also in gewisser Weise kollektive Erfahrung.

Unsere moralischen Bewertungen erfolgen unbewußt, dh. wir haben sie in unserer Kindheit und Jugend gelernt, und vermutlich hört dieses Lernen niemals auf. Wir mögen bewußt darüber nachdenken, aber zu einem moralischen Urteil wird es erst, wenn es Teil unseres Unterbewußtseins geworden ist und das funktioniert anders als unser Bewußtsein. Es ist erfahrungs- und fallorientiert, nicht systematisch.

Das ist der grundsätzliche Unterschied zu einer philosophisch konstruierten Ethik, und wie eine künstliche Sprache fühlt sie sich nicht richtig an. Sie ist einfach zu simpel, um in unserem Leben anwendbar zu sein, ohne totalitär zu werden.

Das heißt nicht, daß es falsch ist, ethische Prinzipien zu diskutieren, aber man muß sich darüber klar sein, daß es Vereinfachungen sind. Was davon tauglich erscheint, wird evtl. auf diese Weise Teil der allgemeinen Moralvorstellungen, aber wenn, dann nicht als Prinzip, sondern als Teil unseres unterbewußten Wertesystems.

#34: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 23:48
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich bin ziemlich sicher, daß die meisten Agnostiker, auf die Frage nach der Existenz des Teufels oder von Aphrodite eindeutig mit "Nein" antworten würden. Was ist an der Frage nach "Gott" anders?
Nichts. Du musst allerdings 'Gott' etwas präzisieren. Gottesbilder kann man durchaus widerlegen, sollten daraus empirische Beobachtungen abgeleitet werden.

Das möchte ich jetzt aber genau wissen: Bist Du epistemischer A-Exist bezüglich der Zahnfee, bezüglich Aphrodite, bezüglich des Bibelgottes, bezüglich des katholischen Gottes? Und was ist ein Falsifikationskriterium in bezug auf eine Existenzfrage? Existiert der Bibelgott nicht, weil die Behauptung über seine Schöpfung empirisch widerlegt ist?

ganz brauchbar ist meiner Meinung nach folgende Definition von 'Agnostizismus':

Anonymus (1979) 'Neues grosses Volkslexikon. Erster Band' München, Taschenbuch Verlag

Zitat:
Agnostizismus [griech.], die Lehre, daß man von einem absoluten Sein oder Gott nichts wissen könne und daher die Frage nach seinem Dasein unentschieden lassen müsse. Anhänger des A. waren u. a. Comte, Spencer, F. A. Lange. (52f)

Beantwortet das Deine Frage nach Aphrodite und Zahnfee?

Bezüglich Bibel-Gott und der katholischen Variante bin ich agnostisch. 'Gotteswort aus Menschenmund' könnte ein möglicherweise existentes absolutes Sein ungenau wiedergeben.

Was genau hinsichtlich dessen, was er angeblich geschaffen hat, widerlegt ist, hängt davon ab, wie man diese Schriften interpretiert. Sollte Gott durch Zweitursachen schaffen, wäre eine Widerlegung schwierig. Ob das dann noch der Typ Gott ist, den die Bibel beschreibt, ist eine andere Frage. Es könnte aber auch sein, dass die heutigen Theologen denselben Gott beschreiben, den die Autoren der Bibel beschrieben, nur mit anderen Metaphern. Ich glaube nicht daran. Als Nicht-Existenz-Beweis möchte ich das aber nicht vertreten.

step hat folgendes geschrieben:
Kannst Du überhaupt ein vernünftiges Kriterium angeben, nach dem man der Meinung sein kann, etwas exstiere nicht?

Schwer zu sagen. Wenn ich weiß, dass die Existenz eines Wesen namens 'Zahnfee' nur in bestimmten Gegenden der Welt den Kindern erzählt wird, würde ich nicht annehmen, dass dieses Wesen existiert. Das wird wohl vernünftig sein.

Dass alles, was man kleinen Kindern erzählt, erfunden ist, scheint mir nicht daraus zu folgen.

Wenn man aber weltweit durch den gesamten Verlauf der Geschichte weit mehr Menschen, auch solche mit sehr hoher Intelligenz, findet, die an irgendwelche 'höheren Mächte' glauben, könnte da was dahinter stecken. Ich glaube das zwar nicht, aber wie sollte ich sicher sein?


step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
'Die Gottesfrage' ist allerdings etwas diffiziler und geht in Richtung 'Warum ist Seiendes und nicht vielmehr Nichts?'.

Da protestiere ich. Diese Frage ist nur dann die Frage nach Gott, wenn ich Annahmen über Letztgründe, allerlei anthropomorphe Fehlschlüsse und dergleichen bereits hereinstecke. Also im Prinzip einen Glauben.

Ich vermute, dass es leicht zu zeigen ist, dass wir auch im Bereich der Naturwissenschaften glauben. Du wirst doch nicht beweisen können, dass ein Modell des Seins etwas über das Sein aussagt, selbst wenn Du noch so intensiv modellierst und es immer korrekte Werte liefert? Du weißt doch auch nicht, was wir morgen wissen werden.

Nur nebenbei, noch kein Philosoph konnte den Solipsismus widerlegen. Nicht, dass mich das irgendwie beeindrucken würde, aber es sollte unsere Sicherheit hinsichtlich Existenz-Aussagen doch etwas problematisieren.

#35: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 14.02.2012, 23:54
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Vergessen: 'Keine Religion haben ist auch eine Religion' ist auf einer anderen Ebene angesiedelt. Man kann problemlos ohne Religion leben, aber nicht denken ohne eine Metaphysik (AKA Ontologie), wenn man das etwas intensiver betreiben möchte.

Doch, kann man, wenn man sich klar macht, daß unsere Vorstellungen von dieser Welt immer Modelle sind, mehr oder weniger durch Tatsachenbeobachtungen belegt. Wir beobachten und messen immer nur Eigenschaften dieser Welt, nie die Welt an sich, nie ihr "Wesen". Unser Prozeß des Wissenserwerbs ist eine ständige Abfolge von Tatsachenbeobachtung und Modellbildung. Jedes dieser Modell besitzt realistische Anteile und solche, die auf Fantasie beruhen, und letztere erkennen wir immer erst in dem Augenblick, wo sie mit neuen Tatsachenbeobachtungen in Konflikt geraten. Der Fortschritt unseres Wissens, wenn er denn stattfindet, beruht darauf, daß neue Modelle realistischer, durch Tatsachenbeobachtungen besser belegt sind als die vorherigen. Über das "Wesen" dieser Welt sagen sie uns nichts, immer nur über nachprüfbare Eigenschaften, interpretiert durch unsere Modelle.

#36: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 00:02
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Wenn man aber weltweit durch den gesamten Verlauf der Geschichte weit mehr Menschen, auch solche mit sehr hoher Intelligenz, findet, die an irgendwelche 'höheren Mächte' glauben, könnte da was dahinter stecken. Ich glaube das zwar nicht, aber wie sollte ich sicher sein?

Warum versuchst du nicht, eine wissenschaftliche Erklärung für vorwissenschaftliche Erklärungsmodelle zu finden, statt dich mit einem philosophischen Agnostizismus abzufinden?

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Nur nebenbei, noch kein Philosoph konnte den Solipsismus widerlegen. Nicht, dass mich das irgendwie beeindrucken würde, aber es sollte unsere Sicherheit hinsichtlich Existenz-Aussagen doch etwas problematisieren.

Philosophisch kann man das zwar vielleicht nicht widerlegen, aber auch das spricht mehr gegen die Philosophie als für sie. Praktisch geht es schon. Wenn Solipsismus bedeutet, daß es nur das eigene Ich gibt, warum sollte ich mit dir diskutieren, oder du mit mir? Von der simplen Tatsache, daß ein Ich allein überhaupt nicht erklärbar wäre, gar nicht zu reden. Es wäre reine Zeitverschwendung.

#37: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 00:03
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Vergessen: 'Keine Religion haben ist auch eine Religion' ist auf einer anderen Ebene angesiedelt. Man kann problemlos ohne Religion leben, aber nicht denken ohne eine Metaphysik (AKA Ontologie), wenn man das etwas intensiver betreiben möchte.

Doch, kann man, wenn man sich klar macht, daß unsere Vorstellungen von dieser Welt immer Modelle sind, mehr oder weniger durch Tatsachenbeobachtungen belegt.

'Ontologie' bedeutet für mich die begründete Auflistung, was Bunge als 'The world's furniture' bezeichnet hat, also das, womit wir unsere 'Welt' ausstatten, aber auch Definitionen der Relationen und Veränderungen dieser 'Gegenstände'.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wir beobachten und messen immer nur Eigenschaften dieser Welt, nie die Welt an sich, nie ihr "Wesen". Unser Prozeß des Wissenserwerbs ist eine ständige Abfolge von Tatsachenbeobachtung und Modellbildung. Jedes dieser Modell besitzt realistische Anteile und solche, die auf Fantasie beruhen, und letztere erkennen wir immer erst in dem Augenblick, wo sie mit neuen Tatsachenbeobachtungen in Konflikt geraten.

Ist Dir bewusst, dass Du gerade Deine Ontologie beschreibst, also Metaphysik betreibst, nebenbei, so ziemlich die, die ich vertrete?

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Der Fortschritt unseres Wissens, wenn er denn stattfindet, beruht darauf, daß neue Modelle realistischer, durch Tatsachenbeobachtungen besser belegt sind als die vorherigen. Über das "Wesen" dieser Welt sagen sie uns nichts, immer nur über nachprüfbare Eigenschaften, interpretiert durch unsere Modelle.

Natürlich. Aber für die Konstruktion dieser Modelle benötigst Du Begriffe. Die Begründung, welche Du verwendest, heißt in meinem Sprachgebrauch Ontologie, was synonym mit Metaphysik ist.

Sehr umfassend ist das in meiner 'Bibel'

Zitat:
Mahner, M.; Bunge, M. (2000) 'Philosophische Grundlagen der Biologie' Berlin; mult., Springer


dargestellt.

#38: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 00:11
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Wenn man aber weltweit durch den gesamten Verlauf der Geschichte weit mehr Menschen, auch solche mit sehr hoher Intelligenz, findet, die an irgendwelche 'höheren Mächte' glauben, könnte da was dahinter stecken. Ich glaube das zwar nicht, aber wie sollte ich sicher sein?

Warum versuchst du nicht, eine wissenschaftliche Erklärung für vorwissenschaftliche Erklärungsmodelle zu finden, statt dich mit einem philosophischen Agnostizismus abzufinden?

merkwürdige Frage. Was folgt über die mögliche Existenz eines Gottes, wenn ich Gottesvorstellungen irgendwie erklären kann? Wenn jemand vertritt, dass Gott die Suche nach ihm in die Gene der Viecher eingebaut hat, aus denen sich der Mensch entwickelte, wäre das eine 'wissenschaftliche Erklärung für vorwissenschaftliche Erklärungsmodelle'? Vor allem, wenn man, wie heutige Theologen, Gott gar nicht mehr als Erklärungsmodell, beispielsweise für die Evolution, einsetzt ('Schiller spielt im Wallenstein nicht mit')?

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Nur nebenbei, noch kein Philosoph konnte den Solipsismus widerlegen. Nicht, dass mich das irgendwie beeindrucken würde, aber es sollte unsere Sicherheit hinsichtlich Existenz-Aussagen doch etwas problematisieren.

Philosophisch kann man das zwar vielleicht nicht widerlegen, aber auch das spricht mehr gegen die Philosophie als für sie. Praktisch geht es schon. Wenn Solipsismus bedeutet, daß es nur das eigene Ich gibt, warum sollte ich mit dir diskutieren, oder du mit mir? Von der simplen Tatsache, daß ein Ich allein überhaupt nicht erklärbar wäre, gar nicht zu reden. Es wäre reine Zeitverschwendung.

Vielleicht macht es meinem Ego Spaß, mit mir selber über die Schöpfung eines Wesens 'Marcellinus' zu diskutieren? Ich könnte auch Solitaire spielen, ist auch reine Zeitverschwendung, aber erfreut.

Versteh' mich nicht falsch, ich führe derartige Diskussionen seit über 30 Jahren und mir ist kaum ein Argument neu. Mir ist auch bewusst, dass in diesen Fragen viel 'Charaktersache' ist. Daher hatte ich auch das Beispiel 'Rotwein vs. Weißwein beim Rehbraten' angeführt. Teilweise ist meine Haltung auch strategisch. Man kommt bei Theologen leichter zur Sache, wenn man 'tu quoque' einfach mal ausschaltet, indem man deutlich macht, dass man über die Existenz deren Gottes keine gültigen Aussagen machen möchte und dann über das spricht, was einen interessiert.

#39: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 00:21
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Vergessen: 'Keine Religion haben ist auch eine Religion' ist auf einer anderen Ebene angesiedelt. Man kann problemlos ohne Religion leben, aber nicht denken ohne eine Metaphysik (AKA Ontologie), wenn man das etwas intensiver betreiben möchte.

Doch, kann man, wenn man sich klar macht, daß unsere Vorstellungen von dieser Welt immer Modelle sind, mehr oder weniger durch Tatsachenbeobachtungen belegt.

'Ontologie' bedeutet für mich die begründete Auflistung, was Bunge als 'The world's furniture' bezeichnet hat, also das, womit wir unsere 'Welt' ausstatten, aber auch Definitionen der Relationen und Veränderungen dieser 'Gegenstände'.

Ja, das ist aber ein Begriff von "Ontologie", der ähnlich sinnvoll ist, wie der Gottesbegriff mancher Gläubiger. Wenn du stattdessen versuchst, zu einer wissenschaftlich tragfähigen Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie zu kommen, muß du die Philosophie verlassen, die immer nur sagt, wie Erkenntnis sein sollte, und stattdessen soziologisch untersuchen, wie sich Erkenntnis und Wissenschaften real entwickelt hat, und das ist nicht unabhängig zu tun von der Untersuchung der Gesellschaften, in denen dieses Wissen entstanden ist, und auch nicht unabhängig von den Menschen, die diese Gesellschaften gebildet haben und noch bilden.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wir beobachten und messen immer nur Eigenschaften dieser Welt, nie die Welt an sich, nie ihr "Wesen". Unser Prozeß des Wissenserwerbs ist eine ständige Abfolge von Tatsachenbeobachtung und Modellbildung. Jedes dieser Modell besitzt realistische Anteile und solche, die auf Fantasie beruhen, und letztere erkennen wir immer erst in dem Augenblick, wo sie mit neuen Tatsachenbeobachtungen in Konflikt geraten.

Ist Dir bewusst, dass Du gerade Deine Ontologie beschreibst, also Metaphysik betreibst, nebenbei, so ziemlich die, die ich vertrete?

Ich denke, inhaltlich sind wir in vielen Punkten nicht weit auseinander, aber wir kommen aus unterschiedliche Traditionen. Und nein, meine Vorstellungen haben mit Metaphysik nichts zu tun, weil die Modelle, von denen ich spreche, Produkt eines sozialen Prozesses sind. Der Begriff Metaphysik gehört zu einem vorwissenschaftlichen Erklärungsmodell, wie es die Philosophie des 18. und 19. Jh. war. Auch bei Popper findet man in seiner 3-Welten-Theorie noch die Vorstellung, Begriffe könnten gewissermaßen unabhängig von Menschen existieren. Es ist der verzweifelte Versuch, absolute Begriffe zu retten, die doch nicht zu retten sind.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Der Fortschritt unseres Wissens, wenn er denn stattfindet, beruht darauf, daß neue Modelle realistischer, durch Tatsachenbeobachtungen besser belegt sind als die vorherigen. Über das "Wesen" dieser Welt sagen sie uns nichts, immer nur über nachprüfbare Eigenschaften, interpretiert durch unsere Modelle.

Natürlich. Aber für die Konstruktion dieser Modelle benötigst Du Begriffe. Die Begründung, welche Du verwendest, heißt in meinem Sprachgebrauch Ontologie, was synonym mit Metaphysik ist.

Diese Begriffe entwickeln sich zusammen mit der Entwicklung der Modelle. Sie sind nicht vorher da, auch und gerade wenn denken und forschen ohne Begriffe nicht möglich ist.

Fest seht dagegen, daß Menschen Beobachtungen machen und diese zu Bildern von dieser Welt zusammenfügen. Dabei sind diese Beobachtungen nicht voraussetzungslos, sie sind vielmehr Produkt der Evolution. Die Wahrnehmungen, die wir machen, sind optimiert auf einen ganz einfachen Zweck: das Überleben. Wir sehen die Welt nicht so wie sie ist, sondern so, wie es für das Überleben am zweckmäßigsten ist. Unser Vorfahr, der von dem herannahenden Säbelzahntiger eine unrealistische Vorstellung hatte, war bald ein Toter, und schied damit als Vorfahr aus. Das Bild, daß uns unsere Wahrnehmungsorgane von dieser Welt zeigen, ist also realistisch, aber es ist nicht die Welt an sich, ist nicht im philosophischen Sinne wahr.

Diese Beobachtungen erklären aber nicht jeden möglichen Zusammenhang. Man kann einen Blitz sehen, ohne zu verstehen, was das ist. Unsere Natur zwingt uns aber, uns mit unvollständigen Antworten nicht zufrieden zu geben, besonders dann, wenn wir uns davon bedroht fühlen. Es ist neurowissenschaftliche nachgewiesen, daß unserer Gehirn, besonders unter Stress, lieber eine Fantasieerklärung produziert, als eine Frage unbeantwortet zu lassen. Dabei geben wir von Natur aus Erklärungen mit einem persönlichen Verursacher eindeutig den Vorzug, solange wir keine anderen Informationen haben. Auch hier ist der biologische Sinn wieder ganz einfach. Wenn unser Vorfahr ein ungekanntes Geräusch hörte, nahm er erst einmal an, da sei eine Person oder ein Tier. Wenn er sich irrte, hatte er sich einfach nur geirrt. Wenn er aber ein Geräusch für harmlos hielt, hinter dem ein Gegner steckte, war er vielleicht tot, bevor er seinen Irrtum bemerken konnte. Urban Legends und Verschwörungstheorien funktionieren heute noch nach dem Schema.

Am Beginn unserer Entwicklung, als die Menschen noch kaum Informationen über die Zusammenhänge in dieser Welt besaßen, bildeten sie sich ihrer Vorstellungen, die Modelle von den Zusammenhängen zwischen den Beobachtungen, die sie in der Welt machten, mit Hilfe der Fantasie und der Annahme, daß hinter allem persönliche Verursacher stecken müßten. So entstanden die ersten Religionen. Und diese Modelle funktionierten häufig sogar. Man machte einen Regentanz für den Wettergott und irgendwann regnete es. Das war die Bestätigung. Wenn der Regen ausblieb, hatte man eben nicht genügend getanzt. Nur die positiven Fälle werden registriert. Aberglauben funktioniert heute noch so. Du kannst 10mal am Freitag, dem 13. nichts erlebt haben, das eine Mal, wo du dir den Arm gebrochen hast, bestätigt die Theorie.

Aber im Laufe der Zeit scheiterten eben doch viele dieser Modelle und wurden durch solche ersetzt, die realistischer waren. Krankheiten betrachtete man ursprünglich als von Geistern verursacht. Aber man konnte die Geister noch so viel beschwören, manche Krankheiten kamen immer wieder. Bis jemand die Beobachtung machte, daß Fieber häufig in der Nähe von Sümpfen auftrat. Dort stank es erbärmlich. Also mußte der Gestank die Krankheiten verursachen. Man legte den Sumpf trocken und das Fieber verschwand. Die Miasmentheorie war geboren. In unserem heutigen Verständnis war sie falsch, aber realistischer als die Geistertheorie war sie allemal und sie bestätigte sich in der Wirklichkeit. Sie war ein Fortschritt.

Bis man im 19. Jh in London der Cholera-Epidemie nicht Herr wurde. Londen war wie alle großen Städt im Europa der damaligen Zeit eine schmutzige Stadt und es stank erbärmlich. Also versuchte man den krankmachenden Gestand zu beseitigen, indem man die Abwässer in die Themse leitete - aus der die Menschen ihr Trinkwasser nahmen. Der Gestank war weg, die Krankheit wütete schlimmer als zuvor. Erst an diesem Widerspruch zur Wirklichkeit erkannte man seinen Irrtum, und man begann zu vermuten, es müsse etwas mit dem verunreinigten Wasser zu tun haben, nicht mit dem Gestank. Der Erfolg stellte sich sofort ein, die theoretischen Bestätigung kam erst sehr viel später mit der Beobachtung von Bakterien.

Unsere Vorstellungen sind also Modelle von Zusammenhängen zwischen Beobachtungen, die wir machen. Ob diese Modelle falsch sind, können wir nur feststellen, wenn sie mit der Wirklichkeit, die sie beschreiben sollen, in Widerspruch geraten, wenn und nur dann wenn wir Beobachtungen machen, die unseren Modellen widersprechen. Fortschritt entsteht dadurch, daß wir alte Modelle durch bessere ersetzen, wobei besser heißt: in besserer Übereinstimmung mit mehr Beobachtungen. Dabei kann herauskommen, daß die alte Theorie schlicht falsch war, oder, wie im Falle von Newton, nur in gestimmten Fällen galt. Wichtig ist der Vergleich, der Komparativ. Die neue Theorie ist nicht etwa wahr, aber sie ist auch nicht beliebig, sie ist einfach besser, realistischer.

Das gilt auch schon für vorwissenschaftliche Vorstellungen. Dagegen hat man das wissenschaftliche Stadium eines Fachgebiets erreicht, wenn neue Theorien alte nicht mehr für unbrauchbar erklären, sondern sie umfassen, wie die Relativitätstheorie die Newtonsche Mechanik.

Unsere Vorstellungen von dieser Welt sind also nicht beliebigen Theorien, und sie sind auch keine unveränderlichen Wahrheiten, sondern sie sind ein Prozeß, in dessen Verlauf unserer Vorstellungen immer realistischer und weniger fantasiegeladen geworden sind. Dieser Prozeß ist nicht zwangsläufig (es gab ja auch schon Rückschritte und es kann sie wieder geben) und er ist auch nicht zielgerichtet, sondern ein Prozeß, in dem die Anzahl und die Bedeutung nachprüfbarer Aussagen über die Wirklichkeit zugenommen haben.

Sie enthalten sicher auch heute noch Fantasievorstellungen, die uns nicht bewußt werden, weil sie uns selbstverständlich erscheinen, und bisher nicht mit der Wirklichkeit kollidiert sind. Nur durch solche Widersprüche können wir Fehler in der Regel entdecken. Das letzte Wort hat eben das Experiment. Unsere Theorien sind also nicht in einem philosophischen Sinne wahr, aber sie werden besser, realistischer. Und das ist das Maß für den wissenschaftlichen Fortschritt.

#40: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 00:37
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

kann sein, dass ich berufsbedingt voreingenommen bin, das Halbjahresthema, das ich gerade behandle, lautet

Zitat:
Vernunft und Gewissen. Normsetzende Begründungen verantwortlichen Handelns


Im Lehrplan ist nicht nur vorgesehen, kritisch die bisher vorgetragenen Begründungen zu analysieren, es wird auch davon ausgegangen, dass man moralisches Handeln begründen kann.


Diese Herangehensweise gibt zwar vor, das Problem lösen zu wollen, aber eigentlich ist sie Teil des Problems. Die ganze Art, wie der Diskurs geführt wird, ist von religiös-philosophischen Vorstellungen geprägt. Man spricht abstrakt von Werten, wenn es darum geht, rein existenzielle Probleme zu lösen. Man tut so, als wäre uneigennütziges Handeln fragwürdig und begründungsbedürftig, wogegen grob-egoistisches Handeln als selbstverständlich akzeptiert wird. Dahinter steht ein fragwürdiges Menschenbild, nachdem der Mensch grundsätzlich schlecht und asozial ist, wofür es keiner tiefschürfenden Begründung bedarf, wer es nicht ist, soll sich aber dafür philosophisch rechtfertigen.

#41: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 01:20
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

kann sein, dass ich berufsbedingt voreingenommen bin, das Halbjahresthema, das ich gerade behandle, lautet

Zitat:
Vernunft und Gewissen. Normsetzende Begründungen verantwortlichen Handelns


Im Lehrplan ist nicht nur vorgesehen, kritisch die bisher vorgetragenen Begründungen zu analysieren, es wird auch davon ausgegangen, dass man moralisches Handeln begründen kann.

Diese Herangehensweise gibt zwar vor, das Problem lösen zu wollen, aber eigentlich ist sie Teil des Problems. Die ganze Art, wie der Diskurs geführt wird, ist von religiös-philosophischen Vorstellungen geprägt. Man spricht abstrakt von Werten, wenn es darum geht, rein existenzielle Probleme zu lösen.

ich sehe das nicht. Das trifft sicher auf den historischen Teil des Unterrichts teilweise zu (vergiss nicht, dass die Grundlagen unserer Ethik aus dem alten Griechenland stammen, die alten Philosophen waren zwar in einem gewissen Sinn 'religiös', aber das war eine andere Religion als das Christentum, wenn überhaupt), aber oft auch nicht mehr auf die moderneren Ethiken. Was spricht dagegen, Strategien zur Lösung existenzieller Probleme durch Werte zu beschreiben? Die müssen doch nicht gottgegeben sein, es gibt eine ganze Reihe von Vernunftethiken.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Man tut so, als wäre uneigennütziges Handeln fragwürdig und begründungsbedürftig, wogegen grob-egoistisches Handeln als selbstverständlich akzeptiert wird. Dahinter steht ein fragwürdiges Menschenbild, nachdem der Mensch grundsätzlich schlecht und asozial ist, wofür es keiner tiefschürfenden Begründung bedarf, wer es nicht ist, soll sich aber dafür philosophisch rechtfertigen.

Das erste Halbjahr stand unter dem Thema 'Menschenbilder'. Du kannst davon ausgehen, dass das, was Du schilderst, nur für einen Teil der Menschenbilder zutrifft, die im Laufe der Geschichte der Ethik vertreten wurden. Du hättest große Probleme, wenn Du das, was Du gerade geschildert hast, bei Aristoteles finden möchtest. Du kannst auch auf grob-egoistischem Verhalten eine Ethik aufbauen, Hobbes hat das vorgemacht.

Die Frage, ob 'der Mensch' altruistisch oder egoistisch ist, scheint mir falsch gestellt zu sein, weil das sicher auch von der Gesellschaft abhängt, in der er aufwächst. Im Tierreich findest Du häufig unterschiedliche 'Ethiken', je nachdem, ob es um Mitglieder der Gruppe oder Fremde geht. Auch Menschen, die sehr altruistisch Menschen der eigenen Gruppe gegenüber sind, können egoistisch gegenüber anderen sein. Du kennst sicher auch die soziobiologischen Modelle, die heute eher als evolutionäre Psychologie verkauft werden, die mit Gen-Egoismus altruistisch aussendes Verhalten begründen.

Ich vermute, dass das Problem umfassender ist und nicht der Philosophie oder den Kirchen in die Schuhe geschoben werden kann. Klar, wenn Du nur das Leben hierzulande in den letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten betrachtest, erhältst Du ein anders Bild als wenn Du Dich weltweit umschaust oder gar die Evolution des Menschen oder sogar die dessen tierlicher Vorfahren mit betrachtest.

#42: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 01:57
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Was spricht dagegen, Strategien zur Lösung existenzieller Probleme durch Werte zu beschreiben? Die müssen doch nicht gottgegeben sein, es gibt eine ganze Reihe von Vernunftethiken.


Das, worum es eigentlich geht wird verschleiert und durch schwurbelige Sprache unnötig abstrahiert. Nimm als Beispiel den Begriff "Menschenwürde", der steht ja oft im Mittelpunkt solcher Wertedebatten. Da werden unendliche Debatten darüber geführt, wie man die Menschenwürde begründet, ob es die überhaupt gibt, wie man sie ohne den Glauben an die Gottgewolltheit und Gottesebenbildlichkeit des Menschen überhaupt rechtfertigen kann usw. Fragt man stattdessen, ob jemand es als Problem ansähe, das Objekt staatlicher Machtausübung zu sein, quasi rechtlos staattlicher Willkür ausgesetzt zu sein, wird man wohl auf breite Zustimmung stossen, dass das ein Problem ist, das es zu lösen gilt. Man müsste nicht endlos über den abstrakten Wert "Menschenwürde" philosophieren, sondern könnte sich dem konkreten, tatsächlich vorhandenen Problem widmen. Ohne Schwurbelei und ohne Okkupierung des Themas durch Theologen und anderer Hüter vermeintlich höherer Werte. Ethische Debatten wären dann Debatten über reale Probleme, die nach konkreten Lösungsvorschlägen verlangen, nicht nach dem Geschwafel weltfremder Theologen und anderer Wirrköpfe.

#43: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 07:44
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Was spricht dagegen, Strategien zur Lösung existenzieller Probleme durch Werte zu beschreiben? Die müssen doch nicht gottgegeben sein, es gibt eine ganze Reihe von Vernunftethiken.

Das, worum es eigentlich geht wird verschleiert und durch schwurbelige Sprache unnötig abstrahiert. Nimm als Beispiel den Begriff "Menschenwürde", der steht ja oft im Mittelpunkt solcher Wertedebatten. Da werden unendliche Debatten darüber geführt, wie man die Menschenwürde begründet, ob es die überhaupt gibt, wie man sie ohne den Glauben an die Gottgewolltheit und Gottesebenbildlichkeit des Menschen überhaupt rechtfertigen kann usw.

stimmt. Auf die Unmöglichkeit, Menschwürde ohne imago dei zu begründen, habe ich auch schon mehrfach hingewiesen. Mit imago dei geht es auch nicht.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Fragt man stattdessen, ob jemand es als Problem ansähe, das Objekt staatlicher Machtausübung zu sein, quasi rechtlos staattlicher Willkür ausgesetzt zu sein, wird man wohl auf breite Zustimmung stossen, dass das ein Problem ist, das es zu lösen gilt.

Falls Du Recht hättest, wäre man an das Problem schon längst herangegangen. Es scheint nicht das Problem einer Mehrheit zu sein.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Man müsste nicht endlos über den abstrakten Wert "Menschenwürde" philosophieren, sondern könnte sich dem konkreten, tatsächlich vorhandenen Problem widmen. Ohne Schwurbelei und ohne Okkupierung des Themas durch Theologen und anderer Hüter vermeintlich höherer Werte. Ethische Debatten wären dann Debatten über reale Probleme, die nach konkreten Lösungsvorschlägen verlangen, nicht nach dem Geschwafel weltfremder Theologen und anderer Wirrköpfe.

Du müsstest aber erst das Problem so formulieren, dass für eine Mehrheit im System Lösungsbedarf besteht. Wie willst Du das ohne Diskussion machen? Du lebst in einem Staat, Du hast die Rechte, die der Dir zugesteht. Wenn das weniger sind als Du einforderst, hast Du ein Problem.

#44: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 08:11
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
'Ontologie' bedeutet für mich die begründete Auflistung, was Bunge als 'The world's furniture' bezeichnet hat, also das, womit wir unsere 'Welt' ausstatten, aber auch Definitionen der Relationen und Veränderungen dieser 'Gegenstände'.

Ja, das ist aber ein Begriff von "Ontologie", der ähnlich sinnvoll ist, wie der Gottesbegriff mancher Gläubiger.

nein, er ist die Basis eines vollkommen konsistenten naturalistischen Weltbilds, das ich vertrete.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich denke, inhaltlich sind wir in vielen Punkten nicht weit auseinander, aber wir kommen aus unterschiedliche Traditionen.

Das sollten wir vielleicht vorher klären. Ich habe Biologie, Chemie und Informatik studiert und man hat mir eine Fakultas für Ethik zuerkannt. Was meinst Du, aus welcher 'Tradition' ich komme, wenn ich mich auf das Buch, das ich zitiert habe, beziehe? Der Inhalt besteht zu einen großen Teil aus Kritik an anderen Positionen, vermutlich auch an all denen, die Du auch ablehnst.

Das, was Du weiter unten formuliert hast, ist (mit etlichen Abstrichen, über die es sich eventuell zu diskutieren lohnen würde) in meiner Terminologie (m)eine Ontologie (AKA Metaphysik).

Ich fürchte, wir streiten uns über Begriffe.

#45:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 11:28
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
'Ontologie' bedeutet für mich die begründete Auflistung, was Bunge als 'The world's furniture' bezeichnet hat, also das, womit wir unsere 'Welt' ausstatten, aber auch Definitionen der Relationen und Veränderungen dieser 'Gegenstände'.

Ja, das ist aber ein Begriff von "Ontologie", der ähnlich sinnvoll ist, wie der Gottesbegriff mancher Gläubiger.

nein, er ist die Basis eines vollkommen konsistenten naturalistischen Weltbilds, das ich vertrete.

Ein Moment, habe ich das richtig gelesen? Die Physiker gehen heute davon aus, daß über 20% dieses Universums aus Dunkler Materie besteht, über die sie nichts wissen, und über 70% aus Dunkler Energie, über die sie gar nichts wissen. Die Biologie hat erst mit Darwin das Stadium der Inventurwissenschaft überhaupt verlassen und entdeckt ständig Neues, das auch die Fachleute überrascht, und die Menschenwissenschaften, namentlich Soziologie und Geschichteswissenschaften, verfügen zwar über eine Menge an gut belegten Fakten, aber bisher keine allgemein akzeptierten und belegten Modelle von Zusammenhängen. Wir wissen mittlerweile so viel aus diesen verschiedenen Bereichen unseres Universums, daß wir vielleicht zum ersten Mal in unserer Geschichte zu ahnen beginnen, was wir alles noch nicht wissen, und da kommst du her und hast ein "vollkommen konsistentes naturalistisches Weltbild"!

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich denke, inhaltlich sind wir in vielen Punkten nicht weit auseinander, aber wir kommen aus unterschiedliche Traditionen.

Das sollten wir vielleicht vorher klären. Ich habe Biologie, Chemie und Informatik studiert und man hat mir eine Fakultas für Ethik zuerkannt. Was meinst Du, aus welcher 'Tradition' ich komme, wenn ich mich auf das Buch, das ich zitiert habe, beziehe? Der Inhalt besteht zu einen großen Teil aus Kritik an anderen Positionen, vermutlich auch an all denen, die Du auch ablehnst.

Das, was Du weiter unten formuliert hast, ist (mit etlichen Abstrichen, über die es sich eventuell zu diskutieren lohnen würde) in meiner Terminologie (m)eine Ontologie (AKA Metaphysik).

Ich fürchte, wir streiten uns über Begriffe.

Nein, wir streiten nicht um Begriffe, sondern um die Bedeutung von Philosophie, um die Bedeutung einer ontologischen Entscheidung. Du hast dich offenbar für eine Reihe von statischen, absoluten Begriffen entschieden (was du Ontologie oder Metaphysik nennst), auf deren Grundlage du diese Welt wahrnimmst und interpretierst. Eine solche Entscheidung schreit nach Begründung, die du nicht liefern kannst, daher auch deine Vorstellung, Solipsismus sei nicht zu widerlegen.

Was du nicht bemerkst, ist die simple Tatsache, daß alle unsere Begriffe und Modelle Teil eines sozialen Prozesses sind, von dem du nicht die mindeste Vorstellung hast, soziale Prozesse, in denen sich nicht nur die Menge unseres Wissens vermehrt hat, nicht nur die Art der Theorien und Erklärungsmodelle geändert hat, sondern das Denken selbst. Der feste Standpunkt, dein "vollkommen konsistentes naturalistisches Weltbild" ist ein durchaus schwammiger Grund, selbst Produkt dieses sozialen Prozesses, einer Sozio- und Psychogenese, die wir heute nur in Ansätzen verstehen.

Diese Welt besteht, grob gesprochen, aus drei Ebenen, die sich zwar nicht trennen, aber unterscheiden lassen, die physikalische, biologische und soziale Ebene unseres Univerums, wobei letztere unser Leben vermutlich direkter betrifft als die beiden ersten, uns aber gleichzeitig unbekannter ist als vergangenen Zeiten die Rückseite des Mondes. Sehr rationalen Vorstellungen über die beiden ersten stehen bislang noch weitgehende Fantasievorstellungen über letztere gegenüber.

Deine Position zur Ethik ist nur ein Beispiel dafür. Wenn du nicht verstehst, daß unsere moralischen Vorstellungen Produkt unserer sozialen Entwicklung und politischen Auseinandersetzungen sind, unserer gesellschaftlichen Erfahrungen gewissermaßen, dann taumeln unsere "Lösungen" immer hin und her zwischen einer Prinzipien-Ethik auf unterschiedlicher ideologischer Grundlage auf der einen und biologistischen Ethiken auf der anderen Seite.

Ähnlich ist es mit erkenntnis- und wissenschafttheoretischen Positionen. Solange man nicht versteht, daß Erkenntnis und Wissen einzelner Menschen ein Produkt eines gesellschaftlichen Prozesses ist, der Entwicklung von Gesellschaften, die wir Menschen miteinander bilden, solange bleiben solche Positionen scheinbar unbegründbare metaphysische Entscheidungen, maximal noch durch irgendwelche praktischen Erwägungen eher vermittelt als eigentlich begründet.

Nein, wir streiten uns nicht um Begriffe, wir streiten uns überhaupt nicht (ich mich zumindest nicht mit dir), sondern wir haben ziemlich unterschiedliche Vorstellungen von dieser Welt, und meine machen genau das zum Gegenstand der Untersuchung, was du als ontologische Entscheidung voraussetzt. Deshalb wende ich mich gegen Metaphysik.

#46: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 11:29
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Kannst Du überhaupt ein vernünftiges Kriterium angeben, nach dem man der Meinung sein kann, etwas exstiere nicht?
Schwer zu sagen. Wenn ich weiß, dass die Existenz eines Wesen namens 'Zahnfee' nur in bestimmten Gegenden der Welt den Kindern erzählt wird, würde ich nicht annehmen, dass dieses Wesen existiert. Das wird wohl vernünftig sein.

Moment mal, Du selbst betonst immer, daß es bei epistemischen Fragen nicht um die parktische Vernunft solcher Annahmen gehe. Du müßtest also, willst Du die Existenz der Zahnfee epistemisch leugnen, ein epistemisches Kriterium angeben.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wenn man aber weltweit durch den gesamten Verlauf der Geschichte weit mehr Menschen, auch solche mit sehr hoher Intelligenz, findet, die an irgendwelche 'höheren Mächte' glauben, könnte da was dahinter stecken. Ich glaube das zwar nicht, aber wie sollte ich sicher sein?

Du weißt selbst, daß der Hinweis auf den Glauben inteeligenter Menschen kein epistemisches Argument ist (oft nicht mal ein praktisch-vernünftiges).

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Bezüglich Bibel-Gott und der katholischen Variante bin ich agnostisch. 'Gotteswort aus Menschenmund' könnte ein möglicherweise existentes absolutes Sein ungenau wiedergeben.

Aber wessen Existenz hältst Du demnach für möglich? Mir scheint, Deine Position möglicher Existenz ist nur dann logisch vertretbar, wenn sie sich auf ein sehr undefiniertes Gottesbild bezieht. Meines Erachtens ist auch das ein Fehlschluß, Du sagst im Prinzip - wenn ich das richtig verstanden habe: "Der christliche Gott könnte existieren, wenn wir ihn so umdefinieren, daß er keine widerlegbaren Eigenschaften mehr hat". Das ist - wie sich auch in Deinem nächsten hier gesnippten Abschnitt zeigt - auch ein Problem mit der Identitätsdefinition.

Vor allem jedoch würde das alles, wäre es denn logisch, auch für die Zahnfee gelten. Denn, Deiner Argumentation folgend, könnte ich behaupten, die Angewohnheit, konkret Belohnungen für ausgefallene Milchzähne zu verteilen, könnte "Zahnfeewahrheit aus Menschenmund" sein, bzw. die Zahnfee wirke durch "Zweitursachen", was ich "zwar nicht glaube", aber die "Widerlegung wäre doch schwierig".

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Sollte Gott durch Zweitursachen schaffen, wäre eine Widerlegung schwierig.

Zweitursachen? Was soll das denn sein? Meinst Du damit so eine Art Deismus, in der ein intelligentes Wesen die Naturkonstanten festlegt und dann auf den Startknopf drückt?

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Ich vermute, dass es leicht zu zeigen ist, dass wir auch im Bereich der Naturwissenschaften glauben. Du wirst doch nicht beweisen können, dass ein Modell des Seins etwas über das Sein aussagt, selbst wenn Du noch so intensiv modellierst und es immer korrekte Werte liefert? Du weißt doch auch nicht, was wir morgen wissen werden.

Richtig. Auf dieser Ebene - also der der grundsätzlichen Letztunsicherheit allen Wissens - ist tatsächlich eine epistemische Grenze erreicht. Diese Grenze bezieht sich jedoch auf alles, was wir wissen und nicht wissen. Es ist mE unlogisch, Göttern und Geistern hier eine Sonderstellung einzuräumen, indem man sie "agnostisch ehrt". Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

#47: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 11:35
    —
step hat folgendes geschrieben:
Es ist mE unlogisch, Göttern und Geistern hier eine Sonderstellung einzuräumen, indem man sie "agnostisch ehrt". Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

Coole Sache, das...

#48: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: AlchemistWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 12:50
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es ist mE unlogisch, Göttern und Geistern hier eine Sonderstellung einzuräumen, indem man sie "agnostisch ehrt". Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

Coole Sache, das...


Ja!
Danke für diesen Gedanken step

#49: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 13:10
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step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Kannst Du überhaupt ein vernünftiges Kriterium angeben, nach dem man der Meinung sein kann, etwas exstiere nicht?
Schwer zu sagen. Wenn ich weiß, dass die Existenz eines Wesen namens 'Zahnfee' nur in bestimmten Gegenden der Welt den Kindern erzählt wird, würde ich nicht annehmen, dass dieses Wesen existiert. Das wird wohl vernünftig sein.

Moment mal, Du selbst betonst immer, daß es bei epistemischen Fragen nicht um die parktische Vernunft solcher Annahmen gehe. Du müßtest also, willst Du die Existenz der Zahnfee epistemisch leugnen, ein epistemisches Kriterium angeben.


Vielleicht genügt auch ein ontologisches - das der ontologischen Sparsamkeit. Du kannst Dich auch auf Ockhams Rasiermesser berufen, wonach nicht ohne Not die Existenz neuer Entitäten postuliert werden sollte, wenn Dir das lieber ist.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Wenn man aber weltweit durch den gesamten Verlauf der Geschichte weit mehr Menschen, auch solche mit sehr hoher Intelligenz, findet, die an irgendwelche 'höheren Mächte' glauben, könnte da was dahinter stecken. Ich glaube das zwar nicht, aber wie sollte ich sicher sein?

Du weißt selbst, daß der Hinweis auf den Glauben inteeligenter Menschen kein epistemisches Argument ist (oft nicht mal ein praktisch-vernünftiges).


Genauer gesagt das Gegenteil von einem "ad hominem", ein argumentum ad verecundiam.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Bezüglich Bibel-Gott und der katholischen Variante bin ich agnostisch. 'Gotteswort aus Menschenmund' könnte ein möglicherweise existentes absolutes Sein ungenau wiedergeben.

Aber wessen Existenz hältst Du demnach für möglich? Mir scheint, Deine Position möglicher Existenz ist nur dann logisch vertretbar, wenn sie sich auf ein sehr undefiniertes Gottesbild bezieht. Meines Erachtens ist auch das ein Fehlschluß, Du sagst im Prinzip - wenn ich das richtig verstanden habe: "Der christliche Gott könnte existieren, wenn wir ihn so umdefinieren, daß er keine widerlegbaren Eigenschaften mehr hat". Das ist - wie sich auch in Deinem nächsten hier gesnippten Abschnitt zeigt - auch ein Problem mit der Identitätsdefinition.


Richtig. Vor allen Dingen kann Aussagen über die Existenz eines semantisch undurchdringbaren Mysteriums niemand rechtens für wahr oder falsch halten. Gibt es z.B. einen oberbayrischen Riebieslanzeighosenknopflochstanzer? Mr. Green

step hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Sollte Gott durch Zweitursachen schaffen, wäre eine Widerlegung schwierig.

Zweitursachen? Was soll das denn sein? Meinst Du damit so eine Art Deismus, in der ein intelligentes Wesen die Naturkonstanten festlegt und dann auf den Startknopf drückt?


Eher so etwas wie das, was "liberale Theologen" wie Hans Kessler vertreten. Im Prinzip hat ein Schöpfer nicht nur den Startknopf gedrückt, sondern wirkt auch im naturalistischen Geschehen, im Sinne einer "creatio continua". Aber wie das genau funktionieren soll, dass z.B. eine Evolution sowohl rein naturalistisch ablief als auch von Gott gelenkt wurde, kann von den Theologens auch niemand sagen... zwinkern

Womit wir wieder bei dem semantisch undurchdringbaren Mysterium wären, das niemand ernsthaft für existent oder nicht-existent halten kann, solange der "göttliche Mechanismus" nicht etwas näher spezifiziert worden ist. Es gibt dazu, wie beispielsweise

Peitz, H.-H. (2010) Von Gott als Schöpfer reden. Herder Korrespondenz 64, 34–38.

erörtert, eine Reihe extrem verkopfter, prozesstheologischer Ansätze, in denen versucht wird, diesen Spagat zu bewältigen. Aber die sind bei näherer Betrachtung auch nicht überzeugend, weil ein "die Dinge erhaltender Gott" immer direkt handeln muss und damit (ob man es wahr haben will oder nicht) in natürliche Prozesse eingreift.

Wenn man das genau durchdenkt, ist das nichts anderes als "Intelligent Design" - mit dem einzigen Unterschied, dass sich der liberale Theologe des Orwellschen Zwiedenkens befleißigt: Er erkennt 6 Tage in der Woche eine "naturalistische Evolution" an, rennt aber am Sonntag plötzlich in die Kirche.

[Rest übereinstimmungshalber gesnippt]


Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 15.02.2012, 13:14, insgesamt einmal bearbeitet

#50:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 13:12
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:


Ähnlich ist es mit erkenntnis- und wissenschafttheoretischen Positionen. Solange man nicht versteht, daß Erkenntnis und Wissen einzelner Menschen ein Produkt eines gesellschaftlichen Prozesses ist, der Entwicklung von Gesellschaften, die wir Menschen miteinander bilden, solange bleiben solche Positionen scheinbar unbegründbare metaphysische Entscheidungen, maximal noch durch irgendwelche praktischen Erwägungen eher vermittelt als eigentlich begründet.



So richtig das ist, sind soziale Prozesse trotzdem keine Begründungen. Du scheinst zu meinen, mit der sozialen Erklärung davon, wie Moral sozial produziert, weitergegeben etc. wird, wäre die Ethik quasi schon fertig. Es geht aber nicht in erster Line darum, warum wir bestimmten Normen anhängen, sondern darum, welche Normen im Konfliktfall höher zu weten sind oder nicht. Eine rein sozialwissenschaftliche Antwort darauf kann immer nur sein: Es passiwert, was passiert. Es ist aber auch falsch, wenn Du andeuten willst, dass sich in der Philosohie prinzipiell den tatsächlichen Vorgängen verschlossen würde. In der Ethikforschung ist es nicht derart unüblich, auch "empirisch" zu arbeiten.


Zuletzt bearbeitet von Kival am 15.02.2012, 13:26, insgesamt einmal bearbeitet

#51:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 13:23
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:


Ähnlich ist es mit erkenntnis- und wissenschafttheoretischen Positionen. Solange man nicht versteht, daß Erkenntnis und Wissen einzelner Menschen ein Produkt eines gesellschaftlichen Prozesses ist, der Entwicklung von Gesellschaften, die wir Menschen miteinander bilden, solange bleiben solche Positionen scheinbar unbegründbare metaphysische Entscheidungen, maximal noch durch irgendwelche praktischen Erwägungen eher vermittelt als eigentlich begründet.

So richtig das ist, sind soziale Prozesse trotzdem keine Begründungen. Du scheinst zu meinen, mit der sozialen Erklärung davon, wie Moral sozial produziert, weitergegeben etc. wird, wäre die Ethik quasi schon fertig. Es geht aber nicht in erster Line darum, warum wir bestimmten Normen anhängen, sondern darum, welche Normen im Konfliktfall höher zu weten sind oder nicht. Eine rein sozialwissenschaftliche Antwort darauf kann immer nur sein: Es passiwert, was passiert.

Es gibt keine Begründung. Die Sozialwissenschaften können uns nur sagen, wie etwas entstanden ist, und was für Gründe und Folgen das hatte. Und dann müssen die Menschen entscheiden. Jeder mag dafür seine Gründe haben, oder auch nur vortäuschen, oder sich einreden. Und auch wenn bestimmte Gründe viele überzeugen, sagt das nichts über deren Qualität. Nur anhand der (vermuteten) Folgen könnte man zumindest einen Anhalt haben. Nennt sich auch Verantwortungsethik. Aber dann stellt sich wieder die Frage danach, für wen es welche Folgen hat. Du kommst aus der Falle nicht raus. Am Ende müssen Menschen sich entscheiden, und für die Folgen einstehen.

#52:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 13:33
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Welche Folgen etwas haben könnte und in welchem Verhältnis es zu den faktischen Wünschen der Bevölkerung steht, ließe sich durchaus untersuchen. Zudem kann es durchaus zweckdienlich sein, zu zeigen und zu erläutern, warum angeblich so sicher geglaubte Normen eben letztlich doch keine rationalen Begründungen sind. Du magst das einfach abtun: Natürlich gibt es das sowieso nicht, es gibt aber genug Menschen, die glauben daran, dass die christliche Ethik begründet wäre oder geben sonst irgendwie ihre Entscheidung an Expertenbegründer ab. Ich halte die philosophische Ethik für sehr wichtig vor allem da, wo sie normative Dogmen entkräftet und auf der anderen Seite dort für gefährlich, wo sie solche schafft oder bestätigt.

#53:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 13:56
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Welche Folgen etwas haben könnte und in welchem Verhältnis es zu den faktischen Wünschen der Bevölkerung steht, ließe sich durchaus untersuchen. Zudem kann es durchaus zweckdienlich sein, zu zeigen und zu erläutern, warum angeblich so sicher geglaubte Normen eben letztlich doch keine rationalen Begründungen sind. Du magst das einfach abtun: Natürlich gibt es das sowieso nicht, es gibt aber genug Menschen, die glauben daran, dass die christliche Ethik begründet wäre oder geben sonst irgendwie ihre Entscheidung an Expertenbegründer ab. Ich halte die philosophische Ethik für sehr wichtig vor allem da, wo sie normative Dogmen entkräftet und auf der anderen Seite dort für gefährlich, wo sie solche schafft oder bestätigt.

Ja, aber weder das eine noch das andere hat mit der Entstehung und Entwicklung von Moral zu tun. Moral ist im Kern nichts anderes als die Vorstellungen, die Menschen von ihren Beziehungen untereinander haben, und davon wie sich Menschen zueinander verhalten sollten. Die Fähigkeit, moralische Vorstellungen zu entwickeln und auch miteinander auszuhandeln, ist uns vermutlich angeboren, ihr Inhalt dagegen nicht. Vielleicht Regeln, ähnlich wie bei unseren Sprachen, die auch eine große Spannbreite haben können, aber sicherlich nicht beliebig sind.

Nimm nur die letzten 50 Jahre (die Zeit, die ich persönlich recht gut überblicke), so hat sich das, was man unter Moral versteht, ständig in kleinen Schritten verändert, und ich denke, man könnte sogar bestimmen, in welche Richtung, und man könnte das wohl auch in Beziehung setzen zu gesellschaftlichen Veränderung, der Verschiebung von Machtgewichten.

Mit Begründungen hat das alles wenig zu tun, eher damit, welche Gruppen von Menschen mit welchen Ansichten an Bedeutung und Einfluß zu- bzw. abgenommen haben.

#54: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 15:52
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Du kannst Dich auch auf Ockhams Rasiermesser berufen, wonach nicht ohne Not die Existenz neuer Entitäten postuliert werden sollte, wenn Dir das lieber ist.

Klar, aber das gilt dann ebenso für "Gott".

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
... Im Prinzip hat ein Schöpfer nicht nur den Startknopf gedrückt, sondern wirkt auch im naturalistischen Geschehen, im Sinne einer "creatio continua". Aber wie das genau funktionieren soll, dass z.B. eine Evolution sowohl rein naturalistisch ablief als auch von Gott gelenkt wurde, kann von den Theologens auch niemand sagen... zwinkern

Womit wir wieder bei dem semantisch undurchdringbaren Mysterium wären, das niemand ernsthaft für existent oder nicht-existent halten kann, solange der "göttliche Mechanismus" nicht etwas näher spezifiziert worden ist. Es gibt dazu, wie beispielsweise

Peitz, H.-H. (2010) Von Gott als Schöpfer reden. Herder Korrespondenz 64, 34–38.

erörtert, eine Reihe extrem verkopfter, prozesstheologischer Ansätze, in denen versucht wird, diesen Spagat zu bewältigen. Aber die sind bei näherer Betrachtung auch nicht überzeugend, weil ein "die Dinge erhaltender Gott" immer direkt handeln muss und damit (ob man es wahr haben will oder nicht) in natürliche Prozesse eingreift.

Jeder Physiker weiß zudem, daß die Quantenphysik verborgene Variablen verbietet (mal salopp ausgedrückt). Sobald Gott irgendwie wirken würde, wäre die Quantenmechanik meßbar falsch. Auf diese Weise ist mE tatsächlich widerlegt daß Götter signifikant in das Naturgeschehen eingreifen, zumindest im derzeitigen guten Anwendungsbereich der Quantentheorie.

#55: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 17:11
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step hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
... Im Prinzip hat ein Schöpfer nicht nur den Startknopf gedrückt, sondern wirkt auch im naturalistischen Geschehen, im Sinne einer "creatio continua". Aber wie das genau funktionieren soll, dass z.B. eine Evolution sowohl rein naturalistisch ablief als auch von Gott gelenkt wurde, kann von den Theologens auch niemand sagen... zwinkern

Womit wir wieder bei dem semantisch undurchdringbaren Mysterium wären, das niemand ernsthaft für existent oder nicht-existent halten kann, solange der "göttliche Mechanismus" nicht etwas näher spezifiziert worden ist. Es gibt dazu, wie beispielsweise

Peitz, H.-H. (2010) Von Gott als Schöpfer reden. Herder Korrespondenz 64, 34–38.

erörtert, eine Reihe extrem verkopfter, prozesstheologischer Ansätze, in denen versucht wird, diesen Spagat zu bewältigen. Aber die sind bei näherer Betrachtung auch nicht überzeugend, weil ein "die Dinge erhaltender Gott" immer direkt handeln muss und damit (ob man es wahr haben will oder nicht) in natürliche Prozesse eingreift.

Jeder Physiker weiß zudem, daß die Quantenphysik verborgene Variablen verbietet (mal salopp ausgedrückt). Sobald Gott irgendwie wirken würde, wäre die Quantenmechanik meßbar falsch. Auf diese Weise ist mE tatsächlich widerlegt daß Götter signifikant in das Naturgeschehen eingreifen, zumindest im derzeitigen guten Anwendungsbereich der Quantentheorie.


Das kann man so sehen, ja. Ein Theist würde Dich nur darauf hinweisen, dass Gott immer dann ganz schnell aufhört, in unserer Welt herumzufuddeln, wenn Du ein QM-Experiment durchführst Lachen

Edit: Ich bin mir aber auch nicht wirklich sicher, ob die QM der Weisheit letzter Schluss ist. Kann gut sein, dass die unvollständig ist, ich vermute es sogar. Wäre es anders, wäre sie vermutlich ohne Weiteres mit der ART kompatibel. Es wäre also gut möglich, dass die Theorie-Version in 100 Jahren mit verborgenen Variablen kompatibel ist.

#56: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 17:44
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Ein Theist würde Dich nur darauf hinweisen, dass Gott immer dann ganz schnell aufhört, in unserer Welt herumzufuddeln, wenn Du ein QM-Experiment durchführst Lachen

Auch das kann ich widerlegen: Alles, was in der Welt abläuft, ist nämlich (nach derzeitigem Wissen) ein QM-Experiment. Ein solcher Gott müßte also bei jeder relevanten Dekohärenz aufhören, herumnzufuddeln, und an kohärenten Zuständen kann er ja wegen der SG schon gar nicht herumfuddeln. Es bliebe also nichts bzw. fast nichts zum Wirken übrig. In jedem Fall zu wenig, um die Geschicke der Welt in irgendeiner Weise zu determinieren.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Edit: Ich bin mir aber auch nicht wirklich sicher, ob die QM der Weisheit letzter Schluss ist. Kann gut sein, dass die unvollständig ist, ich vermute es sogar. Wäre es anders, wäre sie vermutlich ohne Weiteres mit der ART kompatibel. Es wäre also gut möglich, dass die Theorie-Version in 100 Jahren mit verborgenen Variablen kompatibel ist.

Richtig, aber eine solche spätere Theorie müßte "für unsere Ansprüche" effektiv dasselbe voraussagen - ähnlich wie auch Newton heute noch gilt. Daher ändert das nichts (Wesentliches).

#57: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 18:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Ein Theist würde Dich nur darauf hinweisen, dass Gott immer dann ganz schnell aufhört, in unserer Welt herumzufuddeln, wenn Du ein QM-Experiment durchführst Lachen

Auch das kann ich widerlegen: Alles, was in der Welt abläuft, ist nämlich (nach derzeitigem Wissen) ein QM-Experiment. Ein solcher Gott müßte also bei jeder relevanten Dekohärenz aufhören, herumnzufuddeln, und an kohärenten Zuständen kann er ja wegen der SG schon gar nicht herumfuddeln. Es bliebe also nichts bzw. fast nichts zum Wirken übrig. In jedem Fall zu wenig, um die Geschicke der Welt in irgendeiner Weise zu determinieren.


Das verstehe ich nicht. Wie willst Du denn ausschließen, dass Gott morgen Mittag um 12 Uhr irgendwo hinter Wolke 7 bei einem bestimmten Individuum eine bestimmte Mutation anstößt, die nicht "von selbst" eintreten würde? Du siehst es ja oft nicht mal einem Studenten an, ob er bei den Daten eines Experiments geschummelt hat. Die QM macht ja ohnehin nur statistische Aussagen, sagt aber keine konkreten Entwicklungen vorher. Angesichts dessen erscheint mir die Aussage, Gott widerlegen zu können, doch etwas gewagt.

#58: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 21:20
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wie willst Du denn ausschließen, dass Gott morgen Mittag um 12 Uhr irgendwo hinter Wolke 7 bei einem bestimmten Individuum eine bestimmte Mutation anstößt, die nicht "von selbst" eintreten würde?

Dieses Einzelergeignis kann ich natürlich nicht ausschließen. Mein Punkt ist, daß ein Gott sich auf mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit "unwichtige" Wirkungen beschränken müßte. Denn sonst würden wir entweder bemerken, daß die Naturgesetze nicht mehr stimmen, oder sein Wirken müßte recht streng zufallsverteilt sein.

Würde Gott z.B. häufiger mal gezielt Wirkungsquerschnitte oder Halbwertszeiten verändern, sagen wir in einem Kilo Uran, würde entweder plötzlich das KKW nicht mehr funktionieren, oder er erreicht nichts.

Anders ausgedrückt, unsere Welt ist viel zu regelmäßig für Götter.

Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?

#59: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 21:48
    —
step hat folgendes geschrieben:

Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?

Wenn ihr wissen wollt, wie gläubige Wissenschaftler ticken, hier eine Reihe von Videos eines Interviews zwischen Richard Dawkins und George Coyne, Professor der Astronomie und ehemaligen Direktor der Vatikanischen Sternwarte: http://www.youtube.com/watch?v=po0ZMfkSNxc

#60: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: zelig BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 22:15
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?

Wenn ihr wissen wollt, wie gläubige Wissenschaftler ticken, hier eine Reihe von Videos eines Interviews zwischen Richard Dawkins und George Coyne, Professor der Astronomie und ehemaligen Direktor der Vatikanischen Sternwarte: http://www.youtube.com/watch?v=po0ZMfkSNxc


Die Interviews kenne ich, und finde sie recht beeindruckend.
Mal eine Frage: Deine Formulierung aufnehmend, wie tickt denn Coyne aus Sicht eines Naturalisten?

#61: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 22:17
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step hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wie willst Du denn ausschließen, dass Gott morgen Mittag um 12 Uhr irgendwo hinter Wolke 7 bei einem bestimmten Individuum eine bestimmte Mutation anstößt, die nicht "von selbst" eintreten würde?

Dieses Einzelergeignis kann ich natürlich nicht ausschließen. Mein Punkt ist, daß ein Gott sich auf mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit "unwichtige" Wirkungen beschränken müßte.


Das ist nicht gesagt! Eine einzelne Mutation, so unwichtig sie uns auch erscheinen mag, könnte in der Zukunft alles verändern. Auch der Chicxulub-Impakt war "nur" ein Einzelereignis und trotzdem für den Lauf der Dinge auf der Erde von eminenter Wichtigkeit. Möglicherweise reichte dafür schon eine winzige Abweichung im Asteroidengürtel, deren Ursache wir damals gar nicht bemerkt hätten.

step hat folgendes geschrieben:

Würde Gott z.B. häufiger mal gezielt Wirkungsquerschnitte oder Halbwertszeiten verändern, sagen wir in einem Kilo Uran, würde entweder plötzlich das KKW nicht mehr funktionieren, oder er erreicht nichts.


Das ist natürlich etwas anderes. Aber das braucht es ja auch gar nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Anders ausgedrückt, unsere Welt ist viel zu regelmäßig für Götter.


Hmmm, Regelmäßigkeit schließt aber den (subjektiven) Zufall nicht aus. Hinter dem objektivem Zufall der QM könnte sich Gott nicht verstecken, wohl aber hinter dem scheinbaren Zufall. "Gott" könnte theoretisch auch gleichzusetzen sein mit "kleinem grünen Männchen im Asteroidengürtel". Das würden wir auch nicht bemerken.

step hat folgendes geschrieben:
Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?


Natürlich. Ich wollte nur darauf hinaus, dass wir ein wie auch immer geartetes Wirken Gottes in dieser Welt weder theoretisch noch empirisch ausschließen können. Bestenfalls lässt sich sagen, dass die Hypothese von der Einflussnahme Gottes mit unserem Theoriensystem nicht vereinbar ist (mit Wissenschaftsphilosophie sowieso nicht).

#62: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 22:37
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist, daß ein Gott sich auf mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit "unwichtige" Wirkungen beschränken müßte.
Das ist nicht gesagt! Eine einzelne Mutation, so unwichtig sie uns auch erscheinen mag, kann in der Zukunft alles verändern.

Das reicht aber nicht, denn die dem Ereignis kausal nachfolgenden Entwicklungen sind nur extrem unwahrscheinlich in der Lage, die gewünschte makroskopische Änderung zu bewirken. Wenn Gott einen Orkan herbeiführen wollte und dazu irgendwo einen Schmetterlingsflügel ablenkt, könnte er gleich einpacken. Er müßte zuvor eine Gesamtsituation herstellen, in der der Flügelschlag genau das auslöst.

BTW, hier könnte man jetzt Erwin mal gebrauchen: Ist meine Vermutung richtig, daß es keineswegs zu jedem gewünschten Zielzustand eines deterministisch-chaotischen Systems eine infinitesimale Änderung gibt, die genau ihn hervorruft?

#63: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 23:26
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zelig hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?

Wenn ihr wissen wollt, wie gläubige Wissenschaftler ticken, hier eine Reihe von Videos eines Interviews zwischen Richard Dawkins und George Coyne, Professor der Astronomie und ehemaligen Direktor der Vatikanischen Sternwarte: http://www.youtube.com/watch?v=po0ZMfkSNxc


Die Interviews kenne ich, und finde sie recht beeindruckend.
Mal eine Frage: Deine Formulierung aufnehmend, wie tickt denn Coyne aus Sicht eines Naturalisten?

Ja, das ist interessant. Wie hat er selbst gesagt? Sein Glaube ist mit dem Naturalismus eigentlich nicht verträglich, denn jedes Wunder bedeutet eine Ausnahme von der Regel. Allerdings kenne er nur genau ein Wunder, das für seinen Glauben notwendig sei, die Auferstehung des Jesus, und er als Wissenschaftler hoffe, Gott werde es auch bei dieser einen Ausnahme belassen. zwinkern

Das zweite, was ich interessant fand, war seine Unterscheidung der verschiedenen Rollen, die sein Glaube für ihn spiele. Da ist einmal der schon erwähnte "Gott der Erklärung", den er für erledigt hält. Religion hat seiner Ansicht nach heute nicht mehr die Aufgabe, uns diese Welt zu erklären.

Dann ist da aber auch das, was man den "Gott der Beziehung" nennen könnte, das, was man zunehmend von Gläubigen hört, eine Art Gegenüber, von dem man sich getragen fühlt. Da fallen dann so Worte wie Geborgenheit, ein Gefühl, irgendwie werde sich alles zum Guten wenden, in dieser oder einer anderen Welt. Das hat mit Naturalismus nichts mehr zu tun, weil es mit Erklärung nichts mehr zu tun hat, sondern mit der persönlichen Gefühlswelt.

Gespräche darüber sind schwierig, nicht der Gefühle wegen, sondern wegen der so ganz unterschiedlichen Bedeutung, die Gläubige diesen Gefühlen geben, und die Ungläubige kaum nachempfinden können.

#64: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 23:39
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:

Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?

Wenn ihr wissen wollt, wie gläubige Wissenschaftler ticken, hier eine Reihe von Videos eines Interviews zwischen Richard Dawkins und George Coyne, Professor der Astronomie und ehemaligen Direktor der Vatikanischen Sternwarte: http://www.youtube.com/watch?v=po0ZMfkSNxc


Die Interviews kenne ich, und finde sie recht beeindruckend.
Mal eine Frage: Deine Formulierung aufnehmend, wie tickt denn Coyne aus Sicht eines Naturalisten?

ganz schlecht. Immer, wenn es 'eng' wird, sagt er nichts Inhaltliches mehr. Dawkins war aber sehr nett zu ihm.

[ edit ]

Marcellinus hat es treffender formuliert. Vielleicht muss ich mir den Film noch einmal anschauen. Ist schon lange her, dass ich ihn gesehen habe. Ich muss gestehen, dass ich mich vor allem daran erinnere, dass mir nie klar wurde, warum die Beiden sich nicht setzten.


Zuletzt bearbeitet von El Schwalmo am 16.02.2012, 00:32, insgesamt einmal bearbeitet

#65: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 23:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?

ich kann Deiner Argumentationsweise nicht nachvollziehen. Ich habe Dir eine übliche Definition von 'Agnostizismus' zitiert. Mit 'Gott' ist hier üblicherweise der 'Gott der Philosophen' gemeint, Argumente gehen oft auch in Richtung Kalam-Argument oder sonst was.

Nun kannst Du problemlos sagen, dass Dich das genauso wenig überzeugt wie mich. Aber wir sollten uns darauf einigen können, dass das Zahnfee-Beispiel nicht Klarheit durch Überzeichnen schafft, sondern zum Vergleich von Äpfel mit Birnen auffordert. In welchem Kontext der Begriff 'Agnostizismus' verwendet wird, kannst Du der Definition entnehmen. Zahnfeen, Teekesselchen im Orbit, IPUs und weiß der Herr was erzeugen vielleicht Schenkelklopfen bei Atheisten, aber als Argument sind sie hoffentlich nicht gedacht.

Du räumst doch selber ein, dass Du vom heutigen Standpunkt der Naturwissenschaften aus argumentierst. Sollte es einen Gott geben, wer bist Du, dass Du ihm Grenzen setzen könntest? Sollte Gott allmächtig sein (und wir lassen Allgüte einfach mal weg), warum sollte er sich nicht, je nachdem, was er gerne möchte, im Quantenrauschen verstecken, aus dem Dornbusch sprechen oder sonst was treiben, was ihm gerade in den Sinn kommt?

Warum soll der Agnostiker sagen, was er für möglich hält? Es ist doch Deine Aufgabe, zu widerlegen, dass es überhaupt einen Gott geben könnte. Alles, was Du bisher geschrieben hast, trifft den 'Gott der Philosophen' nicht, auch nicht bestimmte Gottesbilder. Klar, die taugen alle nichts, darum bin ich kein Theist. Aber warum sollte ich versuchen, etwas zu widerlegen, was nicht widerlegbar ist?

Du kannst Diskursregeln einfordern. Aber Du kannst daraus keine ontischen Aussagen ableiten. Du kannst darauf bestehen, dass aufgrund irgendwelcher Rationalitätskriterien der Glaube an einen Gott keinen Sinn macht. Offene Scheunentore, jeder atheistische Agnostiker wird Dir zustimmen. Wie Du allerdings zeigen möchtest, dass ein allmächtiger Gott nicht in der Lage wäre, Ort, Impuls und weiß der Herr was jedes Teilchens dieses Universums zu überblicken und so zu lenken, wie er es gerne hätte, weiß ich nicht. Du müsstest das aber zeigen, wenn Du ein Argument gegen den Agnostizismus haben willst.

#66: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 15.02.2012, 23:57
    —
step hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist, daß ein Gott sich auf mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit "unwichtige" Wirkungen beschränken müßte.
Das ist nicht gesagt! Eine einzelne Mutation, so unwichtig sie uns auch erscheinen mag, kann in der Zukunft alles verändern.

Das reicht aber nicht, denn die dem Ereignis kausal nachfolgenden Entwicklungen sind nur extrem unwahrscheinlich in der Lage, die gewünschte makroskopische Änderung zu bewirken. Wenn Gott einen Orkan herbeiführen wollte und dazu irgendwo einen Schmetterlingsflügel ablenkt, könnte er gleich einpacken. Er müßte zuvor eine Gesamtsituation herstellen, in der der Flügelschlag genau das auslöst.


Das ist ein guter Einwand. Daran habe ich jetzt nicht gedacht...

Aber okay, Gott hat "starke Schultern" und könnte einen Gesteinsbrocken auch massivst in seiner Bahn beeinflussen Cool

step hat folgendes geschrieben:
BTW, hier könnte man jetzt Erwin mal gebrauchen: Ist meine Vermutung richtig, daß es keineswegs zu jedem gewünschten Zielzustand eines deterministisch-chaotischen Systems eine infinitesimale Änderung gibt, die genau ihn hervorruft?


Wer ist "Erwin"? Schrödinger? zwinkern

#67: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 00:00
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Merkst Du übrigens, daß Du mit Deiner Spekulation, an die Du ja selbst nicht glaubst, schon sehr nah bei der Zahnfee bist?

ich kann Deiner Argumentationsweise nicht nachvollziehen. Ich habe Dir eine übliche Definition von 'Agnostizismus' zitiert. Mit 'Gott' ist hier üblicherweise der 'Gott der Philosophen' gemeint, Argumente gehen oft auch in Richtung Kalam-Argument oder sonst was.


Seine Antwort bezog sich ja auch auf mein Posting, nicht auf Deines...

Den "Gott der Philosophen" hatten wir schon vorher als schlecht begründet abgehakt, im konkreten Kontext ging es um die Frage, ob man einen Gott, der in den Lauf der Dinge eingreift, quantenmechanisch widerlegen kann. Aber okay, das Beispiel mit der "Zahnfee" war ursprünglich als Replik auf "Deinen" Philosophengott gedacht.

#68: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 00:04
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step hat folgendes geschrieben:
Richtig. Auf dieser Ebene - also der der grundsätzlichen Letztunsicherheit allen Wissens - ist tatsächlich eine epistemische Grenze erreicht. Diese Grenze bezieht sich jedoch auf alles, was wir wissen und nicht wissen.

und nun, was um alles in der Welt, möchtest Du nun als Argument dafür vorbringen, dass es Gott nicht gibt?

step hat folgendes geschrieben:
Es ist mE unlogisch,

Wie um alles in der Welt willst Du mit Logik ontologische Fragen lösen?

step hat folgendes geschrieben:
Göttern und Geistern hier eine Sonderstellung einzuräumen, indem man sie "agnostisch ehrt".

Aus der Definition von 'Agnostizismus', die ich zitiert habe, sollte hervorgehen, worauf sich die Sonderstellung bezieht.

step hat folgendes geschrieben:
Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

Wenn Du nicht widerlegbarer Theorien schreibst, dann macht das Sinn. Oder hast Du eine Widerlegung der Existenz Gottes formuliert?

#69: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 00:07
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist, daß ein Gott sich auf mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit "unwichtige" Wirkungen beschränken müßte.
Das ist nicht gesagt! Eine einzelne Mutation, so unwichtig sie uns auch erscheinen mag, kann in der Zukunft alles verändern.

Das reicht aber nicht, denn die dem Ereignis kausal nachfolgenden Entwicklungen sind nur extrem unwahrscheinlich in der Lage, die gewünschte makroskopische Änderung zu bewirken. Wenn Gott einen Orkan herbeiführen wollte und dazu irgendwo einen Schmetterlingsflügel ablenkt, könnte er gleich einpacken. Er müßte zuvor eine Gesamtsituation herstellen, in der der Flügelschlag genau das auslöst.


Das ist ein guter Einwand. Daran habe ich jetzt nicht gedacht...

warum sollte ein allmächtiger Gott nicht in der Lage sein, diese Gesamtsituation herzustellen?

#70: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 00:11
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Den "Gott der Philosophen" hatten wir schon vorher als schlecht begründet abgehakt,

wie kommst Du von 'schlecht begründet' auf 'nicht existent'?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
im konkreten Kontext ging es um die Frage, ob man einen Gott, der in den Lauf der Dinge eingreift, quantenmechanisch widerlegen kann.

Ich hoffe, dass Du erkennst, dass Du einen Allmächtigen nicht mit Quantenmechanik einschränken kannst.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Aber okay, das Beispiel mit der "Zahnfee" war ursprünglich als Replik auf "Deinen" Philosophengott gedacht.

Und war da auch nicht besser als hinsichtlich Quantenmechanik.

#71:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 00:29
    —
Ich würde mich aber wundern, wenn Allmächtigkeit nicht zu Paradoxien führt, die die Allmächtigkeit selbst ad absurdum führen.

#72: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 00:49
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
...
step hat folgendes geschrieben:
Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

Wenn Du nicht widerlegbarer Theorien schreibst, dann macht das Sinn. Oder hast Du eine Widerlegung der Existenz Gottes formuliert?

Nein. Step hat festgestellt, dass von der Logik Gott ungefähr gleich sinnvoll ist wie das lila Eichhörnchen und er stellt die Frage, warum sie in der Praxis dann verschieden behandelt werden sollen.

fwo

#73: Re: Methaphysik und Wissenschaft Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 03:19
    —
Hi El Schwalmo!


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere.


Ich bin Atheist im starken Sinne.




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat?


Ego. Findet sich hier im Forum und beruht auf Theodizee in seinen vielen Formen. Agnostizismus [= "nicht wissen"] verkennt, das aus Nichtwissen nichts weiter folgt. Mithin beruht dieser auf das Ignoranzargument ... .




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Du kannst nicht zwischen Metaphysik und keiner wählen, sondern nur zwischen einer schlechten und einer guten.


Ich werde nicht müde, zu sagen: Metaphysik ist nur schlechte Physik. Und mache gute Miene zum schlechten (wittgensteinschen Sprach-) Spiel ... .




Cheers,

Lamarck

#74: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 03:38
    —
Hi step!


step hat folgendes geschrieben:

Ist meine Vermutung richtig, daß es keineswegs zu jedem gewünschten Zielzustand eines deterministisch-chaotischen Systems eine infinitesimale Änderung gibt, die genau ihn hervorruft?


Die Formulierung 'gewünschter' 'Ziel'zustand ist etwas unpräzise. 'Deterministisch' bedeutet hier, es gibt einen zum System korrespondierenden Möglichkeitsraum, und zwar auch dann, wenn die Anzahl der Möglichkeiten nicht bekannt bzw. gegen Unendlich gehen.




Cheers,

Lamarck

#75: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: zelig BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 10:50
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
[...]
ganz schlecht. Immer, wenn es 'eng' wird, sagt er nichts Inhaltliches mehr. Dawkins war aber sehr nett zu ihm.

[ edit ]

Marcellinus hat es treffender formuliert. Vielleicht muss ich mir den Film noch einmal anschauen. Ist schon lange her, dass ich ihn gesehen habe. Ich muss gestehen, dass ich mich vor allem daran erinnere, dass mir nie klar wurde, warum die Beiden sich nicht setzten.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
[...]Gespräche darüber sind schwierig, nicht der Gefühle wegen, sondern wegen der so ganz unterschiedlichen Bedeutung, die Gläubige diesen Gefühlen geben, und die Ungläubige kaum nachempfinden können.

Ja.
Es war ein Lernprozess für mich, einzusehen, daß Gedanken, die für mich eine Bedeutung, einen Sinn haben (und der Versuch sie in Worte zu bringen), für andere hohl klingen. Mit dem was Coyne sagt, kann ich viel anfangen (mit dem Vorbehalt, daß es inzwischen auch einige Zeit her ist, daß ich das Interview gesehen habe).
Gibt es etwas Grundlegendes, was uns unterscheidet? Wenn ja, was könnte das sein?
Zur ersten Fage, nein, ich glaube nicht, daß es einen prinzipiellen Unterschied im Denken oder der Wahrnehmung von Naturalisten und Religiösen gibt. Ich glaube beispielsweise, daß es überzeugte Naturalisten gibt, die dennoch religiöse Gefühle und Gedanken kennen, sich diese aber nicht zu eigen machen (was für die Gefühle zu inneren Konflikten führen dürfte). Ich denke, es gibt auf der anderen Seite auch Menschen, die sich zu einer Religion bekennen, ohne daß sie religöses Empfinden kennen. Verschiedene Gründe sind denkbar.
Was macht den Unterschied aus? Aus meiner Sicht ist es die Blickrichtung, die es dem Religiösen erlaubt, sich in einen größeren Zusammenhang zu stellen, als es der Naturalist sich erlauben würde. Sich selber in einen größeren Zusammenhang zu stellen, vielleicht sogar Orientierung in diesem Zusammenhang zu suchen, ist nach meiner Meinung der eigentliche Kern von Sinngebung. Und Du hattest diese Differenz ja auch mal in irgendeinem Beitrag betont.
Wenn man damit nichts anfangen kann, dann ist der Versuch Coynes beispielsweise, die unendliche Distanz Gottes zu unserem Verständnisvermögen, jedoch bei gleichzeitiger Nähe zu unserem Wesen zu umschreiben, leeres Gerede. Für Leute wie mich hat es eine tiefe Bedeutung. Ich habe gelernt, daß diese naturalistische Leere nicht unbedingt eine Abwertung aus Sicht eines Naturalisten bedeuten muss (in der Praxis unserer Diskussionen allerdings häufig). Da ist schlichtweg einfach nichts (bei euch) vorhanden.
Daraus resultiert aus meiner Sicht das grundlegende Problem, daß wir selbst in der Differenz different sind. Es ist aus Deiner Sicht etwas anderes als aus meiner Sicht, was den Unterschied ausmacht. Aus Deiner Sicht ist es mein Irresein (Lacher für alle Unverständige). Aus meiner Sicht ist es meine (leider viel zu schwach empfundene) Ganzheit, Einheit mit der Welt, oder der Versuch diese herzustellen.

#76: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 12:07
    —
zelig hat folgendes geschrieben:

Es war ein Lernprozess für mich, einzusehen, daß Gedanken, die für mich eine Bedeutung, einen Sinn haben (und der Versuch sie in Worte zu bringen), für andere hohl klingen. Mit dem was Coyne sagt, kann ich viel anfangen (mit dem Vorbehalt, daß es inzwischen auch einige Zeit her ist, daß ich das Interview gesehen habe).
Gibt es etwas Grundlegendes, was uns unterscheidet? Wenn ja, was könnte das sein?
Zur ersten Fage, nein, ich glaube nicht, daß es einen prinzipiellen Unterschied im Denken oder der Wahrnehmung von Naturalisten und Religiösen gibt. Ich glaube beispielsweise, daß es überzeugte Naturalisten gibt, die dennoch religiöse Gefühle und Gedanken kennen, sich diese aber nicht zu eigen machen (was für die Gefühle zu inneren Konflikten führen dürfte). Ich denke, es gibt auf der anderen Seite auch Menschen, die sich zu einer Religion bekennen, ohne daß sie religöses Empfinden kennen. Verschiedene Gründe sind denkbar.

Die Gefühle sind nicht umbedingt der Unterschied. Der Unterschied beginnt da, wo es darum geht, nach der Bedeutung dieser Gefühle zu suchen, diesen Gefühlen Bedeutung zu geben. Sie "religiös" zu nennen, ist schon ein Teil dieser Bedeutungszuweisung.

zelig hat folgendes geschrieben:

Was macht den Unterschied aus? Aus meiner Sicht ist es die Blickrichtung, die es dem Religiösen erlaubt, sich in einen größeren Zusammenhang zu stellen, als es der Naturalist sich erlauben würde. Sich selber in einen größeren Zusammenhang zu stellen, vielleicht sogar Orientierung in diesem Zusammenhang zu suchen, ist nach meiner Meinung der eigentliche Kern von Sinngebung. Und Du hattest diese Differenz ja auch mal in irgendeinem Beitrag betont.

Nein, der "größere Zusammenhang" ist nicht der Unterschied, denn die meisten Naturalisten sehen sich im Zusammenhang mit 13 Mrd. Jahren Entwicklung dieses Universums. Einen größeren Zusammenhang findet man kaum.

zelig hat folgendes geschrieben:

Wenn man damit nichts anfangen kann, dann ist der Versuch Coynes beispielsweise, die unendliche Distanz Gottes zu unserem Verständnisvermögen, jedoch bei gleichzeitiger Nähe zu unserem Wesen zu umschreiben, leeres Gerede. Für Leute wie mich hat es eine tiefe Bedeutung. Ich habe gelernt, daß diese naturalistische Leere nicht unbedingt eine Abwertung aus Sicht eines Naturalisten bedeuten muss (in der Praxis unserer Diskussionen allerdings häufig). Da ist schlichtweg einfach nichts (bei euch) vorhanden.

Es ist diese "persönliche" Beziehung, diese "Nähe" zu etwas außerhalb menschlicher Beziehungen, die im naturalistischen Empfinden keine Entsprechung hat.

zelig hat folgendes geschrieben:

Daraus resultiert aus meiner Sicht das grundlegende Problem, daß wir selbst in der Differenz different sind. Es ist aus Deiner Sicht etwas anderes als aus meiner Sicht, was den Unterschied ausmacht. Aus Deiner Sicht ist es mein Irresein (Lacher für alle Unverständige). Aus meiner Sicht ist es meine (leider viel zu schwach empfundene) Ganzheit, Einheit mit der Welt, oder der Versuch diese herzustellen.

Nein, ich denke nicht, daß diese Empfindungen der Unterschied sind. Auch (manche) Ungläubige empfinden das zB in der Meditation. Auch (viele) Ungläubige haben dieses Gefühl eines "Grundvertrauens", ohne das Leben für uns Menschen vermutlich nur schwer möglich ist. Der Unterschied ist die Bedeutung, die Gläubige und Ungläubige diesen Empfindungen geben. Naturalisten verstehen es als Teil unserer Welt, unserer Natur, unserer Persönlichkeit (ohne das jetzt weiter zu präzisieren), während Gläubige (so habe ich das jedenfalls verstanden) es als Verweis auf etwas außerhalb von sich selbst empfinden. Wie mir ein kath. Priester einmal schrieb: Wenn es außerhalb von mir nichts gibt, das mein Gefühl des Grundvertrauens rechtfertigt, wenn es nichts "Göttliches" gibt, auf das ich vertrauen kann, ist das Gefühl nichts wert. Da, und nur da, liegt meiner Ansicht nach der Unterschied.

#77: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: zelig BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 12:27
    —
Hm, vielleicht formuliere ich nicht deutlich genug. Vielleicht setze ich auch zuviel Textverständnis voraus.
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Nein, der "größere Zusammenhang" ist nicht der Unterschied, denn die meisten Naturalisten sehen sich im Zusammenhang mit 13 Mrd. Jahren Entwicklung dieses Universums. Einen größeren Zusammenhang findet man kaum.


Wäre Deine Antwort insgesamt anders ausgefallen, wenn Dir klar gewesen wäre, daß der größere Zusammenhang über das hinausgeht?

13,7 Mrd Jahre sind für einen Naturalisten übrigens im Standardmodell die derzeitige absolute Grenze.

#78:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 12:47
    —
Ich habe mich lange Zeit selber als Agnostiker bezeichnet, bin aber aus mehreren Gründen davon abgekommen. Eigentlich ist es nur ein Grund, ich halte Gott für überflüssig, aber das Problem ist vielschichtig, weil es sehr viele Gottesvorstellungen gibt, die alle unterschiedliche Funktionen erfüllen. Es gibt Gott als Schöpfer des Universums, Gott als oberste moralische/ethische Instanz, Gott als Sinngeber unseres Daseins, Gott als "Gott der Liebe", Gott als "Du" in einem gläubigen Beziehungsgeschehen, Gott als Fixpunkt bei der Suche nach Orientierung im unüberschaubaren Weltgeschehen, Gott als Bewahrer der ganzen und ewigen Wahrheit usw. Eine Funktion bleibt aber immer ungenannt, nämlich diejenige, die dem Gläubigen am wichtigsten ist, mit dem man gerade diskutiert. Denn egal wie viele der bekannten Aspekte man argumentativ hinterfragt, dem Gläubigen bleibt am Ende immer noch der Rückzug auf sein persönliches Gottesbild, das mit all dem, was man vorher erzählt hat, nichts zu tun hat.

Ich bin davon überzeugt, dass Gott widerlegbar ist. Dass er noch nicht widerlegt ist, liegt nur daran, dass der Diskurs - egal wo er stattfindet - nie konsequent zuende geführt wird.

#79: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 12:52
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Alles, was Du bisher geschrieben hast, trifft den 'Gott der Philosophen' nicht, auch nicht bestimmte Gottesbilder. Klar, die taugen alle nichts, darum bin ich kein Theist. Aber warum sollte ich versuchen, etwas zu widerlegen, was nicht widerlegbar ist?


Was den Gott der Philosophen betrifft, habe ich noch nie wirklich verstanden, wofür der eigentlich gut sein soll. Welche Eigenschaften, ausser nicht widerlegbar zu sein, hat er noch?

#80: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 12:57
    —
step hat folgendes geschrieben:
BTW, hier könnte man jetzt Erwin mal gebrauchen: Ist meine Vermutung richtig, daß es keineswegs zu jedem gewünschten Zielzustand eines deterministisch-chaotischen Systems eine infinitesimale Änderung gibt, die genau ihn hervorruft?


in meinem Verständnis dieser Systeme ist die Frage unsinnig: Es gibt mögliche "Zielzustände" (ich würde eher formulieren: Folgezustände) die im System "erreichbar" aber auf "schnellste Weise" nur durch das System selbst "realisierbar" sind. Und all jene sind klarerweise durch "Änderungen" in den Systemkomponenten "chaotisch" bewirkt. Bzw. siehe @LamarksPosting ...

#81:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 13:01
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich bin davon überzeugt, dass Gott widerlegbar ist. Dass er noch nicht widerlegt ist, liegt nur daran, dass der Diskurs - egal wo er stattfindet - nie konsequent zuende geführt wird.


da hast du dir viel vorgenommen - und ich wünsche viel Erfolg, bei dem Beweis (!) der Nichtexistenz von etwas Nicht-Existentem Sehr glücklich

Ich harre erwartungsfroh des hier im FGH endlich zuende geführten diesbzgl. Diskurses ...

#82: Re: Methaphysik und Wissenschaft Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 13:08
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi El Schwalmo!


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere.


Ich bin Atheist im starken Sinne.




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat?


Ego. Findet sich hier im Forum und beruht auf Theodizee in seinen vielen Formen. Agnostizismus [= "nicht wissen"] verkennt, das aus Nichtwissen nichts weiter folgt. Mithin beruht dieser auf das Ignoranzargument ... .


Ich vermute, Du läufst "außer Konkurrenz", weil Du der aussterbenden Gattung der "Radikalkonstruktivisten" angehörst. In Deinen Augen sind nur viable Konstrukte existent, und weil der Begriff "Gott" kein viables Konstrukt ist, existiert "Gott" nicht (q.e.d.). Wer dagegen auch nur hypothetisch die Existenz von etwas in Betracht zieht, das über "Episteme" hinausgeht, auf den wirkt Dein "negativer Gottesbeweis" etwas insuffizient. Anders formuliert, was kümmert es das "Sein", was Du für viabel hältst?

#83:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 13:17
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:

da hast du dir viel vorgenommen - und ich wünsche viel Erfolg, bei dem Beweis (!) der Nichtexistenz von etwas Nicht-Existentem Sehr glücklich


Nun ja... jeder der meint, dass Gott nicht widerlegt werden kann und die Gründe dafür darlegt, tut ja im Prinzip nichts anderes, als die Nichtexistenz von etwas zu beweisen, nämlich die Nichtexistenz des Beweises, dass es Gott nicht gibt.

#84: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 13:33
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Den "Gott der Philosophen" hatten wir schon vorher als schlecht begründet abgehakt,

wie kommst Du von 'schlecht begründet' auf 'nicht existent'?


Das folgere ich gar nicht, der Ausdruck "schlecht begründet" bezog sich auf die Beurteilung des theistischen Arguments für die Existenz eines Philosophengottes.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
im konkreten Kontext ging es um die Frage, ob man einen Gott, der in den Lauf der Dinge eingreift, quantenmechanisch widerlegen kann.

Ich hoffe, dass Du erkennst, dass Du einen Allmächtigen nicht mit Quantenmechanik einschränken kannst.


Das hatte ich step genau so geschrieben. Allerdings hätte ich klarer formulieren sollen, dass von einem Schöpfungshandeln die Rede war, das wir nicht bemerken würden, weil es sich im Rahmen einer natürlichen Entwicklung vollzieht ("Zweitursache", creatio continua oder was auch immer). Selbstverständlich könnte ein allmächtiger Gott die Quantenmechanik außer Kraft setzen, aber das entspräche einem "Außerkraftsetzen" von Naturgesetzen, das wir theoretisch bemerken würden. Wenn die Grundlagen der QM uneingeschränkt gelten (und es konnte bislang nicht gezeigt werden, dass sie nicht gelten), dann könnte auch ein allmächtiger Gott den objektiven Zufall nicht beeinflussen und ein allwissender Gott auch die Zukunft nicht voraussehen. Ein negativer Gottesbeweis ist das selbstverständlich nicht.


Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 16.02.2012, 13:35, insgesamt einmal bearbeitet

#85:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 13:33
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Nun ja... jeder der meint, dass Gott nicht widerlegt werden kann und die Gründe dafür darlegt, tut ja im Prinzip nichts anderes, als die Nichtexistenz von etwas zu beweisen ...


Nö !

Aber einige glauben es zu tun ...

btw. ich danke übrigens sehr für das empirische Beispiel der Wirkweise starker Präferenzen in "Glaubenssystemen" zwinkern

#86:  Autor: VobroWohnort: Wuppertal BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 13:40
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich habe mich lange Zeit selber als Agnostiker bezeichnet, bin aber aus mehreren Gründen davon abgekommen. Eigentlich ist es nur ein Grund, ich halte Gott für überflüssig, aber das Problem ist vielschichtig, weil es sehr viele Gottesvorstellungen gibt, die alle unterschiedliche Funktionen erfüllen. Es gibt Gott als Schöpfer des Universums, Gott als oberste moralische/ethische Instanz, Gott als Sinngeber unseres Daseins, Gott als "Gott der Liebe", Gott als "Du" in einem gläubigen Beziehungsgeschehen, Gott als Fixpunkt bei der Suche nach Orientierung im unüberschaubaren Weltgeschehen, Gott als Bewahrer der ganzen und ewigen Wahrheit usw. Eine Funktion bleibt aber immer ungenannt, nämlich diejenige, die dem Gläubigen am wichtigsten ist, mit dem man gerade diskutiert. Denn egal wie viele der bekannten Aspekte man argumentativ hinterfragt, dem Gläubigen bleibt am Ende immer noch der Rückzug auf sein persönliches Gottesbild, das mit all dem, was man vorher erzählt hat, nichts zu tun hat.

Ich bin davon überzeugt, dass Gott widerlegbar ist. Dass er noch nicht widerlegt ist, liegt nur daran, dass der Diskurs - egal wo er stattfindet - nie konsequent zuende geführt wird.


Dann führe den Diskurs doch m al zu Ende, das wäre doch mal was zwinkern

Dennoch hast Du unrecht mit Deiner Überzeugung, denn:

1. Selbst wenn man schlüssig beweisen könnte, daß alle bisher von Menschen erdachten Gottesvorstellungen tatsächlich nichts anderes sind, als von Menschen erdachte Gottesvorstellungen, ist das noch lange kein Beweis dafür, daß es außerhalb dieser Vorstellungen nicht dennoch etwas Göttliches gibt. Und selbst wenn man sagen würde, ein Gott, der nicht von uns erkannt werden kann und sich uns nicht offenbart, macht gar keinen Sinn, ist das auch noch keine endgültige Widerlegung, da es im Universum - oder womöglich auch außerhalb davon - eine Menge Dinge gibt, die wir niemals erkennen können, das aber ist kein Beweis dafür, daß es diese Dinge nicht gibt, oder zumindest geben kann.

2: Drüber hinaus geht es um das Problem der rein subjektiven Erlebniswirklichkeit im Kontrast zur äußeren Wirklichkeit in der wir alle leben. Wenn jemand sagt, er erlebt oder erfährt Gott, er also Gott als eine subjektive Erfahrungstatsache beschreibt, ist es schon sehr vermessen, ihm zu erklären, daß das, was der Andere da erlebt oder erfährt, nicht existiert! Selbst wenn wir beweisen können, daß die Erfahrung des Anderen nicht von außen kommt, sondern eine Konstruktion seines Gehirns darstellt, so stellt es ebenso eine Konstruktion unseres Gehirns dar, daß andere Menschen diese Erfahrung nicht erleben.

Die äußere Wirklichkeit, in der wir alle leben, wird als subjektive Realitätserfahrung in unseren Köpfen generiert, und wer den realistischeren Zugang zur Wirklichkeit hat, der religiös Gläubige, oder der religös Ungläubige, ist eine sehr komplexe und komplizierte und letztlich nicht zu entscheidende Frage, da wir eben nicht alles beweisen oder widerlegen können.

Da niemand von uns vollständige Objektivität zur Verfügung hat, wir alle nur einen Teil der Wirklichkeit warhnehmen können, kann niemand objektiv und absolut darüber entscheiden, was es außerhalb unserer Erfahrung und Erkenntnis noch gibt oder geben kann, oder auch nicht.

#87: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:02
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn Gott einen Orkan herbeiführen wollte und dazu irgendwo einen Schmetterlingsflügel ablenkt, könnte er gleich einpacken. Er müßte zuvor eine Gesamtsituation herstellen, in der der Flügelschlag genau das auslöst.
Das ist ein guter Einwand. Daran habe ich jetzt nicht gedacht...
warum sollte ein allmächtiger Gott nicht in der Lage sein, diese Gesamtsituation herzustellen?

Meine Behauptung war ja nur, daß die bekannten Naturgesetze nicht vieles erlauben, was einerseits signifikant und andererseits unbemerkt ist. Natürlich wäre ein mächtiges Wesen dankbar, das Berge versetzt. Wir würden dann merken, daß unsere Landkarten falsch sind. Das Wesen müßte also unsere Landkarten, die Durckvorlagen, die Erinnerungen der Wanderer usw. zeitgleich ebenfalls abändern, und so geht das immer weiter.

#88: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:04
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Hm, vielleicht formuliere ich nicht deutlich genug. Vielleicht setze ich auch zuviel Textverständnis voraus.
[...]
Wäre Deine Antwort insgesamt anders ausgefallen, wenn Dir klar gewesen wäre, daß der größere Zusammenhang über das hinausgeht?

Es gibt keinen "größeren" Zusammenhang. Da sich schon niemand diese Welt insgesamt vorstellen kann, ist jede Vorstellung, die Menschen sich machen, kleiner als diese Welt. "Größer" ist in diesem Zusammenhang nur ein Wort.

#89:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:09
    —
Vobro hat folgendes geschrieben:

Die äußere Wirklichkeit, in der wir alle leben, wird als subjektive Realitätserfahrung in unseren Köpfen generiert, und wer den realistischeren Zugang zur Wirklichkeit hat, der religiös Gläubige, oder der religös Ungläubige, ist eine sehr komplexe und komplizierte und letztlich nicht zu entscheidende Frage, da wir eben nicht alles beweisen oder widerlegen können.

Da niemand von uns vollständige Objektivität zur Verfügung hat, wir alle nur einen Teil der Wirklichkeit warhnehmen können, kann niemand objektiv und absolut darüber entscheiden, was es außerhalb unserer Erfahrung und Erkenntnis noch gibt oder geben kann, oder auch nicht.

Das zeigt eigentlich nur, wie sinnlos es ist, über solche "subjektiven Realitätserfahrungen" zu diskutieren, nicht wahr? Wenn, ja wenn sie denn volllkommen subjekt wären, was ich doch arg bezweifeln möchte. Dazu findet man sie zu oft, und finden sie in menschlichen Gehirnen statt, die vermutlich mehr miteinander gemeinsam haben als sie unterscheidet.


Zuletzt bearbeitet von Marcellinus am 16.02.2012, 14:11, insgesamt einmal bearbeitet

#90: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:11
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Richtig. Auf dieser Ebene - also der der grundsätzlichen Letztunsicherheit allen Wissens - ist tatsächlich eine epistemische Grenze erreicht. Diese Grenze bezieht sich jedoch auf alles, was wir wissen und nicht wissen.
und nun, was um alles in der Welt, möchtest Du nun als Argument dafür vorbringen, dass es Gott nicht gibt?

Nein, es war ein Argument dagegen, Zahnfee und Götter epistemisch unterschiedlich zu behandeln.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es ist mE unlogisch,
Wie um alles in der Welt willst Du mit Logik ontologische Fragen lösen?

Ich habe auf eine logische Inkonsitenz hingewiesen.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Göttern und Geistern hier eine Sonderstellung einzuräumen, indem man sie "agnostisch ehrt".
Aus der Definition von 'Agnostizismus', die ich zitiert habe, sollte hervorgehen, worauf sich die Sonderstellung bezieht.

Die von Dir gegebene Definition bezieht sich überhaupt nur auf Götter. Meine Frage war jedoch, was das Äquivalent zum epistemischen Agnostiker bei der Zahnfee ist. Bis jetzt sehe ich nur ein Kriterium - das der Letztunsicherheit - und die ist bei Zahnfee und Göttern gleichermaßen gegeben. Und diese Tatsache macht es verdächtig, wenn jemand sich bezüglich Göttern als epistemischer Agnostiker bezeichnet, nicht jedoch gegenüber lila Einhörnern.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.
Wenn Du nicht widerlegbarer Theorien schreibst, dann macht das Sinn. Oder hast Du eine Widerlegung der Existenz Gottes formuliert?

Auch die Widerlegung von Theorien unterliegt der epistemischen Letztunsicherheit!

#91: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:19
    —
step hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Göttern und Geistern hier eine Sonderstellung einzuräumen, indem man sie "agnostisch ehrt".
Aus der Definition von 'Agnostizismus', die ich zitiert habe, sollte hervorgehen, worauf sich die Sonderstellung bezieht.

Die von Dir gegebene Definition bezieht sich überhaupt nur auf Götter. Meine Frage war jedoch, was das Äquivalent zum epistemischen Agnostiker bei der Zahnfee ist. Bis jetzt sehe ich nur ein Kriterium - das der Letztunsicherheit - und die ist bei Zahnfee und Göttern gleichermaßen gegeben. Und diese Tatsache macht es verdächtig, wenn jemand sich bezüglich Göttern als epistemischer Agnostiker bezeichnet, nicht jedoch gegenüber lila Einhörnern.

Es geht ja noch weiter. Die meisten Agnostiker sind vermutlich keine mehr bezüglich Zeus, Aphrodite oder dem Teufel. Da ist dann auf einmal klar, daß das Vorstellungen sind, die zB anthropomorph zu verstehen und daher abzulehnen seien. Dumm ist nur, daß schon die antiken Heiden nicht behauptet haben, Aphrodite reduziere sich auf ein hübsches Model in knapper Kleidung. zwinkern

#92: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:25
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Dumm ist nur, daß schon die antiken Heiden nicht behauptet haben, Aphrodite reduziere sich auf ein hübsches Model in knapper Kleidung. :wink:

hmmmm, wenn ich richtig informiert bin, haben Philosophen wie Epikur die antiken Götter abgelehnt, aber an einen 'Gott' geglaubt. Schon damals scheint es Menschen gegeben zu haben, die einen Unterschied zwischen Zahnfeen und dem 'Gott der Philosophen' gemacht haben.

#93: Re: Methaphysik und Wissenschaft Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:29
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere.

Ich bin Atheist im starken Sinne.

wenn Du davon ausgehst, dass Du Dir die Welt selbst gebastelt hast und dabei Gott weggelassen hast, ist das nachvollziehbar.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat?

Ego. Findet sich hier im Forum und beruht auf Theodizee in seinen vielen Formen. Agnostizismus [= "nicht wissen"] verkennt, das aus Nichtwissen nichts weiter folgt. Mithin beruht dieser auf das Ignoranzargument ... .

Vermutlich hast Du noch nicht mitbekommen, dass die Theodizee keinerlei Relevanz hat, falls man auf das Eigenschaftentripel 'allgütig, allwissend, allmächtig' verzichtet. Aus dem Nichtwissen folgt Nichtwissen. Also weißt Du nicht, ob es einen Gott gibt.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Du kannst nicht zwischen Metaphysik und keiner wählen, sondern nur zwischen einer schlechten und einer guten.

Ich werde nicht müde, zu sagen: Metaphysik ist nur schlechte Physik. Und mache gute Miene zum schlechten (wittgensteinschen Sprach-) Spiel ... .

Wie ausgerechnet ein radikaler Konstruktivist auf die Idee kommen kann, keine Metaphysik zu treiben, kann ich nicht nachvollziehen.

#94: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:43
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Dumm ist nur, daß schon die antiken Heiden nicht behauptet haben, Aphrodite reduziere sich auf ein hübsches Model in knapper Kleidung. zwinkern

hmmmm, wenn ich richtig informiert bin, haben Philosophen wie Epikur die antiken Götter abgelehnt, aber an einen 'Gott' geglaubt. Schon damals scheint es Menschen gegeben zu haben, die einen Unterschied zwischen Zahnfeen und dem 'Gott der Philosophen' gemacht haben.

Ja, aber dieser Unterschied besteht ausschließlich in der zugewiesenen Bedeutung, also einem Akt der Entscheidung, nicht in der "Sache" selbst. Die "Sache" selbst bleibt einfach ein Fantasievorstellungen, im einen wie im anderen Fall.

#95:  Autor: VobroWohnort: Wuppertal BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:43
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Vobro hat folgendes geschrieben:

Die äußere Wirklichkeit, in der wir alle leben, wird als subjektive Realitätserfahrung in unseren Köpfen generiert, und wer den realistischeren Zugang zur Wirklichkeit hat, der religiös Gläubige, oder der religös Ungläubige, ist eine sehr komplexe und komplizierte und letztlich nicht zu entscheidende Frage, da wir eben nicht alles beweisen oder widerlegen können.

Da niemand von uns vollständige Objektivität zur Verfügung hat, wir alle nur einen Teil der Wirklichkeit warhnehmen können, kann niemand objektiv und absolut darüber entscheiden, was es außerhalb unserer Erfahrung und Erkenntnis noch gibt oder geben kann, oder auch nicht.



Das zeigt eigentlich nur, wie sinnlos es ist, über solche "subjektiven Realitätserfahrungen" zu diskutieren, nicht wahr? Wenn, ja wenn sie denn volllkommen subjekt wären, was ich doch arg bezweifeln möchte. Dazu findet man sie zu oft, und finden sie in menschlichen Gehirnen statt, die vermutlich mehr miteinander gemeinsam haben als sie unterscheidet.



Das mit dem Diskutieren über solche Dinge hängt davon ab, worum es geht. Wenn wir über Metaphysik oder Religion reden, kommen wir immer in einen Bereich der Nichtbeweisbarkeit, insofern wäre es sehr müßig, sich da immer wieder im Keis zu drehen.

Aber ganz allgemein ist es doch das große Problem, daß das menschliche Gehirn auch außerhalb der Religion eine Menge Dinge als Erfahrungstatsache vorspiegeln kann, so daß man zwischen Innen und Außen gar nicht mehr unterscheiden kann. Das psychotische Erleben besteht ja genau darin, daß sich Inhalte aus dem Unbewußten ins Wachbewußtsein schieben und die ganze Wahrnehmung verformen, so daß die Grenze zwischen Innen und Außen verschwimmt. Versuch mal jemandem mit Auditionen, also jemandem, der Stimmen hört, zu beweisen, daß diese Stimmen in seinem Kopf erzeugt werden und nicnht von Außen kommen.

Oder einen Schritt weiter, wenn jemand in dem Gefühl der Bedrohung lebt, es aber objektiv gar keine Bedrohung gibt, der Betroffene sich aber gegen die innerlich erlebte Bedrohung nach außen hin absichern will, so daß es für andere zur Bedrohung werden kann - mit solchen Phänomenen haben Psychologen, Neurologen und Psychiater jeden Tag zu tun.

Insofern müssen wir unbedingt darüber reden, was ist objektive Wirklichkeit, und was die innere Erlebniswirklichkeit aufgrund unserer rein subjektiven Wahrnehmung und Interpretation der Wirklichkeit.

Jemand hat mal gesagt, da es umöglich ist, Gott zu beweisen oder zu widerlegen, sollte man über wichtigere Ding nachdenken, da stimme ich zunächst durchaus zu, wenn aber Gott als rein subjektive Erfahrungstatsache buchstäblich als von Außen kommend erlebt wird, und sich dann noch bestimmte moralische Überzeugungen oder überlieferte Handlungsanweisungen damit verbinden, haben wir den religiösen Fanatismus, und darüber müssen wir unbedingt reden, sonst wären viele von uns ja gar nicht in diesem Forum unterwegs.

Man darf aber wiederum nicht so weit gegehn, jede Form von Religiosität zu pathologisieren oder gar zu psychiatrisieren, da es natürlich viele verschiedene Formen von Religiosität gibt, und längst nicht jede äußert sich missionarisch oder fanatisch.

#96: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:44
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Richtig. Auf dieser Ebene - also der der grundsätzlichen Letztunsicherheit allen Wissens - ist tatsächlich eine epistemische Grenze erreicht. Diese Grenze bezieht sich jedoch auf alles, was wir wissen und nicht wissen.
und nun, was um alles in der Welt, möchtest Du nun als Argument dafür vorbringen, dass es Gott nicht gibt?

Nein, es war ein Argument dagegen, Zahnfee und Götter epistemisch unterschiedlich zu behandeln.

ich sehe immer noch nicht, warum Zahnfeen, Weihnachtsmännter, Teekesselchen im Orbit, IPUs etc. irgendeine Relevanz hinsichlich der Existenz eines Gottes haben sollen.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es ist mE unlogisch,
Wie um alles in der Welt willst Du mit Logik ontologische Fragen lösen?

Ich habe auf eine logische Inkonsitenz hingewiesen.

Und ich habe mich gefragt, warum Du dann 'mE' schreibst und meinst, damit eine ontologische Frage lösen zu können. Wenn Du schon hinsichtlich der Geltung der Logik auf 'mE' angewiesen bist, sollte sich die Frage, wie Du so zu gültigen ontischen Aussagen gelangen könntest, beantwortet haben.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Göttern und Geistern hier eine Sonderstellung einzuräumen, indem man sie "agnostisch ehrt".
Aus der Definition von 'Agnostizismus', die ich zitiert habe, sollte hervorgehen, worauf sich die Sonderstellung bezieht.

Die von Dir gegebene Definition bezieht sich überhaupt nur auf Götter.

Nein. Dort steht 'absolutes Sein', und jeder, der sich mit der Gottesfrage etwas intensiver befasst hat, liest in diesem Kontext 'Gott' als 'Gott der Philosophen'. Du kannst sagen, dass das betriebsblind macht, aber von dieser Warte aus sieht es nicht besonders clever aus, 'Götter' oder 'Zahnfee' zu schreiben. Nun können wir uns darüber streiten, ob es naiv ist, die Gemeinsamkeit oder den Unterschied nicht zu sehen.

step hat folgendes geschrieben:
Meine Frage war jedoch, was das Äquivalent zum epistemischen Agnostiker bei der Zahnfee ist.

Das habe ich Dir beantwortet. Empirisch und epistemisch.

step hat folgendes geschrieben:
Bis jetzt sehe ich nur ein Kriterium - das der Letztunsicherheit - und die ist bei Zahnfee und Göttern gleichermaßen gegeben.

Yepp. Warum habe ich wohl 'Gott der Philosophen' geschrieben, oder warum steht in der Definition von 'Agnostizismus' was dort steht? Wenn schon müsstest Du 'Gott der Philosophen' und 'Zahnfee' schreiben. Sonst könntest Du gelehrsame Ausführungen über die Unterschiede zwischen Rappen und schwarzen Pferden machen.

step hat folgendes geschrieben:
Und diese Tatsache macht es verdächtig, wenn jemand sich bezüglich Göttern als epistemischer Agnostiker bezeichnet, nicht jedoch gegenüber lila Einhörnern.

Ich hoffe, dass das nun geklärt ist.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.
Wenn Du nicht widerlegbarer Theorien schreibst, dann macht das Sinn. Oder hast Du eine Widerlegung der Existenz Gottes formuliert?

Auch die Widerlegung von Theorien unterliegt der epistemischen Letztunsicherheit!

Was um alles in der Welt bringt Dich dann dazu, etwas am (epistemischen) Agnostizismus auszusetzen? Es geht doch gerade um diese Letztunsicherheit.

Und, nur nebenbei, Russell, der sich auch als Agnostiker bezeichnete (okay, das war auch der mit dem Teekesselchen, ist aber amüsant, in welchem Kontext er das wie geschrieben hat), hat das Relevante zu diesem Thema geschrieben, als er gefragt wurde, was er Gott sagen würde, falls der ihn im Jenseits fragen sollte, warum er ihn nicht erkannt habe: 'Not enough evidence, God, not enough evidence'.

Damit sollten doch alle leben können: Kein Theist hat jemals hinreichend Argumente für die Existenz eines Gottes vorbringen können. Also kann man vollkommen konsistent als Atheist leben. Und die Restunsicherheit anerkennen. Also epistemisch Agnostiker sein.

#97: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: VobroWohnort: Wuppertal BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:46
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Dumm ist nur, daß schon die antiken Heiden nicht behauptet haben, Aphrodite reduziere sich auf ein hübsches Model in knapper Kleidung. zwinkern

hmmmm, wenn ich richtig informiert bin, haben Philosophen wie Epikur die antiken Götter abgelehnt, aber an einen 'Gott' geglaubt. Schon damals scheint es Menschen gegeben zu haben, die einen Unterschied zwischen Zahnfeen und dem 'Gott der Philosophen' gemacht haben.


Das mit der Zahnfee ist aber eigentlich lächerlich, denn wenn es eine Art "Archetyp Gott" geben sollte, gibt es zu der Vorstellung Gott eine innerpsychische oder unbewußte Entsprechung, die aber gibt es nicht für das Spaghettimonster oder die Zahnfee.

#98: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:48
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Dumm ist nur, daß schon die antiken Heiden nicht behauptet haben, Aphrodite reduziere sich auf ein hübsches Model in knapper Kleidung. :wink:

hmmmm, wenn ich richtig informiert bin, haben Philosophen wie Epikur die antiken Götter abgelehnt, aber an einen 'Gott' geglaubt. Schon damals scheint es Menschen gegeben zu haben, die einen Unterschied zwischen Zahnfeen und dem 'Gott der Philosophen' gemacht haben.

Ja, aber dieser Unterschied besteht ausschließlich in der zugewiesenen Bedeutung, also einem Akt der Entscheidung, nicht in der "Sache" selbst. Die "Sache" selbst bleibt einfach ein Fantasievorstellungen, im einen wie im anderen Fall.

nicht für die genannten Philosophen, und das ist doch der Punkt. Oder hast Du ein Argument dafür, dass der Gott der Philosophen eine Phantasievorstellung sein muss, der nichts real existierendes entspricht?

Oder meinst Du, ein Akt der Entscheidung, keinen Gott anzunehmen, sei ein ontisches Argument?

#99:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 14:51
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Nun ja... jeder der meint, dass Gott nicht widerlegt werden kann und die Gründe dafür darlegt, tut ja im Prinzip nichts anderes, als die Nichtexistenz von etwas zu beweisen ...


Nö !

Aber einige glauben es zu tun ...

btw. ich danke übrigens sehr für das empirische Beispiel der Wirkweise starker Präferenzen in "Glaubenssystemen" zwinkern


Ich vergass ein weiteres Hindernis in dieser Debatte: Die Zwischenrufe von Verwirrten und Orientierungslosen.

#100:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:07
    —
Vobro hat folgendes geschrieben:

1. Selbst wenn man schlüssig beweisen könnte, daß alle bisher von Menschen erdachten Gottesvorstellungen tatsächlich nichts anderes sind, als von Menschen erdachte Gottesvorstellungen, ist das noch lange kein Beweis dafür, daß es außerhalb dieser Vorstellungen nicht dennoch etwas Göttliches gibt. Und selbst wenn man sagen würde, ein Gott, der nicht von uns erkannt werden kann und sich uns nicht offenbart, macht gar keinen Sinn, ist das auch noch keine endgültige Widerlegung, da es im Universum - oder womöglich auch außerhalb davon - eine Menge Dinge gibt, die wir niemals erkennen können, das aber ist kein Beweis dafür, daß es diese Dinge nicht gibt, oder zumindest geben kann.


Ich habe aus Zeit- und Platzgründen nicht alle Gottesbilder in meine Aufzählung mit aufgenommen, z.B. nicht das "Gott ist immer der ganz andere"-Gottesbild. Ich halte es auch für Zeitverschwendung, Vorstellungen von Göttern zu konstruieren, an die keiner glaubt und die nicht gemeint sind, wenn jemand sagt, er glaube an Gott. Einen Gott jenseits jeglicher Relevanz zu postulieren ergibt für mich keinen Sinn. Das ist wie El Schwalmos Gott der Philosophen, dessen einzige Eigenschaft ist, nicht widerlegbar zu sein.

Zitat:
2: Drüber hinaus geht es um das Problem der rein subjektiven Erlebniswirklichkeit im Kontrast zur äußeren Wirklichkeit in der wir alle leben. Wenn jemand sagt, er erlebt oder erfährt Gott, er also Gott als eine subjektive Erfahrungstatsache beschreibt, ist es schon sehr vermessen, ihm zu erklären, daß das, was der Andere da erlebt oder erfährt, nicht existiert! Selbst wenn wir beweisen können, daß die Erfahrung des Anderen nicht von außen kommt, sondern eine Konstruktion seines Gehirns darstellt, so stellt es ebenso eine Konstruktion unseres Gehirns dar, daß andere Menschen diese Erfahrung nicht erleben.

Die äußere Wirklichkeit, in der wir alle leben, wird als subjektive Realitätserfahrung in unseren Köpfen generiert, und wer den realistischeren Zugang zur Wirklichkeit hat, der religiös Gläubige, oder der religös Ungläubige, ist eine sehr komplexe und komplizierte und letztlich nicht zu entscheidende Frage, da wir eben nicht alles beweisen oder widerlegen können.

Da niemand von uns vollständige Objektivität zur Verfügung hat, wir alle nur einen Teil der Wirklichkeit warhnehmen können, kann niemand objektiv und absolut darüber entscheiden, was es außerhalb unserer Erfahrung und Erkenntnis noch gibt oder geben kann, oder auch nicht.


Ich finde diese Nebengleise uninteressant und ermüdend. Ich habe unzählige Diskussionen gelesen (nicht immer selber daran teilgenommen), die immer dann, wenn es interessant wurde, auf so einem Nebenkriegsschauplatz gelandet sind. Habe ich heute und hier keine Lust drauf. Sorry.

#101: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:22
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Richtig. Auf dieser Ebene - also der der grundsätzlichen Letztunsicherheit allen Wissens - ist tatsächlich eine epistemische Grenze erreicht. Diese Grenze bezieht sich jedoch auf alles, was wir wissen und nicht wissen.
und nun, was um alles in der Welt, möchtest Du nun als Argument dafür vorbringen, dass es Gott nicht gibt?

Nein, es war ein Argument dagegen, Zahnfee und Götter epistemisch unterschiedlich zu behandeln.

ich sehe immer noch nicht, warum Zahnfeen, Weihnachtsmännter, Teekesselchen im Orbit, IPUs etc. irgendeine Relevanz hinsichlich der Existenz eines Gottes haben sollen.


Möglicherweise, weil Du step und anderen beharrlich etwas unterstellst, was sie gar nicht vertreten. step et al. ging es ausschließlich um die Begründungs- und Plausibilitätsfrage hinsichtlich der Existenz eines (Philosophen-) Gottes, Dir um die Letztunsicherheit hinsichtlich seiner Existenz.

"Gott" ist ein genauso willkürlich aus dem Hut gezaubertes, semantisches Mysterium wie "Weihnachtsmännter". Wenn Du noch Deinen Typo fixst, ist die Existenz des Weihnachtsmannes sogar noch besser begründet, als die irgendeines unbestimmten, undefinierten Gottes. Analoges gilt selbstverständlich auch für Teekesselchen im Orbit. Nun klar, was damit gemeint ist?


Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 16.02.2012, 15:25, insgesamt einmal bearbeitet

#102: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:24
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
...
step hat folgendes geschrieben:
Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

Wenn Du nicht widerlegbarer Theorien schreibst, dann macht das Sinn. Oder hast Du eine Widerlegung der Existenz Gottes formuliert?

Nein. Step hat festgestellt, dass von der Logik Gott ungefähr gleich sinnvoll ist wie das lila Eichhörnchen und er stellt die Frage, warum sie in der Praxis dann verschieden behandelt werden sollen.

hmmmm, warum versuchen dann gerade Logiker sich an Gottesbeweisen? Was meist Du mit einem Ausdruck wie 'der Logik'? Gibt es tatsächlich nur eine?

#103: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:29
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

ich sehe immer noch nicht, warum Zahnfeen, Weihnachtsmännter, Teekesselchen im Orbit, IPUs etc. irgendeine Relevanz hinsichlich der Existenz eines Gottes haben sollen.

Möglicherweise, weil Du step und anderen beharrlich etwas unterstellst, was sie gar nicht vertreten. step et al. ging es ausschließlich um die Begründungs- und Plausibilitätsfrage hinsichtlich der Existenz eines (Philosophen-) Gottes, Dir um die Letztunsicherheit hinsichtlich seiner Existenz.[/quote]
und nun denke einfach noch einen Schritt weiter.

#104: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:30
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
...
step hat folgendes geschrieben:
Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

Wenn Du nicht widerlegbarer Theorien schreibst, dann macht das Sinn. Oder hast Du eine Widerlegung der Existenz Gottes formuliert?

Nein. Step hat festgestellt, dass von der Logik Gott ungefähr gleich sinnvoll ist wie das lila Eichhörnchen und er stellt die Frage, warum sie in der Praxis dann verschieden behandelt werden sollen.

hmmmm, warum versuchen dann gerade Logiker sich an Gottesbeweisen? Was meist Du mit einem Ausdruck wie 'der Logik'? Gibt es tatsächlich nur eine?


Komisch, eigentlich müsstest Du mit den "Theolügen" in einem Boot sitzen, nicht ich... Mr. Green

Du erkennst hoffentlich, dass sich die Logik jener "Logiker", die sich bisher an Gottesbeweisen versucht haben, mit einem "non sequitur" noch am Treffendsten beschreiben lässt.

#105:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:33
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
- und ich wünsche viel Erfolg, bei dem Beweis (!) der Nichtexistenz von etwas Nicht-Existentem :D

hmmm, die Frage dreht sich um die mögliche Existenz.

Unter Voraussetzung der Nicht-Existenz stellt sich eigentlich nur noch die Frage, was jemand dazu sagt, der Existenz voraussetzt.

#106:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:41
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Das ist wie El Schwalmos Gott der Philosophen, dessen einzige Eigenschaft ist, nicht widerlegbar zu sein.

ich referiere.

Nur nebenbei, die wichtigste Eigenschaft dieses Gottes in den Systemen, in denen er verwendet ist, ist die Klärung von Ursprungsfragen.

Nur zur Sicherheit: in meinem Weltbild gibt es keinen derartigen Gott, und von meiner Warte aus erklärt er auch nichts.

Nach Meinung etlicher Menschen wäre so ein Gott sogar widerlegbar. Man müsste nur alles ohne ihn erklären können. Okay, das wäre keine Widerlegung, sondern nur das Zeigen, dass man 'Sire, ich benötige diese Hypothese nicht' agnostisch ohne ontische Hintergedanken machen kann.

#107: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:43
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
...
step hat folgendes geschrieben:
Bei anderen Modellen tut man das auch nicht. Niemand ist explizit "epistemisch agnostisch" bezüglich der Existenz von lila Einhörnern oder der Richtigkeit widerlegter Theorien.

Wenn Du nicht widerlegbarer Theorien schreibst, dann macht das Sinn. Oder hast Du eine Widerlegung der Existenz Gottes formuliert?

Nein. Step hat festgestellt, dass von der Logik Gott ungefähr gleich sinnvoll ist wie das lila Eichhörnchen und er stellt die Frage, warum sie in der Praxis dann verschieden behandelt werden sollen.

hmmmm, warum versuchen dann gerade Logiker sich an Gottesbeweisen? Was meist Du mit einem Ausdruck wie 'der Logik'? Gibt es tatsächlich nur eine?


Kannst Du bitte mal erklären, worauf Du mit diesen Fragen hinaus willst? Das passiert mehr sehr häufig bei Deinen Beiträgen, dass ich überhaupt keinen sinnvollen Zusammenhang zur Diskussion und den Beitrag, auf den Du antwortest, erkenne.

#108:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 15:52
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Nur nebenbei, die wichtigste Eigenschaft dieses Gottes in den Systemen, in denen er verwendet ist, ist die Klärung von Ursprungsfragen.


Und wie soll das funktionieren? "Klärung einer Frage" heisst doch, dass man hinterher mehr weiss als vorher. Die Antwort "Gott" auf die Ursprungsfrage kann im besten Fall als Synonym für "Es gibt einen Ursprung" bewertet werden, in den meisten Fällen wirft sie aber mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Das grösste Problem derjenigen, die meinen, mit Gott etwas erklären zu können, ist nicht unbedingt, dass sie falsche Vorstellungen davon haben, was ein "Gott" sein könnte, sondern gar nicht wissen, was eine Erklärung ist.

#109: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 16:01
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Dumm ist nur, daß schon die antiken Heiden nicht behauptet haben, Aphrodite reduziere sich auf ein hübsches Model in knapper Kleidung. zwinkern

hmmmm, wenn ich richtig informiert bin, haben Philosophen wie Epikur die antiken Götter abgelehnt, aber an einen 'Gott' geglaubt. Schon damals scheint es Menschen gegeben zu haben, die einen Unterschied zwischen Zahnfeen und dem 'Gott der Philosophen' gemacht haben.

Ja, aber dieser Unterschied besteht ausschließlich in der zugewiesenen Bedeutung, also einem Akt der Entscheidung, nicht in der "Sache" selbst. Die "Sache" selbst bleibt einfach ein Fantasievorstellungen, im einen wie im anderen Fall.

nicht für die genannten Philosophen, und das ist doch der Punkt. Oder hast Du ein Argument dafür, dass der Gott der Philosophen eine Phantasievorstellung sein muss, der nichts real existierendes entspricht?

Oder meinst Du, ein Akt der Entscheidung, keinen Gott anzunehmen, sei ein ontisches Argument?

Nun, die Beweislast für die Existenz von Götter liegt ja wohl bei denen, die sie erfunden haben oder an sie glauben. Ich denke, diese Fragen lassen sich nicht isoliert betrachten, sondern nur im Zusammenhang einer Vorstellung, was es mit vor- bzw. nichtwissenschaftlichen Modellen auf sich hat, wie man am Verweis auf Feen und Einhörner sieht.

#110: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 16:09
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder meinst Du, ein Akt der Entscheidung, keinen Gott anzunehmen, sei ein ontisches Argument?


Was ist ein "ontisches Argument"? Google findet da nur sehr wenig, und das wenige, das man findet, stammt von Dir.

#111:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 16:24
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Nur nebenbei, die wichtigste Eigenschaft dieses Gottes in den Systemen, in denen er verwendet ist, ist die Klärung von Ursprungsfragen.


Was "klärt" nun ein solcher Gott eigentlich? Anstelle einer ewigen währenden, physikalischen Erstursache wird einfach ein ewig währender, supranaturalistischer Gott gesetzt, weil gemeint wird, die physikalische Erstursache sei erklärungsbedürftig ("alles, was existiert, braucht eine Ursache"). Wenn man das glaubt ("alles, was existiert, braucht eine Ursache"), dann wäre ein solcher Gott selbst erklärungsbedürftig, womit also nichts gewonnen wäre. Man kann zwar immer behaupten: "Die Herkunft so einer hehre Entität wie Gott braucht keine Ursache". Dieses Recht kann ich aber auch für eine rein physikalische Erstursache beanspruchen, die - im Gegensatz zu Deinem "Philosophengott" - möglicherweise den Vorzug genießt, modellierbar zu sein.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Nur zur Sicherheit: in meinem Weltbild gibt es keinen derartigen Gott, und von meiner Warte aus erklärt er auch nichts.


Dann frage ich mich, worüber wir überhaupt diskutieren.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Nach Meinung etlicher Menschen wäre so ein Gott sogar widerlegbar. Man müsste nur alles ohne ihn erklären können. Okay, das wäre keine Widerlegung, sondern nur das Zeigen, dass man 'Sire, ich benötige diese Hypothese nicht' agnostisch ohne ontische Hintergedanken machen kann.


Die (physikalische) Erstursache kann man per se nicht erklären, das ist eine Frage der Logik. Bei einer Erklärung muss man das Explanandum mit einem Explanans verknüpfen, aber man kann nicht "etwas" (die physikalische Erstursache) mit "nichts" (das der physikalischen Erstursache Vorausgehende) verknüpfen.

#112:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 16:39
    —
Hi Er_Win!


Er_Win hat folgendes geschrieben:

Kramer hat folgendes geschrieben:

Ich bin davon überzeugt, dass Gott widerlegbar ist. Dass er noch nicht widerlegt ist, liegt nur daran, dass der Diskurs - egal wo er stattfindet - nie konsequent zuende geführt wird.

da hast du dir viel vorgenommen - und ich wünsche viel Erfolg, bei dem Beweis (!) der Nichtexistenz von etwas Nicht-Existentem Sehr glücklich

Ich harre erwartungsfroh des hier im FGH endlich zuende geführten diesbzgl. Diskurses ...


Ich nehme an, Du sprichst hier von einem Beweis der Nichtexistenz, denn die Nichtexistenz von etwas Nicht-Existentem braucht natürlich nicht bewiesen zu werden.

Der Beweis der Nichtexistenz ist allerdings recht einfach, Du benutzt den Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch. Wenn Du beweisen kannst, das Du existierst, hast Du damit gleichzeitig bewiesen, dass Du nicht Nichtexistent bist ... .




Cheers,

Lamarck

#113: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 16:40
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder meinst Du, ein Akt der Entscheidung, keinen Gott anzunehmen, sei ein ontisches Argument?


Was ist ein "ontisches Argument"? Google findet da nur sehr wenig, und das wenige, das man findet, stammt von Dir.


Korrekt müsste es wohl "ontologisches Argument" heißen, aber das wird IMAO nur im Zusammenhang mit Anselms Gottesbeweis gebraucht...

Mich beschleicht das dumpfe Gefühl, dass E.S. das Pferd verkehrt herum aufzäumt bzw. den 2. Schritt vor dem 1. Schritt gehen möchte: Er referiert einen dogmatischen Standpunkt, der die Existenz Gottes als (gott-) zwinkern gegeben voraussetzt, und behauptet, niemand könne diesen durch logisch-methodologische Betrachtungen widerlegen. Dass aber logisch-methodologische Betrachtungen (1. Schritt) unverzichtbar sind, bevor man die Existenz "Gottes" auch nur ganz vage in Betracht ziehen kann (2. Schritt), wird dabei geflissentlich übersehen. [Edit: Damit ist zwar nicht bewiesen, dass Gott nicht existiert. Nur, dass es nicht plausibel ist, die Existenz von unsichtbaren Einhörnern anzunehmen].

#114: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 16:50
    —
Hi Kramer!


Kramer hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Alles, was Du bisher geschrieben hast, trifft den 'Gott der Philosophen' nicht, auch nicht bestimmte Gottesbilder. Klar, die taugen alle nichts, darum bin ich kein Theist. Aber warum sollte ich versuchen, etwas zu widerlegen, was nicht widerlegbar ist?


Was den Gott der Philosophen betrifft, habe ich noch nie wirklich verstanden, wofür der eigentlich gut sein soll. Welche Eigenschaften, ausser nicht widerlegbar zu sein, hat er noch?


Der Gott der Philosophen geht im Gegensatz zum Gott des Glaubens auf die Annahme zurück, er wäre aus der Erkenntnis ableitbar. Damit ist er aber prinzipiell widerlegbar. Gewisse Hirnis begegnen dem mit der Behauptung, dieser Gott 'schwebe' zwischen Sein und Nichtsein und deshalb müsse ob dieser Unbegreiflichkeit darüber geschwiegen werden. Aber sie sind damit wieder bei dem Gott des Glaubens und damit gescheitert ... .




Cheers,

Lamarck

#115: Re: Methaphysik und Wissenschaft Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 17:17
    —
Hi Darwin Upheaval!


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Ich vermute, Du läufst "außer Konkurrenz", weil Du der aussterbenden Gattung der "Radikalkonstruktivisten" angehörst. In Deinen Augen sind nur viable Konstrukte existent, und weil der Begriff "Gott" kein viables Konstrukt ist, existiert "Gott" nicht (q.e.d.).


So ungefähr.




Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Wer dagegen auch nur hypothetisch die Existenz von etwas in Betracht zieht, das über "Episteme" hinausgeht, auf den wirkt Dein "negativer Gottesbeweis" etwas insuffizient.


Es gibt keine 'negativen' Beweise. Aber was geht denn hypothetisch über Episteme hinaus, was nicht zu Epistemen werden kann?




Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Anders formuliert, was kümmert es das "Sein", was Du für viabel hältst?


Nichts, denn das "Sein" existiert nicht! Aber wenn Du möchtest, schau mal nach, was Heidegger unter 'ontologischer Differenz' versteht; für mich ist es dann wohl leichter, den Kategorienfehler herauszupräparieren ... .




Cheers,

Lamarck

#116: Re: Methaphysik und Wissenschaft Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 17:57
    —
Hi El Schwalmo!


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere.

Ich bin Atheist im starken Sinne.

wenn Du davon ausgehst, dass Du Dir die Welt selbst gebastelt hast und dabei Gott weggelassen hast, ist das nachvollziehbar.


Ach was. Ich habe ihm sogar fantasievoll hinzugefügt!




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat?

Ego. Findet sich hier im Forum und beruht auf Theodizee in seinen vielen Formen. Agnostizismus [= "nicht wissen"] verkennt, das aus Nichtwissen nichts weiter folgt. Mithin beruht dieser auf das Ignoranzargument ... .

Vermutlich hast Du noch nicht mitbekommen, dass die Theodizee keinerlei Relevanz hat, falls man auf das Eigenschaftentripel 'allgütig, allwissend, allmächtig' verzichtet.


Götter, die dem genannten Eigenschaftstripel nicht genügen, interessieren niemanden. Dergleichen Rhetorik dient nur dazu, unter dem Deckmantel 'Gott' um die dunkle Ecke zu verschwinden, auf dass der geglaubte Gott bei passender Gelegenheit als Kastenteufel herausspringen möge ... (Hübsche Stilblüte, nicht?).

Übrigens: Bei Göttern, für die Theodizee keine Relevanz besitzt, sind dem Erkenntnishorizont wesentlich einfacher hinzuzufügen. Immerhin kann es keine eigenschaftslosen Götter geben. Wir könnten vielleicht mal zusammen den Olymp ersteigen ... .




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Aus dem Nichtwissen folgt Nichtwissen. Also weißt Du nicht, ob es einen Gott gibt.


Aus Nichtwissen folgt nichts weiter, Nichtwissen bleibt Nichtwissen (Das Nichtwissen aus Nichtwissen folgen soll, ist übrigens mehrfach unlogisch). Du stützt Dich hier immer noch freischwebend auf das argumentum ad ignorantiam.

Übrigens: Wie stellst Du nicht fest, dass Gott nicht existiert? zwinkern




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Du kannst nicht zwischen Metaphysik und keiner wählen, sondern nur zwischen einer schlechten und einer guten.

Ich werde nicht müde, zu sagen: Metaphysik ist nur schlechte Physik. Und mache gute Miene zum schlechten (wittgensteinschen Sprach-) Spiel ... .

Wie ausgerechnet ein radikaler Konstruktivist auf die Idee kommen kann, keine Metaphysik zu treiben, kann ich nicht nachvollziehen.


Der radikale Konstruktivist erkennt, dass die Metaphysik auch nichts weiter ist, als ein Gott der Philosophen und genauso viabel ... . zwinkern




Cheers,

Lamarck

#117:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 18:53
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Wer dagegen auch nur hypothetisch die Existenz von etwas in Betracht zieht, das über "Episteme" hinausgeht, auf den wirkt Dein "negativer Gottesbeweis" etwas insuffizient.


Es gibt keine 'negativen' Beweise. Aber was geht denn hypothetisch über Episteme hinaus, was nicht zu Epistemen werden kann?


Gott könnte durchaus Teil der Episteme werden, bräuchte es aber nicht. "Stellare Kernfusion" ist nicht Teil der Episteme von Schimpansen, trotzdem war sie unverzichtbare Voraussetzung für die Entstehung von Schimpansen.

Wenn Du "Schimpanse" durch "Lamarck" ersetzst und "stellare Kernfusion" durch "göttliches Wirken", merkst Du, dass es für Gott keine Rolle spielen würde, ob er in Gestalt eines viablen Konstrukts in Deiner Episteme auftauchte.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Anders formuliert, was kümmert es das "Sein", was Du für viabel hältst?


Nichts, denn das "Sein" existiert nicht!


Sorry, ich hätte vom "Seienden" sprechen sollen, vom hinter den Erscheinungen (Phänomenen) Stehenden, vom real Existierenden oder vom "B" in Wittgensteins Grundsatz: "A erkennt B als C".

Also noch mal die Frage: Was kümmert es das B, ob A es überhaupt erkennt?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aber wenn Du möchtest, schau mal nach, was Heidegger unter 'ontologischer Differenz' versteht; für mich ist es dann wohl leichter, den Kategorienfehler herauszupräparieren ... .


Wo ist der Kategorienfehler in: "A erkennt B als C"?

#118: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 19:18
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

hmmmm, warum versuchen dann gerade Logiker sich an Gottesbeweisen? Was meist Du mit einem Ausdruck wie 'der Logik'? Gibt es tatsächlich nur eine?


Kannst Du bitte mal erklären, worauf Du mit diesen Fragen hinaus willst?

hmmm, komisch, dass Dir das bei mir auffällt. Bei Deinen üblichen Einzeilern wird es vermutlich auch den meisten Menschen so gehen.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Das passiert mehr sehr häufig bei Deinen Beiträgen, dass ich überhaupt keinen sinnvollen Zusammenhang zur Diskussion und den Beitrag, auf den Du antwortest, erkenne.

Okay, war zu kurz. In einem anderen Forum, das zurzeit (?) dicht ist, habe ich mich mit einem vermutlich katholischen Menschen gekabbelt, der sich sehr gut in Logik etc. auskennt. Der hat darauf hingewiesen, dass die modernsten Gottesbeweise auf Modallogik beruhen, beispielsweise der von Gödel. Wenn Du bei Stanford nachschaust, siehst Du leicht, warum der Beweis nicht anerkannt wird, aber er ist so interessant, dass Logiker Kongresse darüber abhalten.

Wenn also jemand meint, Gottesbeweise widerpräche 'der Logik' kann ich das nicht nachvollziehen.

#119: Re: Methaphysik und Wissenschaft Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 19:23
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

In den letzten 30 Jahren habe ich noch so gut wie keinen Atheisten getroffen, der nicht Agnostiker war, wenn er philosophisch auch nur minimal gebildet war. Dawkins beispielsweise hat sich in einem Interview explizit als Agnostiker bezeichnet. Oder auch Russell, MSS und viele, viele andere.

Ich bin Atheist im starken Sinne.

wenn Du davon ausgehst, dass Du Dir die Welt selbst gebastelt hast und dabei Gott weggelassen hast, ist das nachvollziehbar.


Ach was. Ich habe ihm sogar fantasievoll hinzugefügt!


Du hast ihn aber ebenso phantasievoll wieder entfernt, weil er Deinen Vorstellungen von Theodizee nicht genügt.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder kennst Du jemanden, der einen negativen Gottesbeweis geführt hat?

Ego. Findet sich hier im Forum und beruht auf Theodizee in seinen vielen Formen. Agnostizismus [= "nicht wissen"] verkennt, das aus Nichtwissen nichts weiter folgt. Mithin beruht dieser auf das Ignoranzargument ... .

Vermutlich hast Du noch nicht mitbekommen, dass die Theodizee keinerlei Relevanz hat, falls man auf das Eigenschaftentripel 'allgütig, allwissend, allmächtig' verzichtet.


Götter, die dem genannten Eigenschaftstripel nicht genügen, interessieren niemanden.


Bist Du sicher? Was hat denn der grausame, intolerante, rachsüchtige, quälende, völkermordende, beleidigte Gott des AT noch mit "Allgüte" zu tun? Du würdest Dich wundern, wie viele Menschen den anbeten, vor allem Fundamentalisten, die sich an ihm gerne ein Beispiel nehmen... zwinkern

BTW: Kennst Du noch Behes Bekenntnis zum "Designer" von Plasmodium falciparum? ("Did a hateful, malign being make intelligent life in order to torture it? One who relishes cries of pain? Maybe. Maybe not...")

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Dergleichen Rhetorik dient nur dazu, unter dem Deckmantel 'Gott' um die dunkle Ecke zu verschwinden, auf dass der geglaubte Gott bei passender Gelegenheit als Kastenteufel herausspringen möge ... (Hübsche Stilblüte, nicht?).


Wie ich sehe, liest Du in anderen Threads heimlich mit Mr. Green

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Übrigens: Bei Göttern, für die Theodizee keine Relevanz besitzt, sind dem Erkenntnishorizont wesentlich einfacher hinzuzufügen. Immerhin kann es keine eigenschaftslosen Götter geben. Wir könnten vielleicht mal zusammen den Olymp ersteigen ... .


Du kannst Gott mit beliebigen Eigenschaften ausstatten. Wenn ich mich nicht irre, scheinen alle möglichen Gottesbilder lediglich das Eigenschaftsdupel "ewiglich, transnatural" gemeinsam zu haben (was natürlich weitere, abgeleitete Eigenschaften wie "endlos", "grenzenlos", "unvergänglich", "zeitlos" usw. impliziert...).

#120: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 19:32
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder meinst Du, ein Akt der Entscheidung, keinen Gott anzunehmen, sei ein ontisches Argument?


Was ist ein "ontisches Argument"? Google findet da nur sehr wenig, und das wenige, das man findet, stammt von Dir.

üblicherweise steht dort 'ontologisch'. Das scheint mir sprachlich nicht korrekt zu sein, denn 'ontisch' bezieht sich auf Aussagen über Seiendes, 'ontologisch' auf die Lehre vom Seienden, eben die Ontologie. Ist so ähnlich wie 'in silico', was auch nur Menschen schreiben können, die meinen, die Stammform sei 'silica'.

Meiner Meinung nach entsteht viel Verwirrung, wenn man die Ebenen nicht auseinanderhält. Es gibt Seinsaussagen (ontisch), solche über Erkennen (epistemisch), wie man handeln sollte (pragmatisch), wie man durchdacht handeln sollte (rational) und so weiter. Der Zusammenhang ist nicht immer offensichtlich. Selbst wenn man zeigen kann, dass eine Auffassung nicht rational ist (also im Diskurs nicht mit Anspruch auf Geltung vertreten werden kann), folgt daraus nicht viel, wenn man eine ontische Aussage betrachtet.

Ich habe in diesem Forum sehr viele sehr plausible Aussagen gefunden, die es als sehr vernünftig erscheinen lassen, nicht von der Existenz eines Gottes auszugehen. Aber bisher habe ich noch kein Argument gefunden, das die Möglichkeit der Existenz eines Gottes widerlegt. Komischerweise räumen das so gut wie alle, die sich als Atheisten bezeichnenm ein, ziehen aber andere Konsequenzen daraus als ich.

#121: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 20:20
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

üblicherweise steht dort 'ontologisch'. Das scheint mir sprachlich nicht korrekt zu sein, denn 'ontisch' bezieht sich auf Aussagen über Seiendes, 'ontologisch' auf die Lehre vom Seienden, eben die Ontologie.


Was ontisch/ontologisch bedeutet, ist mir schon klar. Ich weiss nur nicht, was ich mir unter einem ontischen/ontologischen Argument vorstellen soll.

#122: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 20:46
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Oder meinst Du, ein Akt der Entscheidung, keinen Gott anzunehmen, sei ein ontisches Argument?


Was ist ein "ontisches Argument"? Google findet da nur sehr wenig, und das wenige, das man findet, stammt von Dir.

üblicherweise steht dort 'ontologisch'. Das scheint mir sprachlich nicht korrekt zu sein, denn 'ontisch' bezieht sich auf Aussagen über Seiendes, 'ontologisch' auf die Lehre vom Seienden, eben die Ontologie. Ist so ähnlich wie 'in silico', was auch nur Menschen schreiben können, die meinen, die Stammform sei 'silica'.


Kann sein, dass Du beides sprachlich falsch herleitest. "In silico" beispielsweise stammt nicht aus dem Lateinischen, sondern leitet sich m.W. aus dem amerikanischen (silicon, Silizium) ab; das "n" wurde später abgeschliffen bzw. an Begriffe wie "in vivo" angeglichen. Daher sagt heute kein Mensch "in silicon". Und "ontologisches Argument" heißt es deshalb, weil es sich dabei um die Lehre vom Seienden dreht. "Ontik" bezieht sich auf die Ebene des phänomenalen Seins, während die "Ontologie" diese gerade untersucht und hinterfragt. Kein Mensch sagt daher "ontisches Argument", genauso wenig wie es "biotische Aussagen", sondern nur "biologische Aussagen" gibt. Aber geschenkt, das ist ein Streit um des Kaisers Bart.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Ich habe in diesem Forum sehr viele sehr plausible Aussagen gefunden, die es als sehr vernünftig erscheinen lassen, nicht von der Existenz eines Gottes auszugehen. Aber bisher habe ich noch kein Argument gefunden, das die Möglichkeit der Existenz eines Gottes widerlegt. Komischerweise räumen das so gut wie alle, die sich als Atheisten bezeichnenm ein, ziehen aber andere Konsequenzen daraus als ich.


Kommt darauf an, welche Konsequenzen Du im Gegensatz zu anderen Atheisten ziehst. Es entspricht der übliche Methodologie, die sparsamste Ontologie als gültig vorauszusehen, solange die "Nullhypothese" nicht widerlegt wurde. ("Solange weder ein empirisches Moment noch ein Theorem für die Existenz einer Entität X spricht, existiert X in den Augen des methodologischen Skeptikers nicht.") Der Irrtumsvorbehalt ist dabei nicht zu übersehen.

#123: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 20:55
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

üblicherweise steht dort 'ontologisch'. Das scheint mir sprachlich nicht korrekt zu sein, denn 'ontisch' bezieht sich auf Aussagen über Seiendes, 'ontologisch' auf die Lehre vom Seienden, eben die Ontologie.


Was ontisch/ontologisch bedeutet, ist mir schon klar. Ich weiss nur nicht, was ich mir unter einem ontischen/ontologischen Argument vorstellen soll.


Streng genommen gibt nur Argumente, da hast Du recht. Aber wenn ein Argument für eine bestimmte ontologische Auffassung spricht, könnte man verkürzt auch "ontologisches Argument" dazu sagen. In diesem Fall wäre das möglicherweise missverständlich, denn jeder denkt dabei an Anselms Gottesbeweis...

#124: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 21:12
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Meiner Meinung nach entsteht viel Verwirrung, wenn man die Ebenen nicht auseinanderhält. Es gibt Seinsaussagen (ontisch), solche über Erkennen (epistemisch), wie man handeln sollte (pragmatisch), wie man durchdacht handeln sollte (rational) und so weiter. Der Zusammenhang ist nicht immer offensichtlich. Selbst wenn man zeigen kann, dass eine Auffassung nicht rational ist (also im Diskurs nicht mit Anspruch auf Geltung vertreten werden kann), folgt daraus nicht viel, wenn man eine ontische Aussage betrachtet.

Und was machst du nun mit Leuten, die, vielleicht sogar mit guten Gründen, sagen, daß sie keine Seinsaussagen machen wollen und können (keiner können und sie selbst auch nicht wollen)?

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Ich habe in diesem Forum sehr viele sehr plausible Aussagen gefunden, die es als sehr vernünftig erscheinen lassen, nicht von der Existenz eines Gottes auszugehen. Aber bisher habe ich noch kein Argument gefunden, das die Möglichkeit der Existenz eines Gottes widerlegt. Komischerweise räumen das so gut wie alle, die sich als Atheisten bezeichnenm ein, ziehen aber andere Konsequenzen daraus als ich.

Hast du schon ein Argument gefunden, das die Existenz eines solchen Gottes belegt? Ich habe jedenfalls noch nie einen Gott gesehen (hier darf man das wohl mal so platt sagen). Also reden wir gar nicht über Götter, sondern nur über Gottesbilder oder -vorstellungen. Vorstellungen aber haben von sich aus keine Existenz unabhängig von dem, der sie hat. Es sind also erst einmal nur Begriffe, zu denen ich mich nur verhalten muß, wenn mir jemand zeigt, daß es auch etwas gibt, was damit begriffen werden kann.

Das ist es eigentlich, was in Diskussionen mit Religiösen passiert: Sie haben Vorstellungen, von denen sie wollen (manchmal jedenfalls), daß ich sie als meine, oder sogar als allgemeingültige anerkenne. Das ist bisher noch keinem gelungen. Bisher war das Ergebnis immer, daß sie daran glauben und ich nicht. Das meint das Wort Atheist, einer der nicht an Götter glaubt. Nicht mehr, nicht weniger.

#125: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 21:54
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bis jetzt sehe ich nur ein Kriterium - das der Letztunsicherheit - und die ist bei Zahnfee und Göttern gleichermaßen gegeben.
Yepp. Warum habe ich wohl 'Gott der Philosophen' geschrieben, oder warum steht in der Definition von 'Agnostizismus' was dort steht? Wenn schon müsstest Du 'Gott der Philosophen' und 'Zahnfee' schreiben.

OK, mach ich, ändert aber nichts. Insbesondere stimme ich idZ auch den Postings von Lamarck, Darwin Upheaval, Marcellinus und Kramer zu.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Meine Frage war jedoch, was das Äquivalent zum epistemischen Agnostiker bei der Zahnfee ist.
Das habe ich Dir beantwortet. Empirisch und epistemisch.

Hmm ... habe ich nicht eindeutig identifizieren können. Ich versuchs mal selbst:

Gott der Philosophen (GdP)
--------------------------
praktischer A-GdPist: "Ich bete nicht zum GdP."
epistemischer A-GdPist: "Ich bin der Ansicht, daß es den GdP nicht gibt."
epistemischer GdP-Agnostiker: "Der GdP könnte durchaus existieren. Es gibt keinen Grund, seine Nichtexistenz für unwahrscheinlich zu halten. Wir können über diese Frage letztlich nichts wissen."

Christlicher Gott (CG)
----------------------
praktischer A-CGist: "Ich bete nicht zu Jesus und seinem Vater im Himmel"
epistemischer A-CGist: "Ich bin der Ansicht, daß es den Bibelgott nicht gibt."
epistemischer CG-Agnostiker: "Der Bibelgott könnte durchaus existieren. Es gibt keinen Grund, seine Nichtexistenz für unwahrscheinlich zu halten. Wir können über diese Frage letztlich nichts wissen."

Zahnfee
-------
praktischer A-Zahnfeeist: "Ich bedanke mich nicht bei der Zahnfee, wenn ich Schokolade finde."
epistemischer A-Zahnfeeist: "Ich bin der Ansicht, daß es die Zahnfee nicht gibt."
epistemischer Zahnfee-Agnostiker: "Die Zahnfee könnte durchaus existieren. Es gibt keinen Grund, ihre Nichtexistenz für unwahrscheinlich zu halten. Wir können über diese Frage letztlich nichts wissen."

Also, was spricht jetzt dafür, A-Zahnfeeist zu sein, aber gleichzeitig GdP-Agnostiker?

#126: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 21:59
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:

Was ontisch/ontologisch bedeutet, ist mir schon klar. Ich weiss nur nicht, was ich mir unter einem ontischen/ontologischen Argument vorstellen soll.


Ein ontologisches Argument ist ein apriorisches Argument, das zeigen soll, dass es zu einem bestimmten Begriff notwendigerweise (mindestens) einen Gegenstand gibt, der darunter fällt.

#127: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:31
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:

Was ontisch/ontologisch bedeutet, ist mir schon klar. Ich weiss nur nicht, was ich mir unter einem ontischen/ontologischen Argument vorstellen soll.


Ein ontologisches Argument ist ein apriorisches Argument, das zeigen soll, dass es zu einem bestimmten Begriff notwendigerweise (mindestens) einen Gegenstand gibt, der darunter fällt.


Weshalb muss das Argument "apriorisch" sein? Es gibt auch aposteriorische Gottesbeweise, also solche, die auf die Erfahrung rekurrieren, etwa auf das Kausalitätsprinzip. Das sind ebenfalls Argumente, die Aussagen über das Seiende machen - folglich sind es auch ontologische Argumente. Oder hat man sich in der Philosophie per Konvention darauf geeinigt, dass nur apriorische Argumente als "ontologisch" bezeichnet werden dürfen?

Die Formulierung "Gegenstand zu einem bestimmten Begriff" erscheint mir auch zu vage. Die Zahl 5 etwa ist ein Gegenstand, der unter den Begriff "Primzahl" fällt - aber der Nachweis ist kein ontologisches Argument. "Entität" oder "Ding" wäre besser. Aber jede beliebige Entität kann es auch nicht sein. "Ontologie" ist ja so etwas wie eine "allgemeine Wissenschaft", deren Gegenstandsbereich den der Einzelwissenschaften übersteigt. So wäre es z.B. für die Ontologie relativ uninteressant, ob man zeigen kann, dass es zu dem Begriff "Tetrapode" notwendigerweise (mindestens) eine Spezies gibt, die darunter fällt. Typisch ontologische Fragen wären eher, ob es Kausalität gibt, "Masse" und "Information" autonom existieren, ob eine "Übernatur" existiert und was man unter "Zeit" versteht.

#128: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:36
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und was machst du nun mit Leuten, die, vielleicht sogar mit guten Gründen, sagen, daß sie keine Seinsaussagen machen wollen und können (keiner können und sie selbst auch nicht wollen)?

ich heiße sie im Club der Agnostiker willkommen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Bisher war das Ergebnis immer, daß sie daran glauben und ich nicht. Das meint das Wort Atheist, einer der nicht an Götter glaubt. Nicht mehr, nicht weniger.

Wo steckt in diesem Satz eine Existenzaussage? Worin unterscheidet sich ein Atheist in Deinem Sinn von einem Agnostiker?

#129: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:41
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Das meint das Wort Atheist, einer der nicht an Götter glaubt. Nicht mehr, nicht weniger.
Wo steckt in diesem Satz eine Existenzaussage?

Ist das nicht eindeutig?

Atheist = jemand, der die Existenz "Gottes" für unplausibel hält, der also der Meinung ist, daß "Gott" nicht existiert.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Worin unterscheidet sich ein Atheist in Deinem Sinn von einem Agnostiker?

Agnostiker = jemand, der die Existenz Gottes für gut möglich hält. Oder meint, man könne über die Existenz Gottes keine plausible Aussage machen. Oder so.

#130: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:43
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bis jetzt sehe ich nur ein Kriterium - das der Letztunsicherheit - und die ist bei Zahnfee und Göttern gleichermaßen gegeben.
Yepp. Warum habe ich wohl 'Gott der Philosophen' geschrieben, oder warum steht in der Definition von 'Agnostizismus' was dort steht? Wenn schon müsstest Du 'Gott der Philosophen' und 'Zahnfee' schreiben.

OK, mach ich, ändert aber nichts. Insbesondere stimme ich idZ auch den Postings von Lamarck, Darwin Upheaval, Marcellinus und Kramer zu.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Meine Frage war jedoch, was das Äquivalent zum epistemischen Agnostiker bei der Zahnfee ist.
Das habe ich Dir beantwortet. Empirisch und epistemisch.

Hmm ... habe ich nicht eindeutig identifizieren können. Ich versuchs mal selbst:

Gott der Philosophen (GdP)
--------------------------
praktischer A-GdPist: "Ich bete nicht zum GdP."
epistemischer A-GdPist: "Ich bin der Ansicht, daß es den GdP nicht gibt."
epistemischer GdP-Agnostiker: "Der GdP könnte durchaus existieren. Es gibt keinen Grund, seine Nichtexistenz für unwahrscheinlich zu halten. Wir können über diese Frage letztlich nichts wissen."

Christlicher Gott (CG)
----------------------
praktischer A-CGist: "Ich bete nicht zu Jesus und seinem Vater im Himmel"
epistemischer A-CGist: "Ich bin der Ansicht, daß es den Bibelgott nicht gibt."
epistemischer CG-Agnostiker: "Der Bibelgott könnte durchaus existieren. Es gibt keinen Grund, seine Nichtexistenz für unwahrscheinlich zu halten. Wir können über diese Frage letztlich nichts wissen."

Zahnfee
-------
praktischer A-Zahnfeeist: "Ich bedanke mich nicht bei der Zahnfee, wenn ich Schokolade finde."
epistemischer A-Zahnfeeist: "Ich bin der Ansicht, daß es die Zahnfee nicht gibt."
epistemischer Zahnfee-Agnostiker: "Die Zahnfee könnte durchaus existieren. Es gibt keinen Grund, ihre Nichtexistenz für unwahrscheinlich zu halten. Wir können über diese Frage letztlich nichts wissen."

Also, was spricht jetzt dafür, A-Zahnfeeist zu sein, aber gleichzeitig GdP-Agnostiker?


IMAO besteht der einzige Unterschied darin, dass es Menschen, genannt "Logiker", gibt, die über die modernsten Gottesbeweise internationale Kongresse abhalten... Mr. Green

Okay, ist ein wenig polemisch, aber wir sind uns vermutlich darin einig, dass es den Kern der Sache trifft.

#131: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:45
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

üblicherweise steht dort 'ontologisch'. Das scheint mir sprachlich nicht korrekt zu sein, denn 'ontisch' bezieht sich auf Aussagen über Seiendes, 'ontologisch' auf die Lehre vom Seienden, eben die Ontologie.


Was ontisch/ontologisch bedeutet, ist mir schon klar. Ich weiss nur nicht, was ich mir unter einem ontischen/ontologischen Argument vorstellen soll.

entschuldige, ich habe falsch formuliert. Ich meinte 'Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage', also einem Satz, der wahr oder falsch sein kann und sich auf Existenzbehauptungen bezieht. Also in etwa 'Gott existiert'.

#132: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:50
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Das meint das Wort Atheist, einer der nicht an Götter glaubt. Nicht mehr, nicht weniger.
Wo steckt in diesem Satz eine Existenzaussage?

Ist das nicht eindeutig?

Atheist = jemand, der die Existenz "Gottes" für unplausibel hält, der also der Meinung ist, daß "Gott" nicht existiert.

solange Du nicht meinst, das sei eine Begründung für die Nichtexistenz eines Gottes darfst Du das glauben. Ich als Agnostiker glaube auch nicht an die Existenz eines Gottes. Ich maße mir aber nicht an, zu behaupten, dass Gott nicht existiert.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Worin unterscheidet sich ein Atheist in Deinem Sinn von einem Agnostiker?

Agnostiker = jemand, der die Existenz Gottes für gut möglich hält. Oder meint, man könne über die Existenz Gottes keine plausible Aussage machen. Oder so.

Warum orientierst Du Dich nicht einfach an der Definition, die ich gepostet habe?

#133: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:51
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und was machst du nun mit Leuten, die, vielleicht sogar mit guten Gründen, sagen, daß sie keine Seinsaussagen machen wollen und können (keiner können und sie selbst auch nicht wollen)?

ich heiße sie im Club der Agnostiker willkommen.

Was ich übergriffig finden würde. In welcher Hinsicht kann ich mich nicht entscheiden? Atheismus ist genauso ein Glaube oder eine Philosophie, wie Nicht-Briefmarken-sammeln ein Hobby ist.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Bisher war das Ergebnis immer, daß sie daran glauben und ich nicht. Das meint das Wort Atheist, einer der nicht an Götter glaubt. Nicht mehr, nicht weniger.

Wo steckt in diesem Satz eine Existenzaussage? Worin unterscheidet sich ein Atheist in Deinem Sinn von einem Agnostiker?

Ein Agnostiker behauptet sich im Bezug auf die Existenz von Göttern nicht entscheiden zu können. Ein Atheist glaubt nicht an Götter. Für die religiös unmusikalischen unter uns: Glauben heißt "vertrauen auf" und hat mit einer Existenzaussage nichts zu tun. An Götter, die existieren, kann man nicht glauben oder wie Bonhoeffer gesagt hat: "Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht."


Zuletzt bearbeitet von Marcellinus am 16.02.2012, 22:53, insgesamt 2-mal bearbeitet

#134:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:51
    —
OT? Wie nennt man eigentlich jemanden, dem diese ganzen Götter inzwischen so egal sind, dass er sich nur noch wundert, dass ihr hier Klimmzüge macht, die mit jeder Bibelexegese mithalten können?

(Einen gewissen Unterhaltungswert will ich nicht abstreiten.)

fwo

#135:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 22:56
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
OT? Wie nennt man eigentlich jemanden, dem diese ganzen Götter inzwischen so egal sind, dass er sich nur noch wundert, dass ihr hier Klimmzüge macht, die mit jeder Bibelexegese mithalten können?

(Einen gewissen Unterhaltungswert will ich nicht abstreiten.)

fwo

Das kommt dabei raus, wenn Ungläubige miteinander über Glauben diskutieren. Einige haben hier offenbar zu wenig "Feindkontakt".

#136: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.02.2012, 23:31
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

üblicherweise steht dort 'ontologisch'. Das scheint mir sprachlich nicht korrekt zu sein, denn 'ontisch' bezieht sich auf Aussagen über Seiendes, 'ontologisch' auf die Lehre vom Seienden, eben die Ontologie.


Was ontisch/ontologisch bedeutet, ist mir schon klar. Ich weiss nur nicht, was ich mir unter einem ontischen/ontologischen Argument vorstellen soll.

entschuldige, ich habe falsch formuliert. Ich meinte 'Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage', also einem Satz, der wahr oder falsch sein kann und sich auf Existenzbehauptungen bezieht. Also in etwa 'Gott existiert'.


"Gott existiert" ist jetzt aber nicht das Argument, oder? Wie muss denn jetzt das Argument beschaffen sein, damit es ontisch ist?

#137:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:02
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich vergass ein weiteres Hindernis in dieser Debatte: Die Zwischenrufe von Verwirrten und Orientierungslosen.


wenn es Ausdruck meiner Verwirrtheit sein soll, dass ich unter Beweis etwas anderes verstehe ... Mit den Augen rollen

Unter meinem Beweisverständnis gerieren sich irdische Vertreter von "Gottes Existenzbeweisen" gleich "sinnhaft" wie solche von "Gottes Nichtexistenzbeweisen".

#138:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:04
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
OT? Wie nennt man eigentlich jemanden, dem diese ganzen Götter inzwischen so egal sind...


Kuschelagnostiker Idee

#139: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:05
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Ein ontologisches Argument ist ein apriorisches Argument, das zeigen soll, dass es zu einem bestimmten Begriff notwendigerweise (mindestens) einen Gegenstand gibt, der darunter fällt.

Weshalb muss das Argument "apriorisch" sein? Es gibt auch aposteriorische Gottesbeweise, also solche, die auf die Erfahrung rekurrieren, etwa auf das Kausalitätsprinzip. Das sind ebenfalls Argumente, die Aussagen über das Seiende machen - folglich sind es auch ontologische Argumente. Oder hat man sich in der Philosophie per Konvention darauf geeinigt, dass nur apriorische Argumente als "ontologisch" bezeichnet werden dürfen?


Ich habe "ontologisches Argument" hier im engeren Sinn gebraucht, speziell in Bezug auf die theologischen Argumente. Nicht jedes Argument für die Existenz Gottes ist ein ontologisches Argument in diesem Sinn:

"Ontological arguments are arguments, for the conclusion that God exists, from premises which are supposed to derive from some source other than observation of the world—e.g., from reason alone. In other words, ontological arguments are arguments from nothing but analytic, a priori and necessary premises to the conclusion that God exists."

(http://plato.stanford.edu/entries/ontological-arguments/)

#140:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:08
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
OT? Wie nennt man eigentlich jemanden, dem diese ganzen Götter inzwischen so egal sind, dass er sich nur noch wundert, dass ihr hier Klimmzüge macht, die mit jeder Bibelexegese mithalten können?


Im Englischen gibt es das Wort "apatheist". Ich würde so jemanden als "indifferenten Atheisten" ("Indifferentisten") bezeichnen.


Zuletzt bearbeitet von Myron am 17.02.2012, 00:44, insgesamt einmal bearbeitet

#141:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:15
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
OT? Wie nennt man eigentlich jemanden, dem diese ganzen Götter inzwischen so egal sind, dass er sich nur noch wundert, dass ihr hier Klimmzüge macht, die mit jeder Bibelexegese mithalten können?


In Englischen gibt es das Wort "apatheist".


Lachen

#142: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:17
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Ich als Agnostiker glaube auch nicht an die Existenz eines Gottes. Ich maße mir aber nicht an, zu behaupten, dass Gott nicht existiert.


Nicht mal als ontologische Nullhypothese?

#143:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:17
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
OT? Wie nennt man eigentlich jemanden, dem diese ganzen Götter inzwischen so egal sind, dass er sich nur noch wundert, dass ihr hier Klimmzüge macht, die mit jeder Bibelexegese mithalten können?


In Englischen gibt es das Wort "apatheist". Ich würde so jemanden als "indifferenten Atheisten" ("Indifferentisten") bezeichnen.

man könnte auch noch den Ignostizismus mit in den Topf rühren.

#144: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:24
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und was machst du nun mit Leuten, die, vielleicht sogar mit guten Gründen, sagen, daß sie keine Seinsaussagen machen wollen und können (keiner können und sie selbst auch nicht wollen)?

ich heiße sie im Club der Agnostiker willkommen.

Was ich übergriffig finden würde. In welcher Hinsicht kann ich mich nicht entscheiden? Atheismus ist genauso ein Glaube oder eine Philosophie, wie Nicht-Briefmarken-sammeln ein Hobby ist.

selbstverständlich entscheidet sich der Agnostiker. Er kann auch Theist sein (die negative Theologie ist agnostisch). Agnostizismus ist nicht durch die Unfähigkeit, sich zu entscheiden begründet, sondern durch die Unmöglichkeit, Gott zu beweisen oder zu widerlegen. Wobei 'Gott' der 'Gott der Philosophen' ist, der am Ende einer Argumentationskette steht.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Bisher war das Ergebnis immer, daß sie daran glauben und ich nicht. Das meint das Wort Atheist, einer der nicht an Götter glaubt. Nicht mehr, nicht weniger.

Wo steckt in diesem Satz eine Existenzaussage? Worin unterscheidet sich ein Atheist in Deinem Sinn von einem Agnostiker?

Ein Agnostiker behauptet sich im Bezug auf die Existenz von Göttern nicht entscheiden zu können.

Nein. Er behauptet, dass es kein gültiges Argument für die Nichtexistenz eines Gottes gibt. Nur nebenbei, selbstverständlich auch, dass es keins für dessen Existenz gibt. Das ist eine vollkommen andere Ebene als sich nicht entscheiden können.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ein Atheist glaubt nicht an Götter.

Ein Agnostiker kann das tun oder lassen, es ändert nichts.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Für die religiös unmusikalischen unter uns: Glauben heißt "vertrauen auf" und hat mit einer Existenzaussage nichts zu tun. An Götter, die existieren, kann man nicht glauben oder wie Bonhoeffer gesagt hat: "Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht."

Eben. Aber das schrieb ich ja oben schon.

#145:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:24
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
OT? Wie nennt man eigentlich jemanden, dem diese ganzen Götter inzwischen so egal sind, dass er sich nur noch wundert, dass ihr hier Klimmzüge macht, die mit jeder Bibelexegese mithalten können?

(Einen gewissen Unterhaltungswert will ich nicht abstreiten.)

fwo


Das stimmt schon. Ich finde dieses Herumgeeier über das wachsweich-agnostizistische Allgemeinplätzchen ("ich weiß, dass ich nichts weiß...") so köstlich, dass ich mich traue, hier doch mal eine klare Literaturempfehlung auszusprechen... Mr. Green


#146: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:28
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
entschuldige, ich habe falsch formuliert. Ich meinte 'Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage', also einem Satz, der wahr oder falsch sein kann und sich auf Existenzbehauptungen bezieht. Also in etwa 'Gott existiert'.


"Gott existiert" ist jetzt aber nicht das Argument, oder?

das schrieb ich doch gerade. Es ist ein Beispiel für eine Existenzbehauptung, also eine Aussage über eine Existenz, also eine ontische Aussage.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Wie muss denn jetzt das Argument beschaffen sein, damit es ontisch ist?

'Ontisch' bezieht sich auf die Aussage, nicht auf das Argument.

#147: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bis jetzt sehe ich nur ein Kriterium - das der Letztunsicherheit - und die ist bei Zahnfee und Göttern gleichermaßen gegeben.
Yepp. Warum habe ich wohl 'Gott der Philosophen' geschrieben, oder warum steht in der Definition von 'Agnostizismus' was dort steht? Wenn schon müsstest Du 'Gott der Philosophen' und 'Zahnfee' schreiben.

OK, mach ich, ändert aber nichts.

oh doch. Es macht aus einem Strohmann einen Sachverhalt, über den man reden könnte. So, wie Du es formuliert hast, wäre es ein Disput über die Frage, was ein schwarzes Pferd und ein Rappe gemeinsam haben, wenn man beansprucht, sich über Pferd und IPU zu unterhalten.

step hat folgendes geschrieben:
Insbesondere stimme ich idZ auch den Postings von Lamarck, Darwin Upheaval, Marcellinus und Kramer zu.

Lösen wir Probleme durch eine demokratische Abstimmung nach dem ehernen Grundsatz 'one man, one vote' oder nennen wir das 'argumentum ad populum'?

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Meine Frage war jedoch, was das Äquivalent zum epistemischen Agnostiker bei der Zahnfee ist.
Das habe ich Dir beantwortet. Empirisch und epistemisch.

Hmm ... habe ich nicht eindeutig identifizieren können. Ich versuchs mal selbst:

Fang vielleicht mal anders an. Du weißt sicher auch, was auf dem Zettel, den Pascal (der mit der Wette) in seinem Rock eingenäht hatte, stand. Damit sollte geklärt sein, um welchen Typ Gott es hier nicht geht.

Der 'Gott der Philosophen' steht am Ende einer Argumentationskette (beispielsweise der 'Unbewegte Beweger', wenn man ihn als Gott vertritt). Über den Zusammenhang dieses Typs Gott mit dem Christengott habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, ganz zu Beginn des Threads schon mal was geschrieben.

Die Zahnfee wird in bestimmten Gegenden der Welt zum Trost für Kinder erzählt (beispielsweise nicht hierzulande, ich kenne das Beispiel nur aus der englischen Literatur).

Bist Du immer noch sicher, dass Du nicht Äpfel mit Birnen vergleichst?

#148:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:46
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Ich finde dieses Herumgeeier über das wachsweich-agnostizistische Allgemeinplätzchen ("ich weiß, dass ich nichts weiß...") so köstlich, dass ich mich traue, hier doch mal eine klare Literaturempfehlung auszusprechen... :…


Hab ich schon (auch gelesen). Ist ganz gut.
Wer des Englischen mächtig ist, dem empfehle ich:

* Le Poidevin, Robin. Agnosticism: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2010.

#149: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:49
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und was machst du nun mit Leuten, die, vielleicht sogar mit guten Gründen, sagen, daß sie keine Seinsaussagen machen wollen und können (keiner können und sie selbst auch nicht wollen)?

ich heiße sie im Club der Agnostiker willkommen.

Was ich übergriffig finden würde. In welcher Hinsicht kann ich mich nicht entscheiden? Atheismus ist genauso ein Glaube oder eine Philosophie, wie Nicht-Briefmarken-sammeln ein Hobby ist.

selbstverständlich entscheidet sich der Agnostiker. Er kann auch Theist sein (die negative Theologie ist agnostisch). Agnostizismus ist nicht durch die Unfähigkeit, sich zu entscheiden begründet, sondern durch die Unmöglichkeit, Gott zu beweisen oder zu widerlegen. Wobei 'Gott' der 'Gott der Philosophen' ist, der am Ende einer Argumentationskette steht.

Nur daß ich kein Agnostiker bin, du mich nur zwangseingemeindet hast. Der Atheist entscheidet sich nur, nicht zu glauben. Mit der Existenz oder Nichtexistenz von Göttern hat das nichts zu tun. Auf den Punkt gebracht, ich wäre auch ein Atheist, wenn es Götter gäbe.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Bisher war das Ergebnis immer, daß sie daran glauben und ich nicht. Das meint das Wort Atheist, einer der nicht an Götter glaubt. Nicht mehr, nicht weniger.

Wo steckt in diesem Satz eine Existenzaussage? Worin unterscheidet sich ein Atheist in Deinem Sinn von einem Agnostiker?

Ein Agnostiker behauptet sich im Bezug auf die Existenz von Göttern nicht entscheiden zu können.

Nein. Er behauptet, dass es kein gültiges Argument für die Nichtexistenz eines Gottes gibt. Nur nebenbei, selbstverständlich auch, dass es keins für dessen Existenz gibt. Das ist eine vollkommen andere Ebene als sich nicht entscheiden können.

s.o. Dein Problem, nicht meins.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ein Atheist glaubt nicht an Götter.

Ein Agnostiker kann das tun oder lassen, es ändert nichts.

Nein, das tut es wirklich nicht. Lachen

#150: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:50
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Kannst Du überhaupt ein vernünftiges Kriterium angeben, nach dem man der Meinung sein kann, etwas exstiere nicht?

Schwer zu sagen. Wenn ich weiß, dass die Existenz eines Wesen namens 'Zahnfee' nur in bestimmten Gegenden der Welt den Kindern erzählt wird, würde ich nicht annehmen, dass dieses Wesen existiert. Das wird wohl vernünftig sein.

Dass alles, was man kleinen Kindern erzählt, erfunden ist, scheint mir nicht daraus zu folgen.

Wenn man aber weltweit durch den gesamten Verlauf der Geschichte weit mehr Menschen, auch solche mit sehr hoher Intelligenz, findet, die an irgendwelche 'höheren Mächte' glauben, könnte da was dahinter stecken. Ich glaube das zwar nicht, aber wie sollte ich sicher sein?


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Dumm ist nur, daß schon die antiken Heiden nicht behauptet haben, Aphrodite reduziere sich auf ein hübsches Model in knapper Kleidung. zwinkern

hmmmm, wenn ich richtig informiert bin, haben Philosophen wie Epikur die antiken Götter abgelehnt, aber an einen 'Gott' geglaubt. Schon damals scheint es Menschen gegeben zu haben, die einen Unterschied zwischen Zahnfeen und dem 'Gott der Philosophen' gemacht haben.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Der 'Gott der Philosophen' steht am Ende einer Argumentationskette (beispielsweise der 'Unbewegte Beweger', wenn man ihn als Gott vertritt). Über den Zusammenhang dieses Typs Gott mit dem Christengott habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, ganz zu Beginn des Threads schon mal was geschrieben.

Die Zahnfee wird in bestimmten Gegenden der Welt zum Trost für Kinder erzählt (beispielsweise nicht hierzulande, ich kenne das Beispiel nur aus der englischen Literatur).Bist Du immer noch sicher, dass Du nicht Äpfel mit Birnen vergleichst?


Hilf mir doch mal über die Straße: Was ist ein "argumentum ad populum", wahlweise "argumentum ad verecundiam"?


Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 17.02.2012, 00:52, insgesamt einmal bearbeitet

#151:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:52
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Ich finde dieses Herumgeeier über das wachsweich-agnostizistische Allgemeinplätzchen ("ich weiß, dass ich nichts weiß...") so köstlich, dass ich mich traue, hier doch mal eine klare Literaturempfehlung auszusprechen... :…


Hab ich schon (auch gelesen). Ist ganz gut.
Wer des Englischen mächtig ist, dem empfehle ich:

* Le Poidevin, Robin. Agnosticism: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2010.

schön, dass Du dieses Buch, das ich weiter oben empfohlen habe, auch empfehlen kannst.

#152:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:53
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Ich finde dieses Herumgeeier über das wachsweich-agnostizistische Allgemeinplätzchen ("ich weiß, dass ich nichts weiß...") so köstlich, dass ich mich traue, hier doch mal eine klare Literaturempfehlung auszusprechen... :…


Hab ich schon (auch gelesen). Ist ganz gut.
Wer des Englischen mächtig ist, dem empfehle ich:

* Le Poidevin, Robin. Agnosticism: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2010.

schön, dass Du dieses Buch, das ich weiter oben empfohlen habe, auch empfehlen kannst.


Du hast wieder mal den Witz nicht verstanden. Wie schade! Weinen

BTW, das ist das falsche Buch...


Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 17.02.2012, 00:55, insgesamt einmal bearbeitet

#153: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 00:55
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Auf den Punkt gebracht, ich wäre auch ein Atheist, wenn es Götter gäbe.

eigentlich Wasser auf meine Mühlen, findest Du nicht auch?

#154: Bernulf Kanitscheider: Bekenntnis zum Atheismus Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:01
    —
BTW, weil es ganz gut zum Thema passt (hatten wir in einen Uralt-Thread schon mal):

Kanitscheider, B. (1999): Es hat keinen Sinn, die Grenzen zu verwischen. Interview mit Bernulf Kanitscheider über die Beziehung zwischen Religion und Wissenschaft. Spektrum der Wissenschaft 11, 80.


Zitat:
Spektrum: Unter heutigen Wissenschaftlern scheint der Agnostizismus die sozusagen politisch korrekte Haltung zu sein: Die Existenz Gottes ist nicht beweisbar, also trennt man die Sphären, und jeder macht seine Sache.

Kanitscheider: Nach meiner philosophischen Auffasssung ist das nicht ganz ehrlich. Der Agnostizismus ist ja höchstens psychologisch etwas leichter verdaubar, man hält sich aus der Sache heraus.

Der Agnostizismus entspricht aber nicht der üblichen Methodologie. Wenn man in der Naturwissenschaft unsicher ist, ob ein bestimmtes Objekt X existiert, dann forstet man alle theoretischen und empirischen Momente durch, die dafür sprechen und prüft die Frage: Gibt es Indikatoren dafür, daß X existiert? Wenn danach nichts übrigbleibt, man kein empirisches Moment gefunden, auch kein Theorem, daß dafür spricht, dann sagt man nicht, es liege eine Patt-Situation vor: Es sei genauso wahrscheinlich, daß dieses X existiert, wie daß es nicht existiert. Sondern, wenn man ehrlich ist, sagt man: Es gibt zwar die logische Möglichkeit, daß X existiert, aber nach all dem, was wir wissen, existiert X nicht.

Spektrum: Würden Sie also sagen, ein konsequenter Atheismus wäre ehrlicher als ein Agnostizismus?

Kanitscheider: Ja. Methodisch gehen wir in der Wissenschaft genauso vor.

#155: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:23
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Auf den Punkt gebracht, ich wäre auch ein Atheist, wenn es Götter gäbe.


Wenn ich wüsste, dass es Götter gibt, dann würde ich selbstverständlich Theist werden. Denn ich bin ja kein Tatsachenleugner wie die Antievolutionisten.

#156: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:26
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Auf den Punkt gebracht, ich wäre auch ein Atheist, wenn es Götter gäbe.


Wenn ich wüsste, dass es Götter gibt, dann würde ich selbstverständlich Theist werden. Denn ich bin ja kein Tatsachenleugner.

So, du vertraust also Göttern, nur weil sie (evtl.) existieren? Interessant!

#157:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:27
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

* Le Poidevin, Robin. Agnosticism: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2010.

schön, dass Du dieses Buch, das ich weiter oben empfohlen habe, auch empfehlen kannst.


Sorry, hab deinen Tipp übersehen.


Zuletzt bearbeitet von Myron am 17.02.2012, 01:27, insgesamt einmal bearbeitet

#158: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:27
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Auf den Punkt gebracht, ich wäre auch ein Atheist, wenn es Götter gäbe.

eigentlich Wasser auf meine Mühlen, findest Du nicht auch?

Nicht daß ich dich verstanden habe.

#159: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:30
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Wenn ich wüsste, dass es Götter gibt, dann würde ich selbstverständlich Theist werden. Denn ich bin ja kein Tatsachenleugner.

So, du vertraust also Göttern, nur weil sie (evtl.) existieren? Interessant!


"Was ich weiß, das glaube ich." – Wittgenstein

Als Atheist glaube ich natürlich nicht zu wissen, dass Götter existieren; aber wenn ich es wüsste, würde ich es glauben. Cool

#160:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:32
    —
step hat folgendes geschrieben:

Atheist = jemand, der die Existenz "Gottes" für unplausibel hält, der also der Meinung ist, daß "Gott" nicht existiert.

step hat folgendes geschrieben:

Agnostiker = jemand, der die Existenz Gottes für gut möglich hält. Oder meint, man könne über die Existenz Gottes keine plausible Aussage machen. Oder so.

naja, das ist doch schonmal was. Dass es den Atheisten und den Agnostiker gibt ist wohl unbestreitbar. Dann gibt es noch den Gläubigen, der glaubt zweifellos an Dinge, die es nicht gibt.
Dem Atheisten und dem Gläubigen ist gemeinsam das was es nicht gibt, dem Gläubigen und dem Agnostiker das was es gibt, nämlich der Glaube und der Agnostiker teilt mit dem Atheisten die Gewissheit, also das was es nicht gibt.

#161: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:33
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Wenn ich wüsste, dass es Götter gibt, dann würde ich selbstverständlich Theist werden. Denn ich bin ja kein Tatsachenleugner.

So, du vertraust also Göttern, nur weil sie (evtl.) existieren? Interessant!


"Was ich weiß, das glaube ich." – Wittgenstein

Als Atheist glaube ich natürlich nicht zu wissen, dass Götter existieren; aber wenn ich es wüsste, würde ich es glauben. Cool

Du hast ja einen noch schlichteren Glaubensbegriff als viele Gläubige. Sorry, Ungläubige sollten miteinander nicht über Glauben sprechen. Es kommt eine Karikatur heraus, die noch schlimmer ist als das Original. Gute Nacht!

#162: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:36
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Du hast ja einen noch schlichteren Glaubensbegriff als viele Gläubige.


Mein Glaubensbegriff ist in der Tat schlicht: Glauben = Fürwahrhalten

#163:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 01:40
    —
Sargnagel hat folgendes geschrieben:

step hat folgendes geschrieben:

Agnostiker = jemand, der die Existenz Gottes für gut möglich hält. Oder meint, man könne über die Existenz Gottes keine plausible Aussage machen. Oder so.

naja, das ist doch schonmal was.


Aber was Unpassendes, denn auch ein Antitheist (positiver Atheist) kann die Existenz Gottes oder sonstiger Gottheiten für möglich halten. Der Glaube an die tatsächliche Nichtexistenz Gottes oder von Göttern schließt nicht unbedingt den Glauben an die notwendige Nichtexistenz/die unmögliche Existenz Gottes oder von Göttern ein.

#164: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 02:09
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

'Ontisch' bezieht sich auf die Aussage, nicht auf das Argument.


Das verstehe ich nicht. Wozu bestehst Du dann auf der Unterscheidung zwischen ontischen und epistemischen Argumenten in der Gottesfrage, wenn es immer um die ontische Aussage "Gott existiert" geht?

#165: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 02:20
    —
Hi Myron!!


Myron hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Auf den Punkt gebracht, ich wäre auch ein Atheist, wenn es Götter gäbe.

Wenn ich wüsste, dass es Götter gibt, dann würde ich selbstverständlich Theist werden. Denn ich bin ja kein Tatsachenleugner wie die Antievolutionisten.


Marcellinus kann hier nur gemeint haben, gegebenenfalls wäre er selbst göttlich ... . zwinkern




Cheers,

Lamarck

#166: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 02:35
    —
Hi Kramer!


Kramer hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

'Ontisch' bezieht sich auf die Aussage, nicht auf das Argument.

Das verstehe ich nicht. Wozu bestehst Du dann auf der Unterscheidung zwischen ontischen und epistemischen Argumenten in der Gottesfrage, wenn es immer um die ontische Aussage "Gott existiert" geht?


'Ontisch' bezieht sich genauer auf die Berücksichtigung des Existenzquantors. Der Satz "Götter existieren" ist natürlich eine Aussage, aber kein Argument. Lässt sich für eine Aussage kein Argument finden, bleibt es bei einer Behauptung (hier: Existenzbehauptung). Epistemik kann es nur über einen Prozess - der Generierung von Argumenten - geben.




Cheers,

Lamarck

#167: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 02:52
    —
Hi Marcellinus!


Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Wenn ich wüsste, dass es Götter gibt, dann würde ich selbstverständlich Theist werden. Denn ich bin ja kein Tatsachenleugner.

So, du vertraust also Göttern, nur weil sie (evtl.) existieren? Interessant!


"Was ich weiß, das glaube ich." – Wittgenstein

Als Atheist glaube ich natürlich nicht zu wissen, dass Götter existieren; aber wenn ich es wüsste, würde ich es glauben. Cool

Du hast ja einen noch schlichteren Glaubensbegriff als viele Gläubige. Sorry, Ungläubige sollten miteinander nicht über Glauben sprechen. Es kommt eine Karikatur heraus, die noch schlimmer ist als das Original. Gute Nacht!



Myron hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Du hast ja einen noch schlichteren Glaubensbegriff als viele Gläubige.


Mein Glaubensbegriff ist in der Tat schlicht: Glauben = Fürwahrhalten



Glaube(Ratio) := Vermutung {Allgemeines Vermutungswissen}
Glaube(Soziales Konstrukt) := Vertrauen {Spezielles Vermutungswissen: "Bitte glaube mir, ich sage die Wahrheit" - im Falle des 'Gläubigen' gar im sozialen Bezug zu fiktiven Wesenheiten}




Cheers,

Lamarck

#168: Re: Bernulf Kanitscheider: Bekenntnis zum Atheismus Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 02:57
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Zitat:

Spektrum: Würden Sie also sagen, ein konsequenter Atheismus wäre ehrlicher als ein Agnostizismus?
Kanitscheider: Ja. Methodisch gehen wir in der Wissenschaft genauso vor.


Viele bevorzugen die Bezeichnung "Agnostiker" allein deshalb, weil sie irrtümlicherweise annehmen, dass der positive Atheismus 100%ige (subjektive) Gewissheit erfordere und eine Wissensbehauptung darstelle.
Jene Leute müssen darüber aufgeklärt werden, dass dies nicht zutrifft. Der positive Atheist glaubt, dass es keine Götter gibt – nicht mehr und nicht weniger. Er kann sich 100%ig sicher sein und behaupten/glauben zu wissen, dass es keine Götter gibt, aber es muss es nicht. (Nichtsdestoweniger sollte die subjektive Gewissheit, grob gesagt, >80% sein, da man sonst nur ein quasipositiver, skeptischer oder auch nur ein agnostisch neutraler Atheist ist.)

#169:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 03:01
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Sargnagel hat folgendes geschrieben:

step hat folgendes geschrieben:

Agnostiker = jemand, der die Existenz Gottes für gut möglich hält. Oder meint, man könne über die Existenz Gottes keine plausible Aussage machen. Oder so.

naja, das ist doch schonmal was.


Aber was Unpassendes, denn auch ein Antitheist (positiver Atheist) kann die Existenz Gottes oder sonstiger Gottheiten für möglich halten. Der Glaube an die tatsächliche Nichtexistenz Gottes oder von Göttern schließt nicht unbedingt den Glauben an die notwendige Nichtexistenz/die unmögliche Existenz Gottes oder von Göttern ein.

Ja, nicht schlecht. aber bevor wir mit nem höchsten denkbaren begriff und wesen anfangen sollten wir uns vielleicht mal ein bild von den ganz alltäglichen, natürlichen dingen machen und wenn wenn wir dann vermittels der wissenschaft einen ungefähren plan haben wie das sein so im ansatz funktioniert und die durchaus strittige frage geklärt ist worin es sich vom nichtsein so unterscheidet, dann können wir uns ja ruhig mal zu den bisschen abstrakteren Dingen vortasten und uns überlegen wie das mit den dingen ist, die nicht sind oder zumindest deutlich hinter ihren möglichkeiten zurückbleiben.

#170: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 03:03
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Mein Glaubensbegriff ist in der Tat schlicht: Glauben = Fürwahrhalten

Glaube(Ratio) := Vermutung {Allgemeines Vermutungswissen}
Glaube(Soziales Konstrukt) := Vertrauen {Spezielles Vermutungswissen: "Bitte glaube mir, ich sage die Wahrheit" - im Falle des 'Gläubigen' gar im sozialen Bezug zu fiktiven Wesenheiten}


Die einfache und philosophisch relevante Grundbedeutung von "Glaube(n)" als "Glaube(n)-dass" ist "Fürwahrhalten". Die Bedeutung "Vertrauen" steht bei "Glaube(n)-an" im Vordergrund. Aber auch "Glaube-an" kann in ersterem Sinn verwendet werden, wie z.B. in "der Glaube an die Nichtexistenz Gottes".

#171: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 03:10
    —
Hi El Schwalmo!


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Wobei 'Gott' der 'Gott der Philosophen' ist, der am Ende einer Argumentationskette steht.


Ich habe noch nie eine Argumentationskette gesehen, an dessen Ende ein 'Gott der Philosophen' stand. Nur seltsame Behauptungen, die die "letzte Ziffer von π" willkürlich festsetzen wollen.




Cheers,

Lamarck

#172: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 03:12
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Ich habe in diesem Forum sehr viele sehr plausible Aussagen gefunden, die es als sehr vernünftig erscheinen lassen, nicht von der Existenz eines Gottes auszugehen. Aber bisher habe ich noch kein Argument gefunden, das die Möglichkeit der Existenz eines Gottes widerlegt


Das ist ein pragmatisches Problem, aber kein prinzipielles, kein ontologisches und kein epistemisches. Gott ist weder ein ontologisches noch ein epistemisches Phänomen, sondern ein Objekt des Glaubens. Es gibt weder ontologische, noch epistemische Beweise für seine Existenz, sondern nur Aussagen darüber, warum Menschen an ihn glauben. Diese Aussagen, also die Gründe dafür, dass Menschen an Gott glauben, sind sehr zahlreich und sehr unterschiedlich. Was aber all diese Gottesvorstellungen gemeinsam haben, ist, dass sie einen subjektiv relevanten Kern haben. Niemand, der tatsächlich an Gott glaubt, im religiösen Sinn an Gott glaubt, tut das deshalb, weil er meint, sonst würde er schlechte Metaphysik betreiben oder einer defizitären Ontologie anhängen. Das sind ausserdem - mal unter uns gesagt - Probleme, die wohl die wenigsten Menschen umtreiben und die ausser Dir niemandem schlaflose Nächte bereiten.

Um die Möglichkeit der Existenz eines Gottes zu widerlegen, muss man erstmal wissen, wie dieser Gott beschaffen sein soll, was ihn ausmacht, welche Eigenschaften er hat und inwiefern er überhaupt in irgendeiner Hinsicht relevant ist, also sich für eine Widerlegung qualifiziert.

Der Gott der Philosophen ist mir persönlich zu randständig, um meine Zeit damit zu verschwenden, an ihn zu glauben oder ihn zu widerlegen - und da es ihm offensichtlich genauso egal wie mir ist, sehe ich auch nicht, welches Risiko ich damit eingehe, ihn für das Hirngespinst von ein paar doofen Philosophen zu halten. So blutarme Götter, wie der Gott der Philosophen finde ich langweilig, mich interessieren da schon eher die handfesten Götter, von denen erzählt wird, dass sie auf Nichtachtung beleidigt reagieren. Ich will wissen, was ich verpasse,. wenn ich nicht an Gott glaube. Was interessieren mich da die Götter, bei denen ich nichts verpasse?

#173:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 03:21
    —
Myron hat folgendes geschrieben:

Aber was Unpassendes, denn auch ein Antitheist (positiver Atheist) kann die Existenz Gottes oder sonstiger Gottheiten für möglich halten. Der Glaube an die tatsächliche Nichtexistenz Gottes oder von Göttern schließt nicht unbedingt den Glauben an die notwendige Nichtexistenz/die unmögliche Existenz Gottes oder von Göttern ein.


Ich unterscheide entsprechend zwischen dem positiven Atheismus und dem superpositiven Atheismus. Ein superpositiver Atheist ist jemand, der glaubt, dass die Existenz Gottes oder von Göttern unmöglich ist. Dabei kommt es natürlich auf die Art der betreffenden göttlichen oder vergötterten Wesen an. Ich bin ein superpositiver Atheist in Bezug auf alle Gottheiten, die reine, d.i. körperlos-stofflose Geister oder Seelen sind wie der jüdische, christliche und islamische Gott. Ich halte die reale Existenz solcher "Gespenster" (im philosophischen Fachjargon "spirituelle Substanzen" genannt) allgemein für (ontologisch) unmöglich.

#174: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 03:29
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Ich habe in diesem Forum sehr viele sehr plausible Aussagen gefunden, die es als sehr vernünftig erscheinen lassen, nicht von der Existenz eines Gottes auszugehen. Aber bisher habe ich noch kein Argument gefunden, das die Möglichkeit der Existenz eines Gottes widerlegt

Das ist ein pragmatisches Problem, aber kein prinzipielles, kein ontologisches und kein epistemisches. Gott ist weder ein ontologisches noch ein epistemisches Phänomen, sondern ein Objekt des Glaubens.


Hier ist ein solches Argument zugunsten des superpositiven Atheismus in seiner schlichtesten Form:

1. Der Begriff eines reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer reinen Seele, einer spirituellen Substanz ist ungereimt und unverständlich.
(1* Der Begriff eines außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen Seele, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen spirituellen Substanz ist noch viel ungereimter und unverständlicher: er ist völlig unsinnig.)
2. Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben.

"Der 'reine Geist' ist eine reine Dummheit: rechnen wir das Nervensystem und die Sinne ab, die 'sterbliche Hülle', so verrechnen wir uns — weiter nichts! ..."

(Nietzsche, Der Antichrist, §14)

#175: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 03:39
    —
Hi Myron!


Myron hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Mein Glaubensbegriff ist in der Tat schlicht: Glauben = Fürwahrhalten

Glaube(Ratio) := Vermutung {Allgemeines Vermutungswissen}
Glaube(Soziales Konstrukt) := Vertrauen {Spezielles Vermutungswissen: "Bitte glaube mir, ich sage die Wahrheit" - im Falle des 'Gläubigen' gar im sozialen Bezug zu fiktiven Wesenheiten}


Die einfache und philosophisch relevante Grundbedeutung von "Glaube(n)" als "Glaube(n)-dass" ist "Fürwahrhalten". Die Bedeutung "Vertrauen" steht bei "Glaube(n)-an" im Vordergrund. Aber auch "Glaube-an" kann in ersterem Sinn verwendet werden, wie z.B. in "der Glaube an die Nichtexistenz Gottes".


Ich habe hier nur unterstrichen, dass 'Vertrauen' eine Ableitung aus 'Vermutung' ist, aber nicht umgekehrt. Mich verwundert immer wieder die assimilierende Frage etwa von Kreationisten: "Glaubst Du an Schöpfung oder Evolution?". Im Fokus findet sich hier tatsächlich der soziale Bezug, der hier rhetorisch genutzt wird, Vertrauen einzufordern (eigentlich eine soziale Erpressung). "Ich glaube an das Gute im Menschen" ist aber in der Tat nicht weit entfernt von einem "Ich glaube, dass der Mensch gut ist", obgleich es in dem einen Fall um das Objekt, im anderen Fall um eine Eigenschaft geht.




Cheers,

Lamarck

#176:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 04:09
    —
Wie widerlegt man eigentlich eine Möglichkeit?
...
ich verstehs nicht dass ihr dem dann alle noch hinterherlaufen würdets. und vor allem glaub ichs nicht.

#177: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 07:07
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Kramer!


Kramer hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

'Ontisch' bezieht sich auf die Aussage, nicht auf das Argument.

Das verstehe ich nicht. Wozu bestehst Du dann auf der Unterscheidung zwischen ontischen und epistemischen Argumenten in der Gottesfrage, wenn es immer um die ontische Aussage "Gott existiert" geht?


'Ontisch' bezieht sich genauer auf die Berücksichtigung des Existenzquantors. Der Satz "Götter existieren" ist natürlich eine Aussage, aber kein Argument. Lässt sich für eine Aussage kein Argument finden, bleibt es bei einer Behauptung (hier: Existenzbehauptung). Epistemik kann es nur über einen Prozess - der Generierung von Argumenten - geben.

danke, besser hätte ich es kaum formulieren können. Ich hätte nur statt 'Götter' einen anderen Begriff, beispielsweise 'Gott der Philosophen' oder nur 'Gott' geschrieben.

#178: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 07:10
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Hier ist ein solches Argument zugunsten des superpositiven Atheismus in seiner schlichtesten Form:

1. Der Begriff eines reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer reinen Seele, einer spirituellen Substanz ist ungereimt und unverständlich.
(1* Der Begriff eines außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen Seele, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen spirituellen Substanz ist noch viel ungereimter und unverständlicher: er ist völlig unsinnig.)
2. Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben.

für mich liest sich das so überzeugend wie der ontologische Beweis. Geht ein wenig in Richtung Hybris: Die 'Welt' hat sich gefälligst nach meiner Logik zu richten.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Der 'reine Geist' ist eine reine Dummheit: rechnen wir das Nervensystem und die Sinne ab, die 'sterbliche Hülle', so verrechnen wir uns — weiter nichts! ..."

(Nietzsche, Der Antichrist, §14)

Wie wahr wie wahr. Nur, was würde das einen Gott, der existiert, irgendwie interessieren?

#179: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 07:16
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

'Ontisch' bezieht sich auf die Aussage, nicht auf das Argument.


Das verstehe ich nicht. Wozu bestehst Du dann auf der Unterscheidung zwischen ontischen und epistemischen Argumenten in der Gottesfrage, wenn es immer um die ontische Aussage "Gott existiert" geht?

ich unterscheide zwischen pragmatischen und epistemischen Argumenten hinsichtlich einer ontischen Aussage ('Gott existiert (nicht))'.

Ich bin atheistischer (pragmatisch) Agnostiker (epistmisch). Ersteres, weil mir die ontische Aussage 'Gott existiert' nicht hinreichend begründet erscheint. Letzteres, weil mir die ontische Aussage 'Gott existiert (nicht)' auch nicht hinreichend begründbar erscheint.

Das ist dann in etwa die Definition von 'Agnostizismus', die ich hier schon x-Mal gepostet habe.

#180: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 07:32
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Um die Möglichkeit der Existenz eines Gottes zu widerlegen, muss man erstmal wissen, wie dieser Gott beschaffen sein soll, was ihn ausmacht, welche Eigenschaften er hat und inwiefern er überhaupt in irgendeiner Hinsicht relevant ist, also sich für eine Widerlegung qualifiziert.

man kann auch davon ausgehen, dass Gott mit den geistigen Mitteln des Menschen nicht zu beurteilen ist. Aber hier sind wir uns einig: Der, der einen Gott vertritt, ist beweispflichtig. Bisher konnte mich niemand davon überzeugen, dass ein wie auch immer gearteter Gott existiert. Viele Gottesbilder sind meiner Meinung nach auch widerlegt.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Der Gott der Philosophen ist mir persönlich zu randständig, um meine Zeit damit zu verschwenden, an ihn zu glauben oder ihn zu widerlegen - und da es ihm offensichtlich genauso egal wie mir ist, sehe ich auch nicht, welches Risiko ich damit eingehe, ihn für das Hirngespinst von ein paar doofen Philosophen zu halten. So blutarme Götter, wie der Gott der Philosophen finde ich langweilig, mich interessieren da schon eher die handfesten Götter, von denen erzählt wird, dass sie auf Nichtachtung beleidigt reagieren. Ich will wissen, was ich verpasse,. wenn ich nicht an Gott glaube. Was interessieren mich da die Götter, bei denen ich nichts verpasse?

Das ist ein schönes Glaubensbekenntnis, aber als ein Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage würde ich das nicht werten.

Nur nebenbei, ich halte es hier wie Epikur in meiner SIG. Sollte es einen Gott geben, der ein Universum wie das unsrige erschaffen hat, wird der wohl kaum seine Zeit damit verplempern, sich darüber zu informieren, ob ich ihn anbete.

#181:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 09:53
    —
also ich hab zweimal die einleitung und ein bisschen was vom ersten Buch gelesen, ist aber schon lange her. Also da war glaube ich so n Handwerker und ein Meister und dann war da glaub ich noch n Künstler. Und der erste hat kein Plan, der Zweite hat Übung und Letzterer hat zusätzlich noch die Ahnung von dem was er tut oder so. Der Meister weiß was im Einzelfall passt und der Künstler orientiert sich an den allgemeinen Prinzipien. Oder wars ein Laie, der im Einzelfall handelt, der Meister kennt sich für alle Fälle aus und der Künstler kennt das allgemeine Prinzip? Und dann hieß es da glaub ich noch: "Die Erfahrung brachte Kunst hervor, die Unerfahrenheit aber Zufall" und ich weiß nicht, ich könnt schwören da kamen auch Bienen drin vor. Das mit dem Gott steht dann wohl weiter hinten.
Tja, mehr Metaphysik hab ich jetzt auch nicht parat, aber ich halt euch auf dem Laufenden falls ich was hör.

#182:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 10:13
    —
Wenn es eines Beweises für die Nutzlosigkeit von Philosophie bedurft hätte, dieser Thread ist es. Manche hier kommen mir vor wie verhinderte Gläubige. Sie würden ja gerne, wenn ihnen jemand nur den Anschein eines Arguments liefern würde. Ich wünsche euch noch viel Vergnügen. zwinkern

#183:  Autor: Effô TisettiWohnort: 75 BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 10:59
    —
Eigentlich macht man sich mit der ganzen Diskussion über Atheismus vs. Agnostizismus die Probleme anderer Leute zueigen. Denn warum in aller Welt sollte man sich zur Gottesfrage überhaupt verhalten, wenn sie nicht ständig von irgendwelchen Komikern an einen herangetragen werden würde? Ohne die Komiker bräuchte man überhaupt kein Wort dafür. Je mehr ich darüber nachdenke, desto fester wird meine Überzeugung, dass man mit der Bezeichnung "Agnostiker" ja eigentlich gar keine Aussage über sich selbst, sondern über sein (gläubiges) Gegenüber macht. Die Aussage ist ja in letzter Konsequenz nicht "Ich halte die Gottesfrage für unentscheidbar", sondern "Du müsstest die Gottesfrage für unentscheidbar halten". Für mich ist die Frage doch völlig irrelevant. Relevant ist sie dagegen für jemanden, der - warum auch immer - an Gott glauben möchte. Auf denjenigen zielt doch eigentlich die für diesen Menschen womöglich traurige Ansage: "Sorry, auf dem Wege der intellektuellen Redlichkeit kommst du über den Status eines Agnostikers nicht hinaus. Mehr is nich bzw. gibt es nur auf unredlichen Wegen. Sag dazu "ja" und ich nenne dich gerne Christ, Moslem oder was auch immer."

#184:  Autor: Silberling BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:04
    —
Gerade die Quantentheorie spielt mit Bezug auf Realität, Wirklichkeit und Paradigmenwechsel eine entscheidende Rolle:

http://www.gold-dna.de/updatejan.html#i2012II

Dazu noch zwei Zitate:

''Das Jenseits ist die wahre Wirklichkeit des Diesseits.''

''Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft. Wir fühlen, daß selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unser Problem noch gar nicht berührt ist. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.''

Gruß Silberling

#185:  Autor: AlchemistWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:14
    —
Silberling hat folgendes geschrieben:
Gerade die Quantentheorie spielt mit Bezug auf Realität, Wirklichkeit und Paradigmenwechsel e

''Das Jenseits ist die wahre Wirklichkeit des Diesseits.''



Und nachts ist es kälter als draußen!

noc

#186:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:16
    —
Silberling hat folgendes geschrieben:

''Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft. Wir fühlen, daß selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unser Problem noch gar nicht berührt ist. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.''

Vielleicht fehlt dir einfach nur ein warmes Fußbad.

#187:  Autor: NaastikaWohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:30
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Silberling hat folgendes geschrieben:

''Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft. Wir fühlen, daß selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unser Problem noch gar nicht berührt ist. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.''

Vielleicht fehlt dir einfach nur ein warmes Fußbad.



Oder kalte Dusche.

#188:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:38
    —
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Die Aussage ist ja in letzter Konsequenz nicht "Ich halte die Gottesfrage für unentscheidbar", sondern "Du müsstest die Gottesfrage für unentscheidbar halten".

wenn Du entscheidbar geschrieben hättest, würde ich Dir zustimmen.

#189:  Autor: HeizölrückstoßabdämpfungWohnort: Stralsund BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:40
    —
Naastika hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Silberling hat folgendes geschrieben:

''Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft. Wir fühlen, daß selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unser Problem noch gar nicht berührt ist. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.''

Vielleicht fehlt dir einfach nur ein warmes Fußbad.



Oder kalte Dusche.


Ich empfehle eher einen Sprachkurs: "Kommunikation unter Verwendung aussagekräftiger Sätze ohne Schwafeleien, Worthülsen und leere Phrasen."

#190:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:41
    —
Ist eigentlich die Weihnachtsmannfrage entscheidbar? Am Kopf kratzen

#191:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:41
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Die Aussage ist ja in letzter Konsequenz nicht "Ich halte die Gottesfrage für unentscheidbar", sondern "Du müsstest die Gottesfrage für unentscheidbar halten".

wenn Du entscheidbar geschrieben hättest, würde ich Dir zustimmen.

Das ist einer deiner Irrtümer. Viele Gläubige halten die "Gottesfrage", genauer gesagt ihre Gottesfrage für nicht entscheidbar, vertrauen aber darauf. DAS ist Glauben.

#192:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:42
    —
Fake hat folgendes geschrieben:
Ist eigentlich die Weihnachtsmannfrage entscheidbar? Am Kopf kratzen

Ja, klar! Hast du letztes Jahr nichts bekommen? zwinkern

#193:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:43
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn es eines Beweises für die Nutzlosigkeit von Philosophie bedurft hätte, dieser Thread ist es.

kann sein, dass sie nicht den Nutzen hat, den Du gerne hättest.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Manche hier kommen mir vor wie verhinderte Gläubige.

Dir kann man das nicht vorwerfen, Du hast Dich ja schon als Gläubiger geoutet. Du würdest ja Deinen Unglauben als Glauben noch weiter haben, selbst wenn es Götter gäbe.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Sie würden ja gerne, wenn ihnen jemand nur den Anschein eines Arguments liefern würde. Ich wünsche euch noch viel Vergnügen. :wink:

Vergiss nicht, dass der Agnostiker genauso gern Atheist werden würde, wenn der Anschein eines Arguments vorliegen würde.

Agnostiker ist man doch nur, weil diese Argumente fehlen.

#194:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:44
    —
Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Silberling hat folgendes geschrieben:

''Der Trieb zum Mystischen kommt von der Unbefriedigtheit unserer Wünsche durch die Wissenschaft. Wir fühlen, daß selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unser Problem noch gar nicht berührt ist. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.''

Vielleicht fehlt dir einfach nur ein warmes Fußbad.



Oder kalte Dusche.


Ich empfehle eher einen Sprachkurs: "Kommunikation unter Verwendung aussagekräftiger Sätze ohne Schwafeleien, Worthülsen und leere Phrasen."

Dann kannst du diesen Thread komplett in die Tonne treten, inklusiver aller, die sich mit Religion, Philosophie und Metaphysik beschäftigen - um nur ein paar zu nennen. Welch eine Zeitersparnis! Lachen

#195:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 11:51
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Die Aussage ist ja in letzter Konsequenz nicht "Ich halte die Gottesfrage für unentscheidbar", sondern "Du müsstest die Gottesfrage für unentscheidbar halten".

wenn Du entscheidbar geschrieben hättest, würde ich Dir zustimmen.

Das ist einer deiner Irrtümer.

nein.

Müsste eigentlich klar werden, wenn Du das, was ich zitiert habe, noch einmal liest. Du kannst dem Agnostiker zeigen, dass es einen Gott gibt. Dann wird er Theist. Oder beweisen, dass es keinen Gott gibt. Dann wird er Atheist. Das war dann die epistemische Ebene.

Du kannst ihn wahlweise auch fragen, was er glaubt, oder wie er lebt. Das hängt möglicherweise davon ab, wie plausibel er die Antwortversuche auf die obige Frage einschätzt. Dann begründet er, warum er sich wie entschieden hat.

#196:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 12:12
    —
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Relevant ist sie dagegen für jemanden, der - warum auch immer - an Gott glauben möchte. Auf denjenigen zielt doch eigentlich die für diesen Menschen womöglich traurige Ansage: "Sorry, auf dem Wege der intellektuellen Redlichkeit kommst du über den Status eines Agnostikers nicht hinaus. Mehr is nich bzw. gibt es nur auf unredlichen Wegen. Sag dazu "ja" und ich nenne dich gerne Christ, Moslem oder was auch immer."

Na so traurig - hat man manchmal den Eindruck - ist das für die gar nicht unbedingt, wenn sie mal wieder mit Vergnügen Intellekt und Redlichkeit hintanstellen und propagieren ihr Gott sei auf diesem Wege gar nicht erfassbar. Irgendwie hab ich den Eindruck man steht ein bisschen auf verlorenem Posten, wenn man Dreistigkeiten wie z.B. der Verstand sei anders als der Glaube für tiefere Erkenntnisse gar nicht zugänglich, damit begegnet intellektuelle Redlichkeit einzufordern. Ich denke man kann sogar mit Fug und Recht behaupten, dass diese in einem Weltbild, in dem einfältige Frömmigkeit eine hohe Tugend ist, einen eher untergeordneten Stellenwert einnimmt und das Bekenntnis zu ihr mehr als ein Agreement zugunsten einer weiterhin ernsthaften Auseinandersetzung in Donaldistik nichts bringt. Ich meine man sollte sich da nichts vormachen, die Zeiten in denen versucht wurde über die Erkenntnisse der Vernunft zu Gott zu gelangen gehören heute doch eher der Vergangenheit an, der moderne Theismus ist mehr oder weniger geprägt von der Verherrlichung beschränkter Fähigkeiten und Unwissenheit, die überhaupt den Raum erst schafft für sedierende Träumereien und Sehnsüchte. Und im gewöhnlichen Falle läuft es oft noch auf einen plumpen Relativismus hinaus, der meinem unbeschwerten Desinteresse nicht selten penetrant doch noch Gewicht abverlangt.

#197:  Autor: Effô TisettiWohnort: 75 BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 12:39
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Die Aussage ist ja in letzter Konsequenz nicht "Ich halte die Gottesfrage für unentscheidbar", sondern "Du müsstest die Gottesfrage für unentscheidbar halten".

wenn Du entscheidbar geschrieben hättest, würde ich Dir zustimmen.


Mein Punkt war: Wenn sie so formuliert wurde, dass sie unentscheidbar ist (aka "philosophischer Gott"), ist das nicht mein Problem, sondern das des Fragestellers. Eigentlich muss ich kein Wort dafür haben muss, dass irgendwelche andere Menschen mit durchsichtig teleologischer Motivation unentscheidbare Fragen formulieren. Wenn sie beantwortbar sind, kann ich diesen kleinen Hilfsdienst gerne erbringen. Muss ich aber eigentlich auch nicht. Ich muss mich zur Gottesfrage überhaupt nur aus kommunikationspsychologischen Motiven heraus verhalten, nicht aus erkenntnistheoretischen. Und exakt da ist man wieder bei der Hilfskonstruktion des "pragmatischen Atheisten", den man dann gleich wieder als erkenntnistheoretische Marmelade aufs Brot geschmiert bekommt. Und abwechselnd hüpft man dann immer wieder über das eine oder jeweils andere Stöckchen, das einem die Gläubigen oder ihre korinthenkackenden Hilfssherrifs aus der säkularen Szene hinhalten. Das ist die eigentliche Zumutung.

#198:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 12:48
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn es eines Beweises für die Nutzlosigkeit von Philosophie bedurft hätte, dieser Thread ist es.

kann sein, dass sie nicht den Nutzen hat, den Du gerne hättest.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Manche hier kommen mir vor wie verhinderte Gläubige.

Dir kann man das nicht vorwerfen, Du hast Dich ja schon als Gläubiger geoutet. Du würdest ja Deinen Unglauben als Glauben noch weiter haben, selbst wenn es Götter gäbe.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Sie würden ja gerne, wenn ihnen jemand nur den Anschein eines Arguments liefern würde. Ich wünsche euch noch viel Vergnügen. zwinkern

Vergiss nicht, dass der Agnostiker genauso gern Atheist werden würde, wenn der Anschein eines Arguments vorliegen würde.

Agnostiker ist man doch nur, weil diese Argumente fehlen.

Ich grüble jetzt, was darauf die geeignete Antwort ist. Es werden hier Begriffe verwendet, die sich auf die Vorstellungen von Gläubigen beziehen, die also die hier Schreibenden nicht teilen. Es scheint mir ein typisches Beispiel für eine Strohmann-Debatte zu sein.

Man beschreibt nicht, was Glauben ist, sondern was er nach Ansicht der hier Anwesenden zu sein hätte. Man diskutiert die mögliche oder unmögliche Existenz von Göttern, an die hier offenbar sowieso keiner glaubt, sowie die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, sich dazu eine Meinung zu bilden, obwohl jeder längst dazu eine hat, ohne auch nur den Gedanken zu erwägen, was Debatten über 'Existenz' bei einer transzendenten Gottesvorstellung überhaupt für einen Sinn machen.

Wenn eine solche Diskussion einen Sinn machen sollte, müßte man sie mit Gläubigen führen, aber von denen hat man ja gerade erst wieder einen vertrieben. So langsam gehen uns die Kanditaten aus. Umso weniger verstehe ich die Verbissenheit der Debatte, ob man ein "starker", "schwacher" oder "halbstarker" Atheist oder Agnostiker sei. Gibt es hier ein Identitätsproblem? Ich verstehe mich nicht als Atheist, verwende und akzeptiere es höchstens als Fremdbezeichnung in einer Debatte mit Religiösen, aber Religiöses hat in meinem Leben keine Bedeutung, wo es nicht von außen herangetragen wird. Geht euch das anders? Es klingt fast so.

#199:  Autor: Fake BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 13:51
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Geht euch das anders?

Mir gehts genauso. Aber ich glaube es geht hier um etwas anderes. Die meisten Menschen (zumindest in Deutschlad) glauben de facto nicht an Gott. Gleichzeitig sind sie aber zu feige es zuzugeben. Das führt zu einer Überrepresentation von Religion in unserer Gesellschaft. Und das ist es, was bereits geoutete Atheisten stört. Es geht um die Angst davor, seine eigene Überzeugung zuerst sich selber einzugestehen und dann nach außen zu tragen. Was viele Menschen als "kritisch" bezeichnen ist in Wahrheit nur Feigheit. Der Glaube an Gott ist doch im Grunde eine digitale Angelegenheit: entweder man glaubt dran oder nicht. Dass es trotzdem so viele begriffliche Grauzonen gibt, liegt daran, dass sich die Menschen nicht festlegen möchten. Sie möchten möglichst keine Position einnehmen (müssen). Schließlich droht im Hintergrund immer das Restrisiko Gott mit ewigen Höllenqualen...

Die Frage lautet eigentlich, ob man Menschen argumentativ zu einem Outing zwingen darf oder ob man ihre Feigheit zu tolerieren hat. Das hat erstaunlich wenig mit Religion zu tun. Es geht viel mehr um unser Verständnis von Demokratie und der Verantwortlichkeit des Einzelnen für die Allgemeinheit.

#200:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 14:02
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Du kannst dem Agnostiker zeigen, dass es einen Gott gibt. Dann wird er Theist. Oder beweisen, dass es keinen Gott gibt. Dann wird er Atheist. Das war dann die epistemische Ebene.

Oder ich bitte ihn zu beweisen, daß es keine Zahnfee gibt. Vielleicht sieht er die Analogie und gibt seinen Aber-vielleicht-doch-Agnostizismus zugunsten einer Haltung auf.

Ich möchte nochmal wiederholen: Den für alle auf die Welt bezogenen Modelle geltende Letztunsicherheitsvorbehalt ausgerechnet im Fall von Gott zu einer demütigen Unentscheidbarkeit bzw. einem "epistemischen Agnostizismus" aufzublasen, halte ich für logisch inkonsistent und überflüssig.

#201: Re: Bernulf Kanitscheider: Bekenntnis zum Atheismus Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 14:08
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Er kann sich 100%ig sicher sein und behaupten/glauben zu wissen, dass es keine Götter gibt, aber es muss es nicht. (Nichtsdestoweniger sollte die subjektive Gewissheit, grob gesagt, >80% sein, da man sonst nur ein quasipositiver, skeptischer oder auch nur ein agnostisch neutraler Atheist ist.)

dann irre ich mich wohl wirklich. Ich dachte, eine (Nicht)Existenzbehauptung müsste durch Argumente belegt werden, nicht durch ein bestimmtes Maß an Glauben.

#202:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 14:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Du kannst dem Agnostiker zeigen, dass es einen Gott gibt. Dann wird er Theist. Oder beweisen, dass es keinen Gott gibt. Dann wird er Atheist. Das war dann die epistemische Ebene.

Oder ich bitte ihn zu beweisen, daß es keine Zahnfee gibt. Vielleicht sieht er die Analogie und gibt seinen Aber-vielleicht-doch-Agnostizismus zugunsten einer Haltung auf.

wenn Dir der Unterschied zwischen Spaghetti-Monster, Zahnfee etc. und dem, was man unter 'Gott' in der Gottesfrage versteht, nicht klar ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.

Oder muss ich jetzt darüber spekulieren, was Atheisten dazu bringt, so sauer zu werden, falls sie nur Glaube an keinen Gott aufweisen können und säuerlich werden, wenn ihnen klar wird, dass das Konsequenzen haben könnte?

#203:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 14:14
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Du kannst dem Agnostiker zeigen, dass es einen Gott gibt. Dann wird er Theist. Oder beweisen, dass es keinen Gott gibt. Dann wird er Atheist. Das war dann die epistemische Ebene.

Oder ich bitte ihn zu beweisen, daß es keine Zahnfee gibt. Vielleicht sieht er die Analogie und gibt seinen Aber-vielleicht-doch-Agnostizismus zugunsten einer Haltung auf.

Ich möchte nochmal wiederholen: Den für alle auf die Welt bezogenen Modelle geltende Letztunsicherheitsvorbehalt ausgerechnet im Fall von Gott zu einer demütigen Unentscheidbarkeit bzw. einem "epistemischen Agnostizismus" aufzublasen, halte ich für logisch inkonsistent und überflüssig.


So ist es. In der akademischen Philosophie steht alles Wissen unter Fallibitätsvorbehalt, in der Wissenschaft sowieso. Ich benötige keine agnostische Position, um diesen Sachverhalt zum Ausdruck zu bringen, er ist in allen Tatsachenaussagen eingepreist. Selbstverständlich ist auch die Tatsachenaussage: "Der letzte gemeinsame Vorfahr allen Lebens war kein Vielzeller" fehlbar, dennoch sind alle Biologen "A-Vielzelleristen". Wollte man jede Tatsachenaussage agnostisch aufweichen, kämen weder Wissenschaft noch Philosophie je auf einen grünen Zweig.

#204: Re: Bernulf Kanitscheider: Bekenntnis zum Atheismus Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 14:27
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Zitat:

Spektrum: Würden Sie also sagen, ein konsequenter Atheismus wäre ehrlicher als ein Agnostizismus?
Kanitscheider: Ja. Methodisch gehen wir in der Wissenschaft genauso vor.


Viele bevorzugen die Bezeichnung "Agnostiker" allein deshalb, weil sie irrtümlicherweise annehmen, dass der positive Atheismus 100%ige (subjektive) Gewissheit erfordere und eine Wissensbehauptung darstelle.
Jene Leute müssen darüber aufgeklärt werden, dass dies nicht zutrifft.


Das hat sich doch wirklich inzwischen herumgesprochen, selbst Richard Dawkins räumt das ein. Aber es war schon immer eine Verlockung, den Atheismus mit Strohmann-Argumenten zu bekämpfen:

http://www.youtube.com/watch?v=JEjQPDDQ608

Kann sein, dass sich Agnostiker von solchen Menschen zu sehr vor sich hertreiben lassen.

#205:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 14:58
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

wenn Dir der Unterschied zwischen Spaghetti-Monster, Zahnfee etc. und dem, was man unter 'Gott' in der Gottesfrage versteht, nicht klar ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.


Was ist denn der Unterschied?

#206:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 15:08
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

wenn Dir der Unterschied zwischen Spaghetti-Monster, Zahnfee etc. und dem, was man unter 'Gott' in der Gottesfrage versteht, nicht klar ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.


Was ist denn der Unterschied?


An Zahnfeen glauben nur einige Kinder in einigen wenigen Ländern, an "Gott" glaubt die ganze Welt. Und wenn jeder daran glaubt und internationale Konferenzen zu dem Thema abgehalten werden, könnte was dran sein.


Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 17.02.2012, 15:10, insgesamt einmal bearbeitet

#207: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 15:09
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Kramer!


Kramer hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

'Ontisch' bezieht sich auf die Aussage, nicht auf das Argument.

Das verstehe ich nicht. Wozu bestehst Du dann auf der Unterscheidung zwischen ontischen und epistemischen Argumenten in der Gottesfrage, wenn es immer um die ontische Aussage "Gott existiert" geht?


'Ontisch' bezieht sich genauer auf die Berücksichtigung des Existenzquantors. Der Satz "Götter existieren" ist natürlich eine Aussage, aber kein Argument. Lässt sich für eine Aussage kein Argument finden, bleibt es bei einer Behauptung (hier: Existenzbehauptung). Epistemik kann es nur über einen Prozess - der Generierung von Argumenten - geben.

danke, besser hätte ich es kaum formulieren können. Ich hätte nur statt 'Götter' einen anderen Begriff, beispielsweise 'Gott der Philosophen' oder nur 'Gott' geschrieben.


Wenn das so ist, dann ergibt der ganze Wirbel, den Du hier um Entik und Opistomie verunstaltest überhaupt keinen Sinn. Nichts als Rauchbomben.

#208: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 15:14
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Entik und Opistomie verunstaltest


Jetzt zieh' doch nicht auch noch Freud in Deinen (epistemisch nachvollziehbaren) Frust-Kommentar rein... Mr. Green

#209: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 15:31
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Ich habe in diesem Forum sehr viele sehr plausible Aussagen gefunden, die es als sehr vernünftig erscheinen lassen, nicht von der Existenz eines Gottes auszugehen. Aber bisher habe ich noch kein Argument gefunden, das die Möglichkeit der Existenz eines Gottes widerlegt

Das ist ein pragmatisches Problem, aber kein prinzipielles, kein ontologisches und kein epistemisches. Gott ist weder ein ontologisches noch ein epistemisches Phänomen, sondern ein Objekt des Glaubens.


Hier ist ein solches Argument zugunsten des superpositiven Atheismus in seiner schlichtesten Form:

1. Der Begriff eines reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer reinen Seele, einer spirituellen Substanz ist ungereimt und unverständlich.
(1* Der Begriff eines außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen Seele, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen spirituellen Substanz ist noch viel ungereimter und unverständlicher: er ist völlig unsinnig.)
2. Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben.

"Der 'reine Geist' ist eine reine Dummheit: rechnen wir das Nervensystem und die Sinne ab, die 'sterbliche Hülle', so verrechnen wir uns — weiter nichts! ..."

(Nietzsche, Der Antichrist, §14)


Wenn Du: "Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben" ersetzst durch: "Es existiert zwar die logische Möglichkeit, dass spirituelle Substanzen wie Gott existieren, aber nach allem, was wir bisher wissen, existiert dieser Gott nicht", ist das Argument korrekt.

Es entspricht gerade dem Wesen des "methodischen Skeptizismus", die ontologische Nullhypothese so lange zu vertreten, bis der Kontrahent gute Gründe für eine umfassendere Ontologie benennen kann. Bislang ist es eben so, dass noch niemand ein Stück "körperlosen Geist" gesehen hat und nicht mal theoretisch formulieren kann, wie diese Form der Interaktion zwischen "körperlosem Geist" und "Körpern" aussehen könnte. Nietzsche hat also durchaus Recht mit dem, was er hier sagt.

#210: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 15:48
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wenn Du: "Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben" ersetzst durch: "Es existiert zwar die logische Möglichkeit, dass spirituelle Substanzen wie Gott existieren, aber nach allem, was wir bisher wissen, existiert dieser Gott nicht", ist das Argument korrekt.

Es entspricht gerade dem Wesen des "methodischen Skeptizismus", die ontologische Nullhypothese so lange zu vertreten, bis der Kontrahent gute Gründe für eine umfassendere Ontologie benennen kann. Bislang ist es eben so, dass noch niemand ein Stück "körperlosen Geist" gesehen hat und nicht mal theoretisch formulieren kann, wie diese Form der Interaktion zwischen "körperlosem Geist" und "Körpern" aussehen könnte. Nietzsche hat also durchaus Recht mit dem, was er hier sagt.


Was ich mich immer wieder frage: Was antworten "ontologische Idealisten" auf die Frage, in welchen außerweltlichen Regionen sich der "körperlose Geist" verirrt hat, während man in Vollnarkose liegt, und wo befand sich der "eigene Geist" vor 100 oder vor 2 Milliarden Jahren?

Ich nehme an, die meisten Mitlesenden kennen das Phänomen: Selbst, wenn man aus einer mehrstündigen OP erwacht, erscheint es subjektiv so, als hätte es den Zeitraum zwischen "Einschlafen" und "Aufwachen" nicht gegeben. Das Erwachen folgt unmittelbar auf die Injektion des Narkosemittels. (IMAO könnte man den eigenen Tod veranschaulichen, indem man in Gedanken die Operationszeit T = unendlich setzt). Kurz: Sobald im Neokortex keine kontrollierte Informationsbearbeitung mehr zustande kommt, erlöscht das Bewusstsein. Was bringt Menschen, die um diese Tatsache wissen, dazu, anderes zu glauben - und weshalb sollte man in dieser Frage eine "agnostisch unentschiedene" Position einnehmen?

#211:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:08
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

wenn Dir der Unterschied zwischen Spaghetti-Monster, Zahnfee etc. und dem, was man unter 'Gott' in der Gottesfrage versteht, nicht klar ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.


Was ist denn der Unterschied?

habe ich doch hier schon geschrieben.

#212: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:18
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wenn das so ist, dann ergibt der ganze Wirbel, den Du hier um Entik und Opistomie verunstaltest überhaupt keinen Sinn. Nichts als Rauchbomben.

das Leben hat den Sinn, den wir ihm geben.

Können wir uns darauf einigen?

#213:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:20
    —
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Ich muss mich zur Gottesfrage überhaupt nur aus kommunikationspsychologischen Motiven heraus verhalten, nicht aus erkenntnistheoretischen. Und exakt da ist man wieder bei der Hilfskonstruktion des "pragmatischen Atheisten", den man dann gleich wieder als erkenntnistheoretische Marmelade aufs Brot geschmiert bekommt. Und abwechselnd hüpft man dann immer wieder über das eine oder jeweils andere Stöckchen, das einem die Gläubigen oder ihre korinthenkackenden Hilfssherrifs aus der säkularen Szene hinhalten. Das ist die eigentliche Zumutung.

es tut mir wirklich aufrichtig leid, dass Du Dich gezwungen siehst, über Stöckchen zu springen.

#214:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:21
    —
Für mich liegt der einzige Unterschied in dem Einfluß,den der Glaube an diese Phantasiegestalten auf die Gesellschaft hat.

#215:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:30
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

wenn Dir der Unterschied zwischen Spaghetti-Monster, Zahnfee etc. und dem, was man unter 'Gott' in der Gottesfrage versteht, nicht klar ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.


Was ist denn der Unterschied?

habe ich doch hier schon geschrieben.


Das sind aber keine neuen Argumente, nur alte, die schon längst widerlegt sind.

#216: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:31
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wenn das so ist, dann ergibt der ganze Wirbel, den Du hier um Entik und Opistomie verunstaltest überhaupt keinen Sinn. Nichts als Rauchbomben.

das Leben hat den Sinn, den wir ihm geben.

Können wir uns darauf einigen?


Ja. Aber was hat das mit dem Thema zu tun?

#217:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:32
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Das sind aber keine neuen Argumente, nur alte, die schon längst widerlegt sind.

was meinst Du in diesem Kontext mit 'Widerlegung'?

#218:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:33
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

wenn Dir der Unterschied zwischen Spaghetti-Monster, Zahnfee etc. und dem, was man unter 'Gott' in der Gottesfrage versteht, nicht klar ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.


Was ist denn der Unterschied?

habe ich doch hier schon geschrieben.


Formuliere doch mal ein Argument, inwiefern begründen diese "Unterschiede" die Existenzhypothese "Gottes" besser als die Existenzhypothese "Zahnfee"?

#219: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:35
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wenn das so ist, dann ergibt der ganze Wirbel, den Du hier um Entik und Opistomie verunstaltest überhaupt keinen Sinn. Nichts als Rauchbomben.

das Leben hat den Sinn, den wir ihm geben.

Können wir uns darauf einigen?


Ja. Aber was hat das mit dem Thema zu tun?

in etwa das, was Entik und Opistomie damit zu tun haben könnten.

#220:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 17:44
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Das sind aber keine neuen Argumente, nur alte, die schon längst widerlegt sind.

was meinst Du in diesem Kontext mit 'Widerlegung'?


Der Gott der Philosophen ist eine unbrauchbare Annahme, die keine Probleme löst, sondern nur weitere Probleme schafft.

#221: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 18:33
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Hier ist ein solches Argument zugunsten des superpositiven Atheismus in seiner schlichtesten Form:

1. Der Begriff eines reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer reinen Seele, einer spirituellen Substanz ist ungereimt und unverständlich.
(1* Der Begriff eines außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen (körperlos-stofflosen) Geistes, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen reinen Seele, einer außerräumlichen/außerraumzeitlichen spirituellen Substanz ist noch viel ungereimter und unverständlicher: er ist völlig unsinnig.)
2. Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben.

für mich liest sich das so überzeugend wie der ontologische Beweis. Geht ein wenig in Richtung Hybris: Die 'Welt' hat sich gefälligst nach meiner Logik zu richten.


Soll das ein Gegenargument sein?!
Dass der Begriff einer spirituellen Substanz, inbesondere einer außerräumlich/außerraumzeitlichen, ein Unbegriff ist, ist ein sehr guter Grund für die Annahme, dass darunter nichts Wirkliches fallen kann. Warum dieser Begriff ein Unbegriff ist, kann ausführlich erläutert werden.

#222: Re: Bernulf Kanitscheider: Bekenntnis zum Atheismus Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 18:44
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Er kann sich 100%ig sicher sein und behaupten/glauben zu wissen, dass es keine Götter gibt, aber es muss es nicht. (Nichtsdestoweniger sollte die subjektive Gewissheit, grob gesagt, >80% sein, da man sonst nur ein quasipositiver, skeptischer oder auch nur ein agnostisch neutraler Atheist ist.)

dann irre ich mich wohl wirklich. Ich dachte, eine (Nicht)Existenzbehauptung müsste durch Argumente belegt werden, nicht durch ein bestimmtes Maß an Glauben.


Es geht im Obigen nur um eine Klassifikation und darum, was einen zum positiven Atheisten macht.

#223: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 18:53
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Wenn Du: "Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben" ersetzst durch: "Es existiert zwar die logische Möglichkeit, dass spirituelle Substanzen wie Gott existieren, aber nach allem, was wir bisher wissen, existiert dieser Gott nicht", ist das Argument korrekt.


Wenn Gott nicht existieren kann, dann folgt daraus, dass er nicht existiert.
Logische Möglichkeit besteht in nichts weiter als der formalen Nichtwidersprüchlichkeit von Aussagesätzen. Doch selbst wenn diese gegeben ist, folgt daraus nicht die ontologische/metaphysische Möglichkeit des Fraglichen. Wenn ich sage, dass Gott oder reine Geister/Seelen allgemein nicht existieren können, dann ist damit die ontologische/metaphysische Daseinsunmöglichkeit gemeint.

#224: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 18:56
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Bislang ist es eben so, dass noch niemand ein Stück "körperlosen Geist" gesehen hat…


Was nicht wundernimmt, da körperlose Geister/Seelen unsichtbar sind (bzw. wären, wenn es sie gäbe).

#225: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 19:00
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Wenn Du: "Folglich kann es keine spirituellen Substanzen wie Gott geben" ersetzst durch: "Es existiert zwar die logische Möglichkeit, dass spirituelle Substanzen wie Gott existieren, aber nach allem, was wir bisher wissen, existiert dieser Gott nicht", ist das Argument korrekt.


Wenn Gott nicht existieren kann, dann folgt daraus, dass er nicht existiert.
Logische Möglichkeit besteht in nichts weiter als der formalen Nichtwidersprüchlichkeit von Aussagesätzen. Doch selbst wenn diese gegeben ist, folgt daraus nicht die ontologische/metaphysische Möglichkeit des Fraglichen. Wenn ich sage, dass Gott oder reine Geister/Seelen allgemein nicht existieren können, dann ist damit die ontologische/metaphysische Daseinsunmöglichkeit gemeint.


Die Frage war doch, ob man argumentativ zeigen konnte, die sie tatsächlich nicht existieren können... "Logische Möglichkeit" heißt "Denkmöglichkeit". Und Götter, Geister, seelenlose Wesen sind und bleiben denkmöglich. Daraus folgt, dass deren Existenz nicht widerlegbar ist. Aber wir brauchen uns nicht über solche Feinheiten zu streiten, wird sind uns doch einig, dass das Nietzsche-Zitat korrekt ist. Ich wollte nur das Argument des "superpositiven Atheismus in seiner schlichtesten Form" etwas korrigieren.

#226: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 19:02
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Bislang ist es eben so, dass noch niemand ein Stück "körperlosen Geist" gesehen hat…


Was nicht wundernimmt, da körperlose Geister/Seelen unsichtbar sind (bzw. wären, wenn es sie gäbe).


Dann nimm halt "detektieren" statt "sehen", oder meinetwegen auch "theoretisch erklären"...

#227: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 19:08
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Die Frage war doch, ob man argumentativ zeigen konnte, die sie tatsächlich nicht existieren können... "Logische Möglichkeit" heißt "Denkmöglichkeit". Und Götter, Geister, seelenlose Wesen sind und bleiben denkmöglich.


Wenn "denkmöglich" "stimmig denkbar" bedeutet und stimmige Denkbarkeit als Beleg für metaphysische/ontologische Möglichkeit gilt, dann widerspreche ich dir, weil ich reine Geister/Seelen eben nicht für stimmig denkbar halte.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Daraus folgt, dass deren Existenz nicht widerlegbar ist. Aber wir brauchen uns nicht über solche Feinheiten zu streiten, wird sind uns doch einig, dass das Nietzsche-Zitat korrekt ist. Ich wollte nur das Argument des "superpositiven Atheismus in seiner schlichtesten Form" etwas korrigieren.


Wie gesagt, die Prämisse, dass der Begriff eines reinen Geistes ein Unbegriff ist, kann ausführlich erläutert werden.

#228: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 19:13
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Die Frage war doch, ob man argumentativ zeigen konnte, die sie tatsächlich nicht existieren können... "Logische Möglichkeit" heißt "Denkmöglichkeit". Und Götter, Geister, seelenlose Wesen sind und bleiben denkmöglich.


Wenn "denkmöglich" "stimmig denkbar" bedeutet und stimmige Denkbarkeit als Beleg für metaphysische/ontologische Möglichkeit gilt, dann widerspreche ich dir, weil ich reine Geister/Seelen eben nicht für stimmig denkbar halte.


Mit anderen Worten, Du bist ein "starker Atheist" in dem Sinn, dass Du die Existenz von Gott von vorn herein für unmöglich hältst. Das ist doch mal was anderes, das hatten wir bislang noch nicht (edit: seitens eines ontologischen Realisten).

#229:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 19:57
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Das sind aber keine neuen Argumente, nur alte, die schon längst widerlegt sind.

was meinst Du in diesem Kontext mit 'Widerlegung'?


Der Gott der Philosophen ist eine unbrauchbare Annahme, die keine Probleme löst, sondern nur weitere Probleme schafft.

ist das ein Argument gegen eine ontische Aussage?

Dass auch ich pragmatischer Atheist, unter anderem auch aus dem von Dir genannten Grund, bin, sollte eigentlich klar sein.

#230: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 19:59
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
für mich liest sich das so überzeugend wie der ontologische Beweis. Geht ein wenig in Richtung Hybris: Die 'Welt' hat sich gefälligst nach meiner Logik zu richten.


Soll das ein Gegenargument sein?!

ja. Aber wir hatten das ja schon in einem anderen Forum diskutiert, in der gleichen Besetzung.

Myron hat folgendes geschrieben:
Dass der Begriff einer spirituellen Substanz, inbesondere einer außerräumlich/außerraumzeitlichen, ein Unbegriff ist, ist ein sehr guter Grund für die Annahme, dass darunter nichts Wirkliches fallen kann. Warum dieser Begriff ein Unbegriff ist, kann ausführlich erläutert werden.

Auf 'sehr guter Grund' können wir uns einigen. Darum bin ich pragmatischer Atheist.

Aber ich sehe nicht, dass das ein gültiges Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage ist.

#231: Re: Bernulf Kanitscheider: Bekenntnis zum Atheismus Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:00
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
dann irre ich mich wohl wirklich. Ich dachte, eine (Nicht)Existenzbehauptung müsste durch Argumente belegt werden, nicht durch ein bestimmtes Maß an Glauben.


Es geht im Obigen nur um eine Klassifikation und darum, was einen zum positiven Atheisten macht.

danke für die Klarstellung. Ich hatte das mit einem Argument verwechselt.

#232: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:11
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Mit anderen Worten, Du bist ein "starker Atheist" in dem Sinn, dass Du die Existenz von Gott von vorn herein für unmöglich hältst. Das ist doch mal was anderes, das hatten wir bislang noch nicht (edit: seitens eines ontologischen Realisten).


Ich bin ein starker Naturalist, der Geister/Seelen grundsätzlich für "Unwesen" hält. Ich bestreite, dass es eine ontologisch mögliche Welt gibt, worin welche existieren.

#233:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:17
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

ist das ein Argument gegen eine ontische Aussage?


Keine Ahnung, da müsste man vorher erstmal prüfen, ob Existenzaussagen über Gott überhaupt ontische Aussagen sind, also ob Gott überhaupt Gegenstand der Ontologie ist. Wer meint, dass Gott ontologisch nicht zu widerlegen ist und daraus irgendwelche Konsequenzen zieht, der müsste erstmal zeigen, dass die Ontologie überhaupt für Gott zuständig ist.

#234: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:19
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Auf 'sehr guter Grund' können wir uns einigen. Darum bin ich pragmatischer Atheist.
Aber ich sehe nicht, dass das ein gültiges Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage ist.


Ich halte das Argument für stichhaltig, auch wenn es keine formallogische reductio ad absurdum ist.
(Ich bestreite, dass formallogische Nichtwidersprüchlichkeit sowohl eine notwendige als auch eine hinreichende Bedingung für ontologische Möglichkeit ist.)

#235:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:23
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:

Keine Ahnung, da müsste man vorher erstmal prüfen, ob Existenzaussagen über Gott überhaupt ontische Aussagen sind, also ob Gott überhaupt Gegenstand der Ontologie ist. Wer meint, dass Gott ontologisch nicht zu widerlegen ist und daraus irgendwelche Konsequenzen zieht, der müsste erstmal zeigen, dass die Ontologie überhaupt für Gott zuständig ist.


Die Ontologie befasst sich mit ontologischen Kategorien wie |Substanz|. Und diese Kategorie ist traditionell in zwei Unterkategorien aufgeteilt: |materielle Substanz| und |immaterielle/spirituelle Substanz|. Da Gott unter letztere Kategorie fällt, ist eine ontologische Analyse derselben von höchster Bedeutung für die Frage nach der wirklichen oder möglichen Existenz Gottes.

#236: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:28
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Mit anderen Worten, Du bist ein "starker Atheist" in dem Sinn, dass Du die Existenz von Gott von vorn herein für unmöglich hältst. Das ist doch mal was anderes, das hatten wir bislang noch nicht (edit: seitens eines ontologischen Realisten).


Ich bin ein starker Naturalist, der Geister/Seelen grundsätzlich für "Unwesen" hält. Ich bestreite, dass es eine ontologisch mögliche Welt gibt, worin welche existieren.


Das bestreite ich auch, aber ich stelle meinen Standpunkt unter Irrtumsvorbehalt.

Was gibt Dir die Sicherheit, dass Götter nicht existieren können? Soweit ich weiß, ist die Existenzhypothese Gottes (wie überhaupt aller supraturalistischer Behauptungen) doch gar nicht falsifizierbar!?


Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 17.02.2012, 20:29, insgesamt einmal bearbeitet

#237: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:29
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Auf 'sehr guter Grund' können wir uns einigen. Darum bin ich pragmatischer Atheist.
Aber ich sehe nicht, dass das ein gültiges Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage ist.


Ich halte das Argument für stichhaltig, auch wenn es keine formallogische reductio ad absurdum ist.
(Ich bestreite, dass formallogische Nichtwidersprüchlichkeit sowohl eine notwendige als auch eine hinreichende Bedingung für ontologische Möglichkeit ist.)

schön, dass wir uns im letzten Punkt einig sind (auch wenn Dir meine diesbezügliche Formulierung, dass das Hybris wäre, nicht gefallen hat, kann sein, dass wir aus unterschiedlichen Gründen zur selben Auffassung gelangt sind).

Was meinst Du mit 'gültigem Argument'?

#238: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 20:38
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Auf 'sehr guter Grund' können wir uns einigen. Darum bin ich pragmatischer Atheist.
Aber ich sehe nicht, dass das ein gültiges Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage ist.


Ich halte das Argument für stichhaltig, auch wenn es keine formallogische reductio ad absurdum ist.
(Ich bestreite, dass formallogische Nichtwidersprüchlichkeit sowohl eine notwendige als auch eine hinreichende Bedingung für ontologische Möglichkeit ist.)


Nun, notwendig ist die Bedingung schon, denn logisch Widersprüchliches kann nicht existieren. Beispielsweise kann es keinen allmächtigen Gott geben. Warum? Weil er dann Steine erschaffen können müsste, die so schwer sind, dass er sie nicht mehr heben kann. Aber wenn er das nicht mehr könnte, wäre er dann noch allmächtig?

"Allmacht" lässt sich offensichtlich nicht widerspruchsfrei denken, so dass auch Götter, die mit einer solchen Eigenschaft ausgestattet werden, nicht denkmöglich, und somit auch nicht real existent sein können. Genauso wenig kann es regnen und zugleich nicht regnen. Wie also soll logisch Widersprüchliches existent sein können?

Andererseits sehe ich kein hinreichendes Argument, um die Existenz von etwas a priori auszuschließen, was denkmöglich ist.

#239: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:00
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Das bestreite ich auch, aber ich stelle meinen Standpunkt unter Irrtumsvorbehalt.
Was gibt Dir die Sicherheit, dass Götter nicht existieren können?


Ich bin mir nicht 100%ig sicher und behaupte auch nicht zu wissen, dass Geister/Seelen nicht existieren können. 100%ige objektive Sicherheit oder Gewissheit ist in der Metaphysik nicht zu haben, was aber keineswegs bedeutet, dass es nur eine epistemologische Alternative gibt: Dogmatismus oder Neutralismus.
(Scheinbare) Vernunfteinsichten sind genauo fehlbar wie Wahrnehmungen. Doch aus Fehlbarkeit folgt nicht Falschheit.

#240: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:06
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Auf 'sehr guter Grund' können wir uns einigen. Darum bin ich pragmatischer Atheist.
Aber ich sehe nicht, dass das ein gültiges Argument hinsichtlich einer ontischen Aussage ist.


Ich halte das Argument für stichhaltig, auch wenn es keine formallogische reductio ad absurdum ist.
(Ich bestreite, dass formallogische Nichtwidersprüchlichkeit sowohl eine notwendige als auch eine hinreichende Bedingung für ontologische Möglichkeit ist.)


Nun, notwendig ist die Bedingung schon, denn logisch Widersprüchliches kann nicht existieren. Beispielsweise kann es keinen allmächtigen Gott geben. Warum? Weil er dann Steine erschaffen können müsste, die so schwer sind, dass er sie nicht mehr heben kann. Aber wenn er das nicht mehr könnte, wäre er dann noch allmächtig?

"Allmacht" lässt sich offensichtlich nicht widerspruchsfrei denken, so dass auch Götter, die mit einer solchen Eigenschaft ausgestattet werden, nicht denkmöglich, und somit auch nicht real existent sein können. Genauso wenig kann es regnen und zugleich nicht regnen. Wie also soll logisch Widersprüchliches existent sein können?

Andererseits sehe ich kein hinreichendes Argument, um die Existenz von etwas a priori auszuschließen, was denkmöglich ist.


Das Theodizee-Problem räumt auch mit der Allgüte auf. So wäre der Gott der Philosophen nicht mehr vollständig. Er kann nur noch allwissend sein. Das würde aber eine Art Allgegenwart und Zeitlosigkeit brauchen, sonst könne er Informationen erst haben wenn sie bei ihm ankommen. Es würde mich sehr wundern, wenn Allgegenwart und Zeitlosigkeit nicht auch zu Paradoxa führen würden.

#241: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:07
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Was meinst Du mit 'gültigem Argument'?


Im deduktivistischen Sinn bedeutet es entweder "folgerichtiges Argument" ("valid argument") oder "beweiskräftiges Argument" ("sound argument"), d.h. "folgerichtiges Argument mit wahren Prämissen". Folgerichtigkeit ist die rein formallogische Ableitungsgültigkeit eines Arguments.

#242: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:10
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Das bestreite ich auch, aber ich stelle meinen Standpunkt unter Irrtumsvorbehalt.
Was gibt Dir die Sicherheit, dass Götter nicht existieren können?


Ich bin mir nicht 100%ig sicher und behaupte auch nicht zu wissen, dass Geister/Seelen nicht existieren können. 100%ige objektive Sicherheit oder Gewissheit ist in der Metaphysik nicht zu haben, was aber keineswegs bedeutet, dass es nur eine epistemologische Alternative gibt: Dogmatismus oder Neutralismus.
(Scheinbare) Vernunfteinsichten sind genauo fehlbar wie Wahrnehmungen. Doch aus Fehlbarkeit folgt nicht Falschheit.

worin unterscheidet sich dann Dein Standpunkt von meinem? Aus dem, was Du schreibst, folgere ich, dass es keinen guten Grund gibt, an einen Gott zu glauben, also als Atheist zu leben. Das scheint mir eine Entscheidung für eine Position, letztlich einen Glauben, zu behinhalten, ich habe das als 'pragmatische Position' bezeichnet.

Man kann sich aber nicht sicher sein kann, ob es nicht doch einen Gott geben könnte. Das scheint mir ein epistemisches Problem zu sein, also die Einsicht, dass man keine zwingenden Argumente vorbringen kann, also keine gültige Entscheidung möglich ist.

Was spricht dagegen, das als 'Agnostizismus' zu bezeichnen?

#243: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:13
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Was meinst Du mit 'gültigem Argument'?


Im deduktivistischen Sinn bedeutet es entweder "folgerichtiges Argument" ("valid argument") oder "beweiskräftiges Argument" ("sound argument"), d.h. "folgerichtiges Argument mit wahren Prämissen". Folgerichtigkeit ist die rein formallogische Ableitungsgültigkeit eines Arguments.

okay, sehe ich auch so.

Nun stellt sich die Frage, wie Du hinsichtlich der Gottesfrage entscheiden kannst, ob es wahre Prämissen gibt. Genauer, wie Du entscheiden kannst, ob sie wahr sind. Von der weiter gehenden Frage, ob unsere Logik überhaupt in der Lage ist, einen Gott zu 'fassen' mal ganz abgesehen.

#244: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:18
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
So wäre der Gott der Philosophen nicht mehr vollständig.

Lies meine SIG. Epikur ging von der Existenz eines Gottes aus. Was meinst Du hinsichtlich des beschriebenen Gottes mit 'vollständig'? Meinst Du, der Gott Epikurs hätte etwas mit Theodizee zu tun? Bist Du sicher, dass dieser Gott personal zu denken ist?

Oder meinst Du mit 'Gott' zwingend den Christengott?

#245: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:27
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
So wäre der Gott der Philosophen nicht mehr vollständig.

Lies meine SIG. Epikur ging von der Existenz eines Gottes aus. Was meinst Du hinsichtlich des beschriebenen Gottes mit 'vollständig'? Meinst Du, der Gott Epikurs hätte etwas mit Theodizee zu tun? Bist Du sicher, dass dieser Gott personal zu denken ist?

Oder meinst Du mit 'Gott' zwingend den Christengott?


Nein, eigentlich dachte ich, ich meine den "Gott der Philosophen".

Auf http://www.sapereaude-philosophie.de/Texte/Vortraege/Der%20Gott%20der%20Philosophen.pdf heisst es auf Seite 7
Zitat:
Denn auch dieses betrifft nur bestimmte Eigenschaften, die Gott traditionell zugeschrieben werden, nämlich Allmacht, Allwissenheit und Allgüte. Wie oben schon bemerkt, ist es sehr leicht, trotz dieses Argumentes an der Existenz Gottes festzuhalten, indem man einfach eine dieser drei Eigenschaften als Gotteseigenschaft aufgibt. Glaubt man an einen Gott, der nicht alles kann, nicht alles weiß oder eben nicht unbedingt immer gütig ist, ist seine Existenz mit der des Übels und des Leidens in der Welt in jeder Hinsicht vereinbar.

Daraus habsch geschlossen, dass der Gott der Philosophen zwei der drei Eigenschaften haben muss.
Wenn man nun die anderen Eigenschaften widerlegt, wäre das widerlegt, was man laut meines sehr bescheidenen Wissens (oder Dafürhaltens),"Gott der Philosophen" nennt.

#246: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:35
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Nun stellt sich die Frage, wie Du hinsichtlich der Gottesfrage entscheiden kannst, ob es wahre Prämissen gibt. Genauer, wie Du entscheiden kannst, ob sie wahr sind. Von der weiter gehenden Frage, ob unsere Logik überhaupt in der Lage ist, einen Gott zu 'fassen' mal ganz abgesehen.


Mit objektiven Wahrheitsfeststellungen gibt es in der Philosophie bekanntlich ein gewisses epistemologisches Problem. Deshalb erheben vorsichtige Philosophen in Bezug auf die Prämissen ihrer Argumente meistens nur Ansprüche auf Wahrscheinlichkeit oder Glaubwürdigkeit (vernünftige Vertretbarkeit) anstatt auf Wahrheit.
Die (radikalen) Empiristen bezweifeln oder bestreiten, dass die reine Vernunft eine zuverlässige oder überhaupt eine echte Erkenntnisquelle ist. Sie sind auch in Bezug auf unseren intellektuellen "Modalitätssinn" sehr skeptisch, d.h. sie bezweifeln oder bestreiten, dass es über formallogische Widersprüchlichkeit/Nichtwidersprüchlichkeit hinaus einen logischen oder auch nur evidenziellen (objektiv probabilistischen) Zusammenhang zwischen dem Denkbaren/Vorstellbaren/Begreifbaren/Verstehbaren und dem Möglichen bzw. zwischen dem Undenkbaren/Unvorstellbaren/Unbegreifbaren/Unverstehbaren und dem Unmöglichen gibt.
Von diesem allgemeinen epistemologischen Problem sind aber sowohl die Antitheisten als auch die Theisten betroffen. Denn indem diese behaupten, dass Gott wirklich existiert, behaupten sie auch implizit, dass die Existenz Gottes (logisch/ontologisch) möglich ist.

Epistemology of Modality: http://plato.stanford.edu/entries/modality-epistemology/


Zuletzt bearbeitet von Myron am 17.02.2012, 21:40, insgesamt einmal bearbeitet

#247: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:39
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Man kann sich aber nicht sicher sein kann, ob es nicht doch einen Gott geben könnte. Das scheint mir ein epistemisches Problem zu sein, also die Einsicht, dass man keine zwingenden Argumente vorbringen kann, also keine gültige Entscheidung möglich ist.

Was spricht dagegen, das als 'Agnostizismus' zu bezeichnen?

Es ist auch bezüglich aller anderen Fragen, mit Ausnahme einiger Fragen in geschlossenen Kalkülen, keine gültige Entscheidung möglich.

Man wäre also - ob Du es nun wahrhaben willst oder nicht - auch (epistemischer) Zahnfee-Agnostiker.

#248:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:39
    —
Das ist mit dem Gott der Philosophen normalerweise nicht gemeint, das ist nur eine sehr spezielle Argumentation in Bezug auf die mehr oder minder christliche Theodizee.

#249: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:45
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Daraus habsch geschlossen, dass der Gott der Philosophen zwei der drei Eigenschaften haben muss.

in der von Dir zitierten Passage war nicht der 'Gott der Philosophen', sondern der Christengott, eben die 'traditionelle Vorstellung', gemeint.

#250:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:52
    —
Was ist denn der Gott der Philosophen?

#251: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 21:54
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Man kann sich aber nicht sicher sein kann, ob es nicht doch einen Gott geben könnte. Das scheint mir ein epistemisches Problem zu sein, also die Einsicht, dass man keine zwingenden Argumente vorbringen kann, also keine gültige Entscheidung möglich ist.

Was spricht dagegen, das als 'Agnostizismus' zu bezeichnen?

Es ist auch bezüglich aller anderen Fragen, mit Ausnahme einiger Fragen in geschlossenen Kalkülen, keine gültige Entscheidung möglich.

Man wäre also - ob Du es nun wahrhaben willst oder nicht - auch (epistemischer) Zahnfee-Agnostiker.

nein, denn der Begriff 'Agnostizismus' ist, wie in der Definition, die ich gepostet habe, auf einen bestimmten Kontext, eben die Gottesfrage, bezogen.

Ich kabble mich nun schon seit über 40 Jahren mit Theisten herum und ich bilde mir ein, die meisten Argumente, die es in diesem Kontext gibt, zumindest schon mal gehört zu haben. Ich sehe zwei mögliche Wege, wenn man pragmatische Lösungen wie 'was interessiert mich das ganze Geschwurbel' als gangbaren Weg in eine andere Richtung wertet. Daraus sollte aber folgen, dass man sich eher kurz fasst, denn in unserem Kontext ist das kein Argument.

Einmal den, den Dawkins in seiner 'God Delusion' geht und sich einfach weigert, sich auf Argumente von HighEnd-Theologen einzulassen und dann versucht, den Typ 'Gott' zu zerlegen, den Otto Normalverbraucher vertritt und der natürlich für das Zusammenleben relevanter ist das der Schwurbelgott der Theologen. Theologen lächeln dann nur milde darüber, und das ist auch der Grund, warum Dawkins' Buch in Theologenkreisen eher verhalten diskutiert wird. Dawkins' Argumentation ist so flach, dass es aus deren Sicht keinen Sinn macht, seine Zeit damit zu verplempern.

Oder den, dass man sich deren Argumente zumindest mal anhört und zur Kenntnis nimmt. Beispielsweise schaut, welche Antworten es auf welche Argumente gibt. Von dieser Warte aus gesehen finde ich beispielsweise die Zahnfee oder auch 'Wer schuf den Schöpfer' von einem an Gähn-Niveau kaum noch zu überbietenden Einwand.

Ich weiß, dass Du das anders siehst, aber versteh' bitte, dass ich meine Zeit nicht mit so was verplempern möchte.

#252:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 22:03
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Was ist denn der Gott der Philosophen?

das, worauf Philosophen am Ende einer Überlegung kommen, wenn sie immer weiter fragen. Also beispielsweise der 'Unbewegte Beweger' oder auch das 'über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann'.

Hans Küng hat vor langer Zeit mal ein Buch

Zitat:
Küng, H. (1981) 'Existiert Gott? Antwort auf die Gottesfrage der Neuzeit' München, dtv


geschrieben, einen Parforce-Ritt durch die Geschichte der westlichen Philosophie, in dem er irgendwelche Fragen formuliert hat und dann zeigte, wie die gelöst werden könnten, falls es einen Gott (mit bestimmten Eigenschaften) gäbe. Das Buch hat einigen Wirbel erzeugt, letztlich war es auch mit verantwortlich dafür, dass mit

Zitat:
Mackie, J.L. (1985) 'Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes [engl. 1982]' Stuttgart, Philipp Reclam jun.


eins der besten Bücher zum Thema 'Gottesfrage' erschien.

Es ist also nicht so, dass die Existenz eines Gottes nichts erklären würde. Aus der Sicht eines Naturalisten wie mir ist aber eine Erklärung, die einen Gott voraussetzt, dessen Existenz man nicht zeigen kann, keine Erklärung. Dennoch ist es nicht statthaft, aus der Tatsache, dass das im naturwissenschaftlichen Weltbild so ist, abzuleiten, dass theistische Systeme intern inkonsistent seien. Das läuft dann auf das 'Argument' 'erkenne gefälligst erst einmal an, dass ich Recht habe, dann wirst Du schnell sehen, dass Du Dich irrst' hinaus. Darauf fällt üblicherweise kein Mensch herein, der sich etwas auskennt.

#253:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 22:10
    —
Ist es denn statthaft, etwas das im naturwissenschaftlichen Weltbild unmöglich ist, auch im theistischen Weltbild als unmöglich anzusehen? Die Naturwissenschaft ist vor allem deshalb erfolgreich, weil sie Unmöglichkeiten erkennt und dann die Voraussetzungen, die hypothetisch zum unmöglichen Zustand führen, verwirft.

Edit: den kursiven Teil

#254:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 22:15
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Was ist denn der Gott der Philosophen?
das, worauf Philosophen am Ende einer Überlegung kommen, wenn sie immer weiter fragen. Also beispielsweise der 'Unbewegte Beweger' oder auch das 'über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann'.

Ist ja goldig. Das, worauf Philosophen kommen, wenn sie ihre Fehlschlüsse nicht bemerken.

Sorry, aber wer heute noch beim unbewegten Beweger endet, wenn er immer weiter fragt, der hat 100 Jahre Wissenschaft verpasst.

#255:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 22:19
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ist es denn statthaft, etwas das im naturwissenschaftlichen Weltbild unmöglich ist, auch im theistischen Weltbild als unmöglich anzusehen?

kommt vermutlich darauf an, ob Du einen Theologen oder einen Naturwissenschaftler fragst ;->

Im Ernst, ich glaube nicht, dass sich Theologen auf so eine Einschränkung ihres Gottes einlassen würden. Der Theistengott wird als allmächtig bezeichnet, der sollte hinkriegen, was in den Naturwissenschaften als unmöglich gilt.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die Naturwissenschaft ist vor allem deshalb erfolgreich, weil sie Unmöglichkeiten erkennt und dann die Voraussetzungen, die hypothetisch zum unmöglichen Zustand führen, verwirft.

Ich nehme mal 'for the sake of the argument' an, dass das, was Du geschrieben hast, zutrifft. Aber was hat das mit der Gottesfrage zu tun? Naturwissenschaften spielt sich im Bereich des materiellen Seins ab, wenn Gott nicht materiell ist, was will die Naturwissenschaft dann über ihn herausfinden?

#256:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 22:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber wer heute noch beim unbewegten Beweger endet, wenn er immer weiter fragt, der hat 100 Jahre Wissenschaft verpasst.

unbestritten. Du könntest noch weiter gehen: Wer den Christengott mit dem 'Unbewegten Beweger' in Zusammenhang bringt, kennt sich in griechischer Philosophie nicht aus.

Aber Dein Einwand ist gut. Ich habe in einem anderen Forum einen Theisten damit ins Grübeln gebracht, dass ich ihn fragte, ob ein Unbewegter Beweger, auf den Aristoteles unter der Prämisse eines ewigen Universums schloss, anbetrachts eines Urknalls Sinn machen könnte.

Du zeigst vollkommen korrekt ein Problem auf: GIGO. Ich bin mir aber nicht sicher, ob Du so ein Argument gegen einen Agnostiker gewinnen kannst.

#257:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 22:40
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber wer heute noch beim unbewegten Beweger endet, wenn er immer weiter fragt, der hat 100 Jahre Wissenschaft verpasst.
unbestritten. Du könntest noch weiter gehen: Wer den Christengott mit dem 'Unbewegten Beweger' in Zusammenhang bringt, kennt sich in griechischer Philosophie nicht aus.

Ja, insofern war der CG sogar ein Rückschritt.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Aber Dein Einwand ist gut. Ich habe in einem anderen Forum einen Theisten damit ins Grübeln gebracht, dass ich ihn fragte, ob ein Unbewegter Beweger, auf den Aristoteles unter der Prämisse eines ewigen Universums schloss, anbetrachts eines Urknalls Sinn machen könnte.

Man könnte - wenn man den Urknall vermeiden möchte - auch mit der Kausalität argumentieren. Ich glaube aber, das es generell schwierig ist, die Fehlschlüsse im prima-causa Argument stichfest aufzuzeigen, wenn das Gegenüber keine naturwissenschaftliche Bildung hat.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Du zeigst vollkommen korrekt ein Problem auf: GIGO. Ich bin mir aber nicht sicher, ob Du so ein Argument gegen einen Agnostiker gewinnen kannst.

Wenn der Agnostiker sich auf das (prinzipiell korrekte) Argument der Letztunsicherheit zurückzieht, hab ich ja noch die Zahnfee ... Cool

#258:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 17.02.2012, 22:44
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ist es denn statthaft, etwas das im naturwissenschaftlichen Weltbild unmöglich ist, auch im theistischen Weltbild als unmöglich anzusehen?

kommt vermutlich darauf an, ob Du einen Theologen oder einen Naturwissenschaftler fragst ;->

Im Ernst, ich glaube nicht, dass sich Theologen auf so eine Einschränkung ihres Gottes einlassen würden. Der Theistengott wird als allmächtig bezeichnet, der sollte hinkriegen, was in den Naturwissenschaften als unmöglich gilt.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die Naturwissenschaft ist vor allem deshalb erfolgreich, weil sie Unmöglichkeiten erkennt und dann die Voraussetzungen, die hypothetisch zum unmöglichen Zustand führen, verwirft.

Ich nehme mal 'for the sake of the argument' an, dass das, was Du geschrieben hast, zutrifft. Aber was hat das mit der Gottesfrage zu tun? Naturwissenschaften spielt sich im Bereich des materiellen Seins ab, wenn Gott nicht materiell ist, was will die Naturwissenschaft dann über ihn herausfinden?

Das was wir erleben, ist doch, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, ewige Wahrheiten vom Tisch fegen, siehe Galileo und Darwin und... und... und. Wenn sich Theologe A nun hinsetzt und sagt "mir egal, in meinem Weltbild hauts hin, mein Weltbild ist konsistent", dann sind jegliche Diskussionen mit jenem Theologen sinnlos, weil niemand aus seiner Denke kommt. Eine Diskussion mit solchen Theologen kann man sich dann sparen, auch oder gerade als Philosoph. Die Argumente treffen nur im Weltbild der Argumente zu. Insofern ist das, was Dawkins gemacht hat, einfach das beste. Er hat damit hoffnungslose Fälle beiseite gelassen.

Dann brauchst du aber auch nicht mit Urknall zu argumentieren, weil das einfach negiert werden kann. Mich wundert insofern, dass sich solche Theologen überhaupt auf Argumente aus dem naturalistischem Weltbild einlassen. In dem Moment, wo sie das tun, gehen sie doch einen Schritt, den sie nicht mehr rückgängig machen können. Einmal auf naturwissenschaftlichem Terrain müssen sie die Methoden anerkennen und damit alle Ergebnisse. Damit müssen sie dann aber auch alles falsifizierte als unmöglich anerkennen.

#259:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 10:24
    —
Hi El Schwalmo!


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Naturwissenschaften spielt sich im Bereich des materiellen Seins ab, wenn Gott nicht materiell ist, was will die Naturwissenschaft dann über ihn herausfinden?


Hier bist Du begründungspflichtig, wenn Du nicht auf einen Zirkel rekurrieren willst. Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)? Ist die Mathematik, die Logik 'materiell'? Wie soll etwas 'wirken', was nicht 'Natur' ist?


Warum also nicht mit Wittgenstein sagen, "Die Welt ist alles, was der Fall ist"? )




Cheers,

Lamarck

#260:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 10:50
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Naturwissenschaften spielt sich im Bereich des materiellen Seins ab, wenn Gott nicht materiell ist, was will die Naturwissenschaft dann über ihn herausfinden?

Hier bist Du begründungspflichtig, wenn Du nicht auf einen Zirkel rekurrieren willst. Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?

in der Ontologie von Mahner/Bunge, die ich teile, die Dinge. Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Ist die Mathematik, die Logik 'materiell'?

Nein. Das sind Konstrukte. Also menschengemacht. Es kann durchaus eine nicht-menschliche Logik geben, die von Maschinen oder anderen Lebensformen 'gedacht' wird, das ist dann aber nicht unbedingt das, was wir unter 'Logik' und 'Mathematik' verstehen, aber immer noch Konstrukt.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Wie soll etwas 'wirken', was nicht 'Natur' ist?

Durch Tätigkeiten von Menschen. Gedanken sind nicht materiell, auch wenn sie auf einem materiellen Substrat (Nervensystem) emergieren. Ein Computerprogramm ist auch nicht materiell, wenn es von einer Maschine ausgeführt wird. Auch vorher nicht, denn auf einem Blatt Papier aufgeschrieben sind es Farbpartikel auf einem Blatt.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Warum also nicht mit Wittgenstein sagen, "Die Welt ist alles, was der Fall ist"? )

Nicht die 'Welt für mich' mit der 'Welt an sich' verwechseln. Zur Welt des Menschen gehören Dinge und Konstrukte. Beides ist 'der Fall', auch wenn es Konstrukte gibt, denen kein Ding entspricht (beispielsweise die Zahnfee) und umgekehrt (beispielsweise Röntgenstrahlen im Mittelalter).

#261:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 12:26
    —
Hi El Schwalmo!


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Naturwissenschaften spielt sich im Bereich des materiellen Seins ab, wenn Gott nicht materiell ist, was will die Naturwissenschaft dann über ihn herausfinden?

Hier bist Du begründungspflichtig, wenn Du nicht auf einen Zirkel rekurrieren willst. Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?

in der Ontologie von Mahner/Bunge, die ich teile, die Dinge. Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.


Jetzt könnte es interessanter werden: Ist ein Ding ein Ding, weil es Eigenschaften hat (vgl. Mahner/Bunge) und wie charakterisierst Du materielle Eigenschaften (bsw. durch Existenz [sic!] von Masse)?




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Ist die Mathematik, die Logik 'materiell'?

Nein. Das sind Konstrukte. Also menschengemacht. Es kann durchaus eine nicht-menschliche Logik geben, die von Maschinen oder anderen Lebensformen 'gedacht' wird, das ist dann aber nicht unbedingt das, was wir unter 'Logik' und 'Mathematik' verstehen, aber immer noch Konstrukt.


Claude Shannon hat gezeigt, dass jegliche Information prinzipiell auf eine zweiwertige Logik zurückgeführt werden kann. Bist Du denn der Ansicht, dass "Maschinen oder andere Lebensformen" nicht zwangsläufig auf logisch-mathematische Konstrukte wie die Kreiszahl π oder den Satz des Pythagoras kommen können?




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Wie soll etwas 'wirken', was nicht 'Natur' ist?

Durch Tätigkeiten von Menschen. Gedanken sind nicht materiell, auch wenn sie auf einem materiellen Substrat (Nervensystem) emergieren. Ein Computerprogramm ist auch nicht materiell, wenn es von einer Maschine ausgeführt wird. Auch vorher nicht, denn auf einem Blatt Papier aufgeschrieben sind es Farbpartikel auf einem Blatt.


Hiermit behauptest Du cum grano salis, dass Gedanken nicht dem Bereich der Natur angehören. Aber auch hier ist damit noch nicht gesagt, dass sich jenes, was sich außerhalb dieses Bereiches befindet, deshalb nicht nur nicht 'natürlich', sondern 'übernatürlich' ist.

Die theoretische Informatik zeigt übrigens, dass sich Hardware durch Software ersetzen lässt und vice versa. Dies sollte leicht eingängig sein, wenn sich klar gemacht wird, dass sich Information im informationstheoretischen Sinne nicht simulieren lässt.




El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Warum also nicht mit Wittgenstein sagen, "Die Welt ist alles, was der Fall ist"? )

Nicht die 'Welt für mich' mit der 'Welt an sich' verwechseln. Zur Welt des Menschen gehören Dinge und Konstrukte. Beides ist 'der Fall', auch wenn es Konstrukte gibt, denen kein Ding entspricht (beispielsweise die Zahnfee) und umgekehrt (beispielsweise Röntgenstrahlen im Mittelalter).


Gut, der Hinweis/Vorwurf auf die Verwechslungsmöglichkeit 'Welt für mich'/'Welt an sich' gehört zu Deinen rhetorischen Standards; wenn wir da in die Tiefe dringen, wird da wohl nur Subjektivität vs. Objektivität übrig bleiben. Jedenfalls können Dinge 'an sich' - was auch immer dieses 'an sich' genau bedeuten mag, vermutlich in Deiner Diktion nicht 'materiell' sein - aber dafür sehr wohl der 'Welt für mich' angehören, was dann doch ein klein wenig problematisch ist ... .

Wo ist das Konstrukt 'Röntgenstrahlen im Mittelalter' hin? zwinkern




Cheers,

Lamarck

#262:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 12:32
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?
... Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.

Gott?

#263:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 14:10
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?
... Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.

Gott?

Evolution?

#264:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 14:51
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?
... Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.

Gott?

Evolution?

Rockmusik?

#265:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 14:57
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?
... Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.

Gott?

Evolution?

Rockmusik?

Sandkästen?

#266:  Autor: Toasti BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 15:09
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?
... Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.

Gott?

Evolution?

Rockmusik?

Sandkästen?


Apfelkuchen ?

#267:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 15:21
    —
Das ist es also was Philosophen so treiben wenn ihnen langweilig ist... tsts.

#268:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 17:04
    —
pera hat folgendes geschrieben:
Das ist es also was Philosophen so treiben wenn ihnen langweilig ist... tsts.

immerhin war es interessant genug für Dich, uns kundzutun, dass wir Dich langweilen.

#269:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 17:04
    —
Toasti hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Was also ist der 'Bereich' (?) des 'materiellen' (?) 'Seins' (?)?
... Grob gesprochen das, was es gab, bevor es Menschen gab, und das es geben wird, wenn es keine mehr gibt.

Gott?

Evolution?

Rockmusik?

Sandkästen?


Apfelkuchen ?

Fahrstuhl?

#270: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: Myron BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 20:49
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Man kann sich aber nicht sicher sein kann, ob es nicht doch einen Gott geben könnte. Das scheint mir ein epistemisches Problem zu sein, also die Einsicht, dass man keine zwingenden Argumente vorbringen kann, also keine gültige Entscheidung möglich ist.
Was spricht dagegen, das als 'Agnostizismus' zu bezeichnen?


Der Umstand, dass die meisten darunter doxastischer Agnostizismus/agnostischer Neutralismus verstehen. Jemand, der glaubt, dass Gott nicht existiert oder nicht existieren kann, ist alles andere als neutral.

Was "zwingende Argumente" betrifft, so kann selbst eine logisch perfekte reductio ad absurdum niemanden im psychologischen Sinn zwingen, sie zu akzeptieren. Denn auch die offensichtlichsten und bestbewiesenen Tatsachen sind leugbar. Man kann seinen Geist davor verschließen, nach dem irrationalen Motto: "Wenn die Tatsachen meinen Überzeugungen widersprechen, umso schlimmer für die Tatsachen!"

Ich denke nichtsdestoweniger, dass es stichhaltige Argumente gegen die Möglichkeit spiritueller Substanzen gibt, welche mich veranlasst haben, nicht nur an die zufällige tatsächliche Nichtexistenz von Geistwesen, sondern auch an deren notwendige Nichtexistenz zu glauben.

#271:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 20:59
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Jetzt könnte es interessanter werden: Ist ein Ding ein Ding, weil es Eigenschaften hat (vgl. Mahner/Bunge) und wie charakterisierst Du materielle Eigenschaften (bsw. durch Existenz [sic!] von Masse)?


Offenbar hast Du El Schwalmos (und nebenbei meine) "Bibel" nur unzureichend rezipiert. Gemäß deren Ontologie, und nach Heraklits "πάντα ῥεῖ") besitzen materielle Objekte die Eigenschaft der Veränderlichkeit, können also Zustandsänderungen erfahren. Im Gegensatz dazu ist die Zahl "6" nicht etwa eine modifizierte "5", und es macht auch wenig Sinn, zu fragen: "Wie geht es der Evolutionstheorie denn heute?" zwinkern

Selbstverständlich ist die Antwort auf die Frage, welches Konstrukt eine Entität repräsentiere, nur im virtuosen Zirkel zu eruieren. Man wird beispielsweise finden, dass ein hypothetisches Objekt, welches zur Erklärung zweier unterschiedlicher, voneinander unabhängiger Sachverhalte gebraucht wird (z.B. "dunkle Materie": einerseits zur Erklärung der atypischen Rotationsgeschwindigkeit von Spiralgalaxien, andererseits zur Erklärung des Phänomens, dass die Materiedichte des Universums nahe der "spezifischen Dichte" entspricht), eine ontologische Entspechung hat. Oder,

Zitat:
[i]f ... that same [hypothetical] entity or property is putatively capable of being detected by not just one, but rather two or more different means of detection—forms of detection that are distinct with respect to the apparatuses they employ and the causal mechanisms and processes they are described as exploiting in the course of detection — this may serve as the basis of a significantly enhanced argument for realism. Hacking (1983, p. 201; see also Hacking 1985, pp. 146–147) gives the example of dense bodies in red blood platelets that can be detected using different forms of microscopy. Different techniques of detection, such as those employed in light microscopy and transmission electron microscopy, make use of very different sorts of physical processes, and these operations are described theoretically in terms of correspondingly different causal mechanisms. (For similar examples, see Salmon 1984, pp. 217–219, and Franklin 1986, pp. 166–168, 1990, pp. 103–115.)


Chakravartty, A. (2011) Scientific Realism.
http://plato.stanford.edu/entries/scientific-realism/#Cor

Selbstverständlich könnte man prinzipiell alles auch im Rahmen des "radikalen Konstruktivismus" deuten, der ja omniexplanatorisch ist (so wie sich prinzipiell alles auch im Rahmen einer dubiosen, ominiexplanatorischen Schöpfungsthese interpretieren ließe), dagegen aber spricht, im einen wie im anderen Fall Mr. Green , das "Miracle Argument":

http://plato.stanford.edu/entries/scientific-realism/#MirArg

#272:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 21:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Was ist denn der Gott der Philosophen?
das, worauf Philosophen am Ende einer Überlegung kommen, wenn sie immer weiter fragen. Also beispielsweise der 'Unbewegte Beweger' oder auch das 'über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann'.

Ist ja goldig. Das, worauf Philosophen kommen, wenn sie ihre Fehlschlüsse nicht bemerken.

Sorry, aber wer heute noch beim unbewegten Beweger endet, wenn er immer weiter fragt, der hat 100 Jahre Wissenschaft verpasst.


Zur Ehrenrettung "der" Philosophie sei gesagt, dass es auch Richtungen in der akademischen Philosophie gibt, die längst nicht beim "Gott der Philosophen" hängen geblieben sind und die entsprechenden Fehlschlüsse auch moniert haben, wie die Vertreter der naturalistischen Wissenschaftsphilosophie. Kanitscheider beispielsweise sagt im übrigen klipp und klar, dass eine Philosophie, die diesen Namen verdient, auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse einbeziehen sollte.

Lustigerweise hat E.S. ein Buch zitiert,

Mackie, J.L. (1985) 'Das Wunder des Theismus. Argumente für und gegen die Existenz Gottes. Reclam.

in dem der dogmatische Abbruch des unendlichen Regresses (Frage: 'Wer schuf den Schöpfer'?) durchaus als ernster Einwand gegen das Kalam-Argument bzw. gegen den "Philosophengott" erhoben wird, beispielsweise auf p. 230. Auf das "Design-Argument" gemünzt, findet sich der Einwand des unendlichen Regresses auch in:

Mahner, M. (2007) Intelligent Design und der teleologische Gottesbeweis. In: Kutschera, U. (Hg.): Kreationismus in Deutschland. Lit-Verlag, Münster, pp. 340-351.

Ein der "Zahnfee" anloges Argument wird, am Beispiel der Behauptung "dass auf Neutronen-Sternen kleine grüne Männchen wohnen", präsentiert in:

Kanitscheider, B. (2003) Naturalismus, metaphysische Illusionen und der Ort der Seele. Grundzüge einer naturalistischen Philosophie und Ethik. In: Zur Debatte. Themen der Katholischen Akademie in Bayern 1, 33 – 34 (33).

Es ist nicht uninteressant zu konstatieren, dass Menschen, die sich professionell mit Philosophie beschäftigen, durchaus ernsthaft "an Gähn-Niveau kaum noch zu überbietenden Einwände" präsentieren, auch wenn sie freilich nur ihre berufliche Zeit damit verplempern.

#273:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 21:56
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Offenbar hast Du El Schwalmos (und nebenbei meine) "Bibel" nur unzureichend rezipiert. Gemäß deren Ontologie, und nach Heraklits "πάντα ῥεῖ") besitzen materielle Objekte die Eigenschaft der Veränderlichkeit, können also Zustandsänderungen erfahren. Im Gegensatz dazu ist die Zahl "6" nicht etwa eine modifizierte "5", und es macht auch wenig Sinn, zu fragen: "Wie geht es der Evolutionstheorie denn heute?"


Es gehört zum Wesen abstrakter Objekte, dass sie keine aktiven oder passiven Mächte (Vermögenheiten, kausale Dispositionen) besitzen. Das heißt, sie können nichts verändern oder beeinflussen und sind selbst unveränderlich und unbeeinflussbar.

#274:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 22:11
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Offenbar hast Du El Schwalmos (und nebenbei meine) "Bibel" nur unzureichend rezipiert. Gemäß deren Ontologie, und nach Heraklits "πάντα ῥεῖ") besitzen materielle Objekte die Eigenschaft der Veränderlichkeit, können also Zustandsänderungen erfahren. Im Gegensatz dazu ist die Zahl "6" nicht etwa eine modifizierte "5", und es macht auch wenig Sinn, zu fragen: "Wie geht es der Evolutionstheorie denn heute?"


Es gehört zum Wesen abstrakter Objekte, dass sie keine aktiven oder passiven Mächte (Vermögenheiten, kausale Dispositionen) besitzen. Das heißt, sie können nichts verändern oder beeinflussen und sind selbst unveränderlich und unbeeinflussbar.


Eben, genau das unterscheidet immaterielle Objekte (Konstrukte) von Dingen (Entitäten, realen Objekten)...

#275:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 19.02.2012, 23:05
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Es gehört zum Wesen abstrakter Objekte, dass sie keine aktiven oder passiven Mächte (Vermögenheiten, kausale Dispositionen) besitzen. Das heißt, sie können nichts verändern oder beeinflussen und sind selbst unveränderlich und unbeeinflussbar.

Eben, genau das unterscheidet immaterielle Objekte (Konstrukte) von Dingen (Entitäten, realen Objekten)...


Das stimmt nicht.
Erstens, das Konkrete umfasst sowohl das Physische als auch das Psychische. Wenn es Geister/Seelen als immaterielle konkrete Objekte (spirituelle Substanzen) gäbe, dann besäßen auch sie kausale Dispositionen. (Gott ist ja sogar ein allmächtiger Geist.)
Zweitens, die Begriffe "Objekt" (* und "Ding" sind ontologisch synonym, die Begriffe "Objekt"/"Ding" und "Entität" dagegen nicht, da nicht alle Entitäten Objekte/Dinge sind.

(* im Sinn von "Seinsgegenstand", nicht "Denkgegenstand". Denn nicht alle Denkgegenstände gehören zur ontologischen Kategorie "Gegenstand (des Seins)".)

#276:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 00:09
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Es gehört zum Wesen abstrakter Objekte, dass sie keine aktiven oder passiven Mächte (Vermögenheiten, kausale Dispositionen) besitzen. Das heißt, sie können nichts verändern oder beeinflussen und sind selbst unveränderlich und unbeeinflussbar.

Eben, genau das unterscheidet immaterielle Objekte (Konstrukte) von Dingen (Entitäten, realen Objekten)...


Das stimmt nicht.
Erstens, das Konkrete umfasst sowohl das Physische als auch das Psychische. Wenn es Geister/Seelen als immaterielle konkrete Objekte (spirituelle Substanzen) gäbe, dann besäßen auch sie kausale Dispositionen. (Gott ist ja sogar ein allmächtiger Geist.)
Zweitens, die Begriffe "Objekt" (* und "Ding" sind ontologisch synonym, die Begriffe "Objekt"/"Ding" und "Entität" dagegen nicht, da nicht alle Entitäten Objekte/Dinge sind.

(* im Sinn von "Seinsgegenstand", nicht "Denkgegenstand". Denn nicht alle Denkgegenstände gehören zur ontologischen Kategorie "Gegenstand (des Seins)".)


Da unsere Differenzen lediglich im "High-End-Bereich" bzw. im Bereich der Definition liegen, gibt hier logischerweise auch kein "wahr" oder "falsch"...

Nach meinem Begriffsverständnis, das sich an die Ontologie von

Bunge, M./Mahner, M. (2004) Über die Natur der Dinge. Materialismus und Wissenschaft. Hirzel, Stuttgart

anlehnt, umfasst der Begriff "Objekt" sowohl Reales als auch Fiktives. Zahlen beispielsweise sind mathematische Objekte (fiktiv), wissenschaftliche Aussagen sind theoretische Objekte (ebenfalls fiktiv) und Steine sind reale Objekte. Der Begriff "Ding" ist identisch mit "Entität" und als solcher gleichzusetzen mit realen Objekten.

Selbstverständlich existieren auch immaterielle Objekte wie Schriften, mathematische Terme, Geister, Götter und dergleichen, aber nicht real, sondern nur fiktiv. Wenn es keine Menschen mehr gibt, die sie denken, hören sie auf zu existieren. Ein Buch ist dann nicht mehr als ein Stück strukturierte Materie. Die Existenz realer Objekte ("Dinge", "Entitäten") ist dagegen nicht an unseren Wahrnahmungsapparat gebunden. So hört ein Buch nicht auf zu existieren, wenn es keine Menschen mehr gibt - nur die Schrift mit ihrem semantischen Gehalt existiert als solche nicht mehr. Über kausale Dispositionen verfügen selbstverständlich nur real existente Objekte, also Dinge/Entitäten, aber keine Hirngespinste.

#277:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 00:37
    —
Ich wunder mich immer mehr über die Einführungen von merkwürdigen Kategorien. Was ist der Vorteil von einer Einteilung in Konstrukt und Objekt?

#278:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 01:01
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ich wunder mich immer mehr über die Einführungen von merkwürdigen Kategorien. Was ist der Vorteil von einer Einteilung in Konstrukt und Objekt?

eine konsistente Ontologie.

#279:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 01:16
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Jetzt könnte es interessanter werden: Ist ein Ding ein Ding, weil es Eigenschaften hat (vgl. Mahner/Bunge) und wie charakterisierst Du materielle Eigenschaften (bsw. durch Existenz [sic!] von Masse)?

Darwin Upheaval hat was dazu gesagt. Reicht das?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Nein. Das sind Konstrukte. Also menschengemacht. Es kann durchaus eine nicht-menschliche Logik geben, die von Maschinen oder anderen Lebensformen 'gedacht' wird, das ist dann aber nicht unbedingt das, was wir unter 'Logik' und 'Mathematik' verstehen, aber immer noch Konstrukt.

Claude Shannon hat gezeigt, dass jegliche Information prinzipiell auf eine zweiwertige Logik zurückgeführt werden kann. Bist Du denn der Ansicht, dass "Maschinen oder andere Lebensformen" nicht zwangsläufig auf logisch-mathematische Konstrukte wie die Kreiszahl π oder den Satz des Pythagoras kommen können?

Wenn sie die Welt so modellieren, wie wir das tun, auf jeden Fall. Keine Ahnung, ob es in einer 'Welt', die nicht der unsrigen entspricht, andere Konstrukte geben könnte. 'Da draußen' gibt es nur Materie, keine Kreise oder Dreiecke. Wenn man bestimmte Konstrukte denkt, ergeben sich Sätze und Zahlenwerte, die man in Annäherung auf die Natur übertragen kann.


Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Wie soll etwas 'wirken', was nicht 'Natur' ist?

Durch Tätigkeiten von Menschen. Gedanken sind nicht materiell, auch wenn sie auf einem materiellen Substrat (Nervensystem) emergieren. Ein Computerprogramm ist auch nicht materiell, wenn es von einer Maschine ausgeführt wird. Auch vorher nicht, denn auf einem Blatt Papier aufgeschrieben sind es Farbpartikel auf einem Blatt.

Hiermit behauptest Du cum grano salis, dass Gedanken nicht dem Bereich der Natur angehören.

Nein. Sie gehören nur nicht zu der 'Welt an sich'. Sie sind Emergenzen von Materie.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aber auch hier ist damit noch nicht gesagt, dass sich jenes, was sich außerhalb dieses Bereiches befindet, deshalb nicht nur nicht 'natürlich', sondern 'übernatürlich' ist.

Emergenzen sind nicht in dem Sinn 'übernatürlich' wie das ein Gott wäre.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Die theoretische Informatik zeigt übrigens, dass sich Hardware durch Software ersetzen lässt und vice versa. Dies sollte leicht eingängig sein, wenn sich klar gemacht wird, dass sich Information im informationstheoretischen Sinne nicht simulieren lässt.

Auf welcher Maschine läuft eine Software, die Hardware ersetzt?


Lamarck hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Nicht die 'Welt für mich' mit der 'Welt an sich' verwechseln. Zur Welt des Menschen gehören Dinge und Konstrukte. Beides ist 'der Fall', auch wenn es Konstrukte gibt, denen kein Ding entspricht (beispielsweise die Zahnfee) und umgekehrt (beispielsweise Röntgenstrahlen im Mittelalter).


Gut, der Hinweis/Vorwurf auf die Verwechslungsmöglichkeit 'Welt für mich'/'Welt an sich' gehört zu Deinen rhetorischen Standards;

Warum sagst Du nicht 'Veranschaulichung'?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
wenn wir da in die Tiefe dringen, wird da wohl nur Subjektivität vs. Objektivität übrig bleiben.

Nein, Dinge und Konstrukte.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Jedenfalls können Dinge 'an sich' - was auch immer dieses 'an sich' genau bedeuten mag, vermutlich in Deiner Diktion nicht 'materiell' sein

Doch.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
- aber dafür sehr wohl der 'Welt für mich' angehören, was dann doch ein klein wenig problematisch ist ... .

Nein, überhaupt nicht. Konstrukte müssen mit der Welt nichts zu tun haben. Das IPU beispielsweise.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Wo ist das Konstrukt 'Röntgenstrahlen im Mittelalter' hin? :wink:

Es existierte noch nicht. Es wird auch wieder verschwinden, wenn es keine Menschen mehr gibt.

Die Frage, was dem Konstrukt konkret entspricht, ist noch eine andere Frage. Aus der Tatsache, dass wir uns eine Welt ('Welt für mich') konstruieren müssen, folgt noch lange nicht, dass wir das Kind mit dem Bade ausschütten und eine 'Welt an sich' konstruieren müssen. Unbestritten, wir leben in der 'Welt für mich', strittig zwischen uns scheint nur zu sein, wie die mit der 'Welt an sich' zusammenhängt.

#280:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 01:22
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Dann brauchst du aber auch nicht mit Urknall zu argumentieren, weil das einfach negiert werden kann. Mich wundert insofern, dass sich solche Theologen überhaupt auf Argumente aus dem naturalistischem Weltbild einlassen. In dem Moment, wo sie das tun, gehen sie doch einen Schritt, den sie nicht mehr rückgängig machen können. Einmal auf naturwissenschaftlichem Terrain müssen sie die Methoden anerkennen und damit alle Ergebnisse. Damit müssen sie dann aber auch alles falsifizierte als unmöglich anerkennen.

ich weiß nicht, was Du mit 'falsifiziert' hinsichtlich der Theologen, auf die Dawkins nicht eingehen möchte, meinen könntest. Welche Aussagen machen die, die man falsifizieren könnte?

Sobald es 'eng' wird, rekurrieren die zudem auf Glauben. Das ist kein Problem, wenn man von einem Gott ausgeht, den man mit dem Verstand nicht fassen kann.

#281:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 01:27
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Nach meinem Begriffsverständnis…umfasst der Begriff "Objekt" sowohl Reales als auch Fiktives.


Ja, auch ich verwende "Objekt" nicht synonym mit "existentes/reales Objekt", mit "konkretes Objekt" oder mit "Entität" (was ja "seiendes Etwas" bedeutet).

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Zahlen beispielsweise sind mathematische Objekte (fiktiv), wissenschaftliche Aussagen sind theoretische Objekte (ebenfalls fiktiv) und Steine sind reale Objekte.


Alle sind sich einig, dass mathematische Objekte abstrakte Objekte sind (falls sie existieren). Ob solche abstrakten Objekte fiktive Objekte sind oder nicht, ist dagegen eine philosophisch sehr umstrittene Frage (die ich persönlich als materialistischer Naturalist bejahe).

Übrigens, was Aussagen (im englischen Sinn von "proposition") oder Sachverhalte betrifft, so bezeichne ich diese, Alexius Meinong folgend, lieber als Objektive (des Denkens oder Seins) denn als Objekte.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Der Begriff "Ding" ist identisch mit "Entität" und als solcher gleichzusetzen mit realen Objekten.


Gut, der Dingbegriff kann auch im allerweitesten ontologischen Sinn synonym mit "Entität" verwendet werden. Ich bevorzuge jedoch in der Regel den engeren ontologischen Sinn, dem gemäß "Ding" und "Objekt" synonym sind. In einem noch engeren ontologischen Sinn kann "Ding" auch synonym mit "konkretes Objekt" = "Substanz" verwendet werden.

Was den Begriff "Entität" anbelangt, so wird er oft einfach im absolut neutralen Sinne von "Etwas" gebraucht anstatt im wortwörtlichen etymologischen Sinn von "seiendes Etwas/Seiendes", der eine ontologische Festlegung beinhaltet. Im letzteren Sinn ist die Rede von "nichtseienden/nichtexistenten Entitäten" natürlich selbstwidersprüchlich; und wenn man "existent" und "real" für synonym erachtet, dann gilt dies ebenso für die Phrase "irreale Entität".

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Selbstverständlich existieren auch immaterielle Objekte wie Schriften, mathematische Terme, Geister, Götter und dergleichen, aber nicht real, sondern nur fiktiv.


Aber fiktive Existenz ist doch bloß Pseudoexistenz und damit eigentlich Inexistenz. Fiktive Objekte sind fiktiv, eben weil sie nicht existieren. Wenn ich sage, dass es einen fiktiven Detektiv namens Sherlock Holmes gibt, dann wird die ontologische Verbindlichkeit dieser Aussage ja gerade durch das Prädikat "fiktiv" aufgehoben. Die Phrase "es gibt" ist in Bezug auf reine Denkgegenstände ontologisch neutral, d.h. ich bringe damit lediglich ein bestimmtes Thema ins Gespräch (einen Gesprächsgegenstand), aber kein existentes Objekt.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Wenn es keine Menschen mehr gibt, die sie denken, hören sie auf zu existieren.


Daraus, dass etwas von etwas anderem seinsabhängig ist, folgt nicht, dass es fiktiv ist.
Zum Beispiel sind soziale Institutionen und Organisationen menschenabhängig, aber wirkliche Bestandteile der sozialen Realität.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Ein Buch ist dann nicht mehr als ein Stück strukturierte Materie. Die Existenz realer Objekte ("Dinge", "Entitäten") ist dagegen nicht an unseren Wahrnahmungsapparat gebunden. So hört ein Buch nicht auf zu existieren, wenn es keine Menschen mehr gibt - nur die Schrift mit ihrem semantischen Gehalt existiert als solche nicht mehr.


Ich halte es für verfehlt, Geistesunabhängigkeit, d.i. Unabhängigkeit von psychischen Phänomenen, als definitorisches Wesensmerkmal des Realitätsbegriffs anzusehen. Empfindungen und Gefühle sind nicht minder real als Bücher und Steine.
Denn real ist nach meinem Begriffsverständnis all dasjenige, das hinsichtlich seines Da- und Soseins nicht davon abhängt, zum Gegenstand eines Gedankens oder einer Vorstellung gemacht zu werden. Das gilt auch für Gedanken und Vorstellungen selbst, denn es besteht ein Unterschied zwischen erststufigen Gedanken/Vorstellungen, d.i. Gedanken/Vorstellungen über Nichtgedanken/Nichtvorstellungen, und höherstufigen Gedanken/Vorstellungen, d.i. Gedanken/Vorstellungen über andere Gedanken/Vorstellungen. Zu sagen, Gedanken/Vorstellungen seien real, bedeutet nun zu sagen, dass sie hinsichtlich ihres Da- und Soseins nicht davon abhängen, selbst zum Gegenstand eines/einer höherstufigen Gedankens/Vorstellung gemacht zu werden.
Das bedeutet, dass selbst die Rede von Gedanken- oder Vorstellungsunabhängigkeit als dem definitorischen Wesensmerkmal des Realen irreführend ist, da Gedanken und Vorstellungen an sich selbstverständlich nicht in dem Sinne gedanken- oder vorstellungsunabhängig sind, dass es sie auch dann gäbe, wenn es keine Gedanken oder Vorstellungen gäbe.
Die Definition muss als ganz korrekt lauten:

x is real =def x ist entweder von erststufigen oder von höherstufigen Gedanken/Vorstellungen da- und soseinsunabhängig


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Über kausale Dispositionen verfügen selbstverständlich nur real existente Objekte, also Dinge/Entitäten, aber keine Hirngespinste.


Logisch.

#282:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 01:29
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Was ist der Vorteil von einer Einteilung in Konstrukt und Objekt?


Ein Konstrukt ist einfach ein konstruiertes Objekt.

#283:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 02:22
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
x is real =def x ist entweder von erststufigen oder von höherstufigen Gedanken/Vorstellungen da- und soseinsunabhängig


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Über kausale Dispositionen verfügen selbstverständlich nur real existente Objekte, also Dinge/Entitäten, aber keine Hirngespinste.


Logisch.


Worunter fällt in dieser dualistischen Ontologie "Information" ?

#284:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 03:24
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:

Worunter fällt in dieser dualistischen Ontologie "Information" ?


Bevor nicht geklärt ist, was Information überhaupt ist, kann diese Frage nicht sinnvoll beantwortet werden. Leider ist der Informationsbegriff komplex und kompliziert.
In einem Einführungsbuch wird zwischen fünf Arten von Information(en) unterschieden:

i. mathematische Information(en)
ii. physikalische Information(en)
iii. biologische Information(en)
iv. ökonomische Information(en)
v. semantische Information(en)

Semantic Conceptions of Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-semantic/

Biological Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-biological/

#285: Re: Kommentar Kreationismus im Unterricht Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 07:21
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Man kann sich aber nicht sicher sein kann, ob es nicht doch einen Gott geben könnte. Das scheint mir ein epistemisches Problem zu sein, also die Einsicht, dass man keine zwingenden Argumente vorbringen kann, also keine gültige Entscheidung möglich ist.
Was spricht dagegen, das als 'Agnostizismus' zu bezeichnen?


Der Umstand, dass die meisten darunter doxastischer Agnostizismus/agnostischer Neutralismus verstehen. Jemand, der glaubt, dass Gott nicht existiert oder nicht existieren kann, ist alles andere als neutral.

okay, kann man so sehen. Ich ging davon aus, dass ich 'Agnostiker' so verwende, wie Huxley, der den Begriff prägte, ihn verwendete und wie das auch Darwin (nicht nur in der unzuverlässigen, weil vom Familienrat auf Darwins Wunsch redigierten Autobiographie) tat. Kann natürlich sein, dass sich die Verwendung in der Zwischenzeit geändert hat. Ein 'fence sitter' bin ich auf gar keinen Fall.

Myron hat folgendes geschrieben:
Was "zwingende Argumente" betrifft, so kann selbst eine logisch perfekte reductio ad absurdum niemanden im psychologischen Sinn zwingen, sie zu akzeptieren. Denn auch die offensichtlichsten und bestbewiesenen Tatsachen sind leugbar. Man kann seinen Geist davor verschließen, nach dem irrationalen Motto: "Wenn die Tatsachen meinen Überzeugungen widersprechen, umso schlimmer für die Tatsachen!"

Natürlich, aber das scheint mir kein Argument zu sein. Bestenfalls, wenn Glaube gegen Glaube steht und man meint, die besseren Gründe zu haben.

Myron hat folgendes geschrieben:
Ich denke nichtsdestoweniger, dass es stichhaltige Argumente gegen die Möglichkeit spiritueller Substanzen gibt, welche mich veranlasst haben, nicht nur an die zufällige tatsächliche Nichtexistenz von Geistwesen, sondern auch an deren notwendige Nichtexistenz zu glauben.

Dann sind wir beim Thema: Dein Glauben gegen meinen Glauben.

#286:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 07:25
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Biological Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-biological/

Darwin Upheaval kann Dir nun sicher noch die Seiten in Mahner/Bunge nennen, in denen sich die Autoren dafür aussprechen, den Begriff 'Information' in der Biologie überhaupt nicht zu verwenden, eben weil selbst in diesem Bereich die Verwendung so widersprüchlich ist.

Und, ganz ehrlich, nachdem ich bei Wort und Wissen die Diskussion über den Ansatz von Gitt ('Apobetik') verfolgt habe, kann ich das gut nachvollziehen. Das sahen sogar etliche Mitglieder von Wort und Wissen so, und zwar nicht gerade welche, die sich mit dem Thema nicht auskannten.

#287:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 07:47
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Aber fiktive Existenz ist doch bloß Pseudoexistenz und damit eigentlich Inexistenz. Fiktive Objekte sind fiktiv, eben weil sie nicht existieren. Wenn ich sage, dass es einen fiktiven Detektiv namens Sherlock Holmes gibt, dann wird die ontologische Verbindlichkeit dieser Aussage ja gerade durch das Prädikat "fiktiv" aufgehoben. Die Phrase "es gibt" ist in Bezug auf reine Denkgegenstände ontologisch neutral, d.h. ich bringe damit lediglich ein bestimmtes Thema ins Gespräch (einen Gesprächsgegenstand), aber kein existentes Objekt.


Naja, und doch sind Schriften, Sherlock Holmes oder Donald Duck "irgendwie" da - und sei es nur in unseren Köpfen. Während wir ein Buch über Sherlock Holmes lesen, werden neuronale Prozesse, die sich im Gehirn des Verfasser abspielten, in unserem Gehirn rekonstruiert. In gewisser Weise lassen sich damit fiktive Dinge auf eine materielle (wenn auch nur mentale) Grundlage zurückführen. Lustigerweise generalisiert hier der radikale Konstruktivist und meint, dies gälte für alles, auch für Objekte, die wir für real halten. Du scheinst hier eher die Gegenposition einzunehmen, Mahner/Bunge eine Mittlerposition (immerhin bezeichnen sie sich selbst als "moderate Konstruktivisten".)

Myron hat folgendes geschrieben:

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Wenn es keine Menschen mehr gibt, die sie denken, hören sie auf zu existieren.


Daraus, dass etwas von etwas anderem seinsabhängig ist, folgt nicht, dass es fiktiv ist.
Zum Beispiel sind soziale Institutionen und Organisationen menschenabhängig, aber wirkliche Bestandteile der sozialen Realität.


Ich vermute, dass es auch keine menschenabhängigen sozialen Organisationen mehr gibt, wenn Menschen aufhören zu existieren. Es gibt ohnehin keine "sozialen Zwecke" an sich, sondern nur das, was wir als sozial definieren.

Myron hat folgendes geschrieben:

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Ein Buch ist dann nicht mehr als ein Stück strukturierte Materie. Die Existenz realer Objekte ("Dinge", "Entitäten") ist dagegen nicht an unseren Wahrnahmungsapparat gebunden. So hört ein Buch nicht auf zu existieren, wenn es keine Menschen mehr gibt - nur die Schrift mit ihrem semantischen Gehalt existiert als solche nicht mehr.


Ich halte es für verfehlt, Geistesunabhängigkeit, d.i. Unabhängigkeit von psychischen Phänomenen, als definitorisches Wesensmerkmal des Realitätsbegriffs anzusehen. Empfindungen und Gefühle sind nicht minder real als Bücher und Steine.


Nach der Ontologie von Bunge/Mahner sind aber nicht unsere Gefühle, sondern höchsten die Chemie unserer Gefühle bzw. deren neuronale Korrelate real. Aus dem, was sich in unserem Kopf (real) abspielt, konstruiert unser Gehirn dann den Sinneseindruck "Gefühl". Das heißt aber nicht, dass es Gefühle ante res (außerhalb von Gehirnen) gibt.

Wie Du selbst oben geschrieben hast, verfügen Konstrukte über keine kausale Disposition, selbiges gilt auch für Gefühle. Wir sagen zwar gerne sowas wie: "Liebe motiviert zu Taten", aber das heißt freilich nicht, dass "die Liebe" mit der Materie namens Gehirn interagiert und diese zu Taten antreibt. Es hört sich unromantisch an, zugegeben, aber aus materialistischer Sicht lassen sich alle Gefühle und Triebe auf neurochemische Prozesse herunterbrechen.

Myron hat folgendes geschrieben:

Denn real ist nach meinem Begriffsverständnis all dasjenige, das hinsichtlich seines Da- und Soseins nicht davon abhängt, zum Gegenstand eines Gedankens oder einer Vorstellung gemacht zu werden. Das gilt auch für Gedanken und Vorstellungen selbst, denn es besteht ein Unterschied zwischen erststufigen Gedanken/Vorstellungen, d.i. Gedanken/Vorstellungen über Nichtgedanken/Nichtvorstellungen, und höherstufigen Gedanken/Vorstellungen, d.i. Gedanken/Vorstellungen über andere Gedanken/Vorstellungen. Zu sagen, Gedanken/Vorstellungen seien real, bedeutet nun zu sagen, dass sie hinsichtlich ihres Da- und Soseins nicht davon abhängen, selbst zum Gegenstand eines/einer höherstufigen Gedankens/Vorstellung gemacht zu werden.Das bedeutet, dass selbst die Rede von Gedanken- oder Vorstellungsunabhängigkeit als dem definitorischen Wesensmerkmal des Realen irreführend ist, da Gedanken und Vorstellungen an sich selbstverständlich nicht in dem Sinne gedanken- oder vorstellungsunabhängig sind, dass es sie auch dann gäbe, wenn es keine Gedanken oder Vorstellungen gäbe.


Was Du meinst, sind vermutlich nicht die Gedanken als solche, sondern die mentalen Prozesse, die zu Gedanken (Introspektion) führen. In dem Sinn teile ich auch Deine Definition:

Zitat:

x is real =def x ist entweder von erststufigen oder von höherstufigen Gedanken/Vorstellungen da- und soseinsunabhängig

#288:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 08:10
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:

Worunter fällt in dieser dualistischen Ontologie "Information" ?


Bevor nicht geklärt ist, was Information überhaupt ist, kann diese Frage nicht sinnvoll beantwortet werden. Leider ist der Informationsbegriff komplex und kompliziert.
In einem Einführungsbuch wird zwischen fünf Arten von Information(en) unterschieden:

i. mathematische Information(en)
ii. physikalische Information(en)
iii. biologische Information(en)
iv. ökonomische Information(en)
v. semantische Information(en)

Semantic Conceptions of Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-semantic/

Biological Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-biological/


Selbst diese Einteilung ist noch zu grob. Es gibt auch noch "Information" im Sinne von "Signal", "Nachricht", "Negentropie/strukturelle Ordnung", "Wissen", "Sprache", "biologische Funktion" usw. Das, was Du als "mathematische", "physikalische", "biologische" und "ökonomische Information" bezeichnest, lässt sich IMAO auf die von mir genannten Informationsbegriffe zurückführen. Aber ich teile hier eher die hübsche Polemik von

Mahner, M./Bunge, M. (2000) Philosophische Grundlagen der Biologie. Berlin, p. 275

Zitat:
... in Wahrheit ist es oft nur ein Deckmantel für Ignoranz, gemäß der nützlichen Verschleierungsregel: "Wenn Du nicht weißt, was es ist, nenn' es Information."

#289:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 10:06
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:

Worunter fällt in dieser dualistischen Ontologie "Information" ?


Bevor nicht geklärt ist, was Information überhaupt ist, kann diese Frage nicht sinnvoll beantwortet werden. Leider ist der Informationsbegriff komplex und kompliziert.
In einem Einführungsbuch wird zwischen fünf Arten von Information(en) unterschieden:

i. mathematische Information(en)
ii. physikalische Information(en)
iii. biologische Information(en)
iv. ökonomische Information(en)
v. semantische Information(en)

Semantic Conceptions of Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-semantic/

Biological Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-biological/


Selbst diese Einteilung ist noch zu grob. Es gibt auch noch "Information" im Sinne von "Signal", "Nachricht", "Negentropie/strukturelle Ordnung", "Wissen", "Sprache", "biologische Funktion" usw. Das, was Du als "mathematische", "physikalische", "biologische" und "ökonomische Information" bezeichnest, lässt sich IMAO auf die von mir genannten Informationsbegriffe zurückführen. Aber ich teile hier eher die hübsche Polemik von

Mahner, M./Bunge, M. (2000) Philosophische Grundlagen der Biologie. Berlin, p. 275

Zitat:
... in Wahrheit ist es oft nur ein Deckmantel für Ignoranz, gemäß der nützlichen Verschleierungsregel: "Wenn Du nicht weißt, was es ist, nenn' es Information."

Hübsch, aber allein die Tatsache, wie sich hier jemand über die Verwendung dieses Begriffes mokiert, zeigt bereits, dass dieser Begriff für ihn durchaus eine Bedeutung hat, sonst gäbe es das kleine Wort "oft" nicht in seiner Formulierung.

Und ganz praktisch: Dass etwas zum Verkaufsschlager wird, bedeutet in unserer Gesellschaft noch lange nicht, dass es einen Sinn hat, aber dass man etwas benutzen kann, um darauf eine Theorie zu erstellen, mit der man technische Geräte entwickeln, herstellen und benutzen kann, ist in meinen Augen ein starker Beleg für die Sinnhaftigkeit dieses Etwas.

Und nachdem ich eben 3 Minuten mit diesem Begriff allein war, wage ich auch eine Definition:

Information ist die Eigenschaft von Stoffen oder Mustern, auf noch etwas anderes als sich selbst zu verweisen.

fwo

#290:  Autor: Silberling BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 10:24
    —
Informationen sind die Antworten auf alle Fragen des Universums.

Gruß Silberling

#291:  Autor: Effô TisettiWohnort: 75 BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 11:08
    —
Das Universum ist die Frage auf alle Antworten der Information. Komplett von der Rolle

#292:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 11:38
    —
Silberling hat folgendes geschrieben:
Informationen sind die Antworten auf alle Fragen des Universums.

Gruß Silberling

Das ist jetzt eine sehr hinterhältige Art, das Mahner/Bunge-Zitat von DU zu bestätigen.

fwo

#293:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 19:37
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
[...]Lustigerweise generalisiert hier der radikale Konstruktivist und meint, dies gälte für alles, auch für Objekte, die wir für real halten.

Ich bin der Meinung, dass reale Dinge, wie ein Buch nicht im Gehirn entstehen. Einzig die Bezeichnung dafür entsteht im Gehirn, bestehend aus visuellen oder sonstwie gearteten Messgrößen und dem Namen, den man meist im Kindesalter erlernt.

Was jetzt hier offenbar oft passiert, kommt mir vor als wenn die Bezeichnung im Gehirn in zwei Kategorien zerteilt wird, wovon die eine (oder beide) Ontologie genannt wird.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Nach der Ontologie von Bunge/Mahner sind aber nicht unsere Gefühle, sondern höchsten die Chemie unserer Gefühle bzw. deren neuronale Korrelate real. Aus dem, was sich in unserem Kopf (real) abspielt, konstruiert unser Gehirn dann den Sinneseindruck "Gefühl".
Wieso wird da etwas vom Gehirn konstruiert?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Das heißt aber nicht, dass es Gefühle ante res (außerhalb von Gehirnen) gibt.
Geht da nicht wieder die unsägliche Qualia-Diskussion los? Wenn man die Chemie der Gefühle und die neuronalen Korrelate simuliert entstehen zwangsläufig auch die Gefühle. Dazu brauchts nicht unbedingt ein Gehirn.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wie Du selbst oben geschrieben hast, verfügen Konstrukte über keine kausale Disposition, selbiges gilt auch für Gefühle. Wir sagen zwar gerne sowas wie: "Liebe motiviert zu Taten", aber das heißt freilich nicht, dass "die Liebe" mit der Materie namens Gehirn interagiert und diese zu Taten antreibt. Es hört sich unromantisch an, zugegeben, aber aus materialistischer Sicht lassen sich alle Gefühle und Triebe auf neurochemische Prozesse herunterbrechen.


Genau. Liebe ist nur ein Sammelbegriff für eine Vielzahl neuronaler Erregungen eingebettet in einen zeitlichen Ablauf. Letztendlich unterscheidet sich eine Geschichte in einem Buch von einem Gedanken im Hirn nur in der Art des Informationsträgers, der Codierung und in der "Lebensdauer". Die Geschichte im Buch würde es auch noch nach uns Menschen geben und mit geeigneten Übersetzungshilfen könnten andere Wesen in der Lage sein, diese Geschichten ebenfalls zu lesen. Außer das Buch wird vernichtet. Dann ist auch die Geschichte unwiderbringlich verloren. Ähnlich den Gedanken eines Menschen wenn er stirbt.

#294:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 20:58
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Biological Information: http://plato.stanford.edu/entries/information-biological/

Darwin Upheaval kann Dir nun sicher noch die Seiten in Mahner/Bunge nennen, in denen sich die Autoren dafür aussprechen, den Begriff 'Information' in der Biologie überhaupt nicht zu verwenden, eben weil selbst in diesem Bereich die Verwendung so widersprüchlich ist.


Wenn man den biologischen Informationsbegriff richtig auslegt, dann darf man ihn schon verwenden.

"In the precise sense in which one may speak of semantic information, genetic information can hardly count as an instance of it. It simply lacks all its typical features, including meaningfulness, intentionality, aboutness, and veridicality. DNA contains the genetic code, precisely in the sense that it physically contains the genes which code for the development of the phenotypes. So DNA does contain genetic information, like a CD may contain some software. But the genetic code or, better, the genes, are the information itself. Genes do not send information, in the sense in which a radio sends a signal. They work more or less successfully and, like a recipe for a cake, may only partly guarantee the end result, since the environment plays a crucial role. Genes do not contain information, like envelopes or emails do, nor do they describe it, like a blueprint; they are more like performatives: 'I promise to come at 8 pm' does not describe or contain a promise, it does something, namely it effects the promise itself through the uttered words. Genes do not carry information, as a pigeon may carry a message, no more than a key carries the information to open a door. They do not encode instructions, as a string of lines and dots may encode a message in Morse alphabet. True, genes are often said to be the bearers of information, or to carry instructions for the development and functioning organisms, and so forth, but this way of speaking says more about us than about genetics. We regularly talk about our current computers as if they were intelligent—when we know they are not—and we tend to attribute semantic features to genetic structures and processes, which of course are biochemical and not intentional at all. The 'code' vocabulary should not be taken too literally, as if genes were information in a semantic-descriptive sense, lest we run the risk of obfuscating our understanding of genetics. Rather, genes are instructions, and instructions are a type of predicative and effective/procedural information, like recipes, algorithms, and commands. So genes are dynamic procedural structures that, together with other indispensable environmental factors, contribute to control and guide the development of organisms. This is a perfectly respectable sense in which biological information is indeed a kind of information. Dynamic procedural structures are a special type of informational entities, those that are in themselves instructions, programs, or imperatives."

(Floridi, Luciano. Information: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2010. pp. 79-80)

"[T]here are three main ways of talking about information:

(i) Information as reality, e.g. patterns, fingerprints, tree rings;

(ii) Information for reality, e.g. commands, algorithms, recipes;

(iii) Information about reality, i.e. with an epistemic value, e.g. train tables, maps, entries in an encyclopaedia.

Something may count as information in more than one sense, depending on the context. For example, a person's iris may be an instance of information as reality (the pattern of the membrane in the eye), which provides information for reality (e.g. as a biometric means to open a door by verifying the identity of the person), or about reality (e.g. the identity of the person). But it is crucial to be clear about what sense of information is being used in each case: (i) physical, (ii) instructional, (iii) semantic."


(Floridi, Luciano. Information: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2010. pp. 74-5)

#295:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 21:35
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Naja, und doch sind Schriften, Sherlock Holmes oder Donald Duck "irgendwie" da - und sei es nur in unseren Köpfen. Während wir ein Buch über Sherlock Holmes lesen, werden neuronale Prozesse, die sich im Gehirn des Verfasser abspielten, in unserem Gehirn rekonstruiert. In gewisser Weise lassen sich damit fiktive Dinge auf eine materielle (wenn auch nur mentale) Grundlage zurückführen.


Es besteht ein Unterschied zwischen fiktiven Objekten und deren mentalen Repräsentationen. Unsere Gedanken und Vorstellungen, die sich auf fiktive Objekte beziehen, entsprechen Nervenvorgängen und befinden sich damit in unseren Köpfen. Sherlock Holmes und Donald Duck sind dagegen nirgendwo.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Lustigerweise generalisiert hier der radikale Konstruktivist und meint, dies gälte für alles, auch für Objekte, die wir für real halten. Du scheinst hier eher die Gegenposition einzunehmen, Mahner/Bunge eine Mittlerposition (immerhin bezeichnen sie sich selbst als "moderate Konstruktivisten".)


Ich bin ein physikalischer Realist. Der Konstruktivismus mag höchstens in der Sozialwissenschaft seine Berechtigung haben.

Naturalistic Approaches to Social Constructivism: http://plato.stanford.edu/entries/social-construction-naturalistic/

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Nach der Ontologie von Bunge/Mahner sind aber nicht unsere Gefühle, sondern höchsten die Chemie unserer Gefühle bzw. deren neuronale Korrelate real. Aus dem, was sich in unserem Kopf (real) abspielt, konstruiert unser Gehirn dann den Sinneseindruck "Gefühl". Das heißt aber nicht, dass es Gefühle ante res (außerhalb von Gehirnen) gibt.


Ich fasse alle Erlebungen (Empfindungen, Fühlungen, Stimmungen, Denkungen, Vorstellungen) als psychophysische Nervenvorgänge auf, deren objektiver neurophysiologischer Aspekt genauso real ist wie ihr subjektiver phänomenologischer Aspekt (ihr qualitativer Anmutungsgehalt).

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Wie Du selbst oben geschrieben hast, verfügen Konstrukte über keine kausale Disposition, selbiges gilt auch für Gefühle. Wir sagen zwar gerne sowas wie: "Liebe motiviert zu Taten", aber das heißt freilich nicht, dass "die Liebe" mit der Materie namens Gehirn interagiert und diese zu Taten antreibt. Es hört sich unromantisch an, zugegeben, aber aus materialistischer Sicht lassen sich alle Gefühle und Triebe auf neurochemische Prozesse herunterbrechen.


Da rennst du bei mir offene Türen ein.
Der Zustand des Verliebtseins ist ein körperlicher Zustand, und als solcher ist er durchaus verhaltenswirksam.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Was Du meinst, sind vermutlich nicht die Gedanken als solche, sondern die mentalen Prozesse, die zu Gedanken (Introspektion) führen.


Es gibt hier drei Aspekte:
i. die Tätigkeit des Denkens (die Denkung)
ii. der Inhalt des (aussagenartigen) Denkens (der gedanklich erzeugte, gedachte Satz)
iii. der (intentionale) Gegenstand des (aussagenartigen) Denkens (die bedachte Sache oder der bedachte Sachverhalt)

Mit "Gedanke" ist entweder i oder ii gemeint. Das Reale ist dadurch gekennzeichnet, dass es auch dann da ist und so ist, wie es ist, wenn niemand es zum Gegenstand seines Denkens macht.
Man kann auch sagen, dass das Reale hinsichtlich seines Da- und Soseins nicht davon abhängt, von jemandem erwähnt oder beschrieben zu werden.

#296:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 20.02.2012, 21:45
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:

Worunter fällt in dieser dualistischen Ontologie "Information" ?


Bevor nicht geklärt ist, was Information überhaupt ist, kann diese Frage nicht sinnvoll beantwortet werden. Leider ist der Informationsbegriff komplex und kompliziert.

[...]


warum "leider" ... zwinkern

Mir ist klar dass "Information" in unterschiedlichen Kontexten unterschiedliche Bedeutung beigemessen wird, bzw. zT. strenge Def. existieren.

Mir geht es um die Frage, ob Information im semantischen Sinne (also im Sinne von "Bedeutung") ein reales Wirkpotential zukommt, gegenüber dem das konkrete "Substrat" der Informationübertragung von nachrangiger (insbesondere also non-kausaler) Bedeutung ist.

Es geht mir also insbesondere nicht um einen Informations-Begriff a'la Shannon

#297:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 00:08
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:

Mir geht es um die Frage, ob Information im semantischen Sinne (also im Sinne von "Bedeutung") ein reales Wirkpotential zukommt, gegenüber dem das konkrete "Substrat" der Informationübertragung von nachrangiger (insbesondere also non-kausaler) Bedeutung ist.


In diesem Sinne betrachte ich die Informatik als Semiotik. Deine Frage ist dann eine nach dem ontologischen Status von Zeichen. Es gibt aber keine Zeichen-an-sich, d.h. etwas ist nur dann ein Zeichen, wenn es als solches wahrgenommen und verstanden wird.
Aus ontologischer Sicht ist die Unterscheidung zwischen abstrakten Zeichentypen und deren konkreten Zeichenexemplaren relevant.

Types and Tokens: http://plato.stanford.edu/entries/types-tokens/

#298:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 00:31
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:

Mir geht es um die Frage, ob Information im semantischen Sinne (also im Sinne von "Bedeutung") ein reales Wirkpotential zukommt, gegenüber dem das konkrete "Substrat" der Informationübertragung von nachrangiger (insbesondere also non-kausaler) Bedeutung ist.


In diesem Sinne betrachte ich die Informatik als Semiotik. Deine Frage ist dann eine nach dem ontologischen Status von Zeichen. Es gibt aber keine Zeichen-an-sich, d.h. etwas ist nur dann ein Zeichen, wenn es als solches wahrgenommen und verstanden wird.
Aus ontologischer Sicht ist die Unterscheidung zwischen abstrakten Zeichentypen und deren konkreten Zeichenexemplaren relevant.


Nein, da hast du meine Frage ziemlich missverstanden.

Wie du richtig schreibst, muss Information in semantischem Sinne wahr_genommen werden, um "anzukommen". Der Weg bis zur (bewussten) Wahrnehmung ist nicht das, wonach ich gefragt habe.

Zum Verständnis ein arg konstruiertes, verkürztes und plakativ übertriebenes Beispiel:

Die Nachbarin schreibt einen Brief, indem sie ihrem Nachbarn mitteilt, dass seine Frau ihn schon lange mit Herrn XYZ betrügt. Darauf hin bringt der Mann seine Frau um.

Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).

#299:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 00:58
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:

Mir geht es um die Frage, ob Information im semantischen Sinne (also im Sinne von "Bedeutung") ein reales Wirkpotential zukommt, gegenüber dem das konkrete "Substrat" der Informationübertragung von nachrangiger (insbesondere also non-kausaler) Bedeutung ist.


In diesem Sinne betrachte ich die Informatik als Semiotik. Deine Frage ist dann eine nach dem ontologischen Status von Zeichen. Es gibt aber keine Zeichen-an-sich, d.h. etwas ist nur dann ein Zeichen, wenn es als solches wahrgenommen und verstanden wird.
Aus ontologischer Sicht ist die Unterscheidung zwischen abstrakten Zeichentypen und deren konkreten Zeichenexemplaren relevant.


Nein, da hast du meine Frage ziemlich missverstanden.

Wie du richtig schreibst, muss Information in semantischem Sinne wahr_genommen werden, um "anzukommen". Der Weg bis zur (bewussten) Wahrnehmung ist nicht das, wonach ich gefragt habe.

Zum Verständnis ein arg konstruiertes, verkürztes und plakativ übertriebenes Beispiel:

Die Nachbarin schreibt einen Brief, indem sie ihrem Nachbarn mitteilt, dass seine Frau ihn schon lange mit Herrn XYZ betrügt. Darauf hin bringt der Mann seine Frau um.

Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).


Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?

#300:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 09:55
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Die Nachbarin schreibt einen Brief, indem sie ihrem Nachbarn mitteilt, dass seine Frau ihn schon lange mit Herrn XYZ betrügt. Darauf hin bringt der Mann seine Frau um.

Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).
Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte.

Wie Er-Win schon andeutet, geht es ihm ja gar nicht um die Frage, was genau Information ist, sondern um sein Lieblingsthema Top-Down Kausalität. Die Frage hinter der geschilderten Situation ist, was genau die kausale Wirkung ausübt bzw. den Handlungsimpuls im Leser bewirkt:
a) der informelle Inhalt des Briefes
b) der Brief
c) das Absenden des Briefes
d) die Atome der Tinte Briefes usw.
e) die Untreue der Frau
f) ...

Meiner Ansicht nach ist die Antwort abhängig von der Genauigkeit, mit der wir hinschauen. In einem vereinfachten Alltagsmodell agiert der Brief kausal, bei genauerem Hinschauen ist das aber paradox. Stattdessen sehen wir dann eine Kette vieler Einflüsse und letztlich Mikrokausalität.

#301:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 11:18
    —
Hi step!


step hat folgendes geschrieben:

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Er_Win hat folgendes geschrieben:

Die Nachbarin schreibt einen Brief, indem sie ihrem Nachbarn mitteilt, dass seine Frau ihn schon lange mit Herrn XYZ betrügt. Darauf hin bringt der Mann seine Frau um.

Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).

Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte.

Wie Er-Win schon andeutet, geht es ihm ja gar nicht um die Frage, was genau Information ist, sondern um sein Lieblingsthema Top-Down Kausalität. Die Frage hinter der geschilderten Situation ist, was genau die kausale Wirkung ausübt bzw. den Handlungsimpuls im Leser bewirkt:
a) der informelle Inhalt des Briefes
b) der Brief
c) das Absenden des Briefes
d) die Atome der Tinte Briefes usw.
e) die Untreue der Frau
f) ...

Meiner Ansicht nach ist die Antwort abhängig von der Genauigkeit, mit der wir hinschauen. In einem vereinfachten Alltagsmodell agiert der Brief kausal, bei genauerem Hinschauen ist das aber paradox. Stattdessen sehen wir dann eine Kette vieler Einflüsse und letztlich Mikrokausalität.


Genauer besteht bei dem Beispiel, welches Er-Win genannt hat, die Gefahr, Scheinkausalität zu konstruieren. Im Gegensatz zu einem Lichtschalter, an dem ein entsprechender Verbraucher hängt, sind nicht die Regelkreise bekannt, sondern nur ein einzelnes Ergebnis. Der Unterschied liegt hierin:


(a) "Hättest Du nicht Lotto gespielt, wärst Du nicht Lotto-Millionär geworden!"
(b) "Weil Du Lotto gespielt hast, bist Du Lotto-Millionär geworden!"



Und natürlich führt (b) deshalb in die Irre, weil im Gegensatz zu (a) kein Ereignis beschrieben wurde, sondern nur eine bestimmte Möglichkeit (Die Erfahrung zeigt, dass eben nicht jeder Tipp mit Millionenerfolg gekrönt ist). Damit ist (b) fehlschlüssig, auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag, als würde eine Kausalität vorliegen (Umgangssprachlich findet dergleichen allerdings gerne Verwendung).


BTW: Kausalität ist untrennbar mit dem Informationsbegriff verknüpft (vgl. auch Stephen Hawkings "Black Hole Information Loss Problem").




Cheers,

Lamarck

#302:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 12:19
    —
@step hat das schon ganz "richtig" erkannt worum es mir geht zwinkern

Und der Einwand von @lamarck erscheint mir noch (bewußt ungünstig?) konstruierter als mein Beispiel. Die Abhängigkeit menschlicher Handlungen von Informationen, die sie erst mal auf bewußter Ebene verstanden haben müssen, damit sich deren Wirkpotential ergeben kann, ist für mich um vieles empirisch evidenter als zB. das "Sichten" von Higgs-Bosonen o.ä.

Btw. ist @lamarcks "Schluss" von a) auf b) noch dazu aussagenlogisch falsch. Aus a->b folgt nun mal nicht non-a -> non-b ! Aussagenlogisch korrekt wäre die Aussage, dass aus der Tatsache, dass jemand im Lotte gewonnen hat, folgt, dass derjenige Lotto gespielt hat. (formal non-b -> non-a)

Und ich verwende auch absichtlich nicht den "überstrapazierten" Begriff von "Kausalität". Ich tendiere dazu, dass eine strenge Kausalität nur in formalen Systemen (zB. Mathematik/Aussagenlogik A->B) "existiert". Im Bereich der Wissenschaft, welche "Realität" modeliert ist Kausalität nur ein (Schein-)Konstrukt, allerdings zT. mit sehr zutreffendem Wahrscheinlichkeitscharakter und zwar bottom-up als auch top-down.

Im top-down Sinne wäre ein sinnvolleres Beispiel, die Information, dass im Brief eine Bombe lauert. Nur ein Selbstmörder würde jenen dann öffnen, ganz im Gegensatz dazu, wenn er diese Information nicht hätte.


Zuletzt bearbeitet von Er_Win am 21.02.2012, 12:26, insgesamt 2-mal bearbeitet

#303:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 12:23
    —
Ich möchte mich der Verwendung des Begriffes Kausalität in der Mathematik und eigentlich auch Logik vehement verwehren. Wenn Kausalität als Begriff Sinn macht, dann nur in den Realwissenschaften... es sei denn du kannst mir irgendwie nachvollziehbar erklären, was bitte Kausalitt in der Mathematik sein soll.

#304:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 12:41
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Ich möchte mich der Verwendung des Begriffes Kausalität in der Mathematik und eigentlich auch Logik vehement verwehren.


stimmt, das war jetzt "schlampig" bzw. ugs. verwendet. Die logisch zwingende Folge von A zu B (welche i.d.Logik auch "irreales" verknüpfen kann) nennt sich "materiale Implikation". Genau jene wird aber i.d. Realwissenschaften zum Modellieren von abgeleiteten Kausalbeziehungen angewandt.

#305:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 12:52
    —
Eine materiale Implikation drückt nur eine hinreichende Bedingung aus, keinen inhaltichen Zusammenhang! Es ist zu einem gewissen Grad korrekt, dass die materiale Implikation zur Modellierung von Kausalitt verwendet wird, aber mit (mindestens) zwei Einschränkungen:

1. Damit Kausalität erfüllt ist, müssen einige Zusatbedingungen erfüllt sein (beisielsweise muss die Ursache zeitlich der Wirkung vorausgehen)

2. Wichtiger noch ist, dass Kausalität als Begriff überhaupt nur in Bezug auf die Welt Sinn macht. Kausalität wird der Welt unterstellt und danach das mathematische Modell gebaut, dass diesem Kausalitätsanspruch entspricht.

#306:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 13:12
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Kausalität wird der Welt unterstellt und danach das mathematische Modell gebaut, dass diesem Kausalitätsanspruch entspricht.


dieser Satz könnte von mir sein Smilie

#307:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 14:18
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Kausalität wird der Welt unterstellt und danach das mathematische Modell gebaut, dass diesem Kausalitätsanspruch entspricht.
dieser Satz könnte von mir sein Smilie

Schon, aber stimmst Du ihm zu oder nicht?

#308:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 14:44
    —
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Kausalität wird der Welt unterstellt und danach das mathematische Modell gebaut, dass diesem Kausalitätsanspruch entspricht.
dieser Satz könnte von mir sein Smilie

Schon, aber stimmst Du ihm zu oder nicht?


ja, aber in dem Sinne, dass Kausalität nicht etwas ist, was "ist", sondern etwas, dass qua statistisch gut funktionierender Vorhersagemodelle unterstellt wird. Wie oben ontologisch abstrahiert und klassifiziert ergo ein Konstrukt.

#309:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 14:51
    —
Hi Er_Win!


Er_Win hat folgendes geschrieben:

@step hat das schon ganz "richtig" erkannt worum es mir geht zwinkern

Und der Einwand von @lamarck erscheint mir noch (bewußt ungünstig?) konstruierter als mein Beispiel. Die Abhängigkeit menschlicher Handlungen von Informationen, die sie erst mal auf bewußter Ebene verstanden haben müssen, damit sich deren Wirkpotential ergeben kann, ist für mich um vieles empirisch evidenter als zB. das "Sichten" von Higgs-Bosonen o.ä.


Informationen haben grundsätzlich kein 'Wirkpotential'. Du sprichst hier von etwas anderem, etwa von Motiv bzw. besser noch von Motivation, vielleicht gar von Affekthandlungen.




Er_Win hat folgendes geschrieben:

Btw. ist @lamarcks "Schluss" von a) auf b) noch dazu aussagenlogisch falsch. Aus a->b folgt nun mal nicht non-a -> non-b ! Aussagenlogisch korrekt wäre die Aussage, dass aus der Tatsache, dass jemand im Lotte gewonnen hat, folgt, dass derjenige Lotto gespielt hat. (formal non-b -> non-a)


Richtig insoweit, dass in der Logik dies hier die Äquivalenz von Position und Kontraposition darstellt:


    ab <=> ¬b → ¬a



Aber genau dies war doch mein Vorwurf an Deinem Beispiel, welches ich mit dem Lottogewinn verdeutlichen wollte! Du untersuchst hier den Fall: "Wer im Lotto gewinnen will, muss spielen" und die zugehörige Kontraposition lautet: Wer nicht spielt, will nicht im Lotto gewinnen. Wir beschäftigen uns aber hiermit: "Der Lottogewinner hätte nicht seinen Gewinn gewinnen können, wenn er nicht gespielt hätte." Dies ist was ganz anderes, hier ist schon ein bestimmtes Ereignis eingetreten! Siehst Du es jetzt? - Dergleichen verspotte ich liebend gerne als anekdotische Evidenz ... . zwinkern




BTW: causa finalis, causa efficiens ...




Cheers,

Lamarck


Zuletzt bearbeitet von Lamarck am 21.02.2012, 15:17, insgesamt 2-mal bearbeitet

#310:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 15:09
    —
Hi Kival!


Kival hat folgendes geschrieben:

Eine materiale Implikation drückt nur eine hinreichende Bedingung aus, keinen inhaltichen Zusammenhang! Es ist zu einem gewissen Grad korrekt, dass die materiale Implikation zur Modellierung von Kausalitt verwendet wird, aber mit (mindestens) zwei Einschränkungen:

1. Damit Kausalität erfüllt ist, müssen einige Zusatbedingungen erfüllt sein (beisielsweise muss die Ursache zeitlich der Wirkung vorausgehen)

2. Wichtiger noch ist, dass Kausalität als Begriff überhaupt nur in Bezug auf die Welt Sinn macht. Kausalität wird der Welt unterstellt und danach das mathematische Modell gebaut, dass diesem Kausalitätsanspruch entspricht.


In der Tat ist Kausalität die Abbildung einer Implikation: Ursache → Wirkung

Aber auch das formale Zeichen für Implikation beschreibt als Modellierung nur eine Lesrichtung, eben von links ('Ursache') nach rechts ('Wirkung'). Wieviele Planck-Zeit-Intervalle wohl in beiden Fällen minimal nötig sind, um eine Ursache von einer Wirkung unterscheiden zu können? zwinkern




Cheers,

Lamarck

#311:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.02.2012, 20:40
    —
Aus physikalischer Sicht versuche ich bei der Definition von Kausalität möglichst zu vermeiden, philosophische Kategorien zu verwenden, deren bedeutung selbst wiederum unklar ist.

Wir hatten schon mal einen wie ich finde sehr guten thread dazu, eigentlich über verschiedene Unterarten des Determinimus, aber dann ging es auch um Kausalität, Zeitrichtung usw.:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1719520#1719520
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1721171#1721171
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1726141#1726141

#312:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 01:59
    —
Hi step!


step hat folgendes geschrieben:

Aus physikalischer Sicht versuche ich bei der Definition von Kausalität möglichst zu vermeiden, philosophische Kategorien zu verwenden, deren bedeutung selbst wiederum unklar ist.

Wir hatten schon mal einen wie ich finde sehr guten thread dazu, eigentlich über verschiedene Unterarten des Determinimus, aber dann ging es auch um Kausalität, Zeitrichtung usw.:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1719520#1719520
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1721171#1721171
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1726141#1726141


Betrachtet sei ein Galtonbrett:









Bei idealer Anordnung werden die Kugeln echt zufällig fallen. Interessant ist bei dieser Anordnung, dass eine Kugel vor dem Fall weit mehr Optionen bezüglich der möglichen Wege aufweist, als eine Kugel, die schon gefallen ist (die am weitesten nach außen liegenden Kugeln verfügen bsw. über einen eindeutigen Rückweg)! Und diese dadurch entstehende Asymmetrie ist der Grund, warum die Kugeln 'wissen', wie sie sich anzuordnen haben. Trotz des Vorliegens von echtem Zufall bei einer einzelnen Kugel (nennen wir die Situation Mikrozustand) führt hier bei Tendenz gegen die Anordnung zu einer im Ergebnis determinierten Verteilungskurve. Der binäre Aufbau des Galtonbretts erleichtert den Zugang zum informationstheoretischen Zusammenhang. Und genau das ist Kausalität.




Cheers,

Lamarck

#313:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 02:12
    —
Hi Tom der Dino!


Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?











Cheers,

Lamarck

#314:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 02:30
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?


Wie wirkt eine Information denn kausal? Wenn Du das einfach so erklären kannst... o.k., aber ich glaube nicht, dass das so ohne weiteres geht.

#315:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 11:50
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).


Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?


Die "semantische Information" existiert nicht als solche, sondern wird im Gehirn beim Anblick bestimmter Ordnungsmuster der Materie erst konstruiert (oder auch nicht). Beispielsweise sind für jemanden, welcher der Sprache nicht mächtig ist, gesprochene Worte und Buchstaben nicht mehr als ein unkoordiniertes Durcheinander von Sinneseindrücken. Wenn Information stattdessen einfach "da" und kausal wirksam wäre, wären Lernprozesse nicht so außerordentlich mühsam wie sie tatsächlich sind: man bräuchte die "Information" einfach nur in ein x-beliebiges Gehirn einzutrichtern, um mit naturgesetzlicher Notwendigkeit Lernprozesse zu erzwingen und vorhersehbare Reaktionen auszulösen. Das ist aber nicht der Fall.

Selbst bei Menschen, die eine gemeinsame Sprache erlernt haben, woraus folgt, dass das Lesen eines Briefes bei diesen Menschen ähnliche neuronale Prozesse in Gang setzt, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sie den Brief in derselben Weise deuten, geschweige denn, in gleicher Weise reagieren. Der eine reagiert auf die Information, dass seine Frau ihn betrügt, völlig emotionslos, ein anderer ist möglicherweise sogar froh darüber, während ein dritter seine Frau, ein vierter dagegen den Liebhaber der Frau umbringt... und der fünfte weiß möglicherweise gar nicht, was das Wort "Fremdgehen" überhaupt bedeutet. zwinkern

#316:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 12:04
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
....
Selbst Menschen, die eine gemeinsame Sprache erlernt haben, woraus folgt, dass das Lesen eines Briefes bei diesen Menschen dieselben neuronalen Prozesse in Gang setzt, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sie in gleicher Weise reagieren. Der eine reagiert auf die Information, dass seine Frau ihn betrügt, völlig emotionslos, ein anderer ist möglicherweise sogar froh darüber, während ein dritter seiner Frau, ein vierter dagegen den Liebhaber der Frau umbringt...
fett von mir
Wenn es dieselben Vorgänge wären, wäre die selbe Reaktion gewährleistet. Aber Sprache ist ebensowenig ein konstanter Zeichenvorrat, der geladen wird, wie die ausführenden Maschinen selbst identisch sind. Jede dieser Maschinen formt sich aus ihren Anlagen in Antwort auf die Geschichte, die sie erlebt: Keine zwei Menschen sind identisch und auch die Kommunikation über die "gemeinsame" Sprache ist immer nur ein Versuch, der für das tägliche Leben meistens hinreichend funktioniert, in der theoretischen Betrachtung jedoch bereits fast grundsätzlich zum Scheitern verurteilt ist, auch wenn man dieses Scheitern dann Philosophie nennt. zwinkern

fwo

#317:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 12:17
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
....
Selbst Menschen, die eine gemeinsame Sprache erlernt haben, woraus folgt, dass das Lesen eines Briefes bei diesen Menschen dieselben neuronalen Prozesse in Gang setzt, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sie in gleicher Weise reagieren. Der eine reagiert auf die Information, dass seine Frau ihn betrügt, völlig emotionslos, ein anderer ist möglicherweise sogar froh darüber, während ein dritter seiner Frau, ein vierter dagegen den Liebhaber der Frau umbringt...
fett von mir
Wenn es dieselben Vorgänge wären, wäre die selbe Reaktion gewährleistet.


Ja, ich hatte es deshalb editiert und "ähnliche neuronale Prozesse" geschrieben...

fwo hat folgendes geschrieben:
Aber Sprache ist ebensowenig ein konstanter Zeichenvorrat, der geladen wird, wie die ausführenden Maschinen selbst identisch sind. Jede dieser Maschinen formt sich aus ihren Anlagen in Antwort auf die Geschichte, die sie erlebt: Keine zwei Menschen sind identisch und auch die Kommunikation über die "gemeinsame" Sprache ist immer nur ein Versuch, der für das tägliche Leben meistens hinreichend funktioniert, in der theoretischen Betrachtung jedoch bereits fast grundsätzlich zum Scheitern verurteilt ist, auch wenn man dieses Scheitern dann Philosophie nennt. zwinkern


Unbestritten. Den Punkt sieht man auch in der Debatte mit Kreationisten sehr gut: Wir beide lesen ein antievolutionistisches Traktat, antworten darauf, und es schallt zurück, wir hätten deren Text vollkommen missverstanden und würden Strohmänner attackieren, weil sie selbstverständlich keine Lückenbüßer-Theologie verträten usw. Offensichtlich können zwei Menschen denselben Text lesen und vollkommen unterschiedlich interpretieren. Und selbst die Repliken bzw. Richtigstellungen lösen beim jeweiligen Kontrahenten nur verständnisloses Kopfschütteln aus, weil die Gegenargumente schlichtweg nicht überzeugen.

#318:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 19:04
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).


Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?


Die "semantische Information" existiert nicht als solche, sondern wird im Gehirn beim Anblick bestimmter Ordnungsmuster der Materie erst konstruiert (oder auch nicht). Beispielsweise sind für jemanden, welcher der Sprache nicht mächtig ist, gesprochene Worte und Buchstaben nicht mehr als ein unkoordiniertes Durcheinander von Sinneseindrücken. Wenn Information stattdessen einfach "da" und kausal wirksam wäre, wären Lernprozesse nicht so außerordentlich mühsam wie sie tatsächlich sind: man bräuchte die "Information" einfach nur in ein x-beliebiges Gehirn einzutrichtern, um mit naturgesetzlicher Notwendigkeit Lernprozesse zu erzwingen und vorhersehbare Reaktionen auszulösen. Das ist aber nicht der Fall.


Fett von mir.

Ähm doch. Anders ist es nicht zu erklären, dass Kinder eine Sprache erlernen können. Lernprozesse erzwingt man mit jedem Reiz, der aufgenommen wird. Nur ist die Reaktion nicht sehr offensichtlich.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Selbst bei Menschen, die eine gemeinsame Sprache erlernt haben, woraus folgt, dass das Lesen eines Briefes bei diesen Menschen ähnliche neuronale Prozesse in Gang setzt, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sie den Brief in derselben Weise deuten, geschweige denn, in gleicher Weise reagieren. Der eine reagiert auf die Information, dass seine Frau ihn betrügt, völlig emotionslos, ein anderer ist möglicherweise sogar froh darüber, während ein dritter seine Frau, ein vierter dagegen den Liebhaber der Frau umbringt... und der fünfte weiß möglicherweise gar nicht, was das Wort "Fremdgehen" überhaupt bedeutet. zwinkern
Letztendlich ist die Art der Reaktion nicht Ausdruck von Kausalität, sondern nur dass eine Reaktion passiert. Selbst im emotionslosen Fall, wird im Kurzzeitgedächtnis irgendetwas passieren, das dafür sorgt, dass das gelesene nicht sofort vergessen wird. Damit hast du eine Wirkung, die abhängig von der Info ist. Hätte in dem Brief gestanden, dass die Frau die Modelleisenbahn beschädigt hat, hätte die Reaktion vermutlich anders ausgesehen.

#319:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.02.2012, 20:15
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Bei idealer Anordnung werden die Kugeln echt zufällig fallen.

Wenn es keine kohärenten Zustände sind, fallen die Kugeln nicht echt zufällig, sondern deterministisch-chaotisch-pseudozufällig. Aber lassen wir das für den Moment mal beiseite.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Interessant ist bei dieser Anordnung, dass eine Kugel vor dem Fall weit mehr Optionen bezüglich der möglichen Wege aufweist, als eine Kugel, die schon gefallen ist (die am weitesten nach außen liegenden Kugeln verfügen bsw. über einen eindeutigen Rückweg)! Und diese dadurch entstehende Asymmetrie ist der Grund, warum die Kugeln 'wissen', wie sie sich anzuordnen haben.

Mikroskopisch betrachtet ist es allerdings keine Asymmetrie, was man etwa an der Schrödingergleichung sehen kann.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
... führt hier bei Tendenz gegen die Anordnung zu einer im Ergebnis determinierten Verteilungskurve. Der binäre Aufbau des Galtonbretts erleichtert den Zugang zum informationstheoretischen Zusammenhang. Und genau das ist Kausalität.

Du beschreibst hier, durchaus korrekt, Makrokausalität, die nämlich in der Tat immer "thermodynamische" Mittelungen beinhaltet. Mikrokausalität dagegen, oder allgemeiner gesagt Mikrodeterminismus, zeigt diese Eigenschaft nicht, dort haben wir vollständige Zeitsymmetrie - zumindest solange man nicht wie in der KD ein willkürliches Subsystem betrachtet, in dem es zu "zauberhaften Zustandskollapsen" kommt.

#320:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 00:06
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?


Wie wirkt eine Information denn kausal? Wenn Du das einfach so erklären kannst... o.k., aber ich glaube nicht, dass das so ohne weiteres geht.


Was ist denn Information? Information ist nach meinem Begriff das, was ein Messgerät misst. Damit aber etwas gemessen werden kann, muss sich der Zustand des Sensors im Messgerät ändern. Die Information ändert also den Zustand im Messgerät. Wenn das nicht eine kausale Wirkung einer Information ist, dann habe ich euch immer noch nicht verstanden.

Wenn ihr Inhalte von Texten meint, dann habt ihr eine Kaskade von Messungen. Die Sequenz der Kaskade als übergeordnete Information, ist trotz allem nicht verschieden. Ob man nun Strom "an" als Schalter benutzt oder Strom "an, aus, an, an, aus" sollte vom Prinzip her keinen Unterschied machen.

#321:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 01:54
    —
Damit vertrittst Du letztlich, dass Information eben keine direkte kausale Wirkung hat. Da ich da eher auf deiner Seite bin, müssen wir Er_win sein Feld lassen, da zu widersprechen.

#322:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 02:47
    —
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

#323:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 10:43
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Nein! Du hast sicher auch schon Nachrichten bekommen, bei denen du gedacht hast: What the f*ck? Lachen

#324:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 12:09
    —
Hi step!


step hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Bei idealer Anordnung werden die Kugeln echt zufällig fallen.

Wenn es keine kohärenten Zustände sind, fallen die Kugeln nicht echt zufällig, sondern deterministisch-chaotisch-pseudozufällig. Aber lassen wir das für den Moment mal beiseite.


Genau darauf will ich hinaus ... . zwinkern

Wenn die Kugeln als makroskopische Objekte nicht echt zufällig im Galtonbrett fallen können, bedeutet dies, dass damit eine weitere Allaussage zutrifft: Eine ideale Anordnung des Versuchsaufbaus ist prinzipiell nicht möglich. Dann wären aber auch pseudozufällige von zufälligen Ereignissen ebenfalls prinzipiell nicht unterscheidbar - was wiederum bedeutet, die hier im informationstheoretischen Sinne benötigte Information liegt nicht vor. Das aber wäre der Beweis durch Widerspruch, dass hier kein pseudozufälliges, sondern echt zufälliges Ereignis vorliegt ... .




step hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Interessant ist bei dieser Anordnung, dass eine Kugel vor dem Fall weit mehr Optionen bezüglich der möglichen Wege aufweist, als eine Kugel, die schon gefallen ist (die am weitesten nach außen liegenden Kugeln verfügen bsw. über einen eindeutigen Rückweg)! Und diese dadurch entstehende Asymmetrie ist der Grund, warum die Kugeln 'wissen', wie sie sich anzuordnen haben.

Mikroskopisch betrachtet ist es allerdings keine Asymmetrie, was man etwa an der Schrödingergleichung sehen kann.


Schauen wir einmal: Statt 'Kugeln' betrachten wir Materiewellen bzw. Licht, die Information in Form von Wahrscheinlichkeiten transportieren, die durch ein doppelspalt-analoges Galtonbrett geleitet werden. Was ist hier anders, außer, dass 'mikroskopische Objekte' nicht diskret wie 'makroskopische Objekte' 'ganz oder gar nicht' "fallen"?




step hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

... führt hier bei Tendenz gegen die Anordnung zu einer im Ergebnis determinierten Verteilungskurve. Der binäre Aufbau des Galtonbretts erleichtert den Zugang zum informationstheoretischen Zusammenhang. Und genau das ist Kausalität.

Du beschreibst hier, durchaus korrekt, Makrokausalität, die nämlich in der Tat immer "thermodynamische" Mittelungen beinhaltet. Mikrokausalität dagegen, oder allgemeiner gesagt Mikrodeterminismus, zeigt diese Eigenschaft nicht, dort haben wir vollständige Zeitsymmetrie - zumindest solange man nicht wie in der KD ein willkürliches Subsystem betrachtet, in dem es zu "zauberhaften Zustandskollapsen" kommt.


Wenn wir in der informationstheoretischen Betrachtung die Gruppengeschwindigkeit als Signalgeschwindigkeit auffassen, können wir hier weder von Kausalität/Mikrokausalität, noch von Determinismus/Mikrodeterminismus reden. Der mikroskopische Bereich ist hier nicht entsprechend definiert, was nur ein anderes Wort für die Existenz von echtem Zufall darstellt. Wie oben kann sich im kontradiktorischen Beweisverfahren Determinismus nicht auf echten Zufall gründen; Determinismus 'geht' offenbar auch nur makroskopisch (was, wie ich meine, schon aus Schrödinger hervorgeht).

Ganz anders der Kausalitätsbegriff, der sich eben an der informationstheoretischen Betrachtung kettet ... .




Cheers,

Lamarck


Zuletzt bearbeitet von Lamarck am 23.02.2012, 12:15, insgesamt einmal bearbeitet

#325:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 12:12
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Richtig. Und sowohl dieses "Erkennen der Bedeutung" als auch das Auslösen der Reaktion ist - nach allem was wir wissen - reduzierbar auf mikrokausale Zusammenhänge. Unter anderem werden da beispielsweise Hell-Dunkel-Muster mit vorhandenen neuronal repräsentierten Mustern verglichen. Man weiß allerdings noch nicht, wie genau diese Repräsentation funktioniert.

#326:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 12:13
    —
Hi Myron!


Myron hat folgendes geschrieben:

Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.


Ich nehme an, Dir ist klar, dass es so nicht möglich ist, das Körper-Geist-Problem zu lösen ... .




Cheers,

Lamarck

#327:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 12:28
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Wenn die Kugeln als makroskopische Objekte nicht echt zufällig im Galtonbrett fallen können, bedeutet dies, dass damit eine weitere Allaussage zutrifft: Eine ideale Anordnung des Versuchsaufbaus ist prinzipiell nicht möglich.

Richtig, oder nur mit einem Quanten-Galton-Brett (heißt i.a. Quantenwürfel).

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Dann wären aber auch pseudozufällige von zufälligen Ereignissen ebenfalls prinzipiell nicht unterscheidbar - was wiederum bedeutet, die hier im informationstheoretischen Sinne benötigte Information liegt nicht vor. Das aber wäre der Beweis durch Widerspruch, dass hier kein pseudozufälliges, sondern echt zufälliges Ereignis vorliegt ... .

Den Teil verstehe ich nicht, aber schaun wir erstmal weiter.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mikroskopisch betrachtet ist es allerdings keine Asymmetrie, was man etwa an der Schrödingergleichung sehen kann.
Schauen wir einmal: Statt 'Kugeln' betrachten wir Materiewellen bzw. Licht, die Information in Form von Wahrscheinlichkeiten transportieren, die durch ein Doppelspaltanaloges Galtonbrett geleitet werden. Was ist hier anders, außer, dass 'mikroskopische Objekte' nicht diskret wie 'makroskopische Objekte' 'ganz oder gar nicht' "fallen"?

Im Quantenfall (Doppelspalt-analog) ist die Lösung der Bewegungsgleichung für das gesamtsystem streng deterministisch und symmetrisch in beider Richtungen (folgt aus der Unitarität der Schrödingergleichung für die Gesamtwellenfunktion). Bevor ich also das Ergebnis anschaue (oder sonstwie messe), haben wir also eine kohärente Überlagerung aller Möglichkeiten. Man kann vor- und zurückrechnen, ohne Information zu verlieren.

Sobald man das Ergebnis mißt, hängt die Deutung davon ab, welche Interpretation der QM man bevorzugt:
- in der hat man einen magischen Zustandskollaps mit echtem Zufall, man könnte also sagen es geht Information verloren
- in der VWI geht keine Information verloren, die Gesamtwellenfunktion "faktorisiert" und jeder Beobachter sieht nur einen dieser Faktoren, also sozuagen eine Stichprobe.
Bezüglich der Wahrscheinlichkeiten der Erwartungswerte sind beide Interpretationen mathematisch äquivalent.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Determinismus 'geht' offenbar auch nur makroskopisch (was, wie ich meine, schon aus Schrödinger hervorgeht).

Auch das verstehe ich nicht, für mich ist die SG deterministisch (in bezug auf die Zeitentwickluing der Gesamtwellenfunktion). Ich sehe höchstens den Punkt, daß es unklar ist, wieweit man der Wellenfunktion in der SG eine reale Existenz zumessen sollte. Dazu gibt es ja genügend Diskussionen.

#328:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 12:59
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).


Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?


Die "semantische Information" existiert nicht als solche, sondern wird im Gehirn beim Anblick bestimmter Ordnungsmuster der Materie erst konstruiert (oder auch nicht). Beispielsweise sind für jemanden, welcher der Sprache nicht mächtig ist, gesprochene Worte und Buchstaben nicht mehr als ein unkoordiniertes Durcheinander von Sinneseindrücken. Wenn Information stattdessen einfach "da" und kausal wirksam wäre, wären Lernprozesse nicht so außerordentlich mühsam wie sie tatsächlich sind: man bräuchte die "Information" einfach nur in ein x-beliebiges Gehirn einzutrichtern, um mit naturgesetzlicher Notwendigkeit Lernprozesse zu erzwingen und vorhersehbare Reaktionen auszulösen. Das ist aber nicht der Fall.


Fett von mir.

Ähm doch. Anders ist es nicht zu erklären, dass Kinder eine Sprache erlernen können. Lernprozesse erzwingt man mit jedem Reiz, der aufgenommen wird. Nur ist die Reaktion nicht sehr offensichtlich.


Du kannst keine Lernprozesse erzwingen, weil die kognitiven Interpretationsschemata individuell oder artspezifisch verschieden sind. Bei einem Schimpansen, um ein deutlicheres Beispiel zu wählen, "erzwingst" Du mit Mathematik und Sprache gar nichs. Information existiert also nicht real, sondern ist ein Produkt unserer Gehirne. Mithin sind Lernprozesse nur dann möglich, wenn vorher eine semantische Übereinkunft darüber getroffen wurde, welchem (z.B. optischen) Reiz welche "Information" beizumessen ist.

Manche Deutungs- bzw. (neuronalen) Erregungsmuster sind natürlich angeboren... Mr. Green




Tom der Dino hat folgendes geschrieben:

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Selbst bei Menschen, die eine gemeinsame Sprache erlernt haben, woraus folgt, dass das Lesen eines Briefes bei diesen Menschen ähnliche neuronale Prozesse in Gang setzt, ist noch lange nicht gewährleistet, dass sie den Brief in derselben Weise deuten, geschweige denn, in gleicher Weise reagieren. Der eine reagiert auf die Information, dass seine Frau ihn betrügt, völlig emotionslos, ein anderer ist möglicherweise sogar froh darüber, während ein dritter seine Frau, ein vierter dagegen den Liebhaber der Frau umbringt... und der fünfte weiß möglicherweise gar nicht, was das Wort "Fremdgehen" überhaupt bedeutet. zwinkern
Letztendlich ist die Art der Reaktion nicht Ausdruck von Kausalität, sondern nur dass eine Reaktion passiert. Selbst im emotionslosen Fall, wird im Kurzzeitgedächtnis irgendetwas passieren, das dafür sorgt, dass das gelesene nicht sofort vergessen wird.


Es gibt auch Menschen ohne Kurzzeitgedächtnis, aber darum geht es nicht: Die Deutung visueller und akustischer Reize findet im Gehirn statt. Das Gehirn selber misst den Reizen eine Information bei oder nicht. Ohne Gehirn keine (semantische) Information.

#329:  Autor: VobroWohnort: Wuppertal BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 14:13
    —
step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Richtig. Und sowohl dieses "Erkennen der Bedeutung" als auch das Auslösen der Reaktion ist - nach allem was wir wissen - reduzierbar auf mikrokausale Zusammenhänge. Unter anderem werden da beispielsweise Hell-Dunkel-Muster mit vorhandenen neuronal repräsentierten Mustern verglichen. Man weiß allerdings noch nicht, wie genau diese Repräsentation funktioniert.


Würde das bedeuten, daß chinesische oder altägyptische Schriftzeichen nichts in unseren Köpfen auslösen, weil wir sie nicht verstehen und ihre Bedeutung uns zunächst vollkommen unbekannt ist?

Gerade das Unbekannte, ncht zu deuetnde, rätselhafte, löst doch eine ganze Menge in unseren Köpfen aus, zw. Angst und Abwehr oder großer Anzieheung und Faszination und der Anregung des Forscherdranges, das Unbekannte zu entschlüsseln.

Oder nicht?

#330:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 14:32
    —
Vobro hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Richtig. Und sowohl dieses "Erkennen der Bedeutung" als auch das Auslösen der Reaktion ist - nach allem was wir wissen - reduzierbar auf mikrokausale Zusammenhänge. Unter anderem werden da beispielsweise Hell-Dunkel-Muster mit vorhandenen neuronal repräsentierten Mustern verglichen. Man weiß allerdings noch nicht, wie genau diese Repräsentation funktioniert.


Würde das bedeuten, daß chinesische oder altägyptische Schriftzeichen nichts in unseren Köpfen auslösen, weil wir sie nicht verstehen und ihre Bedeutung uns zunächst vollkommen unbekannt ist?

Gerade das Unbekannte, ncht zu deuetnde, rätselhafte, löst doch eine ganze Menge in unseren Köpfen aus, zw. Angst und Abwehr oder großer Anzieheung und Faszination und der Anregung des Forscherdranges, das Unbekannte zu entschlüsseln.

Oder nicht?

Grundsätzlich löst jeder Reiz etwas in uns aus - mindestens die Reizverarbeitung, d.h. -aufnahme und -umformung in nornale Impulsmuster zur Weiterverarbeitung. Drum geht es hier aber nicht, es geht mehr um folgendes "Problem": Wenn ich dir sage, dass deine Freundin am Bahnhof auf dich wartet, und Du daraufhin zum Bahnhof gehst: Wurde deine körperliche Reaktion durch die abstrakte Information ausgelöst oder trieb dich nur mein schlechter Atem rein zufällig zum Bahnhof?

fwo

#331:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 14:39
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Drum geht es hier aber nicht, es geht mehr um folgendes "Problem": Wenn ich dir sage, dass deine Freundin am Bahnhof auf dich wartet, und Du daraufhin zum Bahnhof gehst: Wurde deine körperliche Reaktion durch die abstrakte Information ausgelöst oder trieb dich nur mein schlechter Atem rein zufällig zum Bahnhof?


... ehm nein? Die Frage ist, wie und auf welche Art die abstrakte Information die körperliche Reaktion auslöst.

#332:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 14:51
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Es interessiert mich jetzt nicht, wie der semantische Informationsgehalt (die Frau betrügt) übermittelt wurde (Brief, mündlich, eigene Beobachtung etc...) auch nicht, was im Körper an "Informationsverarbeitung" abläuft, bis die Semantik verstanden wurde, sondern der Aspekt, ob diese Information (kausales) Wirkpotential hat (nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung).


Ja, hat sie. Helft mir bitte, ich versuch die ganze Zeit zu verstehen, warum diese Frage nicht trivial sein sollte. Da ich nicht drauf komme, ihr aber sehr viel Energie in die Klärung dieser Frage steckt, muss ich davon ausgehen, dass ich eine gewaltig klaffende Bildungslücke besitze. Warum ist der Aspekt den Erwin erwähnt, nicht trivial?


Die "semantische Information" existiert nicht als solche, sondern wird im Gehirn beim Anblick bestimmter Ordnungsmuster der Materie erst konstruiert (oder auch nicht). Beispielsweise sind für jemanden, welcher der Sprache nicht mächtig ist, gesprochene Worte und Buchstaben nicht mehr als ein unkoordiniertes Durcheinander von Sinneseindrücken. Wenn Information stattdessen einfach "da" und kausal wirksam wäre, wären Lernprozesse nicht so außerordentlich mühsam wie sie tatsächlich sind: man bräuchte die "Information" einfach nur in ein x-beliebiges Gehirn einzutrichtern, um mit naturgesetzlicher Notwendigkeit Lernprozesse zu erzwingen und vorhersehbare Reaktionen auszulösen. Das ist aber nicht der Fall.


Fett von mir.

Ähm doch. Anders ist es nicht zu erklären, dass Kinder eine Sprache erlernen können. Lernprozesse erzwingt man mit jedem Reiz, der aufgenommen wird. Nur ist die Reaktion nicht sehr offensichtlich.


Du kannst keine Lernprozesse erzwingen, weil die kognitiven Interpretationsschemata individuell oder artspezifisch verschieden sind. Bei einem Schimpansen, um ein deutlicheres Beispiel zu wählen, "erzwingst" Du mit Mathematik und Sprache gar nichs. Information existiert also nicht real, sondern ist ein Produkt unserer Gehirne. Mithin sind Lernprozesse nur dann möglich, wenn vorher eine semantische Übereinkunft darüber getroffen wurde, welchem (z.B. optischen) Reiz welche "Information" beizumessen ist.
....

Ich würde es anders ausdrücken: Zum Verständnis abstrakter Information bedarf es des passenden Kontextes oder direkter: Zum Verständnis einer kodierten Nachricht bedarf es einer für einen Empfänger verständlichen Kodetabelle.

Aber sobald die existiert, bzw. erschließbar ist, ist auch die abstrakte Information über die Formatierung ihres Trägers hinaus real, sonst wäre etwa die abstrakte Information der DNA für uns nicht entzifferbar gewesen, und die entsteht nicht durch Übereinkunft.

Wobei dieses Beispiel allerdings etwas unglücklich ist, weil die Information, die man gemeinhin in der DNA zu lesen meint, tatsächlich erst im von uns restellten kybernetischen Modell der Eiweißsynthese entsteht.

fwo

#333:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 15:38
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Drum geht es hier aber nicht, es geht mehr um folgendes "Problem": Wenn ich dir sage, dass deine Freundin am Bahnhof auf dich wartet, und Du daraufhin zum Bahnhof gehst: Wurde deine körperliche Reaktion durch die abstrakte Information ausgelöst oder trieb dich nur mein schlechter Atem rein zufällig zum Bahnhof?


... ehm nein? Die Frage ist, wie und auf welche Art die abstrakte Information die körperliche Reaktion auslöst.

zwinkern Wenn Du meine Karikatur des "Problems" einmal ansiehst, stellst Du fest, dass sie genau die Frage stellt, die Du noch mal hingeschrieben hast.

Warum aber "Problem" in ""? Ich halte die Frage zum Einen für überzogen und zm Anderen für verfrüht.
Überzogen: Der Versuch, die Lagerhaltung eine realen verteilten Systems eines Supply-Chain-Managements auf SAP-Basis vom Auslösen der Bestellung über die davon ausgelösten Folgebestellungen über alle Systemgrenzen hinweg und durch alle Schnittstellen bis zur Bewegung im automatischen Lager dessen, der die Rohstoffe auf der untersten Produktionsebene bereitstellt, auf der Ebene elektrischer Ladungen verstehen zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt, obwohl wir hier ein rein menschgemachtes System haben, dessen Einzeltreile nur entwickelt werden konnten, weil wir ihre Funktion bis auf die Ebene der elektischen Ladungen verstanden haben.

Verfrüht: Das menschliche Gehirn ist nach heutigem Wissen ein hochparallel arbeitender Informationsverarbeitungsapparat , von dem wir auf der Ebene der informatischen Beschreibung weder die genaue Arbeitsweise der Prozessoren, noch deren Wortgröße oder überhaupt die interne Representation der Daten kennen, geschweige denn etwas über die Kommunikation zwischen den Prozessoren usw.. Was wir kennen, sind Reizeingänge, Reizleitungen, resultierend Reaktionen des gesamtsystems und eine Innenansicht dieses Gesamtsystems auf einer sehr hohen Ebene: Gedanken.

Was wir noch haben, ist eine grobe Ahnung, die wir als Evolutionstheorie bezeichnen, und die uns erzählt, wie diese Systeme entstanden sind. Das gibt uns den Hinweis, dass wir es auch bei Menschen letztendlich nur mit physikalischen Prozessen zu tun haben, ob wir die im einzelnen nun bereits kennen oder nicht.

fwo

#334:  Autor: VobroWohnort: Wuppertal BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 16:25
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Vobro hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Richtig. Und sowohl dieses "Erkennen der Bedeutung" als auch das Auslösen der Reaktion ist - nach allem was wir wissen - reduzierbar auf mikrokausale Zusammenhänge. Unter anderem werden da beispielsweise Hell-Dunkel-Muster mit vorhandenen neuronal repräsentierten Mustern verglichen. Man weiß allerdings noch nicht, wie genau diese Repräsentation funktioniert.


Würde das bedeuten, daß chinesische oder altägyptische Schriftzeichen nichts in unseren Köpfen auslösen, weil wir sie nicht verstehen und ihre Bedeutung uns zunächst vollkommen unbekannt ist?

Gerade das Unbekannte, ncht zu deuetnde, rätselhafte, löst doch eine ganze Menge in unseren Köpfen aus, zw. Angst und Abwehr oder großer Anzieheung und Faszination und der Anregung des Forscherdranges, das Unbekannte zu entschlüsseln.

Oder nicht?

Grundsätzlich löst jeder Reiz etwas in uns aus - mindestens die Reizverarbeitung, d.h. -aufnahme und -umformung in nornale Impulsmuster zur Weiterverarbeitung. Drum geht es hier aber nicht, es geht mehr um folgendes "Problem": Wenn ich dir sage, dass deine Freundin am Bahnhof auf dich wartet, und Du daraufhin zum Bahnhof gehst: Wurde deine körperliche Reaktion durch die abstrakte Information ausgelöst oder trieb dich nur mein schlechter Atem rein zufällig zum Bahnhof?

fwo


Ich hatte mich ja auch nur auf den einen Satz von Myron bezogen.

Zu der Frage, klingt flapsig, aber vielleicht geht es ja ganz wesentlich darum... was mich zum Bahnhof hinzieht, aufgrund Deiner Information, daß meine Freundin sich dort aufhält, ist womöglich meine Lust auf Sex. Klar gehts längst nicht nur um Sex, aber dieses Motiv ist zumindest ein äußerst starkes, weil evolutiv natürlich äßerst tief verankert.

Es gab also Deine Information, daraufhin in meinem Kopf die Kette: Freundin am Bahnhof - Beziehung zu ihr aufrechthalten - Sex.

#335:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 17:02
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Das menschliche Gehirn ist nach heutigem Wissen ein hochparallel arbeitender Informationsverarbeitungsapparat ,


Im Gehirn herrscht auf allen neuronalen Ebenen das „Konvergenz-Divergenz-Prinzip“, d.h. jede Zelle leitet Impulse an 1000 andere Zellen und sie empfängt von 1000 anderen Zellen Impulse, und mit diesem Prinzip entsteht die „Laterale Hemmung“, die zur Bildung von Kontrasten führt, das heißt: aus unscharfen Reizmustern scharf abgegrenzte „Objekte“ bzw. „Vorstellungen“ erzeugt.
Bei dieser systematischen Konvergenz-Divergenz-Verschaltung ist es meines Erachtens schlicht falsch, von paralleler Verarbeitung zu reden, die ja streng getrennte Verarbeitung bedeuten würde. Ein weit verbreiteter Unsinn!
So ist es in der Wissenschaft: Alle plappern nach, was einer mal als „Erklärung“ für sein Unverstandenes in die Welt gesetzt hat.

#336:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 17:14
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
....
Bei dieser systematischen Konvergenz-Divergenz-Verschaltung ist es meines Erachtens schlicht falsch, von paralleler Verarbeitung zu reden, die ja streng getrennte Verarbeitung bedeuten würde. Ein weit verbreiteter Unsinn! ....
fett von mir
Bei den Prozessortypen, der Datenreprensentation und dem Kontrollfluss, die wir heute in der Informatik benutzen stimmt das. Ich hatte allerdings bereits festgestellt, dass wir zu diesem Thema über das Hirn im Prinzip nichts wissen, insofern wäre ich da auch etwas vorsichtiger sowohl was den Inhalt einzelner Aussagen als auch was ihre schnelle Erklärung als Blödsinn angeht - dass dieses Gehirn sehr viel parallel macht, ist unzweifelhaft, auch wenn wir über die Organisation dieser Parallelität nicht wissen, weil ... (s.o.).

fwo

#337:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 19:27
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Nein! Du hast sicher auch schon Nachrichten bekommen, bei denen du gedacht hast: What the f*ck? Lachen


Ich meine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktionen.
Wenn z.B. jemand eine E-Mail erhält, worin steht, dass einer seiner Freunde gestorben ist, und er daraufhin anfängt zu weinen, dann ist das eine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktion, die nicht erfolgt wäre, wenn der Empfänger die Bedeutung oder den Inhalt der Nachricht nicht verstanden hätte.

#338:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 19:31
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Ich nehme an, Dir ist klar, dass es so nicht möglich ist, das Körper-Geist-Problem zu lösen ... .


Nein, das ist mir nicht klar.

#339:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 20:09
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Zeichen oder Nachrichten lösen nur dann etwas in mir aus, wenn ich ihre Bedeutung kenne und sie damit verstehe.

Nein! Du hast sicher auch schon Nachrichten bekommen, bei denen du gedacht hast: What the f*ck? Lachen


Ich meine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktionen.
Wenn z.B. jemand eine E-Mail erhält, worin steht, dass einer seiner Freunde gestorben ist, und er daraufhin anfängt zu weinen, dann ist das eine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktion, die nicht erfolgt wäre, wenn der Empfänger die Bedeutung oder den Inhalt der Nachricht nicht verstanden hätte.

Und wenn er die Nachricht nicht versteht, kratzt er sich am Kopf - auch eine Reaktion, die ohne die Nachricht nicht erfolgt wäre. Was ist daran jetzt so überraschend?

#340:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 20:35
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Ich meine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktionen.
Wenn z.B. jemand eine E-Mail erhält, worin steht, dass einer seiner Freunde gestorben ist, und er daraufhin anfängt zu weinen, dann ist das eine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktion, die nicht erfolgt wäre, wenn der Empfänger die Bedeutung oder den Inhalt der Nachricht nicht verstanden hätte.

Und wenn er die Nachricht nicht versteht, kratzt er sich am Kopf - auch eine Reaktion, die ohne die Nachricht nicht erfolgt wäre. Was ist daran jetzt so überraschend?


Es geht, wie gesagt, um spezifische Reaktionen auf semantische Informationen, die nicht nur von bloßer Zeichenwahrnehmung, sondern auch von damit einhergehender Zeichenverstehung abhängen.
Wenn ich eine in Chinesisch verfasste E-Mail erhielte, dann nähme ich die Zeichen zwar wahr (und auch als Zeichen), aber ich verstünde sie nicht, weil ich den entsprechenden Sprachcode nicht kenne und beherrsche.

#341:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 21:37
    —
Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Ich meine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktionen.
Wenn z.B. jemand eine E-Mail erhält, worin steht, dass einer seiner Freunde gestorben ist, und er daraufhin anfängt zu weinen, dann ist das eine bedeutungs- oder inhaltsbezogene Reaktion, die nicht erfolgt wäre, wenn der Empfänger die Bedeutung oder den Inhalt der Nachricht nicht verstanden hätte.

Und wenn er die Nachricht nicht versteht, kratzt er sich am Kopf - auch eine Reaktion, die ohne die Nachricht nicht erfolgt wäre. Was ist daran jetzt so überraschend?


Es geht, wie gesagt, um spezifische Reaktionen auf semantische Informationen, die nicht nur von bloßer Zeichenwahrnehmung, sondern auch von damit einhergehender Zeichenverstehung abhängen.
Wenn ich eine in Chinesisch verfasste E-Mail erhielte, dann nähme ich die Zeichen zwar wahr (und auch als Zeichen), aber ich verstünde sie nicht, weil ich den entsprechenden Sprachcode nicht kenne und beherrsche.

Meine etwas wirren Anmerkungen sind nur der Tatsache geschuldet, daß ich mich frage, wer das bestreiten könnte. Darauf beruht jede Chiffrierung und Dechiffrierung, diese Agentenspielchen halt.

#342:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 21:43
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Du kannst keine Lernprozesse erzwingen, weil die kognitiven Interpretationsschemata individuell oder artspezifisch verschieden sind. Bei einem Schimpansen, um ein deutlicheres Beispiel zu wählen, "erzwingst" Du mit Mathematik und Sprache gar nichs. Information existiert also nicht real, sondern ist ein Produkt unserer Gehirne. Mithin sind Lernprozesse nur dann möglich, wenn vorher eine semantische Übereinkunft darüber getroffen wurde, welchem (z.B. optischen) Reiz welche "Information" beizumessen ist.
....

Ich würde es anders ausdrücken: Zum Verständnis abstrakter Information bedarf es des passenden Kontextes oder direkter: Zum Verständnis einer kodierten Nachricht bedarf es einer für einen Empfänger verständlichen Kodetabelle.


Exakt. Doch vor dem Code steht die semantische Übereinkunft darüber, welches Muster was "codiert". Man kann also keine Information "erzeugen", die nicht zuvor schon in Gestalt von Engrammen im Gehirn mindestens eines Kommunikationspartners drin steckte...

Anders gesagt: Es werden nur bestimmte mentale Prozesse in Gehirnen "parallelisiert". Während Du dieses Geschwurbel liest, wirst Du Ähnliches denken wie ich. Aber nicht, weil "von außen" eine geheimnisvolle Essenz namens "Information" in Dein Hirn einsickerte, sondern weil wir durch einen kryptografischen Code auf unserer neuronalen "Hardware" ähnliche Prozesse ablaufen lassen. Und wo es nichts zu parallelisieren gibt, da existiert auch keine Information.

fwo hat folgendes geschrieben:

Aber sobald die existiert, bzw. erschließbar ist, ist auch die abstrakte Information über die Formatierung ihres Trägers hinaus real, sonst wäre etwa die abstrakte Information der DNA für uns nicht entzifferbar gewesen, und die entsteht nicht durch Übereinkunft.


Wie Du selbst sagst, ist das Beispiel unglücklich gewählt, weil das, was landläufig als "genetische Information" bezeichnet wird, einer anderen Kategorie angehört, als "Wissen" oder "semantische Information". Transkription der DNA und die nachfolgende Translation haben nichts mit Information zu tun, weil sie in Wahrheit nur gesetzmäßig ablaufende Bioprozesse darstellen: Der "genetische Code" besagt lediglich, welcher Typ Aminosäure mit welchem Typ t-RNA verknüpft ist. Man kann die Korrelation zwar vom Biogeschehen abstrahieren, sollte sich aber immer bewusst sein, dass man eine "Reifikation" vornimmt, wenn man die naturgesetzlichen Gegebenheiten mit "Information" benamst. Streng genommen ist das ein Kategorienfehler.

#343:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 23.02.2012, 23:01
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Du kannst keine Lernprozesse erzwingen, weil die kognitiven Interpretationsschemata individuell oder artspezifisch verschieden sind. Bei einem Schimpansen, um ein deutlicheres Beispiel zu wählen, "erzwingst" Du mit Mathematik und Sprache gar nichs. Information existiert also nicht real, sondern ist ein Produkt unserer Gehirne. Mithin sind Lernprozesse nur dann möglich, wenn vorher eine semantische Übereinkunft darüber getroffen wurde, welchem (z.B. optischen) Reiz welche "Information" beizumessen ist.
....

Ich würde es anders ausdrücken: Zum Verständnis abstrakter Information bedarf es des passenden Kontextes oder direkter: Zum Verständnis einer kodierten Nachricht bedarf es einer für einen Empfänger verständlichen Kodetabelle.


Exakt. Doch vor dem Code steht die semantische Übereinkunft darüber, welches Muster was "codiert". Man kann also keine Information "erzeugen", die nicht zuvor schon in Gestalt von Engrammen im Gehirn mindestens eines Kommunikationspartners drin steckte...

Anders gesagt: Es werden nur bestimmte mentale Prozesse in Gehirnen "parallelisiert". Während Du dieses Geschwurbel liest, wirst Du Ähnliches denken wie ich. Aber nicht, weil "von außen" eine geheimnisvolle Essenz namens "Information" in Dein Hirn einsickerte, sondern weil wir durch einen kryptografischen Code auf unserer neuronalen "Hardware" ähnliche Prozesse ablaufen lassen. Und wo es nichts zu parallelisieren gibt, da existiert auch keine Information.


(Achtung! Beispiel mit Blindem und Rot.) Du hast Recht, man kann versuchen mit einem Blinden über die Farbe Rot zu reden, was wenig bringt, sowie der Blinde von Geburt an blind ist. In dem Fall ist aber nur das Messgerät kaputt. Der rote Gegenstand reflektiert trotz allem Photonen mit einer Wellenlänge im roten Bereich, die auf das Auge treffen und zwar keine Sinneszellen aktivieren (vielleicht sogar das, wenn bsw. die Reizweiterleitung kaputt ist) aber sie übertragen trotz allem Energie. Das was du "semantische Informationen" nennst, sind nichts weiter als Namen oder Bezeichnungen. Ich finde, dann kann man das auch so nennen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Aber sobald die existiert, bzw. erschließbar ist, ist auch die abstrakte Information über die Formatierung ihres Trägers hinaus real, sonst wäre etwa die abstrakte Information der DNA für uns nicht entzifferbar gewesen, und die entsteht nicht durch Übereinkunft.


Wie Du selbst sagst, ist das Beispiel unglücklich gewählt, weil das, was landläufig als "genetische Information" bezeichnet wird, einer anderen Kategorie angehört, als "Wissen" oder "semantische Information". Transkription der DNA und die nachfolgende Translation haben nichts mit Information zu tun, weil sie in Wahrheit nur gesetzmäßig ablaufende Bioprozesse darstellen: Der "genetische Code" besagt lediglich, welcher Typ Aminosäure mit welchem Typ t-RNA verknüpft ist. Man kann die Korrelation zwar vom Biogeschehen abstrahieren, sollte sich aber immer bewusst sein, dass man eine "Reifikation" vornimmt, wenn man die naturgesetzlichen Gegebenheiten mit "Information" benamst. Streng genommen ist das ein Kategorienfehler.


Sind Vorstellungen von Bildern auch Formen des semantischen Codes und damit kausal nicht wirksam? Wenn ja, wie ist es dann zu erklären, dass allein die Vorstellung von ungeübten Bewegungsabläufen einen beschleunigten Fortschritt beim Training dieser Bewegungsabläufe zur Folge hat? Wie kann man erklären, dass aus Büchern gewonnenes Wissen dazu führt eine Aufgabe schneller zu erledigen (Google oder Wiki geht auch).
Folgendes Gedankenexperiment:
Man stellt einem Menschen eine Aufgabe. Dieser Mensch hat nun die Möglichkeit durch Experimente oder durch Googlen eine Lösung zu finden. Sowohl die Wahl als auch die Konsequenz (Experiment oder Google) trifft er verborgen vor jeglichen Beobachtern. Nach Erhalt der Lösung verlässt er die Verborgenheit und präsentiert seine Lösung. Es ist nicht unterscheidbar, ob er experimentiert hat oder "semantische Information" genutzt hat. Demzufolge besteht kein Unterschied in der kausalen Wirkung.

#344:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 24.02.2012, 15:13
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
dass dieses Gehirn sehr viel parallel macht, ist unzweifelhaft, auch wenn wir über die Organisation dieser Parallelität nicht wissen, weil ... (s.o.).

fwo

Wie kann „parallele“ Verarbeitung des Gehirns „unzweifelhaft“ sein, wenn man über seine Organisation nichts weiß?
Das Gehirn wird weltweit von >100 000 Wissenschaftlern erforscht und wir wissen eine ganze Menge darüber, aber mir ist kein einziger Anhaltspunkt in der Hirnarchitektur oder Neurophysiologie bekannt, der für eine parallele Datenverarbeitung spricht. Alles spricht für eine ganzheitliche Verbindung aller Neuronen untereinander, überwiegend nach dem Konvergenz-Divergenz-Prinzip, wie kann man da „unzweifelhaft“ parallele Verarbeitung annehmen? Was ich klar als Unsinn sehe, darf ich als Unsinn bezeichnen, auch wenn viele „Experten“ diesen Unsinn behaupten. Wenn ich mich irre, soll man das nachweisen.

#345:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 24.02.2012, 15:23
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
....
Wie kann „parallele“ Verarbeitung des Gehirns „unzweifelhaft“ sein, wenn man über seine Organisation nichts weiß?
Das Gehirn wird weltweit von >100 000 Wissenschaftlern erforscht und wir wissen eine ganze Menge darüber, aber mir ist kein einziger Anhaltspunkt in der Hirnarchitektur oder Neurophysiologie bekannt, der für eine parallele Datenverarbeitung spricht. ....

Geh einfach weg von der antomischen Betrachtung dieses Kabelhaufens und sie dir an, was das Hirn macht, regelt, steuert usw, während es außerdem denkt .....

fwo

#346:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 24.02.2012, 17:26
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
....
Wie kann „parallele“ Verarbeitung des Gehirns „unzweifelhaft“ sein, wenn man über seine Organisation nichts weiß?
Das Gehirn wird weltweit von >100 000 Wissenschaftlern erforscht und wir wissen eine ganze Menge darüber, aber mir ist kein einziger Anhaltspunkt in der Hirnarchitektur oder Neurophysiologie bekannt, der für eine parallele Datenverarbeitung spricht. ....

Geh einfach weg von der antomischen Betrachtung dieses Kabelhaufens und sie dir an, was das Hirn macht, regelt, steuert usw, während es außerdem denkt .....

fwo

Wie soll ich die Leistungen des Organs verstehen, wenn ich nicht seine Anatomie und Physiologie kenne? Sicher, das Gehirn leistet viel, aber nicht auf getrennten, „parallelen“ Wegen, sondern immer im organischen Zusammenhang.Wie wärs mit „simultan“ oder „synchron“, das trifft eher zu, und es ist noch rätselhaft, wie das möglich ist, aber „parallel“ geht unmöglich in so einem verfilzten Kabelhaufen, das müßte eigentlich jedem klar sein.

#347:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 24.02.2012, 22:59
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
....
Wie soll ich die Leistungen des Organs verstehen, wenn ich nicht seine Anatomie und Physiologie kenne? Sicher, das Gehirn leistet viel, aber nicht auf getrennten, „parallelen“ Wegen, sondern immer im organischen Zusammenhang.Wie wärs mit „simultan“ oder „synchron“, das trifft eher zu, und es ist noch rätselhaft, wie das möglich ist, aber „parallel“ geht unmöglich in so einem verfilzten Kabelhaufen, das müßte eigentlich jedem klar sein.

Es gibt auch in der Informatik verschieden Arten der Parallelverarbeitung, ich kann Parallelisieren, indem ich die Daten teile ind nachher das Ergebnis wieder zusammenführe, ich kann aber auch parallelisieren, indem ich voneinander unabhängige Einzeltasks in der Gesamtaufgabe isoliere und an verschiedene Prozessoren übergebe - das sehe ich jetzt nicht so eng. Wenn ich mir die Evolution des Gehirns ansehe, kann ich davon ausgehen, dass dieses Organ bereits von der Enstehung viele ursprünglöich getrennte Steuerzentren in sich vereint, und wenn ich mir die Geschwindigkeit ansehe, die so ein Wirbeltier in der optischen Mustererkennung arbeitet, dann halte ich es auch für seeehr wahrscheinlich, dass diese Datenmengen in einer "klassischen" Paralelisierung bewältigt werden. Aber es geht mir nicht um das Wort, wir können uns auch auf simultan oder synchron einigen. Wir sind uns auf jeden Fall einig, dass da viele Prozessoren gleichzeitig werkeln, auch wenn wir sie auf der informatischen Ebene noch nicht wirklich verstanden haben.

Auch darüber, dass Anatomie und Physiologie Forschungsgegenstände sind und sein müssen, brauchen wir uns nicht zu streiten, aber zu einer ganz allgemeinen, summarischen Betrachtung der Leistung des Gehirns tragen sie erst man wenig bei, die ist anders einfacher und auch verständlicher zu leisten (s.o.).

fwo

#348:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 01:23
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
....
Wie soll ich die Leistungen des Organs verstehen, wenn ich nicht seine Anatomie und Physiologie kenne? Sicher, das Gehirn leistet viel, aber nicht auf getrennten, „parallelen“ Wegen, sondern immer im organischen Zusammenhang.Wie wärs mit „simultan“ oder „synchron“, das trifft eher zu, und es ist noch rätselhaft, wie das möglich ist, aber „parallel“ geht unmöglich in so einem verfilzten Kabelhaufen, das müßte eigentlich jedem klar sein.

Es gibt auch in der Informatik verschieden Arten der Parallelverarbeitung, ich kann Parallelisieren, indem ich die Daten teile ind nachher das Ergebnis wieder zusammenführe, ich kann aber auch parallelisieren, indem ich voneinander unabhängige Einzeltasks in der Gesamtaufgabe isoliere und an verschiedene Prozessoren übergebe - das sehe ich jetzt nicht so eng. Wenn ich mir die Evolution des Gehirns ansehe, kann ich davon ausgehen, dass dieses Organ bereits von der Enstehung viele ursprünglöich getrennte Steuerzentren in sich vereint, und wenn ich mir die Geschwindigkeit ansehe, die so ein Wirbeltier in der optischen Mustererkennung arbeitet, dann halte ich es auch für seeehr wahrscheinlich, dass diese Datenmengen in einer "klassischen" Paralelisierung bewältigt werden. Aber es geht mir nicht um das Wort, wir können uns auch auf simultan oder synchron einigen. Wir sind uns auf jeden Fall einig, dass da viele Prozessoren gleichzeitig werkeln, auch wenn wir sie auf der informatischen Ebene noch nicht wirklich verstanden haben.

Auch darüber, dass Anatomie und Physiologie Forschungsgegenstände sind und sein müssen, brauchen wir uns nicht zu streiten, aber zu einer ganz allgemeinen, summarischen Betrachtung der Leistung des Gehirns tragen sie erst man wenig bei, die ist anders einfacher und auch verständlicher zu leisten (s.o.).

fwo


Die Leistungen des menschlichen Gehirns versteht man nur mit Kenntnis seiner Anatomie und Physiologie, nicht durch Vergleiche mit Computern. Die unüberwindbare Grenze zwischen Computer und Hirn wird deutlich bei dem Phänomen „Sprache“. Kein Computer hat bisher den Turing-Test bestanden, weil kein Computer den Sinn von Wörtern oder Sätzen verstehen kann, das Phänomen „Sinn“ ist in Computern nicht existent, diese Maschinen kennen nur „on“ und „off“, nur „ja“ und „nein“, mehr nicht, auch nicht mit „massenhafter paralleler“ Verarbeitung. Das menschliche Gehirn dagegen ist ein Sinn-suchendes, Sinn-findendes und Sinn-schaffendes Organ, unübersehbar in der Sprache. Dazu benötigt es keine „parallele“, sondern eine „ganzheitliche“ Datenverarbeitung, die in der verfilzten Hirnrinde stattfindet.

#349:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 01:35
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
Die Leistungen des menschlichen Gehirns versteht man nur mit Kenntnis seiner Anatomie und Physiologie, nicht durch Vergleiche mit Computern. Die unüberwindbare Grenze zwischen Computer und Hirn wird deutlich bei dem Phänomen „Sprache“. Kein Computer hat bisher den Turing-Test bestanden, weil kein Computer den Sinn von Wörtern oder Sätzen verstehen kann, das Phänomen „Sinn“ ist in Computern nicht existent, diese Maschinen kennen nur „on“ und „off“, nur „ja“ und „nein“, mehr nicht, auch nicht mit „massenhafter paralleler“ Verarbeitung. Das menschliche Gehirn dagegen ist ein Sinn-suchendes, Sinn-findendes und Sinn-schaffendes Organ, unübersehbar in der Sprache. Dazu benötigt es keine „parallele“, sondern eine „ganzheitliche“ Datenverarbeitung, die in der verfilzten Hirnrinde stattfindet.


Zum gefetteten, na warten wir es mal ab. Es existieren mittlerweile primitive Chips, die lernen können, indem oft genutze "Leiterbahnen" von selbst ihre Kapazität erhöhen indem sie grob gesagt dicker werden. Die Folge ist eine immer bessere Leitung und damit auch schnellere Signalweitergabe. Das beste, daran es ist eine Folge von Training. Es bildet ein sich selbst organisierendes System. Wie gesagt, noch sehr primitiv, aber ähnlich dem biologischen Nervensystem. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis künstliche neuronale Netzwerke vorhanden sind.

#350:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 02:29
    —
Ich sehe keinen Grund warum es nicht irgendwann eine echte K I geben sollte.

#351:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 07:05
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
....
Die Leistungen des menschlichen Gehirns versteht man nur mit Kenntnis seiner Anatomie und Physiologie, nicht durch Vergleiche mit Computern. Die unüberwindbare Grenze zwischen Computer und Hirn wird deutlich bei dem Phänomen „Sprache“. Kein Computer hat bisher den Turing-Test bestanden, weil kein Computer den Sinn von Wörtern oder Sätzen verstehen kann, das Phänomen „Sinn“ ist in Computern nicht existent, diese Maschinen kennen nur „on“ und „off“, nur „ja“ und „nein“, mehr nicht, auch nicht mit „massenhafter paralleler“ Verarbeitung. Das menschliche Gehirn dagegen ist ein Sinn-suchendes, Sinn-findendes und Sinn-schaffendes Organ, unübersehbar in der Sprache. Dazu benötigt es keine „parallele“, sondern eine „ganzheitliche“ Datenverarbeitung, die in der verfilzten Hirnrinde stattfindet.

Aha. Ja wenn das so ist, kann ich dagegen nu nix mehr sagen. Dann muss ich wohl warten, bis eine alternative Informatik endlich ganzheitliche Datenverarbeitung bietet.

Ach nee. Die Grenze zwischen Computer und Hirn ist ja unüberwindbar. So'n Scheiß.

fwo

#352:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 14:09
    —
Klarstellung: Eine unüberwindbare Grenze sehe ich nur in der gegenwärtigen Computer-Technologie, mit der z. B. keine brauchbare Übersetzung eines Romans möglich ist, weil dazu ein Verständnis von SINN nötig wäre, welches in keinem Computer bisher realisierbar ist.
Einen Computer, der SINN verstehen konnte, kennen die meisten sicher aus Kubriks genialem Film „2001-Odyssee im Weltraum“, aber heute (2012) müssen wir einsehen, daß wir noch meilenweit von der Realisierung dieses SF-Produkts (HAL) entfernt sind. Sicher wird es in ferner Zukunft, wenn die Rätsel des menschlichen Gehirns gelöst sind, auch Sinn-orientierte Maschinen geben, die nach dem Vorbild des Gehirns konstruiert sind, Maschinen mit Bewußtsein. Es reicht aber nicht, die heutigen Computer einfach schneller zu machen. Das Gehirn ist ja gar nicht schnell sondern bei einer Nervenleitgeschwindigkeit unter 100m/sec und einer bewußten Verarbeitung von ca. 16 Bit/ sec extrem langsam. Wenn es trotzdem einige Aufgaben schneller als Computer bewältigt, dann steckt dahinter ein bisher völlig unverstandenes Prinzip, das in heutigen Computern nicht realisierbar ist, auch nicht mit massenhafter Parallelverarbeitung. Die macht aus einer Turing-Maschine nur eine schnellere Turingmaschine, bringt aber keinen SINN hinein.

#353:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 14:22
    —
Ich möchte davor warnen, dem Phänomen "Sinn" eine zu hohe Stellung zuzuweisen. Meiner Ansicht nach ist "Sinn" eher so etwas wie das bewußte Gefühl von Stimmigkeit bzw. Kontextverständnis, eher eine Art selbstbezüglicher Schaum auf dem unbewußten Kontextverständnis. So ähnlich wie der Orgasmus beim Sex.

Ich halte es für gut möglich, daß eine hinreichend komplexe KI quasi als Nebenprodukt Phänomene wie Sinngefühl, Personalität usw. ausbildet. Ob das notwendig so ist, da wäre ich eher vorsichtig.

#354:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 14:46
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich möchte davor warnen, dem Phänomen "Sinn" eine zu hohe Stellung zuzuweisen. Meiner Ansicht nach ist "Sinn" eher so etwas wie das bewußte Gefühl von Stimmigkeit bzw. Kontextverständnis, eher eine Art selbstbezüglicher Schaum auf dem unbewußten Kontextverständnis. So ähnlich wie der Orgasmus beim Sex.


Heisst das, Du hast Sex nur zu Fortpflanzungszwecken?

#355:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 14:51
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich möchte davor warnen, dem Phänomen "Sinn" eine zu hohe Stellung zuzuweisen. Meiner Ansicht nach ist "Sinn" eher so etwas wie das bewußte Gefühl von Stimmigkeit bzw. Kontextverständnis, eher eine Art selbstbezüglicher Schaum auf dem unbewußten Kontextverständnis. So ähnlich wie der Orgasmus beim Sex.


Heisst das, Du hast Sex nur zu Fortpflanzungszwecken?


Heisst das Du hast Sex nicht nur zu Fortpflanzungszwecken?

#356:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 15:00
    —
Sex ohne Orgasmus? Nein danke.
Leben ohne Sinn-Orientierung? Nein danke.
Wir wären schon vor 1 Million Jahren ausgestorben, hätten wir steps Warnung ernst genommen.

#357:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 15:09
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
Wir wären schon vor 1 Million Jahren ausgestorben, hätten wir steps Warnung ernst genommen.

Hmm ... warum sind andere Tiere denn nicht ausgestorben?

#358:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 15:10
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Heisst das, Du hast Sex nur zu Fortpflanzungszwecken?

Non sequitur. Kramer, das hast Du doch nicht nötig ... Traurig

#359:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 16:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
Wir wären schon vor 1 Million Jahren ausgestorben, hätten wir steps Warnung ernst genommen.

Hmm ... warum sind andere Tiere denn nicht ausgestorben?


Leben kann sich auch durch Zellteilung oder Knospung vermehren und ohne Sinnesorgane einen Lebensraum besiedeln,.... aber nicht bis zur evolutionären Stufe der Säugetiere, und schon gar nicht bis zur Herstellung von Faustkeilen und zum Gebrauch von Sprache.

#360:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 16:34
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für gut möglich, daß eine hinreichend komplexe KI quasi als Nebenprodukt Phänomene wie Sinngefühl, Personalität usw. ausbildet. Ob das notwendig so ist, da wäre ich eher vorsichtig.

ich auch. Auch deshalb, weil es bei Lebewesen historisch gerade anders herum verlief. Im Bereich des Lebendigen waren die Emotionen eher da als das Rationale. Kann sein, dass dann nach der Entwicklung der ratio der 'Unterbau' irgendwie integriert wurde. Ob sich der Überbau einen Unterbau schafft?

#361:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 16:39
    —
Sinn ist eine WAHRnehmung, kein Gefühl.

#362:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 16:45
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für gut möglich, daß eine hinreichend komplexe KI quasi als Nebenprodukt Phänomene wie Sinngefühl, Personalität usw. ausbildet. Ob das notwendig so ist, da wäre ich eher vorsichtig.

ich auch. Auch deshalb, weil es bei Lebewesen historisch gerade anders herum verlief. Im Bereich des Lebendigen waren die Emotionen eher da als das Rationale. Kann sein, dass dann nach der Entwicklung der ratio der 'Unterbau' irgendwie integriert wurde. Ob sich der Überbau einen Unterbau schafft?


Es sind selbstorganisierende Systeme, da beeinflusst das eine das andere. Kein Teil ist für sich alleine tätig und baut den anderen um. Eine körperliche Veränderung bewirkt immer auch eine geistige. (Blöder Satz, weil er dort eine Trennung behauptet, wo keine ist. Ich weiß nur grad keinen besseren Ausdruck.) Das merkt man schon wenn man Geräte z.B. Fahrräder, Autos oder Bohrmaschinen oder Gitarren etc. oft und intensiv nutzt. Sie werden zu einem Teil von einem Selbst.

#363:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 25.02.2012, 16:45
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
Sinn ist eine WAHRnehmung, kein Gefühl.


Sinn ist eine Illusion.

#364:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 00:47
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für gut möglich, daß eine hinreichend komplexe KI quasi als Nebenprodukt Phänomene wie Sinngefühl, Personalität usw. ausbildet. Ob das notwendig so ist, da wäre ich eher vorsichtig.

ich auch. Auch deshalb, weil es bei Lebewesen historisch gerade anders herum verlief. Im Bereich des Lebendigen waren die Emotionen eher da als das Rationale. Kann sein, dass dann nach der Entwicklung der ratio der 'Unterbau' irgendwie integriert wurde. Ob sich der Überbau einen Unterbau schafft?


Es sind selbstorganisierende Systeme, da beeinflusst das eine das andere. Kein Teil ist für sich alleine tätig und baut den anderen um. Eine körperliche Veränderung bewirkt immer auch eine geistige. (Blöder Satz, weil er dort eine Trennung behauptet, wo keine ist. Ich weiß nur grad keinen besseren Ausdruck.) Das merkt man schon wenn man Geräte z.B. Fahrräder, Autos oder Bohrmaschinen oder Gitarren etc. oft und intensiv nutzt. Sie werden zu einem Teil von einem Selbst.

ich habe mich wohl zu kurz ausgedrückt.

Wenn Du Bilderserien der Hirne von Vorfahren des Menschen zum Menschen anschaust, fällt Dir auf, dass sich der Teil des Gehirns, mit dem wir denken ('Neopallium') wie ein Luftballon aufbläst, weil er relativ zum Rest gewaltig an Größe zunimmt ('positiv allometrisches Wachstum'). Viele der Zentren, die für Emotionen zuständig sind, liegen in 'tieferen', also evolutiv gesehen älteren, Bereichen. Man kann das so interpretieren, dass erst die Emotionen da waren, die dann, als die kognitiven Fähigkeiten dazu kamen, integriert wurden und das erzeugen, was Du beschrieben hast.

Wenn Du nun eine Evolution von Maschinen betrachtest in dem Sinn, dass Roboter Fabriken bauen, die Roboter bauen, könnte es auch sein, dass diese Wesen denken. Die haben aber nie den 'Unterbau' besessen, den das Neopallium des Menschen hat. Hier müsste sich dann der Oberbau (also der Computer, der den Roboter steuert) bewusst den Unterbau (was auch immer das sein mag, was 'in silico' Emotionen sein könnten) schaffen.

#365:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 02:13
    —
step hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Heisst das, Du hast Sex nur zu Fortpflanzungszwecken?

Non sequitur. Kramer, das hast Du doch nicht nötig ... Traurig


Deine Reaktion finde ich interessant. Ich wollte gar nicht argumentieren, sondern nur indirekt darauf hinweisen, dass Deine Warnung, den Sinn zu überbewerten, daran scheitert, dass Du den Sinn unterbewertest. Ich meine das jetzt nicht despektierlich, aber Deine Antwort könnte tatsächlich von einem Computer stammen, der nur denotative und offensichtliche Zusammenhänge erfasst, aber nicht den Sinn, nicht die die Bedeutung einer Aussage.

Ich wollte Dich auf etwas hinweisen, das mir in Deiner Begründung falsch vorkam. Und ich habe dazu eine Methode gewählt, die genau das zur Erfassung der eigentlichen Bedeutung verlangt, das Du als überbewertet bezeichnet hast.

#366:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 02:47
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für gut möglich, daß eine hinreichend komplexe KI quasi als Nebenprodukt Phänomene wie Sinngefühl, Personalität usw. ausbildet. Ob das notwendig so ist, da wäre ich eher vorsichtig.

ich auch. Auch deshalb, weil es bei Lebewesen historisch gerade anders herum verlief. Im Bereich des Lebendigen waren die Emotionen eher da als das Rationale. Kann sein, dass dann nach der Entwicklung der ratio der 'Unterbau' irgendwie integriert wurde. Ob sich der Überbau einen Unterbau schafft?


Es sind selbstorganisierende Systeme, da beeinflusst das eine das andere. Kein Teil ist für sich alleine tätig und baut den anderen um. Eine körperliche Veränderung bewirkt immer auch eine geistige. (Blöder Satz, weil er dort eine Trennung behauptet, wo keine ist. Ich weiß nur grad keinen besseren Ausdruck.) Das merkt man schon wenn man Geräte z.B. Fahrräder, Autos oder Bohrmaschinen oder Gitarren etc. oft und intensiv nutzt. Sie werden zu einem Teil von einem Selbst.

ich habe mich wohl zu kurz ausgedrückt.

Wenn Du Bilderserien der Hirne von Vorfahren des Menschen zum Menschen anschaust, fällt Dir auf, dass sich der Teil des Gehirns, mit dem wir denken ('Neopallium') wie ein Luftballon aufbläst, weil er relativ zum Rest gewaltig an Größe zunimmt ('positiv allometrisches Wachstum'). Viele der Zentren, die für Emotionen zuständig sind, liegen in 'tieferen', also evolutiv gesehen älteren, Bereichen. Man kann das so interpretieren, dass erst die Emotionen da waren, die dann, als die kognitiven Fähigkeiten dazu kamen, integriert wurden und das erzeugen, was Du beschrieben hast.

Wenn Du nun eine Evolution von Maschinen betrachtest in dem Sinn, dass Roboter Fabriken bauen, die Roboter bauen, könnte es auch sein, dass diese Wesen denken. Die haben aber nie den 'Unterbau' besessen, den das Neopallium des Menschen hat. Hier müsste sich dann der Oberbau (also der Computer, der den Roboter steuert) bewusst den Unterbau (was auch immer das sein mag, was 'in silico' Emotionen sein könnten) schaffen.


Ah ok, ich hab das mit den Maschinen übersehen. Eins versteh ich noch nicht. Wenn ein Roboter der eine Fabrik baut, die Roboter baut, keine Emotionen hat, wird er wahrscheinlich weiterbauen bis kein Material mehr da ist und dann aufhören zu bauen und auf Material warten. Die Roboter, die in der Fabrik gebaut werden, müssen programmiert werden. Entweder bekommen sie immer perfekte Programme, dann passiert nichts evolutives, weil sie immer gleich bleiben und immer nur die Aufgabe ausführen, für die sie gebaut wurden. Da kein Roboter vorher Emotionen hatte, wird auch keiner auf die Idee kommen welche zu programmieren.
Oder die Programme sind nicht perfekt und zeigen Fehler, die abweichende Verhaltensweisen hervorbringen können. Dann ist zumindest eine Säule einer Evoultion vorhanden, die Veränderung. Es fehlt aber immer noch die zweite Säule, der Druck der "Fortpflanzung". Ist dieser Fortpflanzungsdruck nur auf die Roboterfabrikbauenden Roboter beschränkt, werden höchstwahrscheinlich diese Roboter die Roboter verdrängen, die nicht auch roboterbauende Roboter hervorbringen. ...Egal, über kurz oder lang wird es nur roboterbauende Roboter geben. Solange bis kein Material mehr da ist. Ab dem Zeitpunkt steht alles still. Außer der "Fortpflanzungsdruck" beinhaltet auch die Beschaffung von Baumaterial. Baumaterial aus anderen Robotern. Es wird zu Kriegen kommen, in deren Folge die Roboter überleben, die Eigenschaften wie Mut, Vorsicht, Umsicht haben und etwas äquivalentes wie Angst (sichert das Überleben durch weglaufen), Schmerz (lässt fehlfunktionen schnell erkennen und reparieren) etc. empfinden. Dann hast du aber einen Unterbau der unbewusst entstanden ist.
Oder drittens die anfänglichen Roboter bekommen die wichtigen evolutiven Voraussetzungen bereits einprogrammiert, z.B. von Menschen. Diese Eigenschaften wären wieder Fortpflanzungsdruck und Fehlerhaftigkeit. Auch in dem Fall haben die Roboter nicht die Chance sich ihren emotionalen Unterbau bewusst zu erschaffen.
Ich versteh noch nicht, wie es überhaupt möglich sein sollte, dass sich Roboter aus dem Nichts heraus einen emotionalen Unterbau schaffen sollten.

#367:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 03:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für gut möglich, daß eine hinreichend komplexe KI quasi als Nebenprodukt Phänomene wie Sinngefühl, Personalität usw. ausbildet. Ob das notwendig so ist, da wäre ich eher vorsichtig.


Ich bin da skeptisch. In beiden Punkten. Ich bin skeptisch, dass Maschinen diese Phänomene als Nebenprodukt ausbilden können, weil diese Phänomene Nebenprodukte unserer biologischen Evolution und der damit verbundenen Mangelwirtschaft sind. Und ich bin skeptisch, ob sich so etwas wie Intelligenz im Sinne von menschlicher Intelligenz ohne solche Nebenprodukte überhaupt entwickeln kann.

Was uns Menschen von Computern unterscheidet, ist, dass wir den Zustand unseres Gehirnes nicht einfach so beeinflussen können. Wenn wir Hunger haben, können wir nicht die Subroutine "satt" aufrufen. Wenn wir unglücklich sind, können wir nicht einfach die Erinnerung an das, was uns unglücklich macht, aus unserem Speicher löschen. Wenn wir Glücksgefühle haben möchten - z.B. einen Orgasmus - dann können wir nicht einfach das Programm "Orgasmus" anklicken, sondern müssen komplexe biologische (und evtl. auch soziale) Abläufe in Gang bringen.

KIs oder Maschinen auf dem Weg zur KI hätten diese Beschränkungen nicht. Sie wären da - wie Computer nunmal so sind - binär. Entweder können sie etwas, oder sie können etwas nicht. Was sie können, das können sie dann aber immer, also z.B. ständig glücklich sein. Und was sie nicht können, das ist für sie nicht relevant. Das Problem liegt nicht in der Hardware, sondern im Design der Software. Wie programmiert einen Computer so, dass er das Bedürfnis hat, etwas zu können, das er noch nicht kann.

Oder anders formuliert: Wie bringt man dem Urahnen eines Taschenrechners bei, was es bedeutet, eine 5 in Mathe zu bekommen?

#368:  Autor: RohrspatzWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 11:08
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für gut möglich, daß eine hinreichend komplexe KI quasi als Nebenprodukt Phänomene wie Sinngefühl, Personalität usw. ausbildet. Ob das notwendig so ist, da wäre ich eher vorsichtig.


Ich bin da skeptisch. In beiden Punkten. Ich bin skeptisch, dass Maschinen diese Phänomene als Nebenprodukt ausbilden können, weil diese Phänomene Nebenprodukte unserer biologischen Evolution und der damit verbundenen Mangelwirtschaft sind. Und ich bin skeptisch, ob sich so etwas wie Intelligenz im Sinne von menschlicher Intelligenz ohne solche Nebenprodukte überhaupt entwickeln kann.


Ich auch. Ich denke, unsere Intelligenz ist davon abhängig, dass alles in einen Kontext eingeordnet werden kann, dessen Mittelpunkt der Organismus ist. Gefühle/Emotionen sind Bewertungen, deren Ziel das Überleben ist. Gut/schlecht sind die ersten Kategorien, durch die wir die Welt ordnen können. Und diese Dichotomie legt, da sie sich ja an dem Wohlergehen des Individuums bemisst, gleichzeitig den Bezugspunkt allen künftigen Wissens fest: Das Individuum selbst.
Deswegen kann ich auch die Verwendung des Wortes "Sinn" in diesem Zusammenhang verstehen. Man kann es auch anders ausdrücken: Die Welt muss in Bedeutungen für etwas zerlegt werden, damit eine Ordnung in die an sich erst einmal gleichwertigen Reize gebracht werden kann.
Funktionalität und Bedeutung (jeweils in Bezug zu etwas, vermutlich dem Individuum) würde ich als notwendige Bedingung einer echten, selbstständig lernenden "KI" ansehen.

#369:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 11:12
    —
@Kramer: Du sprichst eigentlich 3 Dinge an:

1) Den Zusammenhang menschlicher Gefühle mit unserer biologischen Substratbasierung - in dem Punkt stimme ich Dir zu - eine nichtbiologische Intelligenz wird je nach Substartbasierung gar keine oder jedenfalls andere Gefühle haben als Tier und Mensch.

2) Welche Bewußtseinsphänomene sind Nebenprodukte von Komplexität, welche von speziell menschlicher Evolution? Da denke ich, daß es einige Phänomene gibt, die so oder ähnlich bei allen hinreichend komplexen / inteligenten Entitäten auftreten. Zum Beispiel gehört zu einem hinreichend intelligenten und lernfähigen System, daß es interne Repräsentationen (Modelle, Simulationen) ausbildet. Außerdem hat es ein oder mehrere Interfaces zu seiner Umwelt, z.B. steuerbare Arme, Sinnesorgane o.ä. - diese beiden Bedingungen zusammen legen es mE nahe, daß auch ein Selbstmodell ausgebidet wird. Und eine weitere Bedingung ist die Fähigkeit, Unwichtiges auszublenden. Die wird in Kombination mit dem o.g. dafür sorgen, daß ein solches Selbstmodell ähnlichen Illusionen wie beim Menschen unterliegt, z.B. Letzturheberschaft.

3) Ich denke allerdings, daß all diese Phänomene nur dann ausgebildet werden, wenn die KI grundlegende Kriterien verpaßt bekommt, die ihre Weiterentwicklung fördern, z.B. Lernfähigkeit, Zufallskomponenten, evtl. auch so etwas wie Fortpflanzung/Selektion.

#370:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 15:08
    —
step hat folgendes geschrieben:
3) Ich denke allerdings, daß all diese Phänomene nur dann ausgebildet werden, wenn die KI grundlegende Kriterien verpaßt bekommt, die ihre Weiterentwicklung fördern, z.B. Lernfähigkeit, Zufallskomponenten, evtl. auch so etwas wie Fortpflanzung/Selektion.


Genau da sehe ich das Problem. Diese Kriterien lassen sich nicht mal eben so implementieren, weil man das will. Wir müssten erstmal verstehen, wie diese Programme bei uns aufgebaut sind, um sie nachbilden zu können. Und davon sind wir m.E. noch meilenweit entfernt.

#371:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 15:22
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
3) Ich denke allerdings, daß all diese Phänomene nur dann ausgebildet werden, wenn die KI grundlegende Kriterien verpaßt bekommt, die ihre Weiterentwicklung fördern, z.B. Lernfähigkeit, Zufallskomponenten, evtl. auch so etwas wie Fortpflanzung/Selektion.


Genau da sehe ich das Problem. Diese Kriterien lassen sich nicht mal eben so implementieren, weil man das will. Wir müssten erstmal verstehen, wie diese Programme bei uns aufgebaut sind, um sie nachbilden zu können. Und davon sind wir m.E. noch meilenweit entfernt.

ich habe ja das Beispiel 'Roboter, die Fabriken, die Roboter bauen, bauen' erwähnt. Die könnte man so bauen, dass die eine Evolution durchlaufen, also sich selber umprogrammieren etc., und sich dann, beispielsweise auf dem Mond, sich selber überlassen. Ich vermute, dass die dann, wie step angeführt hat, ein 'Selbst' entwickeln könnten, in dem Sinn, dass sie eine 'mentale' Abbildung des Raums und des eigenen Ich etc. haben, Vergangenheit und Zukunft unterscheiden etc. Ich kann mir aber schwer vorstellen, was in derartigen Maschinen ein Äquivalent zu Emotionen sein könnte.

#372:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 15:55
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
3) Ich denke allerdings, daß all diese Phänomene nur dann ausgebildet werden, wenn die KI grundlegende Kriterien verpaßt bekommt, die ihre Weiterentwicklung fördern, z.B. Lernfähigkeit, Zufallskomponenten, evtl. auch so etwas wie Fortpflanzung/Selektion.
Genau da sehe ich das Problem. Diese Kriterien lassen sich nicht mal eben so implementieren, weil man das will. Wir müssten erstmal verstehen, wie diese Programme bei uns aufgebaut sind, um sie nachbilden zu können. Und davon sind wir m.E. noch meilenweit entfernt.

Ich denke nicht, daß wir dazu verstehen müßten, wie das genau bei uns funktioniert. Es reicht, genügend Freiheitsgrade zu lassen und eine sehr allgemeine Lernfähigkeit zu implementieren. Möglicherweise werden wir dann gar nicht verstehen, wieso eine solche KI dies oder jenes entscheidet.

Meiner Ansicht nach wird dies nicht das wesentliche Problem sein. Eine größere Schwierigkeit scheint mir darin zu liegen, daß der Einsatzbereich zuerst mal sehr begrenzt sein wird, weil der Lernprozeß in jedem Kontext erstmal neu durchlaufen werden muß.

#373:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 16:44
    —
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
3) Ich denke allerdings, daß all diese Phänomene nur dann ausgebildet werden, wenn die KI grundlegende Kriterien verpaßt bekommt, die ihre Weiterentwicklung fördern, z.B. Lernfähigkeit, Zufallskomponenten, evtl. auch so etwas wie Fortpflanzung/Selektion.


Genau da sehe ich das Problem. Diese Kriterien lassen sich nicht mal eben so implementieren, weil man das will. Wir müssten erstmal verstehen, wie diese Programme bei uns aufgebaut sind, um sie nachbilden zu können. Und davon sind wir m.E. noch meilenweit entfernt.

ich habe ja das Beispiel 'Roboter, die Fabriken, die Roboter bauen, bauen' erwähnt. Die könnte man so bauen, dass die eine Evolution durchlaufen, also sich selber umprogrammieren etc., und sich dann, beispielsweise auf dem Mond, sich selber überlassen. Ich vermute, dass die dann, wie step angeführt hat, ein 'Selbst' entwickeln könnten, in dem Sinn, dass sie eine 'mentale' Abbildung des Raums und des eigenen Ich etc. haben, Vergangenheit und Zukunft unterscheiden etc. Ich kann mir aber schwer vorstellen, was in derartigen Maschinen ein Äquivalent zu Emotionen sein könnte.


Ich hatte dazu hier etwas geschrieben. Ich schätze fast wir haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was Emotionen sind.

#374:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 17:01
    —
step hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
3) Ich denke allerdings, daß all diese Phänomene nur dann ausgebildet werden, wenn die KI grundlegende Kriterien verpaßt bekommt, die ihre Weiterentwicklung fördern, z.B. Lernfähigkeit, Zufallskomponenten, evtl. auch so etwas wie Fortpflanzung/Selektion.
Genau da sehe ich das Problem. Diese Kriterien lassen sich nicht mal eben so implementieren, weil man das will. Wir müssten erstmal verstehen, wie diese Programme bei uns aufgebaut sind, um sie nachbilden zu können. Und davon sind wir m.E. noch meilenweit entfernt.

Ich denke nicht, daß wir dazu verstehen müßten, wie das genau bei uns funktioniert. Es reicht, genügend Freiheitsgrade zu lassen und eine sehr allgemeine Lernfähigkeit zu implementieren. Möglicherweise werden wir dann gar nicht verstehen, wieso eine solche KI dies oder jenes entscheidet.

Meiner Ansicht nach wird dies nicht das wesentliche Problem sein. Eine größere Schwierigkeit scheint mir darin zu liegen, daß der Einsatzbereich zuerst mal sehr begrenzt sein wird, weil der Lernprozeß in jedem Kontext erstmal neu durchlaufen werden muß.


Zum fett gedruckten mal ein Zitat von Niklas Luhmann: "Mit dem Sinnschema gewinnen Systeme, die es verwenden, Abstand von den Auslösefaktoren, Abstand von ihrer Umwelt und sind dann gezwungen, ihre Umwelt und sich selbst mit größeren Freiheitsgraden zu erfahren." (Ideenevolution, Seite 19)

#375:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 17:13
    —
Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
... ein Zitat von Niklas Luhmann: "Mit dem Sinnschema gewinnen Systeme, die es verwenden, Abstand von den Auslösefaktoren, Abstand von ihrer Umwelt und sind dann gezwungen, ihre Umwelt und sich selbst mit größeren Freiheitsgraden zu erfahren." (Ideenevolution, Seite 19)

Obwohl ich nicht viel von Luhmann halte, gefällt mir dieses Zitat sogar. Denn in der Tat hilft uns die Konstruktion von Sinnzusammenhängen, unsere Determiniertheit und unsere Verlorenheit in unserer Umwelt zu leugnen.

Ich fürchte allerdings, daß Luhmann selbst alles andere als konsequent zuendedenkt in diesem Punkt.

#376:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 17:31
    —
Anstatt "leugnen" würde ich "entkommen" sagen, und wo sollte man von einem konsequenten Ende sprechen, wenn das Denken wie das Zählen gar kein Ende haben?

#377:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 18:57
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
Anstatt "leugnen" würde ich "entkommen" sagen ...

"Leugnen" trifft es aber besser, da wir ja nicht wirklich entkommen, sondern uns das so nur leichter einreden können.

Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
... und wo sollte man von einem konsequenten Ende sprechen, wenn das Denken wie das Zählen gar kein Ende haben?

Ein Gedankengang kann - entsprechende Disziplin vorausgesetzt - durchaus zu einem konsequenten Ende führen, auch wenn man natürlich immer wieder neue Fragen stellen kann.

#378:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 19:15
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step hat folgendes geschrieben:
unsere Determiniertheit ... zu leugnen.

gibt es nicht auch Menschen, die Multiversen basteln, weil sie Kontingenz leugnen?

#379:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 19:20
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
gibt es nicht auch Menschen, die Multiversen basteln, weil sie Kontingenz leugnen?

Kontingenz ist keine gute Theorie, sondern eine Kapitulationserklärung. Die brauche ich nicht mal leugnen.

#380:  Autor: El Schwalmo BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 19:28
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step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
gibt es nicht auch Menschen, die Multiversen basteln, weil sie Kontingenz leugnen?

Kontingenz ist keine gute Theorie, sondern eine Kapitulationserklärung. Die brauche ich nicht mal leugnen.

Du scheinst wie ein KI-System zu arbeiten, das stolz 'nein' auf eine Frage, die es mit Datenbasis und Interferenzregeln nicht lösen kann, antwortet, obwohl 'ich kann das nicht entscheiden' die korrekte Antwort wäre.

#381:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 20:07
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Luhmanns Denken ist ja durch seinen Tod zu einem Ende gekommen, aber seine Gedanken sind wertvoll dadurch, daß sie Anschlußmöglichkeiten anbieten.
Z.B. für die Hirnforschung sind seine Gedanken über SINN von einmaligem Wert (in:Soziale Systeme, Seite 92-148 und in: Ideenevolution das Kapitel „Sinn, Selbstreferenz und soziokulturelle Evolution“, S.7-72,). Darin wird deutlich, daß wir uns Freiheit nicht nur einreden sondern daß sie als Selektionszwang eine notwendige Folge der temporalisierten Komplexität von Sinn ist, die wir in jedem Augenblick neu bewältigen müssen.

#382:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 20:11
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Steffen Rehm hat folgendes geschrieben:
... sondern daß [Freiheit] als Selektionszwang eine notwendige Folge der temporalisierten Komplexität von Sinn ist ...

Ja, das ist Luhman, wie ich ihn kenne! OMG, so ein Unsinn!

#383:  Autor: Steffen RehmWohnort: bei Berlin BeitragVerfasst am: 26.02.2012, 20:35
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Sinn oder Unsinn, das ist die Frage, aber auch Unsinn geht von der Existenz von Sinn aus.

#384:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 28.04.2023, 22:50
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Als Atheist, der "Gott" sieht in das gesamte selbsterhaltendes System mache ich mir folgender Gedanke:

Das ganze All strebt nach selbsterhaltung. Jede Galaxy, jedes Sonnensystem, jeder Planet, sowie alles was darauf kreucht und fleucht.
Z.Zt. macht die Erderwärmung die Erde arg zu schaffen.
Und anstatt dass die Erdbewohner alles daran setzen würden, dem aufzuhalten, haben sie nichts besseres zu tun als die Rüstung hochzufahren und Diktatoren an der Macht zu bringen oder zu halten.

Und folgendes könnte auch bei "Dumme Gedanken" stehen: vielleicht ist die Erde gerade dabei einen Resett vorzubereiten.
Potential wäre ja da.

#385:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 28.04.2023, 23:20
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El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
gibt es nicht auch Menschen, die Multiversen basteln, weil sie Kontingenz leugnen?

Kontingenz ist keine gute Theorie, sondern eine Kapitulationserklärung. Die brauche ich nicht mal leugnen.

Du scheinst wie ein KI-System zu arbeiten, das stolz 'nein' auf eine Frage, die es mit Datenbasis und Interferenzregeln nicht lösen kann, antwortet, obwohl 'ich kann das nicht entscheiden' die korrekte Antwort wäre.

Daumen hoch!



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