Forscher widerlegen Willensfreiheit
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Freigeisterhaus -> Wissenschaft und Technik

#1: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:16
    —
Nun, die Überschrift ist vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber die neuesten Hinweise gegen einen freien Willen sind wirklich sensationell:

"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wForscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat. vofür sich ein Mensch entschieden hat.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,547074,00.html"

Das traditionelle Konzept "Willensfreiheit" bröckelt...

#2:  Autor: Spartacus Leto BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:31
    —
Das Wissen darüber ist schon so alt, dass der Spiegelink ins Leere geht.

Das ist doch schon seit Jahren bekannt.
Theisten klammern sich aber noch an ihre Gottgeschenkte Willensfeiheit.

#3:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:43
    —
Leto hat folgendes geschrieben:
Das Wissen darüber ist schon so alt, dass der Spiegelink ins Leere geht.

Das ist doch schon seit Jahren bekannt.
Theisten klammern sich aber noch an ihre Gottgeschenkte Willensfeiheit.


Wenn ich dir nun also auf dieses Posting antworte mache ich dass zwanghaft?

Das ist also alles schon vorherbestimmt, steht alles in Allahs Buch?

Agnost

#4:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:49
    —
Das wurde hier etwa x-mal diskutiert. Es gibt sogar mehrere aktuellen Strang zu dem Thema:

Willensfreiheit
MWI und Determinismus
Realer FW-Test
.
.
.
.
.

#5:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:51
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:
Das Wissen darüber ist schon so alt, dass der Spiegelink ins Leere geht.

Das ist doch schon seit Jahren bekannt.
Theisten klammern sich aber noch an ihre Gottgeschenkte Willensfeiheit.


Wenn ich dir nun also auf dieses Posting antworte mache ich dass zwanghaft?

Das ist also alles schon vorherbestimmt, steht alles in Allahs Buch?

Agnost


Jedenfalls war es min 7 Sekunden lang zwanghaft, und zwar die 7 Sekunden vor deiner bewussten Entscheidung war es schon entschieden - du dachtest vielleicht 7 Sekunden lang, du könntest dich frei entscheiden, konntest du aber nicht.

#6:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:51
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Das wurde hier etwa x-mal diskutiert. Es gibt sogar mehrere aktuellen Strang zu dem Thema:

Willensfreiheit
MWI und Determinismus
Realer FW-Test
.
.
.
.
.


Ja ich weiss und ich fühlte mich bisher nie genötigt im grossen Stil nachzufragen um was es geht, aber diesesmal überkam mich so ein Zwang.
Allah hat seinen Engel auf mich herabgesandt, auf das ich mein Kismet erfülle. Inshallah.

Agnost

#7:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:55
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Ja ich weiss und ich fühlte mich bisher nie genötigt im grossen Stil nachzufragen um was es geht, aber diesesmal überkam mich so ein Zwang.
Allah hat seinen Engel auf mich herabgesandt, auf das ich mein Kismet erfülle. Inshallah.

Agnost

Kannst du auch sachlich diskutieren?
jagy hat folgendes geschrieben:

Jedenfalls war es min 7 Sekunden lang zwanghaft

Es ist doch offensichtlich, dass es bereits vor der bewussten Entscheidung eine Kausalkette gab, und dass sie weit mehr als nur 7Sekunden zurück reicht.
Und sollte beim Willen echter Zufall eine Rolle spielen, also das Ergebnis offen sein, ist es doch auch klar dass ich das Ergebnis nicht bestimmen kann.


Zuletzt bearbeitet von Wolf am 14.04.2008, 21:55, insgesamt einmal bearbeitet

#8:  Autor: Spartacus Leto BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 21:55
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:
Das Wissen darüber ist schon so alt, dass der Spiegelink ins Leere geht.

Das ist doch schon seit Jahren bekannt.
Theisten klammern sich aber noch an ihre Gottgeschenkte Willensfeiheit.


Wenn ich dir nun also auf dieses Posting antworte mache ich dass zwanghaft?

Das ist also alles schon vorherbestimmt, steht alles in Allahs Buch?

Agnost


Heilige Bücher haben damit nichts zu tun.
Dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, die bis zum Urknall zurückgeht, ist logisch.
Folglich können wir nicht anders handeln als wir handeln, auch wenn wir die Illusion haben wir hätten die Wahl, sind auch die entsprechenden Gedankengänge Teil dieser Kausalkette.

Nun betreffend diesen Artikel, waren mir Informationen diesbezüglich schon vor Jahren bekannt gewesen.

#9:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:10
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:

jagy hat folgendes geschrieben:

Jedenfalls war es min 7 Sekunden lang zwanghaft

Es ist doch offensichtlich, dass es bereits vor der bewussten Entscheidung eine Kausalkette gab, und dass sie weit mehr als nur 7Sekunden zurück reicht.

Ich weiß nicht genau, wass du damit sagen willst, aber ich finde es trotzdem interessant, dass der point-of-no-return schon 7 sekunden vorbei ist, während man noch denkt, freien Willen zu haben, bzw selbst den Kausalverlauf bestimmen zu können.

Wolf hat folgendes geschrieben:

Und sollte beim Willen echter Zufall eine Rolle spielen, also das Ergebnis offen sein, ist es doch auch klar dass ich das Ergebnis nicht bestimmen kann.

Auch das würde keinen freien Willen bedeuten, sondern nur einen nicht vorhersagbaren unfreien Willen, oder? (Freier Wille jetzt mal im theologischen Sinn)


Zuletzt bearbeitet von jagy am 14.04.2008, 22:15, insgesamt einmal bearbeitet

#10:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:14
    —
Leto hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:
Das Wissen darüber ist schon so alt, dass der Spiegelink ins Leere geht.

Das ist doch schon seit Jahren bekannt.
Theisten klammern sich aber noch an ihre Gottgeschenkte Willensfeiheit.


Wenn ich dir nun also auf dieses Posting antworte mache ich dass zwanghaft?

Das ist also alles schon vorherbestimmt, steht alles in Allahs Buch?

Agnost


Heilige Bücher haben damit nichts zu tun.
Dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, die bis zum Urknall zurückgeht, ist logisch.
Folglich können wir nicht anders handeln als wir handeln, auch wenn wir die Illusion haben wir hätten die Wahl, sind auch die entsprechenden Gedankengänge Teil dieser Kausalkette.

Nun betreffend diesen Artikel, waren mir Informationen diesbezüglich schon vor Jahren bekannt gewesen.


Und am Anfang stand Allah, oder hast du deinen Tipler noch nicht gelesen?

Determinismus und Theismus schliesst sich überhaupt nicht aus.

Wenn du auch nur ein bisschen Ahnung vom Calvinismus hättest, wüsstest du, dass die schon vor bald 500 Jahren wusten was du seit ein paar Jahren weisst.

http://de.wikipedia.org/wiki/Calvinismus

http://de.wikipedia.org/wiki/Calvinismus#Bedingungslose_Erw.C3.A4hlung

Dies ist Calvins Prinzip der doppelten Prädestination. Die Erwählung zum Heil vollzieht sich nach Calvin wie folgt: Gott hat die Menschen in eine Gruppe der Auserwählten und eine der Nicht-Auserwählten geteilt. Für die Auserwählten hat Gott seine Erkenntnis bestimmt und die Wiedergeburt vorhergesehen. Die Übrigen bleiben unwissend bezüglich Gott und dem Evangelium. Laut Calvin sind sie von Gott verdammt auf dem Weg in die ewige Hölle. Diese Entscheidung sei noch vor der Schaffung des Universums getroffen worden und somit erst recht vor der Geburt des einzelnen Menschen sowie vor irgendwelchen Entscheidungen, die der Mensch in seinem Leben trifft. Die Gründe warum Gott einige erwählt hat, sind unbekannt. Es ist aber offensichtlich, dass das nicht aufgrund irgendwelcher guten Werke von Seiten des Erwählten geschehen ist. Die Erwählung ist insofern nicht an irgendwelche in der Person des Erwählten liegenden Bedingungen geknüpft (Römer 9,15 Römer 9,21)

Ganz geil diese Stelle, also Kival verzeihe mir, ich bin determiniert, dem Leto zu beweisen, dass sein Glaube, der Freie Wille sein ein theistischer Aberglauben nur der Beweis seiner Unkenntnis theistischer Konzepte ist.
Und da ich nicht freien Willens bin, muss ich ihn zwanghaft mit meiner elenden Besserwisserei züchtigen:

Unwiderstehliche Gnade

Gemeint ist, dass man die Gnade der Erwählung nicht ausschlagen kann. Der Mensch hat in dieser Hinsicht also keinen freien Willen. Jeder Mensch, den Gott erwählt hat, werde Gott erkennen. Die Erwählten können dem Ruf Gottes nicht widerstehen. (Johannes 6,44, Römer 8,14)

Die Beharrlichkeit der Heiligen

Die einmal Geretteten werden gerettet bleiben. Es sei unmöglich, Gottes Gnade wieder zu verlieren. (Römer 8,28, Johannes 6,39)


Das ist so geil, der Herr hats gegeben und er kann es noch nicht mal rückgängig machen.
Denn einmal determiniert immer determiniert.
Dafür brauchten also gewisse Atheisten bis heute, wo doch jeder ordentliche stinkreiche zinsnehmende wohlhabende puritanische Kapitalist und Kalvinist schon lange weiss was Sache ist:
Ich bin reich, ich bin auserwählt und ihr alle anderen fahrt zur Hölle.

http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4destination

#11:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:14
    —
jagy hat folgendes geschrieben:

Ich weiß nicht genau, wass du damit sagen willst, aber ich finde es trotzdem interessant, dass der point-of-no-return schon 7 sekunden vorbei ist, während man noch denkt, freien Willen zu haben, bzw selbst den Kausalverlauf bestimmen zu können.

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen(-was eine Vorraussetzung für den traditionellen freien Willen ist).

#12:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:15
    —
Leto hat folgendes geschrieben:

Dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, die bis zum Urknall zurückgeht, ist logisch.


Logisch? Auf Basis welches Axiomensystems?

Zitat:
Folglich können wir nicht anders handeln als wir handeln, auch wenn wir die Illusion haben wir hätten die Wahl, sind auch die entsprechenden Gedankengänge Teil dieser Kausalkette.


Das folgt natürlich nur, wenn es stimmt, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen. Aber es kann natürlich auch dann stimmen, wenn die Behauptung, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, falsch ist.

#13:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:18
    —
Leto hat folgendes geschrieben:
........
Dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, die bis zum Urknall zurückgeht, ist logisch.
Folglich können wir nicht anders handeln als wir handeln, auch wenn wir die Illusion haben wir hätten die Wahl, sind auch die entsprechenden Gedankengänge Teil dieser Kausalkette.


Wenn ich davon ausgehe, dass da bei mir in der Birne ein hochvernetzter Rechner läuft, kann ich nicht umhin festzustellen, dass das System einige Ebenen hat, die durchlaufen werden müssen - die oberste ist, was ich als Selbst erlebe. Der Widerspruch der Messwerte - egal ob xtel oder x Sekunden - zu freiem Willen entsteht durch die Annahme der Gleichzeitigkeit und einer Rechenzeit von 0 zur Willensentscheidung.Das ist aber doch Kappes.
Dass auf einer evtl beobachtbaren aber viel tieferen Ebene eine Entscheidung vielleicht erkennbar ist, die so noch nicht wieder zurück ins Bewusstsein angekommenn ist, heißt nicht, dass sie nicht vom Bewusstsein initiiert wurde.
Leto hat folgendes geschrieben:

Nun betreffend diesen Artikel, waren mir Informationen diesbezüglich schon vor Jahren bekannt gewesen.

Spiegel Online hat leider nicht unbedingt Zugriff auf Leistung der Spiegel-Dukumentation, so dass solche Fehler relativ häufig kommen - auch wenn sich das stark gebessert hat. Aber mir fallen auch regelmäßig Beiträge auf, in denen die Plasmid-induzierten Resistenzen und die sich aus diesem Faktum ergebenden Folgerungen als Neuentdeckungen verkauft werden. Das heißt im Normalfall einfach, dass es eine weitere Veröffentlichung zu diesem Thema gegeben hat, die der Redakteur mangels Fachwissen nicht als zusätzlicher Aspekt von XYZ begriffen hat, so dass er nun meint, einen Artikel über die neue und bahnbrechende Engtdeckung XYZ schreiben zu müssen. Das geht kaum anders im normalen Journalismus.

fwo

#14:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:18
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:

Ich weiß nicht genau, wass du damit sagen willst, aber ich finde es trotzdem interessant, dass der point-of-no-return schon 7 sekunden vorbei ist, während man noch denkt, freien Willen zu haben, bzw selbst den Kausalverlauf bestimmen zu können.

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen(-was eine Vorraussetzung für den traditionellen freien Willen ist).


Wenn mir auf der Buckelpiste die Skibindung aufspringt, gehen mir immer wieder Handlungsalternativen blitzschnell durch den Kopf und ich kann in Sekundenbruchteilen wälen was ich versuche, ob es dann klappt ist eine andere Sache.

Und nun beweisst mir, dass ich nur ne grosse Schnautze habe.

Agnost

#15:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:18
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:

Dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, die bis zum Urknall zurückgeht, ist logisch.


Logisch? Auf Basis welches Axiomensystems?

Zitat:
Folglich können wir nicht anders handeln als wir handeln, auch wenn wir die Illusion haben wir hätten die Wahl, sind auch die entsprechenden Gedankengänge Teil dieser Kausalkette.


Das folgt natürlich nur, wenn es stimmt, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen. Aber es kann natürlich auch dann stimmen, wenn die Behauptung, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, falsch ist.


Richten sich die Fragen auch an mich?

#16:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:23
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:

Richten sich die Fragen auch an mich?


Nachdem Leto geantwortet hat: Ja.

#17:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:23
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Wenn mir auf der Buckelpiste die Skibindung aufspringt, gehen mir immer wieder Handlungsalternativen blitzschnell durch den Kopf und ich kann in Sekundenbruchteilen wälen was ich versuche, ob es dann klappt ist eine andere Sache.

Und nun beweisst mir, dass ich nur ne grosse Schnautze habe.

Gut. Allerdings werden blitzschnelle Entscheidungen (meist) nicht bewusst getroffen, aber gehen wir halt trotzdem mal von einer bewussten Entscheidung aus.
1)Kannst du bestimmen welche möglichen Handlungsoptionen dir in den Sinn kommen?
2)Wie wählst du? Ziehst du zufällig aus "einer Urne von Handlungsoptionen" oder überlegst du dir welche Handlung am besten geeignet ist?
Kival hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Richten sich die Fragen auch an mich?


Nachdem Leto geantwortet hat: Ja.

Gut ich warte.

#18:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:30
    —
Ihr habt wohl alle noch nie ein Skirennen gesehen, geschweige denn gefahren?

7 Sekunden Vorschaltung, da bist du an nem Weltcup-Rennen schon fast nicht mehr klassiert.

Was diese Neurologen mit ihren Apparaten mit Calvininistischen Pfaffen verbindet, ist dass sie begnadete Lügner vor dem Herrn sind.

Ich glaub nur Messungen, die ich selber gefälscht habe.

Diese Zunft lebt von Forschungsgeldern, die müssen ihre teuren Gadgets mit irgendwelchen Meldungen rechtfertigen.

Dabei profitieren sie davon, dass die allermeisten Menschen, inklusive Akademiker die x-mal mehr Grips als ich haben ihre Behauptungen nicht überprüfen können.

Charlatanerie das ganze.

Agnost

#19:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:34
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
[...]

Schade, wenn du nicht diskutieren willst.

#20:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:38
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Wenn mir auf der Buckelpiste die Skibindung aufspringt, gehen mir immer wieder Handlungsalternativen blitzschnell durch den Kopf und ich kann in Sekundenbruchteilen wälen was ich versuche, ob es dann klappt ist eine andere Sache.

Und nun beweisst mir, dass ich nur ne grosse Schnautze habe.

Gut. Allerdings werden blitzschnelle Entscheidungen (meist) nicht bewusst getroffen, aber gehen wir halt trotzdem mal von einer bewussten Entscheidung aus.
1)Kannst du bestimmen welche möglichen Handlungsoptionen dir in den Sinn kommen?
2)Wie wählst du? Ziehst du zufällig aus "einer Urne von Handlungsoptionen" oder überlegst du dir welche Handlung am besten geeignet ist?


Ja natürlich:

Wenn ich mich gegen den Hang fallen lassen kann, oder den Schwung auf einem Bein stehen kann, wähle ich das was mir sicherer erscheint wenn ich Schiss habe, wenn ich fit bin wähle ich die Variante zwei.

Wenn beide Varianten unmöglich sind, mache ich das was alle Menschen machen, die als Kinder mal noch an Schutzengel und den lieben Gott im Himmel glaubten, auch wenn sie es schon lange nicht mehr tun, ich bete um Glück.

In solchen Situationen funktioniert das Hirn massiv beschleunigt, dass kann dir fast jeder Skifahrer bestätigen, der genügend Grips hat es in Worte zu fassen.

Agnost


Zuletzt bearbeitet von Agnost am 14.04.2008, 22:39, insgesamt einmal bearbeitet

#21:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:39
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ihr habt wohl alle noch nie ein Skirennen gesehen, geschweige denn gefahren?

7 Sekunden Vorschaltung, da bist du an nem Weltcup-Rennen schon fast nicht mehr klassiert.
......

Ich halte auch die 7 Sekunden schon für ein Anzeichen dass hier vielleicht etwas gemessen aber bestimmt etwas fehlinterpretiert wird.
Dein Beispiel ist aber auch etwas heikler, weil im Tempo-Sport (hier Ski) die nötigen Entscheidungen überhaupt nicht mehr im Bewusstsein gefällt werden - das genau ist der Sinn des Trainings: diese Entscheidungen zu automatisieren. Aber da genau klemmt es - die Automatisierung bedarf der Übung - warum eigentlich, wenn eh alles determiniert ist?

fwo

#22:  Autor: Halligstorch BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:39
    —
Zitat:
"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat."


Schon die 'moslemische Weisheit' scheint mir diese wissenschaftliche Platitüde außer Kraft zu setzen. Ich meine, vor Zeiten irgendwo gelesen zu haben, dass ein überzeugter Moslem, wenn er sich bei einer schwierigen Frage nicht zu einer Entscheidung durchringen kann, als allerletzte Möglichkeit die Meinung seiner Frau einholt und dann das Gegenteil tut.

Es wäre interessant zu wissen, was die Hirnforschung dazu sieben Sekunden vor der Entscheidung, das Eheweib zu befragen, vorhersagt. Vielleicht, dass der Probant keine geeignete Testperson ist, weil er einem mittelalterlichen Glauben anhängt und deswegen in schwierigen Situationen seine 'unmündige' Frau fragt und das Gegenteil tut?

Gruß

Halligstorch

#23:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:44
    —
fwohlgemuth hat folgendes geschrieben:
Aber da genau klemmt es - die Automatisierung bedarf der Übung - warum eigentlich, wenn eh alles determiniert ist?

Argh
Mit unzureichender Übung wird zu oft die falsche Entscheidung "vom Hirn getroffen". (Dies widerspricht in keisterweise dem Determinismus.)
Durch Übung "trifft das Hirn" eher die richtige Entscheidung. (Dies widerspricht in keisterweise dem Determinismus.)
Ob man übt oder nicht ist, kann natürlich ebenfalls determiniert sein und widerspricht daher nicht dem Determinismus.

Oder anders gesagt im Determinismus steht schon fest ob ich übe, und ich dadurch mehr Erfolg habe, als einer der nicht übt.

#24:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:48
    —
fwohlgemuth hat folgendes geschrieben:

Dein Beispiel ist aber auch etwas heikler, weil im Tempo-Sport (hier Ski) die nötigen Entscheidungen überhaupt nicht mehr im Bewusstsein gefällt werden - das genau ist der Sinn des Trainings: diese Entscheidungen zu automatisieren. Aber da genau klemmt es - die Automatisierung bedarf der Übung - warum eigentlich, wenn eh alles determiniert ist?

fwo


Ich war nie ein "trainierter Skifahrer" ausser ein paar Firmenskirennen habe ich selten Rennen gefahren.
Und wie es bei solchen Grümpel-Rennen ist, du fährst einfach los. Aber wenn du siehst, dass um ein Tor rum tiefe Gräben sind, dann versuchst du die zu umgehen.
Da kannst du entweder den Bogen vor dem Tor abschliessen oder erst später.
Die Entscheidungsmöglichkeit hast du fast immer.

Aber das Beispiel auf der Buckelpiste ist noch viel besser, denn das Aufspringen einer Skibindung passiert im Verlaufe einer Saison oft genug, trotzdem kannst du das nicht trainieren.

Aber wenn du Skifahren liebst und die Probleme die sich stellen liebst, dann kannst du in der Situation auswählen.
Die sicherste Variante, wenn möglich ist die Textilbremse zum Hang hin.
Die geilerere Variante ist es den Schwung auf einem Ski auszufahren.
Wenn dann noch Publikum zuschaut wird das zur ersten Option.

Ihr könnt sagen, dass es eine grosse Wahrscheinlichkeit gibt, das Agnost-Blöffsack die zweite Variante wählt wenn er ne Show abziehen will und das er Variante eins nimmt wenn eh kein Schwein zuschaut.

Agnost


Zuletzt bearbeitet von Agnost am 14.04.2008, 22:55, insgesamt einmal bearbeitet

#25:  Autor: Spartacus Leto BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:49
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:

Dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, die bis zum Urknall zurückgeht, ist logisch.


Logisch? Auf Basis welches Axiomensystems?

Nun in der Newtonischen Physik gibt es keinen Zufall, alles ist kausal. Das Verhalten eins Objetkts ist berechenbar.
In der Quantenphysik sind uns die Regeln nicht bekannt, was aber nicht sofort Zufall bedeuten muss. Genausowenig konnten wir hier bis jetzt den Lückengott finden.



Kival hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Folglich können wir nicht anders handeln als wir handeln, auch wenn wir die Illusion haben wir hätten die Wahl, sind auch die entsprechenden Gedankengänge Teil dieser Kausalkette.


Das folgt natürlich nur, wenn es stimmt, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen. Aber es kann natürlich auch dann stimmen, wenn die Behauptung, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, falsch ist.


Ich setze hier Ockhams Rasiermesser ein. Ohne eine Kausalkette wirst du doch ein paar Erklärungen brauchen.

#26:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 22:53
    —
Leto hat folgendes geschrieben:

Nun in der Newtonischen Physik gibt es keinen Zufall, alles ist kausal. Das Verhalten eins Objetkts ist berechenbar.
In der Quantenphysik sind uns die Regeln nicht bekannt, was aber nicht sofort Zufall bedeuten muss. Genausowenig konnten wir hier bis jetzt den Lückengott finden.


Was hat das alles mit Logik zu tun? Und wieso sollte Zufall Freiheit implizieren? Wieso sollte Zufall eigentlich Akausalität bedingen oder Berechenbarkeit Kausalität?

Was Du damit meinst, dass uns in der Quantenphysik die Regeln nicht bekannt sind, ist mir reichtlich unklar.



Kival hat folgendes geschrieben:
Ich setze hier Ockhams Rasiermesser ein. Ohne eine Kausalkette wirst du doch ein paar Erklärungen brauchen.


Das ist kein Argument.

#27:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:04
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
[...]

Schade, wenn du nicht diskutieren willst.


Menno, ich war doch am Tippen des Beitrages und konnte deinen doch gar nicht sehen.

Nein, wenn dir die Bindung aufspringt, kannst du nix vorher geübt haben.

Und es ist ja gerade das Zeichen der ganz grossen Skifahrer, dass sie spontan mit unerwarteten Problemlösungen Stürze verhindern oder eben den Unterschied zu den Fleissigen machen.

Aber gehen wir doch einfach zum Fussball über, dort kennen sich die meisten hier sicher viel besser aus.

Natürlich muss man eine Bicycletta geübt haben und zwar schon als Kind.

Aber die Entscheidung den Ball runterzustoppen oder eben eine Bicycletta auszuführen ist eine freie Entscheidung.
Sie muss sehr schnell gefällt werden, aber sie fällt bewusst, denn so eine Bycicletta muss passen.

Sonst wird man nämlich total ausgelacht.

Agnost

#28:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:09
    —
Also ich bin von der Freiheit des Willens überzeugt. Die Unfreiheit ist für mich publizistischer Müll von Menschen, die tatsächlich ziemlich dumm sind, sich aber wichtig tun wollen (so einer ist übrigens an meiner Uni: Prof. Hans J. Markowitsch)

Man erkläre z.B. nur dieses eine Phänomen: Den Zweifel.

Kann den jemand erklären?

#29:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:13
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:

Dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, die bis zum Urknall zurückgeht, ist logisch.


Logisch? Auf Basis welches Axiomensystems?
Ich würde nicht behaupten, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen(kann ja sein, dass manche unabhängig von einander sind.)

Ich würde Semnons Definition von "kausal" verwenden, die den Zufall zu lässt.
Wenn ich recht erinnere war die so: A versursacht B, wenn B=>A impliziert.
Diese Definition ist nicht symmetrisch, wir brauchen eine Zeit (mit einer Richtung).
Zudem müssen wir wegen dir fehlenden Symmetrie vorsichtig sein: Diese Beziehung lässt sich nicht so ohne auf die anschauliche Vorstellung übertragen. Anschaulich verursacht Bier meinen Tunichtgutzustand. Aber mein Tunichtgutzustand impliziert kein Bier, da er anschaulich auch durch Schnaps verursacht wird. Die richtige Wahl wäre also Bier oder Schnaps, sofern es anschaulich nicht noch mehr Ursachen gibt. (Ich bin müde, also schreibe ich vielleicht gerade einen Stuss).
Dass es eine solche Kausalkette zumindest schon ein Weilchen gibt, sehe ich als empirisch überprüft an, und sehe es als gerechtfertigt axiomatisch festzusetzen, reine Logik wäre ungeeignet Aussagen dieser Art über die Welt zu treffen.
Ich hoffe du bist einigermaßen zufrieden.
Zitat:

Zitat:
Folglich können wir nicht anders handeln als wir handeln, auch wenn wir die Illusion haben wir hätten die Wahl, sind auch die entsprechenden Gedankengänge Teil dieser Kausalkette.

Das folgt natürlich nur, wenn es stimmt, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen. Aber es kann natürlich auch dann stimmen, wenn die Behauptung, dass alle Ereignisse in einer Kausalkette stehen, falsch ist.

Da ich nicht genau weiß, wass dieses "können" bedeuten soll, würde ich nicht mal sagen dies folgt zwingend.

#30:  Autor: Spartacus Leto BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:14
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:

Nun in der Newtonischen Physik gibt es keinen Zufall, alles ist kausal. Das Verhalten eins Objetkts ist berechenbar.
In der Quantenphysik sind uns die Regeln nicht bekannt, was aber nicht sofort Zufall bedeuten muss. Genausowenig konnten wir hier bis jetzt den Lückengott finden.


Was hat das alles mit Logik zu tun? Und wieso sollte Zufall Freiheit implizieren? Wieso sollte Zufall eigentlich Akausalität bedingen oder Berechenbarkeit Kausalität?

Was Du damit meinst, dass uns in der Quantenphysik die Regeln nicht bekannt sind, ist mir reichtlich unklar.

Laut der heisenbergschen Unschärferelation könne wir den Ort und den Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig bestimmen. Daraus ergeben sich natürlich Probleme bei der Vorhersage des Verhaltens von Teilchen.
Nun hier finden die heftigsten Gefechte zwischen Deterministen und Indeterministen statt.
Hier wird mann den Lückengott aber auch nicht finden.
Und die Weltformel lässt leider auf sich warten.

Kival hat folgendes geschrieben:

Leto hat folgendes geschrieben:
Ich setze hier Ockhams Rasiermesser ein. Ohne eine Kausalkette wirst du doch ein paar Erklärungen brauchen.


Das ist kein Argument.

Auf einen Text, der in etwa wie folgt lautet: "In beiden Fällen stimmt es." scheint mir eine andere Antwort unbrauchbar.


Zuletzt bearbeitet von Spartacus Leto am 14.04.2008, 23:18, insgesamt einmal bearbeitet

#31:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:16
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Also ich bin von der Freiheit des Willens überzeugt. Die Unfreiheit ist für mich publizistischer Müll von Menschen, die tatsächlich ziemlich dumm sind, sich aber wichtig tun wollen (so einer ist übrigens an meiner Uni: Prof. Hans J. Markowitsch)
Man erkläre z.B. nur dieses eine Phänomen: Den Zweifel.

Kann den jemand erklären?
Ja (aber nur soweit, dass er den Determismus nicht widerspricht).
Aber das werde ich nicht, dazu bist du zu beleidigend.

#32:  Autor: Spartacus Leto BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:18
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Also ich bin von der Freiheit des Willens überzeugt. Die Unfreiheit ist für mich publizistischer Müll von Menschen, die tatsächlich ziemlich dumm sind, sich aber wichtig tun wollen (so einer ist übrigens an meiner Uni: Prof. Hans J. Markowitsch)

Man erkläre z.B. nur dieses eine Phänomen: Den Zweifel.

Kann den jemand erklären?


Wir haben die Illusion des freien Willens.
Die Zweifel sind Teil der Kausalkette, die zu dem entsprechenden Ereignissen führen.

Im übrigen, keine nette Ausdrucksweise.

#33:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:21
    —
Der Wille , dass ist bewußtes auf ein Ziel gerichtetes Handeln. Er besteht aus den Komponenten Intellekt und Gefühlen. Er setzt Kenntnis eines Ziels voraus. In der Willenshandlung wird er vollzogen. Dabei werden innere und äußere Widerstände überwunden. Er verläuft in den Phasen Absicht, Entschluss und Ausführung.
Wille bezieht sich nicht nur auf Einzelmenschen sondern auch auf Menschengruppen. Bei den bewußten Vertretern der Arbeiterklasse zielt er auf die Beseitigung von Ausbeutung und Unterdrückung.
Eine Überbetonung des Willens, wie z.B. beim Voluntarismus ist unangebracht. Auch dessen Übersteigerung, wie bei Nietzsche muss gleichfalls zurückgewiesen werden.
Eine übermäßige Willensschwäche ist Ausdruck einer psychischen Störung, sei es dass dann Blockaden des Unbewußten vorherrschen, sei es, dass eine depressive Störung existiert, sei es, dass sonstige Deprivationen vorliegen.

#34:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:22
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
......
Aber das Beispiel auf der Buckelpiste ist noch viel besser, denn das Aufspringen einer Skibindung passiert im Verlaufe einer Saison oft genug, trotzdem kannst du das nicht trainieren.

Nicht in dem Sinn, dass Du dich x-mal auf die Schnauze legst - aber Du trainierst das mit jedem Buckel, über den Du fährst und mit jedem Gedanken, in dem Du diese Entscheidung vorwegnimmst.

Training läuft etwas komplexer ab.

Was mich allerdings auf der persönlichen Ebene interessieren würde, wie jemand, der seine Entscheidungen als determiniert betrachtet, auf einen Vorschlag zu einem Essen, zum Beischlaf oder zu einem kleinen Mord reagiert - genausowenig wie er eine Wahl ion der Antwort hat, hatte doch der andere eine in seinem Vorschlag. Oder ist diese ganze Diskussion vollig theoretisch und hat mit dem realen Leben nichts zu tun?

fwo

#35:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.04.2008, 23:22
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:

Kann den jemand erklären?
Ja (aber nur soweit, dass er den Determismus nicht widerspricht).
Aber das werde ich nicht, dazu bist du zu beleidigend. [/quote]

Weinen Schade dass du nicht diskutieren willst. Lachen zynisches Grinsen zwinkern Weinen

Agnost

#36:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 00:00
    —
Notwendigkeit und Zufall bilden eine dialektische Einheit. Auch in den höheren Bewegungsformen der Materie, insbesondere im gesellschaftlichen Bereich, sind exakte, detaillierte Voraussagen auf Grund der enormen Komplexität nicht immer möglich. Dennoch ist das gesellschaftliche Geschehen gesetzmässig determiniert. Die Bewegungsgesetze der Gesellschaft von Marx und Engels gestatten es, deren Entwicklung zumindest in groben Zügen vorauszusagen.

#37:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 00:04
    —
Ein Fussballspiel zwischen einigermassen gleich stark besetzter Mannschaften lässt sich nicht voraussagen.

Da nützt auch keine Marxsche Dialektik nix.

Agnost

#38:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 00:08
    —
Das stimmt. Aber kein Marxist erstellt auch eine entsprechende Prognose.

#39:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 00:12
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Das stimmt. Aber kein Marxist erstellt auch eine entsprechende Prognose.


Das heisst also, dass du Letos totale Determination auch ablehnst?

Agnost

#40:  Autor: Spartacus Leto BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 00:15
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Das stimmt. Aber kein Marxist erstellt auch eine entsprechende Prognose.


Das heisst also, dass du Letos totale Determination auch ablehnst?

Agnost


Es sei noch erwähnt, dass wir gar nicht die Mittel haben, den Ausgangs eines Spiels zu berechnen.

#41:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 00:20
    —
Leto hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Das stimmt. Aber kein Marxist erstellt auch eine entsprechende Prognose.


Das heisst also, dass du Letos totale Determination auch ablehnst?

Agnost


Es sei noch erwähnt, dass wir gar nicht die Mittel haben, den Ausgangs eines Spiels zu berechnen.


Schön, ich bezweifle, dass der grosse Determinator an den du ja, wie die Calvinisten auch glaubst, das Spiel überhaupt im Griff hat, geschweige denn je erfunden hat.

Dein Determinator Leto, kann man doch problemlos mit Feuerbachschen Ueberlegungen ad acta legen.

Determinismus ist eine Religion.

Agnost

#42:  Autor: KomodoWohnort: 2Fort BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 00:31
    —
Wieso verbindet man immer Dinge mit Willensfreiheit, die damit nun wirklich garnichts zu tun haben?

Das Gehirn trifft eine Entscheidung, bevor diese Entscheidung bewusst wird. Das heißt nicht, dass ich einem Zwang ausgesetzt bin, sondern, dass ich mich entscheide, bevor mir das klar wird.

#43:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 01:02
    —
Komodo hat folgendes geschrieben:
Wieso verbindet man immer Dinge mit Willensfreiheit, die damit nun wirklich garnichts zu tun haben?

Das Gehirn trifft eine Entscheidung, bevor diese Entscheidung bewusst wird. Das heißt nicht, dass ich einem Zwang ausgesetzt bin, sondern, dass ich mich entscheide, bevor mir das klar wird.


Ich denke, dass das oft zutrifft aber nicht immer.

Ich verweise nochmals auf die Ski-Beispiele.

Ich kann es sogar noch plastischer machen.

Du hast einen Hang voller "Gleitender Kippstangen" (vulgo andere Skifahrer die im Weg rumrutschen, stehen oder gerade auf die Schnautze fliegen.) und natürlich wählst du deinen Weg so, dass du einerseits so nahe wie möglich an deiner Linie bleiben kannst andererseits keine dieser Kippstangen zwischen die Haxen bekommst.

Diese Situation ist absolut zufällig, deine Entscheidung triffst du aber bewusst.
Denn wenn eine dieser Kippstangen gerade deine Buckel belegt, wirst du deswegen nicht neben deinen Buckeln vorbeifahren, nein du bremst deine Fahrt ab, damit der Vollpfosten wegkommt, bevor du die Buckel reitest.
Diese Entscheidung fällt total bewusst, denn du weisst was du willst und du weisst, dass du dir deswegen nicht die Haxen brechen willst.

Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr schon oft erlebt habt. dass ihr die Wahl zwischen zwei verschiedenen gangbaren Möglichkeiten hattet und dann mal die sichere und mal die geile Variante gewählt habt.

Das das Hirn in Testsituationen antizipierend "blinkt", glaube ich schon, das beweisst aber nur, dass die Hirnregion im Bereitschaftsmodus ist.

Agnost

#44:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 01:08
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Das stimmt. Aber kein Marxist erstellt auch eine entsprechende Prognose.


Das heisst also, dass du Letos totale Determination auch ablehnst?

Agnost


Totale Determiniertheit gibt es nicht!

#45:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 05:06
    —
Halligstorch hat folgendes geschrieben:
[...]Ich meine, vor Zeiten irgendwo gelesen zu haben, dass ein überzeugter Moslem, wenn er sich bei einer schwierigen Frage nicht zu einer Entscheidung durchringen kann, als allerletzte Möglichkeit die Meinung seiner Frau einholt und dann das Gegenteil tut.[...]

Blöd für ihn, wenn die das weiß.

: )

#46:  Autor: Norton BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 05:19
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Halligstorch hat folgendes geschrieben:
[...]Ich meine, vor Zeiten irgendwo gelesen zu haben, dass ein überzeugter Moslem, wenn er sich bei einer schwierigen Frage nicht zu einer Entscheidung durchringen kann, als allerletzte Möglichkeit die Meinung seiner Frau einholt und dann das Gegenteil tut.[...]

Blöd für ihn, wenn die das weiß.

: )


Kennst du das Rätsel mit dem Raum und den 2 Toren (eins verschlossen/eins offen), vor welchen 2 Soldaten stehen?
Einer sagt immer der Wahrheit, der andere flunkert immer und man muss mit nur einer Frage herausfinden, welches Tor das offene ist.

#47:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 05:27
    —
Norton hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Halligstorch hat folgendes geschrieben:
[...]Ich meine, vor Zeiten irgendwo gelesen zu haben, dass ein überzeugter Moslem, wenn er sich bei einer schwierigen Frage nicht zu einer Entscheidung durchringen kann, als allerletzte Möglichkeit die Meinung seiner Frau einholt und dann das Gegenteil tut.[...]

Blöd für ihn, wenn die das weiß.

: )


Kennst du das Rätsel mit dem Raum und den 2 Toren (eins verschlossen/eins offen), vor welchen 2 Soldaten stehen?
Einer sagt immer der Wahrheit, der andere flunkert immer und man muss mit nur einer Frage herausfinden, welches Tor das offene ist.


Das mit der doppelten Verneinung?

#48:  Autor: Norton BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 05:31
    —
Yep, passt nicht schlecht, oder Lachen
Woher kennst du das, wenn man fragen darf?

#49:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 07:05
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
[...]

Schade, wenn du nicht diskutieren willst.


Menno, ich war doch am Tippen des Beitrages und konnte deinen doch gar nicht sehen.

Nein, wenn dir die Bindung aufspringt, kannst du nix vorher geübt haben.

Und es ist ja gerade das Zeichen der ganz grossen Skifahrer, dass sie spontan mit unerwarteten Problemlösungen Stürze verhindern oder eben den Unterschied zu den Fleissigen machen.

Aber gehen wir doch einfach zum Fussball über, dort kennen sich die meisten hier sicher viel besser aus.

Natürlich muss man eine Bicycletta geübt haben und zwar schon als Kind.

Aber die Entscheidung den Ball runterzustoppen oder eben eine Bicycletta auszuführen ist eine freie Entscheidung.
Sie muss sehr schnell gefällt werden, aber sie fällt bewusst, denn so eine Bycicletta muss passen.

Sonst wird man nämlich total ausgelacht.

Agnost


Sicher? Die eigentliche Frage ist nämlich: Wenn du dich zB für eine Bicycletta entschieden hast (was immer das ist), hättest du dich auch für das runterstoppen entscheiden können?

#50:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 07:07
    —
@fwo
Zitat:
Oder ist diese ganze Diskussion vollig theoretisch und hat mit dem realen Leben nichts zu tun?

dürfte hinkommen zwinkern

Erwin

#51:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 07:09
    —
Komodo hat folgendes geschrieben:
Wieso verbindet man immer Dinge mit Willensfreiheit, die damit nun wirklich garnichts zu tun haben?

Das Gehirn trifft eine Entscheidung, bevor diese Entscheidung bewusst wird. Das heißt nicht, dass ich einem Zwang ausgesetzt bin, sondern, dass ich mich entscheide, bevor mir das klar wird.


Nicht nur. Sondern auch, dass man, nachdem man sich entschieden hat, noch denkt, sich entscheiden zu können, also für diese Zeit die Illusion eines freien Willens gehabt hatte.

#52:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 07:12
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Diese Entscheidung fällt total bewusst, denn du weisst was du willst und du weisst, dass du dir deswegen nicht die Haxen brechen willst.

Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr schon oft erlebt habt. dass ihr die Wahl zwischen zwei verschiedenen gangbaren Möglichkeiten hattet und dann mal die sichere und mal die geile Variante gewählt habt.

Das das Hirn in Testsituationen antizipierend "blinkt", glaube ich schon, das beweisst aber nur, dass die Hirnregion im Bereitschaftsmodus ist.

Agnost


Das sagt nicht für den freien Willen aus. Nochmal: Die eigentliche Frage ist, hätte man sich anderes entscheiden können, als man sich entschieden hat. Und da ist es egal, wie kurz und wie bewusst die Entscheidung war.

Von daher ist die Untersuchung, um die es hier geht, sicherlich keine Widerlegung des freien Willens, aber doch ein Indiz hierfür, denn sie zeigt, dass für eine kurze Zeit der angenommene freie Wille tatsächlich nur eine Illusion war und die Entscheidung schon getroffen war und nicht mehr hätte anders getroffen werden, auch wenn man das vielleicht denken würde.

#53:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 10:42
    —
jagy,

geh einfach mal Skifahren, geh auf eine volle Piste und dann versuche herauszufinden, ob deine Hirn schon so viel im voraus wissen konnte, was zu tun sein wird.

Bei 30Km/h also 30'000m/h -> 500m/min -> 8,3m/sec -> 8,3cm pro 1/100Sekunde Wegstrecke

also auch 83cm per 1/10 sekunde, kannst du ersehen, dass was in Zeit extrem kurz erscheint räumlich noch viel Platz bedeutet, also auch noch Raum für Entscheidungen bietet.

Entscheidungen die bewusst innerhalb von ein paar 10tel Sekunden passieren sind sowohl im Fussball wie beim Skifahren total normal.

Dass dabei gewisse Hirnregionen permanent am flackern sind, ist ja das Geile an der Sache.
Skifahrer sprechen vom Endorphin-Flash.

Agnost

#54:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 10:45
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy,

geh einfach mal Skifahren, geh auf eine volle Piste und dann versuche herauszufinden, ob deine Hirn schon so viel im voraus wissen konnte, was zu tun sein wird.

Bei 30Km/h also 30'000m/h -> 500m/min -> 8,3m/sec -> 8,3cm pro 1/100Sekunde Wegstrecke

also auch 83cm per 1/10 sekunde, kannst du ersehen, dass was in Zeit extrem kurz erscheint räumlich noch viel Platz bedeutet, also auch noch Raum für Entscheidungen bietet.

Entscheidungen die bewusst innerhalb von ein paar 10tel Sekunden passieren sind sowohl im Fussball wie beim Skifahren total normal.

Dass dabei gewisse Hirnregionen permanent am flackern sind, ist ja das Geile an der Sache.
Skifahrer sprechen vom Endorphin-Flash.

Agnost


Du schreibst schon wieder völlig am wesentlichen Unterschied vorbei.

Die Frage ist, hätte man sich anders entscheiden können, als man sich entschieden hat - egal, wie kurz der Zeitraum der "bewussten" Entscheidung war.


p.s.: ich fahre ski

#55:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 11:00
    —
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy,

geh einfach mal Skifahren, geh auf eine volle Piste und dann versuche herauszufinden, ob deine Hirn schon so viel im voraus wissen konnte, was zu tun sein wird.

Bei 30Km/h also 30'000m/h -> 500m/min -> 8,3m/sec -> 8,3cm pro 1/100Sekunde Wegstrecke

also auch 83cm per 1/10 sekunde, kannst du ersehen, dass was in Zeit extrem kurz erscheint räumlich noch viel Platz bedeutet, also auch noch Raum für Entscheidungen bietet.

Entscheidungen die bewusst innerhalb von ein paar 10tel Sekunden passieren sind sowohl im Fussball wie beim Skifahren total normal.

Dass dabei gewisse Hirnregionen permanent am flackern sind, ist ja das Geile an der Sache.
Skifahrer sprechen vom Endorphin-Flash.

Agnost


Du schreibst schon wieder völlig am wesentlichen Unterschied vorbei.

Die Frage ist, hätte man sich anders entscheiden können, als man sich entschieden hat - egal, wie kurz der Zeitraum der "bewussten" Entscheidung war.


p.s.: ich fahre ski


Das habe ich weiter oben mehrmals beschrieben.

Ja hätte ich gekonnt.

Im steilen Buckelhang ist beim Aufspringen der Buckelpiste die Wahl zwischen, Textilbremse zum Hang oder Ausfahren und Abbremsen mit einem Ski eine reelle Wahlmöglichkeit, die relativ häufig auftritt.
Und natürlich wählst du die Möglichkeiten.
Ich für meinen Teil kann auch dann noch zwischen der Option weiterfahren oder sofort bremsen, wenn ich einen "Filmriss" habe, also wenn ich plötzlich keinen "Plan" mehr habe, wass ich auf den nächsten 10 Metern tun will.

Und wer oft Ski fährt kennt auch das Gefühl der einen Abfahrt zum Schluss von der man merkt, dass sie im Grunde eine zu viel ist.
Meisst schaft man die natürlich auch noch, aber man merkt, dass man nun nur noch nach Reflexen, auf Instinkt fährt. Und das ist dann kein Endorphin-Run mehr, dass ist nicht mehr schön.
In dieser Abfahrt ist der "eigene" Wille massiv reduziert.

Agnost

#56:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 11:14
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy,

geh einfach mal Skifahren, geh auf eine volle Piste und dann versuche herauszufinden, ob deine Hirn schon so viel im voraus wissen konnte, was zu tun sein wird.

Bei 30Km/h also 30'000m/h -> 500m/min -> 8,3m/sec -> 8,3cm pro 1/100Sekunde Wegstrecke

also auch 83cm per 1/10 sekunde, kannst du ersehen, dass was in Zeit extrem kurz erscheint räumlich noch viel Platz bedeutet, also auch noch Raum für Entscheidungen bietet.

Entscheidungen die bewusst innerhalb von ein paar 10tel Sekunden passieren sind sowohl im Fussball wie beim Skifahren total normal.

Dass dabei gewisse Hirnregionen permanent am flackern sind, ist ja das Geile an der Sache.
Skifahrer sprechen vom Endorphin-Flash.

Agnost


Du schreibst schon wieder völlig am wesentlichen Unterschied vorbei.

Die Frage ist, hätte man sich anders entscheiden können, als man sich entschieden hat - egal, wie kurz der Zeitraum der "bewussten" Entscheidung war.


p.s.: ich fahre ski


Das habe ich weiter oben mehrmals beschrieben.

Ja hätte ich gekonnt.

Im steilen Buckelhang ist beim Aufspringen der Buckelpiste die Wahl zwischen, Textilbremse zum Hang oder Ausfahren und Abbremsen mit einem Ski eine reelle Wahlmöglichkeit, die relativ häufig auftritt.
Und natürlich wählst du die Möglichkeiten.
Ich für meinen Teil kann auch dann noch zwischen der Option weiterfahren oder sofort bremsen, wenn ich einen "Filmriss" habe, also wenn ich plötzlich keinen "Plan" mehr habe, wass ich auf den nächsten 10 Metern tun will.

Und wer oft Ski fährt kennt auch das Gefühl der einen Abfahrt zum Schluss von der man merkt, dass sie im Grunde eine zu viel ist.
Meisst schaft man die natürlich auch noch, aber man merkt, dass man nun nur noch nach Reflexen, auf Instinkt fährt. Und das ist dann kein Endorphin-Run mehr, dass ist nicht mehr schön.
In dieser Abfahrt ist der "eigene" Wille massiv reduziert.

Agnost


Tud mir ja leid, aber wieder völlig am Thema bzw Problem vorbei.

Du schreibst, es gibt viele Alternativen, für die man sich entscheiden kann. Die Frage ist aber ob man sich auch für eine andere dieser vielen Alternativen hätte entscheiden können als für die, für die man sich entschieden hat.

Die Frag ist: Wenn du dich zB für die Option Ausfahren und Abbremsen entschieden hast, hättest du dich rückblicken auch für die Option Textilbremse zum Hang entscheiden können?
(Und wenn du meinst, ich schreib am Thema vorbei, dann beantworte mir die Frage des vorhergehenden Satzen mit einem Satz)

#57:  Autor: Celsus-2006Wohnort: Süddeutschland BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 11:38
    —
Ich könnte mir vorstellen, dass überhaupt alle schnellen Sportarten gut geeignet sind, dieses Phänomen zu untersuchen. Ich spiele Badminton (auch Wettkampfspiele in der Kreisklasse) und denke oft, dass ich viele Schläge und Reaktionen völlig unwillkürlich durchführe. Auch da würtde sich bei Verkabelung meines Gehiornes vielleicht zeigen, dass die Entscheidungen durch mein Gehirn bereits getroffen wurden, bevor mein (vermeintliches) Ich dies tat. Allerdings muss man in der Tat darüber nachdenken, was dann das "Ich" ist. Vielleicht hinkt ja mein bewusstes Ich den doch von "mir" gemachten Entscheidungen bloß hinterherhinkt.
Gruß

#58:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 12:44
    —
Zitat:
und denke oft, dass ich viele Schläge und Reaktionen völlig unwillkürlich durchführe.

http://www.armin-kibele.de/proj_d12.htm

Gerade der Sport ist ein denkbar ungeeignetes Beispiel für einen bewußten freien Willen. Sobald ein Sportler tatsächlich (bewußt) über irgendeinen Bewegungsablauf nachdenken muß, wird seine Leistung um ein vielfaches schlechter/langsamer.

Da sind auch die Messungen völlig richtig interpretiert, daß die von der "Bewegungsautomatisierung" im Hirn gesteuerten Abläufe erst ausgeführt und danach bewußt werden.

Mit meinem Kugelbeispiel, wo es um die freien Vorstellungsmöglichkeiten einer Wahl geht, ist das auch nicht vergleichbar. Sobald die getroffene Wahl ausgeführt wird - also die Handlungsinitiierung startet, ist es auch wieder so, daß die Handlungsausführung vor der Bewußtwerdung zu Stande kommt.

Die ist auch mit der evolutionären Hirnentwicklung konsistent - das (Selbst-)Bewußtsein sowie das lineare, abstrakte Denken, ist schlüssigerweise jener Teil des Hirns, der als letztes entstanden ist.

Erwin

#59:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 13:01
    —
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy,

geh einfach mal Skifahren, geh auf eine volle Piste und dann versuche herauszufinden, ob deine Hirn schon so viel im voraus wissen konnte, was zu tun sein wird.

Bei 30Km/h also 30'000m/h -> 500m/min -> 8,3m/sec -> 8,3cm pro 1/100Sekunde Wegstrecke

also auch 83cm per 1/10 sekunde, kannst du ersehen, dass was in Zeit extrem kurz erscheint räumlich noch viel Platz bedeutet, also auch noch Raum für Entscheidungen bietet.

Entscheidungen die bewusst innerhalb von ein paar 10tel Sekunden passieren sind sowohl im Fussball wie beim Skifahren total normal.

Dass dabei gewisse Hirnregionen permanent am flackern sind, ist ja das Geile an der Sache.
Skifahrer sprechen vom Endorphin-Flash.

Agnost


Du schreibst schon wieder völlig am wesentlichen Unterschied vorbei.

Die Frage ist, hätte man sich anders entscheiden können, als man sich entschieden hat - egal, wie kurz der Zeitraum der "bewussten" Entscheidung war.


p.s.: ich fahre ski


Das habe ich weiter oben mehrmals beschrieben.

Ja hätte ich gekonnt.

Im steilen Buckelhang ist beim Aufspringen der Buckelpiste die Wahl zwischen, Textilbremse zum Hang oder Ausfahren und Abbremsen mit einem Ski eine reelle Wahlmöglichkeit, die relativ häufig auftritt.
Und natürlich wählst du die Möglichkeiten.
Ich für meinen Teil kann auch dann noch zwischen der Option weiterfahren oder sofort bremsen, wenn ich einen "Filmriss" habe, also wenn ich plötzlich keinen "Plan" mehr habe, wass ich auf den nächsten 10 Metern tun will.

Und wer oft Ski fährt kennt auch das Gefühl der einen Abfahrt zum Schluss von der man merkt, dass sie im Grunde eine zu viel ist.
Meisst schaft man die natürlich auch noch, aber man merkt, dass man nun nur noch nach Reflexen, auf Instinkt fährt. Und das ist dann kein Endorphin-Run mehr, dass ist nicht mehr schön.
In dieser Abfahrt ist der "eigene" Wille massiv reduziert.

Agnost


Tud mir ja leid, aber wieder völlig am Thema bzw Problem vorbei.

Du schreibst, es gibt viele Alternativen, für die man sich entscheiden kann. Die Frage ist aber ob man sich auch für eine andere dieser vielen Alternativen hätte entscheiden können als für die, für die man sich entschieden hat.

Die Frag ist: Wenn du dich zB für die Option Ausfahren und Abbremsen entschieden hast, hättest du dich rückblicken auch für die Option Textilbremse zum Hang entscheiden können?
(Und wenn du meinst, ich schreib am Thema vorbei, dann beantworte mir die Frage des vorhergehenden Satzen mit einem Satz)


Hab ich doch mehrmals schon beschrieben.

Ja, für die Textilbremse zum Hang hin, hätte ich mich meistens entscheiden können und habe es auch oft gemacht, da es die sicherste Variante ist, aber nicht die geilste.

Aber es sind ja auch absolut freiwillige aber nicht vorhersehbare Entscheidungen, wenn ich vor einer Buckelensemble abbremse, weil ich lieber warte dass es frei von Kippstangen ist, oder ob ich neben her vorbeifahre weil ich gerade keine Lust habe, meinen Drive zu verlieren.

Ich habe in meinem Skifahrerleben schon etliche Situationen erlebt, in denen ich genügend "Zeit" hatte, zwischen Sicherheit und "mehr Spass" zu wählen und ich habe natürlich öfters "mehr Spass" als Sicherheit gewählt, aber ich habe sehr oft Sicherheit gewählt.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass man allermeistens frei entscheidet, wenn man bei Rotlicht über die Strasse geht.
Ich betone: allermeistens, nicht immer.
Denn das wir nicht in der Lage sind immer "bedingt frei" zuhandeln ist wohl unbestritten.

Absolute Freiheit oder weitgehende Freiheit, sind natürlich Illusionen, aber bedingte Freiheit, gerade wenn es um die Wahl zwischen mehr Sicherheit und mehr Spass geht, wenn beide Handlungsoptionen gangbar sind erfährt jeder Mensch in Situationen höchster Komplexität oder Zufallszuständen.

Auch im Badminton, hast du oft genug die Wahl zwischen einem Smash oder einem Trudler (oder wie das genau heisst).
Die Situation ergibt sich aber nicht vorhersehbar, aber wenn sie sich ergibt, dann kannst du wählen.

Die von den Deterministen beschriebenen "Vorlaufszeiten" sind schlicht zu lange als dass sie die Reaktionen bei den meisten Temposportarten sinnvoll koordinieren könnten.
Was diese Bild-Hirnforscher sehen ist nur die Bereitschaft der Hirnregion.

Ja, was Skifahren so schön macht, ist eben, dass man "bedingte Freiheit" wirlich bewusst wahrnimmt.

Agnost

#60:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 13:08
    —
Zitat:
Ja, was Skifahren so schön macht, ist eben, dass man "bedingte Freiheit" wirlich bewusst wahrnimmt.

Hmmmm - hat jetzt zwar nix mit FW zu tun - aber das schönste beim Schifahren sind für mich "Flow"-Erlebnisse, also das bewußte "Beobachten" der optimal automatisierten Handlungsabläufe. Andere Schilehrer (war ich während des Studiums) bzw. sehr gute Schiläufer, berichten da ähnliches.

Erwin

#61:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 13:21
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ja, was Skifahren so schön macht, ist eben, dass man "bedingte Freiheit" wirlich bewusst wahrnimmt.

Hmmmm - hat jetzt zwar nix mit FW zu tun - aber das schönste beim Schifahren sind für mich "Flow"-Erlebnisse, also das bewußte "Beobachten" der optimal automatisierten Handlungsabläufe. Andere Schilehrer (war ich während des Studiums) bzw. sehr gute Schiläufer, berichten da ähnliches.

Erwin


Ja, das ist das Endorphin-Flash und genau das beschleunigt eben auch die Wahrnehmung und die Wahlmöglichkeiten.

Es gibt z.Bsp. Schönwetter-Skifahrer wie mich, die nur dann gerne Skifahren, wenn sie durch die Sonne und ihre Klein-Schattenwürfe, die Piste lesen können.

Ist das Wetter schlecht wähle ich den "Einkehrschwung" weil sich bei mir der "Flow" nicht einstellen kann.

Andere Skifahrer sind "taktiler", die "lesen" die Piste auch mit den Skispitzen.

Dass kann ich nicht so gut, ich bin mehr der "optische" Typ.

Agnost

#62:  Autor: KomodoWohnort: 2Fort BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 13:53
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich denke, dass das oft zutrifft aber nicht immer.

Ich verweise nochmals auf die Ski-Beispiele.

Ich kann es sogar noch plastischer machen.

Du hast einen Hang voller "Gleitender Kippstangen" (vulgo andere Skifahrer die im Weg rumrutschen, stehen oder gerade auf die Schnautze fliegen.) und natürlich wählst du deinen Weg so, dass du einerseits so nahe wie möglich an deiner Linie bleiben kannst andererseits keine dieser Kippstangen zwischen die Haxen bekommst.

Diese Situation ist absolut zufällig, deine Entscheidung triffst du aber bewusst.
Denn wenn eine dieser Kippstangen gerade deine Buckel belegt, wirst du deswegen nicht neben deinen Buckeln vorbeifahren, nein du bremst deine Fahrt ab, damit der Vollpfosten wegkommt, bevor du die Buckel reitest.
Diese Entscheidung fällt total bewusst, denn du weisst was du willst und du weisst, dass du dir deswegen nicht die Haxen brechen willst.

Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr schon oft erlebt habt. dass ihr die Wahl zwischen zwei verschiedenen gangbaren Möglichkeiten hattet und dann mal die sichere und mal die geile Variante gewählt habt.

Das das Hirn in Testsituationen antizipierend "blinkt", glaube ich schon, das beweisst aber nur, dass die Hirnregion im Bereitschaftsmodus ist.
Das Gehirn trifft keine Entscheidung bewusst. Der Unterschied liegt darin, dass das Gehirn keine Zeit hat, sich Zeit zu lassen. Jede Entschiedung wird sofort umgesetzt und vom Bewusstsein sofort wahrgenommen.

jagy hat folgendes geschrieben:
Nicht nur. Sondern auch, dass man, nachdem man sich entschieden hat, noch denkt, sich entscheiden zu können, also für diese Zeit die Illusion eines freien Willens gehabt hatte.
So macht das schon Sinn, es sagt allerdings nichts über den freien Willen im Allgemeinen aus. Die Entschiedung selbst ist davon unbeeinflusst.

#63:  Autor: Celsus-2006Wohnort: Süddeutschland BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 13:59
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
und denke oft, dass ich viele Schläge und Reaktionen völlig unwillkürlich durchführe.

http://www.armin-kibele.de/proj_d12.htm

Gerade der Sport ist ein denkbar ungeeignetes Beispiel für einen bewußten freien Willen. Sobald ein Sportler tatsächlich (bewußt) über irgendeinen Bewegungsablauf nachdenken muß, wird seine Leistung um ein vielfaches schlechter/langsamer.
.....

Erwin


Hallo,

selbstverständlich ist es gerade für Sport typisch, dass ein erheblicher Teil der Motorik von Reflexbögen im Rückenmark und von Gehirn unbewusst gesteuert wird. Dieses zu erreichen ist ja auch der Sinn von Training. Aber deshalb wird der gesamte Sportablauf, gerade bei solchen Ballspielen, natürlich nicht komplett bewusst- und willenlos. Schließlich muss man ständig taktisch entscheiden, reflexhaftes und entscheidendes Handeln löst sich hier ständig in schneller Folge ab.
Und nicht selten hat man das Gefühl, etwas anderes gemacht zu haben, als man eigentlich wollte. Da hat dann das Reflexhafte obsiegt.
Für die FW-Diskussion spannend sind aber eben die scheinbar bewussten Entscheidungen, wenn auch die kurz vor der "Entscheidung" bereits im Gehirn angelegt wurden.
Gruß

#64:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 14:01
    —
xx

Zuletzt bearbeitet von Wolf am 15.04.2008, 14:02, insgesamt einmal bearbeitet

#65:  Autor: esme BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 14:02
    —
Ich halte das für keine Einschränkung des freien Willens, dass mein Gehirn "für mich" entscheidet, da ich der Meinung bin, dass "ich" mein Gehirn bin. Das Phänomen nachzuweisen ist dennoch interessant. Natürlich werden in vielen Situationen Entscheidungen schneller als in 7 Sekunden getroffen, diese Experimente wurden aber meiner Meinung nach gerade deshalb gewählt, weil kein äusserer Zeitdruck da ist, *damit* man die Zeitverzögerung gut messen kann.

Eine andere Frage ist, was ein erfolgreiches Selbstbild in Bezug auf das psychische Wohlergehen und soziale Leben ist. Das ist so ähnlich, wie jemand, der versucht ein erfolgreiches erstes Date dadurch zu absolvieren, dass er alles "richtig" macht. Auch wenn das prinzipiell möglich wäre, ohne jede Empathie alles richtig zu machen und gewisse Psychopathen darin gar nicht schlecht sind, ist es in der Praxis so, dass unser soziales Verhalten darauf ausgerichtet ist, unbewusst schwer zu kopierenden Rapport herzustellen, und das ist ja auch ein Schutz.

Es folgt aus einem unfreien Willen auch nicht notwendigerweise, dass es sinnlos ist, sündige Menschen für ihre persönliche Schuld an den Pranger zu stellen, da sie und andere sich ja zweifellos dadurch in irgendeiner Weise ändern.

#66:  Autor: Spartacus Leto BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 15:51
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Leto hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Das stimmt. Aber kein Marxist erstellt auch eine entsprechende Prognose.


Das heisst also, dass du Letos totale Determination auch ablehnst?

Agnost


Es sei noch erwähnt, dass wir gar nicht die Mittel haben, den Ausgangs eines Spiels zu berechnen.


Schön, ich bezweifle, dass der grosse Determinator an den du ja, wie die Calvinisten auch glaubst, das Spiel überhaupt im Griff hat, geschweige denn je erfunden hat.

Dein Determinator Leto, kann man doch problemlos mit Feuerbachschen Ueberlegungen ad acta legen.

Determinismus ist eine Religion.

Agnost


Determinator? Damit meinst du wohl Gott?

Desweiteren gibt es keinen Determinator.

Ich rede nur von einer Kausalkette, der wir alle unterworfen sind.

#67:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 15.04.2008, 18:26
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy,

geh einfach mal Skifahren, geh auf eine volle Piste und dann versuche herauszufinden, ob deine Hirn schon so viel im voraus wissen konnte, was zu tun sein wird.

Bei 30Km/h also 30'000m/h -> 500m/min -> 8,3m/sec -> 8,3cm pro 1/100Sekunde Wegstrecke

also auch 83cm per 1/10 sekunde, kannst du ersehen, dass was in Zeit extrem kurz erscheint räumlich noch viel Platz bedeutet, also auch noch Raum für Entscheidungen bietet.

Entscheidungen die bewusst innerhalb von ein paar 10tel Sekunden passieren sind sowohl im Fussball wie beim Skifahren total normal.

Dass dabei gewisse Hirnregionen permanent am flackern sind, ist ja das Geile an der Sache.
Skifahrer sprechen vom Endorphin-Flash.

Agnost


Du schreibst schon wieder völlig am wesentlichen Unterschied vorbei.

Die Frage ist, hätte man sich anders entscheiden können, als man sich entschieden hat - egal, wie kurz der Zeitraum der "bewussten" Entscheidung war.


p.s.: ich fahre ski


Das habe ich weiter oben mehrmals beschrieben.

Ja hätte ich gekonnt.

Im steilen Buckelhang ist beim Aufspringen der Buckelpiste die Wahl zwischen, Textilbremse zum Hang oder Ausfahren und Abbremsen mit einem Ski eine reelle Wahlmöglichkeit, die relativ häufig auftritt.
Und natürlich wählst du die Möglichkeiten.
Ich für meinen Teil kann auch dann noch zwischen der Option weiterfahren oder sofort bremsen, wenn ich einen "Filmriss" habe, also wenn ich plötzlich keinen "Plan" mehr habe, wass ich auf den nächsten 10 Metern tun will.

Und wer oft Ski fährt kennt auch das Gefühl der einen Abfahrt zum Schluss von der man merkt, dass sie im Grunde eine zu viel ist.
Meisst schaft man die natürlich auch noch, aber man merkt, dass man nun nur noch nach Reflexen, auf Instinkt fährt. Und das ist dann kein Endorphin-Run mehr, dass ist nicht mehr schön.
In dieser Abfahrt ist der "eigene" Wille massiv reduziert.

Agnost


Tud mir ja leid, aber wieder völlig am Thema bzw Problem vorbei.

Du schreibst, es gibt viele Alternativen, für die man sich entscheiden kann. Die Frage ist aber ob man sich auch für eine andere dieser vielen Alternativen hätte entscheiden können als für die, für die man sich entschieden hat.

Die Frag ist: Wenn du dich zB für die Option Ausfahren und Abbremsen entschieden hast, hättest du dich rückblicken auch für die Option Textilbremse zum Hang entscheiden können?
(Und wenn du meinst, ich schreib am Thema vorbei, dann beantworte mir die Frage des vorhergehenden Satzen mit einem Satz)


Hab ich doch mehrmals schon beschrieben.

Ja, für die Textilbremse zum Hang hin, hätte ich mich meistens entscheiden können und habe es auch oft gemacht, da es die sicherste Variante ist, aber nicht die geilste.

Aber es sind ja auch absolut freiwillige aber nicht vorhersehbare Entscheidungen, wenn ich vor einer Buckelensemble abbremse, weil ich lieber warte dass es frei von Kippstangen ist, oder ob ich neben her vorbeifahre weil ich gerade keine Lust habe, meinen Drive zu verlieren.

Ich habe in meinem Skifahrerleben schon etliche Situationen erlebt, in denen ich genügend "Zeit" hatte, zwischen Sicherheit und "mehr Spass" zu wählen und ich habe natürlich öfters "mehr Spass" als Sicherheit gewählt, aber ich habe sehr oft Sicherheit gewählt.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass man allermeistens frei entscheidet, wenn man bei Rotlicht über die Strasse geht.
Ich betone: allermeistens, nicht immer.
Denn das wir nicht in der Lage sind immer "bedingt frei" zuhandeln ist wohl unbestritten.

Absolute Freiheit oder weitgehende Freiheit, sind natürlich Illusionen, aber bedingte Freiheit, gerade wenn es um die Wahl zwischen mehr Sicherheit und mehr Spass geht, wenn beide Handlungsoptionen gangbar sind erfährt jeder Mensch in Situationen höchster Komplexität oder Zufallszuständen.

Auch im Badminton, hast du oft genug die Wahl zwischen einem Smash oder einem Trudler (oder wie das genau heisst).
Die Situation ergibt sich aber nicht vorhersehbar, aber wenn sie sich ergibt, dann kannst du wählen.

Die von den Deterministen beschriebenen "Vorlaufszeiten" sind schlicht zu lange als dass sie die Reaktionen bei den meisten Temposportarten sinnvoll koordinieren könnten.
Was diese Bild-Hirnforscher sehen ist nur die Bereitschaft der Hirnregion.

Ja, was Skifahren so schön macht, ist eben, dass man "bedingte Freiheit" wirlich bewusst wahrnimmt.

Agnost


Entweder, ich kapiere es nicht, oder du bist schon wieder am Thema vorbei.

Nochmal,

1. Du sagst also, dass wenn du dich entscheidest, bei Rot über eine Ampel zu gehen, du rücklickend dich auch hättest entscheiden können, auf grün zu warten?

2. Deine Arguemte bzgl der Studie ziehen alle nicht. Denn sie schließen nicht aus, dass du auch beim Skifahren schon unbewusst eine Entscheidung getroffen hast, bevor du (anscheinend) bewusst eine triffst - nur eben schneller, dass vielleicht nicht 7 Sekunden dazwischen liegen, sondern vielleicht nur 0,1 Sekunde oder noch weniger.

#68:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 01:04
    —
Sorry Jagy, ich hab es doch klar gesagt.

Ja ich hatte die Entscheidung, sowohl bei der offenen Bindung, wie auch bei der Ampel.

Wenn die Bindung autspringt, entsteht erst die "Zwang" zur Problemlösung, keine O,1 Sekunden vorher.

Und eines bin ich mir absolut sicher: Die Hirnforscher könnten aufgrund des sich ergebenden Bildes nicht nachstellen für was ich mich entschieden hätte oder nicht.
Wenn sie sowas behaupten sind sie schlicht Scharlatane.

Ich aber weiss aus vielen Erzählungen und Beobachtungen, dass im Sport spontane bedingt freie Wahlen getroffen werden.

Und damit es nochmals klar ist: Ja ich kann mich in der Situation entscheiden, ich habe es mehrmals erlebt.

Meine Entscheidung war nicht immer die Beste, wie ich dann im Nachhinein erfahren konnte, aber ich habe mich frei entschieden.

Und ich bin mir absolut sicher, dass ein unbedrängter Roger Federer im Spiel die freie Wahl hat, einen Slice oder einen Top-Spin, einen Cross oder Long-Line zu spielen.
Es gibt keinen Determinator in den Zeiten vor der Welt (Calvinisten) oder während des Urknalls, der das determininiert (Leto).

Ihr sitzt da den Irrtümern von Wissenschaftlern auf.

Ich habe erlebt, wie Wissenschaftler Tomaten als Krebserregend klassifiziert haben und wie das wieder zurückgenommen wurde und dann wieder behaubtet und wieder usw.

Und nun kommen so ein paar Hirnbildchen-Sammler mit ihren "primitiven" Methoden und meinen zu wissen, was sie tatsächlich bisher nur glauben können.

Agnost

#69:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 02:16
    —
Leto hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Also ich bin von der Freiheit des Willens überzeugt. Die Unfreiheit ist für mich publizistischer Müll von Menschen, die tatsächlich ziemlich dumm sind, sich aber wichtig tun wollen (so einer ist übrigens an meiner Uni: Prof. Hans J. Markowitsch)

Man erkläre z.B. nur dieses eine Phänomen: Den Zweifel.

Kann den jemand erklären?




Im übrigen, keine nette Ausdrucksweise.


Ich bin da evtl. falsch verstanden worden: Meine Ausdrucksweise bezog sich auf jene Forscher, die angeblich den freien Willen widerlegen (übrigens erhalte ich eine Fehlermeldung beim Spiegel-Seitenaufruf,; kann das also nicht lesen) - nicht auf die Annahme an sich, dass es keinen freien Willen gibt.

Der von mir als Beispiel angeführte bezieht sich z.B. liebend gern auf die Experimente von Libet, die aber ganz und gar nicht zeigen, dass es keinen freien Willen gibt. Das sieht man nur so, wenn man sie nicht versteht bzw. nicht richtig durchdenkt. Und man liest eben immer wieder mal, dass angeblich mit diesem und jenem Experiment gezeigt werden kann, dass der Mensch nicht frei entscheidet, wobei die haarsträubendsten Argumente dafür herangezogen werden bzw. Experimente, deren Ergebnisse zum einen nicht überraschen, zum anderen das Thema fW gar nicht berühren. Oft ist die Argumentation nicht anders als diese (wobei hier niemand jemals auf die Idee gekommen ist und kommen wird, darin den fW widerlegt zu sehen): *Weil die Bewegung meines Armes über Nervenzellen, Sehnen und Knochen vermittelt ist, bewege ich meinen Arm nicht aus freien Stücken.*

Bei Gehirnaktivierungen neigt man auch aus einer laienhaften Überschätzung heraus, diese als in jedem Fall ursächlich anzusehen, dabei gilt aber nur: Es gibt eine Korrelation mit der Aktivierung bestimmter Gehirnbereiche. Ob diese nun aber tatsächlich Planung usw. repräsentiert, ist weitestgehend unklar.

Leto hat folgendes geschrieben:


Wir haben die Illusion des freien Willens.
Die Zweifel sind Teil der Kausalkette, die zu dem entsprechenden Ereignissen führen.


Naja, das kann man sicher zunächst so sehen. Aber beim Zweifel setzen bewusste "Anstrengungen" ein, die eine Entscheidung vermitteln. Das ist letztlich immer der Fall, wenn es ein "Problem" gibt. Z.B. Gleichgewichtssteuerung beim Fahrradfahren: Die wird unbewusst und automatisch geregelt, ohne dass wir das mitbekommen. Aber wenn ein Problem auftritt, hier extremes Ungleichgewicht, wird uns das bewusst und wir treffen bewusst Entscheidungen zur Korrektur. Deswegen ist bei solchen Aufgaben, wenn sie eben noch nicht automatisiert sind (beim Fahrradfahrenlernen), Aufmerksamkeit und Konzentration vonnöten. Wie will man dies erklären, wenn Bewusstsein angeblich nicht nötig ist? Denn bei fehlender Aufmerksamkeit wird die Information nachweislich trotzdem verarbeitet!
Und so muss man das mE auch beim Willen sehen: Er ist nicht Teil der Prozesse, sondern er schaltet sich zu als vermittelnde Instanz. Und wenn insbesondere er gefragt ist, also eine willentliche Entscheidung (das Problem ist also gleich bewusst), setzt er die fraglichen Prozesse ja überhaupt erst in Gang - kann also nicht aus ihnen hervorgehen!


Edit:
Agnost hat folgendes geschrieben:


Ihr sitzt da den Irrtümern von Wissenschaftlern auf.

Und nun kommen so ein paar Hirnbildchen-Sammler mit ihren "primitiven" Methoden und meinen zu wissen, was sie tatsächlich bisher nur glauben können.


*unterschreib*

#70:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 02:19
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Und nun kommen so ein paar Hirnbildchen-Sammler mit ihren "primitiven" Methoden und meinen zu wissen, was sie tatsächlich bisher nur glauben können.


Hast Du eigentlich auch nur die geringste Ahnung, was in den Neurowissenschaften gemacht wird?

#71:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 02:22
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Und nun kommen so ein paar Hirnbildchen-Sammler mit ihren "primitiven" Methoden und meinen zu wissen, was sie tatsächlich bisher nur glauben können.


Hast Du eigentlich auch nur die geringste Ahnung, was in den Neurowissenschaften gemacht wird?


Wenn ich antworten darf: Korrelationen ermitteln.

#72:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 02:53
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Und nun kommen so ein paar Hirnbildchen-Sammler mit ihren "primitiven" Methoden und meinen zu wissen, was sie tatsächlich bisher nur glauben können.


Hast Du eigentlich auch nur die geringste Ahnung, was in den Neurowissenschaften gemacht wird?



Zitat:
Mit der Entwicklung von Geräten, die direkt oder indirekt Rückschlüsse auf die Aktivität des Gehirns zulassen, änderte sich auch die Art der Studien. Die Entwicklung der Elektroenzephalographie (EEG) erlaubt es, dem Gehirn beim Arbeiten indirekt zuzuschauen. Die Aktivität von Nervenzellen erzeugt ein elektrisches Feld, das außerhalb des Schädels gemessen werden kann. Da sich orthogonal zu jedem elektrischen Feld auch ein Magnetfeld ausbreitet, kann auch dieses gemessen werden, diese Methode bezeichnet man als Magnetoenzephalographie (MEG). Beiden Methoden ist gemeinsam, dass sie es ermöglichen, die Aktivität von großen Zellverbänden in hoher zeitlicher Auflösung zu messen und damit Aufschluss über die Reihenfolge von Verarbeitungsschritten geben können. Die räumliche Auflösung ist als mäßig zu bezeichnen, dennoch erlauben diese Methoden den Forschern, Erkenntnisse über Ort und Zeitpunkt von neuronalen Prozessschritten am lebenden Menschen zu gewinnen.

Funktionelle Studien, also Studien, die Funktion bestimmter Hirnareale untersuchen, wurden erst möglich, als Bildgebende Verfahren entwickelt wurden, deren gemessene Signalstärke sich in Abhängigkeit von der Aktivität von Hirnarealen verändert. Zu diesen Methoden zählt die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) sowie die Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI/fMRT). Sie alle erzeugen ein Signal von mäßiger bis guter räumlicher Auflösung, haben aber den Nachteil, praktisch blind für die zeitliche Abfolge von neuronalen Prozessen (im Millisekundenbereich) zu sein. Eine relativ neue Methode ist die nichtinvasive Nahinfrarotspektroskopie, die zwar eine gute zeitliche Auflösung besitzt, allerdings nur kleine Bereiche des Gehirns abbilden kann. Im Gegensatz zu anderen funktionellen Methoden kann sie aber wie EEG mobil und in natürlichen Umgebungen eingesetzt werden.


Korrigiert mich, wenn das nicht der neueste Stand ist, was die Bildchen anbetrifft.

Agnost

#73:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 02:55
    —
Quelle?

#74:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 04:25
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Quelle?


Sorry Verlegen Wikipedia Verlegen

http://de.wikipedia.org/wiki/Neurowissenschaften

Agnost

#75:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 07:58
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

a) Ich aber weiss aus vielen Erzählungen und Beobachtungen, dass im Sport spontane bedingt freie Wahlen getroffen werden.

b) Und damit es nochmals klar ist: Ja ich kann mich in der Situation entscheiden, ich habe es mehrmals erlebt.

c) Meine Entscheidung war nicht immer die Beste, wie ich dann im Nachhinein erfahren konnte, aber ich habe mich frei entschieden.

d) Und ich bin mir absolut sicher, dass ein unbedrängter Roger Federer im Spiel die freie Wahl hat, einen Slice oder einen Top-Spin, einen Cross oder Long-Line zu spielen.
e) Es gibt keinen Determinator in den Zeiten vor der Welt (Calvinisten) oder während des Urknalls, der das determininiert (Leto).
Grün von mir.

a) Sorry, aber das ist doch jetzt dummes Zeug: Es ist unmöglich alleine aus der Beobachtung zu schließen, ob freie Entscheidungen im Sinne eines freien Willens getroffen wurden - du kannst höchstens das fehlen äußeren Zwangs, also das fehlen einer vis absoluta ausschließen.

b & c) Oder du hast erlebt, dass du dachtest, dich frei entscheiden zu können. Du könntest also genausogut nur die Illusion eines freien Willens erlebt haben - genauso wie die Probanden in dem Test auch dachten, sie könnten sich noch entscheiden, sie hätten noch freien Willen, hatten ihn aber nicht.

d) Warum bist du dir absolut sicher? Welche wissenschaftlichen Tatsachen sprechen deiner Meinung nach dafür? Sicherlich nicht die bisherigen Kenntnisse der Wissenschaft über den Aufbau des Gehirns, denn dass ist nur ein (wenn auch sehr komplexer) "Computer". Und über einen empirischen Nachweis einer Seele, wo ein freier Wille sitzen könnte, habe ich bisher noch nichts gehört.

e) Dass es einen Determinator gibt, hat auch keiner Behauptet, als bau nicht solche Strohmänner auf. Die Bahn der Gestirne ist auch ohne Determinator determiniert.

Zitat:
was sie tatsächlich bisher nur glauben können.

Wenn etwas nur geglaubt werden kann, dann wohl der freie Wille.

#76:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 12:17
    —
Jagy,

du behauptetst doch auch nur, merkst du das nicht?

du glaubst, dass ich mich nicht selbst entschieden habe? Beweisen kannst du gar nix,

Und die Hirnforscher können auch nichts beweisen, die behaupten auch nur.

Gemäss Leto war der Urknall der grosse Determinator.

Er, Leto behauptete, dass der Freie Wille ein theistisches Konzept sei, ich habe problemlos nachgewiesen, dass der Determinismus sehr theistisch ist.

Und dass ich nicht so frei bin, wie ich gerne glaube, dass ich wäre, dass ist mir schon lange bewusst,

aber dass ich, weil mein Auslandaufenthalt ab Spätherbst 2007 eine Sondersituation war, die Chance packte um meinen Einschlaf-Alkoholismus ohne äussern Zwang einzudämmen, nur aufgrund meines Willens wahrnahm und umsetzte, kannst du keiner Determination unterschieben, du kannst sie auch keiner Beeinflussung durch andere Leute zuschreiben, die wussten nämlich gar nichts von diesem Problem, weil mich am Tage nie jemand besoffen erlebt hat.

Das selbe gilt bei meinen Ampelspielchen, ich entscheide ob ich bei Rot rüber will oder nicht, ob ich wieder mal eine Dosis "Toleranzin" brauche oder nicht.
Fakt ist, dass ich nach jeder "Rotüberquerung" toleranter gegenüber meinen Mitmenschen bin.
Es ist "mein" Wissen um diesen "Mechanismus" und darum meine Entscheidung, das ab und zu zu tun.
Es spielt dann keine Rolle, ob ich es in dem Moment wo ich es mache, vegetativ-spontan mache, oder meinen Vorderhirnlappen entscheiden lasse.

Agnost

#77:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 12:27
    —
Agnost stimmst du dem folgendem zu?
Wolf hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:

Ich weiß nicht genau, wass du damit sagen willst, aber ich finde es trotzdem interessant, dass der point-of-no-return schon 7 sekunden vorbei ist, während man noch denkt, freien Willen zu haben, bzw selbst den Kausalverlauf bestimmen zu können.

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen(-was eine Vorraussetzung für den traditionellen freien Willen ist).

#78:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 12:53
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost stimmst du dem folgendem zu?
Wolf hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:

Ich weiß nicht genau, wass du damit sagen willst, aber ich finde es trotzdem interessant, dass der point-of-no-return schon 7 sekunden vorbei ist, während man noch denkt, freien Willen zu haben, bzw selbst den Kausalverlauf bestimmen zu können.

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen(-was eine Vorraussetzung für den traditionellen freien Willen ist).


Ich weiss nicht, was der traditionelle "Freie Wille" ist.

Ich weiss nur, dass ich die Verteilung der "Gleitenden Kippstangen" auf der Piste nicht genau vorhersehen kann, dass sie mir also "zufällt".

Und dass ich eine Entscheidung treffen muss, wie ich mit dem "Zufall" umgehe.
Und das weiss ich: Meine Entscheidung kann instinktiv erfolgen, oder eben bewusst.
Manchmal reagiere ich also vollständig bedingt und manchmal "bedingt frei."

Ich leg noch mal ein praktisches Skifahrerbild drauf:

"Waldabfahrt" (bis mitte 80er Jahre sehr beliebt, dann wegen Tierschutz immer mehr verpönt).

Du gehst also rein in den Wald, du färst auch ordentlich schnell, denn es soll ja Spass machen.
Damit das klappt muss dein Konzentrationslevel massiv höher sein, als auf ner gepisteten flachen Piste.

Natürlich stehen die Bäume nicht zufällig dort sondern einfach "hochkomplex".
Für mein Hirnchen spielt es keine Rolle, für mich sind es "Zufälle."

Wenn ich dort nur instinktiv fahren würde, ginge das nicht lange gut, wenn ich vor jedem Baum eine Kurvendiskussion führen würde, müsste ich den Wald im Schleichtempo bewältigen.

Ergo lasse ich mein Wissen einfliessen und "spiele" nach dem Cecil Taylor Motto (Cecil Taylor. Erfinder des Free-Jazz-Pianos): Let your Instinkts inform your Intellect.

Ich bin also in dem Wald darauf angewiesen, dass ich zwischen: "Agnost, das ist zu viel des Guten, brems sofort", und "Mann ey das ist so geil, let's do it", entscheiden kann.

Gehe ich, was mir in meinem Leben nur einmal passiert ist (mit 16) angezwitschert in den Wald, dann habe ich die Wahl nicht, dann nehme ich permanent die Variante "Geil".
Ich hatte Glück, dass es gut ging.
Mein Schluss aus diesem Erlebnis war: Wenn du das besoffen kannst, kannst du das nüchtern noch viel besser nur kontrollierter.

Was soll ich sagen: Es war so.

Schaltet mal euer Hirn, auf Dümmer (nicht zu oft) und dann werdet ihr erleben, was euer Hirn alles kann, wenn ihr es danach im "Hochfocus-Modus" erlebt.

Agnost

#79:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 16:19
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost stimmst du dem folgendem zu?
Wolf hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:

Ich weiß nicht genau, wass du damit sagen willst, aber ich finde es trotzdem interessant, dass der point-of-no-return schon 7 sekunden vorbei ist, während man noch denkt, freien Willen zu haben, bzw selbst den Kausalverlauf bestimmen zu können.

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen(-was eine Vorraussetzung für den traditionellen freien Willen ist).


Ich weiss nicht, was der traditionelle "Freie Wille" ist.

Ich weiss nur, dass ich die Verteilung der "Gleitenden Kippstangen" auf der Piste nicht genau vorhersehen kann, dass sie mir also "zufällt".

Und dass ich eine Entscheidung treffen muss, wie ich mit dem "Zufall" umgehe.
Und das weiss ich: Meine Entscheidung kann instinktiv erfolgen, oder eben bewusst.
Manchmal reagiere ich also vollständig bedingt und manchmal "bedingt frei."

Ich leg noch mal ein praktisches Skifahrerbild drauf:

"Waldabfahrt" (bis mitte 80er Jahre sehr beliebt, dann wegen Tierschutz immer mehr verpönt).

Du gehst also rein in den Wald, du färst auch ordentlich schnell, denn es soll ja Spass machen.
Damit das klappt muss dein Konzentrationslevel massiv höher sein, als auf ner gepisteten flachen Piste.

Natürlich stehen die Bäume nicht zufällig dort sondern einfach "hochkomplex".
Für mein Hirnchen spielt es keine Rolle, für mich sind es "Zufälle."

Wenn ich dort nur instinktiv fahren würde, ginge das nicht lange gut, wenn ich vor jedem Baum eine Kurvendiskussion führen würde, müsste ich den Wald im Schleichtempo bewältigen.

Ergo lasse ich mein Wissen einfliessen und "spiele" nach dem Cecil Taylor Motto (Cecil Taylor. Erfinder des Free-Jazz-Pianos): Let your Instinkts inform your Intellect.

Ich bin also in dem Wald darauf angewiesen, dass ich zwischen: "Agnost, das ist zu viel des Guten, brems sofort", und "Mann ey das ist so geil, let's do it", entscheiden kann.

Gehe ich, was mir in meinem Leben nur einmal passiert ist (mit 16) angezwitschert in den Wald, dann habe ich die Wahl nicht, dann nehme ich permanent die Variante "Geil".
Ich hatte Glück, dass es gut ging.
Mein Schluss aus diesem Erlebnis war: Wenn du das besoffen kannst, kannst du das nüchtern noch viel besser nur kontrollierter.

Was soll ich sagen: Es war so.

Schaltet mal euer Hirn, auf Dümmer (nicht zu oft) und dann werdet ihr erleben, was euer Hirn alles kann, wenn ihr es danach im "Hochfocus-Modus" erlebt.

Agnost
Hervorhebung von mir.


Das ist doch wieder an der Sache vorbei! Die Frage ist nicht, ob die Entscheidung bewusst oder instinktiv erfolgt, sondern die eigentliche Frage ist, ob die bewusste Entscheidung frei war oder ob die Freiheit der "bewussten" Entscheidung nur Illusion war!
(Es sei denn, man setzt bewusst mit frei gleich, was Agnost aber so wie ich das interpretiere nicht tut, sonst würde er nicht so auf antrainiert/Instinkt vs. Bewusst rumreiten und ellenlagen Skifahrer-Beispiele bringen, die zur Frage überhaupt nichts klärendes beitragen).

#80:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 16:25
    —
Jagy,

liest du eigentlich "alles".

Ja ich habe mich auf der Skipiste schon x-mal frei entschieden.

Natürlich nicht zum Schwimmen, war ja Schnee und nicht Wasser.

Aber nochmals: Ja es gibt die bedingt freie Entscheidung.

Agnost

#81:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 16:33
    —
Jagy,

musst du hier posten, oder hast du die Freiheit es auch sein zu lassen?

Nicht dass ich jetzt will, dass du aufhörst.

Aber konntest du diese Frage erwarten?

"Blinkte" dein Hirn vorher schon wie du auf dieses Posting reagierst?

Agnost

#82:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 18:40
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Jagy,

liest du eigentlich "alles".

Ja ich habe mich auf der Skipiste schon x-mal frei entschieden.

Natürlich nicht zum Schwimmen, war ja Schnee und nicht Wasser.

Aber nochmals: Ja es gibt die bedingt freie Entscheidung.

Agnost


Die Tatsache, dass du so auf der Entscheidung speziell auf der Skipiste rumreitest, sagt mir, dass du das Problem doch nicht verstanden hast - das ist nämlich völlig losgelöst von jeglicher Situation (und Skipiste).

#83:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 18:42
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Jagy,

musst du hier posten, oder hast du die Freiheit es auch sein zu lassen?

Nicht dass ich jetzt will, dass du aufhörst.

Aber konntest du diese Frage erwarten?

"Blinkte" dein Hirn vorher schon wie du auf dieses Posting reagierst?

Agnost


Ich glaube, dass ich im Endeffekt keine andere Möglichkeit habe, wie die, die ich wähle. Als Beispiel, da ich dieses Posting poste: Wenn ich auf Absenden gedrückt habe, hatte ich rückblickend nicht die Freiheit, das Posting nicht abzuschicken.

#84:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 18:50
    —
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Jagy,

liest du eigentlich "alles".

Ja ich habe mich auf der Skipiste schon x-mal frei entschieden.

Natürlich nicht zum Schwimmen, war ja Schnee und nicht Wasser.

Aber nochmals: Ja es gibt die bedingt freie Entscheidung.

Agnost


Die Tatsache, dass du so auf der Entscheidung speziell auf der Skipiste rumreitest, sagt mir, dass du das Problem doch nicht verstanden hast - das ist nämlich völlig losgelöst von jeglicher Situation (und Skipiste).


Och nein, bist du dir für so billige Tricks nicht zu gut Mit den Augen rollen Frage

Ich habe auch auf das Badminton-Beispiel reagiert, ich habe Federer erwähnt, ich habe das Rotlicht erwähnt.
Ich habe das Beispiel mit dem Einschlaf-Alkoholimus gebracht.

Klar, dass jemand mit einer so eingeschränkten Wahrnehmung nicht merkt, wann er eine freie Entscheidung trifft oder tatsächlich wegen quasireligiöser Einfalt keine Wahl hat.

Du hast ja selbst mehrmals gefragt, ob ich bejahen könnte, ob ich in der Skibindungs-Situation die freie Wahl gehabt hätte, ich habe deine immer gleiche Frage mehrmals beantwortet.

Aber wie es scheint kennst du nur ein Reaktionsmuster:

Die Unterstellung dass man dich nicht verstanden hätte.

Ich habe auch die freie Wahl, ob ich jetzt gleich Al Green oder Otis Reding höre. Denn ich habe Lust auf Soul und zwar nicht von einer Frau (also jetzt nicht.) insofern ist meine Wahl eingeschränkt, aber ich weiss, dass ich Soul aus nem Memphis-Studio hören will.

Und zwar entweder mit den Hodges-Brüdern und Willie Mitchell, oder mit Booker T. and the MG.

Wo ich keine freie Wahl habe dabei:

Die Hornsection, die ist nämlich dieselbe.

Agnost

#85:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 18:52
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost stimmst du dem folgendem zu?
Wolf hat folgendes geschrieben:

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen(-was eine Vorraussetzung für den traditionellen freien Willen ist).


Ich weiss nicht, was der traditionelle "Freie Wille" ist.

Das ist einmal unwichtig. (Die Freiheit des traditionellen freien Willen liegt, daran dass das Ergebnis offen ist und dass man es bestimmen kann)
Wichtig ist ob du den nicht geklammerten Teil zustimmst oder nicht.
Also wie steht's?
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen.
[ ]stimme zu
[ ]stimme nicht zu
Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist das Ergebnis bereits bestimmt.
[ ]stimme zu
[ ]stimme nicht zu

Wolf stellt blöde Fragen.
[x]stimme zu
[ ]stimme nicht zu

#86:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 19:10
    —
Ob die Bindung aufspringt oder nicht, kann ich nicht bestimmen.

Was danach passiert kann ich teilweise bestimmen, in dem ich entscheide was ich machen will, Textilbremse oder Kurve stehend auf einem Ski beenden.

Wähle ich die Textilbremse passiert zwangsläufig, dass ich im Schnee lande,

Wähle ich die zweite Möglichkeit bin ich wieder von Zufällen abhängig, die ich unter umständen nicht so in den Griff bekomme, dass ich stehen bleibe. Dann lande ich im Schnee. Krieg ich sie in den Griff bin ich die coole Sau für ein paar Sekunden.

Wenn Zufall keine Rolle spiel dann wäre alles Determiniert und die Kalvinisten und Muslime hätten recht.
Ich müsste religiös werden.

Und weil eben der Mensch nicht funktioniert wie eine Lochkarte Wolf, sondern am besten mit Fuzzylogik erfasst werden kann, wenden wir uns der Ampelfrage zu.

Die Ampel steht auf Rot, weit und breit kein Auto zu sehen. Ich gehe trotzdem los.

Was wird passieren wenn ich nicht stolpere: Ich komm ohne Unfall über die Strasse.

Die Ampel steht auf Grün, aber ein Auto übersieht sein Rot, ich gehe im Vertrauen auf mein Recht los, wenn ich Pech habe, bin ich tot.

Nun aber angenommen es ist grün und es ist weit und breit kein Auto zu sehen. Ich gehe los.

Wenn ich nicht stolpere komme ich ohne Unfall über die Strasse.

Die Ampel steht auf Rot, ich geh nicht rüber und warte.
Wenn kein Auto auf den Bürgersteig fährt und mich umnietet, gehe ich nachher bei Grün rüber.

Da gibt es noch viel weitere Handlungsmöglichkeiten die teilweise vorbestimmt sind, die mir aber die Wahl offen lassen.

Warum nun Letos Urknall vor Abermilliarden Jahren dass alles schon determiniert haben sollte, dass müsst ihr mir dann schon beweisen.

Agnost

#87:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 19:30
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Jagy,

liest du eigentlich "alles".

Ja ich habe mich auf der Skipiste schon x-mal frei entschieden.

Natürlich nicht zum Schwimmen, war ja Schnee und nicht Wasser.

Aber nochmals: Ja es gibt die bedingt freie Entscheidung.

Agnost


Die Tatsache, dass du so auf der Entscheidung speziell auf der Skipiste rumreitest, sagt mir, dass du das Problem doch nicht verstanden hast - das ist nämlich völlig losgelöst von jeglicher Situation (und Skipiste).



Gut, ok, dann nenn mir doch mal ein Argument, warum du eine freie Wahl hast.

Ich nehme mal an, das (metaphysische) "Seele" als "Träger" der Willensfreiheit auch bei dir raus ist?

#88:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 19:47
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Was danach passiert kann ich teilweise bestimmen, in dem ich entscheide was ich machen will, Textilbremse oder Kurve stehend auf einem Ski beenden.
Steht diese Entscheidung bereits fest oder ist sie zufällig oder etwas drittes?
Zitat:

Wenn Zufall keine Rolle spiel dann wäre alles Determiniert und die Kalvinisten und Muslime hätten recht.
Unsinn.
Zitat:

Ich müsste religiös werden.
Nur wenn determiniert ist, dass du religös wirst.
Zitat:

Und weil eben der Mensch nicht funktioniert wie eine Lochkarte Wolf, sondern am besten mit Fuzzylogik erfasst werden kann, wenden wir uns der Ampelfrage zu.
Hattest du nicht schon öfters Probleme mit mathematischen Begriffen, die über das Buchhalterverständnis hinausgehen oder verwechsle ich dich da?
Und was hat dies mit meiner Frage zu tun?
Zitat:

Die Ampel steht auf Rot, weit und breit kein Auto zu sehen. Ich gehe trotzdem los.

Was wird passieren wenn ich nicht stolpere: Ich komm ohne Unfall über die Strasse.

Die Ampel steht auf Grün, aber ein Auto übersieht sein Rot, ich gehe im Vertrauen auf mein Recht los, wenn ich Pech habe, bin ich tot.

Nun aber angenommen es ist grün und es ist weit und breit kein Auto zu sehen. Ich gehe los.

Wenn ich nicht stolpere komme ich ohne Unfall über die Strasse.

Die Ampel steht auf Rot, ich geh nicht rüber und warte.
Wenn kein Auto auf den Bürgersteig fährt und mich umnietet, gehe ich nachher bei Grün rüber.

Da gibt es noch viel weitere Handlungsmöglichkeiten die teilweise vorbestimmt sind, die mir aber die Wahl offen lassen.
Deine Wahl klingt nicht sehr offen, sondern nach: "ich gehe über die Straße wenn ich eine Auto was mich überrollt einigermaßen ausschließen kann."
Zitat:

Warum nun Letos Urknall vor Abermilliarden Jahren dass alles schon determiniert haben sollte, dass müsst ihr mir dann schon beweisen.
Muss ich nicht.
Ich argumentiere nicht über den Determinismus alleine.
Welche Freiheit liegt für dich im Zufall?

#89:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 19:50
    —
Ja, die ist raus.

Und darum kann es für mich, für die Phänomene die ich beschreibe, aufgrund meines Beschränkten Wissens nur die Erklärung geben, dass unser mehrschichtiges und zweigeteiltes Hirn, sich tatsächlich beim Denken "zuschaut".
Und manchmal, schafft es der "Zuschauer" einzugreifen.
Der Zuschauer wählt meines Erachtens die "Textilbremse". Kann aber noch overruled werden.

Als ich meine besoffene/beschwippste Waldabfahrt gemacht habe, wusste ich permanent was ich tat, ich weiss auch noch, wie ich diesen "Blödsinn" beenden wollte, aber das pubertäre Lustzentrum hat die geschwächte "Restvernunft" besiegt.

Bei meinen Ampelspielen läuft es genau gleich ab.
Ich liebe es bei Rot über die Ampel zu gehen.
Ich sehe den Sinn der Ampel als solches schon ein, ich bin also kein Ampelgegener per se.

Aber ich mag die kleinen Gesetzesübertretungen.
Trotzdem kann ich darauf verzichten. Ich tu es ja auch immer mal.

Agnost

#90:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 21:10
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Hattest du nicht schon öfters Probleme mit mathematischen Begriffen, die über das Buchhalterverständnis hinausgehen ...

So wie du Probleme hast das Wort Selbstbewußtsein zu verstehen sowie den bewußten Denkprozess, als seinen eigenen, unmittelbaren Metaprozess. Und auch die vielfältigen Beispiele/Links zum Thema Zufall in der Theorie komplexer Systeme, die ich im anderen Thread gepostet habe, scheinen nicht ganz verstanden worden zu sein ... eben "gläubig" zwinkern Gute Nacht, ich gehe...

Wenn Wille (in seiner einfachsten Form der Wahlfreiheit als sich selbst erkennender Zufall) eine Fiktion ist, dann müßte das auch für das Selbstbewußtsein zutreffen.

Und an die angebliche bottom-up Kausalkette, "glauben" sogar viele Physiker nicht mehr ...

Erwin

#91:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 21:17
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Wahlfreiheit als sich selbst erkennender Zufall ...

Was ein Schmarrn.

#92:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 21:33
    —
@step
Zitat:

Was ein Schmarrn.

was ein Deutsch und was ein Argument Lachen

#93:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 21:38
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Hattest du nicht schon öfters Probleme mit mathematischen Begriffen, die über das Buchhalterverständnis hinausgehen ...

So wie du Probleme hast das Wort Selbstbewußtsein zu verstehen sowie den bewußten Denkprozess, als seinen eigenen, unmittelbaren Metaprozess.
Ich verstehe nicht, was ein eigener unmittelbarer Metaprozess ist, geben ich gerne zu. Ich benütz es auch nicht für meine Argumentation.
Zitat:

Und auch die vielfältigen Beispiele/Links zum Thema Zufall in der Theorie komplexer Systeme, die ich im anderen Thread gepostet habe, scheinen nicht ganz verstanden worden zu sein ...
Werde mal konkreter.
Zitat:

eben "gläubig" zwinkern Gute Nacht, ich gehe...
Nein. Ich sehe nur weder im Zufall noch im Nichtzufall eine Freiheit. Würde ich etwas drittes zwischen Zufall und Nichtzufall postulieren wäre dies gläubig.
Zitat:

Wenn Wille (in seiner einfachsten Form der Wahlfreiheit als sich selbst erkennender Zufall) eine Fiktion ist, dann müßte das auch für das Selbstbewußtsein zutreffen.
Ich habe keine Ahnung was ein sich selbst erkennender Zufall sein soll.
Zitat:

Und an die angebliche bottom-up Kausalkette, "glauben" sogar viele Physiker nicht mehr ...

Und? Stützt sich meine Argumentation darauf?

#94:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 21:45
    —
Zitat:
Werde mal konkreter.
...
Ich habe keine Ahnung was ein sich selbst erkennender Zufall sein soll.


und ich habe jetzt aber sicher keine Lust, die bereits ausführlich und mit entsprechenden wissenschaftl. Links/Quellen versehenen Postings noch mal inhaltlich zu wiederholen - sorry !

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=20334&postdays=0&postorder=asc&&start=30
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=22488

Erwin

#95:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 21:47
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Was ein Schmarrn.

was ein Deutsch und was ein Argument Lachen

Sollte beides Ö sein.

#96:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 21:58
    —
wenn dann bitte: was für ein Schmarrn ...

mahlzeit

#97:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 16.04.2008, 22:03
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
wenn dann bitte: was für ein Schmarrn ...

mahlzeit

Was für a Schmarrn, du Blasenkind.

#98:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 02:41
    —
Wolf, hast du schon mal von der Kreativen Buchhaltung gehört?

Doppelte Buchhaltung ist nur formal ein geschlossenes System, wie ich zum Beispiel Liegenschaften aktiviere oder deaktiviere kann ich im Rahmen der jeweils gültigen Gesetze selber bestimmen.

Ich vordere dich einfach auf, bei den nächsten Spielen, ob Sport oder Monopoly deine Gedanken die du dir machst, bevor du handelst dir selbst zu reportieren.

Verlass dich nicht auf irgendwelche "Lügendetektoren" der neueren Art.

Und dann frage ein paar seriöse Freunde das selbe zu tun.

Ich bin ziemlich sicher, dass die meisten ehrlich antworten werden, dass sie öfters "unfrei" aber eben ab und zu auch "frei" gehandelt haben.

Ich muss kein Mathematiker sein um zu wissen, dass unser menschliches Hirn aus Nervenbahnen, Stammhirn, Kleinhirn, zwei Grosshirnhälften und Vorderstirnlappen besteht.

Glaubst du im Ernst diese wunderbare Redundanz hätte keinen Folgen.

Ich nehme an, dass auch du denkst, dass die Darwinsche Evolution kein Blödsinn ist.

Und dass diese Redundanzen einen evolutionären Nutzen ergaben.

Es spricht nichts dagegen, dass diese Redundanzen ein Surplus an wählbaren Möglichkeiten ergeben.

Nur schon, dass unsere Sprache das Wort Wahl kennt, müsste dir zu denken geben, denn wenn wir keine Wahl haben, warum haben wir einen Begriff davon?

Agnost.

#99:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 12:28
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich vordere dich einfach auf, bei den nächsten Spielen, ob Sport oder Monopoly deine Gedanken die du dir machst, bevor du handelst dir selbst zu reportieren.

deine Beispiele kann ich zwar nachvollziehen, aber sie scheinen mir unnötig kompliziert, da sie alle nicht "persönlich wertneutral" sind, womit man (zulässigerweise) auch die sg. Präferenzen in Spiel bringen kann, was ich zwar als nicht zielführend (im Sinne eines Determinismusnachweises finde), aber wunderbar den Kern der Sache (Wahlmöglichkeit des bewußten Denkprozesses) verwässert.

siehe zB.:
step's posting hat folgendes geschrieben:
[...]

mein Posting hat folgendes geschrieben:
[...]


Erwin

#100:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 12:50
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Ich vordere dich einfach auf, bei den nächsten Spielen, ob Sport oder Monopoly deine Gedanken die du dir machst, bevor du handelst dir selbst zu reportieren.

Verlass dich nicht auf irgendwelche "Lügendetektoren" der neueren Art.

Und dann frage ein paar seriöse Freunde das selbe zu tun.

Ich bin ziemlich sicher, dass die meisten ehrlich antworten werden, dass sie öfters "unfrei" aber eben ab und zu auch "frei" gehandelt haben.
Eine ehrliche Antwort sagt noch nichts über deren Wahrheitsgehalt aus(Es reicht doch dich zu fragen du bist ehrlich davon überzeugt frei zu handeln, wenn du sagst du handelst frei lügst du nicht. Das schließt aber nicht aus dass du dich irrst.)
Ich zweifle nicht an dem Gefühl frei zu handeln oder bewusst zu handeln.
Ich bestreite, dass es Handlungen gibt die ergebnissoffen sind und die ich bestimmen kann. In allen anderen Handlungen sehe ich keine Freiheit.
Was bedeutet für dich eine freie Handlung/Entscheidung?
Und was den Sport betrifft: fast alles habe ich automatisiert(-einschließlich Fehler).
Zitat:

Ich muss kein Mathematiker sein um zu wissen, dass unser menschliches Hirn aus Nervenbahnen, Stammhirn, Kleinhirn, zwei Grosshirnhälften und Vorderstirnlappen besteht.
Offtopic.
Zitat:

Glaubst du im Ernst diese wunderbare Redundanz hätte keinen Folgen.
Ich sehe keine Möglichkeit wie man aus einer geschickten Kombination von
Zufällen und Nichtzufällen etwas zwischen zufällig und nicht zufällig bekommen kann.
Kannst du es mir zeigen?
Zitat:

Ich nehme an, dass auch du denkst, dass die Darwinsche Evolution kein Blödsinn ist.
Nein, dass glaube ich nicht. Meines Wissens ist aber das darwinistische Modell überholt.
Zitat:

Und dass diese Redundanzen einen evolutionären Nutzen ergaben.
Hat Redudundanz in der Biologie eine eigene Bedeutung?
Ansonsten denke ich nicht das eine Redudanz einen Vorteil hätte, aber auch nicht zwingend einen Nachteil.
Zitat:

Es spricht nichts dagegen, dass diese Redundanzen ein Surplus an wählbaren Möglichkeiten ergeben.
Zeig mir wie.
Zitat:

Nur schon, dass unsere Sprache das Wort Wahl kennt, müsste dir zu denken geben, denn wenn wir keine Wahl haben, warum haben wir einen Begriff davon?
Gott, Determinismus, Indeterminismus, Logik, Dialektik...
Erkennst du den Fehler?

#101:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 12:52
    —
Erwin,

wie soll denn die Selbstreportierung "wertneutral" sein können?.

Natürlich bleibt da ein Rest an Zweifeln.

Meine Beispiele sind einfach nur Handlungen, wie sie im tagtäglichen Leben errgeben.

Es sind keine "abstrahierten" Settings.

Sorry, aber ich weiss leider wirklich nicht auf was seine leeren Zitate verweisen sollen.

Könntest du mir das einfacher machen?

Agnost

#102:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 12:55
    —
@agnost

einfach auf die Links im Kopf der "Leerzitate" klicken, dann öffnet sich der entspr. Thread an passender Stelle ... da und da

Erwin

#103:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 12:59
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
@agnost

einfach auf die Links im Kopf der "Leerzitate" klicken, dann öffnet sich der entspr. Thread an passender Stelle ...

Erwin


Ach so. Danke.

Agnost

#104:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 13:19
    —
Wolf,

die sich öffnende Skibindung kannst du nicht trainieren oder internalisieren.

Redundanz ist das, was eine Marktwirtschaft stabiler macht als eine Planwirtischaft.

(was nicht heisst, dass Marktwirtschaft die absoluten Selbstheilungskräfte hat, die ihr die Neoliberalen Idealisten zuschreiben.)

Redundanz macht aber auch "geplante" System stabiler. (Stromversorgung von Eisenbahnen und Spitälern z.Bsp.)

Entscheidungen finden nun mal allermeistens im Hirn statt, also sehe ich nicht ein, wass an der Struktur unseres Hirnes Off Topic ist.

Wenn Darvins Evolution "überholt" ist: In welcher Richtung?

Ein komplex Redundantes System kann ich natürlich auch für anderes nützen, als für das was es ursprünglich "gemacht" wurde.

Meine Entscheidung zwischen Textilbremse und auf einem Ski weiterzufahren ist nicht zufällig.

Die aufgesprungenen Bindung ist zufällig.

Wenn ich die Textilbremse wähle, lande ich logischer weise gewollt im Schnee.

Wenn ich auf einem Ski weiterfahre lande ich vielleicht im Schnee, oder ich bin der Oberhirsch und "steh" das Problem aus.
Das ist dann wieder vom Zufall abhängig.

Es geht also um den kurzen Moment, wo sich zwei "Hauptzüge" meines Wesen in einem kurzen Widerstreit stehen:

Meine ängstlich-vernünftige Seite und meine hedonistsich-heroische Seite.

Wenn du nun ein Endorphin-Flash kennst, wenn du weisst wieviel schneller du "denkst" wenn du hochkonzentriert bist, dann weisst du, dass solche Entscheidungen tatsächlich funktionieren.

Aber ich sag es ja, probiers doch einfach mal im Selbstversuch in einem Spiel, dass du gerne spielst und nimm dir vor, an gewissen Punkten mal anders zu agieren, als du es normal tust.
Und dann nimm deine Gedanken war.

Agnost

#105:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 13:37
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf,

die sich öffnende Skibindung kannst du nicht trainieren oder internalisieren.

Ich bin auch kein Skifahrer.
Auf den Rest werde ich nachher eingehen.

#106:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 13:56
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Redundanz ist das, was eine Marktwirtschaft stabiler macht als eine Planwirtischaft.
Das ist keine Erklärung der Redundanz.
Unter Redundanz verstehe ich überflüssige Information/Elemente.
Zitat:

Redundanz macht aber auch "geplante" System stabiler. (Stromversorgung von Eisenbahnen und Spitälern z.Bsp.)
Ja, aber sie schafft keine neue Information öä, sondern reduziert die Abhängkeit von einer Quelle.
Zitat:

Entscheidungen finden nun mal allermeistens im Hirn statt, also sehe ich nicht ein, wass an der Struktur unseres Hirnes Off Topic ist.
Weil du nicht zeigst, wie diese Struktur etwas zwischen Zufall und Nichtzufall schaffen kann. Du zeigst nicht mal, dass es eine solche Struktur geben kann.
Zitat:

Wenn Darvins Evolution "überholt" ist: In welcher Richtung?
Was meinst du mit Richtung?
Zitat:

Ein komplex Redundantes System kann ich natürlich auch für anderes nützen, als für das was es ursprünglich "gemacht" wurde.
Das wird jetzt interessanter.
Zitat:

Meine Entscheidung zwischen Textilbremse und auf einem Ski weiterzufahren ist nicht zufällig.
Als steht sie fest sobald die Bindung aufgesprungen ist. Du hast keine Möglichkeit zu bestimmen ob die Bindung aufgeht und wie du dich verhälts nachdem die Bindung aufgegangen ist steht fest. Nennst du das Freiheit?
Zitat:

Die aufgesprungenen Bindung ist zufällig.

Wenn ich die Textilbremse wähle, lande ich logischer weise gewollt im Schnee.

Wenn ich auf einem Ski weiterfahre lande ich vielleicht im Schnee, oder ich bin der Oberhirsch und "steh" das Problem aus.
Das ist dann wieder vom Zufall abhängig.
s.o.
Zitat:

Es geht also um den kurzen Moment, wo sich zwei "Hauptzüge" meines Wesen in einem kurzen Widerstreit stehen:
Meine ängstlich-vernünftige Seite und meine hedonistsich-heroische Seite.

Wenn du nun ein Endorphin-Flash kennst, wenn du weisst wieviel schneller du "denkst" wenn du hochkonzentriert bist, dann weisst du, dass solche Entscheidungen tatsächlich funktionieren.
Ich sehe nichts was nicht bereits oben gesagt wurde.
Zitat:

Aber ich sag es ja, probiers doch einfach mal im Selbstversuch in einem Spiel, dass du gerne spielst und nimm dir vor, an gewissen Punkten mal anders zu agieren, als du es normal tust.
Wofür soll dies ein Argument sein?

#107:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 15:22
    —
Deine Vorstellung von Redundanz ist die von vielen Akademikern.

Wenn du Redundanzen auf Ueberflüssiges reduzierst, wirst du nie verstehen, wie Marktwirtschaft funktioniert.

Denn die Marktwirtschaft lebt davon, dass es nicht nur einen Anbieter eines Produktes oder Produkte-Gruppe gibt und auch nicht nur einen Einkäufer.

Darum sind in der Theorie der Marktwirtschaft Monopole ja auch der Teufel und sollten, wo unumgänglich beim Staat angesiedelt sein, damit keine Privaten Monopolrenditen erziehlen können.

Man kann also sagen:

Ohne Redundanz keine Marktwirtschaft

Die sogenannte Strommarktlberalisierung in Deutschland, zeigt wohin es führt, wenn ein staatliches Monopol in Private Regionalmonopole überführt werden.
Höhere Preise, schlechteres Angebot.

Es zeigt sich auch, dass notwendige Sicherheits-Redundanzen im Stromnetz-Gebrauch eingespart werden.

Redundanz ist für die meisten Intellektuellen und "Buchhalter" eine "geistige" Zumutung, sie kommt ihnen Ueberflüssig vor, sie beleidigt ihre Intelligenz

Wo die Redundanz wegrationalisiert wird, zeigt sich bald darauf, dass der quantitative Abbau zu einem qualitativen Umschlag führen kann.


Ich will wissen in welcher Hinsicht für dich Darwin überholt ist.


Wenn die Bindung aufgeht, habe ich unter Umständen Handlungsalternativen zwischen denen ich wählen kann, das hab ich schon Jagy beantwortet.
Ich habe eine kurzen Moment der Wahl zwischen Textilbremse und auf einem Ski weiterfahren.
Da liegt meine bedingte Freiheit.


Probiers doch einfach mal, lass dich auf das Spiel mit deinem Hirn ein, was hast du zu verlieren?

#108:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 15:37
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Deine Vorstellung von Redundanz ist die von vielen Akademikern.

Wenn du Redundanzen auf Ueberflüssiges reduzierst, wirst du nie verstehen, wie Marktwirtschaft funktioniert.
Ich reduziere nichts. Ich kenne eben nur diese Bedeutung davon.(Wobei es in zwei verschiedenen Sinnen überflüssig sein kann.)
Und Marktwirtschaft versteht eh keiner, schon gar kein nicht Akademiker Auf den Arm nehmen
Zitat:

Denn die Marktwirtschaft lebt davon, dass es nicht nur einen Anbieter eines Produktes oder Produkte-Gruppe gibt und auch nicht nur einen Einkäufer.

Darum sind in der Theorie der Marktwirtschaft Monopole ja auch der Teufel und sollten, wo unumgänglich beim Staat angesiedelt sein, damit keine Privaten Monopolrenditen erziehlen können.
Ist in der Marktwirtschaft einen Redundanz als Multipol definiert?
Zitat:
Redundanz ist für die meisten Intellektuellen und "Buchhalter" eine "geistige" Zumutung, sie kommt ihnen Ueberflüssig vor, sie beleidigt ihre Intelligenz
Du magst keine Intellektuellen oder?
Zitat:

Wo die Redundanz wegrationalisiert wird, zeigt sich bald darauf, dass der quantitative Abbau zu einem qualitativen Umschlag führen kann.
Gehört das jetzt nicht in den Dialektikerstrang.
Zitat:

Wenn die Bindung aufgeht, habe ich unter Umständen Handlungsalternativen zwischen denen ich wählen kann, das hab ich schon Jagy beantwortet.
Ich habe eine kurzen Moment der Wahl zwischen Textilbremse und auf einem Ski weiterfahren.
Da liegt meine bedingte Freiheit.
Hast du nicht gute Gründe dich für weiterfahren und nicht sicher auf die Schnauze zu landen zu entscheiden und wirst du dich nicht so entscheiden?
Zitat:

Probiers doch einfach mal, lass dich auf das Spiel mit deinem Hirn ein, was hast du zu verlieren?

Zeit.
Zudem weiß ich, dass ich mir auch eine andere Handlungsoption vorstellen kann. zwinkern

#109:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 19:09
    —
Leto hat folgendes geschrieben:
Das Wissen darüber ist schon so alt, dass der Spiegelink ins Leere geht.

Das ist doch schon seit Jahren bekannt.
Theisten klammern sich aber noch an ihre Gottgeschenkte Willensfeiheit.


Na, oder seit dem 19. Jh. mit Schopenhauers Erkenntnis: Wir können zwar tun, was wir wollen, aber nicht wollen, was wir wollen...

Die Neurowissenschaftler besätigen halt, was sich Philosophen schon vorher so überlegt hatten.

Mir selbst erscheint es immer weniger nachvollziehbar, wie Menschen an den freien Willen glauben können. Am folgenden Beispiel kann man das Problem veranschaulichen.

Nehmen wir an, ich bin zu einem Kinoabend mit Freunden eingeladen und nun stehen wir vor der Kinokasse. Zur Auswahl steht eine Herz-Schmerz-Schnulze und ein Action-Film.
Nun bin ich zart besaitet und verabscheue aufgrund meiner Erziehung Gewalt (jedenfalls in dem Beispiel Smilie ). Was will ich nun? Ich will mir die Schnulze angucken. Warum will ich das? Nun, sehr wahrscheinlich aufgrund meiner besonderen Vorgeschichte und nicht, weil ich mich ad hoc bewusst dazu entschieden habe, die Schnulze schauen zu wollen. Bewusst habe ich keinen Einfluss auf meinen Willen. Das kann man auch hieran sehen: Meine Freunde wollen sich nämlich lieber den Action-Film angucken. Nun habe ich ein Problem und ich wünsche mir in dieser Situation, dass es tatsächlich einen freien Willen gäbe. Dann bräucht ich nur einen "Schalter" anzuknipsen und aktiv zu wollen, mir doch den Action-Film anschauen zu wollen; dann wäre der Dissens mit meinen Freunden ausgeräumt. Nun ist das leider nicht möglich: Ich will weiter die Schnulze gucken. Ein möglicher Ausgang besteht darin, dass ich - gegen meinen Willen - grummelnd mit in den Action-Film gehe. Auch in dieser Entscheidung war ich nicht frei, denn ich habe sie getroffen, um dem Gruppendruck nachzugeben, mich nicht zu isolieren usw. Natürlich bin ich auch dann nicht frei, wenn ich allein in die Schnulze gehe, denn dann folge ich meinem Willen und der ist, wie gezeigt, ja nicht frei. zwinkern

Fazit: Gäbe es wirklich einen freien Willen, dann wären manche Probleme aus der Welt. So könnten Studenten einfach wollen für Prüfungen lernen zu wollen. Motivationstrainings wären dann überflüssig. So bleibt vielen Menschen nur, sich einzureden, dass sie ja im Grunde jeden Morgen um 7 aufstehen und zur Arbeit gehen WOLLEN - grummelnd und mit zusammengebissenen Zähnen. Mit den Augen rollen

#110:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 19:24
    —
Interessantes Beispiel, aber diese Art von freien Willen ist idR ja nicht gemeint.

#111:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 19:34
    —
jagy hat folgendes geschrieben:
Interessantes Beispiel, aber diese Art von freien Willen ist idR ja nicht gemeint.


Ups, dann vermisse ich den freien Willen wohl deshalb nicht, weil ich gar nicht weiß, was damit gemeint sein soll...? Geschockt Lachen
Bitte um Aufklärung. zwinkern

#112:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 19:49
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
jagy hat folgendes geschrieben:
Interessantes Beispiel, aber diese Art von freien Willen ist idR ja nicht gemeint.


Ups, dann vermisse ich den freien Willen wohl deshalb nicht, weil ich gar nicht weiß, was damit gemeint sein soll...? Geschockt Lachen
Bitte um Aufklärung. zwinkern


*g*

Ok, ich sollt vielleicht nicht so großspurig loslegen, sondern was ich eigentlich sagen wollte war, das das nicht die Art von freien Willen ist, die meinem Verständnis nach idR gemeint ist.
Sondern eher folgende Art von freien Willen:

Man steht beim Bäcker und hat die Entscheidung, ob man eine Brezel oder eine Laugenstange kaufen soll. Es sei gegeben, dass man beide Teile genau gleich mag und sie auch gleich viel kosten etc. Man entscheidet sich für die Brezel. Die eigentliche Frage meinem Verständnis nach ist, ob man rückblickend auch die Freiheit gehabt hätte, statt der Brezel die Laugenstange zu kaufen.


Der Freie Wille so wie du in beschreibst besteht natürlich nicht.

#113:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 17.04.2008, 20:54
    —
jagy hat folgendes geschrieben:


Ok, ich sollt vielleicht nicht so großspurig loslegen, sondern was ich eigentlich sagen wollte war, das das nicht die Art von freien Willen ist, die meinem Verständnis nach idR gemeint ist.
Sondern eher folgende Art von freien Willen:

Man steht beim Bäcker und hat die Entscheidung, ob man eine Brezel oder eine Laugenstange kaufen soll. Es sei gegeben, dass man beide Teile genau gleich mag und sie auch gleich viel kosten etc. Man entscheidet sich für die Brezel. Die eigentliche Frage meinem Verständnis nach ist, ob man rückblickend auch die Freiheit gehabt hätte, statt der Brezel die Laugenstange zu kaufen.


Der Freie Wille so wie du in beschreibst besteht natürlich nicht.


Nun, wir können das Beispiel ja mal durchgehen. Ich meine, es ist prinzipiell kein Unterschied zu dem Beispiel mit der Kinokasse.

Wir können das Beispiel für zwei Personen durchspielen - einmal für eine Person, die - zumindest in diesem Moment - nicht "metareflexiv" sich des Problems der Willensfreiheit bewusst ist und einmal - etwas "raffinierter" - für eine Person, bei der das der Fall ist.

a) Man kann grob folgende Fälle unterscheiden. Es könnte sein, dass dem Kunde die Frage Lauge oder Bezel völlig schnurz ist - er könnte kurz vor dem Verhungern sein und nur noch "Essbares" wollen. Die Entscheidung Lauge oder Brezel trifft er quasi blind. Er zeigt ohne zu überlegen auf die Brezel und sagt: "das da"! Ein freier Wille ist hier sicher nicht im Spiel, denn genau auf die Brezel zeigt er nicht etwa deshalb, weil er genau das wollte. Er tut es "einfach so" (der vorherrschende Antrieb ist der Hunger).
Damit überhaupt der Wille ins Spiel kommt, muss sich der Kunde fragen "Was will ich eigentlich?" - es muss ein Abwägungsprozess laufen. Dieser Abwägungsprozess des durchschnittlichen Bäckereikunden läuft normalerweise hauptsächlich unbewusst ("die Augen" entscheiden), aber wir tun mal so, als handele es sich um einen sehr überlegten Kunden. Dennoch werden unbewusste Prozesse weiter eine wichtige Rolle spielen.
Angenommen, der Aspekt "Geschmack" spielt keine ausschlaggebende Rolle, da dem Kunden beide Brotsorten "genau gleich" gut schmecken. Dann sollte man erwarten, dass er dennoch nicht einfach nach Belieben auswählt. Vielleicht hat er die Brezel erst gestern gewählt und möchte gerade deshalb die Laugenstange ausprobieren - oder er möchte bewusst bei den Brezeln bleiben, da ihm nicht nach "Abwechslung" zu Mute ist. Hier greift der Kunde auf gespeicherte unbewusste Erfahrungen zurück, die für ihn zu Motiven seiner Wahl werden können. Diese Motive/Erfahrungen liegen aber schon außerhalb der freien Beeinflussung, sie stecken gewissermaßen den Rahmen für die willentliche Entscheidung ab. (Ein weiteres Motiv könnte sein, Geld zu sparen und das billigere Produkt zu wählen usw.)
Man kann als Zwischen-Fazit festhalten, dass in dem Fall, wo beim Kunden eine Tendenz zu dem einen oder anderen Produkt da ist, seine willentliche Entscheidung von Motiven und Erfahrungen bestimmt wird, die der Entscheidungssituation vorausliegen und auf die er keinen Einfluss hat.

b) Betrachten wir noch den Fall, dass bei dem Kunden keinerlei Tendenz zu dem einen oder anderen Produkt da ist. Dies könnte bei einem philosophischen Kunden der Fall sein, der an der Theke die Willensfreiheit demonstrieren möchte.... Er möchte zeigen, dass er nach Belieben das eine oder andere Produkt wählen kann und sein Wille frei ist. Plötzlich zeigt er auf die Laugenstange und sagt: das da! Nun, das hatten wir eigentlich schon, es ist eigentlich genau die Situation wie mit dem Verhungernden, dem Lauge oder Brezel schnuppe ist. Wenn der Philosoph auf die Frage "Wolltest du wirklich die Laugenstange?" mit "Ja" antwortet, ist er unehrlich, denn was er wollte, war, die Willensfreiheit zu demonstrieren. Diese Motiv bestimmte seine Wahl, die somit auch nicht als "frei" zu bezeichnen ist.

#114:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 03:13
    —
Ihr operiert mit einem Widersprüchlichen System (Sprache) um unwiedersprüchlich zu beweisen, dass es keinen freien Willen gibt.

Dafür müsst ihr permanent mit Axiomen arbeiten, also genau mit dem was ihr den Leuten, die denken, dass es bedingten freien Willen gibt immer vorwerft.

Es ist euch aber schon klar, dass die Vorstellung, dass jedes menschliche Verhalten determiniert ist, dem Konzept des "Intelligent Design" sehr nahe kommt.

Bei Leto ist es der Urknall, bei den Calvinisten ist es Gott und bei den Muslimen Allah.

Bei den Calvinisten heisst es Prädestination, bei den Muslimen Kismet.

Und bei Schopenhauer dem deutschen Hinduisten, ist es der Weltwille.

Und was mir echt lustig vorkommt, ist die Tatsache, das sich so viele auf die neuesten Erkenntnise von Hirnbildnern abstützen, die mit "Lügendetektoren der Generation 2.0" mit den Aequivalenten von Kanonenkugeln und/oder Schrottladungen auf Spatzenschwärme schiessen.

Agnost

#115:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 03:38
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Deine Vorstellung von Redundanz ist die von vielen Akademikern.

Wenn du Redundanzen auf Ueberflüssiges reduzierst, wirst du nie verstehen, wie Marktwirtschaft funktioniert.
Ich reduziere nichts. Ich kenne eben nur diese Bedeutung davon.(Wobei es in zwei verschiedenen Sinnen überflüssig sein kann.)
Und Marktwirtschaft versteht eh keiner, schon gar kein nicht Akademiker Auf den Arm nehmen
Zitat:

Denn die Marktwirtschaft lebt davon, dass es nicht nur einen Anbieter eines Produktes oder Produkte-Gruppe gibt und auch nicht nur einen Einkäufer.

Darum sind in der Theorie der Marktwirtschaft Monopole ja auch der Teufel und sollten, wo unumgänglich beim Staat angesiedelt sein, damit keine Privaten Monopolrenditen erziehlen können.
Ist in der Marktwirtschaft einen Redundanz als Multipol definiert?
Zitat:
Redundanz ist für die meisten Intellektuellen und "Buchhalter" eine "geistige" Zumutung, sie kommt ihnen Ueberflüssig vor, sie beleidigt ihre Intelligenz
Du magst keine Intellektuellen oder?
Zitat:

Wo die Redundanz wegrationalisiert wird, zeigt sich bald darauf, dass der quantitative Abbau zu einem qualitativen Umschlag führen kann.
Gehört das jetzt nicht in den Dialektikerstrang.
Zitat:

Wenn die Bindung aufgeht, habe ich unter Umständen Handlungsalternativen zwischen denen ich wählen kann, das hab ich schon Jagy beantwortet.
Ich habe eine kurzen Moment der Wahl zwischen Textilbremse und auf einem Ski weiterfahren.
Da liegt meine bedingte Freiheit.
Hast du nicht gute Gründe dich für weiterfahren und nicht sicher auf die Schnauze zu landen zu entscheiden und wirst du dich nicht so entscheiden?
Zitat:

Probiers doch einfach mal, lass dich auf das Spiel mit deinem Hirn ein, was hast du zu verlieren?

Zeit.
Zudem weiß ich, dass ich mir auch eine andere Handlungsoption vorstellen kann. zwinkern


Es gibt paralelle Redundanzen, sie erhöhen, wenn richtig angewendet nur die Sicherheit eines Systems.

Es gibt Netz- und Zopf-Redundanzen, sie sind typisch für Marktwirtschaften aber auch für das S-Bahn-Netz des ZVV (Kantonalzürcherischer Verkehrsverbund, der an der Expo Hannover als externer Beitrag von der Expo-Hannover "eingeladen" war.)

Wenn es in einer Marktwirtschaft zwar 40'000 Bauern aber nur noch einen Grossverteiler ihrer Produkte gibt die wieder auf 40 Millionen Käufer treffen, dann haben wir ein Monopol, dass den Bauern niedrige Preise diktieren kann und den Käufern hohe Preise.

Gibt es nun einen zweiten Grossverteiler, bestehen sowohl für die Bauern und die Käufer eine Wahl.

Das wäre ein Duopol und einfacher Redundanz.

Ab 3 Grossverteilern spräche man von einem Oligopol.

Bei rund 10 Grossverteilern kann man von einem spielenden Markt sprechen.

Du gibst mir sicher Recht, dass alle Grossverteiler sehr ähnlich organisiert sein können, also Redundant sind.

Aber nun haben Bauern und Konsumenten eine Wahl zwischen den verschiedenen Grossverteilern zu wählen, was diese zwingt ihre Dienstleistung zu optimieren.
Das heisst, den Bauern tendenziell mehr zu zahlen und den Käufern billiger zu verkaufen.

Planwirtschaften hatten bisher immer die Tendenz die Verteilung auf einen Verteiler zu reduzieren.
Monopolkapitalismus will das selbe.
Und wie du beim Strommarkt siehst mit negativen Folgen.

Redundanz ist allso eine quantitative Multiplikation, die durch vermehrte Sicherheit und durch vermehrte Wahlmöglichkeiten mehr Qualität schafft.

Die Ueberlegenheit der Marktwirtschaft (nicht ihre Fehlerlosigkeit) gegenüber der Planwirtschaft ist für mich der beste empirische Beweis für "bedingt freie Wahl".

Wenn das für dich Dialektik ist, so be it, ich bin sicher, dass es sich auch mit Fuzzy-Logik "umschreiben" liesse.

Der Verzicht auf die Textilbremse als empirisch sicherste Wahl eine Verletzung bei spontaner Skibindungsöffnung bringt mir natürlich das geile Gefühl ein geiler Hirsch zu sein.
Das ist bei einer grundlegend "nutzlosen" hedonistischen Betätigung ein guter Grund auf die "kluge und vernünftige" Textilbremse zu verzichten.

Agnost

P.S.

Ich habe nix gegen Intellektuelle und Buchhalter.
Ich bin in einem Land aufgewachsen, in dem fast jeder zwanghaft von sich behauptet ein Anti-Intellektueller zu sein, dass ich schon als Kind immer dachte:

Wenn ich mal Gross bin, will ich ein Intellektueller sein.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass jeder der das Wort Anti-Intellektuell aussprechen kann und sinngemäss verwendet, eh schon ein Intellektueller ist.
(Die Unterstellung hassen meine Schweizer Pappenheimer wie der Teufel das Weihwasser, in ihrer anerzogenen und selbstverschuldeten Hyperbescheidenheit, brüsten sie sich tatsächlich gerne alles andere als Intellektuelle zu sein.)

#116:  Autor: jagy BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 10:27
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Es ist euch aber schon klar, dass die Vorstellung, dass jedes menschliche Verhalten determiniert ist, dem Konzept des "Intelligent Design" sehr nahe kommt.

Bei Leto ist es der Urknall, bei den Calvinisten ist es Gott und bei den Muslimen Allah.

Bei den Calvinisten heisst es Prädestination, bei den Muslimen Kismet.

Und bei Schopenhauer dem deutschen Hinduisten, ist es der Weltwille.


Ich muss auch nicht an einen Designer glauben, um zu glauben, dass die Bahn der Planeten/Gestirne/etc determinert ist.

Alles was wir machen ist, zu überlegen, ob es Gründe gibt, warum man die Beobachtungen, die man im Großen macht, nicht auf unsere Welt übertragen sollte/müsste.

#117:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 12:32
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ihr operiert mit einem Widersprüchlichen System (Sprache) um unwiedersprüchlich zu beweisen, dass es keinen freien Willen gibt.

Dafür müsst ihr permanent mit Axiomen arbeiten, also genau mit dem was ihr den Leuten, die denken, dass es bedingten freien Willen gibt immer vorwerft.
Unsinn. Ich werfe niemanden vor Axiome zu benützen.
Zitat:

Es ist euch aber schon klar, dass die Vorstellung, dass jedes menschliche Verhalten determiniert ist, dem Konzept des "Intelligent Design" sehr nahe kommt.

Bei Leto ist es der Urknall, bei den Calvinisten ist es Gott und bei den Muslimen Allah.

Ein kleines Spiel für dich: Du hast einen symmetrischen Würfel des Seiten allesamt mit 2 beschrifftet sind. Du wirfst dreimal und zählst die Augensumme aller drei Würfel zusammen.
Ist das Ergebnis determiniert ?

#118:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 13:04
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Ein kleines Spiel für dich: [...]


ein kleines Spiel für dich: genügt so ein Würfel/Wurf den Eigenschaften eines emergenten, selbstreflektiven, komplexen Systems ?

Diese starke Pfäferenz einer mechanistischen Sichtweise des Hirns zeigt sich auch immer wieder an solchen belang- und aussagelosen Beispielen ...

Erwin

#119:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 13:37
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Ein kleines Spiel für dich: [...]


ein kleines Spiel für dich: genügt so ein Würfel/Wurf den Eigenschaften eines emergenten, selbstreflektiven, komplexen Systems ?

Diesen Anspruch hat das Spiel nicht.

#120:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 16:11
    —
@wolf

und was soll dann das (Bei)spiel bezwecken, belegen oder bedeuten? Daß Würfeln nach dem sg. "deterministischen Chaos" (ein etwas unglücklicher Begriff) "funktioniert" ist hinlänglich bekannt. Was die "originelle" Idee soll, daß alle Würfelseiten dieselbe Zahl aufweisen, wodurch durch simpelste Grundschul-Mathematik das Ergebnis berechnenbar ist .... idee Ich kann darin wenig Sinnhaftigkeit in Bezug auf das Threadthema erkennen.

Erwin

#121: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 16:24
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun, die Überschrift ist vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber die neuesten Hinweise gegen einen freien Willen sind wirklich sensationell:

"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wForscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat. vofür sich ein Mensch entschieden hat.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,547074,00.html"

Das traditionelle Konzept "Willensfreiheit" bröckelt...


Zitat:
1. Die wissenschaftlichen Experimente, mittels deren die Ideen des neurobiologischen Determinismus begründet werden sollen haben ihren Ursprung im berühmten „Libet-Experiment“. Hier ließ der US-amerikanische Physiologe Benjamin Libet bei Versuchspersonen, die angehalten waren zu einem von ihnen gewählten Zeitpunkt den Finger zuheben, Gehirnströme messen und verglich den zeitlichen Einsatz der neuronalen Aktivität mit dem Bewußtwerden der Entscheidung, die der Proband sich mit dem Blick auf eine Uhr merken sollte. Diese zu messenden Gehirnströme laufen unbewußt ab und bauen sog. „Bereitschaftspotentiale“ oder „außenkorrelierte Potentiale“ auf, die im Zusammenhang mit vorzunehmenden Handlungen stehen. Im Ergebnis fielen der Einsatz der neuronalen Aktivität (also der „Aufbau des Bereitschaftspotentials“) und das Bewußtwerden der Handlungsentscheidung auseinander: Zuerst wurde neuronale Aktivität gemessen und dann kam das Bewußtsein erst ins Spiel. Es wurde daraufhin von einigen Neurologen und Physiologen gefolgert, daß bewußte Entscheidungen nur neuronal determinierten, unbewußt verlaufenden Entscheidungsprozesses kausal nachgeordnet sind. Wolf Singer hat dies auf die Formel gebracht: „Wir tun nicht was wollen, sondern wir wollen was wir tun“.

....


http://www.trend.infopartisan.net/trd0207/t140207.html

Zitat gekürzt und Link hinzugefügt - Kival

Die falsche - und bloß bürgerlich-philosophische - Interpretation von "Bereitschaftspotenzialen" ist die eine Sache.

Die andere ist die, dass von den "Kritikern" des freien Willens eigentlich der Wille selber negiert werden soll.

Worum es aber bei der geistigen Simulation der Realität mittels unbewussten, vorbewussten und bewussten Denkens und Entscheidens geht, fällt meist unter den Tisch: Es geht darum, reale Freiheitsgrade zu erkennen und auszunutzen für die Optimierung der willentlichen Ziele.

Denken ist ein virtuelles add on der Evolution bei dem die Anpassung und Entwerfung von Überlebens-Strategien nicht nur mittels der Veränderung der körperlichen Gestalt erfolgt, sondern Handlungen zunächst mal simulativ vorweg genommen werden, bevor sie erfolgen. Und ggf. kann mensch sie auch bleiben lassen, wenn sie suboptimal sind.

Es geht beim bedingt freien Willen um ein Optimierungsprogramm - völlig analog zu einem Optimierungsprogramm bei der betrieblichen Produktionsprogrammplanung.

Man stelle sich den bedingt freien Menschen als Strategen vor, der sich die verschiedenen Handlungsprogramme durchrechnet und dann einen Weg a von n Wegen auswählt, auch wenn vielleicht Weg b ebenfalls nach Rom führen würde.

Viele Wege führen nach Rom. Und das Entscheidende ist das Ziel und nicht allein der Weg.

Aber die rückständigen Apologeten des unfreien Subjekts starren wie gebannt auf den Weg zum Ziel. Aber was soll man da sagen. Ma lasse sie starren. Es ist eben ihr Wille, zu (er)starren ...-?

Skeptiker

#122:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 16:36
    —
@Skeptiker : Passt.

fwo

#123: Re: Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 17:09
    —
fwohlgemuth hat folgendes geschrieben:
@Skeptiker : Passt.

fwo


zwinkern

Skeptiker

#124:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 18:06
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ihr operiert mit einem Widersprüchlichen System (Sprache) um unwiedersprüchlich zu beweisen, dass es keinen freien Willen gibt.

Dafür müsst ihr permanent mit Axiomen arbeiten, also genau mit dem was ihr den Leuten, die denken, dass es bedingten freien Willen gibt immer vorwerft.
Unsinn. Ich werfe niemanden vor Axiome zu benützen.
Zitat:

Es ist euch aber schon klar, dass die Vorstellung, dass jedes menschliche Verhalten determiniert ist, dem Konzept des "Intelligent Design" sehr nahe kommt.

Bei Leto ist es der Urknall, bei den Calvinisten ist es Gott und bei den Muslimen Allah.

Ein kleines Spiel für dich: Du hast einen symmetrischen Würfel des Seiten allesamt mit 2 beschrifftet sind. Du wirfst dreimal und zählst die Augensumme aller drei Würfel zusammen.
Ist das Ergebnis determiniert ?


Geh lieber mal auf das Beispiel der Marktwirtschaft ein und widerlege, dass die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für Bauern und Konsumenten durch Redundanz die Qualität der Dienstleistungen durch den "Grosshandel" steigert.
Das wäre eine überzeugende Erschütterung meiner Vorstellung vom "Bedingt freien Willen.".

jagy schreibt:

Zitat:
ch muss auch nicht an einen Designer glauben, um zu glauben, dass die Bahn der Planeten/Gestirne/etc determinert ist.

Alles was wir machen ist, zu überlegen, ob es Gründe gibt, warum man die Beobachtungen, die man im Großen macht, nicht auf unsere Welt übertragen sollte/müsste.


Du willst also das menschliche Hirn auf die Schwerkraftrelationen in unserem Sonnensystem runterbrechen.?

Ich habe nichts gegen Reduktionismus als eine unter anderen Erkenntnismethoden aber wenn die Reduktion zum Prinzip wird, bekomme ich meine Zweifel.

Agnost

#125:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 19:07
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
@wolf

und was soll dann das (Bei)spiel bezwecken, belegen oder bedeuten?

Das Spiel richtet sich an Agnost, nicht an dich.

#126:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 19:08
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Geh lieber mal auf das Beispiel der Marktwirtschaft ein und widerlege, dass die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für Bauern und Konsumenten durch Redundanz die Qualität der Dienstleistungen durch den "Grosshandel" steigert.
Das wäre eine überzeugende Erschütterung meiner Vorstellung vom "Bedingt freien Willen.".

Würdest du mir zuerst sagen, was du unter bedingt freien Willen verstehst?

#127:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 19:30
    —
Zitat:
Skeptiker:
Die Libet-Experimente freilich wurden selbst schnell bemängelt, denn neben quantitativen Unschärfen war die Entscheidungssituation der Versuchspersonen viel zu eng und somit irrelevant für komplexe Entscheidungssituationen.


Na, mindestens von "quantitativen Unschärfen" kann in den neusten Experimenten keine Rede mehr sein (7 Sekunden vorher konnten die Entscheidungen vorhergesagt werden).
zwinkern

#128: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 20:12
    —
irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
... Es wurde daraufhin von einigen Neurologen und Physiologen gefolgert, daß bewußte Entscheidungen nur neuronal determinierten, unbewußt verlaufenden Entscheidungsprozesses kausal nachgeordnet sind. Wolf Singer hat dies auf die Formel gebracht: „Wir tun nicht was wir wollen, sondern wir wollen was wir tun“.

Man beachte, daß hier eine stärkere Behauptung aufgebaut wird als die des neurologischen Determinismus. Selbst wenn also diese Aussge widerlegt würde, heißt das nicht, daß der Wille nicht determiniert wäre. Es könnte nämlich immer noch gelten: „Wir tun zwar zuweilen was wir wollen, aber was wir wollen ist naturgesetzlich erzwungen.“

irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
Der Philosoph Herbert Schnädelbach hat die diese Aussage in all ihrer Absurdität in einem Artikel in der Frankfurter Rundschau genüßlich zerpflückt:

„... Wollen und Tun sind nicht zwei Handlungen, die in der einen oder anderen Ordnung des Vorher-Nachher stehen könnten, sondern was wir mit ‚Wollen’ meinen, ist eine Art und Weise etwas zu tun – nämlich willentlich, das heißt im Modus eines überlegten Strebens, ...

Aha. "Wollen" bedeutet also demnach nur so etwas wie "die Handlung mit einer bewußten Präferenz begleiten". Und nimmt das "bewußte Streben" einen EInfluß auf die Handlung?

PS: Ich halte sonst durchaus einiges von Schnädelbach.

Schnädelbach hat folgendes geschrieben:
... und wenn wir etwas wollen, ohne es zu tun, dann haben wir es nicht wirklich gewollt, sondern etwas anderes, nämlich lieber nichts zu tun“.

Häh? Wenn wir etwas wollen, ohne es zu tun, dann geschah etwas, das wir nicht präferieren,das wir uns anders gewünscht hätten.

irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
Weil der bewußte Wille von bewußtlosen neuronalen „Verschaltungen“ abhängt und diese wiederum auch bei Tieren anzutreffen sind (wenn auch sehr viel weniger komplex), sind auch Analogieschlüsse vom Tier zum Menschen beliebt bei Neurodeterministen. Der Reduktionismus freilich endet hier noch nicht, denn Tiere wie Menschen sind ja allgemein den Naturgesetzen unterworfen, und da in der Natur (wir vergessen nun für einen Moment die Quantenphysik und die Chaostheorie) alles kausal-deterministisch abläuft, ist der menschliche „freie“ Wille in letzter Instanz unmöglich, denn er würde auf einen Bruch mit den Naturgesetzen hinauslaufen.

Genau, der freie Wille ist in letzter Instanz stets unfrei.

irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
Der Pappkamerad, den sich die Neurodeterministen beständig aufbauen ist also das Cartesianische „Ich“, das quasi immateriell von außen den Körper (der den Naturgesetzen unterworfen ist) steuert.

Dieser Pappkamerad wird von der herrschenden Vorstellung zum FW vorgegeben, die annimmt, es gebe in einer Entscheidungssituation tatsächlich mehrere physikalisch erlaubte Fortsetzungen.

Alle mir bekannten philosophischen Versuche, den Freien Willen so unzudefinieren, daß er möglich wird, enden in einem der folgenden Desaster:
- der FW ist determiniert oder zufällig
- der FW ist nur die Vorstellung, mehrere Möglichkeiten zu haben
- der FW ist Unwissen über die Zukunft
- der FW ist die Verantwortung, die wir Menschen zuschreiben

#129:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:01
    —
Zitat:
c) die Annahme, daß sich das „Bereitschaftspotential“ im Widerspruch zum bewußten „freien Willen“ befindet, ist nicht belegt. Ansgar Beckermann von der Universität Bielefeld hat beispielsweise darauf hin gewiesen, daß die Annahme einer Trennung von „Person“ und „Gehirn“ keineswegs zwingend ist. Wenn die „Person“ mit dem „Gehirn“ als dem Organ, über welches sich das „Ich“ der Person realisiert identisch ist, sind die neuronalen Prozesse der Gehirns ihre persönlichen Entscheidungsprozesse. Lediglich die naturalistische Perspektive, die zwischen Beobachter-Standpunkt (messen von Hirnaktivität) und Subjekt-Standpunkt (Aktivität der integren Person) keine Verbindung herstellen kann, führt zu diesem Dualismus.

„Die Hirnprozesse, die sich im symmetrischen Bereitschaftspotential zeigen, könnten also durchaus die (mentalen) Entscheidungsprozesse sein, die wir bei der Vorbereitung willentlicher Handlungen erwarten. Dieser Interpretation zufolge zeigen die Libet-Experimente bestenfalls, daß die Entscheidungsprozesse, die einer Handlung vorausgehen, nicht vollständig bewußt sind“[7].


Also, die Tatsache, dass Entscheidungen durch unbewusste Prozesse vorbereitet werden, widerspricht selbstverständlich der (traditionellen) Vorstellung von einem bewussten "freien Willen".
Es mag ja berechtigt sein, auch die unbewussten Prozesse als Teil eines "persönlichen" Entscheidungsprozesses zu bezeichnen (das Unbewusstsein gehört auch zur Person, ja) - hier wird aber verschleiert, dass dies SO sicher nicht von traditionellen Verteidigern der Wissensfreiheit vertreten wurde/wird.

Schopenhauer hat gezeigt, dass man einer Täuschung unterliegt, wenn man den "freien Willen" aus der bewussten Erfahrung ableiten zu können glaubt, und dass der Wille seinen Ursprung im Unbewussten hat.

Das hat entscheidende Konsequenzen. So ist die Annahme, eine Person hätte zu einem Zeitpunkt auch etwas anderes wollen können, als sie tatsächlich wollte, wenn sie nur gewollt hätte, irrig.

Die Forscher belegen nur, was Philosophen vorher schon aufgezeigt haben.

#130:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:32
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:


Schopenhauer hat gezeigt, dass man einer Täuschung unterliegt, wenn man den "freien Willen" aus der bewussten Erfahrung ableiten zu können glaubt, und dass der Wille seinen Ursprung im Unbewussten hat.

Das hat entscheidende Konsequenzen. So ist die Annahme, eine Person hätte zu einem Zeitpunkt auch etwas anderes wollen können, als sie tatsächlich wollte, wenn sie nur gewollt hätte, irrig.

Die Forscher belegen nur, was Philosophen vorher schon aufgezeigt haben.


Schopenhauer hat postuliert und nichts gezeigt.

Du nun baust deine Argumentation darauf aus, als Schopenhauer irgendetwas bewieden habe.

Dazu kommt ja, dass Schopenhauers Philosophie auf den indischen Theismus aufbaut. Sein Theos heisst einfach "Wille".

Und die Forscher belegen eben auch nichts, auch sie postulieren nur.

Dann redest auch du vom "traditionellen" freien Willen.
Welche Tradition meinst du da?
Es gab nie nur eine Vorstellung davon was freier Wille sei und wie stark er in der Welt wirken kann.

Agnost

#131:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:42
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Skeptiker:
Die Libet-Experimente freilich wurden selbst schnell bemängelt, denn neben quantitativen Unschärfen war die Entscheidungssituation der Versuchspersonen viel zu eng und somit irrelevant für komplexe Entscheidungssituationen.


Na, mindestens von "quantitativen Unschärfen" kann in den neusten Experimenten keine Rede mehr sein (7 Sekunden vorher konnten die Entscheidungen vorhergesagt werden).
zwinkern


Meine Skibindung öffnet sich aber unerwartet und gibt meinen Hirnstrukturen nicht 7 Sekunden Vorwarnung.
Dasselbe gilt für den Strassenverkeht, ein Kind das plötzlich über die Strasse rennt, meldet sich auch nicht 7 Sekunden vorher an,
Also kann das Hirn in solchen Fällen nicht 7 Sekunden vorher eine Handlungspräferenz signalisieren.

Das Dilemma der Deterministen ist, dass sie aufgrund physikalischer, mathematischer und sprachlicher Abstraktionen, die in sich nicht widerspruchsfrei sind, versuchen widerspruchsfrei zu beweisen, dass ihre ungenügende Beweisführung in der Praxis zwingend determiniert sei.

Bis keine hieb und stichfesten Beweise für den Determinismus vorliegen und mit "wissenschaftlichen" Faustkeilen der zweiten Generation hantier wird, hängt dem Determinismus etwas religiöses an.

Agnost

#132:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:49
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Das Dilemma der Deterministen ist, dass sie aufgrund physikalischer, mathematischer und sprachlicher Abstraktionen, die in sich nicht widerspruchsfrei sind, versuchen widerspruchsfrei zu beweisen, dass ihre ungenügende Beweisführung in der Praxis zwingend determiniert sei.


Das behauptest Du nur. ,-)

Zitat:
Bis keine hieb und stichfesten Beweise für den Determinismus vorliegen und mit "wissenschaftlichen" Faustkeilen der zweiten Generation hantier wird, hängt dem Determinismus etwas religiöses an.


Wofür genau gibt es hieb und stichfeste Beweise?

#133:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:50
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Geh lieber mal auf das Beispiel der Marktwirtschaft ein und widerlege, dass die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für Bauern und Konsumenten durch Redundanz die Qualität der Dienstleistungen durch den "Grosshandel" steigert.
Das wäre eine überzeugende Erschütterung meiner Vorstellung vom "Bedingt freien Willen.".

Würdest du mir zuerst sagen, was du unter bedingt freien Willen verstehst?


Im wesentlichen verstehe ich darunter dasselbe wie Bieri.

Wir können nur das tun, was die reale Physik (also nicht ihre Theoreme) uns an Optionen möglichmacht.

Ich kann also in meinem Fall der sich öffnenden Skibindug nicht zur Option des Schwebens greifen, da ich keinen Gleitschirm aufgespannt habe.

Ich kann auch nicht irrationale Regungen ausschliessen, ich kann sie bestenfalls nicht zum Zuge kommen lassen.

Meine Freiheit ist also durch die Materiellen Gegebenheiten (Bedingungen) stark eingegrenzt.

Die "grosse allumfassende" Willensfreiheit gibt es nicht.

Aber ich kann mich zum Beispiel bewusst entscheiden mich von anderen beeinflussen zu lassen.
So traue ich dir zu, dass du viel mehr über Mathematik weisst als ich und lasse mich freien Willens gerne von meinen Irrtümern befreien.

Für mich ist das keine Determinierte Entscheidung.

Agnost

Agnost

#134:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:53
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Wir können nur das tun, was die reale Physik (also nicht ihre Theoreme) uns an Optionen möglichmacht.
Das ist trivial.
Gibt es mehre Optionen und können wir uns zwischen ihnen entscheiden oder handelt es sich um eine Zufallsentscheidung?

#135:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:55
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Geh lieber mal auf das Beispiel der Marktwirtschaft ein und widerlege, dass die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für Bauern und Konsumenten durch Redundanz die Qualität der Dienstleistungen durch den "Grosshandel" steigert.
Das wäre eine überzeugende Erschütterung meiner Vorstellung vom "Bedingt freien Willen.".

Würdest du mir zuerst sagen, was du unter bedingt freien Willen verstehst?


Im wesentlichen verstehe ich darunter dasselbe wie Bieri.


Bieri ist aber Determinist, das weißt du?

#136:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:57
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Wir können nur das tun, was die reale Physik (also nicht ihre Theoreme) uns an Optionen möglichmacht.
Das ist trivial.
Gibt es mehre Optionen und können wir uns zwischen ihnen entscheiden oder handelt es sich um eine Zufallsentscheidung?


Die Entscheidung fürs auf einem Ski weiterfahren, ist eine freie Entscheidung, genauso die Entscheidung zur Textilbremse zu greifen.

Ich gehe davon aus, du entscheidest frei ob du mir antwortest oder nicht.
Ansonsten wäre ich ja mitverantwortlich, wenn du wegen mir nicht vom Komputer loskommst und um die Ecken ziehst.

Ich scheue zwar keine Mitverantwortung, aber bitte nicht in solchen Fällen.

Agnost

#137:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 21:59
    —
Um mal etwas zu dem Link im Eingangsbeitrag zu sagen:

Menschen wurden aufgefordert, entweder mit der linken Hand einen Knopf zu drücken oder mit der rechten Hand einen anderen Knopf zu drücken. Diese Entscheidung konnte mit 60%iger Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden.

Das ist nun natürlich unglaublich beeindruckend. Ich fall' vom Hocker.

Obwohl, andererseits, wenn ich meinen Tipp nicht 7 Sekunden vorher, sondern jetzt schon für die nächsten Tests abgebe, (ich tippe einfach mal, dass alle den rechten Knopf drücken), dann kann ich vielleicht auch die 60% erreichen. Und das ganz ohne Kernspintomograf, einfach aus der Annahme heraus, dass die meisten Menschen Rechtshänder sind und daher öfter der rechte als der linke Knopf gedrückt wird. Naja, bin aber kein Wissenschaftler und bekomme leider keine Forschungsgelder. Schade eigentlich.

#138:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:01
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Ich gehe davon aus, du entscheidest frei ob du mir antwortest oder nicht.
Nein tue ich nicht, indem Sinne frei. Ich kann gar nicht anders als teilweise zu antworten (und teilweise nicht zu antworten, weil es doch sehr ermüdent ist.
Zitat:

Ansonsten wäre ich ja mitverantwortlich, wenn du wegen mir nicht vom Komputer loskommst und um die Ecken ziehst.
Nein, du kannst auch nicht anders. Zudem ist Verantwortung wieder ein eigenes Thema.

#139:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:02
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Um mal etwas zu dem Link im Eingangsbeitrag zu sagen:

Menschen wurden aufgefordert, entweder mit der linken Hand einen Knopf zu drücken oder mit der rechten Hand einen anderen Knopf zu drücken. Diese Entscheidung konnte mit 60%iger Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden.

Das ist nun natürlich unglaublich beeindruckend. Ich fall' vom Hocker.

Obwohl, andererseits, wenn ich meinen Tipp nicht 7 Sekunden vorher, sondern jetzt schon für die nächsten Tests abgebe, (ich tippe einfach mal, dass alle den rechten Knopf drücken), dann kann ich vielleicht auch die 60% erreichen. Und das ganz ohne Kernspintomograf, einfach aus der Annahme heraus, dass die meisten Menschen Rechtshänder sind und daher öfter der rechte als der linke Knopf gedrückt wird. Naja, bin aber kein Wissenschaftler und bekomme leider keine Forschungsgelder. Schade eigentlich.


Ein besserer Link zum gleichen Experiment: http://www.zeit.de/2008/17/Freier-Wille?page=1

#140:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:02
    —
@Heiner

das ganze FW pro/contra wird leider hier oft viel zu undifferenziert polarisierend abgehandelt.

Für mich ist Fakt, daß wir wesentlich stärker von unseren "Umständen" (Erziehung, soziales Umfeld, Erfahrungen) "determiniert" sind, als wir gemeinhin denken - das ist auch völlig schlüssig mit den momentanen systemischen Modellhypothesen über unser Hirn, als komplexem vielschichtigen (strukturell weit vielschichtiger als die "Hirnphysik" direkt zeigt), selbstorganisierendem, stark musterbildendem System.

Das hat aber nichts damit zu tun, daß dieses System prinzipiell die Fähigkeit eines Willens produziert. In wertfreien, unbedeutenden Wahlsituationen ist es dem linearen, bewußten Denken unmittelbar, daß man sich auch anders hätte entscheiden können, als man es getan hat. (zB. Wahl einer von zwei weissen Kugeln o.ä.).

Und qua dieser "Freiheit" kann ich sogar mein Wollen (in Form eines langfristigen Prozesses und geeigneter Techniken) beeinflussen. Wenn ich wasserscheu bin - also Wasser nicht mag, nützt mein Denken: "ich will aber Wasser mögen", sicher nicht, aber es kann einen Prozess initiieren (wenn ich das will), als dessen Ergebnis ich dann sehrwohl Wasser mag.

Erwin

#141:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:05
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Geh lieber mal auf das Beispiel der Marktwirtschaft ein und widerlege, dass die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für Bauern und Konsumenten durch Redundanz die Qualität der Dienstleistungen durch den "Grosshandel" steigert.
Das wäre eine überzeugende Erschütterung meiner Vorstellung vom "Bedingt freien Willen.".

Würdest du mir zuerst sagen, was du unter bedingt freien Willen verstehst?


Im wesentlichen verstehe ich darunter dasselbe wie Bieri.


Bieri ist aber Determinist, das weißt du?


Und steht für bedingt freien Willen ein. Und wenn es den begingt freien Willen gibt, ist nicht alles Determiniert.

So in diese Richtung habe ich nicht nur sein Buch in Erinnerung (ist auch schon wieder 6 Jahre her.) sondern auch ein Auftritt im philosophischen Quattett vor einiger Zeit.

Agnost

#142:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:07
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Und steht für bedingt freien Willen ein. Und wenn es den begingt freien Willen gibt, ist nicht alles Determiniert.


Ich stimme dir zu. Bieri glaubt aber, dass Determiniertheit und freier Wille vereinbar sind.

Zitat:
So in diese Richtung habe ich nicht nur sein Buch in Erinnerung (ist auch schon wieder 6 Jahre her.)


Das Handwerk der Freiheit habe ich bisher nicht gelesen, aber er ist eigentlich betonter Kompatibilist. Ich kenne an Büchern von Bieri nur die unter Mercier veröffentlichten Romane.

#143:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:23
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Ein besserer Link zum gleichen Experiment: http://www.zeit.de/2008/17/Freier-Wille?page=1

Naja, gibt auch nicht viel mehr her. Er enthält die Zusatzinformation, dass die Tests mit 14 Versuchspersonen durchgeführt worden sind. Nicht unbedingt besonders viele. Und enthält die Aussage, es wäre nicht um Vorhersage gegangen und man könne bei einer einzelnen Person viel genauer vorhersagen. Naja, Behauptungen halt. 60% ist einfach sehr dünn, wenn man bedenkt, dass man bei 50% landet, wenn man einfach rät.

Und zu Bieri: ja, der ist Kompatibilist.

#144:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:23
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Dasselbe gilt für den Strassenverkeht, ein Kind das plötzlich über die Strasse rennt, meldet sich auch nicht 7 Sekunden vorher an,
Also kann das Hirn in solchen Fällen nicht 7 Sekunden vorher eine Handlungspräferenz signalisieren.


Gerade an einem solchen Beispiel kann man zeigen, wie unsinnig es ist, von einem freien Willen auszugehen.
Es ist nämlich so, dass du, wenn du im Auto fährst und vor die ein Kind auf die Straße laufen siehst, nicht frei bist zu entscheiden, ob du das Kind umfährst oder nicht. Vorausgesetzt, du hast überhaupt genug Zeit, die Situation zu realisieren, wirst du bremsen wollen.
Es ist eben eine unsinnige Hypothese zu behaupten, du hättest in dieser Situation auch das Gegenteil wollen können, du hättest das Kind genauso gut umfahren können. Nur weil du ja ach so frei bist, hättest du dich fürs Bremsen entschieden.
Für den Willen zu bremsen sorgt natürlich die unbewusst bei dir verankerte Tötungshemmung.

#145:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:35
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
c) die Annahme, daß sich das „Bereitschaftspotential“ im Widerspruch zum bewußten „freien Willen“ befindet, ist nicht belegt. Ansgar Beckermann von der Universität Bielefeld hat beispielsweise darauf hin gewiesen, daß die Annahme einer Trennung von „Person“ und „Gehirn“ keineswegs zwingend ist. Wenn die „Person“ mit dem „Gehirn“ als dem Organ, über welches sich das „Ich“ der Person realisiert identisch ist, sind die neuronalen Prozesse der Gehirns ihre persönlichen Entscheidungsprozesse. Lediglich die naturalistische Perspektive, die zwischen Beobachter-Standpunkt (messen von Hirnaktivität) und Subjekt-Standpunkt (Aktivität der integren Person) keine Verbindung herstellen kann, führt zu diesem Dualismus.

„Die Hirnprozesse, die sich im symmetrischen Bereitschaftspotential zeigen, könnten also durchaus die (mentalen) Entscheidungsprozesse sein, die wir bei der Vorbereitung willentlicher Handlungen erwarten. Dieser Interpretation zufolge zeigen die Libet-Experimente bestenfalls, daß die Entscheidungsprozesse, die einer Handlung vorausgehen, nicht vollständig bewußt sind“[7].


Also, die Tatsache, dass Entscheidungen durch unbewusste Prozesse vorbereitet werden, widerspricht selbstverständlich der (traditionellen) Vorstellung von einem bewussten "freien Willen".
Es mag ja berechtigt sein, auch die unbewussten Prozesse als Teil eines "persönlichen" Entscheidungsprozesses zu bezeichnen (das Unbewusstsein gehört auch zur Person, ja) - hier wird aber verschleiert, dass dies SO sicher nicht von traditionellen Verteidigern der Wissensfreiheit vertreten wurde/wird.

Schopenhauer hat gezeigt, dass man einer Täuschung unterliegt, wenn man den "freien Willen" aus der bewussten Erfahrung ableiten zu können glaubt, und dass der Wille seinen Ursprung im Unbewussten hat.

Das hat entscheidende Konsequenzen. So ist die Annahme, eine Person hätte zu einem Zeitpunkt auch etwas anderes wollen können, als sie tatsächlich wollte, wenn sie nur gewollt hätte, irrig.

Die Forscher belegen nur, was Philosophen vorher schon aufgezeigt haben.


Ha, das ist exakt das, worauf ich vorher schon hinwies (zwecks Ahnungslosigkeit und so).

Mal zur Info (als jemand, der mit "Bereitschaftspotentialen" hin und wieder zutun hat, weil mein Chef v.a. EEG-Forscher ist):
Das sind motorische, handlungsvorbereitende Potentiale, die absolut null mit einer Entscheidung zutun haben, sondern hiermit:
Wann drückst Du schneller eine Taste: Wenn Du man Dir völlig unvorbereitet sagt, dass Du sie drücken sollst, oder wenn Du vorher schon weißt, dass Du gleich eine Taste drücken sollst? Natürlich bei letzterem. Und warum ist das so? Weil darauf hin schonmal die Handlung vorbereitet wird - sichtbar im so genannten "Bereitschaftspotential (wird übrigens auch in englischen Texten so bezeichnet)".
Mit der Entscheidung, wann man etwas drückt oder so, hat das wirklich überhaupt so gänzlich rein gar nichts zu tun.

Ich sag ja: "Forscher widerlegen Willensfreiheit" ist publizistischer Vollschrott.

Und die Libet-Experimente zeigen gar nichts. Sie zeigen allenfalls, dass es motorische Voraktivierungen gibt, wenn man weiß, dass man gleich eine Taste drücken muss. Wahnsinn! Gröhl...

Gut, für die damalige Zeit (50er Jahre) war das durchaus was Besonderes!

#146:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:41
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Dasselbe gilt für den Strassenverkeht, ein Kind das plötzlich über die Strasse rennt, meldet sich auch nicht 7 Sekunden vorher an,
Also kann das Hirn in solchen Fällen nicht 7 Sekunden vorher eine Handlungspräferenz signalisieren.


Gerade an einem solchen Beispiel kann man zeigen, wie unsinnig es ist, von einem freien Willen auszugehen.
Es ist nämlich so, dass du, wenn du im Auto fährst und vor die ein Kind auf die Straße laufen siehst, nicht frei bist zu entscheiden, ob du das Kind umfährst oder nicht. Vorausgesetzt, du hast überhaupt genug Zeit, die Situation zu realisieren, wirst du bremsen wollen.
Es ist eben eine unsinnige Hypothese zu behaupten, du hättest in dieser Situation auch das Gegenteil wollen können, du hättest das Kind genauso gut umfahren können. Nur weil du ja ach so frei bist, hättest du dich fürs Bremsen entschieden.
Für den Willen zu bremsen sorgt natürlich die unbewusst bei dir verankerte Tötungshemmung.


An solch einem Beispiel zeigt sich, dass man, wenn an keine Ahnung hat, gerne übertreibt (übergeneralisiert): Man kann doch die Willensfreiheit nicht infrage stellen, wenn man blinzelt und den Kopf reflexartig wegdreht, wenn etwas auf einen zugeflogen kommt! Bei solchen Handlungen (also z.B. eben abruptes Bremsen) ist doch überhaupt keine willentliche Entscheidung vonnöten.
Also bitte: Nicht übertreiben!

#147:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:44
    —
Durial würdest du dem zustimmen:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen
?

Hmm.. ich sollte nicht...

#148:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:54
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Wann drückst Du schneller eine Taste: Wenn Du man Dir völlig unvorbereitet sagt, dass Du sie drücken sollst, oder wenn Du vorher schon weißt, dass Du gleich eine Taste drücken sollst? Natürlich bei letzterem. Und warum ist das so? Weil darauf hin schonmal die Handlung vorbereitet wird - sichtbar im so genannten "Bereitschaftspotential (wird übrigens auch in englischen Texten so bezeichnet)".
Mit der Entscheidung, wann man etwas drückt oder so, hat das wirklich überhaupt so gänzlich rein gar nichts zu tun.

Ich sag ja: "Forscher widerlegen Willensfreiheit" ist publizistischer Vollschrott.

Du hast wohl die verlinkten Artikel nicht aufmerksam genug gelesen.
Das Entscheidende ist nciht das man vorher irgendwas messen, sondern das man anhand der Messergebnisse, die Entscheidung der Probanden vorhersagen kann, zZ zwar nur mit ca. 60% Sicherheit. Das ist noch nicht so viel, aber doch immerhin schon einiges.
Wie wird deine Argumentation denn aussehen, wenn die Zuverlässigkeit steigt?


Im übrigen finde ich wird dieses Experiment ziemlich überbewertet. Ein richtig gutes Argument gegen den fW sehe ich darin jedenfalls nicht.

#149:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:56
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Durial würdest du dem zustimmen:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen
?


Weiß nicht, denn ich verstehe die erstere Argumentation nicht.

#150:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:57
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Wann drückst Du schneller eine Taste: Wenn Du man Dir völlig unvorbereitet sagt, dass Du sie drücken sollst, oder wenn Du vorher schon weißt, dass Du gleich eine Taste drücken sollst? Natürlich bei letzterem. Und warum ist das so? Weil darauf hin schonmal die Handlung vorbereitet wird - sichtbar im so genannten "Bereitschaftspotential (wird übrigens auch in englischen Texten so bezeichnet)".
Mit der Entscheidung, wann man etwas drückt oder so, hat das wirklich überhaupt so gänzlich rein gar nichts zu tun.

Ich sag ja: "Forscher widerlegen Willensfreiheit" ist publizistischer Vollschrott.

Du hast wohl die verlinkten Artikel nicht aufmerksam genug gelesen.
Das Entscheidende ist nciht das man vorher irgendwas messen, sondern das man anhand der Messergebnisse, die Entscheidung der Probanden vorhersagen kann, zZ zwar nur mit ca. 60% Sicherheit. Das ist noch nicht so viel, aber doch immerhin schon einiges.
Wie wird deine Argumentation denn aussehen, wenn die Zuverlässigkeit steigt?


Im übrigen finde ich wird dieses Experiment ziemlich überbewertet. Ein richtig gutes Argument gegen den fW sehe ich darin jedenfalls nicht.


Wie gesagt bekomme ich beim ersten Link eine Fehlermeldung ("Dokument nicht gefunden"). Der Titel würde mir ja schon reichen, dann google ich mal.

#151:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 22:58
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Durial würdest du dem zustimmen:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen
?


Weiß nicht, denn ich verstehe die erstere Argumentation nicht.

Wenn der Zufall keine Rolle spielt, steht das Ergebnis bereits fest( ist determiniert).
Wichtiger ist ohnedies der zweite Satz.

#152:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:01
    —
durial hat folgendes geschrieben:


An solch einem Beispiel zeigt sich, dass man, wenn an keine Ahnung hat, gerne übertreibt (übergeneralisiert): Man kann doch die Willensfreiheit nicht infrage stellen, wenn man blinzelt und den Kopf reflexartig wegdreht, wenn etwas auf einen zugeflogen kommt! Bei solchen Handlungen (also z.B. eben abruptes Bremsen) ist doch überhaupt keine willentliche Entscheidung vonnöten.


Ich habe extra geschrieben:

Zitat:
Vorausgesetzt, du hast überhaupt genug Zeit, die Situation zu realisieren, wirst du bremsen wollen.

#153:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:04
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Durial würdest du dem zustimmen:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Wenn der Zufall keine Rolle spielt ist der Point of no return längst vorbei, bzw es einen solchen gibt es gar nicht.
Wenn der Zufall eine Rolle spielt kann ich das Ergebnis nicht bestimmen
?


Weiß nicht, denn ich verstehe die erstere Argumentation nicht.

Wenn der Zufall keine Rolle spielt, steht das Ergebnis bereits fest( ist determiniert).
Wichtiger ist ohnedies der zweite Satz.


Dann stimme ich dem zu.



Heiner hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:


An solch einem Beispiel zeigt sich, dass man, wenn an keine Ahnung hat, gerne übertreibt (übergeneralisiert): Man kann doch die Willensfreiheit nicht infrage stellen, wenn man blinzelt und den Kopf reflexartig wegdreht, wenn etwas auf einen zugeflogen kommt! Bei solchen Handlungen (also z.B. eben abruptes Bremsen) ist doch überhaupt keine willentliche Entscheidung vonnöten.


Ich habe extra geschrieben:

Zitat:
Vorausgesetzt, du hast überhaupt genug Zeit, die Situation zu realisieren, wirst du bremsen wollen.


Okay, aber was hat das jetzt mit dem fW zutun?

#154:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:08
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Dann stimme ich dem zu.

Gut. Worin siehst du eine Freiheit?

#155:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:09
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Okay, aber was hat das jetzt mit dem fW zutun?


Das hat damit etwas zu tun, dass du nicht frei bist zu entscheiden, ein Kind (das du bereits aus weiter Ferne erblickst) umzufahren/umfahren zu wollen ("einfach nur so", "aus Spaß").
Dass du das NICHT willst, dafür sorgt deine Tötungshemmung.
Du bist nicht frei, etwas anderes zu wollen.

#156:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:10
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Das Entscheidende ist nciht das man vorher irgendwas messen, sondern das man anhand der Messergebnisse, die Entscheidung der Probanden vorhersagen kann, zZ zwar nur mit ca. 60% Sicherheit. Das ist noch nicht so viel, aber doch immerhin schon einiges.

Hm, 60% sind mMn gar nichts.

Schade, dass in den Links nichts genaueres über das Experiment berichtet wird, ich finde das eigentlich recht interessant und würde gerne mehr darüber erfahren.

Und wieso sagt der Forscher in dem Zeit-Artikel, es ginge nicht um Vorherberechenbarkeit? Genau darum müsste es doch eigentlich gehen, denn es soll ja gerade ein Zusammenhang zwischen bestimmten Gehirnprozessen und der Entscheidung nachgewiesen werden. Dass es immer irgendwelche Gehirnprozesse gibt, ist doch ziemlich banal, nur der Zusammenhang ist hier wichtig.

Ich würde bei diesem Ergebnis von 60% eher davon ausgehen, dass in diesem Falle kein Zusammenhang nachgewiesen werden konnte. Sonst hätte das Ergebnis weit höher ausfallen müssen.

Und dann weiß man leider auch nicht, wie oft der Test durchgeführt wurde. Hoffentlich nicht nur je einmal pro Proband.

#157:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:12
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Dann stimme ich dem zu.

Gut. Worin siehst du eine Freiheit?


Die Wahl zu haben (zwischen Ergebnissen eines Prozesses z.B.).

#158:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:13
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Dann stimme ich dem zu.

Gut. Worin siehst du eine Freiheit?


Die Wahl zu haben (zwischen Ergebnissen eines Prozesses z.B.).

In welchen der beiden Fällen hast du eine Wahl?
Dort wo das Ergebnis feststeht oder dort wo du es nicht bestimmen kannst?

#159:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:17
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Und steht für bedingt freien Willen ein. Und wenn es den begingt freien Willen gibt, ist nicht alles Determiniert.


Ich stimme dir zu. Bieri glaubt aber, dass Determiniertheit und freier Wille vereinbar sind.

Zitat:
So in diese Richtung habe ich nicht nur sein Buch in Erinnerung (ist auch schon wieder 6 Jahre her.)


Das Handwerk der Freiheit habe ich bisher nicht gelesen, aber er ist eigentlich betonter Kompatibilist. Ich kenne an Büchern von Bieri nur die unter Mercier veröffentlichten Romane.


Ist bei mir genau umgekehrt, ich kenn den Mercier nicht.

Habe sein Buch von einer liebenswürdigen Drewermannistin geschenkt bekommen, mit dem Wunsch es doch zu lesen.

Agnost

#160:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:19
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Wie gesagt bekomme ich beim ersten Link eine Fehlermeldung ("Dokument nicht gefunden"). Der Titel würde mir ja schon reichen, dann google ich mal.


news.Google @Willensfreiheit

#161:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:21
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Das Entscheidende ist nciht das man vorher irgendwas messen, sondern das man anhand der Messergebnisse, die Entscheidung der Probanden vorhersagen kann, zZ zwar nur mit ca. 60% Sicherheit. Das ist noch nicht so viel, aber doch immerhin schon einiges.

Hm, 60% sind mMn gar nichts.

Mehr als Zufall, aber nur etwas mehr

Zitat:
Schade, dass in den Links nichts genaueres über das Experiment berichtet wird, ich finde das eigentlich recht interessant und würde gerne mehr darüber erfahren.

http://www.wissenschaft-online.de/artikel/949689
http://www.nature.com/neuro/index.html

#162:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:22
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Okay, aber was hat das jetzt mit dem fW zutun?


Das hat damit etwas zu tun, dass du nicht frei bist zu entscheiden, ein Kind (das du bereits aus weiter Ferne erblickst) umzufahren/umfahren zu wollen ("einfach nur so", "aus Spaß").
Dass du das NICHT willst, dafür sorgt deine Tötungshemmung.
Du bist nicht frei, etwas anderes zu wollen.


Wie ich sagte: Du übertreibst. Wer sagt Dir eigentlich, dass es diese "Tötungshemmung" gibt? Und dass diese in diesem Moment wirkt und nicht etwas ganz anderes, z.B. bloße Erkennen eines plötzlich auftauchenden Hindernisses? Denn ich denke mal, dass der Jadgtrieb viel stärker ist als so eine anerzogene "Tötungshemmung". Wenn ein Tier plötzlich auf die Straße springt, bremsen wir ja auch sofort und automatisch: Derartiges wird als Gefahr angesehen. Somit würde ich sagen: In dem Moment, in dem die Reaktion vorbereitet wird, hat man das Objekt noch gar nicht erkannt, nur als "großes Objekt".

#163:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:24
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Wie gesagt bekomme ich beim ersten Link eine Fehlermeldung ("Dokument nicht gefunden"). Der Titel würde mir ja schon reichen, dann google ich mal.


news.Google @Willensfreiheit


Danke. Die meisten Diskussionen kenne ich aber ja schon. Ich wollte mal wissen, was genau nun in dem Spiegel-Artikel steht.

Oder zitiere doch mal eine entscheidende Stelle. Ich bin mir sicher, dass mich das nicht ins Stocken bringen wird. Smilie

#164: "Bereitschaftspotenzial": mal davor, mal danach Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:29
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Skeptiker:
Die Libet-Experimente freilich wurden selbst schnell bemängelt, denn neben quantitativen Unschärfen war die Entscheidungssituation der Versuchspersonen viel zu eng und somit irrelevant für komplexe Entscheidungssituationen.


Na, mindestens von "quantitativen Unschärfen" kann in den neusten Experimenten keine Rede mehr sein (7 Sekunden vorher konnten die Entscheidungen vorhergesagt werden).
zwinkern


Kival hat je entscheidende Passagen des von mir verlinkten wissenschaftlichen Artikels "zensiert". (@Kival: dies ist nicht notwendig. Gemäß dem Zitatrecht können wissenschaftliche Artikel ruhig ausgiebiger zitiert werden. Danke aber für den besseren Link.) Aber dort stand vorher u.a. folgendes:

Zitat:
Bei 25 Prozent der Versuchspersonen lag der bewußte Handlungswunsch vor dem neuronalen Bereitschaftspotential, bei den anderen danach.

http://www.trend.infopartisan.net/trd0207/t140207.html


Was nun, Ihr Deterministen und Gehirnphysikalisten? Cool

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 18.04.2008, 23:36, insgesamt einmal bearbeitet

#165:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:33
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Das Entscheidende ist nciht das man vorher irgendwas messen, sondern das man anhand der Messergebnisse, die Entscheidung der Probanden vorhersagen kann, zZ zwar nur mit ca. 60% Sicherheit. Das ist noch nicht so viel, aber doch immerhin schon einiges.

Hm, 60% sind mMn gar nichts.

Mehr als Zufall, aber nur etwas mehr

Meinst du Zufall liegt bei 50%?

#166: Re: "Bereitschaftspotenzial": mal davor, mal danach Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:37
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Skeptiker:
Die Libet-Experimente freilich wurden selbst schnell bemängelt, denn neben quantitativen Unschärfen war die Entscheidungssituation der Versuchspersonen viel zu eng und somit irrelevant für komplexe Entscheidungssituationen.


Na, mindestens von "quantitativen Unschärfen" kann in den neusten Experimenten keine Rede mehr sein (7 Sekunden vorher konnten die Entscheidungen vorhergesagt werden).
zwinkern


Kival hat je entscheidende Passagen des von mir verlinkten wissenschaftlichen Artikels "zensiert". (@Kival: dies ist nicht notwendig. Gemäß dem Zitatrecht können wissenschaftliche Artikel ruhig ausgiebiger zitiert werden. Danke aber für den besseren Link.) Aber dort stand vorher u.a. folgendes:

Zitat:
Bei 25 Prozent der Versuchspersonen lag der bewußte Handlungswunsch vor dem neuronalen Bereitschaftspotential, bei den anderen danach.

http://www.trend.infopartisan.net/trd0207/t140207.html


Was nun, Ihr Deterministen und Gehirnphysikalisten? Cool

Skeptiker


Mich hätte vor allem mal interessiert, wie die bewusste Entscheidung zeitlich erfasst wird. Durch den Tastendruck, oder was?

#167:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:39
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Schade, dass in den Links nichts genaueres über das Experiment berichtet wird, ich finde das eigentlich recht interessant und würde gerne mehr darüber erfahren.

http://www.wissenschaft-online.de/artikel/949689

Danke, aber das gibt auch nicht viel Neues her.

Sehwolf hat folgendes geschrieben:
http://www.nature.com/neuro/index.html

Naja, US$32 ist es mir nicht wert. So neugierig bin ich dann auch wieder nicht. Muss ich halt dumm sterben.

Wieviele Messungen hat er gemacht? Das müsste man erst einmal wissen.

Und dann ist eben die Frage, wie man sich folgendes erklärt: auf der einen Seite proklamiert man einen Zusammenhang von bestimmten Gehirnprozessen mit einer Entscheidung und auf der anderen Seite kann man sie sehr oft nicht messen? Das ist irgendwie merkwürdig. Was, wenn die gemessenen Gehirnprozesse gar nichts mit der Entscheidung zu tun hätten?

#168: umgekehrt ist auch was wert Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:39
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
c) die Annahme, daß sich das „Bereitschaftspotential“ im Widerspruch zum bewußten „freien Willen“ befindet, ist nicht belegt. Ansgar Beckermann von der Universität Bielefeld hat beispielsweise darauf hin gewiesen, daß die Annahme einer Trennung von „Person“ und „Gehirn“ keineswegs zwingend ist. Wenn die „Person“ mit dem „Gehirn“ als dem Organ, über welches sich das „Ich“ der Person realisiert identisch ist, sind die neuronalen Prozesse der Gehirns ihre persönlichen Entscheidungsprozesse. Lediglich die naturalistische Perspektive, die zwischen Beobachter-Standpunkt (messen von Hirnaktivität) und Subjekt-Standpunkt (Aktivität der integren Person) keine Verbindung herstellen kann, führt zu diesem Dualismus.

„Die Hirnprozesse, die sich im symmetrischen Bereitschaftspotential zeigen, könnten also durchaus die (mentalen) Entscheidungsprozesse sein, die wir bei der Vorbereitung willentlicher Handlungen erwarten. Dieser Interpretation zufolge zeigen die Libet-Experimente bestenfalls, daß die Entscheidungsprozesse, die einer Handlung vorausgehen, nicht vollständig bewußt sind“[7].


Also, die Tatsache, dass Entscheidungen durch unbewusste Prozesse vorbereitet werden, widerspricht selbstverständlich der (traditionellen) Vorstellung von einem bewussten "freien Willen".
Es mag ja berechtigt sein, auch die unbewussten Prozesse als Teil eines "persönlichen" Entscheidungsprozesses zu bezeichnen (das Unbewusstsein gehört auch zur Person, ja) - hier wird aber verschleiert, dass dies SO sicher nicht von traditionellen Verteidigern der Wissensfreiheit vertreten wurde/wird.

Schopenhauer hat gezeigt, dass man einer Täuschung unterliegt, wenn man den "freien Willen" aus der bewussten Erfahrung ableiten zu können glaubt, und dass der Wille seinen Ursprung im Unbewussten hat.

Das hat entscheidende Konsequenzen. So ist die Annahme, eine Person hätte zu einem Zeitpunkt auch etwas anderes wollen können, als sie tatsächlich wollte, wenn sie nur gewollt hätte, irrig.

Die Forscher belegen nur, was Philosophen vorher schon aufgezeigt haben.


Umgekehrt wird ein Schuh draus. Die Forscher sind ohnehin implizite oder explizite Schopenhauerianer und "belegen", was sie schon immer zu wissen glaubten ...-! Pfeifen

Skeptiker

#169:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:40
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Dann stimme ich dem zu.

Gut. Worin siehst du eine Freiheit?


Die Wahl zu haben (zwischen Ergebnissen eines Prozesses z.B.).

In welchen der beiden Fällen hast du eine Wahl?
Dort wo das Ergebnis feststeht oder dort wo du es nicht bestimmen kannst?


In keinem der beiden. Aber ich stelle gerade fest, dass ich den zweiten Satz auch nicht richtig verstanden habe. Wieso ist das Ergebnis nicht bestimmbar, wenn der Zufall eine Rolle spielt? Natürlich führt auch der Zufall zu einem Ergebnis und dieses ist natürlich bestimmbar.

#170:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:41
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Mehr als Zufall, aber nur etwas mehr

Meinst du Zufall liegt bei 50%?

Nehmen wir an, wir machen ein kleines Experiment. Ich werfe eine Münze 14-mal und sage jedesmal vorher an, was ich werfen werde. Wenn ich dabei eine Erfolgsquote von 60% hätte, würdest Du mir dann meine hellseherischen Fähigkeiten abnehmen?


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 18.04.2008, 23:42, insgesamt einmal bearbeitet

#171:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:42
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Schade, dass in den Links nichts genaueres über das Experiment berichtet wird, ich finde das eigentlich recht interessant und würde gerne mehr darüber erfahren.

http://www.wissenschaft-online.de/artikel/949689

Danke, aber das gibt auch nicht viel Neues her.

Sehwolf hat folgendes geschrieben:
http://www.nature.com/neuro/index.html

Naja, US$32 ist es mir nicht wert. So neugierig bin ich dann auch wieder nicht. Muss ich halt dumm sterben.

Wieviele Messungen hat er gemacht? Das müsste man erst einmal wissen.

Und dann ist eben die Frage, wie man sich folgendes erklärt: auf der einen Seite proklamiert man einen Zusammenhang von bestimmten Gehirnprozessen mit einer Entscheidung und auf der anderen Seite kann man sie sehr oft nicht messen? Das ist irgendwie merkwürdig. Was, wenn die gemessenen Gehirnprozesse gar nichts mit der Entscheidung zu tun hätten?


Dann kauf Dir einfach das Buch auf Deutsch: zwinkern
http://www.amazon.de/Mind-Time-Gehirn-Bewusstsein-produziert/dp/3518584278

#172:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:47
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Dann kauf Dir einfach das Buch auf Deutsch: zwinkern
http://www.amazon.de/Mind-Time-Gehirn-Bewusstsein-produziert/dp/3518584278


Es geht nicht um das Libet-Experiment von damals. Lies doch mal,w as verlinkt wird...

#173:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:48
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Mehr als Zufall, aber nur etwas mehr

Meinst du Zufall liegt bei 50%?

Nehmen wir an, wir machen ein kleines Experiment. Ich werfe eine Münze 14-mal und sage jedesmal vorher an, was ich werfen werde. Wenn ich dabei eine Erfolgsquote von 60% hätte, würdest Du mir dann meine hellseherischen Fähigkeiten abnehmen?

Nein, natürlich nicht.

#174:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:50
    —
durial hat folgendes geschrieben:

In keinem der beiden. Aber ich stelle gerade fest, dass ich den zweiten Satz auch nicht richtig verstanden habe. Wieso ist das Ergebnis nicht bestimmbar, wenn der Zufall eine Rolle spielt? Natürlich führt auch der Zufall zu einem Ergebnis und dieses ist natürlich bestimmbar.

Das Ergebnis ist bestimmbar? Bevor es eingetreten ist?

#175: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.04.2008, 23:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
... Es wurde daraufhin von einigen Neurologen und Physiologen gefolgert, daß bewußte Entscheidungen nur neuronal determinierten, unbewußt verlaufenden Entscheidungsprozesses kausal nachgeordnet sind. Wolf Singer hat dies auf die Formel gebracht: „Wir tun nicht was wir wollen, sondern wir wollen was wir tun“.

Man beachte, daß hier eine stärkere Behauptung aufgebaut wird als die des neurologischen Determinismus. Selbst wenn also diese Aussge widerlegt würde, heißt das nicht, daß der Wille nicht determiniert wäre. Es könnte nämlich immer noch gelten: „Wir tun zwar zuweilen was wir wollen, aber was wir wollen ist naturgesetzlich erzwungen.“


Die Erkenntnisfähigkeit in Bezug auf objektive Möglichkeiten ist evolutiv entstanden. Was für einen Sinn hat es, zu behaupten, dass diese Erkenntnismöglichkeit "naturgesetzlich erzwungen" ist?

Hier wird doch der "Zwang" lediglich als rhetorischer Kniff eingebracht, um ihn gegen den Begriff "Freiheit" in Stellung zu bringen.

Naturgesetze und Freiheit schließen sich nicht aus.

Denn objektiv gibt es oft mehr als nur eine Möglichkeit x, um ein Ziel A zu erreichen. Die subjektive Erkennntis vollzieht das - im günstigen Fall - lediglich intellektuell nach.

step hat folgendes geschrieben:
irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
Der Philosoph Herbert Schnädelbach hat die diese Aussage in all ihrer Absurdität in einem Artikel in der Frankfurter Rundschau genüßlich zerpflückt:

„... Wollen und Tun sind nicht zwei Handlungen, die in der einen oder anderen Ordnung des Vorher-Nachher stehen könnten, sondern was wir mit ‚Wollen’ meinen, ist eine Art und Weise etwas zu tun – nämlich willentlich, das heißt im Modus eines überlegten Strebens, ...

Aha. "Wollen" bedeutet also demnach nur so etwas wie "die Handlung mit einer bewußten Präferenz begleiten". Und nimmt das "bewußte Streben" einen EInfluß auf die Handlung?

PS: Ich halte sonst durchaus einiges von Schnädelbach.


Zielpräferenz und Wegpräferenz sind unterschiedliche Dinge.

step hat folgendes geschrieben:
Schnädelbach hat folgendes geschrieben:
... und wenn wir etwas wollen, ohne es zu tun, dann haben wir es nicht wirklich gewollt, sondern etwas anderes, nämlich lieber nichts zu tun“.

Häh? Wenn wir etwas wollen, ohne es zu tun, dann geschah etwas, das wir nicht präferieren,das wir uns anders gewünscht hätten.


Manchmal sind halt viele Seelen - ach! - in meiner Brust!

step hat folgendes geschrieben:
irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
Weil der bewußte Wille von bewußtlosen neuronalen „Verschaltungen“ abhängt und diese wiederum auch bei Tieren anzutreffen sind (wenn auch sehr viel weniger komplex), sind auch Analogieschlüsse vom Tier zum Menschen beliebt bei Neurodeterministen. Der Reduktionismus freilich endet hier noch nicht, denn Tiere wie Menschen sind ja allgemein den Naturgesetzen unterworfen, und da in der Natur (wir vergessen nun für einen Moment die Quantenphysik und die Chaostheorie) alles kausal-deterministisch abläuft, ist der menschliche „freie“ Wille in letzter Instanz unmöglich, denn er würde auf einen Bruch mit den Naturgesetzen hinauslaufen.

Genau, der freie Wille ist in letzter Instanz stets unfrei.


Wenn man "die Naturgesetze" auf Physik beschränkt, dann ist einem auch nicht mehr zu helfen.

step hat folgendes geschrieben:
irgendjemand, den Skeptiker ziztiert hat folgendes geschrieben:
Der Pappkamerad, den sich die Neurodeterministen beständig aufbauen ist also das Cartesianische „Ich“, das quasi immateriell von außen den Körper (der den Naturgesetzen unterworfen ist) steuert.

Dieser Pappkamerad wird von der herrschenden Vorstellung zum FW vorgegeben, die annimmt, es gebe in einer Entscheidungssituation tatsächlich mehrere physikalisch erlaubte Fortsetzungen.


Vorherrschend ist vor allem ein tiefer Schicksalsglaube. Viele Leute stupidieren ihre Horroskope wie andere die Wettervorhersage: Tief gläubig bezüglich ihrer eigenen Ohnmacht.

step hat folgendes geschrieben:
Alle mir bekannten philosophischen Versuche, den Freien Willen so unzudefinieren, daß er möglich wird, enden in einem der folgenden Desaster:
- der FW ist determiniert oder zufällig
- der FW ist nur die Vorstellung, mehrere Möglichkeiten zu haben
- der FW ist Unwissen über die Zukunft
- der FW ist die Verantwortung, die wir Menschen zuschreiben


Einige kommen auch in die Hölle, wenn sie nicht an das "Gott"-gegebene Schicksal glauben ...- Teufel

Skeptiker

#176:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:00
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

In keinem der beiden. Aber ich stelle gerade fest, dass ich den zweiten Satz auch nicht richtig verstanden habe. Wieso ist das Ergebnis nicht bestimmbar, wenn der Zufall eine Rolle spielt? Natürlich führt auch der Zufall zu einem Ergebnis und dieses ist natürlich bestimmbar.

Das Ergebnis ist bestimmbar? Bevor es eingetreten ist?


Okay, jetzt verstehe ich, worauf Du hinaus willst. Nein, das ist es nicht.
Aber ich sehe den fW auch nicht als "Zufall" an, denn dann könnte man ja gar nicht von einem Willen sprechen. Jetzt sagst Du aber, wenn etwas nicht zufällig ist, ist es determiniert, richtig?

#177:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:10
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Jetzt sagst Du aber, wenn etwas nicht zufällig ist, ist es determiniert, richtig?

Ja.(vorrausgesetzt es gibt ein vorher)

#178:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:11
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Schade, dass in den Links nichts genaueres über das Experiment berichtet wird, ich finde das eigentlich recht interessant und würde gerne mehr darüber erfahren.

http://www.wissenschaft-online.de/artikel/949689

Danke, aber das gibt auch nicht viel Neues her.

Sehwolf hat folgendes geschrieben:
http://www.nature.com/neuro/index.html

Naja, US$32 ist es mir nicht wert. So neugierig bin ich dann auch wieder nicht. Muss ich halt dumm sterben.

Wieviele Messungen hat er gemacht? Das müsste man erst einmal wissen.

In dem Artikel ist von 14 Probanden die Rede. Bei jedem wird man wohl mindestens eine Messung gemacht haben.

Jetzt müsste man ausrechnen wie wahrscheinlich eine Trefferquote von 60% (oder mehr) bei mindestens 14 Versuchen wäre. Ich bin zu faul dafür, Wolf hat wahrscheinlich die entsprechenden Zahlen im Kopf.


Zitat:
Und dann ist eben die Frage, wie man sich folgendes erklärt: auf der einen Seite proklamiert man einen Zusammenhang von bestimmten Gehirnprozessen mit einer Entscheidung und auf der anderen Seite kann man sie sehr oft nicht messen? Das ist irgendwie merkwürdig. Was, wenn die gemessenen Gehirnprozesse gar nichts mit der Entscheidung zu tun hätten?

Wenn man anhand der Messergebnisse Vorhersagen machen kann ist es mM egal ob das was man misst mit der Entscheidung selbst zu tun hat oder nicht. Denkbar ist eine Vielzahl an möglichen Gründen für Aktivitätsmuster. Vielleicht reagieren Linkshänder mit Unbehagen wenn sie sich (in diesem (Experiment) dazu entscheiden die rechte Hand zu bewegen oder so was.

Ich versteh aber wie gesagt auch nicht so ganz warum Deterministen sich so für diese Ergebnis begeistern.

#179:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:12
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Mehr als Zufall, aber nur etwas mehr

Meinst du Zufall liegt bei 50%?

In dem Fall ja.

#180: anderes Beispiel Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:16
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Schade, dass in den Links nichts genaueres über das Experiment berichtet wird, ich finde das eigentlich recht interessant und würde gerne mehr darüber erfahren.

http://www.wissenschaft-online.de/artikel/949689

Danke, aber das gibt auch nicht viel Neues her.

Sehwolf hat folgendes geschrieben:
http://www.nature.com/neuro/index.html

Naja, US$32 ist es mir nicht wert. So neugierig bin ich dann auch wieder nicht. Muss ich halt dumm sterben.

Wieviele Messungen hat er gemacht? Das müsste man erst einmal wissen.

In dem Artikel ist von 14 Probanden die Rede. Bei jedem wird man wohl mindestens eine Messung gemacht haben.

Jetzt müsste man ausrechnen wie wahrscheinlich eine Trefferquote von 60% (oder mehr) bei mindestens 14 Versuchen wäre. Ich bin zu faul dafür, Wolf hat wahrscheinlich die entsprechenden Zahlen im Kopf.


Zitat:
Und dann ist eben die Frage, wie man sich folgendes erklärt: auf der einen Seite proklamiert man einen Zusammenhang von bestimmten Gehirnprozessen mit einer Entscheidung und auf der anderen Seite kann man sie sehr oft nicht messen? Das ist irgendwie merkwürdig. Was, wenn die gemessenen Gehirnprozesse gar nichts mit der Entscheidung zu tun hätten?

Wenn man anhand der Messergebnisse Vorhersagen machen kann ist es mM egal ob das was man misst mit der Entscheidung selbst zu tun hat oder nicht. Denkbar ist eine Vielzahl an möglichen Gründen für Aktivitätsmuster. Vielleicht reagieren Linkshänder mit Unbehagen wenn sie sich (in diesem (Experiment) dazu entscheiden die rechte Hand zu bewegen oder so was.

Ich versteh aber wie gesagt auch nicht so ganz warum Deterministen sich so für diese Ergebnis begeistern.


Ich kenne da auch ein paar Wünschelrutenexperimente mit besseren Trefferquoten ...- Cool

Skeptiker

#181: Re: anderes Beispiel Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:20
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich kenne da auch ein paar Wünschelrutenexperimente mit besseren Trefferquoten ...- Cool

Skeptiker


Kenne ich mich nicht wirklich mit aus. Aber gib mal nen Link dazu. Schau ich mir gern mal an

#182:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:25
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Wenn man anhand der Messergebnisse Vorhersagen machen kann ist es mM egal ob das was man misst mit der Entscheidung selbst zu tun hat oder nicht. Denkbar ist eine Vielzahl an möglichen Gründen für Aktivitätsmuster. Vielleicht reagieren Linkshänder mit Unbehagen wenn sie sich (in diesem (Experiment) dazu entscheiden die rechte Hand zu bewegen oder so was.

Hm, nee, das kommt mir fishy vor. Vielleicht entstehen auch Aktivitätsmuster, weil der Proband sich unbehaglich in der Situation fühlt? Oder so. Aber egal, wir kennen das Experiment leider nicht genau. Wahrscheinlich ist nicht davon auszugehen, dass ein anerkannter Forscher einen Unsinn macht. Aber zumindest kann man festhalten, dass die Präsentation des Forschungsergebnisses für meinen Geschmack sehr zu wünschen übrig lässt.

Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Ich versteh aber wie gesagt auch nicht so ganz warum Deterministen sich so für diese Ergebnis begeistern.

Das ham die doch gesagt: man darf nicht an einen freien Willen glauben, weil die Religiösen das tun und was die tun, ist natürlich immer falsch. Und dann gibt es die einzig wahre Definition des "echten freien Willens", die man nicht hinterfragen darf, sonst ist man ganz böse, macht Rückzugsgefechte und ist ein Desaster-Mensch. Und diese einzig wahre Definition beinhaltet es wohl irgendwie, dass "echter freier Wille" völlig bewusst ablaufen muss. Oder so.

#183:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:47
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Ich versteh aber wie gesagt auch nicht so ganz warum Deterministen sich so für diese Ergebnis begeistern.

Das ham die doch gesagt: man darf nicht an einen freien Willen glauben, weil die Religiösen das tun und was die tun, ist natürlich immer falsch. Und dann gibt es die einzig wahre Definition des "echten freien Willens", die man nicht hinterfragen darf, sonst ist man ganz böse, macht Rückzugsgefechte und ist ein Desaster-Mensch. Und diese einzig wahre Definition beinhaltet es wohl irgendwie, dass "echter freier Wille" völlig bewusst ablaufen muss. Oder so.


Nö. Das haben die nicht gesagt:
MPG
Zitat:
Da Haynes und seine Kollegen die Vorbereitung der Entscheidung über weit längere Zeiträume beobachteten, konnten sie diese Zweifel an Libets Experimenten nun aus dem Weg räumen. Einen endgültigen Beweis gegen die Existenz eines freien Willens sehen sie darin noch nicht. "Nach unseren Erkenntnissen werden Entscheidungen im Gehirn zwar unbewusst vorbereitet. Wir wissen aber noch nicht, wo sie endgültig getroffen werden. Vor allem wissen wir noch nicht, ob man sich entgegen einer vorgebahnten Entscheidung des Gehirns auch anders entscheiden kann", sagt Haynes.

#184: Der Mörder ist immer der Zimmermann Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:47
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich kenne da auch ein paar Wünschelrutenexperimente mit besseren Trefferquoten ...- Cool

Skeptiker


Kenne ich mich nicht wirklich mit aus. Aber gib mal nen Link dazu. Schau ich mir gern mal an


Na gut, da gibt es zum Beispiel den weltweit anerkannten Wünschelruten-Experten Stefan Bartsch:

http://www.stadtgefluester-muenster.de/?q=interviews/int/402

Und wer das Wünschelrutenlaufen kritisiert, hat keine Ahnung, ist sowieso böse und will außerdem die Weltherrschaft!

http://blog.gwup.net/2007/05/19/verschworung-gwup-will-weltherrschaft/

Skeptiker

#185:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:49
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:



Das ham die doch gesagt: man darf nicht an einen freien Willen glauben, weil die Religiösen das tun und was die tun, ist natürlich immer falsch. Und dann gibt es die einzig wahre Definition des "echten freien Willens", die man nicht hinterfragen darf, sonst ist man ganz böse, macht Rückzugsgefechte und ist ein Desaster-Mensch. Und diese einzig wahre Definition beinhaltet es wohl irgendwie, dass "echter freier Wille" völlig bewusst ablaufen muss. Oder so.


Das lustige ist ja, dass viele Religiösen gar nicht an den freien Willen glauben.

Sowohl im Islam wie im Calvinismus haben Allah resp. Gott schon alles vorbestimmt,

Es sind im Grunde nur einge von vielen Denkrichtung innerhalb der Christenheit, die sowas wie freinen Willen postuliert.
Der Römische Katholizismus postulier ihn als Möglichkeit der Abkehr vom Sündhaften verhalten.
Der Calvinismus wiederum nimmt an, dass die Verdammung der ganz grossen Mehrheit beschlossene Sache sei.

Agnost

#186:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:50
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Nö. Das haben die nicht gesagt:
MPG

Das ist ein Missverständnis. Ich meinte einige Threadteilnehmer und nicht die Forscher und mir war nicht klar, dass Du die mit Deiner Aussage meintest.

#187:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:50
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Wenn man anhand der Messergebnisse Vorhersagen machen kann ist es mM egal ob das was man misst mit der Entscheidung selbst zu tun hat oder nicht. Denkbar ist eine Vielzahl an möglichen Gründen für Aktivitätsmuster. Vielleicht reagieren Linkshänder mit Unbehagen wenn sie sich (in diesem (Experiment) dazu entscheiden die rechte Hand zu bewegen oder so was.

Hm, nee, das kommt mir fishy vor. Vielleicht entstehen auch Aktivitätsmuster, weil der Proband sich unbehaglich in der Situation fühlt? Oder so.

Logo ist das fishy, ich hab ja nur rumfantasiert. Was ich damit sagen wollte ist: Selbst wenn man anhand der Messungen die Entscheidung vorhersagen kann, heisst das nicht, das man mit Sicherheit die Hirnbereiche, in denen die Entscheidungen stattfindet, beobachtet hat, schon gar nicht heisst es dass man die Entscheidung selbst misst.

#188:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 00:51
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:

Wenn man anhand der Messergebnisse Vorhersagen machen kann ist es mM egal ob das was man misst mit der Entscheidung selbst zu tun hat oder nicht. Denkbar ist eine Vielzahl an möglichen Gründen für Aktivitätsmuster. Vielleicht reagieren Linkshänder mit Unbehagen wenn sie sich (in diesem (Experiment) dazu entscheiden die rechte Hand zu bewegen oder so was.

Ich versteh aber wie gesagt auch nicht so ganz warum Deterministen sich so für diese Ergebnis begeistern.


Es ist durchaus möglich, dass beide Aktivierungen das Ergebnis einer dritten sind und diese treten zeitverzögert auf.

Das ist auch recht wahrscheinlich, denn als Korrelation für die "bewusste Entscheidung" hat man Bereiche im Stirnhirn gefunden und dieses hat was mit Planung (z.B. von Handlungen) zu tun.
Nun ist folgendes denkbar bzw. wahrscheinlich: Es erfolgt die bewusste Entscheidung, "das will ich machen", und daraufhin wird eine motorische Reaktion vorbereitet und gleichzeitig eine Handlungsplanung. Nur geht ersteres (meist) schneller, manchmal aber auch nicht, weswegen bei einigen Probanden eben die Aktivierung der Planungsprozesse zuerst auftaucht.

Es kommt auch niemand auf die Idee zu sagen aufgrund der Aktivierung, "da sitzt der Wille". Obschon: Ein Hayes würde das unsinnigerweise vermutlich tun. Dann bekäme er beim Bewusstsein aber enorme Schwierigkeiten, denn dieses scheint auf den gesamten Cortex verteilt (= mal wird hier was aktiv und bewusst, mal da was aktiv und bewusst usw.). Hat nun also die gemessene Aktivierung was mit dem Bewusstsein zu tun? Oder laufen da nicht vielleicht zwei Sachen parallel und unabhängig voneinander: Bewusstsein und sensorische Verarbeitung?
Es gibt durchaus Belege dazu, dass es da parallele und vor allem unabhängige Verarbeitungen gibt (such ich noch raus)!


EDIT:

Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Jetzt sagst Du aber, wenn etwas nicht zufällig ist, ist es determiniert, richtig?

Ja.(vorrausgesetzt es gibt ein vorher)


Komm ich noch gleich dazu!

#189:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 01:23
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:

Nö. Das haben die nicht gesagt:
MPG
Zitat:
Da Haynes und seine Kollegen die Vorbereitung der Entscheidung über weit längere Zeiträume beobachteten, konnten sie diese Zweifel an Libets Experimenten nun aus dem Weg räumen. Einen endgültigen Beweis gegen die Existenz eines freien Willens sehen sie darin noch nicht. "Nach unseren Erkenntnissen werden Entscheidungen im Gehirn zwar unbewusst vorbereitet. Wir wissen aber noch nicht, wo sie endgültig getroffen werden. Vor allem wissen wir noch nicht, ob man sich entgegen einer vorgebahnten Entscheidung des Gehirns auch anders entscheiden kann", sagt Haynes.


Die Entscheidung ob ich mich nach dem unerwartetenden Oeffnen der Skibindung, für weiterfahren auf einem Ski oder für die Textilbremse entscheide, muss sich in Sekundenbruchteilen unbewusst vorbahnen und sie muss sich auch in Sekundenbruchteilen umstossen lassen.

Ich für meinen Teil deute meine diesbezüglichen Erfahrungen so, dass solch schnelle "Entscheidungen" in einem Flow-Zustand oder in einem hochkonzentrierten Zustand oder während eines Endorphin-Flashes tatsächlich so abspielen können.
Ich empfinde einen Impuls, je nach Stimmugslage für die ängstlich-vernünftige oder die hedonistisch-heroische Variante, dann spielt sich ein Einwurf der jeweiligen "anderen" Intentionen ab und dann erfolgt die Entscheidung.

Bei der Variante: Soll ich bei Rot ohne Gefährdung des Verkehrs über die Strasse gehen oder nicht, weiss ich, dass ich eine Präferänz für den "rebellischen" Regelbruch habe, diese aber trotzdem nicht immer umsetze.

Manchmal will ich wohl doch ein braver Kleinbürger sein.

Agnost

#190:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 01:34
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Jetzt sagst Du aber, wenn etwas nicht zufällig ist, ist es determiniert, richtig?

Ja.(vorrausgesetzt es gibt ein vorher)



Im Vorab: Ich weiß nicht, ob man das hier so streng dualistisch sehen darf.


Mal was ganz Anschauliches dazu:

Du weißt nicht, wie Du Dich in einer Lebenssituation entscheiden sollst und grübelst darüber nach. Nun sagst Du Dir, "ich glaube, ich werde einfach das machen , weil...". Das erzählst Du auch Deinem Kumpel und der meint plötzlich: "DAS würde ich nicht machen, weil ja `das und das` gegeben ist" und dann sagst Du: "Ach ja, stimmt, das habe ich ja ganz vergessen!".


Ich sehe die Sache nun so: Der Wille ist ein unabhängiges System, das laufende Prozesse überwacht (das denke ich auch vom Bewusstsein).

Die Prozesse laufen zufällig oder deterministisch ab (ist hier egal). Nun gibt es eine bewusste Fragestellung ("was soll ich machen?") und so werden unbewusste Prozesse initiiert.
Du bist quasi der Chef (Wille) in einer Firma, der sich Vorschläge von Abteilungen (das Unbewusste) erarbeiten lässt. Du bist an sich unabhängig von den Abteilungen, aber Deine Entscheidung bezieht sich auf die Ergebnisse der Abteilungen. Einem wird er zustimmen oder er lehnt alles ab. Wovon hängt nun die Entscheidung des Chefs ab? Von demselben, wovon die Erarbeitung der Vorschläge in den Abteilungen abhängt? Nein, er zieht wieder ganz andere Kriterien heran. ABER: Ein anderer Chef findet den einen Vorschlag super!
Warum, weil die Entscheidung feststeht? NEIN, das tut sie eben nicht. Es hängt ganz davon ab, welche Kriterien welcher Chef für seine Entscheidung heranzieht!


Und genau das soll mein erstes Beispiel zeigen: Es gibt hier eine große Variabilität, die aber deswegen noch lange kein Zufall ist und gleichzeitig gibt es aber keine Determiniertheit, denn: Es kommt darauf an, was Du tust: Deine Entscheidung wäre anders ausgefallen, wenn Du nicht mit Deinem Kumpel gesprochen hättest! Und sie würde wiederum anders ausfallen, wenn Du ganz, ganz viel Energie darauf verwendet hättest, Dich zu informieren und noch viel mehr Kriterien herbeizuschaffen.

Man müsste hierbei dann schon annehmen, dass eben wirklich ALLES determiniert ist und Du in jedem Fall mit Deinem Kumpel darüber sprechen würdest und der genau dieses eine Kriterium noch ergänzen kann; Dich in jedem Fall viel informieren würdest usw. In dem Falle wäre die Anzahl der zur Verfügung stehenden Kriterien klar und auch deren Gewichtung.

Aber davon gehe ich nicht aus
(denn das führt immer wieder zu der Annahme, dass es das Universum so, wie es ist, und uns Menschen zwangsweise gibt).

#191:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 08:37
    —
durial hat folgendes geschrieben:


Wie ich sagte: Du übertreibst. Wer sagt Dir eigentlich, dass es diese "Tötungshemmung" gibt?


Die Tatsache, dass 98 Prozent der Menschen sich nicht gegenseitig umzubringen pflegen.

Zitat:
Und dass diese in diesem Moment wirkt und nicht etwas ganz anderes, z.B. bloße Erkennen eines plötzlich auftauchenden Hindernisses?


Ne, jetzt weichst du aus. Das Beispiel war so konstruiert, dass du als Autofahrer schon längere Zeit vorher erkennst, dass sich Kinder auf der Straße befinden (meinetwegen spielen die da, um es noch klarer zu machen... Mit den Augen rollen )

Zitat:
Denn ich denke mal, dass der Jadgtrieb viel stärker ist als so eine anerzogene "Tötungshemmung".


Ah ja, wenn du Kinder auf der Straße siehst, erwacht in dir als Autofahrer möglicherweise der Jagdtrieb und du drückst auf die Tube?? Weinen Glaubst du sicher selbst nicht.
Es könnte sein, dass eine solche Anomalie bei vielleicht 0,05 Prozent der Menschen auftritt.
In deren Gehirn stimmt dann etwas nicht.
Selbstverständlich wären die dann auch nicht frei, etwas anderes zu wollen, sie müssten dann töten wollen. Ausrufezeichen

#192:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 09:36
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Mehr als Zufall, aber nur etwas mehr

Meinst du Zufall liegt bei 50%?

In dem Fall ja.

Weswegen?
P.S.:Füher habe ich dies auch so gesehen.


Zuletzt bearbeitet von Wolf am 19.04.2008, 09:39, insgesamt einmal bearbeitet

#193:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 09:38
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Es hängt ganz davon ab, welche Kriterien welcher Chef für seine Entscheidung heranzieht!

Sind die Kritieren zufällig oder stehen sie fest?

#194: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 09:51
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Denn objektiv gibt es oft mehr als nur eine Möglichkeit x, um ein Ziel A zu erreichen.

Das ist - außer evtl. in der Quantenphysik - falsch.

step hat folgendes geschrieben:
Dieser Pappkamerad wird von der herrschenden Vorstellung zum FW vorgegeben, die annimmt, es gebe in einer Entscheidungssituation tatsächlich mehrere physikalisch erlaubte Fortsetzungen.

#195:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 10:07
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Du bist quasi der Chef (Wille) in einer Firma, der sich Vorschläge von Abteilungen (das Unbewusste) erarbeiten lässt. Du bist an sich unabhängig von den Abteilungen, aber Deine Entscheidung bezieht sich auf die Ergebnisse der Abteilungen. Einem wird er zustimmen oder er lehnt alles ab. Wovon hängt nun die Entscheidung des Chefs ab? Von demselben, wovon die Erarbeitung der Vorschläge in den Abteilungen abhängt? Nein, er zieht wieder ganz andere Kriterien heran. ABER: Ein anderer Chef findet den einen Vorschlag super!
Warum, weil die Entscheidung feststeht? NEIN, das tut sie eben nicht. Es hängt ganz davon ab, welche Kriterien welcher Chef für seine Entscheidung heranzieht!


Das Bild mit der Firma ist ganz nett und macht deutlich, wie sich Vertreter des freien Willens diesen
so vorstellen. Ich komm darauf gleich zurück. Zunächst zum wesentlichen Punkt.

Der Fall, wo du einen Freund triffst, der dich in deiner Willensbildung beeinflusst, sprengt nicht den Determinismus. Die Frage „Willensfreiheit – ja oder nein“ ist immer auf einen gegebenen Zeitpunkt zu beziehen. Die Frage lautet: Hättest du zu einem gegebenen Zeitpunkt auch anders wollen können, als du tatsächlich wolltest? Kannst du zu einem gegebenen Zeitpunkt Gegensätzliches (tun) wollen? Wenn du zu einem gegebenen Zeitpunkt X willst, kannst du dann auch ebenso Y wollen?

Für Vertreter der Willensfreiheit stellt sich das Problem, dass sich die Beantwortung der Frage der Erfahrung entzieht – denn wenn ich zu einem Zeitpunkt Y will und nicht X, woher soll ich wissen, ob ich genauso gut X hätte wollen können? „Leugner“ der Willensfreiheit weisen bereits die Fragestellung als unsinnig zurück.

Ich kratze mal aus der Sicht eines „Leugners“ der Willensfreiheit am Bild von der Firma: Nicht der Chef ist der Wille, der Wille ist allenfalls die Gesamtheit von Abteilungen (Unbewusstes) und Chef (bewusstes Ich). Die meisten Mitarbeiter (= unbewusste Motive), die in den Abteilungen sitzen, hast du selber gar nicht eingestellt. Die sitzen da schon seit Jahren/Jahrzehnten und arbeiten fleißig vor sich hin. Die Mitarbeiter (= Motive) sind nicht mit der selben Überzeugungsfähigkeit ausgestattet. Sie haben nicht dieselben Voraussetzungen, den Chef zu überzeugen; da gibt es sehr eloquente und überzeugungsfähige Mitarbeiter (= Motive), die den Chef beeindrucken können, und kleine, unbedeutende Mitarbeiter, die das nicht können. Wenn der Chef den Mitarbeitern (= Motiven) Gehör schenkt, wird er sich dem überzeugungsfähigsten Mitarbeiter (= dem überzeugendsten Motiv) für eine zu treffende Wahl anschließen.zwinkern

Zitat:
Dich in jedem Fall viel informieren würdest usw.


Dass der Wille langfristig beeinflussbar ist, z.B. durch Bildung/Informationsinput..., bestreite ich nicht.
Nur hat das nichts zu tun mit der Vorstellung vom freien Willen. Im Gegenteil: Weil der Wille nicht frei ist, müssen langfristige Prozesse initiiert werden, die den Willen auf andere Wege bringen können.

#196:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 10:58
    —
Zitat:
Es ist euch aber schon klar, dass die Vorstellung, dass jedes menschliche Verhalten determiniert ist, dem Konzept des "Intelligent Design" sehr nahe kommt.

Bei Leto ist es der Urknall, bei den Calvinisten ist es Gott und bei den Muslimen Allah.


Auch Calvinisten glauben an den freien Willen; ebenso lehnen sie Determiniertheit ab.

... Allerdings bezogen auf Gott. Cool Der freie Wille und fehlende Determiniertheit bleiben bei den Calvinisten für Gott reserviert.

Es ist also völlig verfehlt, heutige Wissenschaftler mit Calvinisten in einen Topf zu werfen. Erstere lehnen die metaphysische Konstruktion "Freier Wille" ab, während Letztere an dieser Konstruktion festhalten. Cool

#197: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 12:24
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Es ist euch aber schon klar, dass die Vorstellung, dass jedes menschliche Verhalten determiniert ist, dem Konzept des "Intelligent Design" sehr nahe kommt.

Bei Leto ist es der Urknall, bei den Calvinisten ist es Gott und bei den Muslimen Allah.


Auch Calvinisten glauben an den freien Willen; ebenso lehnen sie Determiniertheit ab.

... Allerdings bezogen auf Gott. Cool Der freie Wille und fehlende Determiniertheit bleiben bei den Calvinisten für Gott reserviert.

Es ist also völlig verfehlt, heutige Wissenschaftler mit Calvinisten in einen Topf zu werfen. Erstere lehnen die metaphysische Konstruktion "Freier Wille" ab, während Letztere an dieser Konstruktion festhalten. Cool


Ob man "Gott", "Schicksal" oder "Determinismus" sagt, macht keine Unterschied. Letzterer ist sozusagen ohnehin so etwas wie der säkularisierte "Gottes"- und Schicksalsglauben, der alles vorherbestimmt hat, was ist.

Die hier aufgeführten Experimente zeigen dies allerdings nicht. vielmehr verweisen sie auf die Privatphilosophie einiger bürgerlicher Forscher.

Die Natur bietet jedoch auf verschiedenen Ebenen stets so etwas wie einen Beliebigkeitsfaktor. Auf der Ebene toter Materie ist das der Zufall. Auf der Ebene zielgerichteter und erkenntnisfähiger Subjekte ist dies die Auswahl aus einem objektiven und erkannten Möglichkeitsspektrum, wobei es darauf ankommt, ob es mehrere äquivalente Wege zum begehrten Ziel gibt oder nur einen (erkannten) optimalen Weg für ein attraktives Ziel. Im letzteren Fall bedeutet die Fall genau einer optimalen Option den hinreichenden Ausdruck der Willens- und Entscheidungsfreiheit. Im anderen Fall äquivalenter Wege bedeutet die Auswahl irgend einer der Wege das selbe.

Keineswegs also ist Willensfreiheit geleichbedeutend damit, dass man - mittels Zeitreise zurück - das nächste Mal etwas anderes tun würde.

Oft drückt sich der freie Wille ja gerade dadurch aus, dass er den einzigen optimalen Weg zum angestrebten Ziel nimmt, und niemals einen anderen (suboptimalen) Weg.

Zielerreichungsgrad ist hier das Zauberwort.

gibt's das eigentlich in der Physik? Lachen

Skeptiker

#198: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 12:43
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ob man "Gott", "Schicksal" oder "Determinismus" sagt, macht keine Unterschied. Letzterer ist sozusagen ohnehin so etwas wie der säkularisierte "Gottes"- und Schicksalsglauben, der alles vorherbestimmt hat, was ist.

In meinem phys. Determinismus hat niemand alles vorherbestimmt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... verweisen sie auf die Privatphilosophie einiger bürgerlicher Forscher.

Gewöhn Dir doch mal diese pubertären ideologischen Kampfbegriffe ab.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Natur bietet jedoch auf verschiedenen Ebenen stets so etwas wie einen Beliebigkeitsfaktor. Auf der Ebene toter Materie ist das der Zufall. Auf der Ebene zielgerichteter und erkenntnisfähiger Subjekte ist dies die Auswahl aus einem objektiven und erkannten Möglichkeitsspektrum, wobei es darauf ankommt, ob es mehrere äquivalente Wege zum begehrten Ziel gibt oder nur einen (erkannten) optimalen Weg für ein attraktives Ziel. Im letzteren Fall bedeutet die Fall genau einer optimalen Option den hinreichenden Ausdruck der Willens- und Entscheidungsfreiheit. Im anderen Fall äquivalenter Wege bedeutet die Auswahl irgend einer der Wege das selbe.

Es gibt mehrere Möglichkeiten immer nur in der Vorstellung. Ein komplexer Mechanimsus, der versucht, Ziele zu erreichen, ist dennoch nur ein Mechanismus. Das gilt auch für Mechanismen mit proletarischen Zielen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zielerreichungsgrad ist hier das Zauberwort. gibt's das eigentlich in der Physik?

Ja, der Zeilerreichungsgrad ist definiert als der Grad der Übereinstummung zwischen Ziel und Geschehen. Er ist auf keinerlei Freiheit angewiesen.

#199: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 12:52
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun, die Überschrift ist vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber die neuesten Hinweise gegen einen freien Willen sind wirklich sensationell:

"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wForscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat. vofür sich ein Mensch entschieden hat.



? und wer sagt das die gemessene Hirnaktivität nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung ist,
welche erst 7 Sekunden später ins Bewußtsein dringt?
Ich mein - irgendwo muß die Entscheidung ja entstehen Schulterzucken

#200:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 12:56
    —
Leto hat folgendes geschrieben:
Das Wissen darüber ist schon so alt, dass der Spiegelink ins Leere geht.

Das ist doch schon seit Jahren bekannt.
Theisten klammern sich aber noch an ihre Gottgeschenkte Willensfeiheit.


? gerade die völlige Abwesenheit von Entscheidungsfreiheit in einem determinierten System,
würde ja die Existenz eines allmächtigen Gottes , dem uneingschränkt alles von Anbeginn bis
in alle Ewigkeit zweifelsfrei vorherbestimmt unterworfen ist,
bestätigen.

Ob man das dann determiniertes System ohne Entscheidungsfreiheit oder Gott nennt ist doch nur ne Edikettenfrage Mit den Augen rollen
Obskurer als mittels der bedingungslose Unterwerfung unter das Schicksal GEGEN Theismus zu
argumentieren gehts m.E. jedenfalls gar nicht skeptisch

#201: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 12:58
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
? und wer sagt das die gemessene Hirnaktivität nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung ist, welche erst 7 Sekunden später ins Bewußtsein dringt? Ich mein - irgendwo muß die Entscheidung ja entstehen Schulterzucken

Die Kritiker der Handlungsfreiheit leugnen ja überhaupt nicht, daß irgendwo ein Handlungsimpuls entsteht oder gar ein Wille. Sondern nur, daß es dabei irgendwelche realen Freiheitsgrade gebe.

Diese Experimente gehen in eine etwas andere Richtung, da geht es grob gesagt "nur" darum, daß Entscheidungen meist unbewußt getroffen werden.

#202:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 12:59
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
@wolf

und was soll dann das (Bei)spiel bezwecken, belegen oder bedeuten?

Das Spiel richtet sich an Agnost, nicht an dich.

ja und ....... ?!?
ist das hier ein offenes Diskussionsforum, oder ein beschränkter Spielplatz ? Auf den Arm nehmen

Erwin

#203:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 13:00
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
? gerade die völlige Abwesenheit von Entscheidungsfreiheit in einem determinierten System, würde ja die Existenz eines allmächtigen Gottes , dem uneingschränkt alles von Anbeginn bis in alle Ewigkeit zweifelsfrei vorherbestimmt unterworfen ist, bestätigen.

1. NICHT vorherbestimmt, nur in jedem Moment naturgesetzlich ablaufend. Wann geht das endlich in Eure Köppe.

2. Wieso würde das eine Existenz Gottes bestätigen? Die Bestimmung muß doch nicht von einem intelligenten zielgerichteten Wesen gesetzt worden sein.

#204: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 13:25
    —
step hat folgendes geschrieben:

Es gibt mehrere Möglichkeiten immer nur in der Vorstellung. Ein komplexer Mechanimsus, der versucht, Ziele zu erreichen, ist dennoch nur ein Mechanismus. Das gilt auch für Mechanismen mit proletarischen Zielen.



Und das ist eben nur ein Postulat von dir, dass du mit nicht widerspruchsfreien Systemen belegen willst.

Wenn es deine Form des Determinisums ohne bedingten freien Willens gäbe, dann musst du die Frage nach der "Schöpfung" deines mechanisch-physikalischen Maschinchen erklären.

Wir können jetzt mal davon absehen, der jeweiligen Gegenseite "religiösen Idealismus" vor zu werfen, denn beide Seiten müssen wir unsere Ansichten axiomatisch "begründen."

Ich für meinen Teil halte verbal und mathematisch begründete physikalische Abstraktionen für nicht geeignet das praktische Problem des "bedingten freien Willens" zu lösen.

Ich weiss nur, dass ich den bisherigen Ergebnissen der Bildchen-Hrinforschern nicht mehr Relevanz beimesse als Lavaters Physiognomien.

Agnost

#205:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 14:04
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:

ja und ....... ?!?
ist das hier ein offenes Diskussionsforum, oder ein beschränkter Spielplatz ? Auf den Arm nehmen

Determinismus scheint für Agnost etwas übernatürliches zu benötigen.
Jetzt klarer worauf ich mit meinem Spiel abziele?
Mein Spiel ist natürlich nicht ideal dazu.

#206:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 14:16
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Mehr als Zufall, aber nur etwas mehr

Meinst du Zufall liegt bei 50%?

In dem Fall ja.

Weswegen?
P.S.:Füher habe ich dies auch so gesehen.

Mhh, sagen wir der Erwartungswert würde bei 50% liegen.

#207: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 14:23
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
? und wer sagt das die gemessene Hirnaktivität nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung ist, welche erst 7 Sekunden später ins Bewußtsein dringt? Ich mein - irgendwo muß die Entscheidung ja entstehen Schulterzucken

Die Kritiker der Handlungsfreiheit leugnen ja überhaupt nicht, daß irgendwo ein Handlungsimpuls entsteht oder gar ein Wille. Sondern nur, daß es dabei irgendwelche realen Freiheitsgrade gebe.


ohne Freiheitsgrade läufts aufs gleiche hinaus als gäbs weder Impuls noch willen.

Zitat:

Diese Experimente gehen in eine etwas andere Richtung, da geht es grob gesagt "nur" darum, daß Entscheidungen meist unbewußt getroffen werden.


Ob bewußt oder unbewußt ist doch völlig egal - solange es Entscheidungen sind.
Du willst doch wenn Du am PC sitzt auch nicht jede Rechenoperation, welche zum von Dir
gewünschten Ergebnis führt in Echtzeit mitverfolgen. Ebenso wie bei den biologischen
Denkprozess wärst Du ebenso wie jeder andere Mensch auch gar nicht dazu in der Lage.

#208: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 14:25
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn es deine Form des Determinisums ohne bedingten freien Willens gäbe, dann musst du die Frage nach der "Schöpfung" deines mechanisch-physikalischen Maschinchen erklären.

Letztlich sollte der Entstehungsmechanismus natürlich vollständig erklärt werden. Das ist bei "Euren" Postulaten zur magischen Willensfreiheit aber auch nicht anders. Immerhin kann ich schon belegen, was Willensfreiheit jedenfalls nicht ist. So habe ich bereits belegt, daß Willensfreiheit in jedem Fall nicht auf echten Möglichkeiten beruhen kann.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wir können jetzt mal davon absehen, der jeweiligen Gegenseite "religiösen Idealismus" vor zu werfen, denn beide Seiten müssen wir unsere Ansichten axiomatisch "begründen."

Nö. Welches Axiom setze ich denn?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich für meinen Teil halte verbal und mathematisch begründete physikalische Abstraktionen für nicht geeignet das praktische Problem des "bedingten freien Willens" zu lösen.

Das ist zwar Dein Recht, aber falsch. Denn unsere empirischen Erfahrungen zeigen (jedenfalls bisher), daß die physikalischen Gesetze in komplexen Systemen nicht ungültig werden. Daß also ebenjene Abstraktionen gute Modelle sind. Psychologistische, intuitionistische, teleologische usw. Modelle dagegen haben sich als gefährlich täuschend erwiesen.

#209: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 14:28
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
ohne Freiheitsgrade läufts aufs gleiche hinaus als gäbs weder Impuls noch willen.

Falsch. Ein guter Schachcomputer gewinnt öfter als ein schlechter. Ein intelligentes Wesen verändert die Welt potenziell stärker als ein Stein. Du kannst höchstens sagen, metaphysisch läuft es auf dasselbe hinaus, oder die narzisstische Kränkung des Philosophen ist ähnlich.

AXO hat folgendes geschrieben:
Diese Experimente gehen in eine etwas andere Richtung, da geht es grob gesagt "nur" darum, daß Entscheidungen meist unbewußt getroffen werden.

Ob bewußt oder unbewußt ist doch völlig egal - solange es Entscheidungen sind.[/quote]
Kann man durchaus so sehen.

#210:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 14:30
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
? gerade die völlige Abwesenheit von Entscheidungsfreiheit in einem determinierten System, würde ja die Existenz eines allmächtigen Gottes , dem uneingschränkt alles von Anbeginn bis in alle Ewigkeit zweifelsfrei vorherbestimmt unterworfen ist, bestätigen.

1. NICHT vorherbestimmt, nur in jedem Moment naturgesetzlich ablaufend. Wann geht das endlich in Eure Köppe.


*rofl* WER bezweifelt denn das überhaupt irgendwas außerhalb der Naturgesetzlichkeiten
abläuft? Mit den Augen rollen
Nüchtern betrachtet muß man noch nichtmal einen Gott außerhalb der Naturgesetzlichkeiten stellen.
Es sei denn man stellt sich einen solchen tatsächlich real als alten Mann mit Bart, der im Himmel schwebt vor. Vor solch kindlicher Betrachtungsweise sollten aber m.E. wenigstens Atheisten gefeit sein Mit den Augen rollen

Zitat:

2. Wieso würde das eine Existenz Gottes bestätigen? Die Bestimmung muß doch nicht von einem intelligenten zielgerichteten Wesen gesetzt worden sein.


Davon gehe ich auch nicht aus. An welcher Stelle genau ist denn ein Gott oder Götter
ausdrücklich als bewußt zielgerichtet Handelndes Individuum definiert?
Mit dem Begriff intelligent wär ich vorsichtig - auch ein ausreichend komplexes, determiniertes System ohne
eignes Bewußtsein wird als intelligent bezeichnet
und eben dieser Eindruck kann für beobachtende Menschen, ohne Kenntnis der jeweiligen Hintergründe
früher auch problemlos zur Unterstellung eines bewußt agierenden Wesens geführt haben.
Ausdrücklich als ein solches definiert wurde sowas aber meines Wissens nicht.
Wir setzen das nach jahrtausendelanger personifizierter Betrachtung von Göttern einfach nur vorraus.

#211: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 14:38
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
ohne Freiheitsgrade läufts aufs gleiche hinaus als gäbs weder Impuls noch willen.

Falsch. Ein guter Schachcomputer gewinnt öfter als ein schlechter.


Was unterscheidet denn einen gutes Schachprogramm von einem schlechten?
Ja doch wohl nur die höhere Komplexizität determinisierter Verknüpfungen.
Oder willst Du einer Software allen ernstes Handungsimplus oder Willen unterstellen? Mit den Augen rollen

Zitat:

Ein intelligentes Wesen verändert die Welt potenziell stärker als ein Stein.


aufgrund der erheblich höheren Komplexizität, deteminisierter Verküpfungen + Entscheidungsfreiheit.



Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Diese Experimente gehen in eine etwas andere Richtung, da geht es grob gesagt "nur" darum, daß Entscheidungen meist unbewußt getroffen werden.

Ob bewußt oder unbewußt ist doch völlig egal - solange es Entscheidungen sind.

Kann man durchaus so sehen. [/quote]

womit aber die aus diesen Experimenten geschlußfolgerte Abwesenheit von Entscheidungsfreiheit wieder völlig offen ist Schulterzucken

#212: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:04
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn es deine Form des Determinisums ohne bedingten freien Willens gäbe, dann musst du die Frage nach der "Schöpfung" deines mechanisch-physikalischen Maschinchen erklären.

Letztlich sollte der Entstehungsmechanismus natürlich vollständig erklärt werden. Das ist bei "Euren" Postulaten zur magischen Willensfreiheit aber auch nicht anders. Immerhin kann ich schon belegen, was Willensfreiheit jedenfalls nicht ist. So habe ich bereits belegt, daß Willensfreiheit in jedem Fall nicht auf echten Möglichkeiten beruhen kann.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wir können jetzt mal davon absehen, der jeweiligen Gegenseite "religiösen Idealismus" vor zu werfen, denn beide Seiten müssen wir unsere Ansichten axiomatisch "begründen."

Nö. Welches Axiom setze ich denn?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich für meinen Teil halte verbal und mathematisch begründete physikalische Abstraktionen für nicht geeignet das praktische Problem des "bedingten freien Willens" zu lösen.

Das ist zwar Dein Recht, aber falsch. Denn unsere empirischen Erfahrungen zeigen (jedenfalls bisher), daß die physikalischen Gesetze in komplexen Systemen nicht ungültig werden. Daß also ebenjene Abstraktionen gute Modelle sind. Psychologistische, intuitionistische, teleologische usw. Modelle dagegen haben sich als gefährlich täuschend erwiesen.


Zu Abschnitt 1:

Kein Widerspruch zum "bedingten freien Willen", da sind wir uns einig.

Zu Abschnitt 2:

Aus dem was du bewiesen hast, was freier Wille nicht ist, hast du nicht bewiesen, dass der bedingt freie Wille "magisch" ist.

Das die Physik sich in komplexen System aufhebt glaube ich auch nicht,
ich glaube aber, dass unsere bisherigen Erkenntnisfähigkeiten die Postulierung eines Menschen ohne bedingt freien Willens nicht stützen können und es auch keine empirischen Beweise gegen den bedingt freien Willen gibt.

Ich verweise nochmals auf das Beispiel "Nicht-Mopolisierter Marktwirtschaft" hin, die durch ihre Walhlmöglichkeiten tendenziell die Qualtiät der Produkte und Dienstleistung erhöht.
Wäre die Welt und der Mensch ohne "bedingt freien" Willen, müsste logischerweise eine Monopolistische Planwirtschaft tendenziell die besseren Resultat erbringen.

Das ist aber empirisch belegbar nicht der Fall.

Agnost

#213:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:04
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
ohne Freiheitsgrade läufts aufs gleiche hinaus als gäbs weder Impuls noch willen.
Falsch. Ein guter Schachcomputer gewinnt öfter als ein schlechter.
Was unterscheidet denn einen gutes Schachprogramm von einem schlechten? Ja doch wohl nur die höhere Komplexizität determinisierter Verknüpfungen.

Genau, und der Impuls ist hier eben die - in diesem Fall programmierte - Stellungsbewertung.

AXO hat folgendes geschrieben:
Oder willst Du einer Software allen ernstes Handungsimplus oder Willen unterstellen?

Wenn sie hinreichend komplex ist, warum sollte sie nicht ebenso einen ausbilden wie die menschliche Schwabbelware?

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein intelligentes Wesen verändert die Welt potenziell stärker als ein Stein.
aufgrund der erheblich höheren Komplexizität, deteminisierter Verküpfungen + Entscheidungsfreiheit.

Handlungsfreiheit benötigt man dafür nicht. Es reicht die Fähigkeit, die Folgen verschiedener hypothetischer Handlungen zu simulieren und mit geprägten Präferenzen zu vergleichen.

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Diese Experimente gehen in eine etwas andere Richtung, da geht es grob gesagt "nur" darum, daß Entscheidungen meist unbewußt getroffen werden.
Ob bewußt oder unbewußt ist doch völlig egal - solange es Entscheidungen sind.
Kann man durchaus so sehen.
womit aber die aus diesen Experimenten geschlußfolgerte Abwesenheit von Entscheidungsfreiheit wieder völlig offen ist Schulterzucken [/quote]
Moment mal.

- Das Experiment widerlegt nur die Abhängigkeit der Entscheidung von bewußtem Willen. Man könnte es sodeuten: Der Chef sitzt woanders, als die meisten glauben.
- Daß es sich um eine (bewußte oder unbewußte ist egal) Entscheidung im weitesten Sinne handelt, ist unstrittig
- Daß diese Entscheidung frei sei (daß es also echte Möglichkeiten gebe), wird nicht durch das Experiment, sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt.

#214: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:11
    —
step hat folgendes geschrieben:
Das ist bei "Euren" Postulaten zur magischen Willensfreiheit aber auch nicht anders. Immerhin kann ich schon belegen, was Willensfreiheit jedenfalls nicht ist. So habe ich bereits belegt, daß Willensfreiheit in jedem Fall nicht auf echten Möglichkeiten beruhen kann.

Ich verstehe nicht, wo du beim Willen Magie verortest ? Und das mit dem belegen ist bloß deine Illusion zwinkern

Die (auch physikalisch repräsentierte) und somit reale Existenz mehrerer Möglichkeiten im bewußten Denkprozess hast du selbst sogar schon anerkannt Sehr glücklich

Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step zu A.P. hat folgendes geschrieben:
Für all das reicht es aber aus, wenn die hypothetischen Möglichkeiten vorstellbar, also in Deinem Bewußtsein modelliert sind. Das reicht also nur zum Beleg einer Vorstellungsfreiheit oder Präferenzfreiheit.
... Bzw. wo zum Kuckkuck kann denn diese freie Vorstellung nur bloß herkommen ... und wie ist sie denn modelliert, doch wohl (auch letztendlich) physikalisch - oder ?

Ja, natürlich sind die auch rein physikalisch determiniert.

Da habe ich mich wohl unpräzise ausgedrückt: Die Ausdrücke "Vorstellungsfreiheit" und "Präferenzfreiheit" sind mglw. ungeeignet, da sie suggerieren, daß hier ein realer Freiheitsgrad vorliegt, obwohl nur mehrere hypothetische Realitäten als Vorstellungen vorliegen.


Meine Frage hast du netterweise beim Zitieren ausgelassen und auch nicht beantwortet:
Zitat:
Und wer oder was (mal äussere Zwänge aussen vor gelassen !) hindert mich jetzt daran nach dieser freien Vorstellung (wie zB. in meinem Kugelexperiment) zu handeln ?


Und dann gleich wieder etwas "zurückrudern": die freien Vorstellungen, obwohl auch irgendwie letztlich physikalisch repräsentiert, sind "klarerweise" dann aber doch wieder nicht real, da du dich unpräzise ausgedrückt hast Lachen
Warum genau sind sie nicht real, wenn doch physikalisch repräsentiert ?

Bleib doch wenigstens konsequent: die dürfte es gar nicht geben. Wenn es keinen FW gibt, kann's auch keine freien Vorstellungen geben.


Erwin

#215:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:20
    —
step hat folgendes geschrieben:

- Daß diese Entscheidung frei sei (daß es also echte Möglichkeiten gebe), wird nicht durch das Experiment, sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt.


Wenn das Zitieren funktioniert hat, ist die Behauptung von dir Step, ansonsten verzeih mir, wenn es dein determinierter oder bedingt freie Wille kann.

Nur weil die Geschichte so abgelaufen ist, wie sie ist, lässt sich nicht beweisen, dass sie "notwendigerweise" so hätte ablaufen müssen.

Der Untergang Westroms war keine phyisikalische Notwendigkeit oder kannst du da stringente Theorien anbieten, die das nahelegen?
(Beweise verlange ich nicht, das wäre m.E. absolut unfair, aber ich bräuchte keine abstrakten Theorien, sonder metereologische, ökonomische, politische Theorien.)

Agnost

#216: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:30
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wir können jetzt mal davon absehen, der jeweiligen Gegenseite "religiösen Idealismus" vor zu werfen, denn beide Seiten müssen wir unsere Ansichten axiomatisch "begründen."
Nö. Welches Axiom setze ich denn?
Aus dem was du bewiesen hast, was freier Wille nicht ist, hast du nicht bewiesen, dass der bedingt freie Wille "magisch" ist.

Naja, wenn Du "bedingt" und "frei" entsprechend zurechtbiegst, zum Beispiel au das reine Gefühl der Freiheit oder die reine Vorstellung von Möglichkeiten, dann habe ich das natürlich nicht widerlegt.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Das die Physik sich in komplexen System aufhebt glaube ich auch nicht, ich glaube aber, dass unsere bisherigen Erkenntnisfähigkeiten die Postulierung eines Menschen ohne bedingt freien Willens nicht stützen können und es auch keine empirischen Beweise gegen den bedingt freien Willen gibt.

Mag ja sein, daß Du das alles glaubst, aber wo bitte ist jetzt das Axiom, das ich setze?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich verweise nochmals auf das Beispiel"Nicht-Mopolisierter Marktwirtschaft" hin, die durch ihre Walhlmöglichkeiten tendenziell die Qualtiät der Produkte und Dienstleistung erhöht. Wäre die Welt und der Mensch ohne "bedingt freien" Willen, müsste logischerweise eine Monopolistische Planwirtschaft tendenziell die besseren Resultat erbringen.

Auch dieses Argument habe ich hier bereits widerlegt. Auch in einer Welt ohne freien Willen verhalten sich verschiedene Menschen in verschiedenen Situationen unterschiedlich. Speziell in Deinem Beispiel kommt dazu, daß für diese Resultate auch ein Modul im Konsumenten ausreichend wäre, das immer nur das beste Preisleitungsverhältnis auswählt. Das Versagen der Planwirtschft kann dann einfach damit erklärt werden, daß dort auf Herstellerseite weniger Konkurrenzdruck herrscht.

#217: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:34
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Die (auch physikalisch repräsentierte) und somit reale Existenz mehrerer Möglichkeiten im bewußten Denkprozess hast du selbst sogar schon anerkannt Sehr glücklich

Du weißt genau, daß die reale Existenz mehrerer Vorstellungen von Möglichkeiten nicht dasselbe ist wie die Existenz mehrerer realer Möglichkeiten. Diese Wortverdrehereien sollten wirklich unter Deiner Würde sein.

#218:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:42
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Daß diese Entscheidung frei sei (daß es also echte Möglichkeiten gebe), wird nicht durch das Experiment, sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt.
Nur weil die Geschichte so abgelaufen ist, wie sie ist, lässt sich nicht beweisen, dass sie "notwendigerweise" so hätte ablaufen müssen.

Doch, lässt sich. Selbst wenn man sie vorher nicht berechnen konnte, so ist doch klar, daß es nur eine Möglichkeit gibt, die nicht der Physik widerspricht. Außer natürlich die Physik wäre hier ungültig, aber dafür spricht derzeit nichts.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Der Untergang Westroms war keine phyisikalische Notwendigkeit oder kannst du da stringente Theorien anbieten, die das nahelegen? (Beweise verlange ich nicht, das wäre m.E. absolut unfair, aber ich bräuchte keine abstrakten Theorien, sonder metereologische, ökonomische, politische Theorien.)

Die sind mir nicht materialistisch genug. Ökonomie, Politik und Philosophie sind - wie soll ich sagen - zu ... bürgerlich zwinkern

Aber stringente physikalische Theorien habe ich ja schon konkret angeboten. Demnach hängt der Untergang Westroms physikalisch determiniert mit den Ereignisen in seinem raumzeitlichen Umfeld zusammen. Dies folgt allein (!) aus der Annahme, daß es in diesem raumzeitlichen Gebiet keinen wesentlichen Einfluß von Magie oder bisher unentdeckten Grundkräften gibt.

#219: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:43
    —
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Die (auch physikalisch repräsentierte) und somit reale Existenz mehrerer Möglichkeiten im bewußten Denkprozess hast du selbst sogar schon anerkannt Sehr glücklich

Du weißt genau, daß die reale Existenz mehrerer Vorstellungen von Möglichkeiten nicht dasselbe ist wie die Existenz mehrerer realer Möglichkeiten. Diese Wortverdrehereien sollten wirklich unter Deiner Würde sein.

wieso Wortverdrehereien ?! wenn den vorgestellten (physikalischen) mehreren Möglichkeiten reale (physikalische) Handlungsmöglichkeit zukommt (wie zB. bei meinem Kugel-Wahl-Beispiel), ist der Unterschied lediglich gradueller Natur, und nichts anderes als die Transformation der "hirninneren Physik" ins "Aussen".

Das hat nichts damit zu tun,daß auch Möglichkeiten vorgestellt werden können, denen diese Transferierbarkeit nicht zukommt.

Erwin

#220: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:47
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
wieso Wortverdrehereien ?! wenn den vorgestellten (physikalischen) mehreren Möglichkeiten reale (physikalische) Handlungsmöglichkeit zukommt (wie zB. bei meinem Kugel-Wahl-Beispiel), ist der Unterschied lediglich gradueller Natur

Ich hatte aber gezeigt, daß dies nur bei der Kopplung der Wahl an quantenmechnischen Zufall möglich ist. Und ich hatte belegt, warum wir diesen Fall in der Diskussion über Handlungsfreiheit vernachlässigen können.

#221: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:48
    —
step hat folgendes geschrieben:
]
Naja, wenn Du "bedingt" und "frei" entsprechend zurechtbiegst, zum Beispiel au das reine Gefühl der Freiheit oder die reine Vorstellung von Möglichkeiten, dann habe ich das natürlich nicht widerlegt.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Das die Physik sich in komplexen System aufhebt glaube ich auch nicht, ich glaube aber, dass unsere bisherigen Erkenntnisfähigkeiten die Postulierung eines Menschen ohne bedingt freien Willens nicht stützen können und es auch keine empirischen Beweise gegen den bedingt freien Willen gibt.

Mag ja sein, daß Du das alles glaubst, aber wo bitte ist jetzt das Axiom, das ich setze?

Auch in einer Welt ohne freien Willen verhalten sich verschiedene Menschen in verschiedenen Situationen unterschiedlich. Speziell in Deinem Beispiel kommt dazu, daß für diese Resultate auch ein Modul im Konsumenten ausreichend wäre, das immer nur das beste Preisleitungsverhältnis auswählt. Das Versagen der Planwirtschft kann dann einfach damit erklärt werden, daß dort auf Herstellerseite weniger Konkurrenzdruck herrscht.


Wo Konkurrenzdruck herrscht, muss doch wohl mehr als nur die reine Vorstellung von Möglichkeiten das sein. Da sind eben echte Möglichkeiten da.
Auch besteht ein Konkurrenzdruck eben darin, dass der Wettbewerber permanent mit dem Wechsel der Zulieferers und des Abnehmers rechnen muss.
Empirisch lässt sich auch nachweisen, dass das passiert.

Zitat:
die reine Vorstellung von Möglichkeiten.


Meines Erachtens besteht darin dein Axiom. Du zweifelst ohne empirische Evidenz an der "realen Existenz von Möglichkeiten".

Agnost

//Edit: Quotetags eingesetzt//


Zuletzt bearbeitet von Agnost am 19.04.2008, 16:03, insgesamt einmal bearbeitet

#222:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 15:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
ohne Freiheitsgrade läufts aufs gleiche hinaus als gäbs weder Impuls noch willen.
Falsch. Ein guter Schachcomputer gewinnt öfter als ein schlechter.
Was unterscheidet denn einen gutes Schachprogramm von einem schlechten? Ja doch wohl nur die höhere Komplexizität determinisierter Verknüpfungen.

Genau, und der Impuls ist hier eben die - in diesem Fall programmierte - Stellungsbewertung.


Die Stellungsbewertung ist derterminisiert bedingt. Bei identischen Spielverlauf und daraus folgender
identischer Stellung
wird immer auch eine identischer Zugimpuls erfolgen.
Mensch hingegen kann sich [völlig freiwillig)erlauben was absolut "verrücktes" zu tun Cool

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Oder willst Du einer Software allen ernstes Handungsimplus oder Willen unterstellen?

Wenn sie hinreichend komplex ist, warum sollte sie nicht ebenso einen ausbilden wie die menschliche Schwabbelware?


Der Beweis das dies möglich ist, dürfte bisher ausstehen. Dazu wäre m.e. Bewußtsein nötig
und genau das spreche ich jeglicher technischer Software ab. Sie funktioniert einfach nur -
mangels Bewußtsein teilweise erheblich zuverlässiger als Mensch - dafür aber weit weniger
universell und flexibel.

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein intelligentes Wesen verändert die Welt potenziell stärker als ein Stein.
aufgrund der erheblich höheren Komplexizität, deteminisierter Verküpfungen + Entscheidungsfreiheit.

Handlungsfreiheit benötigt man dafür nicht. Es reicht die Fähigkeit, die Folgen verschiedener hypothetischer Handlungen zu simulieren und mit geprägten Präferenzen zu vergleichen.


nicht in jedem Falle. Wirkliche Veränderungen finden in erster Linie dann statt (und entsprechend selten),
wenn Mensch sich bewußt GEGEN die ursprüngliche Determination entscheidet.
Dementsprechend schwierig ist es auch stets wirklich neue Erkenntnisse und Wege gegen
den überwiegend determiniert handelnden und denkenden Rest der Gesellschaft durchzusetzen.
Dafür isses aber ne Fähigkeit, welche von keinem noch so hochkomplexen System oder auch Organismus
bisher in dieser Qualität erreicht wurde.
Zitat:

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Diese Experimente gehen in eine etwas andere Richtung, da geht es grob gesagt "nur" darum, daß Entscheidungen meist unbewußt getroffen werden.
Ob bewußt oder unbewußt ist doch völlig egal - solange es Entscheidungen sind.
Kann man durchaus so sehen.
womit aber die aus diesen Experimenten geschlußfolgerte Abwesenheit von Entscheidungsfreiheit wieder völlig offen ist Schulterzucken

Moment mal.

- Das Experiment widerlegt nur die Abhängigkeit der Entscheidung von bewußtem Willen. Man könnte es sodeuten: Der Chef sitzt woanders, als die meisten glauben.


Solange dieser Chef aber im eigenen Kopf sitzt - isses m.E. trotzdem noch egal - wo genau er sitzt.
Davon abgesehn ist das Bewußtseinsspektrum auch nicht bei jedem Menschen gleich - der Filter
zwischen Bewußtsein und Unbewußtsein also entsprechend variabel.
Das ide Mehrzahl aller Entscheidungen im Unterbewußtsein ablaufen ist logisch und ne reine Frage der Entlastung bzw. der Fixierung des bewußtseins auf die wirklich wichtigen Entscheidungen.
Welchen Sinn sollte es machen die bewußte Entscheidung zu jedem Herzschlag zu treffen?
Anderseits würde der Zugriff auf diese Entscheidungsebene die Möglichkeit beinhalten sich gegen
das Herzschlagen zu entscheiden.
Was alles aber nichts darin ändert das wirklich wichtige Entscheidungen von tatsächlicher Tragweite,
ins Bewußtsein dringen bevor sie getroffen sind.
Als jemand der erheblichen experimentellen Wert darauf legt so undeterminisiert wie möglich zu leben,
ist z.B für mich schon jeden Tag aufzustehen eine bewußte Entscheidung,
wärend jemand der determinisert jeden Tag um die gleiche Zeit an seinem Arbeitsplatz zu stehen
hat diese Entscheidung gar nicht zu treffen braucht - sie deshalb ins Unbewußte verschieben kann.

kurz - bezüglich der wissenschaftlichen Relevanz tät ich gern mal wissen WELCHE Entscheidungen
die Probanten zu treffen hatten.
Ich glaube z.B. nicht das eine Entscheidung mit welcher von zwei möglichen Frauen man den
Rest seines Lebens verbringen möchte - je unter Laborbedingungen getroffen wurde.


Zitat:

- Daß es sich um eine (bewußte oder unbewußte ist egal) Entscheidung im weitesten Sinne handelt, ist unstrittig


gutt Smilie
Zitat:

- Daß diese Entscheidung frei sei (daß es also echte Möglichkeiten gebe), wird nicht durch das Experiment, sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt.


wärst Du so freundlich mir das detailierter zu erläutern?

#223: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:00
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wo Konkurrenzdruck herrscht, muss doch wohl mehr als nur die reine Vorstellung von Möglichkeiten das sein. Da sind eben echte Möglichkeiten da.

Nein, das folgt keineswegs. Es reicht aus,
- daß die Handelnden glauben, es gebe mehrere Möglichkeiten
- daß es eine Grundgesamtheit an echt verschiedenen Entscheidungen (Situationen, Menschen) gibt.

Dieses Prinzip hatte ich schon anhand von Erwins (nicht-quanten-) Kugelbeispiels erläutert: Daß mehrere Ziehungen unterschiedliche Ergebnisse haben können, bedeutet nicht, daß die einzelne Ziehung frei ist.

Agnost hat folgendes geschrieben:
die reine Vorstellung von Möglichkeiten. Meines Erachtens besteht darin dein Axiom. Du zweifelst ohne empirische Evidenz an der "realen Existenz von Möglichkeiten".

Nein, ich zweifle MIT empuirischer Evidenz an der realen Existenz mehrerer Möglichkeiten. Die Physik sagt, daß alle Möglichkeiten bis auf eine ihr widersprechen, auch wenn der handelnde Mensch sich dessen nicht bewußt ist. Das gilt - bis auf eine gewisse Ausnahme - immer.

#224: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:02
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
]
Naja, wenn Du "bedingt" und "frei" entsprechend zurechtbiegst, zum Beispiel au das reine Gefühl der Freiheit oder die reine Vorstellung von Möglichkeiten, dann habe ich das natürlich nicht widerlegt.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Das die Physik sich in komplexen System aufhebt glaube ich auch nicht, ich glaube aber, dass unsere bisherigen Erkenntnisfähigkeiten die Postulierung eines Menschen ohne bedingt freien Willens nicht stützen können und es auch keine empirischen Beweise gegen den bedingt freien Willen gibt.

Mag ja sein, daß Du das alles glaubst, aber wo bitte ist jetzt das Axiom, das ich setze?

Auch in einer Welt ohne freien Willen verhalten sich verschiedene Menschen in verschiedenen Situationen unterschiedlich. Speziell in Deinem Beispiel kommt dazu, daß für diese Resultate auch ein Modul im Konsumenten ausreichend wäre, das immer nur das beste Preisleitungsverhältnis auswählt. Das Versagen der Planwirtschft kann dann einfach damit erklärt werden, daß dort auf Herstellerseite weniger Konkurrenzdruck herrscht.


Wo Konkurrenzdruck herrscht, muss doch wohl mehr als nur die reine Vorstellung von Möglichkeiten das sein. Da sind eben echte Möglichkeiten da.
Auch besteht ein Konkurrenzdruck eben darin, dass der Wettbewerber permanent mit dem Wechsel der Zulieferers und des Abnehmers rechnen muss.
Empirisch lässt sich auch nachweisen, dass das passiert.

die reine Vorstellung von Möglichkeiten.

Meines Erachtens besteht darin dein Axiom. Du zweifelst ohne empirische Evidenz an der "realen Existenz von Möglichkeiten".

Agnost


Ja, das ist eines von steps Axiomen.

Er behauptet einfach, dass es keine realen, sondern nur fantasierte Möglichkeiten gibt, dass es also dem Menschen nicht möglich ist, objektive Möglichkeiten zu erkennen.

Letzten Endes leugnet step die Erkenntnisfähigkeit des Menschen und verwirft damit das Objektivitätspostulat. Dessen Leugnung aber bewegt sich nicht mehr auf der wissenschaftlichen und auch nicht auf der physikalischen Ebene, sondern ist reine philosophische Axiomatik.

Dass aber die Welt sehr wohl erkennbar ist, und dass der Mensch auswählen kann aus verschiedenen mehr oder weniger optimalem Lösungsstrategien, dies zeigt z.B. die erfolgreiche Entwicklung komplexer Technologien durch den Menschen, ebenso die Durchführung komplexer betrieblicher Planungen selbst über Ländergrenzen hinweg.

Und Agnost: Dies beweist nebenbei auch die Möglichkeit einer erfolgreichen Planwirtschaft. Allerdings ist das ein anderes Thema.

Ich möchte zusammen fassen:

Der Mensch kann erkennen, er kann mit anderen Menschen komplexe Projekte planen und erfolgreich durchführen und kontrollieren, seine kommunikativen Fähigkeiten sind der Welt gewachsen.

Der Glaube an den Menschen und seine Fähigkeit sollten den Glauben an "Gott" und "Schicksal" ablösen.

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 19.04.2008, 16:08, insgesamt einmal bearbeitet

#225: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wo Konkurrenzdruck herrscht, muss doch wohl mehr als nur die reine Vorstellung von Möglichkeiten das sein. Da sind eben echte Möglichkeiten da.

Nein, das folgt keineswegs. Es reicht aus,
- daß die Handelnden glauben, es gebe mehrere Möglichkeiten
- daß es eine Grundgesamtheit an echt verschiedenen Entscheidungen (Situationen, Menschen) gibt.

Dieses Prinzip hatte ich schon anhand von Erwins (nicht-quanten-) Kugelbeispiels erläutert: Daß mehrere Ziehungen unterschiedliche Ergebnisse haben können, bedeutet nicht, daß die einzelne Ziehung frei ist.

Agnost hat folgendes geschrieben:
die reine Vorstellung von Möglichkeiten. Meines Erachtens besteht darin dein Axiom. Du zweifelst ohne empirische Evidenz an der "realen Existenz von Möglichkeiten".

Nein, ich zweifle MIT empuirischer Evidenz an der realen Existenz mehrerer Möglichkeiten. Die Physik sagt, daß alle Möglichkeiten bis auf eine ihr widersprechen, auch wenn der handelnde Mensch sich dessen nicht bewußt ist. Das gilt - bis auf eine gewisse Ausnahme - immer.


Mit dieser skurrilen, ultra-positivistischen Ansicht stehst Du selbst innerhalb Deines Fachbereiches ziemlich alleine da. Und völlig zu Recht! Nänääänää

Skeptiker

#226: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:09
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Und Agnost: Dies beweist nebenbei auch die Möglichkeit einer erfolgreichen Planwirtschaft. Allerdings ist das ein anderes Thema.


Skeptiker


Innerhalb eines Marksystem können redundante "Planwirtschaftliche Systeme" tatsächlich sehr nützlich sein. (Eisenbahnsysteme, Stromnetze, Wasserversorgung, Gesundheitssysteme).

Aber das ist ein bisschen Off-Topic

Agnost

//Edit: Zitat geflickt.//

#227:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:14
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Genau, und der Impuls ist hier eben die - in diesem Fall programmierte - Stellungsbewertung.
Die Stellungsbewertung ist derterminisiert bedingt. Bei identischen Spielverlauf und daraus folgender
identischer Stellung wird immer auch eine identischer Zugimpuls erfolgen. Mensch hingegen kann sich [völlig freiwillig)erlauben was absolut "verrücktes" zu tun Cool

Nö.

Erstens kann man auch einer komplexen künstlichen Intelligenz beibringen oder erlauben, etwas Verrücktes zu tun, mglw. bildet sie das sogar von selbst aus (Selbstorgnisation, frag mal Erwin).

Zweitens würde eine gute Schachsoftware lernen und beim zweiten mal trotz identischer Stellung mglw. etwas anderes ziehen. Hab ich schon erlebt!

Und drittens würde auch beim Menschen bei ansonsten identischer Situation ein "identischer Zugimpuls erfolgen". Oder warum sollte das nicht der Fall sein? Was genau, welche Kraft sollte ihn dazu bringen, anders zu handeln, wenn alle Umstände gleich sind?

AXO hat folgendes geschrieben:
Ich glaube z.B. nicht das eine Entscheidung mit welcher von zwei möglichen Frauen man den
Rest seines Lebens verbringen möchte - je unter Laborbedingungen getroffen wurde.

Und ich glaube nicht, daß eine solche Entscheidung je frei getroffen wurde Lachen

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Daß diese Entscheidung frei sei (daß es also echte Möglichkeiten gebe), wird nicht durch das Experiment, sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt.
wärst Du so freundlich mir das detailierter zu erläutern?

Sorry, nicht nochmal. Habe ich gerade vor wenigen Wochen erst hier getan. Ich würde Dich bitten, Dich selbst zu bilden. Man kann heute mE nicht mehr über solche Themen diskutieren - oder überhaupt Philosophie betreiben - ohne die wesentlichen Erkenntnisse der Physik inkl. Quantenmechanik einigermaßen parat zu haben.

#228: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:19
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[step] behauptet einfach, dass es keine realen, sondern nur fantasierte Möglichkeiten gibt, dass es also dem Menschen nicht möglich ist, objektive Möglichkeiten zu erkennen.

Genau. Das "Fantasieren" der Möglichkeiten kommt dadurch zustande, daß das Gehirn nicht weiß, welche Ereignisse letztlich eintreten, und zudem aus Erfahrung weiß, daß es ähnliche Situationen mit verschiedenen Ergebnisen gab.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Letzten Endes leugnet step die Erkenntnisfähigkeit des Menschen ...

Wie bitte? Ich leugne keineswegs die Erkenntnisfähigkeit, sondern daß es >1 echte Möglichkeiten gebe.

#229:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:26
    —
step hat folgendes geschrieben:


Daß diese Entscheidung frei sei (daß es also echte Möglichkeiten gebe), wird nicht durch das Experiment, sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt.


Sorry, nicht nochmal. Habe ich gerade vor wenigen Wochen erst hier getan.

Man kann heute mE nicht mehr über solche Themen diskutieren - oder überhaupt Philosophie betreiben - ohne die wesentlichen Erkenntnisse der Physik inkl. Quantenmechanik einigermaßen parat zu haben. [/quote]

Dass du mir wenn es um physikalische Theorien bei weitem überlegen bist bin gerne bereit "neidvoll" anzuerkennen. Verlegen . Ich weiss auch, dass du diese Diskussion in den anderen Threads zum "freien Willen, deine Theorien ausführlich dargelegt hast und gestehe dir die Freiheit gerne zu, das in diesem Thread nochmals zu tun, ich masse mir nicht an dir dies nochmals abzuverlangen.

Aber die sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt. belegt nicht, wie ich oben schon dargestellt habe, dass Westrom zwangsläufig aus physikalischen Gründen untergehen musste.

Agnost

#230:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:27
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Genau, und der Impuls ist hier eben die - in diesem Fall programmierte - Stellungsbewertung.
Die Stellungsbewertung ist derterminisiert bedingt. Bei identischen Spielverlauf und daraus folgender
identischer Stellung wird immer auch eine identischer Zugimpuls erfolgen. [...]

[...]

Zweitens würde eine gute Schachsoftware lernen und beim zweiten mal trotz identischer Stellung mglw. etwas anderes ziehen. Hab ich schon erlebt!

Etwas OT: Schachcomputer haben AFAIK immer auch Zufallsgeneratoren eingebaut. Das ist schon für die Eröffnung notwendig (der Computer macht nicht immer denselben Eröffnungszug), aber diese werden auch dann eingesetzt, wenn der Computer mehrere als gleich bewertete mögliche Züge berechnet hat. Das macht ihn weniger berechenbar für seinen Gegner.

#231:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:30
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Genau, und der Impuls ist hier eben die - in diesem Fall programmierte - Stellungsbewertung.
Die Stellungsbewertung ist derterminisiert bedingt. Bei identischen Spielverlauf und daraus folgender
identischer Stellung wird immer auch eine identischer Zugimpuls erfolgen. [...]

[...]Zweitens würde eine gute Schachsoftware lernen und beim zweiten mal trotz identischer Stellung mglw. etwas anderes ziehen. Hab ich schon erlebt!

Etwas OT: Schachcomputer haben AFAIK immer auch Zufallsgeneratoren eingebaut. Das ist schon für die Eröffnung notwendig (der Computer macht nicht immer denselben Eröffnungszug), aber diese werden auch dann eingesetzt, wenn der Computer mehrere als gleich bewertete mögliche Züge berechnet hat. Das macht ihn weniger berechenbar für seinen Gegner.

So isses. Hab aber das Lernen als Beispiel gewählt weil es sich hier nicht mehr um direkte Programmierung handelt, sondern schon eher ein bißchen in Richtung Intelligenz geht.

und damit Erwin nicht wieder mit seinem Zufall kommt

#232: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 16:49
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Meines Erachtens besteht darin dein Axiom. Du zweifelst ohne empirische Evidenz an der "realen Existenz von Möglichkeiten".

wobei er diese skurrilerweise ja nicht mal (physikalisch, real) innerhalb des Hirns bezweifelt ... zwinkern

@skeptiker
Zitat:
Mit dieser skurrilen, ultra-positivistischen Ansicht stehst Du selbst innerhalb Deines Fachbereiches ziemlich alleine da. Und völlig zu Recht!

auf diesen Umstand habe ich step auch schon mal sinngemäß hingewiesen, aber ein bißchen scheint es mir konsistent damit, daß er sogar den Heuristiken in Schachprogrammen konstatiert: weil es sich hier nicht mehr um direkte Programmierung handelt, sondern schon eher ein bißchen in Richtung Intelligenz geht. (Zitat)

Schachprogramme spielen hervorragend Schach, aber sind von "Intelligenz" meilenweit entfernt.

Zitat:
Der Glaube an den Menschen und seine Fähigkeit sollten den Glauben an "Gott" und "Schicksal" ablösen.

das hast du jetzt aber sehr schön gesagt - kommt in mein Poesiealbum zwinkern Sehr glücklich

Erwin

#233:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:00
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Aber die sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt. belegt nicht, wie ich oben schon dargestellt habe, dass Westrom zwangsläufig aus physikalischen Gründen untergehen musste.

Wieso nicht? Die Wellenfunktion der Welt sagen wir ein paar Tage vor dem Untergang Westroms entwickelte sich unitär bis zum Untergang. Die einzige Möglichkeit, das aufzuhalten, wäre, wenn irgendein wesentliches Ereignis dabei von quantenmeschanischem Zufall abhing. Das ist aber unwahrscheinlich.

#234: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:02
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mit dieser skurrilen, ultra-positivistischen Ansicht stehst Du selbst innerhalb Deines Fachbereiches ziemlich alleine da. Und völlig zu Recht! Nänääänää

Na, Argumente wieder mal ausgegangen?

#235:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:03
    —
step hat folgendes geschrieben:


Und drittens würde auch beim Menschen bei ansonsten identischer Situation ein "identischer Zugimpuls erfolgen". Oder warum sollte das nicht der Fall sein? Was genau, welche Kraft sollte ihn dazu bringen, anders zu handeln, wenn alle Umstände gleich sind?


Indem man Schach spielt und nicht rechnet. Schach ist ein Kriegsspiel und nichts ist im Krieg
wichtiger als Psychologie. Ein Schachprogramm weiß in der Regel damit nichts anzufangen,
darum agiert es nicht psychlogisch und ist ebnso mit Psychologie nicht zu besiegen.
Das Spiel wurde aber auch nicht dafür entwickelt das es technische oder biologische Rechenprogramme spielen.

Zitat:

Zitat:

[quote="AXO" postid=984269]Ich glaube z.B. nicht das eine Entscheidung mit welcher von zwei möglichen Frauen man den
Rest seines Lebens verbringen möchte - je unter Laborbedingungen getroffen wurde.

Und ich glaube nicht, daß eine solche Entscheidung je frei getroffen wurde Lachen


das tut mir sehr leid für Dich.

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Daß diese Entscheidung frei sei (daß es also echte Möglichkeiten gebe), wird nicht durch das Experiment, sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt.
wärst Du so freundlich mir das detailierter zu erläutern?

Sorry, nicht nochmal. Habe ich gerade vor wenigen Wochen erst hier getan. Ich würde Dich bitten, Dich selbst zu bilden. Man kann heute mE nicht mehr über solche Themen diskutieren - oder überhaupt Philosophie betreiben - ohne die wesentlichen Erkenntnisse der Physik inkl. Quantenmechanik einigermaßen parat zu haben.


Das ist Deine Meinung - ich habe eine andere.
Wenn es irgendwann mal notwendig sein sollte sichj mit spekulativen Spinnereien abgedrehter Physiker zu befassen,
dann mache ich das.

bisher ergab sich diese Notwendigkeit aber nicht und nur für Dich werde ich das ganz gewiss nicht tun.

#236: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:07
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Der Glaube an den Menschen und seine Fähigkeit sollten den Glauben an "Gott" und "Schicksal" ablösen.
das hast du jetzt aber sehr schön gesagt - kommt in mein Poesiealbum zwinkern Sehr glücklich

Bitte "Glaube", "Menschen" und "Fähigkeit" auch noch in Anführungsstrichen.

#237:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:10
    —
Zitat:
Die Wellenfunktion der Welt sagen ...

die math. Modelle der Zeitentwicklung sind Abstrakta physikalischer Systeme, hervorgegangen aus der mechanistischen Weltsicht ! Wie man so stur an ein paar nützliche Differentialgleichungen "glauben" kann, ist mir nicht nachvollziehbar.

"Die Welt" ist nun mal keine Turingmaschine, die eben nur ein Modell für berechenbare Funktionen darstellt.

Erwin

#238:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:17
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und drittens würde auch beim Menschen bei ansonsten identischer Situation ein "identischer Zugimpuls erfolgen". Oder warum sollte das nicht der Fall sein? Was genau, welche Kraft sollte ihn dazu bringen, anders zu handeln, wenn alle Umstände gleich sind?
Indem man Schach spielt und nicht rechnet. Schach ist ein Kriegsspiel und nichts ist im Krieg wichtiger als Psychologie.

Auch psychologische oder kriegerische Kontexte wären bei derselben Situation ja gleich. Oder willst Du mir nur sagen, daß ein Mensch anders entscheidet (von anderen Impulsen getrieben ist) als ein Schachprogramm? In dem Fall stimme ich zu, das widerlegt dann aber nicht, daß auch der Mensch in der identischen Situation identisch hndeln würde.

AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn es irgendwann mal notwendig sein sollte sichj mit spekulativen Spinnereien abgedrehter Physiker zu befassen, dann mache ich das. bisher ergab sich diese Notwendigkeit aber nicht und nur für Dich werde ich das ganz gewiss nicht tun.

- Der Vorschlag war, daß Du es für DICH tust, nicht für mich.
- was berechtigt Dich zu dieser Häufung von Beleidigungen? Welche Theorie genau ist hier eine "spekulative Spinnerei abgedrehter Physiker"?

#239:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:29
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Wellenfunktion der Welt ...
die math. Modelle der Zeitentwicklung sind Abstrakta physikalischer Systeme, hervorgegangen aus der mechanistischen Weltsicht!

Es ist völlig wurscht, woraus sie hervorgegangen sind. Es zählt einzig, ob sie gute Theorien im Sinne nachprüfbarer Voraussagen sind.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wie man so stur an ein paar nützliche Differentialgleichungen "glauben" kann, ist mir nicht nachvollziehbar.

Diese Gleichungen selbst sind extrem gut gestützt und zusammen mit weiteren gut gestützten Annahmen, etwa daß es in der Chemie und Biologie und daher auch im Gehirn keine weiteren wesentlichen elementaren Wechselwirkungen gibt, folgt daraus, daß nichtrealisierte Möglichkeiten der Physik widersprechen (mit jener einen Ausnahme).

Ich bin zu diesem Schluß naturwissenschaftlich-methodisch gezwungen, es sei denn ich erkläre die bekannte Physik für in diesem Rahmen wesentlich falsch. Die Alternative, nämlich Handlungsfreiheit als letzliche Illusion anzusehen, schein mir da das deutlich geringere Übel, zumal bisher noch kein Phänomen genannt werden konnte, das nicht auch ohne echte Handlungsfreiheit erklärbar wäre.

#240:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:34
    —
Ich habe den Thread aus Zeitmangel weitestgehend nicht gelesen, nehme mir dennoch die Freiheit, auf die Kurzdarstellung in der aktuellen Zeit aufmerksam zu machen, aus der man deutlich erkennen kann, daß die Naturwissenschaftler selber -Haynes und Libet scheinbar auch- die Sache glücklicherweise unideologisch angehen/angegangen sind. Im Gegenteil hat die ideologische Auseinandersetzung dazu beigetragen, die Forschung zu hemmen. Zum Abschluss wird noch das geplante Experiment Haynes geschildert, welches ich sehr befürworte und dessen Ergebnis ich mit Spannung entgegensehe. Es ist ein Versuch, der auch die Grenzen der Interpretierbarkeit aufzeigt. Meines Erachtens.

#241:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:42
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe den Thread aus Zeitmangel weitestgehend nicht gelesen, nehme mir dennoch die Freiheit, auf die Kurzdarstellung in der aktuellen Zeit aufmerksam zu machen, aus der man deutlich erkennen kann, daß die Naturwissenschaftler selber -Haynes und Libet scheinbar auch- die Sache glücklicherweise unideologisch angehen/angegangen sind. Im Gegenteil hat die ideologische Auseinandersetzung dazu beigetragen, die Forschung zu hemmen. Zum Abschluss wird noch das geplante Experiment Haynes geschildert, welches ich sehr befürworte und dessen Ergebnis ich mit Spannung entgegensehe. Es ist ein Versuch, der auch die Grenzen der Interpretierbarkeit aufzeigt. Meines Erachtens.

Zustimmung. Allerdings weiß ich schon was passiert, wenn der Proband sich trotz Info nicht mehr umentscheiden kann: Die FW-Vertreter werden sagen, die Zeit habe dazu nicht gereicht, und überhaupt sei die Situation ja sehr künstlich.

Ich habe ja auch weiter oben hier schon deutlich gemacht, was das Experiment untersucht und was nicht. Auch in der ZEIT wird das zumindest an einigen Stellen korrekt dargestellt.

#242:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 17:53
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ham die doch gesagt: man darf nicht an einen freien Willen glauben, weil die Religiösen das tun und was die tun, ist natürlich immer falsch. Und dann gibt es die einzig wahre Definition des "echten freien Willens", die man nicht hinterfragen darf, sonst ist man ganz böse, macht Rückzugsgefechte und ist ein Desaster-Mensch. Und diese einzig wahre Definition beinhaltet es wohl irgendwie, dass "echter freier Wille" völlig bewusst ablaufen muss. Oder so.

Schöne Sammlung von Strohmännern. Hast Du eigentlich schon die Inkompatibilisten in diesem Thread bemerkt? Und ich meine selbstverständlich nur die darunter, die an einen FW glauben. Aber vermutlich wird es Dir auch diesmal gelingen, deren Existenz irgendwie auszublenden.

#243:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 18:02
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und drittens würde auch beim Menschen bei ansonsten identischer Situation ein "identischer Zugimpuls erfolgen". Oder warum sollte das nicht der Fall sein? Was genau, welche Kraft sollte ihn dazu bringen, anders zu handeln, wenn alle Umstände gleich sind?
Indem man Schach spielt und nicht rechnet. Schach ist ein Kriegsspiel und nichts ist im Krieg wichtiger als Psychologie.

Auch psychologische oder kriegerische Kontexte wären bei derselben Situation ja gleich. Oder willst Du mir nur sagen, daß ein Mensch anders entscheidet (von anderen Impulsen getrieben ist) als ein Schachprogramm? In dem Fall stimme ich zu,


natürlich ist ein Mensch von anderen Impulsen motiviert. Wenn er ein Spiel beginnt will er gewinnen,
Einem Schachprogramm ist dieser anspruch völlig fremd. Es ist nichtmal in der Lage zu realiseren das es ein anspruch ist.
Es tut nichts als das was ihm zum rechnerischen gewinnen eines Spiels einprogrammiert wurde
und weil es dadurch ebenso auch gegen psychologische aspekte imun ist reicht das in der Regel auch.
Trotzdem ist das ganze nicht der Hauch eines Ausschnittes aus der Komplexizität eines Schachspiels
zwischen zwei Menschen.

Zitat:

das widerlegt dann aber nicht, daß auch der Mensch in der identischen Situation identisch hndeln würde.


Wenn Mensch in identischen Situationen identisch handeln würde, wäre ja jeglicher psychologische
Vorteil von vornherein verschenkt. Ein Spiel zu gewinnen bedingt vor allem eines -> nie berechenbar zu sein.



Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn es irgendwann mal notwendig sein sollte sichj mit spekulativen Spinnereien abgedrehter Physiker zu befassen, dann mache ich das. bisher ergab sich diese Notwendigkeit aber nicht und nur für Dich werde ich das ganz gewiss nicht tun.

- Der Vorschlag war, daß Du es für DICH tust, nicht für mich.


Danke - aber ein Bedarf dazu ist nicht vorhanden.

Zitat:

- was berechtigt Dich zu dieser Häufung von Beleidigungen? Welche Theorie genau ist hier eine "spekulative Spinnerei abgedrehter Physiker"?


ich werte ehrlich gesagt nichts davon als Beleidigung. Wer spinnend spekuliert sollte die Bezeichung
seines Tuns m.E. auch nicht als Beleidigung werten.

welche "Theorie" ??? hm....

okay ->>>> zeig mir ein quant oder weise seine Existenz im praktischen Versuch nach.
(zum besseren Verständnis -> ich bestreite die Theorie nicht verweise sie aber in die
Kategorie -> kann sein, kann ebensogut auch nicht sein. Exakt entsprechend des von Dir
erwarteten Beweises. Zum noch besseren Verständnis -> die Notwendige Richtigkeit
aus dem Bezug zu ansonsten nicht funktionierenden ebenso spekulativen anderen Theorien,
entbehrt m.e. erheblich mehr als viel zu viel jeglicher praktischen Realitätsnähe.
und ganz von all dem abgesehn spielt das alles noch nicht mal irgend eine realitätsbezogene Rolle.
Kurz - es ist praktisch völlig wurscht ob die Spekulationen richtig oder falsch sind.
Warum genau sollte sich also gegenwärtig jemand anders als wer der total verliebt in seine
eigene Gedanken ist und für ihre Weiterentwicklung gemessen am Ergebnis auch noch fürstlich
honoriert wird, damit befassen???)

#244:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 18:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
Diese Gleichungen selbst sind extrem gut gestützt und zusammen mit weiteren gut gestützten Annahmen, etwa daß es in der Chemie und Biologie und daher auch im Gehirn keine weiteren wesentlichen elementaren Wechselwirkungen gibt, folgt daraus, daß nichtrealisierte Möglichkeiten der Physik widersprechen (mit jener einen Ausnahme).


Aber diese Gleichungen sind doch nicht "die Weltformel" - ich bestreite doch auch gar nicht, die empirisch nachgewiesene Nützlichkeit innerhalb physikalischer Systeme. Aber aus systemtheoretischer Sicht, ignorierst du völlig die (emergenten, chaotischen, zufälligen ...) Effekte die eine rein reduktionistische Sichtweise obsolet machen.

Die Fixiertheit auf "echten Zufall" nur im Sinne der QM ist math. auch nicht haltbar, da auch Zufall "künstlich" erzeugbar ist, der von QM-Zufall nicht unterscheidbar ist.
Er_Win hat folgendes geschrieben:
siehe hier [...]


Zitat:

Ich bin zu diesem Schluß naturwissenschaftlich-methodisch gezwungen, es sei denn ich erkläre die bekannte Physik für in diesem Rahmen wesentlich falsch. ...

Unsinn, viele Physiker sehen sich nicht dazu gezwungen, insbesonders solche nicht, die sich auch mit den math. Modellen/Theorien komplexer Systeme beschäftigen. Du "glaubst" an die direkte Anwendbarkeit math.Modelle auf eine ganz andere komplexe Systemklasse, nur weil diese elementar den phys.math.Modellen genügt. Das hat mit Wissenschaft für meinen Begriff nichts zu tun.

Erwin

#245:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 18:14
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn Mensch in identischen Situationen identisch handeln würde, wäre ja jeglicher psychologische Vorteil von vornherein verschenkt. Ein Spiel zu gewinnen bedingt vor allem eines -> nie berechenbar zu sein.

Schon wieder ein logischer Fehler: Die Handlung könnte in identischer Situation identisch, aber dennoch für den Gegner nicht berechenbar sein. Die Unberechenbarkeit kann sogar programmiert werden.

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn es irgendwann mal notwendig sein sollte sichj mit spekulativen Spinnereien abgedrehter Physiker zu befassen, dann mache ich das. bisher ergab sich diese Notwendigkeit aber nicht und nur für Dich werde ich das ganz gewiss nicht tun.
- Der Vorschlag war, daß Du es für DICH tust, nicht für mich.
Danke - aber ein Bedarf dazu ist nicht vorhanden.

Nötig wäre es schon (siehe weiter unten), aber der Impuls fehlt Dir. Da kann ich auch nichts machen, und Du auch nicht zwinkern

AXO hat folgendes geschrieben:
okay ->>>> zeig mir ein quant oder weise seine Existenz im praktischen Versuch nach. (zum besseren Verständnis -> ich bestreite die Theorie nicht verweise sie aber in die Kategorie -> kann sein, kann ebensogut auch nicht sein.

Unglaublich. OK, hier macht eine Diskussion über Physik keinen weiteren Sinn mehr.

#246:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 18:24
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Aber diese Gleichungen sind doch nicht "die Weltformel"

Richtig. Ich kann auch nicht alles Makroskopische damit erklären (wenn das überhaupt geht dann wegen der Komplexität nur extrem aufwändig), sondern nur bestimmte Hypothesen ausschließen.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Die Fixiertheit auf "echten Zufall" nur im Sinne der QM ist math. auch nicht haltbar, da auch Zufall "künstlich" erzeugbar ist, der von QM-Zufall nicht unterscheidbar ist.

Hatten wir doch schon durchdiskutiert und ändert nichts wesentliches.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich bin zu diesem Schluß naturwissenschaftlich-methodisch gezwungen, es sei denn ich erkläre die bekannte Physik für in diesem Rahmen wesentlich falsch. ...

Unsinn, viele Physiker sehen sich nicht dazu gezwungen, insbesonders solche nicht, die sich auch mit den math. Modellen/Theorien komplexer Systeme beschäftigen. Du "glaubst" an die direkte Anwendbarkeit math.Modelle auf eine ganz andere komplexe Systemklasse, nur weil diese elementar den phys.math.Modellen genügt.

Es mag ja die faszinierendsten emergenten Effekte in komplexen Systemen geben, aber solange diese aus Elementarteilchen zusammengesetzt sind und es nicht spukt, werden diese Effekte nicht der Physik widersprechen, sonst wäre diese falsch und wir müßten sie ändern.

#247:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 18:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn Mensch in identischen Situationen identisch handeln würde, wäre ja jeglicher psychologische Vorteil von vornherein verschenkt. Ein Spiel zu gewinnen bedingt vor allem eines -> nie berechenbar zu sein.

Schon wieder ein logischer Fehler: Die Handlung könnte in identischer Situation identisch, aber dennoch für den Gegner nicht berechenbar sein. Die Unberechenbarkeit kann sogar programmiert werden.


ja - hatten wir schon ->>> "zufalls"generator. Hat aber nichts mit der Unberechenbarkeit zu tun, welche
ich meine -> diese ist nämlich berechnend, was wiederum durch das Gegenüber nicht durchschaubar sein sollte.
Doppelsinn wenn Du so willst - nach meinem Verständnis aber eher 3 und Mehrfachsinn - je nach
Verarbeitungskapazität seines Urhebers.
Kurz -> ich mache was das Dir vollidiotisch erscheint und weil Du mich für so blöd nicht hälst,
versuchst Du strategischen Sinn dahinter zu ergründen - welcher auch vorhanden ist,
aber lediglich in dem Sinne das Du Dich damit befasst, wärend ich Dir auf ner anderen Ecke
des Spielfeldes ein Messer ins Herz stoße - die Wirkung aber so anlege, das Du erst merkst das Du
getroffen wurdest wenn Du nicht mehr lokalisieren kannst wann das gewesen ist.
(und indem Du jetzt meinst das ich ne Stratgie preis gegeben hätte, kannst du Dir sicher sein,
das ich noch mindestens eine weitere Ebene in der Hinterhand habe.)

und jetz mach mir mal klar wer das, wie einem Programm verklickern will.

Zitat:

Zitat:

[quote="AXO" postid=984423]
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn es irgendwann mal notwendig sein sollte sichj mit spekulativen Spinnereien abgedrehter Physiker zu befassen, dann mache ich das. bisher ergab sich diese Notwendigkeit aber nicht und nur für Dich werde ich das ganz gewiss nicht tun.
- Der Vorschlag war, daß Du es für DICH tust, nicht für mich.
Danke - aber ein Bedarf dazu ist nicht vorhanden.

Nötig wäre es schon (siehe weiter unten), aber der Impuls fehlt Dir. Da kann ich auch nichts machen, und Du auch nicht zwinkern


ich schon - aber nach früherer eingehender Befassung damit bin ich zum Schluss der völligen
Unsinnigkeit gekommen. Frag mich am besten zu nem Zeitpunkt wo ich nicht das geringste sinnige
mehr zu tun und zu denken habe wieder. Maybe das ich Dir dann aufgrund der Auswahlmöglichkeit
aus sämtlichen Unsinnigkeiten zustimme und ganz willkürlich und freiwillig diese auswähle um meine
Zeit tot zu schlagen Smilie

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
okay ->>>> zeig mir ein quant oder weise seine Existenz im praktischen Versuch nach. (zum besseren Verständnis -> ich bestreite die Theorie nicht verweise sie aber in die Kategorie -> kann sein, kann ebensogut auch nicht sein.

Unglaublich. OK, hier macht eine Diskussion über Physik keinen weiteren Sinn mehr.


über Physik vielleicht - >>> wenn sie etwas weniger spekulativ ist.
Du kannst Dich aber auch gern herablassen mich zu wiederlegen - vielleicht spornt mich
das ja aus reinem Wettberbsdenken heraus an mich eingehender damit zu befassen Schulterzucken
(derzeit glaub ich aber eher nicht - weil mein Bedarf an Wettbewerbereien gerade übersättigt ist)

#248:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 19:20
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
okay ->>>> zeig mir ein quant oder weise seine Existenz im praktischen Versuch nach. (zum besseren Verständnis -> ich bestreite die Theorie nicht verweise sie aber in die Kategorie -> kann sein, kann ebensogut auch nicht sein.

Unglaublich. OK, hier macht eine Diskussion über Physik keinen weiteren Sinn mehr.
über Physik vielleicht - >>> wenn sie etwas weniger spekulativ ist.

Für den experimentellen Nachweis von Quanten wurde bereits zu Zeiten der Großen Oktoberrevolution der Nobelpreis vergeben. Selbstvertändlich an einen "abgedrehten Physiker" für sein "spekulativen Spinnereien".

AXO hat folgendes geschrieben:
Du kannst Dich aber auch gern herablassen mich zu wiederlegen - vielleicht spornt mich das ja aus reinem Wettberbsdenken heraus an mich eingehender damit zu befassen

Ich denke eher nicht. Du spürst instinktiv, daß das eine Menge Arbeit und geistige Anstrengung bedeuten und Dich vlt. sogar überfordern würde.

AXO hat folgendes geschrieben:
Hat aber nichts mit der Unberechenbarkeit zu tun, welche ich meine -> diese ist nämlich berechnend, was wiederum durch das Gegenüber nicht durchschaubar sein sollte.

Die Berechnung eines guten Schachcomputers ist schon jetzt - auch ohne Zufall - für das Gegenüber nicht mehr wirklich durchschaubar.

AXO hat folgendes geschrieben:
... versuchst Du strategischen Sinn dahinter zu ergründen - welcher auch vorhanden ist, aber lediglich in dem Sinne das Du Dich damit befasst, wärend ich Dir auf ner anderen Ecke des Spielfeldes ein Messer ins Herz stoße - die Wirkung aber so anlege, das Du erst merkst ...

Aha, Du willst auf Empathie und Täuschung hinaus. Na gut, das können Programme (noch) nicht, dazu sind sie nicht komplex genug. Aber bedenke, daß das Schachprogramm sowieso nur eine Analogie war, um einige Deiner früheren Behauptungen zu widerlegen. Jetzt kommen wir langsam zu den Eigenschaften, die einen Menschen wirklich von einem Schachprogramm unterscheiden.

Und, würdest Du sagen, daß Empathie und Täuschung wesentlich für freie Entscheidungen sind?

#249:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 19:24
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:


Wie ich sagte: Du übertreibst. Wer sagt Dir eigentlich, dass es diese "Tötungshemmung" gibt?


Die Tatsache, dass 98 Prozent der Menschen sich nicht gegenseitig umzubringen pflegen.

was auf Erziehung über das Bewusstsein beruht (sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!), was an sich eher ein Argument für die Freiheit des Willens ist, weil wir über das Bewusstsein doch ganz offensichtlich unser automatisches Triebverhalten relativieren können (was ja ein ganzes Stück der menschlichen Tragik ausmacht).



Heiner hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Und dass diese in diesem Moment wirkt und nicht etwas ganz anderes, z.B. bloße Erkennen eines plötzlich auftauchenden Hindernisses?


Ne, jetzt weichst du aus. Das Beispiel war so konstruiert, dass du als Autofahrer schon längere Zeit vorher erkennst, dass sich Kinder auf der Straße befinden (meinetwegen spielen die da, um es noch klarer zu machen... Mit den Augen rollen )


Das klang aber ganz und gar nicht danach. Da frage ich mich: Warum ein so umständliches Beispiel. Frag doch einfach, ob man einen Menschen erschießen könnte oder nicht. Und da sage ich Dir: Klar könnte ich das (genauso, wie ich ein Tier erschießen könnte), wenn ich nicht bewusst um die Konsequenzen fürchten müsste. Aus Notwehr könnte ich es allemal.
Und im Falle des unschuldigen Kindes: Da hemmt mich meine Erziehung und diese lässt mich auch den Kopf voller Unverständnis schütteln, wenn ich immer wieder lese, was manche mit ihren Kindern so anstellen (Säure trinken lassen; Einsperren und Verhungern; Erschießen in Krisengebieten usw.). Wie frei wir sind, zeigte uns doch z.B. die Nazi-Zeit: Juden waren "auf einmal" keine Menschen mehr, vermittelt durch ein Bewusstseins-Konzept, das man beliebig variieren kann. Als die Menschen noch in kleineren Gruppen lebten, haben diese sich gegenseitig ohne mit der Wimper zu zucken abgeschlachtet (siehe Mayas - für die ist das ganz gut belegt -> bei Menschen, die völlig gleich aussahen!).
Die Unfreiheit, ein Kind zu überfahren, ergibt sich eben gerade erst durch unseren Willen!

Heiner hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Denn ich denke mal, dass der Jadgtrieb viel stärker ist als so eine anerzogene "Tötungshemmung".


Ah ja, wenn du Kinder auf der Straße siehst, erwacht in dir als Autofahrer möglicherweise der Jagdtrieb und du drückst auf die Tube?? Weinen Glaubst du sicher selbst nicht.
Es könnte sein, dass eine solche Anomalie bei vielleicht 0,05 Prozent der Menschen auftritt.
In deren Gehirn stimmt dann etwas nicht.
Selbstverständlich wären die dann auch nicht frei, etwas anderes zu wollen, sie müssten dann töten wollen. Ausrufezeichen


Das siehst Du völlig falsch, wie ich ja gerade hinreichend erläutert habe.


Heiner hat folgendes geschrieben:


Ich kratze mal aus der Sicht eines „Leugners“ der Willensfreiheit am Bild von der Firma: Nicht der Chef ist der Wille, der Wille ist allenfalls die Gesamtheit von Abteilungen (Unbewusstes) und Chef (bewusstes Ich). Die meisten Mitarbeiter (= unbewusste Motive), die in den Abteilungen sitzen, hast du selber gar nicht eingestellt. Die sitzen da schon seit Jahren/Jahrzehnten und arbeiten fleißig vor sich hin. Die Mitarbeiter (= Motive) sind nicht mit der selben Überzeugungsfähigkeit ausgestattet. Sie haben nicht dieselben Voraussetzungen, den Chef zu überzeugen; da gibt es sehr eloquente und überzeugungsfähige Mitarbeiter (= Motive), die den Chef beeindrucken können, und kleine, unbedeutende Mitarbeiter, die das nicht können. Wenn der Chef den Mitarbeitern (= Motiven) Gehör schenkt, wird er sich dem überzeugungsfähigsten Mitarbeiter (= dem überzeugendsten Motiv) für eine zu treffende Wahl anschließen.zwinkern


Daran sieht man, dass man die Problematik aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und sie für das eine oder andere auslegen kann (freier vs. unfreier Wille). Zweifelsohne läuft es so ab, wie Du es beschrieben hast, aber ob der Chef sich nun wirklich durch Eloquenz überzeugen lässt? Das kommt darauf an, inwieweit er selbst bei der Sache sicher im Sattel sitzt, denn je mehr Argumente er selbst drauf hat, umso unabhängiger ist er von den Meinungen der Mitarbeiter. zwinkern Wie gesagt: Der Chef ist ein unabhängiges System, das andere unabhängige Systeme überwacht und bewertet. Ich finde diese Sicht durchaus plausibel.

Heiner hat folgendes geschrieben:

Die Frage „Willensfreiheit – ja oder nein“ ist immer auf einen gegebenen Zeitpunkt zu beziehen. Die Frage lautet: Hättest du zu einem gegebenen Zeitpunkt auch anders wollen können, als du tatsächlich wolltest? Kannst du zu einem gegebenen Zeitpunkt Gegensätzliches (tun) wollen? Wenn du zu einem gegebenen Zeitpunkt X willst, kannst du dann auch ebenso Y wollen?

Das wollte ich ja gezeigt haben: Die Beliebigkeit der Anzahl der Kriterien. Ich bin nicht gezwungen, alle relevanten Kriterien heranzuziehen. Und WELCHE Kriterien ich nun nehme, das halte ich für beliebig/ "zufällig".

EDIT:Ums mal übersichtlich zu machen:
Wenn man einen Menschen sich künstlich (experimentell) in einer Situation entscheiden lässt und das mehrmals, dann wird er sich jedesmal etwas anders entscheiden/ verhalten (ich denke, das ist nachvollziehbar). Warum? Das ist mE der Knackpunkt.



Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Es hängt ganz davon ab, welche Kriterien welcher Chef für seine Entscheidung heranzieht!

Sind die Kritieren zufällig oder stehen sie fest?


Siehe meine letzte Antwort an Heiner.

#250:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 19:32
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Es hängt ganz davon ab, welche Kriterien welcher Chef für seine Entscheidung heranzieht!

Sind die Kritieren zufällig oder stehen sie fest?


Siehe meine letzte Antwort an Heiner.

Wo mit wir wieder in meiner Ursprungsfrage wären.
Allerdings hast ja bereits gesagt, dass du im Zufall keine Freiheit siehst.

#251:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 19:40
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Wenn man einen Menschen sich künstlich (experimentell) in einer Situation entscheiden lässt und das mehrmals, dann wird er sich jedesmal etwas anders entscheiden/ verhalten (ich denke, das ist nachvollziehbar). Warum? Das ist mE der Knackpunkt.

Die Situation ist nicht dieselbe, und über ein Ensemble von Situationen (oder auch Menschen) gibt es natürlich echte verschiedene Möglichkeiten.

#252:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 20:27
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ham die doch gesagt: man darf nicht an einen freien Willen glauben, weil die Religiösen das tun und was die tun, ist natürlich immer falsch. Und dann gibt es die einzig wahre Definition des "echten freien Willens", die man nicht hinterfragen darf, sonst ist man ganz böse, macht Rückzugsgefechte und ist ein Desaster-Mensch. Und diese einzig wahre Definition beinhaltet es wohl irgendwie, dass "echter freier Wille" völlig bewusst ablaufen muss. Oder so.

Schöne Sammlung von Strohmännern.

Hehe.

Gibt es eigentlich eine einzige Antwort von Dir auf einen Beitrag von mir, in der Du mir nicht Strohmänner vorgeworfen hast? Wird wahrscheinlich schwierig zu finden sein.

Polemik: ja. Strohmänner: nein.

kolja hat folgendes geschrieben:
Hast Du eigentlich schon die Inkompatibilisten in diesem Thread bemerkt? Und ich meine selbstverständlich nur die darunter, die an einen FW glauben. Aber vermutlich wird es Dir auch diesmal gelingen, deren Existenz irgendwie auszublenden.

Jup, es scheint durchaus einige Leute zu geben, denen das intuitive Argument der Inkompatibilisten einzuleuchten scheint und daher hinterfragen sie es nicht.

Ich bin schon zu lange an der Diskussion beteiligt, um nicht zu merken, mit welchen Tricks hier gearbeitet wird: es wird eine bestimmte Definition des freien Willens als die einzig Wahre immer und immer wieder untergeschoben. Dazu wird in vielen Beiträgen über die "echte" Handlungsfreiheit geredet, entweder wohl wissend oder einfach ignorierend, dass dieser Ausdruck gemeinhin nicht so verstanden wird, wie er eigentlich gemeint ist.

Und dann ist es noch so, dass immer wieder mit unverständlicher Beweisführung auf die Physik hingewiesen wird, was zwar nichts mit dem Thema zu tun hat, was aber nicht leicht zu verstehen ist.

Und damit wird das Wesentliche der Diskussion, das, was ich meine, um was es den meisten Leuten dabei geht, permanent hübsch unter den Teppich gekehrt: sind meine Handlungen nun meine Handlungen oder sind es einfach nur vorgegebene Abläufe in einem gesamten Weltgeschehen, determiniert durch prinzipiell meinem Einfluss entzogenen Umstände? Sind meine Überlegungen relevant oder nicht? Hat man einen Einfluss auf das, was man tut oder nicht?

Der Witz dabei ist natürlich, dass, wenn tatsächlich meine Überlegungen irrelevant wären und keinen Einfluss hätten, das selbstverständlich auch über alle Überlegungen anderer gesagt werden müsste und somit natürlich auch explizit über die Überlegungen der Inkompatibilisten.

Aber das ficht Inkompatibilisten natürlich nicht an, genausowenig die Aufforderung, doch mal ihre Ansicht argumentativ wenigstens ein klitzekleines bisschen zu untermauern. Dann wird immer nur mit einem unschuldigen Augenaufschlag behauptet, die meisten Leute würden das intuitive Argument doch einsehen und also bedürfe es keines echten Argumentes mehr.

Was das eigentliche Ziel dieser Diskussion ist, ist auch nicht schwer zu durchschauen: nach Ansicht von Inkompatibilisten ist Selbststeuerung/-bestimmung eine Illusion und daraus folgt dann ihrer Ansicht nach, dass die illusionäre Selbstbestimmung bedenkenlos eingeschränkt werden darf. Siehe zum Beispiel dazu dieses Interview mit Markowitsch, das jetzt online verfügbar ist. Das ist die Vision einer Expertokratie, Männer in weißen Kitteln, die die Determination für andere nicht nachvollziehbar bestimmen und daraufhin "Maßnahmen" ergreifen, die ebenfalls nicht nachvollziehbar sind.

#253:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 20:42
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und damit wird das Wesentliche der Diskussion, das, was ich meine, um was es den meisten Leuten dabei geht, permanent hübsch unter den Teppich gekehrt: sind meine Handlungen nun meine Handlungen oder sind es einfach nur vorgegebene Abläufe in einem gesamten Weltgeschehen, determiniert durch prinzipiell meinem Einfluss entzogenen Umständen? Sind meine Überlegungen relevant oder nicht? Hat man einen Einfluss auf das, was man tut oder nicht?

Und genau das finde ich völlig unerheblich, da es sich aus meiner Sicht nur um die Entscheidung für die "schönere" philosophische Deutung handelt, während die zugrundeliegenden Fakten sowieso die gleichen bleiben. Insbesondere kann man aus einer solchen Entscheidung keinerlei weitere Schlüsse ziehen, Du benötigst aber diese Entscheidung, um gewisse "intuitive Schlüsse" vorzubereiten.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber das ficht Inkompatibilsten natürlich nicht an, genausowenig die Aufforderung, doch mal ihre Ansicht argumentativ wenigstens ein klitzekleines bisschen zu untermauern. Dann wird immer nur mit einem unschuldigen Augenaufschlag behauptet, die meisten Leute würden das intuitive Argument doch einsehen und also bedürfe es keiner weiteren Argumente mehr.

An anderer Stelle habe ich gezeigt, dass das nicht stimmt, sondern dass im Gegenteil Du derjenige bist, der in hohem Maße an "intuitive Schlüsse" appelliert. Aber genau darauf bist Du nicht eingegangen.

#254:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 20:45
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
nach Ansicht von Inkompatibilisten ist Selbststeuerung/-bestimmung eine Illusion

Das kann man so nicht sagen. Manche Inkompatibilisten schließen auch andersherum intuitionistisch: Da es Freien Willen offensichtlich gebe, müsse der Determnisnismus falsch sein.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann wird immer nur mit einem unschuldigen Augenaufschlag behauptet, die meisten Leute würden das intuitive Argument doch einsehen und also bedürfe es keines echten Argumentes mehr.

Gerade von den Vertretern des FW wird ja hier häufig intuitionistisch argumentiert, ja sogar zuweilen aus dem Wünschen ein Müssen und daraus ein Sein gefolgert (Strafrecht).

#255:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 20:51
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und damit wird das Wesentliche der Diskussion, das, was ich meine, um was es den meisten Leuten dabei geht, permanent hübsch unter den Teppich gekehrt: sind meine Handlungen nun meine Handlungen oder sind es einfach nur vorgegebene Abläufe in einem gesamten Weltgeschehen, determiniert durch prinzipiell meinem Einfluss entzogenen Umständen? Sind meine Überlegungen relevant oder nicht? Hat man einen Einfluss auf das, was man tut oder nicht?

Und genau das finde ich völlig unerheblich, da es sich aus meiner Sicht nur um die Entscheidung für die "schönere" philosophische Deutung handelt, während die zugrundeliegenden Fakten sowieso die gleichen bleiben. Insbesondere kann man aus einer solchen Entscheidung keinerlei weitere Schlüsse ziehen, Du benötigst aber diese Entscheidung, um gewisse "intuitive Schlüsse" vorzubereiten.

Ja, auch ich habe eine Intuition, das ist unbestritten. Meine Intuition sagt mir, dass jeglicher moralische Appell von Dir absolut ins Leere läuft, wenn ich meine Handlungen nicht bestimmen kann.

kolja hat folgendes geschrieben:
An anderer Stelle habe ich gezeigt, dass das nicht stimmt, sondern dass im Gegenteil Du derjenige bist, der in hohem Maße an "intuitive Schlüsse" appelliert. Aber genau darauf bist Du nicht eingegangen.

Ja, klar, behaupten kann man unglaublich viel, besonders dann, wenn ich das hier an dieser Stelle nicht widerlegen kann.

#256:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 20:58
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, auch ich habe eine Intuition, das ist unbestritten. Meine Intuition sagt mir, dass jeglicher moralische Appell von Dir absolut ins Leere läuft, wenn ich meine Handlungen nicht bestimmen kann.

Da irrt Deine Intuition, den die Physik in Deinem Gehirn ist von der philosophischen Deutung, die Du ihr überstülpen möchtest, hinreichend unabhängig.

Ansonsten bist Du meinem Punkt ausgewichen und hast Dich vor einer inhaltlichen Antwort gedrückt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, klar, behaupten kann man unglaublich viel, besonders dann, wenn ich das hier an dieser Stelle nicht widerlegen kann.

Du hast es doch gerade eben wieder bestätigt. Schulterzucken

#257:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 20:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
nach Ansicht von Inkompatibilisten ist Selbststeuerung/-bestimmung eine Illusion

Das kann man so nicht sagen. Manche Inkompatibilisten schließen auch andersherum intuitionistisch: Da es Freien Willen offensichtlich gebe, müsse der Determnisnismus falsch sein.

Ja, Du hast recht, da habe ich mich unpräzise ausgedrückt. Unterscheiden wir also noch die beiden Richtungen des Inkompatibilismus: "Libertarier" (diejenigen, die den Inkompatibilismus und den freien Willen für wahr halten und daher den Determinismus für falsch halten) und "harte Deterministen" (diejenigen, die die ebenfalls Determinismus und freien Willen für unvereinbar halten, jedoch den Determinismus für wahr und demnach den freien Willen für falsch).

Ich meinte demnach in meinem obigen Satz "harte Deterministen".

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann wird immer nur mit einem unschuldigen Augenaufschlag behauptet, die meisten Leute würden das intuitive Argument doch einsehen und also bedürfe es keines echten Argumentes mehr.

Gerade von den Vertretern des FW wird ja hier häufig intuitionistisch argumentiert, ja sogar zuweilen aus dem Wünschen ein Müssen und daraus ein Sein gefolgert (Strafrecht).

Ich meine, dass beiden Seiten Argumente benötigen, wenn sie denn den Anspruch haben, andere, die das intuitive Argument nicht nachvollziehen können, überzeugen zu wollen.

#258:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 20:59
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Ansonsten bist Du meinem Punkt ausgewichen und hast Dich vor einer inhaltlichen Antwort gedrückt.

Aha. Was war denn Dein Punkt?

#259:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:01
    —
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=984539#984539, erster Absatz.

#260:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:01
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Intuition sagt mir, dass jeglicher moralische Appell von Dir absolut ins Leere läuft, wenn ich meine Handlungen nicht bestimmen kann.

Deine Intuition täuscht auch hier. Es reicht, wenn Du die von dem moralischen Appell intendierten Handlungen präferieren und ausführen kannst. Daß Du das "bestimmen" nennst ...

#261:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:08
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Unterscheiden wir also noch die beiden Richtungen des Inkompatibilismus: "Libertarier" (diejenigen, die den Inkompatibilismus und den freien Willen für wahr halten und daher den Determinismus für falsch halten) und "harte Deterministen" (diejenigen, die die ebenfalls Determinismus und freien Willen für unvereinbar halten, jedoch den Determinismus für wahr und demnach den freien Willen für falsch). Ich meinte demnach in meinem obigen Satz "harte Deterministen".

Das ist schon deutlich besser. Nur noch eine letzte kleine Korrektur bzw. Ergänzung: Um den FW für falsch zu halten, muß man kein harter Determinist sein, es reicht ein Physikalismus in Form einer Kombination aus Determinismus und echtem Zufall.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich meine, dass beiden Seiten Argumente benötigen, wenn sie denn den Anspruch haben, andere, die das intuitive Argument nicht nachvollziehen können, überzeugen zu wollen.

Genau. Deshalb versuche ich es auch immer mit Naturgesetzen statt intuitiven Argumenten ...

#262:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:10
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=984539#984539, erster Absatz.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und damit wird das Wesentliche der Diskussion, das, was ich meine, um was es den meisten Leuten dabei geht, permanent hübsch unter den Teppich gekehrt: sind meine Handlungen nun meine Handlungen oder sind es einfach nur vorgegebene Abläufe in einem gesamten Weltgeschehen, determiniert durch prinzipiell meinem Einfluss entzogenen Umständen? Sind meine Überlegungen relevant oder nicht? Hat man einen Einfluss auf das, was man tut oder nicht?

Und genau das finde ich völlig unerheblich, da es sich aus meiner Sicht nur um die Entscheidung für die "schönere" philosophische Deutung handelt, während die zugrundeliegenden Fakten sowieso die gleichen bleiben. Insbesondere kann man aus einer solchen Entscheidung keinerlei weitere Schlüsse ziehen, Du benötigst aber diese Entscheidung, um gewisse "intuitive Schlüsse" vorzubereiten.

Und nu? Mein intuitiver Schluss ist, dass Du das geschrieben hast und nicht irgendwelche außerhalb Dir liegender Determinanten und deswegen halte ich Dich auch dafür verantworltlich, was Du geschrieben hast.

Und weiter?

Was ist nun Dein Punkt? Was sind denn nun die zugrundeliegenden Fakten und welche Auswirkungen haben sie? Dass meine Intuition falsch ist oder wie oder was?

#263:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
okay ->>>> zeig mir ein quant oder weise seine Existenz im praktischen Versuch nach. (zum besseren Verständnis -> ich bestreite die Theorie nicht verweise sie aber in die Kategorie -> kann sein, kann ebensogut auch nicht sein.

Unglaublich. OK, hier macht eine Diskussion über Physik keinen weiteren Sinn mehr.
über Physik vielleicht - >>> wenn sie etwas weniger spekulativ ist.

Für den experimentellen Nachweis von Quanten wurde bereits zu Zeiten der Großen Oktoberrevolution der Nobelpreis vergeben. Selbstvertändlich an einen "abgedrehten Physiker" für sein "spekulativen Spinnereien".


los - lass den Namen raus damit ich die Fährte aufnehmen kann Mr. Green

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Du kannst Dich aber auch gern herablassen mich zu wiederlegen - vielleicht spornt mich das ja aus reinem Wettberbsdenken heraus an mich eingehender damit zu befassen

Ich denke eher nicht. Du spürst instinktiv, daß das eine Menge Arbeit und geistige Anstrengung bedeuten und Dich vlt. sogar überfordern würde.


Das hat nicht das geringste mit Instinkt zu tun - ich weiß das es nicht unanstrengend ist,
eben weil ich mich bereits damit befasst habe.
Bezüglich etwaiger Überforderung hatte ich noch nie Bedenken - mir bereitet lediglich die erhebliche
Zwecklosigkeit der Anstrengungen Sorgen. Was zu nichts Nutze ist lerne ich nur schwer,
obwohl mir ansonsten das lernen äußerst leicht fällt.
Sinnvolle Information fällt mir manchmal in einer derartigen Geschwindigkeit und Frequenz zu,
das mir selbst davon schwindelig wird Smilie

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Hat aber nichts mit der Unberechenbarkeit zu tun, welche ich meine -> diese ist nämlich berechnend, was wiederum durch das Gegenüber nicht durchschaubar sein sollte.

Die Berechnung eines guten Schachcomputers ist schon jetzt - auch ohne Zufall - für das Gegenüber nicht mehr wirklich durchschaubar.


Du hast gar nicht verstanden was ich gesagt habe.
Es spielt keine Rolle ob ich den Gegner durchschaue - wichtig ist einzig und allein das er mich nicht durchschaut. (und für mich persönlich ist grad witzig das Du in Deinem nutzlosen Quantenverständisvermögen nicht mal ansatzweise in der Lage bist zu begreifen welches Geschenk
ich Dir grad gemacht habe. Und -> klar wirst Du es allein aufgrund dieser Aussage zu verstehen versuchen - jedoch -> ohne jedes Ergebnis Smilie
Einfach schon weil Du nicht verstehst das Schach gespielt wird ohne das Dir wer gesagt hat, das Schach gespielt wird.
kurz ->>> Du wolltest Gegner sein ohne das realisiert zu haben.

Zitat:
AXO hat folgendes geschrieben:
... versuchst Du strategischen Sinn dahinter zu ergründen - welcher auch vorhanden ist, aber lediglich in dem Sinne das Du Dich damit befasst, wärend ich Dir auf ner anderen Ecke des Spielfeldes ein Messer ins Herz stoße - die Wirkung aber so anlege, das Du erst merkst ...

Aha, Du willst auf Empathie und Täuschung hinaus.


nein

Zitat:

Na gut, das können Programme (noch) nicht, dazu sind sie nicht komplex genug. Aber bedenke, daß das Schachprogramm sowieso nur eine Analogie war, um einige Deiner früheren Behauptungen zu widerlegen. Jetzt kommen wir langsam zu den Eigenschaften, die einen Menschen wirklich von einem Schachprogramm unterscheiden.


ups - wenn Du in der Lage bist zu akzeptieren das Schachprogramme sich von Menschen unterscheiden,
kommen wir vielleicht auch noch dahin WAS der gravierende Unterschied ist.

Zitat:

Und, würdest Du sagen, daß Empathie und Täuschung wesentlich für freie Entscheidungen sind?


als Beweis deren nicht unwesentlich täte ich sagen.
Der einfachste Nachweis des freien Willlens jedenfalls ist m.E. gezielt NICHT zu tun was erwartet wird.
und wenn man gezielt nicht, nicht tut was erwartet wird, ohne das das Ergebnis identisch mit
dem erwarteten Tun ist,
scheint mir der Beweis unwiederlegbar.

#264:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:26
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Aber die sondern durch die Unitarität der physikalischen zeitentwicklung widerlegt. belegt nicht, wie ich oben schon dargestellt habe, dass Westrom zwangsläufig aus physikalischen Gründen untergehen musste.

Wieso nicht? Die Wellenfunktion der Welt sagen wir ein paar Tage vor dem Untergang Westroms entwickelte sich unitär bis zum Untergang. Die einzige Möglichkeit, das aufzuhalten, wäre, wenn irgendein wesentliches Ereignis dabei von quantenmeschanischem Zufall abhing. Das ist aber unwahrscheinlich.


Welche Wellenfunktion? Die müsste doch rekonstruierbar sein?

Nicht das ich sie überprüfen könnte, aber es gäbe sicher einige hier, die das begutachten könnten.

Die Gesetze der Physik determinieren doch nicht, ob Ostrom oder Westrom untergehen.

Agnost

#265: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Ob man "Gott", "Schicksal" oder "Determinismus" sagt, macht keine Unterschied. Letzterer ist sozusagen ohnehin so etwas wie der säkularisierte "Gottes"- und Schicksalsglauben, der alles vorherbestimmt hat, was ist.

Die hier aufgeführten Experimente zeigen dies allerdings nicht. vielmehr verweisen sie auf die Privatphilosophie einiger bürgerlicher Forscher.


Das ist nun wirklich eine Verdrehung der Religions- und Wissenschaftsgeschichte.
Es ist so, dass in der theistischen Religion Willensfreiheit und fehlende Determiniertheit/fehlende Naturgesetzlichkeit zentrale Glaubenselemente sind. Ohne die würde nämlich die theistische Gottesdefinition zusammenbrechen. Dann kam die Wissenschaft daher und hat zunächst vor allem mit der Entdeckung von Naturgesetzlichkeit ein ganz neues Paradigma geschaffen, das den Theismus schwer beschädigt hat. Davon hat er sich ja bis heute nicht erholt. In einer von Naturgesetzen determinierten Welt bleibt kein Platz mehr für einen Weltenlenkergott, der allen Gesetzen enthoben ist. Schließlich haben die Humanwissenschaften Determinierung auf den Menschen übertragen: Der Menschen ist durch die Gesellschaft (Marx usw.) und durch das Unbewusste (Freud usw.) determiniert. Die Willensfreiheit gehört historisch klar zum religiösen und nicht zum wissenschaftlichen Paradigma.

#266: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:30
    —
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Der Glaube an den Menschen und seine Fähigkeit sollten den Glauben an "Gott" und "Schicksal" ablösen.
das hast du jetzt aber sehr schön gesagt - kommt in mein Poesiealbum zwinkern Sehr glücklich

Bitte "Glaube", "Menschen" und "Fähigkeit" auch noch in Anführungsstrichen.


Dieser Satz gehört Skeptiker und nicht mir, das ist ein "verzeihbarer" Zitierfehler. Das Kompliment, wie auch die Kritik gebüren also nicht mir.

Agnost

#267:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:33
    —
step hat folgendes geschrieben:
Nur noch eine letzte kleine Korrektur bzw. Ergänzung: Um den FW für falsch zu halten, muß man kein harter Determinist sein, es reicht ein Physikalismus in Form einer Kombination aus Determinismus und echtem Zufall.

Einverstanden.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich meine, dass beiden Seiten Argumente benötigen, wenn sie denn den Anspruch haben, andere, die das intuitive Argument nicht nachvollziehen können, überzeugen zu wollen.

Genau. Deshalb versuche ich es auch immer mit Naturgesetzen statt intuitiven Argumenten ...

Das reicht, um einen unbedingten freien Willen zu widerlegen...

Das reicht aber keineswegs, um Deine moralischen Forderungen nach einer Expertokratie als unabdingbar zu deklarieren... Dazu wären ein paar Argumente ganz hilfreich... Ich sehe das nämlich den Zusammenhang zwischen der Unmöglichkeit eines unbedingten freien Willens und der Notwendigkeit einer Expertokratie noch nicht so richtig...

#268:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:35
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Der einfachste Nachweis des freien Willlens jedenfalls ist m.E. gezielt NICHT zu tun was erwartet wird. und wenn man gezielt nicht, nicht tut was erwartet wird, ohne das das Ergebnis identisch mit dem erwarteten Tun ist, scheint mir der Beweis unwiederlegbar.

Hatten wir hier schon, wurde schon widerlegt.

#269: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:39
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Ob man "Gott", "Schicksal" oder "Determinismus" sagt, macht keine Unterschied. Letzterer ist sozusagen ohnehin so etwas wie der säkularisierte "Gottes"- und Schicksalsglauben, der alles vorherbestimmt hat, was ist.

Die hier aufgeführten Experimente zeigen dies allerdings nicht. vielmehr verweisen sie auf die Privatphilosophie einiger bürgerlicher Forscher.


Das ist nun wirklich eine Verdrehung der Religions- und Wissenschaftsgeschichte.
Es ist so, dass in der theistischen Religion Willensfreiheit und fehlende Determiniertheit/fehlende Naturgesetzlichkeit zentrale Glaubenselemente sind. Ohne die würde nämlich die theistische Gottesdefinition zusammenbrechen. Dann kam die Wissenschaft daher und hat zunächst vor allem mit der Entdeckung von Naturgesetzlichkeit ein ganz neues Paradigma geschaffen, das den Theismus schwer beschädigt hat. Davon hat er sich ja bis heute nicht erholt. In einer von Naturgesetzen determinierten Welt bleibt kein Platz mehr für einen Weltenlenkergott, der allen Gesetzen enthoben ist. Schließlich haben die Humanwissenschaften Determinierung auf den Menschen übertragen: Der Menschen ist durch die Gesellschaft (Marx usw.) und durch das Unbewusste (Freud usw.) determiniert. Die Willensfreiheit gehört historisch klar zum religiösen und nicht zum wissenschaftlichen Paradigma.


Und das ist einfach nur Quatsch.

Schon auf der ersten Seite habe ich nachgewiesen, dass der Calvinismus knallhart deterministisch ist, und dass der freie Wille des Menschen in dieser Richtung des Theismus irrelevant für die Erlösung des Menschen ist.

Das selbe gilt natürlich auch für den Islam, der auch keinen freien Willen kennt.

Und auch der allgemeine theistische Volksglaube sagt:

Der Mensch denkt und Gott lenkt.

Agnost

#270: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:42
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Schon auf der ersten Seite habe ich nachgewiesen, dass der Calvinismus knallhart deterministisch ist, und dass der freie Wille des Menschen in dieser Richtung des Theismus irrelevant für die Erlösung des Menschen ist.


Der Calvinismus ist "knallhart nicht deterministisch". Der liebe Gott ist nämlich "total" undeterminiert. "Das Handeln Gottes ist unergründlich..." oder so... Mit den Augen rollen
Und natürlich hat der liebe Gott auch einen freien Willen. Sonst wäre er nicht mehr der liebe Gott... Mit den Augen rollen

#271:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:42
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das reicht aber keineswegs, um Deine moralischen Forderungen nach einer Expertokratie als unabdingbar zu deklarieren... Dazu wären ein paar Argumente ganz hilfreich... Ich sehe das nämlich den Zusammenhang zwischen der Unmöglichkeit eines unbedingten freien Willens und der Notwendigkeit einer Expertokratie noch nicht so richtig...

Also ...
1. reicht das nicht nur, um den unbedingten (totalen), sondern auch den bedingten (partiellen, ...) FW zu widerlegen. Es reicht allerdings nicht, um den nur gefühlten FW oder sonstige komaptibilistische Notkonstruktionen zu widerlegen.

2. reiht das auch, um die Abschaffung oder zumindest Andersbegründung gewisser gesellsch. Bräuche zu fordern, z.B. im Strafrecht oder der Religion.

3. reicht eine Widerlegung des FW natürlich nicht - da gebe ich Dir vollkommen recht - um eine Expertokratie irgendeiner Art zu fordern.

4. habe ich eine solche Expertokratie - wenn ich sie überhaupt ins Spiel gebracht habe - nicht oder nicht allein mit der fehlenden Handlungsfreiheit begründet.

#272: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:44
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Und auch der allgemeine theistische Volksglaube sagt: Der Mensch denkt und Gott lenkt.

Dennoch lernt jedes Religionskind, daß der Mensch einen freien Willen von Gott geschenkt bekam und Gott es danach beurteilt, ob es sich für Gut oder Böse entscheidet. Wenn Du sagst "Gott hat den Papst und Hitler gelenkt", ...

#273:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:52
    —
durial hat folgendes geschrieben:
[(sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!),

Gröhl...

Pillepalle

#274:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:55
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
[(sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!),

Gröhl... Pillepalle

Ja, der war ziemlich extrem.

#275: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 21:58
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Ob man "Gott", "Schicksal" oder "Determinismus" sagt, macht keine Unterschied. Letzterer ist sozusagen ohnehin so etwas wie der säkularisierte "Gottes"- und Schicksalsglauben, der alles vorherbestimmt hat, was ist.

Die hier aufgeführten Experimente zeigen dies allerdings nicht. vielmehr verweisen sie auf die Privatphilosophie einiger bürgerlicher Forscher.


Das ist nun wirklich eine Verdrehung der Religions- und Wissenschaftsgeschichte.
Es ist so, dass in der theistischen Religion Willensfreiheit und fehlende Determiniertheit/fehlende Naturgesetzlichkeit zentrale Glaubenselemente sind. Ohne die würde nämlich die theistische Gottesdefinition zusammenbrechen.


was genau ist das?
Du meinst das es unter Abwesenheit von nicht vorhandener Willensfreiheit (kannst du bis dahin noch mitdenken) und dem Vorhandensein von Determiniertheit und Naturgesetzlichkeit möglich ist das die zentrale Glaubensdefinition entzogen würde?
Ehrlich gesagt - obwohl ich kein getaufter Christ bin und auch sonst keiner Konfession angehöre..

...anhand von Determiminiertheit, Naturgesetzlichkeit und Willensfreiheit belege ich Dir die Existenz eines
Gottes einfacher als dies jedem vor mir möglich war.
kurz -> wiederlege mit Verstand oder lass Dich taufen Mr. Green

Zitat:


Dann kam die Wissenschaft daher und hat zunächst vor allem mit der Entdeckung von Naturgesetzlichkeit ein ganz neues Paradigma geschaffen, das den Theismus schwer beschädigt hat. Davon hat er sich ja bis heute nicht erholt. In einer von Naturgesetzen determinierten Welt bleibt kein Platz mehr für einen Weltenlenkergott, der allen Gesetzen enthoben ist


??? was für'n Bullshit Mit den Augen rollen Eine von Naturgesetzen determinierte Welt belegt einen "Gott" (als name
für das System) mehr als je zuvor.


Zitat:

Schließlich haben die Humanwissenschaften Determinierung auf den Menschen übertragen: Der Menschen ist durch die Gesellschaft (Marx usw.) und durch das Unbewusste (Freud usw.) determiniert. Die Willensfreiheit gehört historisch klar zum religiösen und nicht zum wissenschaftlichen Paradigma.



verzeih mir bitte das überhebliche Schmunzeln - aber WIE alt bist DU?

oder auch - ohne Rücksicht auf Dein vermutetes Alter ->>> wie blöd bist DU?

wenn Du Religionen ablehnst, dann werde Dir vorher wenigstens darüber
im Klaren, das gerade und Jahrtausendelang NUR religionen -> Determiniertheit als
"einzig wahre Weltanschaung" gelehrt haben.

kurz ->>> versuch zu denken bevor Du redest

#276:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 22:06
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Das klang aber ganz und gar nicht danach. Da frage ich mich: Warum ein so umständliches Beispiel. Frag doch einfach, ob man einen Menschen erschießen könnte oder nicht. Und da sage ich Dir: Klar könnte ich das (genauso, wie ich ein Tier erschießen könnte), wenn ich nicht bewusst um die Konsequenzen fürchten müsste. Aus Notwehr könnte ich es allemal.
Und im Falle des unschuldigen Kindes: Da hemmt mich meine Erziehung und diese lässt mich auch den Kopf voller Unverständnis schütteln, wenn ich immer wieder lese, was manche mit ihren Kindern so anstellen (Säure trinken lassen; Einsperren und Verhungern; Erschießen in Krisengebieten usw.).


Sehr schöne Beispiele: Das ist der Punkt, wo Vertreter des FW regelmäßig scheitern.
Nehmen wir doch als Beispiel, dass jemand die Waffe gegen sich selbst richtet, um die Willensfreiheit zu demonstrieren.

A: Siehst du, ich kann mich selbst töten, wenn ich nur will. Ich bin völlig frei.

B: So? Dann tus doch.

A: Nein, ich will ja nicht.

B: Aber du willst mir doch die Willensfreiheit demonstrieren. Dann WOLLE doch einfach!

A: Ich will aber nicht...

B: Du meinst, du kannst nicht wollen - du kannst den Willen nicht haben, dich umzubringen. Und so willst du mich von deiner WILLENSFREIHEIT überzeugen?

Cool


Zitat:
Die Unfreiheit, ein Kind zu überfahren, ergibt sich eben gerade erst durch unseren Willen!


Eine herrliche Rabulistik, wirklich köstlich. Mit den Augen rollen

Zitat:
Das wollte ich ja gezeigt haben: Die Beliebigkeit der Anzahl der Kriterien. Ich bin nicht gezwungen, alle relevanten Kriterien heranzuziehen. Und WELCHE Kriterien ich nun nehme, das halte ich für beliebig/ "zufällig".

EDIT:Ums mal übersichtlich zu machen:
Wenn man einen Menschen sich künstlich (experimentell) in einer Situation entscheiden lässt und das mehrmals, dann wird er sich jedesmal etwas anders entscheiden/ verhalten (ich denke, das ist nachvollziehbar). Warum? Das ist mE der Knackpunkt.


Tja, der letzte Punkt ist aber ne blanke Hypothese... Mag ja sein, dass du dir das so vorstellst. Funktioniert aber nicht. Werde das noch mal näher erläutern...

#277:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 22:16
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
....


ich hab früher mal mitgekricht, das Du Leher bist....
....und sowas wie Du DARF noch unterrichten?

#278:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 22:19
    —
[quote="Heiner" postid=984650]
Zitat:
Das wollte ich ja gezeigt haben: Die Beliebigkeit der Anzahl der Kriterien. Ich bin nicht gezwungen, alle relevanten Kriterien heranzuziehen. Und WELCHE Kriterien ich nun nehme, das halte ich für beliebig/ "zufällig".


komisch...
....ich nicht

#279: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 22:28
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Du meinst das es unter Abwesenheit von nicht vorhandener Willensfreiheit (kannst du bis dahin noch mitdenken)


... also wenn schon "unter Anwesenheit von nicht vorhandener Willensfreiheit" - aber so würde ich's auch nie formulieren... Sehr glücklich

Zitat:
und dem Vorhandensein von Determiniertheit und Naturgesetzlichkeit möglich ist das die zentrale Glaubensdefinition entzogen würde?


Ja.

Zitat:
Ehrlich gesagt - obwohl ich kein getaufter Christ bin und auch sonst keiner Konfession angehöre..

...anhand von Determiminiertheit, Naturgesetzlichkeit und Willensfreiheit belege ich Dir die Existenz eines
Gottes einfacher als dies jedem vor mir möglich war.
kurz -> wiederlege mit Verstand oder lass Dich taufen Mr. Green


Na, da bin ich ja mal gespannt. Wieso nennst du "Willensfreiheit" zusammen mit "Determiniertheit"? Verstehe kein Wort...

Zitat:
??? was für'n Bullshit Mit den Augen rollen Eine von Naturgesetzen determinierte Welt belegt einen "Gott" (als name
für das System) mehr als je zuvor.


Na, wenn's dir gefällt, dann nenn "das System" halt "Gott". Du kannst es auch "Bärchi" nennen.
Mit dem theistischen Gott hat eine naturgesetzliche Welt jedenfalls nichts zu tun.

Zitat:
verzeih mir bitte das überhebliche Schmunzeln - aber WIE alt bist DU?

oder auch - ohne Rücksicht auf Dein vermutetes Alter ->>> wie blöd bist DU?


Was sollen die Beleidigungen. Ausgleich für fehlende Überzeugungskraft?

Zitat:
wenn Du Religionen ablehnst, dann werde Dir vorher wenigstens darüber
im Klaren, das gerade und Jahrtausendelang NUR religionen -> Determiniertheit als
"einzig wahre Weltanschaung" gelehrt haben.


Hirnriss. Du verwechselst abergläubischen Schicksalsglauben mit naturgesetzlicher Determinierung.

Steht in der Bibel/im Koran irgendwas von Naturgesetzen? Nein! Der theistische Gott ist der, der außerhalb aller Gesetze steht (wie der Herrscher im Absolutismus)! In einer von Gott gelenkten Welt können die dollsten Sachen passieren, die jeden naturgesetzlichen Rahmen sprengen. Da kann z.B. jemand mal eben übers Wassen laufen. Alles kein Problem.
Gott = nix determiniert!!

#280: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.04.2008, 23:05
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Schon auf der ersten Seite habe ich nachgewiesen, dass der Calvinismus knallhart deterministisch ist, und dass der freie Wille des Menschen in dieser Richtung des Theismus irrelevant für die Erlösung des Menschen ist.


Der Calvinismus ist "knallhart nicht deterministisch". Der liebe Gott ist nämlich "total" undeterminiert. "Das Handeln Gottes ist unergründlich..." oder so... Mit den Augen rollen
Und natürlich hat der liebe Gott auch einen freien Willen. Sonst wäre er nicht mehr der liebe Gott... Mit den Augen rollen


Ach wass, die Auserwähltheit der Calvinistischen "Heiligen" ist von Gott vor der Welt festgelegt worden, davon kann also auch "Gott" nicht zurück.

Und wir reden hier explizit vom Willen der Menschen und nicht von der einer erfundenen Figur.

Das Merkmal aller Religionen ist ihre Paradoxalität. Natürlich gibt es darum auch theistische Systeme, in denen der Schöpfer oder die Schöpfergottheiten keinen Einfluss mehr auf das Weltgeschehen.

Befasse dich mal mit den Religionen der Ewe/Fon und den Yoruba in Westafrika in der Karibik, Louisiana und Brasilien in denen der Trickster-Geist Legba/Exu die männlich/weibliche SchöpfergottheitEn so angepisst hat, dass sie sich aus allen weltlichen Dingen zurückgezogen haben.

Die Behauptung, dass der bedingte freie Wille zwingend theistisch ist, ist genauso wenig belegbar, wie meine Behauptung, dass der strenge Determinismus eine Religion ist.

Ich habe das polemisch behauptet, im Wissen, dass ich das selbst nicht glaube.
Ich wollte nur ein bisschen provozieren.

Step glaubt nicht an den strengen Determinismus weil er religiöse Bedürfnisse hat und ich glaube nicht an den "bedingt freien Willen" weil ich religiöse Bedürfnisse habe.

Ich verabschiede mich nun wieder aus dieser Diskussion, wie ich mich bisher aus den anderen Threads um das Thema rausgehalten habe, da mein mathematisches und physikalisches Wissen zu gering ist, weiter sinnvoll mitzureden und ich sowieso alles gesagt habe, was ich sagen wollte.

Ich lese natürlich noch weiter mit, werde mich aber nur zu Wort melden, wenn ich "einverlangt" werde.

Agnost

#281:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 08:44
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Wolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Es hängt ganz davon ab, welche Kriterien welcher Chef für seine Entscheidung heranzieht!

Sind die Kritieren zufällig oder stehen sie fest?


Siehe meine letzte Antwort an Heiner.

Wo mit wir wieder in meiner Ursprungsfrage wären.
Allerdings hast ja bereits gesagt, dass du im Zufall keine Freiheit siehst.


Womit Du mich falsch verstehst, denn die Entscheidung aufgrund der Kriterien ist ja nicht zufällig. zwinkern


step hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Wenn man einen Menschen sich künstlich (experimentell) in einer Situation entscheiden lässt und das mehrmals, dann wird er sich jedesmal etwas anders entscheiden/ verhalten (ich denke, das ist nachvollziehbar). Warum? Das ist mE der Knackpunkt.

Die Situation ist nicht dieselbe, und über ein Ensemble von Situationen (oder auch Menschen) gibt es natürlich echte verschiedene Möglichkeiten.


Man kanns auf die Situation schieben, aber sicher kann man sich da nicht sein (ich sprach ja übrigens auch von einer künstlich-experimentellen Umgebung und Situation). Ich würde sagen, die Entscheidungen sind variabel, weil der Wille des Menschen frei ist und weil seine Betrachtung der Situation variiert aufgrund von...gibts nicht: ist grundlos. Einen Grund suche ich ja nur, wenn ich deterministisch argumentieren will.


Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
[(sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!),

Gröhl...

Pillepalle


Gut, dann mach doch mal folgendes "Experiment":
Sperr drei Kinder in einen Raum mit Spielzeug und lass sie 3 Stunden allein. zynisches Grinsen
Würdest Du das machen?



Heiner hat folgendes geschrieben:


Sehr schöne Beispiele: Das ist der Punkt, wo Vertreter des FW regelmäßig scheitern.
Nehmen wir doch als Beispiel, dass jemand die Waffe gegen sich selbst richtet, um die Willensfreiheit zu demonstrieren.

A: Siehst du, ich kann mich selbst töten, wenn ich nur will. Ich bin völlig frei.

B: So? Dann tus doch.

A: Nein, ich will ja nicht.

B: Aber du willst mir doch die Willensfreiheit demonstrieren. Dann WOLLE doch einfach!

A: Ich will aber nicht...

B: Du meinst, du kannst nicht wollen - du kannst den Willen nicht haben, dich umzubringen. Und so willst du mich von deiner WILLENSFREIHEIT überzeugen?

Cool



Häm? Wie kommst Du jetzt auf das Beispiel? Ums nochmal in einer vielleicht für Dich verständlichen Weise auszudrücken: JA, ICH KÖNNTE DAS KIND ÜBERFAHREN.

Heiner hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Die Unfreiheit, ein Kind zu überfahren, ergibt sich eben gerade erst durch unseren Willen!


Eine herrliche Rabulistik, wirklich köstlich. Mit den Augen rollen


Ja, das Wort "Unfreiheit" war hier höchst unpassend. Mit den Augen rollen

#282:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 08:51
    —
durial hat folgendes geschrieben:



Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
[(sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!),

Gröhl...

Pillepalle


Gut, dann mach doch mal folgendes "Experiment":
Sperr drei Kinder in einen Raum mit Spielzeug und lass sie 3 Stunden allein. zynisches Grinsen
Würdest Du das machen?



Aus rechtlichen Gründen (Aufsichtspflicht) wäre das bei jüngeren Kindern bedenklich. Davon abgesehen sehe ich prinzipiell keine Probleme dabei.

Ehrlich gesagt wüsste ich gar nicht, wie man anders Elternteil seil könnte, ohne exakt sowas ab und an zu machen Deprimiert natürlich minus "einsperren", dass das mal klar ist

#283:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 08:59
    —
Evilbert hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:



Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
[(sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!),

Gröhl...

Pillepalle


Gut, dann mach doch mal folgendes "Experiment":
Sperr drei Kinder in einen Raum mit Spielzeug und lass sie 3 Stunden allein. zynisches Grinsen
Würdest Du das machen?



Aus rechtlichen Gründen (Aufsichtspflicht) wäre das bei jüngeren Kindern bedenklich. Davon abgesehen sehe ich prinzipiell keine Probleme dabei.

Ehrlich gesagt wüsste ich gar nicht, wie man anders Elternteil seil könnte, ohne exakt sowas ab und an zu machen Deprimiert natürlich minus "einsperren", dass das mal klar ist


Dann mach mal. Muhahaha.

#284:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 09:04
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Evilbert hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:



Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
[(sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!),

Gröhl...

Pillepalle


Gut, dann mach doch mal folgendes "Experiment":
Sperr drei Kinder in einen Raum mit Spielzeug und lass sie 3 Stunden allein. zynisches Grinsen
Würdest Du das machen?



Aus rechtlichen Gründen (Aufsichtspflicht) wäre das bei jüngeren Kindern bedenklich. Davon abgesehen sehe ich prinzipiell keine Probleme dabei.

Ehrlich gesagt wüsste ich gar nicht, wie man anders Elternteil seil könnte, ohne exakt sowas ab und an zu machen Deprimiert natürlich minus "einsperren", dass das mal klar ist


Dann mach mal. Muhahaha.


Hä? Mach ich regelmässig (außer dass ich für Notfälle wie umgeschüttete Saftflaschen nebenan bleibe; aber auch mal einkaufen zwischendurch ist no Problem). Da passiert meist gar nix. Was kennst Du denn bloß für Kinder? Geschockt

#285:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 09:06
    —
Wenn die User (und damit meine ich vor allem auch mich) hier nur zu einem geringen Bruchteil so friedlich wären wie es die meisten Kinder sind, wäre die Moderation nur noch zum Abteilen von Strängen, zum Freischalten neuer Accounts und sowas da.

#286:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 09:10
    —
Evilbert hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Evilbert hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:



Sehwolf hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
[(sieh Dir kleine Kinder im Sandkasten an - die würden sich totschlagen, wenn nicht Erwachsene dabei wären!),

Gröhl...

Pillepalle


Gut, dann mach doch mal folgendes "Experiment":
Sperr drei Kinder in einen Raum mit Spielzeug und lass sie 3 Stunden allein. zynisches Grinsen
Würdest Du das machen?



Aus rechtlichen Gründen (Aufsichtspflicht) wäre das bei jüngeren Kindern bedenklich. Davon abgesehen sehe ich prinzipiell keine Probleme dabei.

Ehrlich gesagt wüsste ich gar nicht, wie man anders Elternteil seil könnte, ohne exakt sowas ab und an zu machen Deprimiert natürlich minus "einsperren", dass das mal klar ist


Dann mach mal. Muhahaha.


Hä? Mach ich regelmässig (außer dass ich für Notfälle wie umgeschüttete Saftflaschen nebenan bleibe; aber auch mal einkaufen zwischendurch ist no Problem). Da passiert meist gar nix. Was kennst Du denn bloß für Kinder? Geschockt


Verstehe ich auch nicht.

#287: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 09:41
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Du meinst das es unter Abwesenheit von nicht vorhandener Willensfreiheit (kannst du bis dahin noch mitdenken)


... also wenn schon "unter Anwesenheit von nicht vorhandener Willensfreiheit" - aber so würde ich's auch nie formulieren... Sehr glücklich


scusi - mein Fehler Verlegen

Zitat:

Zitat:
und dem Vorhandensein von Determiniertheit und Naturgesetzlichkeit möglich ist das die zentrale Glaubensdefinition entzogen würde?


Ja.


inwiefern?

Zitat:

Zitat:
Ehrlich gesagt - obwohl ich kein getaufter Christ bin und auch sonst keiner Konfession angehöre..

...anhand von Determiminiertheit, Naturgesetzlichkeit und Willensfreiheit belege ich Dir die Existenz eines
Gottes einfacher als dies jedem vor mir möglich war.
kurz -> wiederlege mit Verstand oder lass Dich taufen Mr. Green


Na, da bin ich ja mal gespannt. Wieso nennst du "Willensfreiheit" zusammen mit "Determiniertheit"? Verstehe kein Wort...


verständlich *smile*
zur Erklärung:
Willensfreiheit und Determiniertheit schließen sich m.E, nicht gegenseitig aus,
wenn man das determinierte System als ein dynamisches betrachtet, bei dem an den Knotenpunkten
der Interaktionen, Entscheidungen möglich/nötig sind. Mehr Freiheit benötigt und beinhaltet das System nicht,
da jede Entscheidung wieder in eine neue/andere Kette kausaler Zusammenhänge mündet.
Solange also jeder Mensch entspechend der Determiniation agiert ist das System vollständig determiniert.
Tun das einzelne Menschen dann und wann nicht, hat dies meißt kaum Auswirkungen
auf das Gesamtsystem bzw. wenn dann in der Regel erst lange Zeit nach der Entscheidung.
Man kann das System also durchaus determiniert nennen - wenn auch mit der Möglichkeit der aktiven
bewußten Beeinflussung. Allerdings wohl nur durch Menschen, welche ja laut Bibel seid dem
"Sündenfall" (Sündenfall steht da aber gar nicht) mittels Erkenntnis -> gottgleich sind
und gleichzeitig aus der unbewußten totalen Determination verbannt wurden.



Zitat:

Zitat:
??? was für'n Bullshit Mit den Augen rollen Eine von Naturgesetzen determinierte Welt belegt einen "Gott" (als name
für das System) mehr als je zuvor.


Na, wenn's dir gefällt, dann nenn "das System" halt "Gott". Du kannst es auch "Bärchi" nennen.
Mit dem theistischen Gott hat eine naturgesetzliche Welt jedenfalls nichts zu tun.


Du kannst den theistischen Gott auch Fritzchen Meier nennen Schulterzucken
Ich schätz mal mit Diskussionen über Bezeichungen kommen wir nicht weiter.
Namen sind Schall und Rauch- nur das wie mal jemand etwas genannt hat.

Zitat:

Zitat:
verzeih mir bitte das überhebliche Schmunzeln - aber WIE alt bist DU?

oder auch - ohne Rücksicht auf Dein vermutetes Alter ->>> wie blöd bist DU?


Was sollen die Beleidigungen. Ausgleich für fehlende Überzeugungskraft?


Du meinst ich benötige einen solchen Ausgleich? Was Du als Beleidigung auffasst war lediglich
eine Frage - auf welche Dir die Antwort völlig frei stand. Keine Ahnung warum Du selbst eine
gewählt hast von der Du Dich beleidigt fühlst undobendrein diese Beleidigung auch noch mir
unterstellst Schulterzucken

Zitat:

Zitat:
wenn Du Religionen ablehnst, dann werde Dir vorher wenigstens darüber
im Klaren, das gerade und Jahrtausendelang NUR religionen -> Determiniertheit als
"einzig wahre Weltanschaung" gelehrt haben.


Hirnriss. Du verwechselst abergläubischen Schicksalsglauben mit naturgesetzlicher Determinierung.


ich verwechsle nicht sondern stelle einen Zusammenhang her Mit den Augen rollen
Verwechseln ginge nur wenn es gravierende Unterschiede (im Inhalt nicht der Bezeichung !!!) gäbe.
WO sind die?

Zitat:

Steht in der Bibel/im Koran irgendwas von Naturgesetzen? Nein!


*rofl* Pillepalle Haben doch die Verfasser vor n paar tausend Jahren tatsächlich vergessen
das was sie schrieben, extra für Menschen die deutschen Kindern das DENKEN beibringen sollen,
mit Naturgesetz zu bezeichnen skeptisch

Könntest Du mir vielleicht erklären worin der Unterschied im INHALT liegt?
(Außer das die Ausleger der religösen Texte anscheinend nie umhin kommen sich
einen personifizierte Gott vorzustellen - obwohl die Texte selbst vor Personifizierung ausdrücklich warnen Mit den Augen rollen)

Zitat:

Der theistische Gott ist der, der außerhalb aller Gesetze steht (wie der Herrscher im Absolutismus)!


nur in DEINER Vorstellung. In der Bibel steht nichts davon soweit ich weiß

Zitat:

In einer von Gott gelenkten Welt können die dollsten Sachen passieren, die jeden naturgesetzlichen Rahmen sprengen. Da kann z.B. jemand mal eben übers Wassen laufen. Alles kein Problem.
Gott = nix determiniert!!


hm - das -> übers Wasser laufen< is jetz für Dich der Aufhänger um dem früheren Gottesbild die Naturgesetzlichkeit abzusprechen?
Bißchen sehr kleinlich - hm? Für Gläubige wie Ungläubige scheinen doch wohl die paar scheinbaren
tatsächlichen "Wunder" mit denen die Texte gewürzt wurden der wichtigste Aspekt, für/gegen die Texte
zu sein.
Sorry - aus meiner Sicht sind die der mit Abstand unwichtigste und zeugen hauptsächlich davon das jemand versucht
hat seine wichtigen Texte noch wichtiger zu machen.
Außerdem sind gerade solche Passagen problemlos als Metapher auslegbar. Warum also soll man drauf
verzichten etwas Metapher zu nennen was offensichtlich eine ist, nur um die naturgesetzlichkeit absprechen zu können,
damit man selbst damit recht hat wenn man das gleiche sagt und meint aber behaupten möchte
das es was völlig anderes ist?

#288:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 11:05
    —
Zitat:
Heiner
Sehr schöne Beispiele: Das ist der Punkt, wo Vertreter des FW regelmäßig scheitern.
Nehmen wir doch als Beispiel, dass jemand die Waffe gegen sich selbst richtet, um die Willensfreiheit zu demonstrieren.

A: Siehst du, ich kann mich selbst töten, wenn ich nur will. Ich bin völlig frei.

B: So? Dann tus doch.

A: Nein, ich will ja nicht.

B: Aber du willst mir doch die Willensfreiheit demonstrieren. Dann WOLLE doch einfach!

A: Ich will aber nicht...

B: Du meinst, du kannst nicht wollen - du kannst den Willen nicht haben, dich umzubringen. Und so willst du mich von deiner WILLENSFREIHEIT überzeugen?

Cool


Zitat:

durial
Häm? Wie kommst Du jetzt auf das Beispiel? Ums nochmal in einer vielleicht für Dich verständlichen Weise auszudrücken: JA, ICH KÖNNTE DAS KIND ÜBERFAHREN.


NEIN, KÖNNTEST DU NICHT.

Cool Cool Cool

#289:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 12:09
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat.
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,547074,00.html"

Das traditionelle Konzept "Willensfreiheit" bröckelt...

Leider ist der Spiegelartikel nicht mehr einsehbar. Ich habe auch nicht alles gelesen, was in diesem Thread geschrieben wurde. Ich möchte aber trotzdem folgendes erwähnen:

Meines Wissens ist es schon neu, dass 7 Sekunden zwischen einer in der Hirnaktivität (wahrscheinlich im funktionalen MRI und/oder EEG gemessen) und einer bewussten Handlung verstreichen kann - bis jetzt waren mir "nur" 2-3 Sekunden bekannt. Dies bedeutet zwar einen quantitativen Unterschied, aber eigentlich keinen qualitativen. Also schon nichts allzu Weltbewegendes. Wahrscheinlich hängt es stark vom Versuchsaufbau ab, wie lang dieses Intervall ist.

Weiter sagen diese Versuche meiner Ansicht nach nichts über die Willensfreiheit und sicher auch nichts über den Determinismus unserer Handlungen aus. Sie sagen nur, dass unser Bewusstsein wenig mit einer Entscheidung zu tun hat. Entschieden wird in unbewussten, tieferen Hirnstrukturen, als in der Hirnrinde, wo das Bewusstsein zu lokalisieren ist. Das Bewusstsein ist dann nur fähig, eine Entscheidung im Nachhinein zu rationalisieren.

Reflexartige Entscheidungen in schnellen Prozessen, wie z.B. beim Skifahren, finden wahrscheinlich am ehesten im Kleinhirn statt, wo die Körperkoordination gesteuert wird - auch da schaut das Bewusstsein wahrscheinlich einfach zu, wie entschieden wird und kann dann später das Geschehen wiederum rationalisieren.

Über Kausalitäten kann auch nach dieser experimentellen Erkenntnis weiterhin nur spekuliert werden. Sicher ist die Prägung durch die Vorgeschichte des sich entscheidenden Individuums essenziell, wie Übung und Erfahrung (z.B. beim Skifahren), Erziehung und Ethik (z.B. bei der Entscheidung, ein Kind zu überfahren oder nicht), und diese sind dann sicher durch das Bewusstsein beeinflusst. Aber die Entscheidungen an sich geschehen offenbar unbewusst, und das ist eine wichtige Erkenntnis für uns alle. Dies entbindet uns aber keineswegs der Verantwortung für unsere Handlungen, diese haben wir ja selbst an unser Unbewusstes delegiert!

Aber aus all dem eine theologische Argumentation abzuleiten, halte ich für Mumpitz!


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 20.04.2008, 12:29, insgesamt einmal bearbeitet

#290: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 12:14
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
verständlich *smile*
zur Erklärung:
Willensfreiheit und Determiniertheit schließen sich m.E, nicht gegenseitig aus,
wenn man das determinierte System als ein dynamisches betrachtet, bei dem an den Knotenpunkten
der Interaktionen, Entscheidungen möglich/nötig sind. Mehr Freiheit benötigt und beinhaltet das System nicht,
da jede Entscheidung wieder in eine neue/andere Kette kausaler Zusammenhänge mündet.
Solange also jeder Mensch entspechend der Determiniation agiert ist das System vollständig determiniert.
Tun das einzelne Menschen dann und wann nicht, hat dies meißt kaum Auswirkungen
auf das Gesamtsystem bzw. wenn dann in der Regel erst lange Zeit nach der Entscheidung.
Man kann das System also durchaus determiniert nennen - wenn auch mit der Möglichkeit der aktiven
bewußten Beeinflussung. Allerdings wohl nur durch Menschen, welche ja laut Bibel seid dem
"Sündenfall" (Sündenfall steht da aber gar nicht) mittels Erkenntnis -> gottgleich sind
und gleichzeitig aus der unbewußten totalen Determination verbannt wurden.


Daraus schließe ich, dass du "so eine Art" Dualist bist: Da gibts einmal die materielle, "unbewusste" Welt, in der alles streng determiniert abläuft, und eine "bewusste" Welt, die Welt des Geistes, die nicht determiniert ist. Ne, überzeugt mich leider gar nicht. Schulterzucken

Zitat:

*rofl* Pillepalle Haben doch die Verfasser vor n paar tausend Jahren tatsächlich vergessen
das was sie schrieben, extra für Menschen die deutschen Kindern das DENKEN beibringen sollen,
mit Naturgesetz zu bezeichnen skeptisch

[...]
hm - das -> übers Wasser laufen< is jetz für Dich der Aufhänger um dem früheren Gottesbild die Naturgesetzlichkeit abzusprechen?
Bißchen sehr kleinlich - hm? Für Gläubige wie Ungläubige scheinen doch wohl die paar scheinbaren
tatsächlichen "Wunder" mit denen die Texte gewürzt wurden der wichtigste Aspekt, für/gegen die Texte
zu sein.


Ist das jetzt der Versuch, die Naturwissenschaften als Erfindungen der Religion zu deklarieren? Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen einer religiös-magischen Betrachtung der Natur und dem wissenschaftlichen Denken; so ob ich sage "Es regnet jetzt, weil der liebe Gott das will, es könnte aber jetzt auch nicht regnen, wenn Gott das nicht wollte", oder ob ich sage "Es regnet jetzt, weil dies notwendig aufgrund von Naturgesetzen so geschieht".
Aus dem religiös-magischen Denken (= das zugleich nicht deterministisch ist) resultiert die Vorstellung von einer Welt, die wir aus Sicht der Naturwissenschaft als verrückt bezeichnen würden. Du musst nur aufmerksam die Bibel lesen, um festzustellen, dass "Wunder" dort etwas Gewöhnliches sind. Da gibts kein Gesetz der Schwerkraft, das Jesus daran gehindert hätte, in den "Himmel aufzufahren" usw.

Ich denke, die Diskussion führt aber nicht weiter, da Agnost je bereits gesagt hat, dass der Vergleich von wissenschaftlichen Deterministen und Calvinisten als Provokation gemeint war.
Für mich steht jedenfalls fest, dass es eine historische Verknüpfung des Gedankens vom "feien Willen" mit der Theologie gibt. Ebenso gibt es eine historische Vernüpfung der Infragestellung des freien Willens mit dem (natur-)wissenschaftlichen Denken.

#291:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 12:29
    —
Bei der Diskussion um die "Willensfreheit" entstehen die meisten Probleme dadurch, dass "Eigener Wille" häufig mit "Freier Wille" gleichgesetzt wird. Das ist mE gar nicht schlimm, solange man es nicht mit einem FW zu tun hat, wie ihn sich Moralisten vorstellen. Diese Art der FW dient nur dem Zweck das Schuldkonzept aufrecht zuerhalten, d.h. um denjenigen die einer beliebeigen "absoluten moral. Wahrheit" nicht folgen wollen ein schlechtes Gewissen machen zu können. Irrtümlicherweise wird hier vorausgesetzt, dass der Mensch ein grundlegendes Vernunftswesen ist, dessen entscheidungen "durch und durch" vernünftig sind und nicht durch Bedrüfnisse u.ä. bedingt sind. Die Vernunft ist allerdings nur ein Werkzeug, es ist z.b. nur deshalb "vernünftig" zu essen weil man nicht sterben will. Da also jeder Entscheidung die "vernünftig" ist immer ein Wille vorauslaufen muss, der an sich jedoch nicht vernünftig ist (sondern im Gegenteil erst definiert was überhaupt vernünftig ist), ist ein FW wie ihn sich die Kirche und Konsorten vorstellen schlicht nicht exisitent. Jede andere Definition von FW allerdings, taugt mE nicht als Stüzte für einen beliebigen Moralismus.

Übrigens: Einen solchen "moralistischen" FW zu widerlegen ist unmöglich, da eine einigermaßen stringent logische Definition desselben nicht exisitiert.


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 20.04.2008, 12:32, insgesamt einmal bearbeitet

#292:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 12:30
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Weiter sagen diese Versuche meiner Ansicht nach nichts über die Willensfreiheit und sicher auch nichts über den Determinismus unserer Handlungen aus. Sie sagen nur, dass unser Bewusstsein wenig mit einer Entscheidung zu tun hat.


Nun, gerade der letzte Satz sagt doch eine Menge über "Willensfreiheit" aus.
Es ist aber schön, dass das Experiment auch Leute nachdenklich macht, die sich zu den Vertretern des FW-Gedankens zählen (habe ich dich jetzt da richtig eingeordnet? zwinkern )...

#293:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 12:35
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Irrtümlicherweise wird hier vorausgesetzt, dass der Mensch ein grundlegendes Vernunftswesen ist, dessen entscheidungen "durch und durch" vernünftig sind und nicht durch Bedrüfnisse u.ä. bedingt sind. Die Vernunft ist allerdings nur ein Werkzeug, es ist z.b. nur deshalb "vernünftig" zu essen weil man nicht sterben will. Da also jeder Entscheidung die "vernünftig" ist immer ein Wille vorauslaufen muss, der an sich jedoch nicht vernünftig ist (sondern im Gegenteil erst definiert was überhaupt vernünftig ist), ist ein FW wie ihn sich die Kirche und Konsorten vorstellen schlicht nicht exisitent. Jede andere Definition von FW allerdings, taugt mE nicht als Stüzte für einen beliebigen Moralismus.


Gut zusammengefasst, ich schließe mich dem an. Smilie

#294:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 13:09
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Weiter sagen diese Versuche meiner Ansicht nach nichts über die Willensfreiheit und sicher auch nichts über den Determinismus unserer Handlungen aus. Sie sagen nur, dass unser Bewusstsein wenig mit einer Entscheidung zu tun hat.


Nun, gerade der letzte Satz sagt doch eine Menge über "Willensfreiheit" aus.
Es ist aber schön, dass das Experiment auch Leute nachdenklich macht, die sich zu den Vertretern des FW-Gedankens zählen (habe ich dich jetzt da richtig eingeordnet? zwinkern )...

Nicht wirklich. Es kommt auf die Definition des freien Willens an. Ich spreche ja eher von Verantwortung für unsere Entscheidungen, und diese funktioniert sehr indirekt.

Unser Bewusstsein (mindestens rechtlich sitzt doch darin die Verantwortung für unsere Handlungen, also unsere "Willensfreiheit") ist sicher daran beteiligt, wenn es darum geht, unsere allgemeine innere Haltung dem Leben gegenüber aufzubauen - auch da nicht hunderprozentig, da äussere Einflüsse, wie - im negativen Sinne - Armut, unverantwortliche Eltern und miserables soziales Umfeld etc. sicher ihr Gewicht haben. Im Moment einer Entscheidung aber, ist der bewusste Wille an sich nicht mehr "frei", weil die Entscheidung unbewusst stattfindet.

Falls genug Zeit zum Überlegen besteht, kann das Bewusstsein aber durchaus einen direkten Einfluss auf die spezifische Entscheidung ausüben, indem es dem Unbewussten Alternativmöglichkeiten und Konsequenzen darbieten kann. Aber dies ist wahrscheinlich (das weiss man ja wohl immer noch nicht so genau) eine Tätigkeit, die das Unbewusste nur teilweise wahrnimmt und nicht unbedingt gewichtig für die darauf folgende Entscheidung heranzieht. Ich vermute sogar stark, dass das Bewusstsein "unbewusst" schon vorher Argumente zurechtlegt, um die vielleicht schon stattgefundene Entscheidung des Unbewussten zu rechtfertigen...

#295:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 13:22
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Bei der Diskussion um die "Willensfreheit" entstehen die meisten Probleme dadurch, dass "Eigener Wille" häufig mit "Freier Wille" gleichgesetzt wird. Das ist mE gar nicht schlimm, solange man es nicht mit einem FW zu tun hat, wie ihn sich Moralisten vorstellen. Diese Art der FW dient nur dem Zweck das Schuldkonzept aufrecht zuerhalten, d.h. um denjenigen die einer beliebeigen "absoluten moral. Wahrheit" nicht folgen wollen ein schlechtes Gewissen machen zu können.

Das stimmt sicher für die religiöse Vorstellung des freien Willens: Wenn man diesen nicht hätte, könnte man ja nicht sündigen! Und sündigen muss man können, damit die Religion ihre Macht ausüben kann.
Zitat:
Irrtümlicherweise wird hier vorausgesetzt, dass der Mensch ein grundlegendes Vernunftswesen ist, dessen entscheidungen "durch und durch" vernünftig sind und nicht durch Bedrüfnisse u.ä. bedingt sind. Die Vernunft ist allerdings nur ein Werkzeug, es ist z.b. nur deshalb "vernünftig" zu essen weil man nicht sterben will. Da also jeder Entscheidung die "vernünftig" ist immer ein Wille vorauslaufen muss, der an sich jedoch nicht vernünftig ist (sondern im Gegenteil erst definiert was überhaupt vernünftig ist), ist ein FW wie ihn sich die Kirche und Konsorten vorstellen schlicht nicht exisitent. Jede andere Definition von FW allerdings, taugt mE nicht als Stüzte für einen beliebigen Moralismus.

Übrigens: Einen solchen "moralistischen" FW zu widerlegen ist unmöglich, da eine einigermaßen stringent logische Definition desselben nicht exisitiert.

Wenn Du "Vernunft" mit einer optimalen Leistung des "Bewusstseins" (Kortexfunktion) gleichsetzest, dann bin ich mit Dir völlig einig. Wenn Du aber durch die Negation der "Moral" (bei der ich Dir in gewissem Sinne sicher folge) auch die Negation einer Verantwortung für Deine Taten meinst, dann habe ich Mühe damit. Die Verantwortung entsteht doch durch die Existenz (oder eben Abwesenheit) einer gewissen Ethik in Deiner Lebenseinstellung - ob man das dann "Moral" nennen will, sei dahingestellt.

#296:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 13:55
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Nicht wirklich. Es kommt auf die Definition des freien Willens an. Ich spreche ja eher von Verantwortung für unsere Entscheidungen, und diese funktioniert sehr indirekt.


Ja, auf die Definition kommt es immer an. Man kann sich den "freien Willen" natürlich auch so umdefinieren, dass im Grunde alle Denker, egal welcher Richtung, zu Vertretern des "freien Willens" werden. Man kann sich den "unfreien" Willen also wegdefinieren.
Sorry, ich sehe bei dir ne starke Tendenz dazu. zwinkern

Zitat:
Unser Bewusstsein (mindestens rechtlich sitzt doch darin die Verantwortung für unsere Handlungen, also unsere "Willensfreiheit") ist sicher daran beteiligt, wenn es darum geht, unsere allgemeine innere Haltung dem Leben gegenüber aufzubauen - auch da nicht hunderprozentig, da äussere Einflüsse, wie - im negativen Sinne - Armut, unverantwortliche Eltern und miserables soziales Umfeld etc. sicher ihr Gewicht haben.


Dass unser Bewusstsein unsere "innere Haltung gegenüber dem Leben" bestimmt, kann ich so nicht ganz nachvollziehen, du nennst ja selbst entscheidende Einschränkungen...

Zitat:
Im Moment einer Entscheidung aber, ist der bewusste Wille an sich nicht mehr "frei", weil die Entscheidung unbewusst stattfindet.


Hm, nun ist der Wille doch nicht mehr frei. zwinkern

Zitat:
Falls genug Zeit zum Überlegen besteht, kann das Bewusstsein aber durchaus einen direkten Einfluss auf die spezifische Entscheidung ausüben, indem es dem Unbewussten Alternativmöglichkeiten und Konsequenzen darbieten kann.


Einmal abgesehen von den Einschränkungen, die du selber nennst, sehe ich hier einen typischen "Denkfehler". Aus der Tatsache, dass ich mir bewusst verschiedene Handlungsoptionen gedanklich ausmalen kann, wird gefolgert, dass ich alle diese Optionen auch gleichermaßen "WOLLEN KANN". Dann wäre echte Freiheit der Willensentscheidung gegeben.
Diese Freiheit ist aber leicht zu widerlegen. Denn wird eine Willensentscheidung, je nach den treibenden Motiven, für eine Handlungsoption getroffen, schließt das den Willen für die anderen Optionen aus. Im nachhinein zu behaupten, man hätte in derselben Situation auch genausogut Y wollen können, wenn man denn nicht X gewollt hätte, ist eine blanke, unbeweisbare Hypothese (daran müsste man glauben wie an die Existenz des Heiligen Geistes). Der schlagende Gegenbeweis gegen die Behauptung ist, dass man eben faktisch X gewollt hat, und nicht Y.

Um es mal kurz zusammenzufassen: Gedanklich vorstellen kann ich mir vieles, all das, was ich mir vorstelle, auch zu WOLLEN, kann ich deshalb aber nicht. Platt gesagt, kann ich mir VORSTELLEN, ein Kind umzufahren, aber WOLLEN kann ich das nie im Leben. Diesen Denkfehler macht ja durial so offensichtlich.

#297:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 14:05
    —
Zitat:
Die Verantwortung entsteht doch durch die Existenz (oder eben Abwesenheit) einer gewissen Ethik in Deiner Lebenseinstellung


Ich weiss zwar nicht, wie Verantwortung durch die Abwesenheit von Ethik entstehen soll, aber wenn man eine Ethik hat, bzw. befolgt, dann kann man schon behaupten eine gewisse "Verantwortung" zu haben, die hat dann mE aber einen gewissen qualitativen Unterschied zu einer religiösen Moral. Letzere ist "universell und unumstößlich" und ein Vergehen dagegen gehört schrecklich bestraft. Bei einer persönlichen Ethik, ist man es ja letzenedes selbst, der sich bestraft, einfach durch das miese Gefühl das man mit sich rumträgt, so dass man dem Mann oder der Frau im Spiegel buchstäblich nicht ins Gesicht schauen kann...

#298:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 14:14
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
[...]
Ich habe den Eindruck, dass Du mir unbedingt eine Anhängerschaft des freien Willens andrehen willst. Dadurch entsteht eine völlig verknorkste Argumentation gegen meine Beiträge. Ich sehe aber in ihnen absolut keine irgendwie ideologisch gefärbte Meinung, sondern nur den Versuch die Experimente über die Entscheidungsprozesse im Hirn und meine persönlichen Erfahrungen über meine eigenen Entscheidungen zu interpretieren. Das einzige, das vielleicht etwas ideologisch gefärbt sein könnte, ist der Begriff der "Verantwortung". Dieser wäre dann aber eher juristisch zu verstehen.

Edit: Wieder einmal muss man feststellen, dass es nicht ein entweder/oder gibt, sondern ein sowohl/als auch! Der "Wille" ist sowohl frei, als auch unfrei...

#299:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 14:20
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Verantwortung entsteht doch durch die Existenz (oder eben Abwesenheit) einer gewissen Ethik in Deiner Lebenseinstellung


Ich weiss zwar nicht, wie Verantwortung durch die Abwesenheit von Ethik entstehen soll, aber wenn man eine Ethik hat, bzw. befolgt, dann kann man schon behaupten eine gewisse "Verantwortung" zu haben, die hat dann mE aber einen gewissen qualitativen Unterschied zu einer religiösen Moral. Letzere ist "universell und unumstößlich" und ein Vergehen dagegen gehört schrecklich bestraft. Bei einer persönlichen Ethik, ist man es ja letzenedes selbst, der sich bestraft, einfach durch das miese Gefühl das man mit sich rumträgt, so dass man dem Mann oder der Frau im Spiegel buchstäblich nicht ins Gesicht schauen kann...

Gehe völlig einig mit Dir!

#300:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 14:44
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
[...]
Ich habe den Eindruck, dass Du mir unbedingt eine Anhängerschaft des freien Willens andrehen willst. Dadurch entsteht eine völlig verknorkste Argumentation gegen meine Beiträge. Ich sehe aber in ihnen absolut keine irgendwie ideologisch gefärbte Meinung, sondern nur den Versuch die Experimente über die Entscheidungsprozesse im Hirn und meine persönlichen Erfahrungen über meine eigenen Entscheidungen zu interpretieren. Das einzige, das vielleicht etwas ideologisch gefärbt sein könnte, ist der Begriff der "Verantwortung". Dieser wäre dann aber eher juristisch zu verstehen.


Um ehrlich zu sein, habe ich dich mit "Agnost" verwechselt. Ups. Sorry. Cool

Zitat:
Edit: Wieder einmal muss man feststellen, dass es nicht ein entweder/oder gibt, sondern ein sowohl/als auch! Der "Wille" ist sowohl frei, als auch unfrei...


Das ist das, was ich mit "umdefinieren" meinte. Führt meiner Ansicht nach nicht weiter.

#301: physikalistischer Determinismus = modernisierte Religion Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 14:58
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Ob man "Gott", "Schicksal" oder "Determinismus" sagt, macht keine Unterschied. Letzterer ist sozusagen ohnehin so etwas wie der säkularisierte "Gottes"- und Schicksalsglauben, der alles vorherbestimmt hat, was ist.

Die hier aufgeführten Experimente zeigen dies allerdings nicht. vielmehr verweisen sie auf die Privatphilosophie einiger bürgerlicher Forscher.


Das ist nun wirklich eine Verdrehung der Religions- und Wissenschaftsgeschichte.
Es ist so, dass in der theistischen Religion Willensfreiheit und fehlende Determiniertheit/fehlende Naturgesetzlichkeit zentrale Glaubenselemente sind. Ohne die würde nämlich die theistische Gottesdefinition zusammenbrechen. Dann kam die Wissenschaft daher und hat zunächst vor allem mit der Entdeckung von Naturgesetzlichkeit ein ganz neues Paradigma geschaffen, das den Theismus schwer beschädigt hat. Davon hat er sich ja bis heute nicht erholt. In einer von Naturgesetzen determinierten Welt bleibt kein Platz mehr für einen Weltenlenkergott, der allen Gesetzen enthoben ist. Schließlich haben die Humanwissenschaften Determinierung auf den Menschen übertragen: Der Menschen ist durch die Gesellschaft (Marx usw.) und durch das Unbewusste (Freud usw.) determiniert. Die Willensfreiheit gehört historisch klar zum religiösen und nicht zum wissenschaftlichen Paradigma.


Und das ist einfach nur Quatsch.

Schon auf der ersten Seite habe ich nachgewiesen, dass der Calvinismus knallhart deterministisch ist, und dass der freie Wille des Menschen in dieser Richtung des Theismus irrelevant für die Erlösung des Menschen ist.

Das selbe gilt natürlich auch für den Islam, der auch keinen freien Willen kennt.

Und auch der allgemeine theistische Volksglaube sagt:

Der Mensch denkt und Gott lenkt.

Agnost


"Der Mensch denkt und Gott lenkt." - Genau das ist es!

In diese Kerbe schlägt ja auch step, für den Wahlmöglichkeiten lediglich in der Vorstellung existieren, während "der Determinismus" oder auch "die Wellenfunktion" für die Bewegung jedes einzelnen Elementarteilchens zuständig ist.

Und um so eine alles durchziehende Notwendigkeit zu begründen, kann man "die Naturgesetze" bemühen, muss es aber nicht - zumal von Naturgesetzen während der Frühzeit ja auch noch keine Rede war.

Das ändert aber nichts an dem Versuch, alte Paradigmen mit modernern Begriffen retten zu wollen, was natürlich nur mit der metaphysischen Umdeutung moderner Begriffe geht.

Also wenn sich z.B. ein Physiker hinstellt und mit seiner Wellenfunktion den Untergang Westroms erklären will, dann lachen zwar alle Hühner, aber man muss die Intention hinter diesem Versuch schon ernst nehmen.

Dem Menschen soll - ob mit oder ohne explizite Religion der Glauben verkauft werden, dass alles, was geschieht, nicht von ihm, dem Menschen abhängt, sondern von höheren Mächten, die alles steuern und zwischen denen der Mensch zerrieben wird. Hoffen freilich darf er. Beten auch.

Nur tun kann er nichts, etwa um die herrschenden Zustände gemäß seinen Erkenntnissen zu ändern.

Marx soll heraus gefunden haben, dass der Mensch von der Gesellschaft determiniert wird. Erstens sah Marx das differenzierter, weil er nicht von "dem Menschen", sondern von gesellschaftlichen Klassen sprach, zweitens ist sein Ansatz ein dialektischer, d.h. zwar ist die Materie das Primäre, jedoch beeinflusst das Bewusstsein auch die materiellen Bedingungen, schlägt wieder darauf zurück. Es geht Marx um eine Wechselbeziehung und letzten Endes um die Entwicklung aus dem "Reich der Notwendigkeit" hin zu einem "Reich der Freiheit", wie er wörtlich sagte. Für Marx ist der Mensch vom Potenzial her als soziales Wesen - und nur als soziales Wesen! - der freie Produzent seiner Welt. Keineswegs predigte Marx einen Geschichtsdeterminismus in dem Sinne, dass es ein geschichtliches Happy End geben müsse. Dies sei eine reale Möglichkeit aber keine Notwendigkeit meint Marx. Genau so gut könne die Welt auch in eine unendliche Barbarei versinken (und vieles spricht auch für diese Perspektive). Aber die Entwicklung ist durchaus offen.

Zitat:
Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion. Wie der Wilde mit der Natur ringen muss, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um sein Leben zu erhalten und zu reproduzieren, so muss es der Zivilisierte, und er muss es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Produktionsweisen. Mit seiner Entwicklung erweitert sich dies Reich der Naturnotwendigkeit, weil die Bedürfnisse sich erweitern; aber zugleich erweitern sich die Produktivkräfte, die diese befriedigen. Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehen, dass der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehen. Aber es bleibt dies immer in Reich der Notwendigkeit. Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühen kann.
Die Verkürzung des Arbeitstages ist die Grundbedingung.


K. Marx, Kapital III, MEW 25, 828.


Freud erweitert das Selbst um das Unbewusste. Er spricht von Trieb und nicht von Wille. Das zwanghafte Verhalten des Neurotikers ist ihm jedoch gerade kein Normalzustand, sondern krankhaft und Symptom eines unterdrückten (unfreien) Triebes durch "die Gesellschaft". Auch hier keine Spur eines alles durchziehenden Determinismus, wie ich meine.

Dagegen ist in religiösen Systemen der Mensch zuweilen besessen vom Bösen und man braucht Teufelsaustreiber, die von außen den vermeintlich Besessenen=Determinierten "behandeln".

Übertragen auf die heutige Gesellschaft kann man - ganz ohne "Gott" - in einer Gruppe unerwünschter demokratischer Bewegungen "Unverbesserliche Elemente" sehen, denen man nur mit brutalster Staatsgewalt begegnen kann.

Auch rassistische, antisemitsche und sexistische Diskriminierungen operieren ja mit der Unterstellung, die Delinquenten könnten ja gar nicht anders als sie tun bzw. sind.

Jetzt soll mittels der physikalischen Wellenfunktion quasi jeder verdächtigt werden (können).

So viel zum Thema freie Entscheidung für "Gut" und "Böse". Dieses ist und war schon immer definiert von den herrschenden Interessen, ob nun mit Religion verbrämt oder ohne ...-

Skeptiker

#302:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 15:03
    —
Zitat:
Dem Menschen soll - ob mit oder ohne explizite Religion der Glauben verkauft werden, dass alles, was geschieht, nicht von ihm, dem Menschen abhängt, sondern von höheren Mächten, die alles steuern und zwischen denen der Mensch zerrieben wird. Hoffen freilich darf er. Beten auch.

Nur tun kann er nichts, etwa um die herrschenden Zustände gemäß seinen Erkenntnissen zu ändern.


An solche Aussagen erkennt man mal wieder, wie schrecklich schwer es für ideologisch geprägete Menschen doch ist, einfachste Sätze zu verstehen. Und da lachen noch nichtmal die Hühner...


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 20.04.2008, 15:07, insgesamt 2-mal bearbeitet

#303:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 15:03
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Um ehrlich zu sein, habe ich dich mit "Agnost" verwechselt. Ups. Sorry. Cool

Du bist nicht der erste, dem das passiert! Ich habe schon vorgeschlagen, meinen Namen zu ändern - Agnost meinte aber, das sei nicht nötig. Also einfach etwas aufpassen! Ich finde aber, dass meine Beiträge, auch wenn sie von Agnost gekommen wären, in ihrem Inhalt und nicht per Voreingenommenheit entgegengenommen werden sollten...

Zitat:
Zitat:
Edit: Wieder einmal muss man feststellen, dass es nicht ein entweder/oder gibt, sondern ein sowohl/als auch! Der "Wille" ist sowohl frei, als auch unfrei...


Das ist das, was ich mit "umdefinieren" meinte. Führt meiner Ansicht nach nicht weiter.

Nein, das ist keine Umdefinition! Definier DU doch einmal, was Du unter "Wille" und "freiem Willen" verstehst!

#304: papp Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 15:27
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Dem Menschen soll - ob mit oder ohne explizite Religion der Glauben verkauft werden, dass alles, was geschieht, nicht von ihm, dem Menschen abhängt, sondern von höheren Mächten, die alles steuern und zwischen denen der Mensch zerrieben wird. Hoffen freilich darf er. Beten auch.

Nur tun kann er nichts, etwa um die herrschenden Zustände gemäß seinen Erkenntnissen zu ändern.


An solche Aussagen erkennt man mal wieder, wie schrecklich schwer es für ideologisch geprägete Menschen doch ist, einfachste Sätze zu verstehen. Und da lachen noch nichtmal die Hühner...


Schon wieder so einer, dem die realen Wahlmöglichkeiten fehlen. Das war ja auch schon das Schicksal der Weströmer ...-

Skeptiker

#305:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 15:29
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:


Nein, das ist keine Umdefinition! Definier DU doch einmal, was Du unter "Wille" und "freiem Willen" verstehst!


"Wille" = Verfolgen von Absichten, Anstreben eines Ziels

Zur Frage, was unter "freier Wille" zu verstehen ist, habe ich jetzt mal ne Definition von WIKI geklaut, einfach deshalb, weil ich glaube, dass sich alle Vertreter in der "FW-Diskussion", ob ausdrücklich oder unausgesprochen, auf eine solche Definition beziehen:

Zitat:


Gedacht werden kann eine solche Freiheit nur dann, wenn das Wollen von absolut nichts abhängt, also durch nichts bedingt ist. Nur dann könnte sich ein Mensch in derselben Situation sowohl für das Eine als auch für das Andere entscheiden. Diese freie Wahlmöglichkeit geht verloren, sobald es irgendeine Verbindung zwischen den Motiven und dem Willen gibt. Dann nämlich ist der Wille nicht mehr unbedingt frei, gleichgültig welcher Art diese Abhängigkeit ist oder wie komplex sie auch sein mag.


Den Hinweis, dass man einen solchen "freien Willen" auch gerne mit dem Zusatz "unbedingter freier Wille" versieht, hab ich mir jetzt mal extra gespart, weil ich letztlich eine Wortklauberei dahinter sehe.
Zu definieren, was denn ein "bedingter freier Wille" sei, dafür fühle ich mich nicht zuständig.
Das können ja mal die tun, die das hier vertreten.

#306:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 15:36
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Um ehrlich zu sein, habe ich dich mit "Agnost" verwechselt. Ups. Sorry. Cool

Du bist nicht der erste, dem das passiert! Ich habe schon vorgeschlagen, meinen Namen zu ändern - Agnost meinte aber, das sei nicht nötig. Also einfach etwas aufpassen! Ich finde aber, dass meine Beiträge, auch wenn sie von Agnost gekommen wären, in ihrem Inhalt und nicht per Voreingenommenheit entgegengenommen werden sollten...

Zitat:
Zitat:
Edit: Wieder einmal muss man feststellen, dass es nicht ein entweder/oder gibt, sondern ein sowohl/als auch! Der "Wille" ist sowohl frei, als auch unfrei...


Das ist das, was ich mit "umdefinieren" meinte. Führt meiner Ansicht nach nicht weiter.

Nein, das ist keine Umdefinition! Definier DU doch einmal, was Du unter "Wille" und "freiem Willen" verstehst!


Nun bin ich doch nicht so frei mich nur gerufen zurück zu melden.

Die Namensähnlichkeit ist doch nur für "Reizwort" Poster ein grösseres Problem, allen anderen, denen die Verwechslung einmal passiert, wird sie kaum ein zweites mal passieren.

Aber tatsächlich ist die Sowohl als Auch Annahme von Agnostiker
ja auch durch diesen Philosophen des "Bedingt Freien Willens" abgedeckt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bieri

Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001

So und von nun an bin ich aus dem Spiel, ausser ich werde zurückgerufen.

Ehrlich und ohne Kohl.

Agnost

#307: Re: papp Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 15:37
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Dem Menschen soll - ob mit oder ohne explizite Religion der Glauben verkauft werden, dass alles, was geschieht, nicht von ihm, dem Menschen abhängt, sondern von höheren Mächten, die alles steuern und zwischen denen der Mensch zerrieben wird. Hoffen freilich darf er. Beten auch.

Nur tun kann er nichts, etwa um die herrschenden Zustände gemäß seinen Erkenntnissen zu ändern.


An solche Aussagen erkennt man mal wieder, wie schrecklich schwer es für ideologisch geprägete Menschen doch ist, einfachste Sätze zu verstehen. Und da lachen noch nichtmal die Hühner...


Schon wieder so einer, dem die realen Wahlmöglichkeiten fehlen. Das war ja auch schon das Schicksal der Weströmer ...-

Skeptiker


Eine Wahl folgt immer einem Muster. Ob du es nun wahrhaben willst oder nicht, tut da nichts zur Sache. Ich für meinen Teil entscheide zumindest nicht beliebig.

#308:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 16:00
    —
Zitat:
Skeptiker
Das ändert aber nichts an dem Versuch, alte Paradigmen mit modernern Begriffen retten zu wollen, was natürlich nur mit der metaphysischen Umdeutung moderner Begriffe geht.


Ein solches „altes Paradigma“ ist der „freie Wille“, an dem Theologen und Pfaffen so gerne festhalten möchten.

Zitat:
Dem Menschen soll - ob mit oder ohne explizite Religion der Glauben verkauft werden, dass alles, was geschieht, nicht von ihm, dem Menschen abhängt, sondern von höheren Mächten, die alles steuern und zwischen denen der Mensch zerrieben wird. Hoffen freilich darf er. Beten auch.


Das ist wohl nur in der verzerrten Vorstellung, die du vom Determinismus hast, so.
Hier fehlt jetzt eigentlich nur noch die Behauptung, dass Wissenschaft ja „letztlich auch nur Religion“ ist...
Merke: Der naturwissenschaftliche Determinismus steht in deutlichstem Gegensatz zu religiösen Konzepten.

Zitat:
Freud erweitert das Selbst um das Unbewusste. Er spricht von Trieb und nicht von Wille. Das zwanghafte Verhalten des Neurotikers ist ihm jedoch gerade kein Normalzustand, sondern krankhaft und Symptom eines unterdrückten (unfreien) Triebes durch "die Gesellschaft". Auch hier keine Spur eines alles durchziehenden Determinismus, wie ich meine.


Du baust dir mit deiner Vorstellung von Determinismus einen Pappkameraden auf.
Selbstverständlich schließen deterministische Ansätze es nicht aus, auf die Bestimmtheit des Menschen Einfluss zu nehmen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: WEIL der Mensch wesentlich durch Unbewusstes, durch (kindliche) Erfahrungen determiniert ist, muss auf das Unbewusste Einfluss genommen werden, will man, dass sich das Verhalten eines Menschen ändert.
Das könnte so auch ein „deterministischer“ Hirnforscher wie Gerhard Roth vertreten.

#309: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 16:32
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
verständlich *smile*
zur Erklärung:
Willensfreiheit und Determiniertheit schließen sich m.E, nicht gegenseitig aus,
wenn man das determinierte System als ein dynamisches betrachtet, bei dem an den Knotenpunkten
der Interaktionen, Entscheidungen möglich/nötig sind. Mehr Freiheit benötigt und beinhaltet das System nicht,
da jede Entscheidung wieder in eine neue/andere Kette kausaler Zusammenhänge mündet.
Solange also jeder Mensch entspechend der Determiniation agiert ist das System vollständig determiniert.
Tun das einzelne Menschen dann und wann nicht, hat dies meißt kaum Auswirkungen
auf das Gesamtsystem bzw. wenn dann in der Regel erst lange Zeit nach der Entscheidung.
Man kann das System also durchaus determiniert nennen - wenn auch mit der Möglichkeit der aktiven
bewußten Beeinflussung. Allerdings wohl nur durch Menschen, welche ja laut Bibel seid dem
"Sündenfall" (Sündenfall steht da aber gar nicht) mittels Erkenntnis -> gottgleich sind
und gleichzeitig aus der unbewußten totalen Determination verbannt wurden.


Daraus schließe ich, dass du "so eine Art" Dualist bist:


nein - versuch mich einfach nicht zu etikettieren - ja?

Zitat:

Da gibts einmal die materielle, "unbewusste" Welt, in der alles streng determiniert abläuft, und eine "bewusste" Welt, die Welt des Geistes, die nicht determiniert ist. Ne, überzeugt mich leider gar nicht. Schulterzucken


würde mich auch nicht überzeugen weil es ausgemachter Blödsinn ist.
Hat auch nichts mit dem zu tun was ich gesagt habe.

Zitat:
Zitat:

*rofl* Pillepalle Haben doch die Verfasser vor n paar tausend Jahren tatsächlich vergessen
das was sie schrieben, extra für Menschen die deutschen Kindern das DENKEN beibringen sollen,
mit Naturgesetz zu bezeichnen skeptisch

[...]
hm - das -> übers Wasser laufen is jetz für Dich der Aufhänger um dem früheren Gottesbild die Naturgesetzlichkeit abzusprechen?
Bißchen sehr kleinlich - hm? Für Gläubige wie Ungläubige scheinen doch wohl die paar scheinbaren
tatsächlichen "Wunder" mit denen die Texte gewürzt wurden der wichtigste Aspekt, für/gegen die Texte
zu sein.


Ist das jetzt der Versuch, die Naturwissenschaften als Erfindungen der Religion zu deklarieren?


? wir redeten von Naturgesetzmäßigkeiten und soweit mir bekannt ist kann man die nicht erfinden,
sondern nur entdecken.
Versucht wurde das keinesfalls erst seid jemand die Lehre dazu Naturwissenschaften nennt Mit den Augen rollen

Zitat:

Es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen einer religiös-magischen Betrachtung der Natur und dem wissenschaftlichen Denken; so ob ich sage "Es regnet jetzt, weil der liebe Gott das will, es könnte aber jetzt auch nicht regnen, wenn Gott das nicht wollte", oder ob ich sage "Es regnet jetzt, weil dies notwendig aufgrund von Naturgesetzen so geschieht".


Pillepalle ->>> es REGNET
und es ist piepegal ob es wegen einen determinierten System regnet oder wegen einem determinierten System das man Gott nennt.
Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.

Zitat:

Aus dem religiös-magischen Denken (= das zugleich nicht deterministisch ist) resultiert die Vorstellung von einer Welt, die wir aus Sicht der Naturwissenschaft als verrückt bezeichnen würden. Du musst nur aufmerksam die Bibel lesen, um festzustellen, dass "Wunder" dort etwas Gewöhnliches sind. Da gibts kein Gesetz der Schwerkraft, das Jesus daran gehindert hätte, in den "Himmel aufzufahren" usw.


sorry - ich bin nicht so blöd zu denken das irgend ein Jesus körperlich in den Himmel gefahren ist.
Folglich brauch ich mir maximal Gedanken darüber machen was der Verfasser ansonsten gemeint haben könnte.
Für die Aussagen die einem Jesus in den Mund gelegt wurden ist es aber ohne jede Relevanz ob er in den Himmel gefahren ist oder nicht Schulterzucken

#310:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 18:17
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe den Thread aus Zeitmangel weitestgehend nicht gelesen, nehme mir dennoch die Freiheit, auf die Kurzdarstellung in der aktuellen Zeit aufmerksam zu machen, aus der man deutlich erkennen kann, daß die Naturwissenschaftler selber -Haynes und Libet scheinbar auch- die Sache glücklicherweise unideologisch angehen/angegangen sind. Im Gegenteil hat die ideologische Auseinandersetzung dazu beigetragen, die Forschung zu hemmen. Zum Abschluss wird noch das geplante Experiment Haynes geschildert, welches ich sehr befürworte und dessen Ergebnis ich mit Spannung entgegensehe. Es ist ein Versuch, der auch die Grenzen der Interpretierbarkeit aufzeigt. Meines Erachtens.

Zustimmung. Allerdings weiß ich schon was passiert, wenn der Proband sich trotz Info nicht mehr umentscheiden kann: Die FW-Vertreter werden sagen, die Zeit habe dazu nicht gereicht, und überhaupt sei die Situation ja sehr künstlich.

Ich habe ja auch weiter oben hier schon deutlich gemacht, was das Experiment untersucht und was nicht. Auch in der ZEIT wird das zumindest an einigen Stellen korrekt dargestellt.


Der erste Einwand könnte ja auch berechtigt sein. Aber warten wir's doch ab. Am besten wären doch Versuchsreihen, die Auskunft darüber geben würden, welche Zeitspanne für eine Umentscheidung vonnöten wäre, und welche Spanne zu kurz für eine Umentscheidung wäre. Das wäre dann eben so. Und für mich eine interressante Tatsache.
Daß dies in meinen Augen aber den Großteil der Diskussionen an denen wir zu diesem Thema teilhatten nicht tangiert, das ist klar, oder?

#311: Emanzipation des (freien) Subjekts im ausgehenden Mittelalter Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 18:26
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das ändert aber nichts an dem Versuch, alte Paradigmen mit modernern Begriffen retten zu wollen, was natürlich nur mit der metaphysischen Umdeutung moderner Begriffe geht.


Ein solches „altes Paradigma“ ist der „freie Wille“, an dem Theologen und Pfaffen so gerne festhalten möchten.


Das ist Geschichtsfälschung Deinerseits. Du stellst die Dinge genau auf den Kopf.

Zwar gab es innerhalb der christlichen Geschichte immer schon Auseinandersetzungen um die menschliche Freiheit des Wollens. Aber eine Unabhängigkeit desselben von Gott - so viel ist klar - hat nie ein Theologe in Diensten der herrschenden Klasse vertreten.

Durchgesetzt hat sich der fatalistische determinismus-kopmpatible Schicksalsglaube mit seinem Höhepunkt im Mittelalter.

Erst mit Beginn der Aufklärung verlagerte sich der Schwerpunkt der Weltgeschichte von einem souverän und frei handelnden "Gott" zum emnanzipationsfreudigen menschlichen menschlichen Subjekt, will sagen auf das sich ökonomisch emanzipierende und beschränkt aufklärungswille (Klein)Bürgertum.

Allerdings retteten die Ultrareaktionäre Calvin und Luther ("Hier steh' ich, ich kann nicht anders!") die schlechtesten Angewohnheiten des mittelalerlichen Inquisitionschristentums in die Säkularisierung, woraus dann später der (klein)bürgerliche Faschismus entstand als Mittelalter-Atavismus, aber das ist eine andere Geschichte.

Calvin und Luther knüpften hierbei an die deterministische Lehre des Augustinus an.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dem Menschen soll - ob mit oder ohne explizite Religion der Glauben verkauft werden, dass alles, was geschieht, nicht von ihm, dem Menschen abhängt, sondern von höheren Mächten, die alles steuern und zwischen denen der Mensch zerrieben wird. Hoffen freilich darf er. Beten auch.


Das ist wohl nur in der verzerrten Vorstellung, die du vom Determinismus hast, so.
Hier fehlt jetzt eigentlich nur noch die Behauptung, dass Wissenschaft ja „letztlich auch nur Religion“ ist...
Merke: Der naturwissenschaftliche Determinismus steht in deutlichstem Gegensatz zu religiösen Konzepten.


Das hast Du mißverstanden. Ich stehe auf seiten der Wissenschaft. Diese trägt zum Ende der Religion bei. Endgültig wird Religion jedoch nur durch eine emanziperte & rationale Gesellschaft besiegt.

Die rückständigen Philophien Marke "Radikaler Konstruktivismus" usw. sind hierbei allerdings nicht hilfreich.

Man sollte doch Philosophie und Wissenschaft auseinander halten.

Heiner hat folgendes geschrieben:
skeptiker hat folgendes geschrieben:
Freud erweitert das Selbst um das Unbewusste. Er spricht von Trieb und nicht von Wille. Das zwanghafte Verhalten des Neurotikers ist ihm jedoch gerade kein Normalzustand, sondern krankhaft und Symptom eines unterdrückten (unfreien) Triebes durch "die Gesellschaft". Auch hier keine Spur eines alles durchziehenden Determinismus, wie ich meine.


Du baust dir mit deiner Vorstellung von Determinismus einen Pappkameraden auf.
Selbstverständlich schließen deterministische Ansätze es nicht aus, auf die Bestimmtheit des Menschen Einfluss zu nehmen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: WEIL der Mensch wesentlich durch Unbewusstes, durch (kindliche) Erfahrungen determiniert ist, muss auf das Unbewusste Einfluss genommen werden, will man, dass sich das Verhalten eines Menschen ändert.
Das könnte so auch ein „deterministischer“ Hirnforscher wie Gerhard Roth vertreten.


Ich rede hier keinem "Einfluss nehmen" das Wort. Ich sprach nur von der Freud'schen Theorie, nichts weiter.

Ich wüsste auch gar nicht, wie man auf das Unbewusste "Einfluss nehmen" will. Das ist wohl eine Vorstellung von Gehirnhydraulikern. Meiner Ansicht nach ist die Sache komplexer.

Und zu meiner Eingangsbehauptung habe ich im folgenden einen längeren Artikel, aus dem ich einen Abschnitt zitiere:

Zitat:
Hartmut Krauss

Geschichte der Subjektivität

Möglichkeitsbedingungen und Konstitutionsmerkmale 'praktisch-kritischer' Subjektwerdung im historischen Prozeß


Erst mit der Überwindung des theozentrischen Weltbildes im Renaissancehumanismus wird das theologische Dogma vom 'erbsündigen', zur eigenen Befreiung unfähigen, auf Gedeih und Verderb der göttlichen Erlösung ausgelieferten Menschen aufgebrochen und damit die göttliche Determination der menschlichen Subjektivität radikal in Frage gestellt. Hervorgekehrt wird nun die Schöpferkraft, Selbstverantwortung und Würde des Menschen. Im Kern wird damit die Wiederaneignung der auf Gott projizierten menschlichen Wesenskräfte postuliert; folgerichtig rückt der homo faber in den Mittelpunkt des Weltgeschehens. Dieser geistig-revolutionäre Übergang vom theozentrischen zum anthropozentrischen Weltbild wird exemplarisch deutlich in dem Redeentwurf des Pico della Mirandola (1463-1494) mit der Überschrift 'De dignitate hominis' (Über die Würde des Menschen). Der Autor läßt hier Gott folgendermaßen zu den Menschen sprechen: "Die beschränkte Natur der übrigen Wesen wird von Gesetzen eingegrenzt, die ich gegeben habe. Du sollst deine Natur ohne Beschränkung nach deinem freien Ermessen, dem ich dich überlassen habe, selbst bestimmen. Ich habe dich in die Weltmitte gestellt, damit du um so leichter alles erkennen kannst, was ringsum in der Welt ist. Ich habe dich nicht himmlich noch irdisch, nicht sterblich noch unsterblich geschaffen, damit du dich frei, aus eigener Macht, selbst modellierend und bearbeitend zu der von dir gewolten Form ausbilden kannst. Du kannst ins Untere, zum Tierischen, entarten; du kannst, wenn du es willst, in die Höhe, ins Göttliche wiedergeboren werden" (zit.n. Sandvoss 1989, S.148). Der Renaissancehumanismus kann folglich als 'Geburtsstunde' des modernen, d.h. sich selbst in seinen schöpferischen Gestaltungsmöglichkeiten und -fähigkeiten reflektierenden, Subjekts betrachtet werden.


http://www.glasnost.de/autoren/krauss/subgesch.html


Skeptiker

#312:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 18:41
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
"Wille" = Verfolgen von Absichten, Anstreben eines Ziels

Nun, eine Absicht, ein Ziel kann durchaus bewusst definiert und angestrebt werden, da sehe ich wohl die Möglichkeit eines relativ freien Willens! Relativ, weil z.B. bei einer Berufswahl die Freiheit sicher schon durch die Möglichkeiten, die eigene Begabung und die Beeinflussung durch die gesellschaftliche Umwelt nicht vernachlässigt werden kann.
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Gedacht werden kann eine solche Freiheit nur dann, wenn das Wollen von absolut nichts abhängt, also durch nichts bedingt ist. Nur dann könnte sich ein Mensch in derselben Situation sowohl für das Eine als auch für das Andere entscheiden. Diese freie Wahlmöglichkeit geht verloren, sobald es irgendeine Verbindung zwischen den Motiven und dem Willen gibt. Dann nämlich ist der Wille nicht mehr unbedingt frei, gleichgültig welcher Art diese Abhängigkeit ist oder wie komplex sie auch sein mag.

So definiert würde ich ganz simpel sagen: Einen solchen freien Willen gibt es nicht. Punkt. Im Übrigen steht diese Definition mit Deiner obigen von "Wille" im Widerspruch: Wie kann ein Wille, der Absichten und Ziele verfolgt, von solchen frei sein?

#313:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 18:47
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
"Wille" = Verfolgen von Absichten, Anstreben eines Ziels

Nun, eine Absicht, ein Ziel kann durchaus bewusst definiert und angestrebt werden, da sehe ich wohl die Möglichkeit eines relativ freien Willens!


Wonach legt man ein Ziel denn fest? Kommt die Motivation dazu aus der Luft?

#314:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 18:49
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Nun bin ich doch nicht so frei mich nur gerufen zurück zu melden.
Was ist los? Hab'ich was verpasst? Schmollst Du? Oder willst Du etwas beweisen?
Zitat:
Aber tatsächlich ist die Sowohl als Auch Annahme von Agnostiker
ja auch durch diesen Philosophen des "Bedingt Freien Willens" abgedeckt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bieri
Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001

Das ist lustig! Ich bin eben daran Pascal Merciers (alias Peter Bieri) "Perlmanns Schweigen" zu lesen, nachdem ich schon den "Nachtzug nach Lissabon" und "Lea" gelesen habe. Obwohl er in diesen Büchern explizit nichts über den "Bedingt Freien Willen" schreibt, bin ich vielleicht unbewusst von ihm beeinflusst...

#315:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 18:58
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
"Wille" = Verfolgen von Absichten, Anstreben eines Ziels

Nun, eine Absicht, ein Ziel kann durchaus bewusst definiert und angestrebt werden, da sehe ich wohl die Möglichkeit eines relativ freien Willens!


Wonach legt man ein Ziel denn fest? Kommt die Motivation dazu aus der Luft?


Das ist doch durch Gott, den Lehrer, Mami oder die Studienverordnung fest vorgegeben .

#316: Re: Emanzipation des (freien) Subjekts im ausgehenden Mittelalter Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:00
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Ein solches „altes Paradigma“ ist der „freie Wille“, an dem Theologen und Pfaffen so gerne festhalten möchten.
Das ist Geschichtsfälschung Deinerseits. Du stellst die Dinge genau auf den Kopf.

Zumindest für die neuere Zeit ist das keine "Geschichtsfälschung."

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zwar gab es innerhalb der christlichen Geschichte immer schon Auseinandersetzungen um die menschliche Freiheit des Wollens. Aber eine Unabhängigkeit desselben von Gott - so viel ist klar - hat nie ein Theologe in Diensten der herrschenden Klasse vertreten.

Es gab lange Streit um den Widerspruch zwischen menschlicher Freiheit und göttlicher Allmacht/Determination bzw. Heilsplan. Diverse frühe Kirchenväter (also vor dem Mittelalter) waren der ANsicht, daß der Mensch frei zwischen Gut und Böse entscheiden könne.

http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille/Geschichte

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Durchgesetzt hat sich der fatalistische determinismus-kopmpatible Schicksalsglaube mit seinem Höhepunkt im Mittelalter.

Auch im Mittelalter gab es allerdings Theologen, die versuchten, die menschliche Freiheit zu retten, wie etwa Ockham und Erasmus.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Calvin und Luther knüpften ... an die deterministische Lehre des Augustinus an.

Das ist allerdings korrekt.

#317:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:10
    —
@ Skeptiker:

Zitat:
Durchgesetzt hat sich der fatalistische determinismus-kopmpatible Schicksalsglaube mit seinem Höhepunkt im Mittelalter.

Erst mit Beginn der Aufklärung verlagerte sich der Schwerpunkt der Weltgeschichte von einem souverän und frei handelnden "Gott" zum emnanzipationsfreudigen menschlichen menschlichen Subjekt, will sagen auf das sich ökonomisch emanzipierende und beschränkt aufklärungswille (Klein)Bürgertum.

Allerdings retteten die Ultrareaktionäre Calvin und Luther ("Hier steh' ich, ich kann nicht anders!") die schlechtesten Angewohnheiten des mittelalerlichen Inquisitionschristentums in die Säkularisierung, woraus dann später der (klein)bürgerliche Faschismus entstand als Mittelalter-Atavismus, aber das ist eine andere Geschichte.

Calvin und Luther knüpften hierbei an die deterministische Lehre des Augustinus an.


Der Glaube an einen Determinismus endet nicht logischerweise in einem Fatalismus (wobei mir der Begriff "Bedingtheit" besser gefällt, da er einen (wircklichen) Zufall nicht ausschließt). Dazu müsste man vorher wissen war determiniert/bedingt ist. Das ist nicht der Fall. Gleichzeit macht der Gedanke, dass der Mensch in seinem Handeln bedingt ist, denselben keinesfalls zu einem Sklaven irgendeiner Ideologie, dass Gegenteil ist, konsequenterweise, vielmehr der Fall. Indem man erkennt, dass alles bedingt ist, fallen alle kruden "Allheil" (bzw. für Andersgläubige "Allunheil")-Glaubenslehren einfach weg, da sie nicht mehr wircklich über eine argumentative Basis für ihre drakonischen Bestrafungen (z.b.) verfügen. Das Ergebnis ist Toleranz gegen über so ziemlich allem, was nicht irgendwie wircklich gefährlich ist (also was dem Menschen physisch und/oder psychisch schadet), mit Ausnahme der Intoleranz selbst natürlich. Du scheinst hier mE zwei Dinge in einen Topf zu werfen, die gar nicht zusammenpassen. Der Schicksalsglaube, ist was vollkomen anderes, als einen FW zu leugnen. Schicksalsglaube impliziert (im Voraus!) ein ganz bestimme Realität (an der man sich dann auch im Voraus zu orientieren hat). Das ist aber schlicht unsinnig, eben auch dann wenn man nicht an einen FW glaubt.

Ich möchte auch hinzufügen, dass philosophische Ansichten keinesfalls nach ihrem Nutzen, zum Erreichen eines bestimmtes Zieles bewertet werden dürfen. Die Theorie der prinzipiellen Bedingheit des Seins durch pysikalische Gegebenheit, die rein rational nun wircklich nicht uneinleuchtend ist, ist keinesfalls deshalb "falsch" nur weil sie nicht in irgendein nicht näher definiertes verbrämtes ideologisches Konzept passt...du musst schon mehr von dir geben, als stängig zu wiederholen wie schrecklich unaufgeklärt diese Idee doch ist, wenn man sie konsequenterweise auch auf das menschliche Handeln verwendet.

Ach ja und nebenbei: Um emanzipiert zu sein muss der Mensch nur eines tun: Seinem eigenen Willen folgen. Dazu muss niemand an einen "freien Willen" (was auch immer das konkret sein soll) glauben. Oder aber, wenn man wircklich "progressiv" sein will, kann man den "freien Willen" auch mit dem "eigenen Willen" gleichsetzen, dann ergibt dieser Begriff sogar einen gewissen Sinn.


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 20.04.2008, 19:42, insgesamt 15-mal bearbeitet

#318:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:12
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Nun bin ich doch nicht so frei mich nur gerufen zurück zu melden.
Was ist los? Hab'ich was verpasst? Schmollst Du? Oder willst Du etwas beweisen?
Zitat:
Aber tatsächlich ist die Sowohl als Auch Annahme von Agnostiker
ja auch durch diesen Philosophen des "Bedingt Freien Willens" abgedeckt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bieri
Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001

Das ist lustig! Ich bin eben daran Pascal Merciers (alias Peter Bieri) "Perlmanns Schweigen" zu lesen, nachdem ich schon den "Nachtzug nach Lissabon" und "Lea" gelesen habe. Obwohl er in diesen Büchern explizit nichts über den "Bedingt Freien Willen" schreibt, bin ich vielleicht unbewusst von ihm beeinflusst...

Zu Bieri hatten wir hier ja schon ausführliche Diskussionen, etwa hier:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=542930#542930

#319:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:21
    —
Evilbert hat folgendes geschrieben:


Hä? Mach ich regelmässig (außer dass ich für Notfälle wie umgeschüttete Saftflaschen nebenan bleibe; aber auch mal einkaufen zwischendurch ist no Problem). Da passiert meist gar nix. Was kennst Du denn bloß für Kinder? Geschockt


O-man! Natürlich nicht Geschwister! Du kannst auch Hund und Katze 1 Jahr lang (oder von Welpenzeit an) zusammenleben lassen und die tun sich auch nix mehr, wenn man sie allein lässt.

Dann nochmal die ausführliche Variante:
Sperr drei nicht verwandte und sich einander nicht allzu gut bekannte Kinder in ein Zimmer zum Spielen; lass sie drei Stunden allein; warte ab.
Da kannst Du davon ausgehen, dass nach einer halben Stunde das erste Heulen zu vernehmen ist und wenn Du dann nicht einschreitest, wird es bereits kritisch.
Hast Du Deine Kinder schonmal auf einem Spielplatz im Sandkasten spielen lassen, wo auch andere Kinder gespielt haben?



Heiner hat folgendes geschrieben:


NEIN, KÖNNTEST DU NICHT.



Wieso nicht??

#320:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:27
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Dann nochmal die ausführliche Variante:
Sperr drei nicht verwandte und sich einander nicht allzu gut bekannte Kinder in ein Zimmer zum Spielen; lass sie drei Stunden allein; warte ab.



Verstehe ich schon wieder (tweilweise) nicht. Gerade Geschwister hauen sich doch aus Neidgründen und Rivalitäten eher gerne mal was aufs Maul; diese Befürchtung hätte ich bei nichtverwandten Kindern viel weniger.

Aber die Zahl "3" bringt mich jetzt auf eine Spur, die wiederum was mit Neid oder Eifersucht zu tun hat.

Ja, das stimmt natürlich. 3 Kinder; da wird eines oftmals sauer, weil es sich vernachlässigt oder gemobbt fühlt.

Aber bei zwei Kindern - oder 4,5,6 etc. hatte ich noch nie Probleme. Die regeln das schon irgendwie.

#321: Re: Emanzipation des (freien) Subjekts im ausgehenden Mittelalter Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:29
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Hartmut Krauss

Geschichte der Subjektivität

Möglichkeitsbedingungen und Konstitutionsmerkmale 'praktisch-kritischer' Subjektwerdung im historischen Prozeß


Erst mit der Überwindung des theozentrischen Weltbildes im Renaissancehumanismus wird das theologische Dogma vom 'erbsündigen', zur eigenen Befreiung unfähigen, auf Gedeih und Verderb der göttlichen Erlösung ausgelieferten Menschen aufgebrochen und damit die göttliche Determination der menschlichen Subjektivität radikal in Frage gestellt. Hervorgekehrt wird nun die Schöpferkraft, Selbstverantwortung und Würde des Menschen. Im Kern wird damit die Wiederaneignung der auf Gott projizierten menschlichen Wesenskräfte postuliert; folgerichtig rückt der homo faber in den Mittelpunkt des Weltgeschehens. Dieser geistig-revolutionäre Übergang vom theozentrischen zum anthropozentrischen Weltbild wird exemplarisch deutlich in dem Redeentwurf des Pico della Mirandola (1463-1494) mit der Überschrift 'De dignitate hominis' (Über die Würde des Menschen). Der Autor läßt hier Gott folgendermaßen zu den Menschen sprechen: "Die beschränkte Natur der übrigen Wesen wird von Gesetzen eingegrenzt, die ich gegeben habe. Du sollst deine Natur ohne Beschränkung nach deinem freien Ermessen, dem ich dich überlassen habe, selbst bestimmen. Ich habe dich in die Weltmitte gestellt, damit du um so leichter alles erkennen kannst, was ringsum in der Welt ist. Ich habe dich nicht himmlich noch irdisch, nicht sterblich noch unsterblich geschaffen, damit du dich frei, aus eigener Macht, selbst modellierend und bearbeitend zu der von dir gewolten Form ausbilden kannst. Du kannst ins Untere, zum Tierischen, entarten; du kannst, wenn du es willst, in die Höhe, ins Göttliche wiedergeboren werden" (zit.n. Sandvoss 1989, S.148). Der Renaissancehumanismus kann folglich als 'Geburtsstunde' des modernen, d.h. sich selbst in seinen schöpferischen Gestaltungsmöglichkeiten und -fähigkeiten reflektierenden, Subjekts betrachtet werden.


http://www.glasnost.de/autoren/krauss/subgesch.html


Skeptiker



Skeptiker:

Du versuchst einen Gegensatz zu konstruieren zwischen Fatalisten und Verneinern der Willensfreiheit hie (= Reaktionäre) und "emanzipatorisch Gesinnten" und Befürwortern der Willensfreiheit da (= Progressive). Das Bild stimmt aber hinten und vorne nicht, auch überzeugt mich der historische Exkurs nicht.

Nach deiner Sicht hätte Freud ja ein ausgemachter Fatalist und Gegner eines progressiven/aufgeklärten Menschenbildes sein müssen, da er ja behauptete, dass der Mensch nur zum geringen Teil durch die RATIO bestimmt ist und zum größeren Teil durch das Unbewusste. Hat Freud dadurch ein "kritisches Subjekt" zu verhindern geholfen? NEIN, ich glaube, dass kaum ein Denker so viel für die Aufklärung getan hat wie Freud. Er hat uns geholfen zu verstehen, wie unsere Psyche funktioniert und damit auch, Abhängigkeiten zu durchschauen - damit also auch, "freier" zu werden. Ein Merkmal der Aufklärer ist es auch immer gewesen aufzuzeigen, wo der Mensch NICHT frei ist, auch wenn er glaubt oder wenn ihm eingeredet wird, dass er frei sei. Dahinein gehört übrigens auch Marx. Wir kennen z.B. die Freiheitsrhetorik heutiger Neoliberaler zur Genüge - Sätze wie "Jeder kann es schaffen, wenn er nur will", "Wer es im System nicht geschafft hat, der hat halt nicht richtig gewollt" usw. sind heute sicher nicht unbedingt das Markenzeichen besonders progressiver, aufklärerischer Freiheitsfreunde; da werden reale Begrenzungen, die bestehen, geleugnet, um zu verhindern, dass vielleicht Abhängigkeiten erkannt werden könnten (von denen man sich dann auch emanzipieren könnte). Zu erkennen, dass der Wille nicht frei ist, ist für mich in keiner Weise eine Bedrohung des "kritischen Subjets", sondern liegt in der aufklärerischen Logik eines nachmetaphysischen Zeitalters.


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 20.04.2008, 19:30, insgesamt einmal bearbeitet

#322:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:30
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
"Wille" = Verfolgen von Absichten, Anstreben eines Ziels

Nun, eine Absicht, ein Ziel kann durchaus bewusst definiert und angestrebt werden, da sehe ich wohl die Möglichkeit eines relativ freien Willens!
Wonach legt man ein Ziel denn fest? Kommt die Motivation dazu aus der Luft?

Ich schreibe ja von relativ freiem Willen! Weiter schreibe ich ja auch: "Relativ, weil z.B. bei einer Berufswahl die Freiheit sicher schon durch die Möglichkeiten, die eigene Begabung und die Beeinflussung durch die gesellschaftliche Umwelt nicht vernachlässigt werden kann."

Man kann sich ja vorstellen, dass man etwa gleich motiviert ist z.B. Biochemie und Astrophysik zu studieren (mir passiert). Man muss sich dann für das eine oder andere entscheiden. Ich hatte mich für Biochemie entschieden, aber gleichzeitig auch physikalische Fächer inkl Astrophysik belegt. Irgendwann gab ich die Chemie auf und endete in Verhaltensbiologie mit vielen mathematischen und physikalischen Nebenfächern. Dies war das Resultat vieler Verästelungen, an welchen ich jeweils bedingt frei entscheiden konnte, in welche Richtung ich weiterfahren soll. Die Bedingtheit lag in den unterschiedlichsten Faktoren, wie Qualität der Vorlesungen, Realisieren, dass ich mir unter Biochemie mehr Bio und weniger Chemie vorgestellt hatte, Entwicklung meiner Interessen durch verschiedenste Einflüsse usw.

Ich war also weitgehend frei in der Wahl meines Studienganges, aber auch weitgehend unfrei durch Beeinflussung von verschiedensten Faktoren!

#323:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 19:59
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Ich schreibe ja von relativ freiem Willen! Weiter schreibe ich ja auch: "Relativ, weil z.B. bei einer Berufswahl die Freiheit sicher schon durch die Möglichkeiten, die eigene Begabung und die Beeinflussung durch die gesellschaftliche Umwelt nicht vernachlässigt werden kann."

[...]
Ich war also weitgehend frei in der Wahl meines Studienganges, aber auch weitgehend unfrei durch Beeinflussung von verschiedensten Faktoren!


Mit anderen Worten, die Tatsache, dass deine Wahl durch bestimmte Motive sowie persönliche Prägung bestimmt war, machte deine Entscheidung unfrei.
Und was genau machte sie andererseits "frei"?

#324: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 20:13
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Pillepalle ->>> es REGNET
und es ist piepegal ob es wegen einen determinierten System regnet oder wegen einem determinierten System das man Gott nennt.


Nein, das ist nicht piepegal. Jemand, der glaubt, dass der Regenmachergott den Regen macht, macht sich nicht auf die Suche nach den wirklichen Ursachen und Zusammenhängen.
Solche Fragen hat erst die Naturwissenschaft gestellt.

Zitat:

Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.



Inwieweit der Regen hier ein gutes Beispiel ist, weiß ich nicht, da die Vorhersagbarkeit von Wetterereignissen aufgrund der Komplexität der Faktoren bekanntlich (noch) begrenzt ist.
Grundsätzlich ist Prognostizierbarkeit ein entscheidendes Kriterium in den Naturwissenschaften.
Wenn du deinen Bleistift fallen lässt, lautet die Prognose, dass der Stift determiniert ist, zu Boden zu fallen. Sollte der Bleistift in der Luft schweben bleiben, bleibt also die Prognose aus, hat der Determinist ein Problem, dann könnte es sich womöglich um ein echtes Wunder handeln (ist aber wohl noch nicht beobachtet worden).

#325:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 20:48
    —
Evilbert hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Dann nochmal die ausführliche Variante:
Sperr drei nicht verwandte und sich einander nicht allzu gut bekannte Kinder in ein Zimmer zum Spielen; lass sie drei Stunden allein; warte ab.



Verstehe ich schon wieder (tweilweise) nicht. Gerade Geschwister hauen sich doch aus Neidgründen und Rivalitäten eher gerne mal was aufs Maul; diese Befürchtung hätte ich bei nichtverwandten Kindern viel weniger.

Aber die Zahl "3" bringt mich jetzt auf eine Spur, die wiederum was mit Neid oder Eifersucht zu tun hat.

Ja, das stimmt natürlich. 3 Kinder; da wird eines oftmals sauer, weil es sich vernachlässigt oder gemobbt fühlt.

Aber bei zwei Kindern - oder 4,5,6 etc. hatte ich noch nie Probleme. Die regeln das schon irgendwie.


Geschwister würden sich sicher nicht umbringen, weil man die Verwandtschaft über den Geruch feststellt - da gibts durchaus ne natürliche Hemmung. Die pochen sich schonmal heftig, aber nie über eine bestimmte Grenze hinaus.

Bei zwei Kindern ist es vermutlich wirklich unproblematisch, weil sich keines der beiden überlegen fühlt und man sich zu arrangieren versucht, obwohl da auch schnell mal die Schippe über den Kopf des anderen gezogen wird, wenn der andere sie haben will.
Und das ist der Punkt: Kleine Kinder haben keine Hemmungen, zuzuschlagen und wer kennt dies nicht (also hats nicht mind. schon einmal beobachtet): Ein Kind schlägt das andere, das Elternteil des "Täters" geht zum "Täter" und macht ihm klar, dass das was ganz Falsches war, was er da gerade gemacht hat, "das tut dem Max weh; kuck mal, der ist jetzt ganz traurig". Und das "Täter-Kind" studiert förmlich das "Opfer" und entwickelt dann tatsächlich Mitgefühl und entschuldigt sich (oder ist zumindest peinlich betroffen). Kinder müssen das (Einfühlung "theory of mind"; dass sie andere nicht schaden sollen etc.) erst lernen und das über einen längeren Zeitraum. Instinktiv versuchen sie ihren Eigentum zu sichern und zu bewahren und sie würden dafür mit Sicherheit über Leichen gehen. Außerdem haben sie noch kein Mitgefühl mit Fremden, obschon sie ein solches mit Unterstützung der Eltern ("der ist jetzt ganz traurig" - übrigens faszinierend, dass gerade Mütter das meist ganz automatisch anwenden) durchaus empfinden können, weil sie ja z.B. mit den Eltern bereits mitfühlen können, aber sie müssen die Übertragung auf andere noch lernen.


Ich weiß ja nicht, wie alt Deine / Eure Kinder so sind, aber vermutlich sind es wirklich noch Kleinkinder, die kaum entsprechenden Situationen ausgesetzt waren. Aber da kann ich nur sagen: Es wird noch genügend solcher Situationen geben.

Ich hatte in den letzten Jahren die Gelegenheit, die Entwicklung von 5 Kindern mitzuerleben und bei allen findet man das gleiche Verhaltensmuster; man muss allen dasselbe erklären usw. Dazu kommen dann noch anderweitige Beobachtungen (also abgesehen von einem gewissen Maß theoretischen Wissens) und die lassen mich gewiss sein: das ist keine Ausnahme, wenn Kinder brutal anderen gegenüber werden, sondern die ganz selbstverständliche Regel.

Eine "Tötungshemmung", wie sie Heiner annimmt, ist Quatsch. Natürlich werden wir gehemmt sein, jemanden umzubringen, aber eben aus Gründen der anerzogenen Kultur und Zivilisiertheit.
Aber das lässt sich sehr, sehr leicht einfach abschalten: Siehe Judenhass z.B.
Das, was ich hier klar mache, ist eine nicht unwichtige Feststellung, denn sie besagt: Achte auf deine Gedanken!
Wenn man weiß, wie leicht sich diese Kultur-Konzepte ausschalten lassen, dann ist sowas wie in der Nazi-Zeit nicht mehr möglich.
Und es ergibt sich auch was Wichtiges für die Kindererziehung: Dass man nämlich mit einem Kind, das sich "böse" verhalten hat, nicht "böse" sein sollte, sondern einsichtig insofern, dass man weiß, dass das Kind eben gewisse Dinge - Kultur und Zivilisiertheit - erst noch erweben muss. Wenn man einfach mit einem Kind wegen brutalen Verhaltens schimpft und über das Verhalten entsetzt ist, wird man allenfalls erreichen, dass das Kind dieses Verhalten unterdrückt, weil es Schimpfe befürchtet, aber nicht, weil es eine Einsicht hinzugewonnen hat. Man muss sich also im Klaren darüber sein, dass ein in unseren Augen "böses" Verhalten nicht böse ist, sondern normal und dass man dem Kind Einsicht beibringen muss.

Edit: Uähh, wieso geht die Quote-Funktion denn nicht?

Quotes repariert
-Sehwolf


Zuletzt bearbeitet von durial am 20.04.2008, 20:50, insgesamt einmal bearbeitet

#326:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 20:49
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Nun bin ich doch nicht so frei mich nur gerufen zurück zu melden.
Was ist los? Hab'ich was verpasst? Schmollst Du? Oder willst Du etwas beweisen?
Zitat:
Aber tatsächlich ist die Sowohl als Auch Annahme von Agnostiker
ja auch durch diesen Philosophen des "Bedingt Freien Willens" abgedeckt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bieri
Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001

Das ist lustig! Ich bin eben daran Pascal Merciers (alias Peter Bieri) "Perlmanns Schweigen" zu lesen, nachdem ich schon den "Nachtzug nach Lissabon" und "Lea" gelesen habe. Obwohl er in diesen Büchern explizit nichts über den "Bedingt Freien Willen" schreibt, bin ich vielleicht unbewusst von ihm beeinflusst...

Zu Bieri hatten wir hier ja schon ausführliche Diskussionen, etwa hier:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=542930#542930


Nein ich schmolle nicht, ich habe einfach meine Argumente ausgerollt, Steps Argumente kenne ich auch, weil ich in den anderen Threads immer wieder mal mitgelesen habe und meinen Punkt, dass der Theismus nicht an die Vorstellung vom freien Willen gebunden ist, habe ich auch genügend gut belegt.

Des weiteren habe ich meine berechtigten Zweifeln an den diversen Hirnbildchen alias Lügendetektoren der Generation 2.0 dargelegt. Die sind meines Erachtens noch viel zu primitv um irgendetwas über den freien Willen aussagen zu können.

Ich habe auch dargelegt, dass wer an totale Determination glaubt, sich die Frage nach dem Ursprung dieser totalen Determination stellen lassen muss.

Es könnte dann nämlich auch ein "Intelligenter Designer" gewesen sein.

Dass ich nicht 7 Sekunden vor der Oeffnung meiner Skibindung schon Signale bekommen habe, ob ich mich für Schung auf einem Ski ausfahren oder Textilbremse entscheiden werde, habe ich auch genügend deutlich gemacht.
Warum ich in solchen Situationen bedingt frei entscheiden kann habe ich auch dargelegt und auf den Peter Bieri verwiesen.

Dass Polyreduntante Systeme stabiler sind als Nicht-Redundtante Systeme, gerade weil sie "bedingt Freie" Wahl zulassen, habe ich anhand der Wirtschaftsgeschichte belegt.

Und dass ich die Wellenfunktion vorgelegt bekommen will, die belegt, warum physikalisch-notwendig Westrom untergehen musste und nicht Ostrom habe ich auch gepostet


Fazit:
Wir sind also nicht so frei, wie es die Neoliberalen behaupten, aber wohl kaum so unfrei, wie uns das Step und Heiner glauben machen wollen.

Auch wenn wir öftersmal aneinander geraten, weil er ein Planwirtschaftler ist und ich ein Marktwirtschaftler, bin ich mir mit Skeptiker weitgehend einig:
Unser Wille ist bedingt frei.

Aber nicht jeder Total-Determinist hat religiöse Gründe für seinen Anschauung.

Und natürlich ist sein Bild vom Kleinbürger falsch und die Vorstellung, dass Faschismus und Nationalsozialismus "Mittelalterlich " seien falsch.

Mehr habe ich zum Thema konstruktiv nicht beizutragen.

Hat also nix mit Beweisen oder sonstwelchen "komischen" Gefühlen zu tun.

Sondern mit dem Wissen, dass ich alles Sinnvolle gesagt habe, was ich sagen kann.

Agnost

//Edit, den Kleinbürger noch abgehandelt//


Zuletzt bearbeitet von Agnost am 20.04.2008, 21:09, insgesamt einmal bearbeitet

#327: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 21:03
    —
AXO hat folgendes geschrieben:

Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.


Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.

Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.

Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.


Alle begriffen? Fein!

Ende der Determinismusdiskussion


Lachen

#328: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 22:18
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.

Greasel hat folgendes geschrieben:
(size=17+1) Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.
(3 mal)
Gilt das nur für das Wetter oder generell?

#329:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 22:24
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Unser Wille ist bedingt frei.



Ich warte immer noch auf eine bündige Definition dessen, was ein "bedingt freier Wille" ist (oder hab ich's überlesen?).
Was ist "bedingt" daran, was ist "frei"? Frage

#330: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 22:41
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Pillepalle ->>> es REGNET
und es ist piepegal ob es wegen einen determinierten System regnet oder wegen einem determinierten System das man Gott nennt.


Nein, das ist nicht piepegal. Jemand, der glaubt, dass der Regenmachergott den Regen macht, macht sich nicht auf die Suche nach den wirklichen Ursachen und Zusammenhängen.
Solche Fragen hat erst die Naturwissenschaft gestellt.


toll! Sehr glücklich und nun wissen wir warum es regnet und das es determiniert zwangsläufig und unabänderlich regnet.
Jemand der glaubt das es ein Regenmachergott regnen lässt, sieht das nicht nen Hauch anders.
Er glaubt lediglich das was wir wissen. Das ändert aber weder was an den Zusammenhängen
noch am Ergebnis ->>> es regnet Schulterzucken
Zitat:

Zitat:

Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.



Inwieweit der Regen hier ein gutes Beispiel ist, weiß ich nicht, da die Vorhersagbarkeit von Wetterereignissen aufgrund der Komplexität der Faktoren bekanntlich (noch) begrenzt ist.


Die Vorhersagbarkeit spielt insofern keine Rolle als das die Determination auch insofern gegeben
ist wenn wir sie nicht bis ins letzte Deteil durchschauen können.
N witziger Aspekt dieser Diskussion ist allerdings das gerade die Unmöglichkeit von Prophezeiungen
immer ein Argument GEGEN religöse Ambitionen war.

Zitat:

Grundsätzlich ist Prognostizierbarkeit ein entscheidendes Kriterium in den Naturwissenschaften.


in Religionen nicht minder

Zitat:

Wenn du deinen Bleistift fallen lässt, lautet die Prognose, dass der Stift determiniert ist, zu Boden zu fallen. Sollte der Bleistift in der Luft schweben bleiben, bleibt also die Prognose aus, hat der Determinist ein Problem, dann könnte es sich womöglich um ein echtes Wunder handeln (ist aber wohl noch nicht beobachtet worden).

*grins* is zwar nen relativ anspruchsloses Beispiel - aber die Prognose wird in jedem Fall eintreten.
Es gibt kein Problem - weder für den Determinist noch für den Religösen.

#331:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:18
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Unser Wille ist bedingt frei.

Ich warte immer noch auf eine bündige Definition dessen, was ein "bedingt freier Wille" ist (oder hab ich's überlesen?). Was ist "bedingt" daran, was ist "frei"? Frage

Unter "bedingtem freiem Willen" versteht man i.a. einen determinierten freien Willen. Die "Freiheit" besteht hier nur noch in der Tatsache, daß das Gehirn eine Rolle bei der Handlungssteuerung spielt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Bedingte_Willensfreiheit

#332: Bedingt freier Wille Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:28
    —
step hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Unser Wille ist bedingt frei.

Ich warte immer noch auf eine bündige Definition dessen, was ein "bedingt freier Wille" ist (oder hab ich's überlesen?). Was ist "bedingt" daran, was ist "frei"? Frage

Unter "bedingtem freiem Willen" versteht man i.a. einen determinierten freien Willen. Die "Freiheit" besteht hier nur noch in der Tatsache, daß das Gehirn eine Rolle bei der Handlungssteuerung spielt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Bedingte_Willensfreiheit


Was ich an diesem Link interessant finde, ist folgende Passage:

Zitat:
Dennoch wird hier von Freiheit gesprochen, weil die getroffene Wahl den Neigungen und Motiven der Person entspricht und somit ihren eigenen Willen repräsentiert. Keine wissenschaftliche Position spricht dem Menschen Freiheit in diesem Sinne ab


Es ist so, wie ich oben geschrieben habe: Der "freie Wille" wird so definiert, dass alle Denker, egal welcher Richtung, zu Vertretern des freien Willens werden.

Dabei stellt sich doch die Frage:

Zitat:
ob der Begriff Freiheit hier angebracht ist, wo es zu dem tatsächlichen Wollen keine Alternative gibt.

#333:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:29
    —
Genau.

#334:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:29
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Und das ist der Punkt: Kleine Kinder haben keine Hemmungen, zuzuschlagen und wer kennt dies nicht (also hats nicht mind. schon einmal beobachtet): Ein Kind schlägt das andere, das Elternteil des "Täters" geht zum "Täter" und macht ihm klar, dass das was ganz Falsches war, was er da gerade gemacht hat, "das tut dem Max weh; kuck mal, der ist jetzt ganz traurig". Und das "Täter-Kind" studiert förmlich das "Opfer" und entwickelt dann tatsächlich Mitgefühl und entschuldigt sich (oder ist zumindest peinlich betroffen). Kinder müssen das (Einfühlung ["theory of mind"]; dass sie andere nicht schaden sollen etc.) erst lernen und das über einen längeren Zeitraum. Instinktiv versuchen sie ihren Eigentum zu sichern und zu bewahren und sie würden dafür mit Sicherheit über Leichen gehen. Außerdem haben sie noch kein Mitgefühl mit Fremden, obschon sie ein solches mit Unterstützung der Eltern ("der ist jetzt ganz traurig" - übrigens faszinierend, dass gerade Mütter das meist ganz automatisch anwenden) durchaus empfinden können, weil sie ja z.B. mit den Eltern bereits mitfühlen können, aber sie müssen die Übertragung auf andere noch lernen.

Das stimmt so sicher nicht! Sicher haben kleine Kinder niedere Hemmschwellen, um einen tätlichen Konflikt zu iniziieren, aber die Hemmschwelle, anderen ernsthaften Schaden zuzufügen ist hoch. Empathie ist vielleicht auch angeboren - bei Kleinkindern wahrscheinlich aber noch wenig entwickelt. Es braucht aber sicher nicht Erziehung, damit sich diese ausbildet - vielleicht kann man diese Entwicklung mit Erziehung leicht beschleunigen. Empathieforschung ist noch relativ jung, aber sie ist in Angriff genommen worden. Tania Singer (Tochter des Neurobiologen Wolf Singer) ist darüber in einer Sternstunde Philosophie zu hören!

Zitat:
Edit: Uähh, wieso geht die Quote-Funktion denn nicht?

Sie geht schon, jedes "quote" muss aber mit einem "/quote" gepaart sein. Vorschau verschafft Klarheit!

#335:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:35
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Nein ich schmolle nicht, ich habe einfach meine Argumente ausgerollt, [...]

Danke für das Resumé - eigentlich kann ich jetzt auch schweigen, da ich in jedem Punkt mit Dir einig bin. Verblüffend, aber Agnostiker sind sich offenbar im Geiste verwandt. Skeptiker auch...

#336:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:41
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Nein ich schmolle nicht, ich habe einfach meine Argumente ausgerollt, [...]

Danke für das Resumé - eigentlich kann ich jetzt auch schweigen, da ich in jedem Punkt mit Dir einig bin. Verblüffend, aber Agnostiker sind sich offenbar im Geiste verwandt. Skeptiker auch...

Das verwundert nun wiederum mich. Während ich - obwohl ich kein Agnostiker bin - Deinen Beiträgen öfters etwas abgewinnen kann, bin ich bei den Meisten Beiträgen von Agnost oder gar Skeptiker anderer Meinung.

#337: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:41
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:


Ende der Determinismusdiskussion[/size][/i]


würd ich so nicht sagen.

#338: Re: Bedingt freier Wille Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:43
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Unser Wille ist bedingt frei.

Ich warte immer noch auf eine bündige Definition dessen, was ein "bedingt freier Wille" ist (oder hab ich's überlesen?). Was ist "bedingt" daran, was ist "frei"? Frage

Unter "bedingtem freiem Willen" versteht man i.a. einen determinierten freien Willen. Die "Freiheit" besteht hier nur noch in der Tatsache, daß das Gehirn eine Rolle bei der Handlungssteuerung spielt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Bedingte_Willensfreiheit


Was ich an diesem Link interessant finde, ist folgende Passage:

Zitat:
Dennoch wird hier von Freiheit gesprochen, weil die getroffene Wahl den Neigungen und Motiven der Person entspricht und somit ihren eigenen Willen repräsentiert. Keine wissenschaftliche Position spricht dem Menschen Freiheit in diesem Sinne ab


Es ist so, wie ich oben geschrieben habe: Der "freie Wille" wird so definiert, dass alle Denker, egal welcher Richtung, zu Vertretern des freien Willens werden.

Dabei stellt sich doch die Frage:

Zitat:
ob der Begriff Freiheit hier angebracht ist, wo es zu dem tatsächlichen Wollen keine Alternative gibt.


Stellt sich die Frage, wer diesen Wikipedia-Text geschrieben hat.

Ich verweise nochmals auf das Buch von Peter Bieri.

Dort wird der "Bedingt freie Wille" anders beschrieben.

Er gleicht meinem Skibindungsbeispiel.

Ich habe in der Situation zwei oder mehr Handlungsoptionen und eine davon ist meist präferiert, aber die zweite Möglichkeit (die wahrscheinlich sicherere Variante) ist einfacher zu verwirklichen.
Fühle ich mich in dem Moment doch nicht so stark, wähle ich die einfachere und sicherere Variante.

Diese Entscheidungsprozesse, kann jeder Mensch in den Sekundenbruchteilen vor der Entscheidung wahrnehmen.

Die Wahl zwischen Lust und Vorsicht ist eine "bedingt freie Entscheidung".

Agnost

#339: Re: Bedingt freier Wille Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:45
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:

Dabei stellt sich doch die Frage:

Zitat:
ob der Begriff Freiheit hier angebracht ist, wo es zu dem tatsächlichen Wollen keine Alternative gibt.


die Frage ist leicht zu beantworten ->> beweise das es zum tatsächlichen Wollen keine Alternative gibt.

#340:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:46
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Unser Wille ist bedingt frei.

Ich warte immer noch auf eine bündige Definition dessen, was ein "bedingt freier Wille" ist (oder hab ich's überlesen?).
Was ist "bedingt" daran, was ist "frei"? Frage

Ich dachte ich hätte das mindestens illustriert. Für eine straffe Definition brauche ich noch einige neurobiologische Forschungen mehr. Die aktuellen sagen nämlich nichts darüber aus, ausser dass das Bewusstsein einer Entscheidung erst nach den neuralen Korrelaten der Entscheidung eintrifft. Eine mögliche Interpretation habe ich schon versucht zu geben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Weiter sagen diese Versuche meiner Ansicht nach nichts über die Willensfreiheit und sicher auch nichts über den Determinismus unserer Handlungen aus. Sie sagen nur, dass unser Bewusstsein wenig mit einer Entscheidung zu tun hat. Entschieden wird in unbewussten, tieferen Hirnstrukturen, als in der Hirnrinde, wo das Bewusstsein zu lokalisieren ist. Das Bewusstsein ist dann nur fähig, eine Entscheidung im Nachhinein zu rationalisieren.
Mehr kann ich nicht bieten...

#341: Re: Bedingt freier Wille Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.04.2008, 23:48
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich habe in der Situation zwei oder mehr Handlungsoptionen und eine davon ist meist präferiert, aber die zweite Möglichkeit (die wahrscheinlich sicherere Variante) ist einfacher zu verwirklichen.

Gehörst Du zu denen, die glauben, daß es wirklich mehrere Möglichkeiten gibt, daß die Kausalität also nicht vollständig ist?

#342:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Verblüffend, aber Agnostiker sind sich offenbar im Geiste verwandt. Skeptiker auch...

Das verwundert nun wiederum mich. Während ich - obwohl ich kein Agnostiker bin - Deinen Beiträgen öfters etwas abgewinnen kann, bin ich bei den Meisten Beiträgen von Agnost oder gar Skeptiker anderer Meinung.

Danke für die Blumen! Sehr glücklich
Habe Agnost's Résumé nochmals angeschaut - verkürzt wie es ist, bin ich durchaus zufrieden. Ich müsste natürlich jedem Punkt noch genauer nachgehen - meine Erfahrung ist schon auch, dass ich mit Agnost nicht immer einig bin. Wenn es dann Verwechslungen zwischen uns gibt, kann das auch etwas peinlich werden. Wir sind ja nur "verwandt", und zwischen Verwandten kann es durchaus Meinungsunterschiede geben. Er ist für meinen Geschmack manchmal etwas zu kategorisch - unter uns gesagt. Das ziehmt sich nicht unbedingt für einen Agnostiker, der "es" ja eigentlich nicht weiss! zwinkern

#343:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:09
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Und das ist der Punkt: Kleine Kinder haben keine Hemmungen, zuzuschlagen und wer kennt dies nicht (also hats nicht mind. schon einmal beobachtet): Ein Kind schlägt das andere, das Elternteil des "Täters" geht zum "Täter" und macht ihm klar, dass das was ganz Falsches war, was er da gerade gemacht hat, "das tut dem Max weh; kuck mal, der ist jetzt ganz traurig". Und das "Täter-Kind" studiert förmlich das "Opfer" und entwickelt dann tatsächlich Mitgefühl und entschuldigt sich (oder ist zumindest peinlich betroffen). Kinder müssen das (Einfühlung ["theory of mind"]; dass sie andere nicht schaden sollen etc.) erst lernen und das über einen längeren Zeitraum. Instinktiv versuchen sie ihren Eigentum zu sichern und zu bewahren und sie würden dafür mit Sicherheit über Leichen gehen. Außerdem haben sie noch kein Mitgefühl mit Fremden, obschon sie ein solches mit Unterstützung der Eltern ("der ist jetzt ganz traurig" - übrigens faszinierend, dass gerade Mütter das meist ganz automatisch anwenden) durchaus empfinden können, weil sie ja z.B. mit den Eltern bereits mitfühlen können, aber sie müssen die Übertragung auf andere noch lernen.

Das stimmt so sicher nicht! Sicher haben kleine Kinder niedere Hemmschwellen, um einen tätlichen Konflikt zu iniziieren, aber die Hemmschwelle, anderen ernsthaften Schaden zuzufügen ist hoch. Empathie ist vielleicht auch angeboren - bei Kleinkindern wahrscheinlich aber noch wenig entwickelt. Es braucht aber sicher nicht Erziehung, damit sich diese ausbildet - vielleicht kann man diese Entwicklung mit Erziehung leicht beschleunigen. Empathieforschung ist noch relativ jung, aber sie ist in Angriff genommen worden. Tania Singer (Tochter des Neurobiologen Wolf Singer) ist darüber in einer Sternstunde Philosophie zu hören!


Kannst Du nicht kurz zusammenfassen, was sie da sagt?

Sicher ist Empathie angeboren, sonst gäbe es uns Menschen heute gar nicht mehr.

Aber dass es nicht Erziehung sei... Dein Argument dazu ist keins, denn natürlich muss das Gehirn eine gewisse Reife bekommen, um Empathievermögen entwickeln zu können, aber um diese Fähigkeit anzuwenden, muss es das lernen - genau wie Sprache. Selbstverständich muss Sprache gelernt werden und selbstverständlich wirst Du eine 0.5jähriges Kind noch so unterrichten können, es wird dennoch nicht sprechen können, weil die Anlage/ das Vermögen erst noch entwickelt werden muss.

Wie erklärst Du Dir denn, dass es möglich ist, für eine Gruppe von Menschen (z.B. Juden) plötzlich keinerlei Mitgefühl mehr haben zu können?
Ist das ein Hirndefekt? Kann ja nicht sein. Mit z.B. Nicht-Juden hat man ja noch Mitgefühl. Wie ist es möglich, das für eine spezielle Gruppe einfach auszuschalten? Ich mein, das ist ja kein zeitlich begrenztes Phänomen gewesen (ich meine die Nazi-Zeit), sondern die Ablehnung und Vernichtung ganzer Volks- und Randgruppen ist ja eher was völlig Normales in der Menschheitsgeschichte und eben auch aktuell noch.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Edit: Uähh, wieso geht die Quote-Funktion denn nicht?

Sie geht schon, jedes "quote" muss aber mit einem "/quote" gepaart sein. Vorschau verschafft Klarheit!


Was Du nicht sagst! Da das erst mein zweiter Post überhaupt war, wusste ich das natürlich nicht. Mit den Augen rollen

Wo bitte fehlt denn ein "/quote", hm?

EDIT:
Wenn Du mich für derart blöd hältst, frage ich mich, warum Du auf meine Posts reagierst.


Zuletzt bearbeitet von durial am 21.04.2008, 00:12, insgesamt einmal bearbeitet

#344:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:11
    —
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bieri#Philosophisches_Werk

Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001.

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,336006,00.html

Ein Text von Bieri im Spiegel.

Zitat:
Es könnte einer erschrecken, weil er gedacht hatte, die Freiheit des Willens müsse darin bestehen, dass der Wille durch nichts bedingt sei. Dass er unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte. Dass er in jedem Moment sein müsste wie ein unbewegter Beweger. Gesagt zu bekommen, dass es tausend Dinge im Gehirn gibt, von denen der Wille abhängt, ist dann ein Schock.

Doch einen in diesem Sinne freien Willen kann sich niemand wünschen, denn er wäre ein Wille, der niemandem gehörte: verknüpft weder mit dem Körper noch dem Charakter, noch dem Erleben, noch der Lebensgeschichte einer bestimmten Person. Er wäre vollkommen zufällig, unbegründet, unbelehrbar und unkontrollierbar. Einen solch launischen Willen zu haben wäre nicht die Erfahrung der Freiheit, sondern ein Alptraum.

()

Schließlich könnte einer erschrecken, weil die Hirnforschung über Prozesse spricht, die hinter unserem Rücken vor sich gehen. Es gehört zur Freiheitserfahrung, dass uns unser Wollen spontan vorkommt. Und dann kann es ein Schock sein zu erfahren, dass auch hinter dem spontanen Willen eine neurobiologische Uhr tickt. Bedeutet das nicht, dass die Erfahrung von Freiheit eben doch eine bloße Illusion ist? Dass wir uns nur frei fühlen, es aber nicht sind?

Nein. Nichts an unserer Erfahrung geschieht ohne physiologischen Hintergrund: nicht die Wahrnehmung, nicht das Denken, nicht das Fühlen. Doch niemand kommt auf die Idee, dass dieser physiologische Hintergrund den Gegenstand all dieser Erfahrungen zu bloßen Illusionen macht. Warum also beim Willen?

Nur dann, wenn sich jemand die Freiheit des Willens auf so unplausible Weise denkt, kann er sie durch die Enthüllungen der Hirnforscher bedroht sehen. Sonst nicht. Und nur dann, wenn ein Hirnforscher insgeheim einer dieser ungereimten Vorstellungen von Freiheit anhängt, kann er glauben, dass seine Entdeckungen unser Selbstbild von willensfreien Personen zu erschüttern vermögen. Und so kommt es zu meiner unverschämten Diagnose: Was wie eine besonders klarköpfige Feststellung daherkommt, die die nüchterne Autorität des neuropsychologischen Labors hinter sich hat, setzt, was ihr Pathos angeht, ein Stück abenteuerliche Metaphysik voraus.

Doch was für ein anderes Verständnis von Freiheit hat der Unerschrockene vorzuschlagen? Es ist im Kern dieses: Unser Wille ist frei, wenn er sich unserem Urteil darüber fügt, was zu wollen richtig ist. Und der Wille ist unfrei, wenn Urteil und Wille auseinander fallen - das ist der Fall beim Unbeherrschten, den seine übermächtigen Wünsche überrennen und zu einer Tat treiben, die er bei klarem Verstand verurteilt; und es ist der Fall beim inneren Zwang, wo wir gegen besseres Wissen einem süchtigen Willen erliegen. Die Unfreiheit zu überwinden und zur Freiheit zurückzufinden heißt jeweils, Urteilen und Wollen wieder zur Deckung zu bringen und eine Plastizität des Willens zurückzugewinnen, die in dem Gedanken Ausdruck findet: Ich würde etwas anderes wollen und tun, wenn ich anders urteilte. Das nämlich ist die richtig verstandene Offenheit der Zukunft.


Mein Kommentar: Wenn ich entscheide, dass ich bei der aufgesprungenen Skibindung der Vorsicht statt der Lust nachgebe, dann tue ich das, weil ich in diesem Moment realisiere, dass mir das Risiko für den Lustgewinn für einmal zu hoch ist. Ein anderes mal folge ich aber meiner Lust.

Keine neurobiologischen Befunde können die in diesem Sinne verstandene Freiheit gefährden. Das Zusammenfallen oder Auseinanderfallen von Urteil und Wollen hat eine neuronale Grundlage. Aber dass es diese Grundlage gibt, heißt nicht, dass es den beschriebenen Unterschied zwischen Freiheit und Unfreiheit nicht gibt. Neurobiologische Entdeckungen können Willensfreiheit nicht als Illusion entlarven. Wenn sie etwas entlarven, dann nur metaphysische Missverständnisse von Freiheit. Und um sie zu entlarven, brauchen wir die Neurobiologie eigentlich gar nicht. Klares Denken genügt.

()
diejenige Freiheit, die durch keine Hirnforschung widerlegt werden kann, reicht für Verantwortung. Wir knüpfen Verantwortung nicht an einen unbewegten Beweger oder einen nicht-physischen Willen. Wir prüfen, ob jemand denkend Kontrolle über seinen Willen auszuüben vermochte oder nicht. Im ersten Fall schreiben wir Verantwortung zu, im anderen nicht.

Mein Komentar: Da ich zwischen der Lustvariante und der Vernunftvariante in meinem Skibindungsbeispiel bescheid wusste, sie klar warnehme, bin ich auch verantwortlich wenn ich mir den Haxen breche, wenn ich die Lustvariante wähle.


Agnost

#345: Re: Bedingt freier Wille Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
Gehörst Du zu denen, die glauben, daß es wirklich mehrere Möglichkeiten gibt, daß die Kausalität also nicht vollständig ist?
Wenn ich dazu einen Gedanken geben kann: Ich wenigstens habe öfter meine Zweifel an der Kausalität, und das auf allen Gebieten. Aber das ist ein anderes Thema.

#346: Re: Bedingt freier Wille Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich habe in der Situation zwei oder mehr Handlungsoptionen und eine davon ist meist präferiert, aber die zweite Möglichkeit (die wahrscheinlich sicherere Variante) ist einfacher zu verwirklichen.

Gehörst Du zu denen, die glauben, daß es wirklich mehrere Möglichkeiten gibt, daß die Kausalität also nicht vollständig ist?


Step ich hab es doch nun wirklich oft genug in diesem Thread beschrieben, dass ich im Falle der aufspringenden Skibindung mehre Handlungsmöglichkeiten habe.

Genauso wenn ich bei Rot vor der Ampel stehe ohne Verkehr weit und breit und mal rübergehe und manchmal nicht.

Diese Handlungsoptionen sind real vorhanden.

Agnostiker, das ist eben der Unterschied zwischen einem züricherischen Säuschwab und einem echten Schweizer.

Ich hab die typisch schweizerische Bescheidenheit eben nicht mit der Muttermilch aufgesogen.

Manchmal übertreibt ihr es eben auch damit.

Man muss nicht gleich mit Göethe behaupten, das "Bescheiden sei nur der Schuft", aber hinter der Maske der Bescheidenheit versteckt sich oftmals der älteste Eidgenosse und das Heimlifeisse.

Agnost

#347:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:38
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Edit: Uähh, wieso geht die Quote-Funktion denn nicht?

Sie geht schon, jedes "quote" muss aber mit einem "/quote" gepaart sein. Vorschau verschafft Klarheit!


Was Du nicht sagst! Da das erst mein zweiter Post überhaupt war, wusste ich das natürlich nicht. Mit den Augen rollen

Wo bitte fehlt denn ein "/quote", hm?

EDIT:
Wenn Du mich für derart blöd hältst, frage ich mich, warum Du auf meine Posts reagierst.

So reagier doch nicht so empfindlich! Blöd halte ich Dich sicher nicht! Ist mir auch schon passiert, dass ich ein "/quote" zuviel gelöscht habe, dazu muss man doch nicht "blöd" sein! Ich dachte, ich hätte beim Zitieren Deines Beitrags ein fehlendes "/quote" bemerkt, stimmt aber nicht - also bin einfach ich blöd, genemigt!

Ich habe die Sache nochmals genau angeschaut: Wo der Hase im Pfeffer liegt ist "["theory of mind"]" - offenbar bringen die eckigen Klammern unseren Server durcheinander. Dieser Bug sollte gemeldet werden! Machst Du runde Klammern ist alles wieder in Ordnung!

Eigenartigerweise passiert das hier aber nicht! Komisch... Sind jetzt auch die Computer determiniert indeterminiert?

Den Rest Deiner Antwort werde ich versuchen morgen zu beantworten - jetzt gehe ich ins Bett... Gute Nacht!

#348:  Autor: Zoff BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:44
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Edit: Uähh, wieso geht die Quote-Funktion denn nicht?

Sie geht schon, jedes "quote" muss aber mit einem "/quote" gepaart sein. Vorschau verschafft Klarheit!


Was Du nicht sagst! Da das erst mein zweiter Post überhaupt war, wusste ich das natürlich nicht. Mit den Augen rollen

Wo bitte fehlt denn ein "/quote", hm?

EDIT:
Wenn Du mich für derart blöd hältst, frage ich mich, warum Du auf meine Posts reagierst.

So reagier doch nicht so empfindlich! Blöd halte ich Dich sicher nicht! Ist mir auch schon passiert, dass ich ein "/quote" zuviel gelöscht habe, dazu muss man doch nicht "blöd" sein! Ich dachte, ich hätte beim Zitieren Deines Beitrags ein fehlendes "/quote" bemerkt, stimmt aber nicht - also bin einfach ich blöd, genemigt!

Ich habe die Sache nochmals genau angeschaut: Wo der Hase im Pfeffer liegt ist "["theory of mind"]" - offenbar bringen die eckigen Klammern unseren Server durcheinander. Dieser Bug sollte gemeldet werden! Machst Du runde Klammern ist alles wieder in Ordnung!

Eigenartigerweise passiert das hier aber nicht! Komisch... Sind jetzt auch die Computer determiniert indeterminiert?

Den Rest Deiner Antwort werde ich versuchen morgen zu beantworten - jetzt gehe ich ins Bett... Gute Nacht!


Als alternativen Lösungsansatz werfe ich den Gedanken in den Raum, dass ihr beide blöd seid.

Aber das muß jetzt auch nicht stimmen, ist nur so ein Gedanke, könnte ja sein. Cool

#349:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 00:49
    —
Zoff hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Edit: Uähh, wieso geht die Quote-Funktion denn nicht?

Sie geht schon, jedes "quote" muss aber mit einem "/quote" gepaart sein. Vorschau verschafft Klarheit!


Was Du nicht sagst! Da das erst mein zweiter Post überhaupt war, wusste ich das natürlich nicht. Mit den Augen rollen

Wo bitte fehlt denn ein "/quote", hm?

EDIT:
Wenn Du mich für derart blöd hältst, frage ich mich, warum Du auf meine Posts reagierst.

So reagier doch nicht so empfindlich! Blöd halte ich Dich sicher nicht! Ist mir auch schon passiert, dass ich ein "/quote" zuviel gelöscht habe, dazu muss man doch nicht "blöd" sein! Ich dachte, ich hätte beim Zitieren Deines Beitrags ein fehlendes "/quote" bemerkt, stimmt aber nicht - also bin einfach ich blöd, genemigt!

Ich habe die Sache nochmals genau angeschaut: Wo der Hase im Pfeffer liegt ist "["theory of mind"]" - offenbar bringen die eckigen Klammern unseren Server durcheinander. Dieser Bug sollte gemeldet werden! Machst Du runde Klammern ist alles wieder in Ordnung!

Eigenartigerweise passiert das hier aber nicht! Komisch... Sind jetzt auch die Computer determiniert indeterminiert?

Den Rest Deiner Antwort werde ich versuchen morgen zu beantworten - jetzt gehe ich ins Bett... Gute Nacht!


Als alternativen Lösungsansatz werfe ich den Gedanken in den Raum, dass ihr beide blöd seid.

Aber das muß jetzt auch nicht stimmen, ist nur so ein Gedanke, könnte ja sein. Cool


Können die das nun frei zu entscheiden oder ist das durch den Urknall determiniert?

#350:  Autor: Zoff BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 01:07
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:


Können die das nun frei zu entscheiden oder ist das durch den Urknall determiniert?


Schwer zu sagen.
Auf den freien Willen würde ich es jetzt nicht unbedingt zurückführen, wer will das schon?
Ich tippe da eher auf irgend so eine Evo-Scheiße. Schulterzucken

#351:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 01:58
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Edit: Uähh, wieso geht die Quote-Funktion denn nicht?


in deinem Beitrag
Code:
["theory of mind"]

durch
Code:
"theory of mind"

ersetzt

#352:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 02:24
    —
Zu Erinnerung: Ursprungsausage thematisierte Kinder im Sankastenalter also ~2-4 Jahre oder so.
durial hat folgendes geschrieben:
Kinder [...] Instinktiv versuchen sie ihren Eigentum zu sichern und zu bewahren und sie würden dafür mit Sicherheit über Leichen gehen.

Kaum zu glauben, man ist ja schon einiges hier gewohnt, aber diesen Brustton der Überzeugung bei solch offensichtlichen Schwachsinn finde ich sogar bei dir erstaunlich.


durial hat folgendes geschrieben:
Ich hatte in den letzten Jahren die Gelegenheit, die Entwicklung von 5 Kindern mitzuerleben und bei allen findet man das gleiche Verhaltensmuster ...

... wenn man mit ihnen zum Spielplatz geht, muss man tierisch aufpassen, dass es keine Todesopfer im Sandkasten gibt?

durial hat folgendes geschrieben:
Dazu kommen dann noch anderweitige Beobachtungen

Wo hast du denn welche Kinder daran hindern müssen andere Kinder zu töten? Bzw wo hast beobachten können, dass andere Leute Kinder hindern mussten ...

Zitat:
(also abgesehen von einem gewissen Maß theoretischen Wissens)

Achso, ja dann.

Mal sehen:
Zitat:
Eine "Tötungshemmung", wie sie Heiner annimmt, ist Quatsch. Natürlich werden wir gehemmt sein, jemanden umzubringen, aber eben aus Gründen der anerzogenen Kultur und Zivilisiertheit.

Ich verfüge leider nicht über wirklich viel theoretisches Wissen, also mach ich es wie immer: Ich google einfach und zwar nach Tötungshemmung Entwicklungspsycholgie. Suchergebnis Nr 1 der Liste: Arbeitsbuch: Entwiclungspsycholgoie 2007, Zitat S. 254:
Zitat:
Die moralischen Regeln der Selbstkontrolle sind teilweise angeboren (z.B. Die Tötungshemmung [...]


Schulterzucken

#353:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 05:22
    —
Oha, an den Klammern lags. Danke für die Korrektur!

Sehwolf hat folgendes geschrieben:


durial hat folgendes geschrieben:
Ich hatte in den letzten Jahren die Gelegenheit, die Entwicklung von 5 Kindern mitzuerleben und bei allen findet man das gleiche Verhaltensmuster ...

... wenn man mit ihnen zum Spielplatz geht, muss man tierisch aufpassen, dass es keine Todesopfer im Sandkasten gibt?


Das ist zwar übertrieben formuliert und vielleicht ist "töten" generell etwas übertrieben (gezielt an die Gurgel gehen werden sie sich wohl nicht), aber grundsätzlich: Ja, man muss da gut aufpassen, dass es zu keinen ernsthaften gegenseitigen Verletzungen kommt.

Sehwolf hat folgendes geschrieben:

durial hat folgendes geschrieben:
Dazu kommen dann noch anderweitige Beobachtungen

Wo hast du denn welche Kinder daran hindern müssen andere Kinder zu töten? Bzw wo hast beobachten können, dass andere Leute Kinder hindern mussten ...

So konkret freilich nicht, aber natürlich unzählige Male beschriebenes Szenario der Belehrung, wenn ein Kind dem anderen "die Schippe übern Kopf gezogen hat". Was würde geschehen, wenn da nicht immer sogleich eingegriffen würde??

Sehwolf hat folgendes geschrieben:

Zitat:
(also abgesehen von einem gewissen Maß theoretischen Wissens)

Achso, ja dann.

Mal sehen:
Zitat:
Eine "Tötungshemmung", wie sie Heiner annimmt, ist Quatsch. Natürlich werden wir gehemmt sein, jemanden umzubringen, aber eben aus Gründen der anerzogenen Kultur und Zivilisiertheit.

Ich verfüge leider nicht über wirklich viel theoretisches Wissen, also mach ich es wie immer: Ich google einfach und zwar nach Tötungshemmung Entwicklungspsycholgie. Suchergebnis Nr 1 der Liste: Arbeitsbuch: Entwiclungspsycholgoie 2007, Zitat S. 254:
Zitat:
Die moralischen Regeln der Selbstkontrolle sind teilweise angeboren (z.B. Die Tötungshemmung [...]


Schulterzucken


Dann zitiere den Satz mal zuende und vollständig:
Zitat:
Die moralischen Regeln der Selbstkontrolle sind vielleicht teilweise angeboren (z.B. Die Tötungshemmung...) werden aber zum überwiegenden Teil im Sozialisierungsprozess, also durch Erziehung, erworben.


Und ich schrieb:
Zitat:
...so wie Heiner sie annimmt


Er nimmt sie als vollständig angeboren an.
Und der Knackpunkt war eben, dass Erziehung über das Bewusstsein erfolgt

Zweiter Link:
Erstmals erschienen in Psyche, Heft 11
(November 2001), S. 1217-1244.
PD Dr. Hans-Jürgen Wirth, Giessen


Zitat:
Während höhere Säugetiere (bis auf wenige Ausnahmen) eine ins-tinktiv festgelegte Tötungshemmung gegen Artgenossen haben, ist der Mensch aus seiner instinktiven Natur-Eingebundenheit teilweise befreit (vgl. Gehlen 1940). Dies schließt auch die das Gattungswesen Mensch auszeichnende Freiheit ein, den Mitmenschen und sich selbst töten zu können. Ohne Sozialisation, Zivilisierung und soziale Einbin-dung ist der Mensch destruktiver und selbstdestruktiver als jedes Tier.


Du findest diesen Schwachsinn deswegen selbst bei mir erstaunlich, weil die Wahrheit eben manchmal unglaublich ist. Wobei ich das gar nicht so unglaublich finde, schließlich haben wir doch nahezu täglich Beobachtungsmöglichkeiten. Für mich ist das geradezu selbstverständlich, denn meine Ansichten ergeben sich nicht daraus, dass ich das schonmal ganz konkret so irgendwo gelesen habe (sonst hätte ich gleich mal ein paar Quellen gebracht).

Ich bin jedenfalls doch extrem erstaunt, was sich da alles so finden lässt, was auch noch meine Position genau wiedergibt (einfach "Tötungshemmung" gegoogelt), aber das bringt wohl mein Studium einfach mit sich:

http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=5710&key=standard_document_27148296
Zitat:

Soziologiekongress
"Der Mensch hat keine Tötungshemmung"

Zum Auftakt des fünftägigen Kongresses sprach der Soziologe Jan Philipp Reemtsma dem Menschen eine instinktive Tötungshemmung ab. "Die verbreitete, aber durch Geschichtskenntnis widerlegbare und durch Verhaltensforschung längst widerlegte Vorstellung von einer menschlichen Tötungshemmung kann endgültig ad acta gelegt werden", sagte der Stifter und Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung.


Auf den Arm nehmen

#354:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 06:46
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Sicher ist Empathie angeboren, sonst gäbe es uns Menschen heute gar nicht mehr.
So, so, aber Kinder bringen sich trotz angeborener Empathie gegenseitig um - wie kommt denn das?

Zitat:
Aber dass es nicht Erziehung sei... Dein Argument dazu ist keins, denn natürlich muss das Gehirn eine gewisse Reife bekommen, um Empathievermögen entwickeln zu können, aber um diese Fähigkeit anzuwenden, muss es das lernen - genau wie Sprache. Selbstverständich muss Sprache gelernt werden und selbstverständlich wirst Du eine 0.5jähriges Kind noch so unterrichten können, es wird dennoch nicht sprechen können, weil die Anlage/ das Vermögen erst noch entwickelt werden muss.
Wie Empathie ist auch Sprache angeboren. Ich sage ja nicht, dass "Deutsch Sprechen" für in Deutschland geborene Kinder angeboren sei, sondern die Tatsache, überhaupt sprechend zu kommunizieren angeboren ist. Dabei ist es sogar so, dass gewisse Sprachregeln, wie elementare Syntax und Grammatik auch angeboren sind. Das würde sich bei zwei Kindern, die ohne Sprachimpulse aufwachsen, so äussern, dass sie eine eigene Sprache entwickeln. Ein schönes - vielleicht nicht lupenreines - Beispiel ist der Film "Nell" mit Judi Forster. Also "selbstverständlich" (offenbar ein Lieblingswort von Dir) sind sowohl Empathie, Tötungshemmung und Sprache im Kind angelegt.

Zitat:
Wie erklärst Du Dir denn, dass es möglich ist, für eine Gruppe von Menschen (z.B. Juden) plötzlich keinerlei Mitgefühl mehr haben zu können?
Ist das ein Hirndefekt? Kann ja nicht sein. Mit z.B. Nicht-Juden hat man ja noch Mitgefühl. Wie ist es möglich, das für eine spezielle Gruppe einfach auszuschalten? Ich mein, das ist ja kein zeitlich begrenztes Phänomen gewesen (ich meine die Nazi-Zeit), sondern die Ablehnung und Vernichtung ganzer Volks- und Randgruppen ist ja eher was völlig Normales in der Menschheitsgeschichte und eben auch aktuell noch.

Das ist aber ein Erwachsenenphänomen! Es könnte ja sein, dass die Tötungshemmung erst durch die Sozialisation verschwindet! Mich hat das auch immer wieder erschüttert, wie Menschen miteinander und auch gegen Tiere grausam und destruktiv sein können. Wenn Du schon die niedere Tötungshemmung der Nazis heranziehst, dann muss man aber auch sagen, dass die meisten Mörder in diesem System die Tötung als ihren Job entgegen nahmen und daneben ganz normale liebevolle Ehemänner und Väter sein konnten. Dasselbe im Krieg: Die tötenden Männer und Frauen werden zu ihrem Job erzogen, ihrer Eigenverantwortung enthoben und zuhause noch als Helden gefeiert. Wie ein Blutrausch entstehen kann - wie bei den Hutus gegen die Tutsis - das sollte vertieft erforscht werden, aber davor hütet sich wahrscheinlich die Wissenschaft. Auch da spielen sicher gruppendynamische Faktoren eine Rolle - also eigentlich soziale.

Du scheinst einfach das Motto J.J. Rousseaus umzukehren: "Der Mensch wird schlecht geboren und muss durch Erziehung zum Guten gebracht werden". Das ist dasselbe, wie "der Mensch wird gut geboren und wird durch die Gesellschaft verdorben" nur mit umgekehrten Vorzeichen. Wahrscheinlich habt Ihr beide unrecht - oder eben beide recht. Sowohl als auch, nicht entweder oder. Der Mensch wird nicht als weisses Blatt geboren und muss einfach beschrieben werden, aber man kann schon auf ihm schreiben...

#355:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 06:57
    —
Peter Bieri "live" in der Sternstunde Philosophie

#356:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 07:19
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Mein Kommentar: Wenn ich entscheide, dass ich bei der aufgesprungenen Skibindung der Vorsicht statt der Lust nachgebe, dann tue ich das, weil ich in diesem Moment realisiere, dass mir das Risiko für den Lustgewinn für einmal zu hoch ist. Ein anderes mal folge ich aber meiner Lust.

Mein Komentar: Da ich zwischen der Lustvariante und der Vernunftvariante in meinem Skibindungsbeispiel bescheid wusste, sie klar warnehme, bin ich auch verantwortlich wenn ich mir den Haxen breche, wenn ich die Lustvariante wähle.

Ach Dein Skibindungsbeispiel! Du hast doch gar keine Zeit bewusst zu entscheiden, welche Variante du wählen willst. Ich denke, die neurobiologischen Experimente (so beschränkt sie immer noch sind) zeigen das doch deutlich. Wie ich schon mal geschrieben habe, ist es das Kleinhirn, das die Bewegungskoordination steuert und nicht der Kortex. Und ich denke nicht, dass das Kleinhirn eine bewusste Entscheidungsinstanz enthält (man weiss ja aber nie...). Das Bewusstsein kann vielleicht die Geschehnisse noch knapp miterleben, aber beeinflussen sicher nicht. Wahrscheinlich hängt es eher vom Moment innerhalb des Bewegungsablaufes ab, wann sich die Skibindung öffnet, was danach geschieht. Wenn es relativ einfach ist, auf einem Ski weiter zu fahren, dann wird wohl diese Variante durchgeführt. Wenn nicht, na ja, dann kommt eben Dein Hintern dran.

Wenn's hoch kommt, dann könnte ich noch eine andere Interpretation bieten: Du bist gross in Form, heute gelingt Dir praktisch alles, und Du schwelgst in einem hohen Lustrausch. Dann ist es normal, dass Du versuchst, die Lustvariante durchzuziehen - Du bist sozusagen prädisponiert dazu. Du hast aber einen miesen Tag, das Skifahren macht eigentlicht nicht so gross Spass, dann lässt Du Dich lieber fallen. Wie wärs damit?

#357:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 12:12
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Mein Kommentar: Wenn ich entscheide, dass ich bei der aufgesprungenen Skibindung der Vorsicht statt der Lust nachgebe, dann tue ich das, weil ich in diesem Moment realisiere, dass mir das Risiko für den Lustgewinn für einmal zu hoch ist. Ein anderes mal folge ich aber meiner Lust.

Mein Komentar: Da ich zwischen der Lustvariante und der Vernunftvariante in meinem Skibindungsbeispiel bescheid wusste, sie klar warnehme, bin ich auch verantwortlich wenn ich mir den Haxen breche, wenn ich die Lustvariante wähle.

Ach Dein Skibindungsbeispiel! Du hast doch gar keine Zeit bewusst zu entscheiden, welche Variante du wählen willst. Ich denke, die neurobiologischen Experimente (so beschränkt sie immer noch sind) zeigen das doch deutlich. Wie ich schon mal geschrieben habe, ist es das Kleinhirn, das die Bewegungskoordination steuert und nicht der Kortex. Und ich denke nicht, dass das Kleinhirn eine bewusste Entscheidungsinstanz enthält (man weiss ja aber nie...). Das Bewusstsein kann vielleicht die Geschehnisse noch knapp miterleben, aber beeinflussen sicher nicht. Wahrscheinlich hängt es eher vom Moment innerhalb des Bewegungsablaufes ab, wann sich die Skibindung öffnet, was danach geschieht. Wenn es relativ einfach ist, auf einem Ski weiter zu fahren, dann wird wohl diese Variante durchgeführt. Wenn nicht, na ja, dann kommt eben Dein Hintern dran.

Wenn's hoch kommt, dann könnte ich noch eine andere Interpretation bieten: Du bist gross in Form, heute gelingt Dir praktisch alles, und Du schwelgst in einem hohen Lustrausch. Dann ist es normal, dass Du versuchst, die Lustvariante durchzuziehen - Du bist sozusagen prädisponiert dazu. Du hast aber einen miesen Tag, das Skifahren macht eigentlicht nicht so gross Spass, dann lässt Du Dich lieber fallen. Wie wärs damit?


Hab ich denn jemals was wesentlich anderes behauptet?
Nur, dass ich mich nicht gleich fies fühlen muss um die Sicherheitsvariante zu wählen und ich auch nicht gerade Supermann sein muss um die Lustvariante zu wählen.
Und wenn du während des Skifahrens hochfocusiert und konzentriert bist, läuft der Wahl-Prozess blitzschnell ab.
Denn du glaubst doch nicht im Ernst, und das ist der Kasus Knacksus, dass mein Hirn mir (also auch meinenm Hirn) schon 7 Sekunden vor der Skibindungsöffnung, mit dem es gar nicht rechnen kann, signalisiert was ich tun werde.
Das tut das Hirm auch nicht 7 Hunderdstel vor dem Ereignis, von dem es nichts weiss.
Ich habe auch dargelegt, wieviele Meter und Centimeter 7Sekunden, 0,7Sec und 0.07Sec bei Tempo 30 Km/h, sind.
Und da kann man sehen wieviel "Platz" "wenig" Zeit einnehmen kann.
Und ein Hirn das Quanteln, also Schätzen kann, etwas das nicht nur im Kleinhirn, sondern auch in den "höheren" Stirnbereichen stattfindet, hat oft (natürlich nicht immer) Zeit-Raum genug eine Lustpräferenz durch eine Angstpräferenz zu überstimmen. (und Umgekehrt).




Du glaubst doch nicht im Ernst, das all diese Weltcup-Skiläufer nur Roböterchen der Determination sind, das Roger Federer bei einem leichten Ball seines Gegners nicht zwischen Longline und Cross, Slice oder Top-Spin wählen kann.

Ich weiss ja nicht, wie es um die vererbte Bescheidenheit des echten Homo Sapiens helveticus steht, aber wir Migranten vulgo "Fremdi Fötzel" bescheiden uns beim Skifahren nicht auf das Kleinhirn, wir brauchen schon das ganze Hirn.

Woher du aber wissen willst, dass du nur das Kleinhirn brauchst müsstest du mir schon genauer darlegen.

Und noch klarer wird unsere Entscheidungsfreiheit, bei den polyredundanten Entscheidungsfreiheiten der nicht monopolisierten Marktwirtschaften.

Es gibt schlicht keine physikalische Wellenfunktion, die es ausschliesst, dass ich aus dem Quartier in die Innenstadt fahre und dort mein Bier mal bei dem einen Geschäft und mal bei dem anderen Geschäft und ein drittes mal auch gar nicht kaufe, so verhält es sich mit dem Kohl, den Kleidern und den CD's.
Nur schon die Tatsache, dass wir Menschen, wo wir können und nicht durch mächtigere Interessen einzelner Gross-Egos (Monopol-Kapitalisten, Avantgarde-Bolscheivisten) behindert werden uns Wahlmöglichkeiten schaffen, beweisst wohl eher, dass uns die Qual der Wahl einen Kick bereitet.

Es kann natürlich per Gen-Tombolaninischen Zufällen und nachfolgender Vererbung dazu kommen, dass wie geschehen, bei Deutschen, die Wahlfähigkeit und Wahllust so klein ist, dass sie entweder gar keine Demokratie wollen oder sich mit ner Minidemokratie zurfrieden geben und gar an die totale Determiniertheit des Menschen glauben, da sie selbst genetisch tatsächlich selbst nahezu total auf Gehorsam determiniert sind.
Und ja, Befehle haben tatsächlich ein relativ einfach aufzeigbare Wellenfunktion.

Die Bidlilein der Hirngeographen halte ich zur Eruirung für Orte des Bewusstseins und des Willens, schlicht noch für viel zu primitiv.

Agnost

#358:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 12:47
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Sicher ist Empathie angeboren, sonst gäbe es uns Menschen heute gar nicht mehr.
So, so, aber Kinder bringen sich trotz angeborener Empathie gegenseitig um - wie kommt denn das?


Soso, trotz angeborener Sprachfähigkeiten können Babys nicht sprechen - wie kommt denn das?


Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Aber dass es nicht Erziehung sei... Dein Argument dazu ist keins, denn natürlich muss das Gehirn eine gewisse Reife bekommen, um Empathievermögen entwickeln zu können, aber um diese Fähigkeit anzuwenden, muss es das lernen - genau wie Sprache. Selbstverständich muss Sprache gelernt werden und selbstverständlich wirst Du eine 0.5jähriges Kind noch so unterrichten können, es wird dennoch nicht sprechen können, weil die Anlage/ das Vermögen erst noch entwickelt werden muss.
Wie Empathie ist auch Sprache angeboren. Ich sage ja nicht, dass "Deutsch Sprechen" für in Deutschland geborene Kinder angeboren sei, sondern die Tatsache, überhaupt sprechend zu kommunizieren angeboren ist. Dabei ist es sogar so, dass gewisse Sprachregeln, wie elementare Syntax und Grammatik auch angeboren sind. Das würde sich bei zwei Kindern, die ohne Sprachimpulse aufwachsen, so äussern, dass sie eine eigene Sprache entwickeln. Ein schönes - vielleicht nicht lupenreines - Beispiel ist der Film "Nell" mit Judi Forster. Also "selbstverständlich" (offenbar ein Lieblingswort von Dir) sind sowohl Empathie, Tötungshemmung und Sprache im Kind angelegt.


Und? Angelegt, ja.

Und für Dich nochmal extra:
http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=5710&key=standard_document_27148296
Zitat:

Soziologiekongress
"Der Mensch hat keine Tötungshemmung"

Zum Auftakt des fünftägigen Kongresses sprach der Soziologe Jan Philipp Reemtsma dem Menschen eine instinktive Tötungshemmung ab. "Die verbreitete, aber durch Geschichtskenntnis widerlegbare und durch Verhaltensforschung längst widerlegte Vorstellung von einer menschlichen Tötungshemmung kann endgültig ad acta gelegt werden", sagte der Stifter und Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung.


Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Wie erklärst Du Dir denn, dass es möglich ist, für eine Gruppe von Menschen (z.B. Juden) plötzlich keinerlei Mitgefühl mehr haben zu können?
Ist das ein Hirndefekt? Kann ja nicht sein. Mit z.B. Nicht-Juden hat man ja noch Mitgefühl. Wie ist es möglich, das für eine spezielle Gruppe einfach auszuschalten? Ich mein, das ist ja kein zeitlich begrenztes Phänomen gewesen (ich meine die Nazi-Zeit), sondern die Ablehnung und Vernichtung ganzer Volks- und Randgruppen ist ja eher was völlig Normales in der Menschheitsgeschichte und eben auch aktuell noch.

Das ist aber ein Erwachsenenphänomen! Es könnte ja sein, dass die Tötungshemmung erst durch die Sozialisation verschwindet! Mich hat das auch immer wieder erschüttert, wie Menschen miteinander und auch gegen Tiere grausam und destruktiv sein können. Wenn Du schon die niedere Tötungshemmung der Nazis heranziehst, dann muss man aber auch sagen, dass die meisten Mörder in diesem System die Tötung als ihren Job entgegen nahmen und daneben ganz normale liebevolle Ehemänner und Väter sein konnten. Dasselbe im Krieg: Die tötenden Männer und Frauen werden zu ihrem Job erzogen, ihrer Eigenverantwortung enthoben und zuhause noch als Helden gefeiert. Wie ein Blutrausch entstehen kann - wie bei den Hutus gegen die Tutsis - das sollte vertieft erforscht werden, aber davor hütet sich wahrscheinlich die Wissenschaft. Auch da spielen sicher gruppendynamische Faktoren eine Rolle - also eigentlich soziale.

Du scheinst einfach das Motto J.J. Rousseaus umzukehren: "Der Mensch wird schlecht geboren und muss durch Erziehung zum Guten gebracht werden". Das ist dasselbe, wie "der Mensch wird gut geboren und wird durch die Gesellschaft verdorben" nur mit umgekehrten Vorzeichen. Wahrscheinlich habt Ihr beide unrecht - oder eben beide recht. Sowohl als auch, nicht entweder oder. Der Mensch wird nicht als weisses Blatt geboren und muss einfach beschrieben werden, aber man kann schon auf ihm schreiben...


Ne, ich sage: Der Mensch wird geboren und er entwickelt sich (derartige Wertungen sind völlig lächerlich).

#359:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 13:05
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Genauso wenn ich bei Rot vor der Ampel stehe ohne Verkehr weit und breit und mal rübergehe und manchmal nicht.

Daß Du mal rübergehst und mal nicht, bedeutet doch erstmal nur, daß jedesmal eine (leicht) andere Situation herrscht.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Diese Handlungsoptionen sind real vorhanden.

Nur zur Sicherheit nochmal nachgefragt: Wären aus Deiner Sicht bei einer einzigen (!) Ampelsituation beide Möglichkeiten mit den bekannten Naturgesetzen vereinbar? Würdest Du unterschiedliche Ergebnisse erhalten, wenn Du in einer hypothetischen Zeitreise zurück in dieselbe Situation reist (mit Gedächtnisverlust), oder jedesmal dasselbe Ergebnis?

#360:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 13:22
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Hab ich denn jemals was wesentlich anderes behauptet?

Oh je! Warum musst Du dann im Weiteren so auf die Pauke hauen? Ich versuche, mich nicht provozieren zu lassen... Neutral

Ich schreibe von bewussten Entscheidungen, also eben nicht von denen, die in besagten neurobiologischen Versuchen untersucht werden. Diese benötigen viel mehr Zeit, als die schnellen. Tut mir leid, Agnost, Ski fahren tust auch Du mit dem Kleinhirn, wie alle Skifahrer, inklusive die Schweizer und auch die Weltasse. Und auch Federer spielt Tennis mit dem Kleinhirn, und das nicht weil er Schweizer ist. Das Bewusstsein ist viel zu langsam, um da eine Rolle zu spielen. Wie gesagt, kann dieses vielleicht knapp als Beobachter mit den schnellen Geschehnissen noch mitkommen.

Du vergleichst ständig schnelle Prozesse mit viel langsameren, wie Entscheidungen in Marktwirtschaften, Verhalten vor einer roten Ampel bei leeren Strassen, der Wahl der Beiz, wo Du Dein Bier trinkst etc. In diesen Fällen hast Du Zeit, um das gesamte Hirn einzubeziehen, inklusive Grosshirnrinde in welcher höchstwahrscheinlich das Bewusstsein steckt. Also das sind bewusste Entscheidungen. Aber alles, was im Sekundenbereich oder schneller stattfindet hat keine Zeit, die Grosshirnrinde zu befragen. Im Kleinhirn finden auch Kognitive Prozesse statt, d.h. das Kleinhirn ist lernfähig - sonst könnten wir ja nicht Ski Fahren oder Tennis Spielen lernen, oder eine neue Sprache, die ganz fremde Laute hervorbringen muss. Wenn dann aber eine schnelle Reaktion auf eine heikle Situation erfolgen muss, dann hat das Kleinhirn keine Zeit, höhere Strukturen zu befragen, was es jetzt tun soll. Dann reagiert es adäquat aus dem eigenen Erfahrungsschatz heraus. Es wäre dann noch vorstellbar, dass seine Entscheidungspräferenzen durch Stimmungsfaktoren oder Strategievorgaben moduliert werden, die aber schon vorher eingespiesen worden sind.

Auf den Rest Deines Beitrages gehe ich lieber gar nicht ein.


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 21.04.2008, 13:23, insgesamt einmal bearbeitet

#361:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 13:23
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Genauso wenn ich bei Rot vor der Ampel stehe ohne Verkehr weit und breit und mal rübergehe und manchmal nicht.

Daß Du mal rübergehst und mal nicht, bedeutet doch erstmal nur, daß jedesmal eine (leicht) andere Situation herrscht.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Diese Handlungsoptionen sind real vorhanden.

Nur zur Sicherheit nochmal nachgefragt: Wären aus Deiner Sicht bei einer einzigen (!) Ampelsituation beide Möglichkeiten mit den bekannten Naturgesetzen vereinbar? Würdest Du unterschiedliche Ergebnisse erhalten, wenn Du in einer hypothetischen Zeitreise zurück in dieselbe Situation reist (mit Gedächtnisverlust), oder jedesmal dasselbe Ergebnis?


Wofür brauchst du eine Zeitreise?

Ich frage dich doch mal, steht die Ampel nur für mich da?
Und sind nur für mich keine Autos weit und breit?

Oder stehen die Ampeln auch dort wenn es mich nicht gäbe?

Das man nicht bei Rot über die Ampel geht ist gesetzlich geregelt. Wir wissen, dass diese Regeln generell Sinn machen, wir wissen aber auch, dass sie nicht immer "Sinnvoll" sind.
Ist kein Auto weit und breit vorhanden, hielte uns nur einem mögliche Strafe von der Gesetzesübertretung ab.
Wenn wir nun manchmal Lust auf den kleinen subversiven Akt verspüren und manchmal weniger, dann ist die Situation zwar nie ganz gleich, aber ähnlich.
Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass ich die Handlungsopitonen realiter habe.

Denn eine physikalische Notwendigkeit, dass ich stehen bleibe ist nicht da und eine physikalische Notwendigkeit, dass ich stehen bleibe ist auch nicht da.

Die Ampel blinkt auch ohne mich vor sich hin, die Autos sind auch ohne mich nicht in der Nähe der Ampel und jemand anders könnte vor der Ampel stehen und entweder bei Rot stehen bleiben oder bei Rot über die Strasse gehen.

Glaubst du aber, dass die Ampel nur für mich dasteht, nur für mich auf Rot geschaltet ist, so bin ich ja dann tatsächlich nur ein Traumfigur im Hirn eines schlafendes Allbewusstseins.

Das müsstest du mir nun aber wieder beweisen.

Step, es gibt tatsächlich mehrere Wege nach Rom und darum gibt es reale Handlungs-Alternativen nur schon in der Wahl des Weges.
Es gibt aber auch noch die Wahl des Zieles.
Ich kann auch in Florenz bleiben.

Es gibt kein Teleologisches Vermächtnis für uns.

Agnost

#362:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 13:29
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Und für Dich nochmal extra:
Zitat:
Soziologiekongress
"Der Mensch hat keine Tötungshemmung"

Papier ist geduldig! Man kann gerade so gut die gegenteilige Behauptung geschrieben finden.

#363:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 13:54
    —
Okay, ich geh jetzt nochmals ins politisch-ökonomische-sportliche.

Sowohl die Schweiz, wie Deutschland sind Länder die bekannt sind dafür, das viel Wert auf Pünktlichkeit und Präzission wert gelegt wird.

Für die Mehrheit der Schweizer muss diese Pünktlichkeit und Präzision allerdings Werte im Joe Ackermannschen Sinne schaffen, oder wie es Marx nennen würde: Mehrwert.

In Deutschland sind Pünktlichkeit und Präzision Werte an sich, man tut es wie ein guter Deutscher um ihrer selbst willen. Darum lässt man auch keine "Spatzung" (ein Wort und ein Element ohne die Schweizerische Präzision und Pünktlichkeit undenkbar wäre.)

Nun wissen wir, dass die Mehrheit der Dänen auch nicht gerade zu den unpünktlichen und unpräzisen Völkern gehören, aber lockerer wie die Mehrheit der Deutschen nehmen sie es schon.

Und auch in Dänemark ist der Wohlstand genauso wie in der Schweiz höher als in Deutschland und das obwohl die geographischen Bedingungen in beiden Ländern schlechter sind als in Deutschland.

In Deutschland wird alles überdeterminiert, es wird für alles mögliche in Gesetz, zu jedem Gesetz ein Verordnung und zu jeder Verordnung eine Ausführungsbestimmung festgelegt.

Ein Schweizerischer Beamter hat Gesetze und Verordnungen "Verhältnismässig" umzusetzen.
Das ist ihm vorgegeben, es kann seine Karriere bremsen, wenn er den Amtsschimmel reiten lässt.

In Dänemark ist es ähnlich.

In Deutschland sind die Beamten sicher nicht dümmer als in der Schweiz, aber die Ueberdeterminiertheit ihrer Reglemente bestraft Handlungen nach Augenmass.

Im Fussball bildete sich ab den mittleren 70er Jahren in Deutschland die Philosophie aus, dass der Deutsche als solchiger nur über den Kampf siegen könne.
Man vergass die eigenen Supertechniker immer mehr, bestrafte Dribblings schon bei den Junioren, weil unnützlich, denn der Deutsche als solcher sei ja kein Däne, Holländer, Tscheche, Italiener, Franzose oder gar Brasilianer.

Statt der Wundermannschaft von 1972 erhielt man die Knorzkampfmannschaften der 90er Jahre.

Der moderne Fussball, den Deutschland in den späten 60ern und frühen 70ern mit den technisch und spielerischen starken Verteidigern wie Beckenbauer und Breitener erst so richtig erfunden hatte, wurde in Deutschland wieder abgeklemmt.

Es gab keine physikalische und keine genetischen Gründe dafür, es gab nur die geistige Sklaverei einer Generation von Trainern, die vor den Beckenbauers und Breitners gross geworden sind und zu denkfaul waren die Prophetien aus dem eigenen Lager umzusetzen.

Wenn du dir ein Fussballspiel anschaust, wirst du sehen, dass etliche "Bewegungen" der Spieler nur Reaktionen auf "hochkomplexe" "Zufälle" sind, aber wenn dann früher ein Beckenbauer oder heute ein Ronaldo von Manchester United oder bis vor 2 Jahren Ronaldinho vom FC Barcelona, Zeit, Raum und den Ball haben, dann entscheiden sie in diesen Situationen frei.
Das machte und macht sie zu den "Grossen".
Sie konnten und können eine Spielsituation lesen und den Gegner düpieren.

Agnost

#364:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 15:16
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Genauso wenn ich bei Rot vor der Ampel stehe ohne Verkehr weit und breit und mal rübergehe und manchmal nicht.

Daß Du mal rübergehst und mal nicht, bedeutet doch erstmal nur, daß jedesmal eine (leicht) andere Situation herrscht.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Diese Handlungsoptionen sind real vorhanden.

Nur zur Sicherheit nochmal nachgefragt: Wären aus Deiner Sicht bei einer einzigen (!) Ampelsituation beide Möglichkeiten mit den bekannten Naturgesetzen vereinbar? Würdest Du unterschiedliche Ergebnisse erhalten, wenn Du in einer hypothetischen Zeitreise zurück in dieselbe Situation reist (mit Gedächtnisverlust), oder jedesmal dasselbe Ergebnis?


Agnost hat folgendes geschrieben:
Wofür brauchst du eine Zeitreise?

Weil dieses Gedankenexperiment "gleichere" Situationen ermöglicht. Also, dasselbe Ergebnis oder auch mal ein anderes?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich frage dich doch mal, steht die Ampel nur für mich da?

Nein, außer jemand hat sie extra für Dich dahingestellt. Aber was soll die Frage? Mich interessiert ja nur, ob Du wirklich >1 Möglichkeit hast.

Agnost hat folgendes geschrieben:
... dann ist die Situation zwar nie ganz gleich, aber ähnlich. Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass ich die Handlungsopitonen realiter habe.

Und sind es die kleinen Unterschiede, die beim anderen Mal unausweichlich zu einer anderen Wahl führen, oder ist es die partielle Autarkie Deines Selbst?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Denn eine physikalische Notwendigkeit, dass ich stehen bleibe ist nicht da und eine physikalische Notwendigkeit, dass ich [hier fehlt vermutlich "nicht"] stehen bleibe ist auch nicht da.

Das sehe ich als Physiker eben anders. Eine von beiden Notwendigkeiten ist da, auch wenn sie DIr nicht bewußt ist.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Es gibt kein Teleologisches Vermächtnis für uns.

Das behauptet hier niemand. Vollständig naturgestzliche Abläufe müssen nicht unbedingt von einem intentionalen Wesen designt sein.

#365:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 16:11
    —
Ja, ich habe aufgrund der Komplexität des menschlichen Hirnes und der "Spatzungen" in funktionierenden Systemen mehr als nur eine Möglichkeit.

(Danke für das Einfügen des "nicht".)

"Spatzung" = Slack.

Funktionierende Systeme sind desto "sicherer" und "langlebiger" je mehr Systemwidriges verhalten sie tolerieren können ohne kaputt zu gehen.
Solche Systeme können logischerweise auch einfacher umgenutzt werden.

Ich bin kein Physiker aber die "Spatzung" alias "Slack" wird meines Erachtens gerade von Intellektuellen genauso sehr unterschätzt wie die postitiven Seiten der Redundanz.

Auch kann ich mir nicht vorstellen, Step, wie so viele Muster nur auf eine Wellenfunktion zurückzuführen sein soll.

Ich halte Reduktion für eine Methode der Erkenntnis, aber ich bezweifle, dass sich die Welt, das Universum und wir Menschen auf eine Formel reduzieren lassen.

Ich bin da wohl zu sehr "polytonaler " "Polyrhythmiker" und "Polymetriker."

Und wenn die Welt , das Universum und wir Menschen aus verschiedenen nicht komensurablen Wellenfunktionen zusammengesetzt sind, dann ergeben sich an den diversen Knoten der verschiedenen Wellenbahnen auch immer wieder Wahlmöglichkeiten, von denen die meisten wohl ungenutzt bleiben aber nicht zwangsläufig ungenutzt bleiben müssen.
Und wenn wir dann noch "Unschärfen" und "Spatzungen" einbauen wird wohl alles noch ein klein bisschen freier.

Agnost

#366:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 17:07
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn du dir ein Fussballspiel anschaust, wirst du sehen, dass etliche "Bewegungen" der Spieler nur Reaktionen auf "hochkomplexe" "Zufälle" sind, aber wenn dann früher ein Beckenbauer oder heute ein Ronaldo von Manchester United oder bis vor 2 Jahren Ronaldinho vom FC Barcelona, Zeit, Raum und den Ball haben, dann entscheiden sie in diesen Situationen frei.
Das machte und macht sie zu den "Grossen".
Sie konnten und können eine Spielsituation lesen und den Gegner düpieren.

Ja, aber das ist von langer Hand vorbereitet. Diese haben x-mal Situationen studiert (langsam, mit dem ganzen Hirn inkl. Grosshirnrinde) und überlegt, welche die beste Reaktion ist. Sie haben dann (zusätzlich auch noch mit der Erfahrung und Analyse von reellen Spielen) ein Arsenal von Aktionsmöglichkeiten im Kleinhirn gespeichert und können - ohne zu überlegen - zum richtigen Zeitpunkt die beste herauspicken.

Dasselbe mit Federer. Seine berühmte Longline hat er für verschiedene Spielsituationen vorbereitet, und er muss dem Kleinhirn nur "sagen": Sobald sich eine der vorbereiteten Gelegenheiten bietet, schlag eine Longline! Oder dann eben einen Lob oder was auch immer. Strategien kann er sich im Laufe des Spieles überlegen, wenn er sieht, welche Gelegenheiten ihm der Gegner öfters bietet - für den einen z.B. die Longline eher auf der Seite lassen aber dafür Volley den Vorzug geben. Wenn sich dann aber die entsprechende Gelegenheit bietet, dann darf kein Zögern durch bewusstes Entscheiden entstehen, dann muss es blitzschnell gehen - eben vom Kleinhirn her.

Dasselbe mit dem Klavierspiel. Zuerst übt der Anfänger ein Stück sehr langsam und überlegt - so kann das Grosshirn noch mitkommen und den Lernprozess unterstützen. Mit der Zeit wird die Kenntnis der Bewegungsabläufe immer mehr ans Kleinhirn delegiert, und das Grosshirn übt nur noch eine modulierende Funktion aus: So kann es sich voll auf den musikalischen Aspekt des Klavierspieles konzentrieren. Geübte Klavierspieler können dann sogar die erstmalige Umsetzung vom Notenlesen ins Spiel ganz den optischen Neuronennetzen und dem Kleinhirn überlassen und so sich mit dem Bewusstsein auf den musikalischen Inhalt des Stückes konzentrieren. (So wie laut lesen automatisch ablaufen kann, ohne dass das Bewusstsein überhaupt realisiert, was da gelesen wird.)

Das nennt man parallele Prozesse in der Informatik - und um das geht es schlussendlich im Hirn.

#367:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 19:35
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ja, ich habe aufgrund der Komplexität des menschlichen Hirnes und der "Spatzungen" in funktionierenden Systemen mehr als nur eine Möglichkeit.

Du bist also nach der wikpiedia Klassifikation ein Inkompatibilist, und zwar ein Libertarianer. Also jemand, der - außer bei rein zufälligen Entscheidungen - an eine teilweise unbedingte Auslösung durch das Selbst glaubt (anders etwa als die Kompatibilisten Bieri, AgentProvocateur usw.). Oder siehst Du Die Freiheit NUR durch Zufall gegeben, so wie Erwin?

Agnost hat folgendes geschrieben:
"Spatzung" = Slack.

Ich nehme mal an, du meinst hier so etwas wie "Schlupf".

Agnost hat folgendes geschrieben:
Funktionierende Systeme sind desto "sicherer" und "langlebiger" je mehr Systemwidriges verhalten sie tolerieren können ohne kaputt zu gehen. Solche Systeme können logischerweise auch einfacher umgenutzt werden.

Das mag schon sein, aber wieso sollte eine gewisse Toleranz des Systems gegenüber den Parametern zu mehr Möglichkeiten in EINER Situation führen? Zudem führt eine solche Toleranz doch eher dazu, daß das Ergebnis trotz Abweichungen meist verläßlich dasselbe bleibt. So sollte meine Entscheidung, nicht aus dem Fenster zu springen, doch möglicht unabhängig von der genauen Anordnung der Blutkörperchen in meinem Finger sein.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Auch kann ich mir nicht vorstellen, Step, wie so viele Muster nur auf eine Wellenfunktion zurückzuführen sein soll.

Kannst Du es Dir bei einem Atom, bei einer Schneeflocke vorstellen?

#368: kurzer Zwischenruf Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 19:57
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ja, ich habe aufgrund der Komplexität des menschlichen Hirnes und der "Spatzungen" in funktionierenden Systemen mehr als nur eine Möglichkeit.

Du bist also nach der wikpiedia Klassifikation ein Inkompatibilist, und zwar ein Libertarianer. Also jemand, der - außer bei rein zufälligen Entscheidungen - an eine teilweise unbedingte Auslösung durch das Selbst glaubt (anders etwa als die Kompatibilisten Bieri, AgentProvocateur usw.). Oder siehst Du Die Freiheit NUR durch Zufall gegeben, so wie Erwin?


Der Schluss, dass nur das geschehen konnte, was geschehen ist, sollte schon näher begründet und nicht bloß postuliert werden. Des weiteren werden ja bei diesem Postulat die Gründe verschluckt, ebenso wie Aspekte der Zielsetzungen und subjektiver Versuche der ständigen Optimierung in Bezug auf (wechselnde) Ziele.

Also bitte Erklärung statt nur Beschreibung!

step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Auch kann ich mir nicht vorstellen, Step, wie so viele Muster nur auf eine Wellenfunktion zurückzuführen sein soll.

Kannst Du es Dir bei einem Atom, bei einer Schneeflocke vorstellen?


Woher kommen eigentlich die Naturgesetze?

Skeptiker

#369:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 20:45
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn du dir ein Fussballspiel anschaust, wirst du sehen, dass etliche "Bewegungen" der Spieler nur Reaktionen auf "hochkomplexe" "Zufälle" sind, aber wenn dann früher ein Beckenbauer oder heute ein Ronaldo von Manchester United oder bis vor 2 Jahren Ronaldinho vom FC Barcelona, Zeit, Raum und den Ball haben, dann entscheiden sie in diesen Situationen frei.
Das machte und macht sie zu den "Grossen".
Sie konnten und können eine Spielsituation lesen und den Gegner düpieren.

Ja, aber das ist von langer Hand vorbereitet. Diese haben x-mal Situationen studiert (langsam, mit dem ganzen Hirn inkl. Grosshirnrinde) und überlegt, welche die beste Reaktion ist. Sie haben dann (zusätzlich auch noch mit der Erfahrung und Analyse von reellen Spielen) ein Arsenal von Aktionsmöglichkeiten im Kleinhirn gespeichert und können - ohne zu überlegen - zum richtigen Zeitpunkt die beste herauspicken.

Dasselbe mit Federer. Seine berühmte Longline hat er für verschiedene Spielsituationen vorbereitet, und er muss dem Kleinhirn nur "sagen": Sobald sich eine der vorbereiteten Gelegenheiten bietet, schlag eine Longline! Oder dann eben einen Lob oder was auch immer. Strategien kann er sich im Laufe des Spieles überlegen, wenn er sieht, welche Gelegenheiten ihm der Gegner öfters bietet - für den einen z.B. die Longline eher auf der Seite lassen aber dafür Volley den Vorzug geben. Wenn sich dann aber die entsprechende Gelegenheit bietet, dann darf kein Zögern durch bewusstes Entscheiden entstehen, dann muss es blitzschnell gehen - eben vom Kleinhirn her.

Dasselbe mit dem Klavierspiel. Zuerst übt der Anfänger ein Stück sehr langsam und überlegt - so kann das Grosshirn noch mitkommen und den Lernprozess unterstützen. Mit der Zeit wird die Kenntnis der Bewegungsabläufe immer mehr ans Kleinhirn delegiert, und das Grosshirn übt nur noch eine modulierende Funktion aus: So kann es sich voll auf den musikalischen Aspekt des Klavierspieles konzentrieren. Geübte Klavierspieler können dann sogar die erstmalige Umsetzung vom Notenlesen ins Spiel ganz den optischen Neuronennetzen und dem Kleinhirn überlassen und so sich mit dem Bewusstsein auf den musikalischen Inhalt des Stückes konzentrieren. (So wie laut lesen automatisch ablaufen kann, ohne dass das Bewusstsein überhaupt realisiert, was da gelesen wird.)

Das nennt man parallele Prozesse in der Informatik - und um das geht es schlussendlich im Hirn.


Sorry, das sind nur Behauptungen, die du nicht beweisen kannst.
Natürlich hat der Federer oftmals Zeit zum Entscheiden. Unser Hirn funktioniert im Flowzustand bei hoher Konzentration und Fokusierung viel schneller als ihr "Mechaniker" denkt.
Und sorry, Skifahren, Tennisspielen, Autofahren und viele andere Komplexe Tätigkeiten wurden erst in den letzten 200 Jahren entwickelt, ja nachgerade durch unser Grosshirn und und die Stirnlappen erst ersonnen.
Agnostiker, wenn du nur mit dem Kleinhirn skifährst, was erlebst du dann überhaupt?
Das muss ja ziemlich langweilig sein.

Du kannst den Fall der aufspringenden Bindung nicht üben, was meinst du warum ich das Beispiel genommen habe.

Aber du kannst dich jederzeit dafür entscheiden weniger zu riskieren als du glaubst dass du kannst.
Wenn ich versuche den Schwung auf einem Bein zu stehen, dann weil ich das gerne will und glaube, dass ich das kann.
Bei der Textilbremse, weiss ich genau das ich sie kann.

Und wenn es mir in einer Buckelpiste die Bindung aufschlägt, wie ich das in meinem Beispiel erwähnt habe ist die Unterlage so komplex "gewellt", dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass sie einfacher durche viele Wellenfunktionen dargestellt werden kann wie nur durch eine Wellenfunktion.

Es tut mir leid, ihr seid "Philosophische Reduktionisten". Euer Axiom, dass ihr nicht beweisen könnt, ist das es für alle Dinge aller Welten und aller Universen und aller Menschen genau nur eine Ursache hat.

Das war aber bisher nie beweisbar und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass es diese einzige Erstursache oder Schöpfer/In jemals gab.

Ihr macht aus dem Denk-Instrument der Reduktion eine Philosophie.
Das hat aber nichts mehr mit Wissen aber um so mehr mit Glauben zu tun.

Agnost

Step:

Für einen Phyisiker hast du schon ein ziemlich "naives" Vertrauen in die verbalen Kategorisierungen der Philosophie.
Die Sprache ist noch viel widersprüchlicher als die Mathematik.

Natürlich bin ich der Meinung, dass wir sehr stark determiniert sind.
Meine Definition der bedingten Freiheit ist der Bieris ähnlich, dass sie deckungsgleich sei, würde ich nicht behaupten.

#370:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 21:48
    —
@Agnost: Deine Argumentation ist extrem konfus und widersprüchlich.

- Du erfindest im Zusammenhang mit dem Freiheitsbegriff neue Kategorien wie etwa die "Spatzung", die Du weder definierst noch irgendwie belegst. Gleichzeitig bezweifelst Du die Brauchbarkeit bekannter philosophischer Kategorien aufgrund der "Widersprüchlichkeit der Sprache".

- Du hast null Wissen über Kausalität, maßt Dir aber an, über Erstursachen und Schöpfer zu spekulieren.

- Deine "Argumente" sind bestenfalls intuitiv ("Wenn du dir ein Fussballspiel anschaust, wirst du sehen, ..."), wissenschatlich fundiertere, systematischere Gegenargumente versuchst Du mit Killerphrasen abzuwehren ("Es tut mir leid, ihr seid "Philosophische Reduktionisten").

- Nachfragen, die dem nötigen Aufräumen in Deinem eigenen Kopf dienen, beantwortest Du 3 mal gegensätzlich oder verstehst sie überhaupt nicht, sondern kommst mit irgendwelchen Strohmännern. ("es gibt auch keine Hinweise darauf, dass es diese einzige Erstursache oder Schöpfer/In jemals gab. ... Das hat aber nichts mehr mit Wissen aber um so mehr mit Glauben zu tun. )

- Über zwei Seiten erklärt Du auf mehrmaliges Nachfragen, daß Du an echte Wahlmöglichkeiten glaubst, und dann behauptest Du, Du stündest Bieris bedingter Wahlfreiheit nahe. Hast Du den überhaupt gelesen? Weißt Du, was man unter bedingter Willensfreiheit versteht?

Gib Dir mal mehr Mühe, so ist das unerträglich.

#371: Re: kurzer Zwischenruf Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 21:53
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ja, ich habe aufgrund der Komplexität des menschlichen Hirnes und der "Spatzungen" in funktionierenden Systemen mehr als nur eine Möglichkeit.

Du bist also nach der wikpiedia Klassifikation ein Inkompatibilist, und zwar ein Libertarianer. Also jemand, der - außer bei rein zufälligen Entscheidungen - an eine teilweise unbedingte Auslösung durch das Selbst glaubt (anders etwa als die Kompatibilisten Bieri, AgentProvocateur usw.). Oder siehst Du Die Freiheit NUR durch Zufall gegeben, so wie Erwin?


Der Schluss, dass nur das geschehen konnte, was geschehen ist, sollte schon näher begründet und nicht bloß postuliert werden. Des weiteren werden ja bei diesem Postulat die Gründe verschluckt, ebenso wie Aspekte der Zielsetzungen und subjektiver Versuche der ständigen Optimierung in Bezug auf (wechselnde) Ziele. Also bitte Erklärung statt nur Beschreibung!

Lies Dir doch nochmal Deine letzte Antwort durch. Ich habe Agnost eine Frage gestellt, um zwischen verschiedenen Sorten von FW-Gläubigen unterscheiden zu können. Ein Postulat habe ich da überhaupt nicht aufgestellt. Wieso soll ich plötzlich was begründen?

Mein Postulat habe ich an anderer Stelle aufgestellt, und ich habe es physikalisch gut begründet (Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion). Die Begründung wird von den kompatibilistischen FW-Anhängern (z.B. AP) im allgemeinen so akzeptiert, da diese verstanden haben, daß echte Wahlmöglchkeiten unmöglich sind. Sie definieren daher den FW als "bedingt", was bedeutet, daß es ihnen ausreicht, daß die Entscheidung im Gehirn getroffen wurde, auch wenn sie determiniert ist.

Andere wiederum akzeptieren meine Begründung nicht, meist mit einem der folgenden Motive:
- der FW basiert auf Zufall
- es gibt echte Möglichkeiten, Physik gilt nicht für komplexe Systeme
- es gibt FW, das weiß doch jeder
- wo kämen wir denn hin!

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Auch kann ich mir nicht vorstellen, Step, wie so viele Muster nur auf eine Wellenfunktion zurückzuführen sein soll.
Kannst Du es Dir bei einem Atom, bei einer Schneeflocke vorstellen?
Woher kommen eigentlich die Naturgesetze?

Schon wieder, was soll das? Deine Frage (diese hier meine ich) ist durchaus interessant, ist aber keine Antwort auf meine. Mach doch einen thread auf "Woher kommen die Naturgesetze?"

#372:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 22:16
    —
Step,

Ich bin philosophischer Antipurist, ich denke also, das Leben in einem reinen System nicht entstehen könnte.

Ich habe die "Spatzung/Slack" erwähnt.

Du redest jetzt von der Gesammt-Wellen-Funktion, das ist mir neu.

Es kann sein, dass du schon mal früher etwas geschrieben hast, was dem entspricht, dann ist es mir entfleucht.

Aber wenn es eine Gesammt-Wellen-Funktion gibt, dann könnte sicher jemand, es musst nicht du sein, darstellen wie die ungefähr aussieht, damit klar wird warum Westrom und nicht Ostrom untergegangen ist.

Das wir nicht so frei sind wie wir das gerne hätten, das ist wohl auch in diesem Thread unbestritten, den sonst würde ich dir nicht mit meiner "beschränkten Buchhalterweisheit" antworten und würde mich mit dir auf die Ebene der "physikalischen Theorien" und der "mathematischen Theoreme" begeben.

Nur bin ich leider nicht so determiniert, dass ich das kann.

Ich kann nur bei Rot über die Strasse gehen, wenn ich will oder es bleiben lassen wenn ich will.

Agnost

#373: Re: kurzer Zwischenruf Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 22:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
Die Begründung wird von den kompatibilistischen FW-Anhängern (z.B. AP) im allgemeinen so akzeptiert, da diese verstanden haben, daß echte Wahlmöglchkeiten unmöglich sind. Sie definieren daher den FW als "bedingt", was bedeutet, daß es ihnen ausreicht, daß die Entscheidung im Gehirn getroffen wurde, auch wenn sie determiniert ist.


Die Vertreter des "bedingt" freien Willens erinnern mich irgendwie an moderne Theologen.
Man glaubt längst nicht mehr "wirklich" an die Glaubensinhalte, z.B. an übernatürliche göttliche Eingriffe, deutet den Glauben nur noch irgendwie "symbolisch" - aber rhetorisch beweist man sich noch als Christ.
So ähnlich die Kompatibilisten (erinnert mich auch irgendwie an "Religion und Wissenschaft sind miteinander vereinbar"). Ein gutes Beispiel ist Bieri. Da referiert er anfangs klar die wissenschaftliche Höhe der Diskussionsstandes um den "freien Willen" und distanziert sich von metaphysischen Spekulationen. Und was dann kommt, ist eine bloße rhetorische Verschleierung der anfänglichen Erkenntnis, so als sei dem Leser nicht zuzutrauen, dass er die Erkenntnis fehlender Willensfreiheit verkraften könne. Erinnert an moderne Theologen, die sagen: Also, wisst ihr, so real wie in der Bibel geschildert, gibt es den lieben Gott ja nicht, aber irgendwie so abstrakt halt schon noch...

Meine Vermutung ist, dass Agnost, wenn er von "realen Möglichkeiten" spricht, eben just das meint, wovon Bieri anfangs spricht (und was er selbst ablehnt): also die "echte", "unbedingte" Möglichkeit, den Willen willentlich wollen zu lassen, was immer man will...


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 21.04.2008, 22:39, insgesamt einmal bearbeitet

#374: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 22:31
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.

Greasel hat folgendes geschrieben:
(size=17+1) Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.
(3 mal)
Gilt das nur für das Wetter oder generell?


Letztlich gilt das generell!

#375:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 22:31
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:


Ich kann nur bei Rot über die Strasse gehen, wenn ich will oder es bleiben lassen wenn ich will.

Agnost


Aber kannst du auch WOLLEN, über die Straße zu gehen, wenn du WILLST, und WOLLEN, es bleiben zu lassen, wenn du WILLST?
Lachen

#376: Re: kurzer Zwischenruf Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 22:43
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Begründung wird von den kompatibilistischen FW-Anhängern (z.B. AP) im allgemeinen so akzeptiert, da diese verstanden haben, daß echte Wahlmöglchkeiten unmöglich sind. Sie definieren daher den FW als "bedingt", was bedeutet, daß es ihnen ausreicht, daß die Entscheidung im Gehirn getroffen wurde, auch wenn sie determiniert ist.

Die Vertreter des "bedingt" freien Willens erinnern mich irgendwie an moderne Theologen.
Man glaubt längst nicht mehr "wirklich" an die Glaubensinhalte, z.B. an übernatürliche göttliche Eingriffe, deutet den Glauben nur noch irgendwie "symbolisch" - aber rhetorisch beweist man sich noch als Christ.
So ähnlich die Kompatibilisten (erinnert mich auch irgendwie an "Religion und Wissenschaft sind miteinander vereinbar"). Ein gutes Beispiel ist Bieri. Da referiert er anfangs klar die wissenschaftliche Höhe der Diskussionsstandes um den "freien Willen" und distanziert sich von metaphysischen Spekulationen. Und was dann kommt, ist eine bloße rhetorische Verschleierung der anfänglichen Erkenntnis, so als sei dem Leser nicht zuzutrauen, dass er die Erkenntnis fehlender Willensfreiheit verkraften könne. Erinnert an moderne Theologen, die sagen: Also, wisst ihr, so real wie in der Bibel geschildert, gibt es den lieben Gott ja nicht, aber irgendwie so abstrakt halt schon noch...

Meine Vermutung ist, dass Agnost, wenn er von "realen Möglichkeiten" spricht, eben just das meint, wovon Bieri anfangs spricht (und was er selbst ablehnt): also die "echte", "unbedingte" Möglichkeit, den Willen willentlich wollen zu lassen, was immer man will...

Yep, so sehe ich das auch. Der mystische "Schlupf" eben ...

#377: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 22:45
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.

Gilt das nur für das Wetter oder generell?
Letztlich gilt das generell!

Du meinst also, alle Ereignisse könnten auch "Wunder" sein?

#378: Re: kurzer Zwischenruf Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 23:01
    —
step hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Begründung wird von den kompatibilistischen FW-Anhängern (z.B. AP) im allgemeinen so akzeptiert, da diese verstanden haben, daß echte Wahlmöglchkeiten unmöglich sind. Sie definieren daher den FW als "bedingt", was bedeutet, daß es ihnen ausreicht, daß die Entscheidung im Gehirn getroffen wurde, auch wenn sie determiniert ist.

Die Vertreter des "bedingt" freien Willens erinnern mich irgendwie an moderne Theologen.
Man glaubt längst nicht mehr "wirklich" an die Glaubensinhalte, z.B. an übernatürliche göttliche Eingriffe, deutet den Glauben nur noch irgendwie "symbolisch" - aber rhetorisch beweist man sich noch als Christ.
So ähnlich die Kompatibilisten (erinnert mich auch irgendwie an "Religion und Wissenschaft sind miteinander vereinbar"). Ein gutes Beispiel ist Bieri. Da referiert er anfangs klar die wissenschaftliche Höhe der Diskussionsstandes um den "freien Willen" und distanziert sich von metaphysischen Spekulationen. Und was dann kommt, ist eine bloße rhetorische Verschleierung der anfänglichen Erkenntnis, so als sei dem Leser nicht zuzutrauen, dass er die Erkenntnis fehlender Willensfreiheit verkraften könne. Erinnert an moderne Theologen, die sagen: Also, wisst ihr, so real wie in der Bibel geschildert, gibt es den lieben Gott ja nicht, aber irgendwie so abstrakt halt schon noch...

Meine Vermutung ist, dass Agnost, wenn er von "realen Möglichkeiten" spricht, eben just das meint, wovon Bieri anfangs spricht (und was er selbst ablehnt): also die "echte", "unbedingte" Möglichkeit, den Willen willentlich wollen zu lassen, was immer man will...

Yep, so sehe ich das auch. Der mystische "Schlupf" eben ...


Billige Ausrede.

Heiner glaubt nämlich, das der Theismus an den Glauben der Menschen an den "freien Willen" gebunden sei.

Ich habe hinlänglich genug bewiesen, dass das Quatsch ist.

Heiner glaubt auch, das Marx bewiesen habe, dass Freiheit eine Illusion sei.
Skeptiker, der fleissigste Marxist in diesem Forum hat stringent bewiesen, dass das Quatsch ist.

Wenn du Step, dich also mit Heiner (der sicher ein lieber Kerl ist) gemein machst, dann musst du mir erklären, welche "Allgemeine Wellenfunktion" dich dazu zwingt.

Nein, ich bin gnädiger, welche Wellenfuktion unter vielen erlaubt es dir, auf diese Art und Weise schlafen zu gehen?

Agnost

#379: Re: kurzer Zwischenruf Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 23:04
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Begründung wird von den kompatibilistischen FW-Anhängern (z.B. AP) im allgemeinen so akzeptiert, da diese verstanden haben, daß echte Wahlmöglchkeiten unmöglich sind. Sie definieren daher den FW als "bedingt", was bedeutet, daß es ihnen ausreicht, daß die Entscheidung im Gehirn getroffen wurde, auch wenn sie determiniert ist.


Die Vertreter des "bedingt" freien Willens erinnern mich irgendwie an moderne Theologen.
Man glaubt längst nicht mehr "wirklich" an die Glaubensinhalte, z.B. an übernatürliche göttliche Eingriffe, deutet den Glauben nur noch irgendwie "symbolisch" - aber rhetorisch beweist man sich noch als Christ.
So ähnlich die Kompatibilisten (erinnert mich auch irgendwie an "Religion und Wissenschaft sind miteinander vereinbar"). Ein gutes Beispiel ist Bieri. Da referiert er anfangs klar die wissenschaftliche Höhe der Diskussionsstandes um den "freien Willen" und distanziert sich von metaphysischen Spekulationen. Und was dann kommt, ist eine bloße rhetorische Verschleierung der anfänglichen Erkenntnis, so als sei dem Leser nicht zuzutrauen, dass er die Erkenntnis fehlender Willensfreiheit verkraften könne. Erinnert an moderne Theologen, die sagen: Also, wisst ihr, so real wie in der Bibel geschildert, gibt es den lieben Gott ja nicht, aber irgendwie so abstrakt halt schon noch...

Meine Vermutung ist, dass Agnost, wenn er von "realen Möglichkeiten" spricht, eben just das meint, wovon Bieri anfangs spricht (und was er selbst ablehnt): also die "echte", "unbedingte" Möglichkeit, den Willen willentlich wollen zu lassen, was immer man will...


Das ist nur Theo-Retisches Geschwurbel.

Wer hier an den "Ersten Determinator" glaubt wird immer klarer.

Agnost

#380:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 23:06
    —
Zitat:
Bieri
Es könnte einer erschrecken, weil er gedacht hatte, die Freiheit des Willens müsse darin bestehen, dass der Wille durch nichts bedingt sei. Dass er unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte. Dass er in jedem Moment sein müsste wie ein unbewegter Beweger. Gesagt zu bekommen, dass es tausend Dinge im Gehirn gibt, von denen der Wille abhängt, ist dann ein Schock.

Doch einen in diesem Sinne freien Willen kann sich niemand wünschen, denn er wäre ein Wille, der niemandem gehörte: verknüpft weder mit dem Körper noch dem Charakter, noch dem Erleben, noch der Lebensgeschichte einer bestimmten Person. Er wäre vollkommen zufällig, unbegründet, unbelehrbar und unkontrollierbar. Einen solch launischen Willen zu haben wäre nicht die Erfahrung der Freiheit, sondern ein Alptraum.


Ja, genau lieber Herr Bieri, und aus dem Grund kann ich auch bestens mit dem Gedanken leben, keinen freien Willen zu haben.
Ich stelle mir vor, wie eine Welt aussähe, in der die Menschen tatsächlich einen freien Willen hätten: Das wäre eine völlig chaotische Welt, eine Welt, in der keine Gesetze walten würden.
Unsere Mitmenschen wäre nicht berechenbar, vollkommen unkalkulierbar! Weinen Man stelle sich vor, man müsste jederzeit damit rechnen, dass, wenn man nach Hause kommst, man einen Zettel findet, auf dem einem die Liebste geschrieben hat: Schatz, ich wollte mal schauen, wie's sich in Spanien so lebt, hab den nächsten Flug genommen. Warum? Weil ich es halt so WOLLTE..."
Allerdings, hätte es nicht auch Vorteile, einen freien Willen zu haben? Die Leute hätten morgens kein Problem mehr, früh aufzustehen. Sie könnten einfach WOLLEN, früh aufzustehen. Oder würden sie dann überhaupt noch morgens aufstehen und zur Arbeit gehen WOLLEN? Sie könnten ja dann auch einfach wollen, nicht zur Arbeit gehen zu wollen... Hm. Lachen
Ach ja, und die Raucher erst, die sich das Rauchen abgewöhnen WOLLEN... und die......jajaja... Lachen

#381: Re: kurzer Zwischenruf Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 23:16
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Nein, ich bin gnädiger, welche Wellenfuktion unter vielen erlaubt es dir, auf diese Art und Weise schlafen zu gehen?

Agnost


Nun, ich für meinen Teil will (!) jedenfalls jetzt schlafen gehen. Und da ich das Gegenteil nicht zu wollen vermag, soll es denn auch so sein!
Guts Nächtle allerseits.
zwinkern

#382: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 21.04.2008, 23:40
    —
step hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
Ob es nicht regnet obwohl es determiniert regnen müßte ist weder feststellbar noch relevant.

Gilt das nur für das Wetter oder generell?
Letztlich gilt das generell!

Du meinst also, alle Ereignisse könnten auch "Wunder" sein?


Nein, denn das Wort Wunder impliziert ja, dass ein Ereignis ohne kausale Verbindung stattfindet.

Mit der von AXO übernommenen Aussage wollte ich aufzeigen, dass im Zweifel, ähnlich wie beim Solipsismus, der determinierende Faktor gedanklich immer wieder auf die nächst höhere Ebene abstrahiert werden kann. Determinismus als Vorstellung birgt eine Art Unendlichkeitsmoment. Deswegen ist der Determinismus in letzter Konsequenz nicht wiederlegbar und scheidet somit als Theorie im wissenschaftlichen Sinne aus. Des Weiteren ändert es für mich als erlebendes Wesen nichts, ob meine Existenz vollständig determiniert ist oder nicht. Mit der Illusion der Willensfreiheit ist auch eine determinierte Zukunft unglaublich aufregend.

Gruß

#383:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 00:12
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mein intuitiver Schluss ist, dass Du das geschrieben hast und nicht irgendwelche außerhalb Dir liegender Determinanten

Du glaubst vermutlich auch, es macht einen Unterschied, ob man ein Glas als halbvoll oder halbleer bezeichnet?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
und deswegen halte ich Dich auch dafür verantworltlich, was Du geschrieben hast.

Und dieser Schluss ("deswegen") ist auch wiederum gar kein richtiger, sondern nur eine Intuition?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was sind denn nun die zugrundeliegenden Fakten und welche Auswirkungen haben sie?

Die zugrundeliegenden Fakten sind die Basis, die zwischen uns unstrittig ist: Entscheidungen entstehen komplett physikalisch und damit probabilistisch-deterministisch in Gehirnen, der Schuldige hätte nur anders handeln können, wenn er auch anders gewollt hätte, und zu diesem dieses anders-wollen wären andere Ursachen notwendig gewesen.

Dein Streit geht nur noch darum, wie man das ganz nun nennen sollte und wie nicht. Also darum, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist. Und Du glaubst ernsthaft, man könnte aus einer anderen Benennung der gleichen Fakten auch andere Schlüsse ziehen? Das kann man vermutlich nur intuitiv "ergründen".

Nochmal knapp zusammengefasst. In der FW-Diskussion geht es um folgende Aussagen:

(1) Ein Mensch kann selbstbestimmt handeln.
(2) Wenn ein Mensch selbstbestimmt handelt, dann ist es legitim, ihn dafür verantwortlich zu machen.

Bei den Inkompatibilisten ist der Streit um (1) noch ein Streit um Fakten. Bei den Kompatibilisten ist dieser Streit zu einem Ringen um philosophische Deutungen (halbvoll vs. halbleer) degeneriert. Hinzu kommt, dass (2) auch nur eine willkürliche, d.h. nicht zwingend logisch begründbare, sondern eine zweckdienliche normative Setzung ist, die allerdings praktischerweise von den meisten Menschen intuitiv nachvollzogen wird, so dass man einer kritischen Betrachtung und rationalen Begründung erstmal ausweichen kann. Dann konzentrieren kompatibilistische Philosophen 99% ihres Wortnebels auf die Schlacht um (1), damit ihre unkritisch-affirmative und nur auf die Intuition zielende Haltung zu (2) nicht so dolle auffällt.

#384:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 00:23
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Bieri
Es könnte einer erschrecken, weil er gedacht hatte, die Freiheit des Willens müsse darin bestehen, dass der Wille durch nichts bedingt sei. Dass er unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte. Dass er in jedem Moment sein müsste wie ein unbewegter Beweger. Gesagt zu bekommen, dass es tausend Dinge im Gehirn gibt, von denen der Wille abhängt, ist dann ein Schock.

Doch einen in diesem Sinne freien Willen kann sich niemand wünschen, denn er wäre ein Wille, der niemandem gehörte: verknüpft weder mit dem Körper noch dem Charakter, noch dem Erleben, noch der Lebensgeschichte einer bestimmten Person. Er wäre vollkommen zufällig, unbegründet, unbelehrbar und unkontrollierbar. Einen solch launischen Willen zu haben wäre nicht die Erfahrung der Freiheit, sondern ein Alptraum.


Ja, genau lieber Herr Bieri, und aus dem Grund kann ich auch bestens mit dem Gedanken leben, keinen freien Willen zu haben.
Ich stelle mir vor, wie eine Welt aussähe, in der die Menschen tatsächlich einen freien Willen hätten: Das wäre eine völlig chaotische Welt, eine Welt, in der keine Gesetze walten würden.
Unsere Mitmenschen wäre nicht berechenbar, vollkommen unkalkulierbar! Weinen Man stelle sich vor, man müsste jederzeit damit rechnen, dass, wenn man nach Hause kommst, man einen Zettel findet, auf dem einem die Liebste geschrieben hat: Schatz, ich wollte mal schauen, wie's sich in Spanien so lebt, hab den nächsten Flug genommen. Warum? Weil ich es halt so WOLLTE..."
Allerdings, hätte es nicht auch Vorteile, einen freien Willen zu haben? Die Leute hätten morgens kein Problem mehr, früh aufzustehen. Sie könnten einfach WOLLEN, früh aufzustehen. Oder würden sie dann überhaupt noch morgens aufstehen und zur Arbeit gehen WOLLEN? Sie könnten ja dann auch einfach wollen, nicht zur Arbeit gehen zu wollen... Hm. Lachen
Ach ja, und die Raucher erst, die sich das Rauchen abgewöhnen WOLLEN... und die......jajaja... Lachen


In einer determinierten Welt würdest du Heiner. nicht kalkulieren, du wärst kalkuliert.

Und in der realen Welt passiert es tatsächlich, dass jemand einfach mal so "Zigaretten kaufen geht".

Da ist dann noch nicht mal ein Abschiedsbrief drin.

Gebt sie mir endlich, die "Allumfassende Wellenfunktion".

Als "James Brown" Fan würde ich den Rest meines Leben den "Sex Machine" dazu tanzen.

Agnost

#385:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 10:05
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was sind denn nun die zugrundeliegenden Fakten und welche Auswirkungen haben sie?

Die zugrundeliegenden Fakten sind die Basis, die zwischen uns unstrittig ist: Entscheidungen entstehen komplett physikalisch und damit probabilistisch-deterministisch in Gehirnen, der Schuldige hätte nur anders handeln können, wenn er auch anders gewollt hätte, und zu diesem dieses anders-wollen wären andere Ursachen notwendig gewesen.

Dein Streit geht nur noch darum, wie man das ganz nun nennen sollte und wie nicht. Also darum, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist. Und Du glaubst ernsthaft, man könnte aus einer anderen Benennung der gleichen Fakten auch andere Schlüsse ziehen? Das kann man vermutlich nur intuitiv "ergründen".

Nö, der Streit geht darum, ob Menschen selbstbestimmt handeln können oder nicht. Und ob die Fakten tatsächlich beweisen, dass der Mensch das nicht kann, wie Du wohl zu glauben scheinst.

Und der Streit geht darum, warum es überhaupt zur Selbstbestimmung notwendig sein sollte, dass jemand anders handeln wollen sollen könnte, als er letztlich handeln will, ein Setzung, die mir ja nun so ganz und gar nicht einleuchten will.

kolja hat folgendes geschrieben:
Nochmal knapp zusammengefasst. In der FW-Diskussion geht es um folgende Aussagen:

(1) Ein Mensch kann selbstbestimmt handeln.
(2) Wenn ein Mensch selbstbestimmt handelt, dann ist es legitim, ihn dafür verantwortlich zu machen.

Bei den Inkompatibilisten ist der Streit um (1) noch ein Streit um Fakten. Bei den Kompatibilisten ist dieser Streit zu einem Ringen um philosophische Deutungen (halbvoll vs. halbleer) degeneriert.

Richtig erst einmal: um diese Punkte geht es. Da haben wir doch schon mal eine Übereinstimmung. Sehr schön.

Allerdings ist es schon ein wenig merkwürdig, tatsächlich glauben zu wollen, dass Fakten keiner Deutung, keiner Interpretation bedürften, sondern einfach so alleine für sich stehen könnten und die Interpretation eine automatische und in den Fakten selber liegende sei. So ist das nämlich nicht. Oder anders gesagt: es ist furchtbar anmaßend von Dir, einfach so zu behaupten, dass Deine Deutung die einzig Wahre sei.

Warum sollten diese Fakten eine Selbstbestimmung ausschließen? Das ist die Frage und dieser Frage seid Ihr bisher immer ausgewichen, weil Ihr Euer Dogma habt, dass Selbstbestimmung eine Verletzung von Naturgesetzen verlange und jedes Anzweifeln dieses Dogmas als Sakrileg anseht. Also auch für Dich nochmal als Anregung: hier werden einige Argumente für den Inkompatibilismus behandelt. Die sind nicht so besonders überzeugend, wie ich finde und schon gar nicht so zwingend und evident, wie Ihr immer behauptet.

kolja hat folgendes geschrieben:
Hinzu kommt, dass (2) auch nur eine willkürliche, d.h. nicht zwingend logisch begründbare, sondern eine zweckdienliche normative Setzung ist, die allerdings praktischerweise von den meisten Menschen intuitiv nachvollzogen wird, so dass man einer kritischen Betrachtung und rationalen Begründung erstmal ausweichen kann. Dann konzentrieren kompatibilistische Philosophen 99% ihres Wortnebels auf die Schlacht um (1), damit ihre unkritisch-affirmative und nur auf die Intuition zielende Haltung zu (2) nicht so dolle auffällt.

Ist es legitim, jemanden für verantwortlich zu halten? Hm, diese Frage stellt sich eigentlich so gar nicht. Jemand, der selbstbestimmt ist, ist dadurch automatisch verantwortlich für seine selbstbestimmten Handlungen. Das eine bedingt mMn das andere, es hängt sehr eng zusammen. Wieso sollte dafür eine Legitimation notwendig sein?

Wahrscheinlich meinst Du aber eigentlich etwas anderes hier: ist es legitim, jemanden für seine Handlungen zur Verantwortung zu ziehen? Das aber ist eine andere Frage, um die es eigentlich nicht geht und zu der ich hier auch nichts gesagt habe. Diese Frage ist unabhängig von der eigentlichen Grundfrage dieses Threads. Es ist eine Zusatzfrage, eine anschließende Frage.

Jeder, der zum Beispiel in einem Forum mit jemand anderem auf gleicher Augenhöhe diskutiert, tut das deswegen, weil er den anderen für selbstbestimmt hält, für fähig, Argumente zu verstehen und umzusetzen. Das mag natürlich bei jemandem, der andere lediglich als Manipulationsmasse ansieht, anders sein. Oder jemand, der meint, ausgerechnet er habe die Weisheit mit Löffeln gefressen und er habe jetzt eine Mission, er sei dazu berufen, den armen nicht selbstbestimmten Tröpfen die Wahrheit einzutrichtern. Auch der sieht wohl sein Gegenüber dann nicht als selbstbestimmtes verantwortliches Individuum an.

#386:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 10:33
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nö, der Streit geht darum, ob Menschen selbstbestimmt handeln können oder nicht. Und ob die Fakten tatsächlich beweisen, dass der Mensch das nicht kann, wie Du wohl zu glauben scheinst.

Du hast immer noch nicht verstanden, worauf ich hinaus will.

Der Streit um "selbstbestimmt durch die Person" vs. "fremdbestimmt durch Determinanten außerhalb der Person", so wie Du und andere Kompatibilisten in führen, ist genauso belanglos wie der Streit darum, ob ein Glas halbvoll oder halbleer ist. Du unterstellst mir fälschlicherweise, eine dieser beiden Positionen zu beziehen, während ich nur ein sinnloses Ringen um Deutungen sehe. Ich bezeichne Personen weder als "selbstbestimmt" noch als "fremdbestimmt", ich halte bereits die Rede von einem "etwas, welches bestimmt" für überflüssig. Wie ich schon mehrfach sagte, Du bist derjenige, der diese Dichotomie für seine Argumentation benötigt, ich nicht!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und der Streit geht darum, warum es überhaupt zur Selbstbestimmung notwendig sein sollte, dass jemand anders handeln wollen sollen könnte, als er letztlich handeln will, ein Setzung, die mir ja nun so ganz und gar nicht einleuchten will.

Nein, das ist ein anderer Streitpunkt, Du kannst diese beiden Punkte bloß nicht auseinanderhalten.

kolja hat folgendes geschrieben:
Nochmal knapp zusammengefasst. In der FW-Diskussion geht es um folgende Aussagen:

(1) Ein Mensch kann selbstbestimmt handeln.
(2) Wenn ein Mensch selbstbestimmt handelt, dann ist es legitim, ihn dafür verantwortlich zu machen.

Bei den Inkompatibilisten ist der Streit um (1) noch ein Streit um Fakten. Bei den Kompatibilisten ist dieser Streit zu einem Ringen um philosophische Deutungen (halbvoll vs. halbleer) degeneriert.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Richtig erst einmal: um diese Punkte geht es. Da haben wir doch schon mal eine Übereinstimmung. Sehr schön.

Allerdings ist es schon ein wenig merkwürdig, tatsächlich glauben zu wollen, dass Fakten keiner Deutung, keiner Interpretation bedürften, sondern einfach so alleine für sich stehen könnten

Doch, das können sie.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
und die Interpretation eine automatische und in den Fakten selber liegende sei. So ist das nämlich nicht. Oder anders gesagt: es ist furchtbar anmaßend von Dir, einfach so zu behaupten, dass Deine Deutung die einzig Wahre sei.

Gleicher Fehler wie oben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist es legitim, jemanden für verantwortlich zu halten? Hm, diese Frage stellt sich eigentlich so gar nicht. Jemand, der selbstbestimmt ist, ist dadurch automatisch verantwortlich für seine selbstbestimmten Handlungen.

In früheren Diskussionen hattest Du schon mal eingeräumt, das Verantwortung eine menschliche Erfindung ist und zugewiesen wird. Hier argumentierst Du wieder so, als ob Verantwortung irgendwie "an sich" existiert. Rückfall?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das eine bedingt mMn das andere, es hängt sehr eng zusammen.

Ah ja, dann begründe diesen Zusammenhang doch mal ohne auf die Intuition und dergleichen zu verweisen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso sollte dafür eine Legitimation notwendig sein?

Weil es sich um eine normative Setzung handelt!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wahrscheinlich meinst Du aber eigentlich etwas anderes hier: ist es legitim, jemanden für seine Handlungen zur Verantwortung zu ziehen? Das aber ist eine andere Frage, um die es eigentlich nicht geht und zu der ich hier auch nichts gesagt habe. Diese Frage ist unabhängig von der eigentlichen Grundfrage dieses Threads. Es ist eine Zusatzfrage, eine anschließende Frage.

Nein, diese Fragen lassen sich nicht so einfach voneinander trennen, weil die Zuweisung von Verantwortung letztlich nur erfolgt, um die Legitimation für die Konsequenzen zu schaffen!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jeder, der zum Beispiel in einem Forum mit jemand anderem auf gleicher Augenhöhe diskutiert, tut das deswegen, weil er den anderen für selbstbestimmt hält, für fähig, Argumente zu verstehen und umzusetzen. Das mag natürlich bei jemandem, der andere lediglich als Manipulationsmasse ansieht, anders sein. Oder jemand, der meint, ausgerechnet er habe die Weisheit mit Löffeln gefressen und er habe jetzt eine Mission, er sei dazu berufen, den armen nicht selbstbestimmten Tröpfen die Wahrheit einzutrichtern. Auch der sieht wohl sein Gegenüber dann nicht als selbstbestimmtes verantwortliches Individuum an.

Und das ist auch keine rationale Argumentation, sondern eine Diffamierung derer, die Deine Setzungen nicht teilen.

#387: Re: kurzer Zwischenruf Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 12:02
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Ja, ich habe aufgrund der Komplexität des menschlichen Hirnes und der "Spatzungen" in funktionierenden Systemen mehr als nur eine Möglichkeit.

Du bist also nach der wikpiedia Klassifikation ein Inkompatibilist, und zwar ein Libertarianer. Also jemand, der - außer bei rein zufälligen Entscheidungen - an eine teilweise unbedingte Auslösung durch das Selbst glaubt (anders etwa als die Kompatibilisten Bieri, AgentProvocateur usw.). Oder siehst Du Die Freiheit NUR durch Zufall gegeben, so wie Erwin?


Der Schluss, dass nur das geschehen konnte, was geschehen ist, sollte schon näher begründet und nicht bloß postuliert werden. Des weiteren werden ja bei diesem Postulat die Gründe verschluckt, ebenso wie Aspekte der Zielsetzungen und subjektiver Versuche der ständigen Optimierung in Bezug auf (wechselnde) Ziele. Also bitte Erklärung statt nur Beschreibung!

Lies Dir doch nochmal Deine letzte Antwort durch. Ich habe Agnost eine Frage gestellt, um zwischen verschiedenen Sorten von FW-Gläubigen unterscheiden zu können. Ein Postulat habe ich da überhaupt nicht aufgestellt. Wieso soll ich plötzlich was begründen?

Mein Postulat habe ich an anderer Stelle aufgestellt, und ich habe es physikalisch gut begründet (Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion). Die Begründung wird von den kompatibilistischen FW-Anhängern (z.B. AP) im allgemeinen so akzeptiert, da diese verstanden haben, daß echte Wahlmöglchkeiten unmöglich sind. Sie definieren daher den FW als "bedingt", was bedeutet, daß es ihnen ausreicht, daß die Entscheidung im Gehirn getroffen wurde, auch wenn sie determiniert ist.


Das ist so durchaus nicht umfassend konsistent. Wenn die Zeitentwicklung auch für bestimmte Sektoren der Physik kommutativ sein mag, so ist dies aus der Sicht anderer damit nicht unbedingt kompatibler Theorien nicht notwendig der Fall und ist auch nicht der Fall.

Mit anderen Worten: Ein umfassender Determinismus ist eine Theorie, aber keine bewiesene Tatsache.

Das gilt erst Recht, wenn wir uns mit immer komplexeren Systemen befassen, die dann nicht mehr mit den bisherigen physikalischen Paradigmen erfasst werden können, zum jetzigen Zeitpunkt.

Hier also müsste eine zukünftige Physik - oder sagen wir mal - ein zukünftige Theorie der Wechselbeziehungen der Systeme der Welt - sich weiter entwickeln.

Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt zu wenig z.B. über Bewusstsein oder über Gesetzmäßigkeiten.

Meiner Ansicht nach kommen wir mit den bisherigen Paradigmen (Determinismus, Wellenfunktion, (In-)Kompatibilismus, etc.) nicht weit genug, bzw. hier muss man - gerade als Physiker - mal den Blick wenden und weiten und sich ein bischen mehr mit umfassenderen theoretischen Ansätzen beschäftigen.

Die Komplexitätstheorie zeigt uns bereits jetzt auf, dass das "Gesamtgesetz" komplexer Systeme eben nicht restlos in den "Einzelgesetzen" der entsprechenden Bestandteile aufgeht.

Das gilt jetzt nicht nur für lebende Systeme, sondern generell.

Dieser Frage weichen solche Physikalisten wie Du, step, permanent aus. Aber das ist genau der Punkt.

step hat folgendes geschrieben:
Andere wiederum akzeptieren meine Begründung nicht, meist mit einem der folgenden Motive:
- der FW basiert auf Zufall
- es gibt echte Möglichkeiten, Physik gilt nicht für komplexe Systeme
- es gibt FW, das weiß doch jeder
- wo kämen wir denn hin!


Der Zufall ist meiner Ansicht nach nur ein Spezialfall von in verschiedenen Variationen existierenden Freiheitsgraden der Materiebewegung und -entwicklung.

Echte Möglichkeiten setzen u.a. Erkenntnis voraus, sonst gibt es sie quasi nicht für das Subjekt.

Wenn aber ein Spektrum äquivalenter Möglichkeiten erkannt ist - sei es für ein Individuum, sei es für einen Planungsstab von Ingenieuren oder Betriebswirten - so könnte man hier in der Tat einen Würfel entscheiden lassen. Hier gibt es einen freien Willen, der stets zum gleichen (optimalen) Ziel dieses Willens führt.

Denkbar wäre aber auch, dass es im Gehirn ein Art "Sprungfunktion" gibt, die dann quasi zu fraktalen Handlungsmustern führen würde.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Auch kann ich mir nicht vorstellen, Step, wie so viele Muster nur auf eine Wellenfunktion zurückzuführen sein soll.
Kannst Du es Dir bei einem Atom, bei einer Schneeflocke vorstellen?
Woher kommen eigentlich die Naturgesetze?

Schon wieder, was soll das? Deine Frage (diese hier meine ich) ist durchaus interessant, ist aber keine Antwort auf meine. Mach doch einen thread auf "Woher kommen die Naturgesetze?"


Das gehört schon hier hin. Ich müsste dazu nur einige zusätzliche Ausführungen machen. Später.

Skeptiker

#388:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 13:39
    —
Zitat:
Oder siehst Du Die Freiheit NUR durch Zufall gegeben, so wie Erwin?

das ist eine unzulässige Verkürzung meiner Darstellungen. Ich sehe den Zufall innerhalb eines stark selbstbezüglichen, vielschichtigen, komplexen Systems als jenes Element, daß auf "höchster" Systemschicht - also dem (Selbst-)Bewußtsein, Freiheitsgrade ermöglicht, die selbst wieder die "Systemstruktur" mitprägen, also das System nicht als völlig kausal "von aussen" determiniert, was für mich (sowie auch etliche andere mir bekannte Physiker) keinerlei Widerspruch zu momentan bekannten physikalischen "Gesetzen" darstellt.

Erwin


Zuletzt bearbeitet von Er_Win am 22.04.2008, 13:41, insgesamt einmal bearbeitet

#389:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 13:40
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nö, der Streit geht darum, ob Menschen selbstbestimmt handeln können oder nicht. Und ob die Fakten tatsächlich beweisen, dass der Mensch das nicht kann, wie Du wohl zu glauben scheinst.

Du hast immer noch nicht verstanden, worauf ich hinaus will.

Der Streit um "selbstbestimmt durch die Person" vs. "fremdbestimmt durch Determinanten außerhalb der Person", so wie Du und andere Kompatibilisten in führen, ist genauso belanglos wie der Streit darum, ob ein Glas halbvoll oder halbleer ist. Du unterstellst mir fälschlicherweise, eine dieser beiden Positionen zu beziehen, während ich nur ein sinnloses Ringen um Deutungen sehe.

Warum ist das belanglos und warum siehst Du nur ein sinnloses Ringen um Deutungen und was ist eigentlich Dein Punkt und um was geht es Dir eigentlich? Was ist also nicht belanglos und was ist kein sinnloses Ringen um Deutungen?

kolja hat folgendes geschrieben:
Ich bezeichne Personen weder als "selbstbestimmt" noch als "fremdbestimmt", ich halte bereits die Rede von einem "etwas, welches bestimmt" für überflüssig.

Und warum, bitteschön? Ich halte das nicht für überflüssig, ich unterscheide, wenn mir jemand auf den Fuß tritt, ob er das absichtlich gemacht hat oder nicht.

kolja hat folgendes geschrieben:
Wie ich schon mehrfach sagte, Du bist derjenige, der diese Dichotomie für seine Argumentation benötigt, ich nicht!

Und wie ich auch schon gesagt habe, ist das für mich keine Dichotomie. Es ist wirklich furchtbar ermüdend, dass Du mir das permanent unterschiebst.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist es schon ein wenig merkwürdig, tatsächlich glauben zu wollen, dass Fakten keiner Deutung, keiner Interpretation bedürften, sondern einfach so alleine für sich stehen könnten

Doch, das können sie.

Interessant. Wie sollte das gehen? Du jedenfalls ziehst zweifellos eine Deutung aus den Fakten, eine Deutung, die ich nicht ziehe, weil Du keine Argumente für Deine Deutung hast.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
und die Interpretation eine automatische und in den Fakten selber liegende sei. So ist das nämlich nicht. Oder anders gesagt: es ist furchtbar anmaßend von Dir, einfach so zu behaupten, dass Deine Deutung die einzig Wahre sei.

Gleicher Fehler wie oben.

Watt nu? Du willst ernsthaft behaupten, Du würdest keine Folgerungen aus den Fakten ziehen? Nee, oder?

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist es legitim, jemanden für verantwortlich zu halten? Hm, diese Frage stellt sich eigentlich so gar nicht. Jemand, der selbstbestimmt ist, ist dadurch automatisch verantwortlich für seine selbstbestimmten Handlungen.

In früheren Diskussionen hattest Du schon mal eingeräumt, das Verantwortung eine menschliche Erfindung ist und zugewiesen wird. Hier argumentierst Du wieder so, als ob Verantwortung irgendwie "an sich" existiert. Rückfall?

Nö, ich habe nur keinen Bock mehr auf Eure Nomenklaturen. Meiner Meinung nach sind alle Abstraktionen notwendigerweise Konstrukte. Daher sehe ich nicht die Notwendigkeit, jedesmal explizit darauf hinzuweisen. Du weißt aber nun, wie es gemeint ist. Es wäre sehr freundlich von Dir, wenn Du es Dir diesmal ausnahmsweise mal verkneifen könntest, mir Deinen Sprachgebrauch als den einzig Richtigen vorschreiben zu wollen. Vielen Dank im Voraus.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das eine bedingt mMn das andere, es hängt sehr eng zusammen.

Ah ja, dann begründe diesen Zusammenhang doch mal ohne auf die Intuition und dergleichen zu verweisen.

Das ist schlicht und einfach mein Verständnis von "Verantwortung": Verantwortung ist die Zurechenbarkeit von Handlungen, die im eigenen Einflussbereich liegen und die selbst bestimmt/gesteuert werden.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wahrscheinlich meinst Du aber eigentlich etwas anderes hier: ist es legitim, jemanden für seine Handlungen zur Verantwortung zu ziehen? Das aber ist eine andere Frage, um die es eigentlich nicht geht und zu der ich hier auch nichts gesagt habe. Diese Frage ist unabhängig von der eigentlichen Grundfrage dieses Threads. Es ist eine Zusatzfrage, eine anschließende Frage.

Nein, diese Fragen lassen sich nicht so einfach voneinander trennen, weil die Zuweisung von Verantwortung letztlich nur erfolgt, um die Legitimation für die Konsequenzen zu schaffen!

Nö, keineswegs. Jemand anderen als selbstbestimmtes Individuum anzusehen, dem daraus bestimmte Rechte erwachsen, weil man ihn für eigenverantwortlich und steuerungsfähig hält, hat noch nix mit Strafe zu tun, sondern diese Rechte sind mE der eigentliche Grund, eine Verantwortlichkeit anzunehmen. Und diese Rechte sind die Grundlage einer freiheitlichen Gesellschaft. Allerdings ist es durchaus die andere Seite der Medaille, dass, wenn jemand für seine Handlung verantwortlich ist, er dafür auch gerade stehen muss.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jeder, der zum Beispiel in einem Forum mit jemand anderem auf gleicher Augenhöhe diskutiert, tut das deswegen, weil er den anderen für selbstbestimmt hält, für fähig, Argumente zu verstehen und umzusetzen. Das mag natürlich bei jemandem, der andere lediglich als Manipulationsmasse ansieht, anders sein. Oder jemand, der meint, ausgerechnet er habe die Weisheit mit Löffeln gefressen und er habe jetzt eine Mission, er sei dazu berufen, den armen nicht selbstbestimmten Tröpfen die Wahrheit einzutrichtern. Auch der sieht wohl sein Gegenüber dann nicht als selbstbestimmtes verantwortliches Individuum an.

Und das ist auch keine rationale Argumentation, sondern eine Diffamierung derer, die Deine Setzungen nicht teilen.

Stimmt wohl, ich hätte das auch anders ausdrücken können. Ich bin halt ein bisschen genervt von Deiner Art, von Deiner permanenten Weigerung, Deinen Standpunkt zu begründen und dem seltsamen Gerede von halbvollen und halbleeren Gläsern. Und zu behaupten, Dein Standpunkt brauche nicht begründet zu werden, weil er sich automatisch aus den Fakten ergäbe, setzt dem Ganzen wirklich noch die Krone auf.

Aber was soll's, das hat wohl keinen Zweck. Mir ist ja inzwischen sogar unklar, was Du eigentlich willst.

#390:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 13:40
    —
Wenn wir mal die Diskussion in die "alte" Links-Rechts-Schematik pressen tun, also linearisieren.

Dann stehen Rechts die "Konservativen" Inkompatibilisten für die der Mensch total Determiniert ist.
In der Mitte die Kompatibilisten für die diverse Grade "bedingter Freiheit" möchlich sind.
Und Links die "Libertärnen" Inkompatibilisten für die der Mensch noch weitgehender Frei ist.

Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Leben in "Reinheit" nicht existieren kann.
Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass unser Denken in unserem Körper, höchstwahrscheinlich in unserem Hirn stattfindet.

Für die strengen Deterministen ist die Zukunft nur offen, weil wir nicht in der Lage sind, die Wellenformel (oder den Willen des Schöpfers) richtig zu erkennen.

Für den Libertärnen Popperschen Zuschnittes ist die Zukunft undeterminiert offfen.

Für den Kompatibilisten ist die Zukunft offen so lange sie den tatsächlich abgelaufenen Geschehnissen in der Vergangenheit nicht widersprechen.

Für die strengen Deterministen sind wir also "Marionetten-Puppen" oder "Nussschalen ohne Ruder" die dem Wellengang der "Weltmeere" ausgeliefert sind.

Wir sind auch nicht lernfähig, wir werden bestenfalls durch das Leben belehrt.

Nun frage ich Step:
Wie brachtest du die Energie auf Physiker zu werden, warum hast du dich so angestrengt und hast dich nicht zurückgelehnt und bist Buchhalter geworden.

Denn was hat die Wellenfunktion (wenn es ja kein Schöpfer sein soll, weil ich hier niemandem "zwingend" Religiosität anhängen will) davon, dass wir Menschen sie entdecken?

Steht in der Wellenfunktion drin, dass es irgendwann in ihrer Entfaltung auf der Erde sich Zellklumpen so clustern, dass diese Zellcluster fähig werden die Wellenfunktion immer besser zu verstehen.

Steht in dieser Wellenformel auch drin, dass wir Menschen im Moment erst über sie spekulieren können?

Warum erlaubt uns die Wellenfunktion darüber zu spekulieren ob es sie gibt oder nicht gibt, oder ob sie noch einige Kollegen und Kolleginnen hat?

Und dann noch ne ganz naive Buchhalter-Frage:

Ist nicht auch das Licht sowahl als Welle und als Quanten denkbar?

Agnost

#391:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 15:49
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Oder siehst Du Die Freiheit NUR durch Zufall gegeben, so wie Erwin?

das ist eine unzulässige Verkürzung meiner Darstellungen. Ich sehe den Zufall innerhalb eines stark selbstbezüglichen, vielschichtigen, komplexen Systems als jenes Element, daß auf "höchster" Systemschicht - also dem (Selbst-)Bewußtsein, Freiheitsgrade ermöglicht, die selbst wieder die "Systemstruktur" mitprägen, also das System nicht als völlig kausal "von aussen" determiniert, was für mich (sowie auch etliche andere mir bekannte Physiker) keinerlei Widerspruch zu momentan bekannten physikalischen "Gesetzen" darstellt.

ok, geschenkt.

#392:  Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 17:12
    —
Hallo Step!

Du hast weiter oben geschrieben, dass du die "Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion" in einem deiner Posts begründet hast. Kannst du mir bitte zeigen wo, ich habe über die Sufu nichts gefunden und will nicht alle möglichen Posts von dir durchgehen. Danke!

Mir erschließt sich nämlich immer noch nicht, wie durch Dekohärenz Wahrscheinlichkeiten zu Realitäten werden.

Gruß

#393:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 17:30
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Und für Dich nochmal extra:
Zitat:
Soziologiekongress
"Der Mensch hat keine Tötungshemmung"

Papier ist geduldig! Man kann gerade so gut die gegenteilige Behauptung geschrieben finden.


Aso? Zeig mal! Aber bitte mind. erst ab dem 20 Jhd. Lachen Vorher hat man schonmal recht idealistische Ansichten des Menschen bezüglich unbegründet dahergeschwafelt (obschon eigtl. seit Ende 18. Jhd. nicht mehr so laut)

Du hast Dir den Link gar nicht angesehen, richtig? Das ist eben nichts, was mal jemand nach gut Dünken in die Welt gesetzt hat, sondern war ein Oberthema einer der Sitzungen des Soziologie-Kongresses 2006, worunter dann aktuelle Befunde zu einem Gesamtbefund zusammengefasst wurden. Es geht dabei auch nicht um eine bestimmte Meinung, sondern um die Widerlegung einer "Tötungshemmung" aufgrund von Geschichtsforschung und der Verhaltensforschung.

Aber bitte: Kannst mir gern Gegenargumente (Belege) präsentieren.

Was ich übrigens schade finde (@ die anderen) ist, dass zwar immer ordentlich herumgekritelt wird, wenn einen eine Ansicht nicht so behagt, aber wenn man dann doch zeigen kann, dass die eigene Sichtweise objektiv stimmt, verstummen plötzlich alle Kritiker, anstatt mal zu sagen, "okay, wieder was dazu gelernt".
Also was ist jetzt, Sehwolf: Bist Du immer noch "erstaunt", mit welchem "Brustton" ich so "offensichtlichen Schwachsinn" vertrete?

#394:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 17:33
    —
Ai, ok, reden wir über den Kasseler Soziologiekongress. Da brauch ich aber ein wenig Zeit für.

#395:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 17:34
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:
Du hast weiter oben geschrieben, dass du die "Unitarität der Zeitentwicklung der Gesamtwellenfunktion" in einem deiner Posts begründet hast. Kannst du mir bitte zeigen wo, ich habe über die Sufu nichts gefunden und will nicht alle möglichen Posts von dir durchgehen. Danke!

Kommt dann. Ich habe allerdings nicht die Unitarität der Gesamtwellenfunktion begründet (die folgt z.B. aus der Schrödingergleichung), sondern ich habe mithilfe der Unitarität begründet, warum es nur "unfreien" FW geben kann.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Mir erschließt sich nämlich immer noch nicht, wie durch Dekohärenz Wahrscheinlichkeiten zu Realitäten werden.

Das geht übrigens vielen so. Dein Einwand ist sogar berechtigt, wenn man nur die Gesamtwellenfunktion des Versuchsobjekts betrachtet. Bei einer Messung nimmt dann die Observable - wie durch Zauberei - plötzlich einen Eigenwert an, und niemand weiß, wieso. Dies ist ein Grundmanko der Kopenhagener Interpretation, sie erklärt nicht, warum man das Meßobjekt quantenmechanisch, den Beobachter (bzw. die Umgebung) aber klassisch beschreibt, und woher die Zustandsreduktion eigentlich kommt. Die Dekohärenztheorie liefert zwar einen Formalismus, aber verschiebt das Problem letztlich auch nur. Erst die MWI löst es aus meiner Sicht befriedigend.

Du hast also insofern recht, daß bei einer Messung die Teilwellenfunktion des Messobjekts tatsächlich nicht mehr unitär zeitentwickelt.

Betrachtet man aber die Gesamtwellenfunktion (Messobjekt + Umgebung incl. Beobachter), so gilt die Unitarität wieder.

Da dies alles für den Zweck hier keine Rolle spielt (das Gehirn funktioniert nicht auf Basis kohärenter Zustände) und hier sowieso kaum einer was von Physik versteht, ist das mE aber sowieso eher irrelevant.

#396:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 17:46
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Du hast Dir den Link gar nicht angesehen, richtig? Das ist eben nichts, was mal jemand nach gut Dünken in die Welt gesetzt hat, sondern war ein Oberthema einer der Sitzungen des Soziologie-Kongresses 2006, worunter dann aktuelle Befunde zu einem Gesamtbefund zusammengefasst wurden. Es geht dabei auch nicht um eine bestimmte Meinung, sondern um die Widerlegung einer "Tötungshemmung" aufgrund von Geschichtsforschung und der Verhaltensforschung.


Oki, das Leitthema war "Die Natur der Gesellschaft". Alle Abstracts zu den Vorträgen finden sich hier. Hier findet man einen Auszug des Vortrags von Reemtsma. Von Reemtsma gibt es dazu noch weitere Artikel, die aber nicht online zugänglich sind.

#397:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 17:51
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Leben in "Reinheit" nicht existieren kann.

Den Spruch kannste von mir aus im Nonnenkloster aufhängen.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass unser Denken in unserem Körper, höchstwahrscheinlich in unserem Hirn stattfindet.

Gut zusammengefaßt!

Agnost hat folgendes geschrieben:
Für die strengen Deterministen ist die Zukunft nur offen, weil wir nicht in der Lage sind, die Wellenformel ... richtig zu erkennen.

Aus demselben Grund ist übrigens auch die Vergangenheit "offen". Schon mal drüber nachgedacht?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Für den Kompatibilisten ist die Zukunft offen so lange sie den tatsächlich abgelaufenen Geschehnissen in der Vergangenheit nicht widersprechen.

Das gilt aber auch für den Deterministen. Du solltest auf exaktere Formulierung achten, das schärft auch das, was "höchstwahrscheinlich in Deinem Hirn stattfindet".

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wie brachtest du die Energie auf Physiker zu werden, warum hast du dich so angestrengt und hast dich nicht zurückgelehnt und bist Buchhalter geworden.

Offensichtlich hat mich irgedwas getrieben.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Denn was hat die Wellenfunktion ... davon, dass wir Menschen sie entdecken?

So ein Unsinn. Du bist teleologisch fixiert. Ich frage Dich doch auch nicht, was die WF davon hat, von Dir nicht erkannt zu werden.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Steht in der Wellenfunktion drin, dass es irgendwann in ihrer Entfaltung auf der Erde sich Zellklumpen so clustern, dass diese Zellcluster fähig werden die Wellenfunktion immer besser zu verstehen. Steht in dieser Wellenformel auch drin, dass wir Menschen im Moment erst über sie spekulieren können?

Ja, sozusagen.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Warum erlaubt uns die Wellenfunktion darüber zu spekulieren ob es sie gibt oder nicht gibt, oder ob sie noch einige Kollegen und Kolleginnen hat?

"Warum", "erlaubt" usw. sind in diesem Kontext Kategorienfehler. Sie erinnern mich an kindlichen Animismus.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Und dann noch ne ganz naive Buchhalter-Frage: Ist nicht auch das Licht sowahl als Welle und als Quanten denkbar?

Denkbar ist vieles. Noch genauer als Wellen- und Teilchenbild trifft es die entsprechende Formel, da erstere nur Analogien aus dem Alltag sind.

#398:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 18:55
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:


In einer determinierten Welt würdest du Heiner. nicht kalkulieren, du wärst kalkuliert.


Du kannst auch Schriftgröße 20 nehmen, schocken tust du mich damit dennoch nicht. Cool
Weißt du, ich bin schon dadurch "kalkuliert", dass mich meine Mutter geboren hat und nicht Frau Meier von nebenan - konnte ich mir ja auch nicht aussuchen, oder? Überrascht

Zitat:


Und in der realen Welt passiert es tatsächlich, dass jemand einfach mal so "Zigaretten kaufen geht".

Da ist dann noch nicht mal ein Abschiedsbrief drin.


Mit deinem schnöden Zigaretten-Holen-Beispiel beeindruckst du mich gar nicht; ich dachte, jetzt kommt was Spektakuläreres... z.B. wenn ein braver Bürger spontan und ohne erkennbaren Anlass auf dem Bürotisch Charleston tanzen sollte; das sähe schon eher nach einem freien Willen aus - kommt aber offenkundig so nicht vor.
Es gibt unter dem Wiki-Link ein schönes Zitat dazu:

„Die einzige Möglichkeit, einen wirklich freien Willen zu manifestieren, wäre, etwas zu tun, wozu es keinerlei Veranlassung gibt. Und da dies selbst die Veranlassung wäre, ist dies unmöglich.“

– Torsten de Winkel: 1999 -

Cool

#399:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 20:15
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du jedenfalls ziehst zweifellos eine Deutung aus den Fakten

Welche denn?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist schlicht und einfach mein Verständnis von "Verantwortung": Verantwortung ist die Zurechenbarkeit von Handlungen, die im eigenen Einflussbereich liegen und die selbst bestimmt/gesteuert werden.

Das ist keine Begründung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und zu behaupten, Dein Standpunkt brauche nicht begründet zu werden, weil er sich automatisch aus den Fakten ergäbe, setzt dem Ganzen wirklich noch die Krone auf. Aber was soll's, das hat wohl keinen Zweck. Mir ist ja inzwischen sogar unklar, was Du eigentlich willst.

Ich nehme in dieser Diskussion ja gar keinen Standpunkt ein! Du hast behauptet, ich würde (1) Menschen als von Determinanten in ihrer Vergangenheit bestimmt bezeichnen, und (2) eine Begründung dafür gefordert, weil man Deiner Meinung nach genausogut sagen könnte, dass Menschen ihre Handlungen selber bestimmen. Die Behauptung (1) habe ich zurückgewiesen, weil ich weder die eine noch die andere Sichtweise einnehmen muss. (Wenn ich die eine oder andere Sichtweise einnehmen sollte, dann nur fallweise und zweckgebunden. Ich kann für konkrete Fälle jeweils konkrete Zwecke benennen.) Damit habe ich Deinen Versuch (2), mir eine generelle Begründungslast zuzuschieben, abgewehrt. Du bleibst in der Begründungspflicht, weil Du die Entscheidung als fundamental hinstellen willst.

#400:  Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 21:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
.............Erst die MWI löst es aus meiner Sicht befriedigend.


Genau, und so "springen" wir fröhlich mit jeder bewussten Entscheidung, mit jedem Willensakt, zwischen den Wahrscheinlichkeiten hin und her. Für deinesgleichen (Physiker) sieht es dann natürlich immer so aus, als wäre alles eindeutig determiniert. Wie schon gesagt: "Ob es regnet, obwohl es determiniert nicht regnen dürfte........!"

Gruß

#401:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 21:38
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:
Genau, und so "springen" wir fröhlich mit jeder bewussten Entscheidung, mit jedem Willensakt, zwischen den Wahrscheinlichkeiten hin und her.

Nein, eben nicht. Wenn eine Neuronenverband feuert, ist das - physikalisch gesehen - eine relativ klassische Angelegenheit, also immer quasi 100%. Wäreeine Entscheidung ein quantenmechanischer Meßprozeß, dann könnten wir uns auf unser Gehirn nicht verlassen und wären längst ausgestorben.

#402:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 23:23
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Die zugrundeliegenden Fakten sind die Basis, die zwischen uns unstrittig ist: Entscheidungen entstehen komplett physikalisch und damit probabilistisch-deterministisch in Gehirnen

kolja hat folgendes geschrieben:
Dein Streit geht nur noch darum, wie man das ganz nun nennen sollte und wie nicht.

Diesen Eindruck habe ich auch in zunehmendem Maße, wenn ich gelegentlich mal wieder in eine der FW-Diskussionen mit den üblichen Verdächtigen reinlese. Es ist in erster Linie ein Streit darum, ob man die in Zitat 1 beschreibenen Vorgänge irgendwie mit Begriffen wie "Freiheit" in Einklang bringen kann. Wenn man es als "Freiheit" bezeichnet, Überlegungen anzustellen, bewusste Motive und Gründe zu haben usw. (so in etwa verstehe ich APs Argumentation), dann sind Personen natürlich frei. Wenn man dagegen den physikalischen Blickwinkel einnimmt, sind sie es nicht. Es sind einfach zwei unterschiedliche Verwendungen des Begriffes und zwei unterschiedliche Perspektiven auf den gleichen Sachverhalt. Und dadurch, dass in zwei verschiedenen Kategorien diskutiert wird, redet man leicht aneinander vorbei. Das ist zumindest mein Eindruck.

Obwohl ich persönlich kein Verfechter von Konzepten wie "freiem Willen" usw. bin, kann ich AP doch zumindest in der Hinsicht nachvollziehen, dass er darauf pocht, dass sein Blickwinkel, für den die physikalische Perspektive mehr oder weniger unerheblich zu sein scheint, ebenfalls diskussionwürdig ist. Um mal ein Beispiel aus einer dritten Kategorie zu wählen, in dem der Begriff "Freiheit" ebenfalls eine Rolle spielt: Ich hätte nicht das geringste Problem, von "Freiheit" in einem gesellschaftlichen oder politischen Sinn zu sprechen, selbst wenn - mal angenommen - alle Vorgänge auf dieser Welt komplett physikalisch determiniert wären. Der Tatbestand der (physikalischen) Determination wäre für die Ebene, die ich im Kopf habe, wenn ich über gesellschaftliche oder politische Freiheit nachdenke, einfach irrelevant. Das bedeutet nicht, dass ich ihn nicht zur Kenntnis nehmen würde, aber aus ihm würden für den Begriff "Freiheit" in einem gesellschaftlichen oder politischen Sinn keine Konsequenzen folgen.

Kann es vielleicht sein, dass du, Step und AP ebenfalls auf solch unterschiedlichen Ebenen diskutiert und ihr deswegen trotz hunderten von Beiträgen nicht wirklich weiterkommt?

#403:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 23:33
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Kann es vielleicht sein, dass du, Step und AP ebenfalls auf solch unterschiedlichen Ebenen diskutiert und ihr deswegen trotz hunderten von Beiträgen nicht wirklich weiterkommt?

Aus meiner Sicht entsteht erst dann ein Problem, wenn auf dem Freiheitsbegriff aufbauend auf Verantwortlichkeit geschlossen werden soll. Erstens ist das kein logischer Schluss, sondern eine normative Setzung, die unabhängig vom Freiheitsbegriff begründungsbedürftig ist. Zweitens wird diese Setzung von den meisten Menschen nicht als eine solche bewusst vorgenommen, sondern irgendwie intuitiv-moralisch aus der Anwesenheit von Freiheit abgeleitet. Die Verteidigung des Freiheitsbegriffs scheint mir in weiten Teilen darauf angelegt zu sein, diese Intuition weiterhin zu ermöglichen, einer kritischen Auseinandersetzung und möglichst rationalen Begründung von Verantwortungszuweisung wird damit eher ausgewichen.

#404:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 22.04.2008, 23:40
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Du hast Dir den Link gar nicht angesehen, richtig? Das ist eben nichts, was mal jemand nach gut Dünken in die Welt gesetzt hat, sondern war ein Oberthema einer der Sitzungen des Soziologie-Kongresses 2006, worunter dann aktuelle Befunde zu einem Gesamtbefund zusammengefasst wurden. Es geht dabei auch nicht um eine bestimmte Meinung, sondern um die Widerlegung einer "Tötungshemmung" aufgrund von Geschichtsforschung und der Verhaltensforschung.


Oki, das Leitthema war "Die Natur der Gesellschaft". Alle Abstracts zu den Vorträgen finden sich hier. Hier findet man einen Auszug des Vortrags von Reemtsma. Von Reemtsma gibt es dazu noch weitere Artikel, die aber nicht online zugänglich sind.


und das sagt uns...jetzt was?

#405:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 01:20
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:


In einer determinierten Welt würdest du Heiner. nicht kalkulieren, du wärst kalkuliert.


Du kannst auch Schriftgröße 20 nehmen, schocken tust du mich damit dennoch nicht. Cool
Weißt du, ich bin schon dadurch "kalkuliert", dass mich meine Mutter geboren hat und nicht Frau Meier von nebenan - konnte ich mir ja auch nicht aussuchen, oder? Überrascht

Zitat:


Und in der realen Welt passiert es tatsächlich, dass jemand einfach mal so "Zigaretten kaufen geht".

Da ist dann noch nicht mal ein Abschiedsbrief drin.


Mit deinem schnöden Zigaretten-Holen-Beispiel beeindruckst du mich gar nicht; ich dachte, jetzt kommt was Spektakuläreres... z.B. wenn ein braver Bürger spontan und ohne erkennbaren Anlass auf dem Bürotisch Charleston tanzen sollte; das sähe schon eher nach einem freien Willen aus - kommt aber offenkundig so nicht vor.
Es gibt unter dem Wiki-Link ein schönes Zitat dazu:

„Die einzige Möglichkeit, einen wirklich freien Willen zu manifestieren, wäre, etwas zu tun, wozu es keinerlei Veranlassung gibt. Und da dies selbst die Veranlassung wäre, ist dies unmöglich.“

– Torsten de Winkel: 1999 -

Cool


Ach das ist doch Quatsch, bedingte Freiheit zeigt sich schon darin, ob ich mir nun Aretha Franklin oder Esther Phillips auflegen kann und ich die Möglichkeit habe zwischen beiden auszuwählen.

Und diese Möglichkeit habe ich ganz real.
Das steuert auch kein Kleinhirn nicht alleine und auch das Stammhirn nicht.

Und bitte reich sie doch endlich mal rüber die alles determinierende Wellenfunktion.

Beweise mir nur mal dass der Determinator/ das Determinierende Fehlerfrei ist.
Beweise mir, dass es in der Physis des Universums, der Welt, des Menschen keine "Spatzung/Slack" gibt.

Beweise mir, dass es nur eine Wellenfunktion gab.

Ich will jetzt wenigsten den Ansatz einer falsifizierbaren Theorie.

Wenn sie nicht Axiomfrei geht, na denn halt, wäre zwar besser, aber auch Kleinvieh macht Mist.

Agnost

#406:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 02:16
    —
freakteach

Aus die Restel von die Knackwürscht, machens den Leberkaas, und aus den Resteln vom Leberkaas macht ma die Knackwürscht.
Und so geht des immer um und um.


nerv @Wellendingens...
Die Kopenhagener Interpretation selbst erklärt die Kollapsverursachung und Demarkationsfragen nicht weiter: Eine Messung wird schlicht beschrieben als Interaktion eines Quantensystems mit einem Messgerät, das als klassisches physikalisches System aufgefasst wird.

In der Quantenmechanik ist dies anders: Selbst bei vollständiger Kenntnis des aktuellen Zustands eines quantenmechanischen Systems ist es im Allgemeinen nicht möglich, das Ergebnis einer Messung eindeutig vorherzusagen. Es lassen sich für die möglichen Meßergebnisse nur Wahrscheinlichkeiten angeben. Damit stellt sich die Frage: Ist dieser Wahrscheinlichkeitscharakter fundamental, oder ist er ein Hinweis darauf, dass die quantenmechanische Beschreibung unvollständig ist und durch zusätzliche, prinzipiell unbeobachtbare Parameter, so genannte verborgene Variablen, ergänzt werden muss?

Das ursprüngliche Argument von EPR für die Unvollständigkeit der Quantenmechanik
* In einer vollständigen Theorie muss jedes Element der physikalischen Realität eine Entsprechung haben.
* Eine physikalische Größe, deren Wert mit Sicherheit vorhersagbar ist, ohne das System, an dem sie gemessen wird, zu stören, ist ein Element der physikalischen Realität.


Konsequenzen aus der Verletzung der bellschen Ungleichung
Allerdings kann man auch die Einsteinschen Postulate, insbesondere die Vorstellung verborgener Variablen, aufgeben und argumentieren, dass die Wellenfunktion keine Informationen über die Werte von Messungen von a-priori-Zuständen („Realität“) enthält. (...)
Anders formuliert: Die Kopenhagener Interpretation steht im Widerspruch zu Einsteins Aussagen. Er hat zwar als erster erkannt, dass die Quantenmechanik nicht als klassische Theorie interpretiert werden kann, und zwar sowohl im Hinblick auf die Realität als auch im Hinblick auf die Lokalität, jedoch er irrte in der Annahme, sie könne durch Hinzufügen verborgener Variablen zu einer solchen gemacht werden.


Rolle des Beobachters
Anders sieht es bei realistischen Interpretationen aus: Wenn die Wellenfunktion real ist, dann muss man sich entscheiden, ob der Kollaps der Wellenfunktion bei Beobachtung ebenfalls real ist. Die Position des realen Kollapses wird zum Beispiel durch Wigners Bewusstseinswellen vertreten: Hier wird ein explizit dualistisches Weltbild angenommen, in dem das Bewusstsein etwas von der Materie verschiedenes ist, das die Fähigkeit hat, quantenmechanische Wellenfunktionen zum Kollabieren zu bringen.


hülft evtl etwas auf dem schlüpfrigen Terrain...

witzig finde ich besonders das hier:
und dass Alice und Bob ihre Entscheidungen so schnell trafen
wie entscheiden die sich den determiniert Komplett von der Rolle

#407:  Autor: hainer BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 02:33
    —
Jo forscher Forscher hin und her bin mal so ganz sponatan bei Regen und Kälte mit dem Rad zum einkaufen gefahren oblgeich das auto betriebsbereit daneben stand. hat wohl was mit dem Hirn zu tun und der Ressourcenschonung. ist wohl ein fall von selbstbestimmung unter ethischer begutachtung der randbedingungen.

#408:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 10:53
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Die zugrundeliegenden Fakten sind die Basis, die zwischen uns unstrittig ist: Entscheidungen entstehen komplett physikalisch und damit probabilistisch-deterministisch in Gehirnen

kolja hat folgendes geschrieben:
Dein Streit geht nur noch darum, wie man das ganz nun nennen sollte und wie nicht.

Diesen Eindruck habe ich auch in zunehmendem Maße, wenn ich gelegentlich mal wieder in eine der FW-Diskussionen mit den üblichen Verdächtigen reinlese. Es ist in erster Linie ein Streit darum, ob man die in Zitat 1 beschreibenen Vorgänge irgendwie mit Begriffen wie "Freiheit" in Einklang bringen kann. Wenn man es als "Freiheit" bezeichnet, Überlegungen anzustellen, bewusste Motive und Gründe zu haben usw. (so in etwa verstehe ich APs Argumentation), dann sind Personen natürlich frei. Wenn man dagegen den physikalischen Blickwinkel einnimmt, sind sie es nicht. Es sind einfach zwei unterschiedliche Verwendungen des Begriffes und zwei unterschiedliche Perspektiven auf den gleichen Sachverhalt. Und dadurch, dass in zwei verschiedenen Kategorien diskutiert wird, redet man leicht aneinander vorbei. Das ist zumindest mein Eindruck.

Ja, so ist es.

Tapuak hat folgendes geschrieben:
Obwohl ich persönlich kein Verfechter von Konzepten wie "freiem Willen" usw. bin, kann ich AP doch zumindest in der Hinsicht nachvollziehen, dass er darauf pocht, dass sein Blickwinkel, für den die physikalische Perspektive mehr oder weniger unerheblich zu sein scheint, ebenfalls diskussionwürdig ist. Um mal ein Beispiel aus einer dritten Kategorie zu wählen, in dem der Begriff "Freiheit" ebenfalls eine Rolle spielt: Ich hätte nicht das geringste Problem, von "Freiheit" in einem gesellschaftlichen oder politischen Sinn zu sprechen, selbst wenn - mal angenommen - alle Vorgänge auf dieser Welt komplett physikalisch determiniert wären. Der Tatbestand der (physikalischen) Determination wäre für die Ebene, die ich im Kopf habe, wenn ich über gesellschaftliche oder politische Freiheit nachdenke, einfach irrelevant. Das bedeutet nicht, dass ich ihn nicht zur Kenntnis nehmen würde, aber aus ihm würden für den Begriff "Freiheit" in einem gesellschaftlichen oder politischen Sinn keine Konsequenzen folgen.

Exakt.

Tapuak hat folgendes geschrieben:
Kann es vielleicht sein, dass du, Step und AP ebenfalls auf solch unterschiedlichen Ebenen diskutiert und ihr deswegen trotz hunderten von Beiträgen nicht wirklich weiterkommt?

Ja.

Der Dissens besteht vielleicht in der Frage, ob man die obere Ebene restlos durch die untere ersetzen kann und damit die obere verzichtbar machen kann. Was ich schlicht nicht glaube.

#409:  Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 11:46
    —
step hat folgendes geschrieben:
Nein, eben nicht. Wenn eine Neuronenverband feuert, ist das - physikalisch gesehen - eine relativ klassische Angelegenheit, also immer quasi 100%. Wäreeine Entscheidung ein quantenmechanischer Meßprozeß, dann könnten wir uns auf unser Gehirn nicht verlassen und wären längst ausgestorben.


Auch dir dürfte nicht entgangen sein, dass das emergente Phänomen Bewusstsein mit einem feuernden Neuronenverband genausoviel zu tun hat wie bspw. der Druck in einer Flüssigkeit mit einem Molekül.
Das und die Tatsache, dass die Störung die eine Wellenfunkion kollabieren lässt beliebig klein sein kann , könnte im Rahmen der KD schon ausreichend sein freien Willen innnerhalb geltender physikalischer Freiheitsgrade zu begründen.

Sag mal ist dir eigentlich klar, dass du in jedem Fall (MWI oder KD) in deinem System zu dem Schluss gelangen musst, das alles was geschieht und geschehen ist voll und ganz determiniert ist. Ist die MWI korrekt, so hast du keinen Zugang zu den Spaltrealitäten, ist die KD richtig so wird die Trennlinie zwischen Einzel- und Gesamtwellenfunktion unscharf.

Gruß

#410:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 16:16
    —
hainer hat folgendes geschrieben:
Jo forscher Forscher hin und her bin mal so ganz sponatan bei Regen und Kälte mit dem Rad zum einkaufen gefahren oblgeich das auto betriebsbereit daneben stand. hat wohl was mit dem Hirn zu tun und der Ressourcenschonung. ist wohl ein fall von selbstbestimmung unter ethischer begutachtung der randbedingungen.


Du hättest aber das Auto nehmen können, die Auswahl war real, es gab keinen Zwang.
Das einzige was dich zum Fahrrad bewogen hat, waren wohl konkurriernde Vorgänge in deinem "Gesammthirn", die dann letzltich zu einer Entscheidung geführt haben.

In welcher Art und Weise das gegen die gegebenen Bedingungen der Phyisik (also nicht irgendwelcher Theorien über die Physik) verstossen haben soll, müsste nun doch widerspruchsfrei darlegbar sein. wenn wir "total" determiniert wären.

Ich kann zwar wollen, was ich nicht kann, aber ich kann es nicht realisieren, da sind wir uns wohl einig,
Wenn ich will, was ich kann, dann ist das unter Umständen realisierbar.
Wenn ich etwas will, was ich noch sicherer kann, wird die Realistierung noch einfacher.

Und so ist es beim Beispiel der "aufspringenden Skibindung":
Ich kann den Schwung auf einem Ski vielleicht auf einem Bein stehen,
Ich kann mich auf jedenfall von vornherein in den Schneel fallen lassen (Textilbremse),

Möglichkeit Eins ist die "heroische hedonistische" Wahl.
Möglichkeit Zwei ist die "vernünftig sichere" Wahl.

Für mich fällt die Möglichkeit Eins desto weniger in Betracht, desto weniger die "heisse" Nummer meiner Eitelkeit den nötigen Grenznutzen bringt.

Was ich aber nicht kann, auch wenn ich es noch so sehr will:

Mich für die Olympischen Spiele im Buckelpistenfahren qualifizieren.

Dafür bin ich zu alt und als Hobby-Skifahrer zu wenig trainiert.

Es ist also determiniert, das Agnost nie Olympiasieger im Buckelpisten fahren wird.

Agnost

#411:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 17:28
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn eine Neuronenverband feuert, ist das - physikalisch gesehen - eine relativ klassische Angelegenheit, also immer quasi 100%. Wäre eine Entscheidung ein quantenmechanischer Meßprozeß, dann könnten wir uns auf unser Gehirn nicht verlassen und wären längst ausgestorben.

Auch dir dürfte nicht entgangen sein, dass das emergente Phänomen Bewusstsein mit einem feuernden Neuronenverband genausoviel zu tun hat wie bspw. der Druck in einer Flüssigkeit mit einem Molekül.

Schöner Strohmann.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Das und die Tatsache, dass die Störung die eine Wellenfunkion kollabieren lässt beliebig klein sein kann , könnte im Rahmen der KD schon ausreichend sein freien Willen innnerhalb geltender physikalischer Freiheitsgrade zu begründen.

Nein, das könnte nicht sein. Bei den thermodynamischen Verhältnissen im Gehirn ist im Gegenteil die Dekohärenz ZU STARK. Mögliche Kohärenzen werden sofort zerstört.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Sag mal ist dir eigentlich klar, dass du in jedem Fall (MWI oder KD) in deinem System zu dem Schluss gelangen musst, das alles was geschieht und geschehen ist voll und ganz determiniert ist.

Ja, weil beide auf der Schrödingergleichung basieren.

#412:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 17:35
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Kann es vielleicht sein, dass du, Step und AP ebenfalls auf solch unterschiedlichen Ebenen diskutiert und ihr deswegen trotz hunderten von Beiträgen nicht wirklich weiterkommt?

Da ist was dran. Aus diesem Grunde haben wir in einem anderen thread die Frage behandelt, was sich denn für uns ändern würde, wenn es keinen FW geben würde. Kolja hat das ja schon agedeutet. Interessanterweise waren es dann gerade die Vertreter des "bedingten", also unfreien FW, ich glaube auch AP, die in diesem Fall den Zusammenbruch jeglicher moralischer Verantwortlichkeit befürchten (ich glaube sogar für sich selbst), während die Deterministen eher eine entmystifizierte Redefinition von Verantwortung anstreben.

#413:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 17:39
    —
step hat folgendes geschrieben:
Aus diesem Grunde haben wir in einem anderen thread die Frage behandelt, was sich denn für uns ändern würde, wenn es keinen FW geben würde. Kolja hat das ja schon agedeutet.

Hmm? Meinst Du "einen" oder "keinen"? Sonst macht der Rest irgendwie keinen Sinn ...

#414:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 19:58
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Aus diesem Grunde haben wir in einem anderen thread die Frage behandelt, was sich denn für uns ändern würde, wenn es keinen FW geben würde. Kolja hat das ja schon agedeutet.

Hmm? Meinst Du "einen" oder "keinen"? Sonst macht der Rest irgendwie keinen Sinn ...

Ich meine "keinen". Ich habe extra diese Formulierung gewählt, aus der Sicht des Teils der Gegenseite, der meint, es würde sich nichts ändern, und in Anlehnung an helen's Eingangsfrage in diesem thread:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=20334

#415:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 20:17
    —
Achso. Für mich würde sich aber auch nichts mehr ändern, wenn es einen "echten FW" gäbe, ich würde Verantwortung und Schuld dann immer noch für menschliche Erfindungen halten.

#416:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 21:04
    —
durial hat folgendes geschrieben:

Was ich übrigens schade finde (@ die anderen) ist, dass zwar immer ordentlich herumgekritelt wird, wenn einen eine Ansicht nicht so behagt, aber wenn man dann doch zeigen kann, dass die eigene Sichtweise objektiv stimmt, verstummen plötzlich alle Kritiker, anstatt mal zu sagen, "okay, wieder was dazu gelernt".

Diesem Einwand stimme ich unumwunden zu!

Bevor jetzt jemand meint, das sei Off Topic, es war gerade meine Freie Willensentscheidung Durial hier zuzustimmen zwinkern

#417:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 21:25
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:

Was ich übrigens schade finde (@ die anderen) ist, dass zwar immer ordentlich herumgekritelt wird, wenn einen eine Ansicht nicht so behagt, aber wenn man dann doch zeigen kann, dass die eigene Sichtweise objektiv stimmt, verstummen plötzlich alle Kritiker, anstatt mal zu sagen, "okay, wieder was dazu gelernt".

Diesem Einwand stimme ich unumwunden zu!

Bevor jetzt jemand meint, das sei Off Topic, es war gerade meine Freie Willensentscheidung Durial hier zuzustimmen zwinkern


Danke. zwinkern

#418:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 21:29
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Bevor jetzt jemand meint, das sei Off Topic, es war gerade meine Freie Willensentscheidung Durial hier zuzustimmen zwinkern

Was war daran frei?

#419:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 21:35
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Bevor jetzt jemand meint, das sei Off Topic, es war gerade meine Freie Willensentscheidung Durial hier zuzustimmen zwinkern
Was war daran frei?

Nichts. Der Freie Markt ist auch kein freier Markt, der Heilige Stuhl kein heilger Stuhl und der Liebe Gott kein lieber Gott.

#420:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 21:37
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Bevor jetzt jemand meint, das sei Off Topic, es war gerade meine Freie Willensentscheidung Durial hier zuzustimmen zwinkern

Was war daran frei?
Wer sollte mich dazu gezwungen haben?

#421:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 22:12
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Bevor jetzt jemand meint, das sei Off Topic, es war gerade meine Freie Willensentscheidung Durial hier zuzustimmen zwinkern

Was war daran frei?
Wer sollte mich dazu gezwungen haben?

Gegen deinen Willen gezwungen haben? Niemand.
Was war jetzt an deinem Willen frei?

#422:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 22:22
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Bevor jetzt jemand meint, das sei Off Topic, es war gerade meine Freie Willensentscheidung Durial hier zuzustimmen zwinkern

Was war daran frei?
Wer sollte mich dazu gezwungen haben?

Gegen deinen Willen gezwungen haben? Niemand.
Was war jetzt an deinem Willen frei?

Naaa... wer spricht von "Gegen deinen Willen" ausser Du? Es war mein Wille und ja, er war frei... Was war denn unfrei daran?

#423:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 22:25
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Naaa... wer spricht von "Gegen deinen Willen" ausser Du? Es war mein Wille und ja, er war frei... Was war denn unfrei daran?

Ich würde nicht unbedingt unfrei sagen, nur ergibt frei für mich keinen Sinn, da ich keinen Freiheitsgrad sehe.
Du konntest nicht wollen, was du willst.
Die Entscheidung war determiniert oder aber echt zufällig ohne deinen Einfluss.

#424:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 22:40
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Naaa... wer spricht von "Gegen deinen Willen" ausser Du? Es war mein Wille und ja, er war frei... Was war denn unfrei daran?

Ich würde nicht unbedingt unfrei sagen, nur ergibt frei für mich keinen Sinn, da ich keinen Freiheitsgrad sehe.
Du konntest nicht wollen, was du willst.
Die Entscheidung war determiniert oder aber echt zufällig ohne deinen Einfluss.
Dein Problem mit dem Freiheitsgrad ist nicht meines, ansonsten konnte ich, was ich wollte.

#425:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 22:42
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Dein Problem mit dem Freiheitsgrad ist nicht meines, ansonsten konnte ich, was ich wollte.

Du nennst den Willen frei, also ist es an dir zu zeigen, welche Freiheitsgrade du darin siehst.

#426:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 22:49
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Dein Problem mit dem Freiheitsgrad ist nicht meines, ansonsten konnte ich, was ich wollte.

Du nennst den Willen frei, also ist es an dir zu zeigen, welche Freiheitsgrade du darin siehst.
Weshalb bin ich in der Pflicht etwas zu zeigen, wenn ich frei bin???

#427:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 23:09
    —
mal ein ganz anderer Gedanke dazu mit einem ganz anderen Sinn von Freiheit:

(das hat jetzt freilich nahezu nichts mit der eigentlichen Thematik zu tun)

Angenommen, der Wille ist tatsächlich determiniert, wird er nicht gerade dadurch frei? Denn er erfüllt ja dann keine Funktion - ist also an keinen Zweck gebunden! Und das, was ohne einen Zweck getan wird, hat sich selbst zur Ursache und zum Zweck, weswegen es unbedingt ist. Smilie

Wobei: der Wille selbst ist dann gar nicht frei (er wird ja festgelegt), sondern er stellt vielmehr einen Akt der Freiheit dar, nämlich die Freiheit, die sich das Bewusstsein heraus nimmt - die Freiheit, mitzureden. Smilie

Somit könnte man sagen: der Wille ist ein Akt der Freiheit - bzw. er ist Freiheit.

Das fasziniert mich, denn das führt direkt wieder zu der Ansicht Schillers: dass der Mensch nur da ganz Mensch sei, wo er spielt (und der Wille wäre demnach eine Art Spiel, weil: um seiner selbst Willen).

#428:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 23:13
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Dein Problem mit dem Freiheitsgrad ist nicht meines, ansonsten konnte ich, was ich wollte.

Du nennst den Willen frei, also ist es an dir zu zeigen, welche Freiheitsgrade du darin siehst.
Weshalb bin ich in der Pflicht etwas zu zeigen, wenn ich frei bin???
Nur wenn du den Anspruch auf eine Diskussion hast.
Ob du die Pflicht erfüllst oder nicht, ist wieder eine andere Sache.

#429:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 23:23
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Dein Problem mit dem Freiheitsgrad ist nicht meines, ansonsten konnte ich, was ich wollte.

Du nennst den Willen frei, also ist es an dir zu zeigen, welche Freiheitsgrade du darin siehst.
Weshalb bin ich in der Pflicht etwas zu zeigen, wenn ich frei bin???
Nur wenn du den Anspruch auf eine Diskussion hast.
Ob du die Pflicht erfüllst oder nicht, ist wieder eine andere Sache.
Nur??? in dem Threadzusammenhang...? Die '"andere Sache" ist nunja sekundär?

#430:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 23:25
    —
[quote="step" postid=986509]

Zitat repariert
-Sehwolf
PS: Bitte etwas achtsamer mit der Zitatfunktion umgehen


Kritik ist angekommen.

Agnost

Mist, was ist heute mit mir los.

Ich wollte zitieren und habe Editiert.

Heute bin ich wohl i-wie ziemlich schlecht determiniert.

Agnost


Zuletzt bearbeitet von Agnost am 24.04.2008, 05:19, insgesamt 2-mal bearbeitet

#431:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 23.04.2008, 23:38
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Es ist ein bisschen komisch anderen Metaphysik vorzuwerfen, wenn man selber bis Oberkannte Unterlippe drin steckt.

Ohne Argumente zustimmend..., hehe

#432:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 24.04.2008, 00:21
    —
und aus Drecks freien Stücken sage ich es drecks frei!!!

Ich bin völlig frei in meinem Posting... Dieses Posting erfolgt nur beeinflusst von diesem hasenhirnartigen Thread... hehe....
q.e.d. lol...

#433: Re: äquivalente Wege und Beliebigkeitsfaktor Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 24.04.2008, 20:09
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:
... wollte ich aufzeigen, dass im Zweifel, ähnlich wie beim Solipsismus, der determinierende Faktor gedanklich immer wieder auf die nächst höhere Ebene abstrahiert werden kann. Determinismus als Vorstellung birgt eine Art Unendlichkeitsmoment. Deswegen ist der Determinismus in letzter Konsequenz nicht wiederlegbar und scheidet somit als Theorie im wissenschaftlichen Sinne aus.

Hmmm ... sowas mag ja für eine Letztbehauptung des universellen Determinismus gelten, aber hier geht es ja um bestimmte, empirisch wohlzugängliche Teilsysteme. Wenn also unsere Physik einen deterministischen Mesokosmos modelliert, und dieses Modell wäre wesentlich falsch, so würden wir das im Experiment sehen, beispielsweise durch unvorhersagbares Verhalten auf physikalischer Ebene, oder durch neue merkwürdige Wechselwirkungen.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Des Weiteren ändert es für mich als erlebendes Wesen nichts, ob meine Existenz vollständig determiniert ist oder nicht. Mit der Illusion der Willensfreiheit ist auch eine determinierte Zukunft unglaublich aufregend.

Sogar ohne Illusion der WF kann eine naturgesetzlich bestimte Zukunft aufregend sein, denn wir kennen sie ja oft nicht.

#434:  Autor: LingLing BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 01:02
    —
Passend zum Thema:

Interview mit Wolf Singer
Das komplette Interview mit Wolf Singer zum Thema "Wer ist Ich - Entsteht ein neues Menschenbild?"
http://www.3sat.de/mediathek/mediathek.php?obj=8032

Ab so ca. der 10. Minute geht es um den FW.

#435:  Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 11:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn eine Neuronenverband feuert, ist das - physikalisch gesehen - eine relativ klassische Angelegenheit, also immer quasi 100%. Wäre eine Entscheidung ein quantenmechanischer Meßprozeß, dann könnten wir uns auf unser Gehirn nicht verlassen und wären längst ausgestorben.

Auch dir dürfte nicht entgangen sein, dass das emergente Phänomen Bewusstsein mit einem feuernden Neuronenverband genausoviel zu tun hat wie bspw. der Druck in einer Flüssigkeit mit einem Molekül.

Schöner Strohmann.


Nein, das ist kein Strohmann, aber mir ist natürlich unmittelbar einsichtig warum du es (das Argument) als solchen bezeichnest. Lachen Lenk nur von deinem Unvermögen ab, die vorgefundene Realität hinreichend erklären zu können. Aufgrund dieses Unvermögens teilst du die Welt in zwei Bereiche, den Makro- und den Mikrokosmos. Du (als Physiker) bist nicht in der Lage beide Bereiche und ihre Gesetzmässigkeiten zufriedenstellend miteinander zu verbinden. Des Weiteren, und da kannst du dich noch so sehr winden, hast weder du noch irgendjemand anders auf diesem Planeten eine Ahnung wie durch das Zusammenspiel einzelner Neuronen Bewusstsein entsteht. Wäre das anders würde ich mich jetzt mit meinem Rechner eine gepflegte Unterhaltung führen. Alles was sich sagen lässt ist, dass auf Makroskopischer Ebene, im Bereich organischer Materie, offensichtlich ein Zusammenhang zwischen Bewusstsein und komplexen neuronalen Strukturen besteht. Das ist alles was wir mit sicherheit wissen und das ist doch ein bischen dürftig um endgültige Aussagen zu treffen in Bezug auf das was möglich ist und was nicht.

step hat folgendes geschrieben:

Greasel hat folgendes geschrieben:
Das und die Tatsache, dass die Störung die eine Wellenfunkion kollabieren lässt beliebig klein sein kann , könnte im Rahmen der KD schon ausreichend sein freien Willen innnerhalb geltender physikalischer Freiheitsgrade zu begründen.

Nein, das könnte nicht sein. Bei den thermodynamischen Verhältnissen im Gehirn ist im Gegenteil die Dekohärenz ZU STARK. Mögliche Kohärenzen werden sofort zerstört.


Du bist so gefangen in deiner eigenen Vorstellungswelt, dass du gar nicht erkannt hast, dass ich in meinem Argument die Ursache für die Beeinflussung der WF gar nicht im materiellen Gehirn sehe - Stichwort: Emergenz. Ich weiss, sowas magst du gar nicht.

step hat folgendes geschrieben:

Greasel hat folgendes geschrieben:
Sag mal ist dir eigentlich klar, dass du in jedem Fall (MWI oder KD) in deinem System zu dem Schluss gelangen musst, das alles was geschieht und geschehen ist voll und ganz determiniert ist.

Ja, weil beide auf der Schrödingergleichung basieren.


Und warum diskutierst du dann so leidenschaftlich über den freien Willen und Determinismus? Du wirst nie herausfinden, ob die Welt letztlich determiniert ist oder nicht. Und ist dein Wille auch noch so frei, du misst immer ein dekohärentes Ergebnis, befindest dich immer in einer dekohärenten Welt.

Nichts für ungut! zwinkern

#436:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 16:03
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn eine Neuronenverband feuert, ist das - physikalisch gesehen - eine relativ klassische Angelegenheit, also immer quasi 100%. Wäre eine Entscheidung ein quantenmechanischer Meßprozeß, dann könnten wir uns auf unser Gehirn nicht verlassen und wären längst ausgestorben.

Auch dir dürfte nicht entgangen sein, dass das emergente Phänomen Bewusstsein mit einem feuernden Neuronenverband genausoviel zu tun hat wie bspw. der Druck in einer Flüssigkeit mit einem Molekül.

Schöner Strohmann.

Nein, das ist kein Strohmann, aber mir ist natürlich unmittelbar einsichtig warum du es (das Argument) als solchen bezeichnest. ... Lenk nur von deinem Unvermögen ab, die vorgefundene Realität hinreichend erklären zu können.

Schon wieder ein Strohmann! Es ging doch um Deine Behauptung, daß "mit jedem Willensakt, zwischen den Wahrscheinlichkeiten hin und her" gesprungen werde. Das kann ich wie oben widerlegen,
- ohne daß ich das Phänomen Bewußtsein erklären können muß
- ohne daß das Phänomen Bewußtsein einer Flüssigkeit unter Druck ähneln müßte.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Aufgrund dieses Unvermögens teilst du die Welt in zwei Bereiche, den Makro- und den Mikrokosmos.

Und noch einer! Weder aufgrund eines Unvermögens, noch überhaupt, teile ich dei Welt wesentlich in solche Bereiche, sondern bin im Gegenteil eher der Meinung, daß auch im Mesokosmos nur die mikroskopischen Gesetze wirken. Natürlich zeigen einige mesokosmische Effekte statistische Mittelungen über mikroskopische Vorgänge.

Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
Das und die Tatsache, dass die Störung die eine Wellenfunkion kollabieren lässt beliebig klein sein kann , könnte im Rahmen der KD schon ausreichend sein freien Willen innnerhalb geltender physikalischer Freiheitsgrade zu begründen.

Nein, das könnte nicht sein. Bei den thermodynamischen Verhältnissen im Gehirn ist im Gegenteil die Dekohärenz ZU STARK. Mögliche Kohärenzen werden sofort zerstört.

Du bist so gefangen in deiner eigenen Vorstellungswelt, dass du gar nicht erkannt hast, dass ich in meinem Argument die Ursache für die Beeinflussung der WF gar nicht im materiellen Gehirn sehe - Stichwort: Emergenz.

Emergenz alleine reicht Dir nicht. Du brauchst immaterielle Wesenheiten, aka Geister und Gespenster.

Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
Sag mal ist dir eigentlich klar, dass du in jedem Fall (MWI oder KD) in deinem System zu dem Schluss gelangen musst, das alles was geschieht und geschehen ist voll und ganz determiniert ist.

Ja, weil beide auf der Schrödingergleichung basieren.

Und warum diskutierst du dann so leidenschaftlich über den freien Willen und Determinismus?

Weil man den FW schon jetzt ausschließen kann, auch wenn man das Bewußtsein noch nicht entschlüsselt hat.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Du wirst nie herausfinden, ob die Welt letztlich determiniert ist oder nicht.

Das ist richtig.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Und ist dein Wille auch noch so frei, du misst immer ein dekohärentes Ergebnis, befindest dich immer in einer dekohärenten Welt.

Wäre jedoch das Gehirn ein Quantencomputer, würde ich das im Vergleich bemerken.

#437:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 18:53
    —
LingLing hat folgendes geschrieben:
Passend zum Thema:

Interview mit Wolf Singer
Das komplette Interview mit Wolf Singer zum Thema "Wer ist Ich - Entsteht ein neues Menschenbild?"
http://www.3sat.de/mediathek/mediathek.php?obj=8032

Ab so ca. der 10. Minute geht es um den FW.


Danke für den Link!

Über eines bin ich direkt gestolpert, was wir hier auch schon ein wenig diskutierten:
Singer sagt, dass sich das Bewusstsein aufgrund der Variablen, die ihm gerade ("zufällig" bzw. "motivationsbedingt") zur Verfügung stehen, entscheidet und das könne im Widerspruch zu dem stehen, was unbewusst entscheiden wurde. Das wäre dann so, wenn wir z.B. sagen, "ich habe mich jetzt so und so entschieden, aber ich fühle mich ganz schlecht dabei", oder umgekkehrt, "ich fühle mich gut bei der Entscheidung, aber ich weiß, dass das eigtl. total blödsinnig ist".
Wie kann das denn sein??? Wenn das Bewusstsein bzw. der Wille durch unbewusste Prozesse determiniert wird, wie kann dann dieser Wille im Widerspruch zum Unbewussten stehen???

Das ist eigtl. genau das, was ich mit dem Zweifel (auch) meinte: Es gibt hierbei doch ganz offensichtlich eine parallele und offenbar unabhängige Verarbeitung.

Was ich Euch bisher vorenthalten habe (weil ich da erst noch Quellen bzw. den genauen Ablauf raus suchen wollte, aber bisher noch keinen Bock hatte darauf^^): Es gibt in der Wahrnehmungspsychologie das Phänomen der "direkten Parameterspezifikation (was Brauchbares habe ich dazu im Netz noch nicht entdeckt, obschon es etliche Treffer gibt)".


Dabei geht es um folgendes:
Dem Probanden werden objektiv zwei Reize gezeigt, wobei subjektiv (also bewusst) für den Probanden nur einer zu sehen ist. Man zeigt den unbewussten links, den bewussten rechts.

Die Probanden haben nun eine Doppel-Aufgabe: So schnell wie möglich auf die Position des Punktes zeigen + sagen, wo er sich befindet (es gibt also eine motorische und eine verbale Aufgabe).

Zitat aus "Thomas Städtler, Lexikon der Psychologie, Krönerverlag":
Zitat:
In diesem Zusammenhang ergeben sich demgemäß Dissoziationseffekte, bei denen bestimmte Reaktionen, meist verbale Berichte, z.B. über die Position eines Reizes, mit anderen Reaktionen auf diesen Reiz, z.B. dem Zeigen auf diesen, system. auseinandergehen - die Vp meint also, den Reiz woanders zu sehen, als wohin sie zeigt; dies tritt z.B. bei induzierter Bewegung auf.
Solche Effekte lassen sich in mindestens drei Dimensionen regelmäßig beobachten: Sprache vs.Motorik, motor. Reaktion A vs. motor. Reaktion B, Entdeckung vs. Lokalisation.


Das ganze Zeug stammt aus den Anfang der 90er und hat eindrücklich gezeigt: Es gibt parallele, voneinander unabhängige Verarbeitung insbesondere von Motorik und Bewusstsein.

Und offenbar zeigt sich ein identisches Muster auch bei Entscheidungen.

#438:  Autor: Greasel BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 19:51
    —
step hat folgendes geschrieben:

Schon wieder ein Strohmann! Es ging doch um Deine Behauptung, daß "mit jedem Willensakt, zwischen den Wahrscheinlichkeiten hin und her" gesprungen werde. Das kann ich wie oben widerlegen,
- ohne daß ich das Phänomen Bewußtsein erklären können muß


Geschockt Du machst also eine Aussage über ein System, welches du nicht erklären kannst? ....mutig!

step hat folgendes geschrieben:

- ohne daß das Phänomen Bewußtsein einer Flüssigkeit unter Druck ähneln müßte.


Aber immerhin kann das emergente Phänomen Druck bei bspw. einem Gas zu einem Aggregatszustandswechsel führen. Die einzelnen Atome oder Moleküle wären dazu nicht in der Lage - logischerweise.


step hat folgendes geschrieben:

Und noch einer! Weder aufgrund eines Unvermögens, noch überhaupt, teile ich dei Welt wesentlich in solche Bereiche, sondern bin im Gegenteil eher der Meinung, daß auch im Mesokosmos nur die mikroskopischen Gesetze wirken. Natürlich zeigen einige mesokosmische Effekte statistische Mittelungen über mikroskopische Vorgänge.


Ja, so kann man es sehen! Das statistische Mittel ist zwar in vielen Bereichen ne feine Sache, ist aber auch mit Vorsicht zu geniessen, jedenfalls solange bis du genau weisst aufgrund welcher Vorgänge ein solches statistisches Mittel zustande kommt. Stichwort Dekohärenz/Wahrscheinlichkeiten/Realitäten.


step hat folgendes geschrieben:

Emergenz alleine reicht Dir nicht. Du brauchst immaterielle Wesenheiten, aka Geister und Gespenster.


Ich weiss nicht, was du dir unter Geistern und Gespenstern vorstellst, aber sollte es sie geben, dann sind sie ganz gewiss nicht immateriell. Deine Aussage zeigt aber auch, dass du Angst davor hast, die Welt könnte maßgeblich durch Mechanismen gestaltet werden die sich der wissenschaftlichen Methodik entziehen - vielleicht nicht unbeding prinzipiell aber doch wenigstens temporär.

step hat folgendes geschrieben:

Weil man den FW schon jetzt ausschließen kann, auch wenn man das Bewußtsein noch nicht entschlüsselt hat.


Hrmpf, ja sicher. Ein freier Wille in beispielsweise einem völlig strukturlosen (supersymmetrischen)
Universum macht natürlich keinen Sinn. Um überhaupt eine erfahrbare Umwelt zu ermöglichen muss die Symmetrie gebrochen, Freiheitsgrade eingeschränkt werden. Dem "frei" in freier Wille eine unendliche Reichweite zu geben ist schlicht Unsinnig.

step hat folgendes geschrieben:

Wäre jedoch das Gehirn ein Quantencomputer, würde ich das im Vergleich bemerken.


Woran?

Gruß

#439:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 20:29
    —
Greasel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es ging doch um Deine Behauptung, daß "mit jedem Willensakt, zwischen den Wahrscheinlichkeiten hin und her" gesprungen werde. Das kann ich wie oben widerlegen, - ohne daß ich das Phänomen Bewußtsein erklären können muß
Geschockt Du machst also eine Aussage über ein System, welches du nicht erklären kannst? ....mutig!

Das ist wissenschaftlicher Alltag. Îch kann zwar Bewußtsein noch nicht erklären, weiß aber,

- daß Bewußtsein auf neuronalen Mechanismen basiert
- daß Neuronen im wesentlichen dekohärent arbeiten

Aus diesen beiden Tatsachen kann ich bereits schließen, daß Bewußtsein, wie immer es funktioniert, jedenfalls nicht wesentlich auf quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten basiert.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Aber immerhin kann das emergente Phänomen Druck bei bspw. einem Gas zu einem Aggregatszustandswechsel führen. Die einzelnen Atome oder Moleküle wären dazu nicht in der Lage - logischerweise.

Richtig. Und doch lassen sich Druck und Aggregatzustand auf die mikroskopischen Eigenschaften zurückführen.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Das statistische Mittel ist zwar in vielen Bereichen ne feine Sache, ist aber auch mit Vorsicht zu geniessen, jedenfalls solange bis du genau weisst aufgrund welcher Vorgänge ein solches statistisches Mittel zustande kommt. Stichwort Dekohärenz/Wahrscheinlichkeiten/Realitäten.

Ja, aber gerade in diesem Fall weiß ich es ja. An einem Neuronenverband habe ich eben nur so kurze Kohärenzzeiten und -längen, daß die Mittelung bereits über die Ionen in der Nähe des neuronalen Reizes extrem gut ist. Und zwar egal wie Bewußtsein letztlich funktioniert.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Deine Aussage zeigt aber auch, dass du Angst davor hast, die Welt könnte maßgeblich durch Mechanismen gestaltet werden die sich der wissenschaftlichen Methodik entziehen - vielleicht nicht unbeding prinzipiell aber doch wenigstens temporär.

Wieso sollte ich Angst davor haben? Das ist doch tatsächlich der Fall! So entzieht sich "zumindest temporär" die Erklärung für die vier Grundkräfte unserem Verständnis, ebenso wie die grundlegenden Vorgänge in der Nähe des Urknalls sowie die universale Topologie. Wenn überhaupt habe ich Angst vor einer Mystifizierung solcher Fragen, weil das oft zu Systemen führt, in denen die Rationalität nicht sehr hoch geschätzt wird.

Greasel hat folgendes geschrieben:
Wäre jedoch das Gehirn ein Quantencomputer, würde ich das im Vergleich bemerken.

Zum Beispiel an einem der folgenden Phänomene:
- neuronale Reizleitung wäre wahrscheinlichkeitsverteilt
- über die Länge eines Neurons hinweg könnte man einen kohärenten Zustand erzeugen
- das Gehirn wäre viel stärker parallelverarbeitungsfähig
- u.ä.

Und selbst ein Quantencomputer arbeitet ja in bezug auf seine Ergebnisse determiniert.

#440:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 20:57
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Es gibt parallele, voneinander unabhängige Verarbeitung insbesondere von Motorik und Bewusstsein.

Ja sicher, aber wo wurde das denn von Singer oder sonstwem bestritten? Wenn Du das für eine Widerlegung hältst, hast Du sein Modell scheinbar nicht verstanden.

#441:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 21:30
    —
Hi,

es ist unumgänglich, hier zunächst zu definieren, was unter einem freien Willen verstanden werden soll. Frei also von was? Kann der Wille frei sein, wenn er auf physikalischen Gesetzen beruht? Wird für einen freien Willen Intelligenz benötigt? Wenn der freie Wille weiters nicht kausale Eigenschaft des menschlichen Gehirns ist, ist er dann nicht fremdbestimmt und damit erst recht unfrei?

Wie auch immer: Die Vorhersage von Entscheidungen vor einer Wahl ist kein Argument für irgendetwas; sie sagt nur aus, dass eine bewusste Wahl ein Prozess ist, der Zeit benötigt. Analog dürfte es kein Problem sein, bsw. einen Prozessor entsprechend vor der eigentlichen Ausgabe auszulesen.

Wer für die Folgen seiner Handlungen verantwortlich gemacht werden soll, der muss auch in der Lage sein, die Folgen seiner Handlungen abzuschätzen. Das ist das entscheidende Moment! Die dahinter liegende Ursachen sind ohne Belang. Gibt es also in diesem Sinne wirklich Intelligenz oder Urteilsvermögen ... ? zwinkern




Cheers,

Lamarck

#442:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 21:37
    —
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt?
Oder ist das so wie mit Gott, man muss dran glauben? Cool

#443:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 21:43
    —
Hi Heiner!

Heiner hat folgendes geschrieben:
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt?
Oder ist das so wie mit Gott, man muss dran glauben? Cool


Leicht: Willst Du Schläge?




Cheers,

Lamarck

#444:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 21:45
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Heiner!

Heiner hat folgendes geschrieben:
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt?
Oder ist das so wie mit Gott, man muss dran glauben? Cool


Leicht: Willst Du Schläge?



Versteh ich nicht, wo ist der der Beweis? Ungeduldiges Händetrommeln...

#445:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 21:55
    —
Hi Heiner!

Heiner hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Heiner hat folgendes geschrieben:
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt?
Oder ist das so wie mit Gott, man muss dran glauben? Cool


Leicht: Willst Du Schläge?



Versteh ich nicht, wo ist der der Beweis? Ungeduldiges Händetrommeln...



Willst Du jetzt Schläge oder nicht? Mr. Green




Cheers,

Lamarck

#446:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 22:12
    —
step hat folgendes geschrieben:

Îch kann zwar Bewußtsein noch nicht erklären, weiß aber,

- daß Bewußtsein auf neuronalen Mechanismen basiert


Das weißt Du? Oha, da bist Du aber der einzige, der das weiß. Woher nimmst Du denn Dein Wissen?

kolja hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Es gibt parallele, voneinander unabhängige Verarbeitung insbesondere von Motorik und Bewusstsein.

Ja sicher, aber wo wurde das denn von Singer oder sonstwem bestritten? Wenn Du das für eine Widerlegung hältst, hast Du sein Modell scheinbar nicht verstanden.


Vermutlich habe ich es nicht verstanden, da ich es nicht kenne. Meine Anmerkung bezog sich lediglich auf das aus dem Interview.

Du darfst es mir aber gern erklären.

#447:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 22:19
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Vermutlich habe ich es nicht verstanden, da ich es nicht kenne. Meine Anmerkung bezog sich lediglich auf das aus dem Interview. Du darfst es mir aber gern erklären.

Nö, das ist mir dann doch zu mühselig, lies lieber ein Buch.

#448:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 22:41
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Vermutlich habe ich es nicht verstanden, da ich es nicht kenne. Meine Anmerkung bezog sich lediglich auf das aus dem Interview. Du darfst es mir aber gern erklären.

Nö, das ist mir dann doch zu mühselig, lies lieber ein Buch.


Dann tun wir einfach so, als habe ich es falsch verstanden: Was habe ich denn daran falsch verstanden? Lachen

#449:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 25.04.2008, 23:25
    —
Durial hat folgendes geschrieben:
Singer sagt, dass sich das Bewusstsein aufgrund der Variablen, die ihm gerade ("zufällig" bzw. "motivationsbedingt") zur Verfügung stehen, entscheidet und das könne im Widerspruch zu dem stehen, was unbewusst entscheiden wurde.

Wo hat er das denn behauptet?

#450:  Autor: durial BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 00:07
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Durial hat folgendes geschrieben:
Singer sagt, dass sich das Bewusstsein aufgrund der Variablen, die ihm gerade ("zufällig" bzw. "motivationsbedingt") zur Verfügung stehen, entscheidet und das könne im Widerspruch zu dem stehen, was unbewusst entscheiden wurde.

Wo hat er das denn behauptet?


Im Abschnitt Minute 13-bis max. Minute 17.

Edit:

Ich korrigiere: Ab Minute 12.30 so ca.

#451:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 03:28
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt?
Oder ist das so wie mit Gott, man muss dran glauben? Cool


Hast du schon bewiesen, dass es die "Totale Determination" gibt, oder ist das wie mit Gott, muss man daran glauben?

Agnost

#452:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 08:39
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Hast du schon bewiesen, dass es die "Totale Determination" gibt, oder ist das wie mit Gott, muss man daran glauben?

Merkst du noch etwas?

#453:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 09:49
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt?

dass ich in wertfreien, unbedeutenden Wahlsituationen (ganz unbeeinflußt von irgendwelchen Präferenzen) frei wählen kann, ist meinem Denken als eigenem Metaprozess unmittelbar erkenntlich, viel, viel unmittelbarer, als "logische" Schlüsse aus irgendwelchen Differentialgleichungen oder langatmigen Ausführungen über fMRT-Messergebnisse.

Daß das keine "völlige Freiheit" bedeutet ist auch klar, aber eben eine strukturimmanent vorhandene.

@step
Zitat:
- daß Bewußtsein auf neuronalen Mechanismen basiert

diese "schwammige" Erkenntnis greift viel zu kurz, um zu erklären, wie bewußtes Denken seinen eigenen unmittelbaren Metaprozess darstellen kann, sowie den Implikationen daraus. Aber meine sämtlichen Hinweise/Links auf Forschungen im Bereich der Systemtheorie/bio./kyb./AL/AI/Netzwerktheorie/etc. werden von dir (u.a.) beharrlich ignoriert, bzw. werden darin irgendwelche "Geister" gesehen, weil ja die "heilige Gesamtwellenfunktion" ... zwinkern

Erwin

#454:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 10:13
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:

dass ich in wertfreien, unbedeutenden Wahlsituationen (ganz unbeeinflußt von irgendwelchen Präferenzen) frei wählen kann, ist meinem Denken als eigenem Metaprozess unmittelbar erkenntlich

Wie?
Ich kann nur erkennen, dass ich mir vorstellen kann anders zu handeln.

#455:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 10:55
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
dass ich in wertfreien, unbedeutenden Wahlsituationen (ganz unbeeinflußt von irgendwelchen Präferenzen) frei wählen kann, ist meinem Denken als eigenem Metaprozess unmittelbar erkenntlich

- ich finde es irgendwie bemerkenswert, daß die eher zwecklogischen Vertreter eines FW (z.B. AP) immer genau die komplementäre Situation als Beispiel nennen, also gerade die, wo man die "Schuld" den Präferenzen zuweisen kann. Du dagegen hältst echte Freiheit offenbar für dann gegeben, wenn die Kopplung an Präferenzen möglichst gering, die Entscheidung also zufallsartig ist.

- Zudem schließe ich mich Wolfs Einwand an: Du kannst nur erkennen, daß Du andere vorgestellte Möglichketen abwägen kannst, nicht aber, daß Du anders handeln kannst. Letzteres schließt Du mglw. nur aufgrund von Unkenntnis über die genauen Parameter und aus der Beobachtung vergleichbarer Fälle.

- Und schließlich sind intuitionistische Argumente der von Dir oben verwendeten Art in der Geschichte der Wissenschaft meist wenig erfolgreich gewesen. Sie wurden schon zur trivialen Begründung von allem Möglichen verwendet: Gott, das abslout Gute, das Ziegenproblem usw.

#456:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 11:00
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt? ...

Leicht: Willst Du Schläge?

Also Lamarck, von Dir bin ich aber Besseres gewohnt ...

Um die Antwort "Nein, bitte nicht!!"*** plausibel zu machen, genügen doch Präferenzen bzw. ein Wille. Frei muß er dazu keineswegs sein.

*** oder auch "Ja, bitte!!"

#457:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 11:17
    —
step hat folgendes geschrieben:
...Du dagegen hältst echte Freiheit offenbar für dann gegeben, wenn die Kopplung an Präferenzen möglichst gering, die Entscheidung also zufallsartig ist.

...

- Und schließlich sind intuitionistische Argumente ...

Sicher ist es dann am evidentesten und wird eben durch die "künstlichen" Modelle/Simulationen gestützt, in denen ebenfalls "Zufall" (extern, also i.d. Qualität von QM-Zufall) eingespeist wird.

Und ich bin es langsam leid, darauf hinzuweisen, daß lineares Denken nichts mit Intuition (Fühlen) zu tun hat. Sämtliches Denken über Auswirkungen der Gesamtwellenfunktion oder MWI/etc. als auch der "Argumente" wieso man in dem Kugelbeispiel nicht genauso gut die andere hätte nehmen können, sind da weitaus intuitiver bzw. konstruierter bzw. genau von "Präferenzen" beeinflußt, die ich ja keinesfalls leugne, bzw. deren Effekt bzgl. des (unfreien) Wollens ich iA. durchaus als wesentlich erkenne.

Erwin

#458:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 11:22
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
es ist unumgänglich, hier zunächst zu definieren, was unter einem freien Willen verstanden werden soll. Frei also von was?

Das wurde ja schon spiralförmig eingekreist, ohne daß es eine Einigung gibt. Das liegt daran, daß nicht alle Leute daran interessiert sind, ob Wille / Handlung frei ist, sondern manche den Focus eher auf die Frage legen, wie man "Freier Wille" definieren muß, damit es ihn gibt.

Hier im Forum gibt es daher aus meiner Sicht u.a. folgende Ansätze:

- Freier Wille = >1 Zukunft würden nicht der Physik widersprechen, und aus diesen wird bewußt oder unbewußt ausgewählt --> das wäre meine Definition und entspricht mE in etwa der Volksmeinung im Abendland

- Freier Wille = bewußte Auswahl aus >1 vorgestellten Möglichkeiten (die nicht unbedingt realisierbar sein müssen)

- Freier Wille = Präferenzen und generell das Bewertungssystem der Person (auch wenn es streng kausal abläuft) --> das heißt gewöhnlich "bedingter Freier Wille" und ist die Hauptrichtung kompatibilistischer FW-Vertreter

- Freier Wille = indeterministische, irgendwie emergent aus Zufall entstehende Handlungen (vertritt Er_win).

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Kann der Wille frei sein, wenn er auf physikalischen Gesetzen beruht?

Nach meiner Definition nicht, wenn es die derzeit bekanten phys. Gesetze sind und der FW im Gehirn wirkt. Die meisten "normalen" Leute teilen zwar meine Definition, würden aber "ja" antworten, da ihnen die Bedeutung der phys. Gesetze nicht klar ist und sie wirklich an mehrere echte Möglichkeiten und den autonomen Akteur im Gehirn glauben.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Wird für einen freien Willen Intelligenz benötigt?

Nach meiner Definition nicht. Die Vertreter des unfreien Freien Willens müssen sich hier zumindest die Frage stellen, wie sie die meist unbewußt wirkenden Präferenzen moralisch einordnen.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Wenn der freie Wille weiters nicht kausale Eigenschaft des menschlichen Gehirns ist, ist er dann nicht fremdbestimmt und damit erst recht unfrei?

Nicht unbedingt. Er könnte auch indeterminiert-zufällig sein. Allerdings ist das recht unwahrscheinlich, da Entscheidungen ja hinreichend verlässlich sein müssen.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Wie auch immer: Die Vorhersage von Entscheidungen vor einer Wahl ist kein Argument für irgendetwas; sie sagt nur aus, dass eine bewusste Wahl ein Prozess ist, der Zeit benötigt.

... und daß im Fall dieser Experimente trotz intuitiv anderer Einschätzung keine bewußte Wahl vorliegt!

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Wer für die Folgen seiner Handlungen verantwortlich gemacht werden soll, der muss auch in der Lage sein, die Folgen seiner Handlungen abzuschätzen. Das ist das entscheidende Moment!

Reicht das wirklich aus? Ein Süchtiger beispielsweise kann durchaus in der Lage sein, die Folgen seiner Handlungen abzuschätzen.

#459:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 12:08
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Hat eigentlich schon jemand von den FW-Vertretern einen Beweis dafür erbracht, dass es den freien Willen gibt?
Oder ist das so wie mit Gott, man muss dran glauben? Cool


Hast du schon bewiesen, dass es die "Totale Determination" gibt, oder ist das wie mit Gott, muss man daran glauben?

Agnost


Es wurde bereits verschiedentlich aufgezeigt, dass der "freie Wille" in logische Absurditäten mündet und letztlich ein undenkbarer Gedanke ist. Also handfeste Gegenargumente (übrigens ist dazu auch etwas in deinem Bieri-Text zu lesen).

Während die FW-Vertreter sich auf das Argument "Ich fühle mich frei, daher bin ich es auch" stützen.
Das reicht halt nicht.

#460:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 12:10
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Hast du schon bewiesen, dass es die "Totale Determination" gibt, oder ist das wie mit Gott, muss man daran glauben?


Die Frage ist nicht, ob es einen freien Willen oder eine totale Determination gibt, sondern ob es einen freien Willen gibt oder nicht.

#461:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 12:22
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:

dass ich in wertfreien, unbedeutenden Wahlsituationen (ganz unbeeinflußt von irgendwelchen Präferenzen) frei wählen kann, ist meinem Denken als eigenem Metaprozess unmittelbar erkenntlich, viel, viel unmittelbarer, als "logische" Schlüsse aus irgendwelchen Differentialgleichungen oder langatmigen Ausführungen über fMRT-Messergebnisse.

Daß das keine "völlige Freiheit" bedeutet ist auch klar, aber eben eine strukturimmanent vorhandene.


Eine solche Wahlsituation würde sich dadurch auszeichnen, dass die Wahl durch keinerlei Überlegungen, Vorlieben etc. bestimmt wäre. Es wäre also eine rein zufällige Entscheidung.
Man könnte bspw. dann auch jemandem die Augen verbinden, ihm ein Sahnetörtchen und ein Wurstbrot vorsetzen und ihn nun auffordern, blind sein Menu zu "wählen". Zufällig tippt der Wählende auf das Wurstbrot. Und nun sagst du, die Person habe sich frei für das Wurstbrot entschieden? Mit den Augen rollen
Im übrigen frage ich mich, wo da der Wille bleibt. Vergessen wir nicht, es geht um die Freiheit des Wollens. Die Willensfreiheit kann man in einer solchen Versuchungssituation schon deshalb nicht zeigen, da es pure Augenwischerei ist zu behaupten, die Person habe das Wurstbrot gewollt.
Das könnte sie nur, wenn sie die Entscheidung nicht blind trifft. Dann ist die Wahl aber nicht mehr frei, da hier wieder Präferenzen ins Spiel kommen. Cool

Überdies ist es sehr gewagt (und unzulässig), von einem bloßen inneren Erleben einer vermeintlichen Willensfreiheit auf deren tatsächliche Existenz zu schließen.
Bereits Schopenhauer hat gezeigt, dass es logisch nicht möglich ist, den freien Willen aus dem Selbstbewusstsein zu begründen.[/i]

#462:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 12:23
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Hast du schon bewiesen, dass es die "Totale Determination" gibt, oder ist das wie mit Gott, muss man daran glauben?


Die Frage ist nicht, ob es einen freien Willen oder eine totale Determination gibt, sondern ob es einen freien Willen gibt oder nicht.


Genau! Idee

#463:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 14:27
    —
@heiner

Zitat:
Man könnte bspw. dann auch jemandem die Augen verbinden, ihm ein Sahnetörtchen und ein Wurstbrot vorsetzen und ihn nun auffordern, blind sein Menu zu "wählen". Zufällig tippt der Wählende auf das Wurstbrot. Und nun sagst du, die Person habe sich frei für das Wurstbrot entschieden?

Nein, sage ich sicher nicht !

bei solchen "Vergleichen" hege ich leichte Zweifel an der Denkfähigkeit überhaupt zwinkern

ansonsten ...
Er_Win hat folgendes geschrieben:
bzgl. Szenario: siehe dieses Posting ...


Und Schopenhauer hat gar nix gezeigt (im Sinne von Beweis o.ä.), sondern (und da stimme ich auch mit ihm überein) etwas blumig formuliert, daß man gemeinhin wenig frei entscheidet.

Aber auch darauf, daß man (als langfristiger Prozess und unter Verwendung geeigneter Methoden) auch das Wollen kann, was man will, bin ich auch schon eingegangen ...

Erwin

#464:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 16:47
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:

bei solchen "Vergleichen" hege ich leichte Zweifel an der Denkfähigkeit überhaupt zwinkern


Auf was anderes läuft denn deine Annahme einer "Wahlsituation ohne Präferenzen" hinaus als darauf, dass dies eine blinde Wahl sein muss. Man kann ja auch mit nicht verbundenen Augen eine solche blinde Wahl treffen...

Er_Win hat folgendes geschrieben:
bzgl. Szenario: siehe dieses Posting ...

Und Schopenhauer hat gar nix gezeigt (im Sinne von Beweis o.ä.), sondern (und da stimme ich auch mit ihm überein) etwas blumig formuliert, daß man gemeinhin wenig frei entscheidet.

Aber auch darauf, daß man (als langfristiger Prozess und unter Verwendung geeigneter Methoden) auch das Wollen kann, was man will, bin ich auch schon eingegangen ...

Erwin


Doch hat er. Nun kann man die umfangreiche Argumentation nicht im Detail nachzeichnen.

Ein Punkt bspw. ist dieser: So argumentiert Schopenhauer, dass Freiheit im Allgemeinen so definiert wird - frei sein heißt "dem Willen gemäß" zu handeln. Das Problem des freien Willens führt zur Frage, ob der Wille "dem Willen gemäß" ist. Man müsste also einen übergeordneten Willen annehmen. Damit dieser wieder frei wäre, müsste er wiederum einem übergeordneten Willen gemäß sein usw., was zu einem unendlichen Regress führt.

Zentraler aber noch ist, dass Schopenhauer festhält, dass der Wille etwas ist, was der Person gegeben ist, das sie als Wesensgrund vorfindet und erfährt. Vertreter des FW machen den Fehler, so zu tun, als könnten sie einen Standpunkt außerhalb ihrer selbst einnehmen. Die Frage, ob man in einer Situation auch anders hätte wollen können, läuft auf die Frage hinaus, ob man auch eine andere Person hätte sein können.

Zitat: Dies liegt im letzten Grunde daran, dass des Menschen Wille sein eigentliches Selbst, der wahre Kern seines Wesens ist: daher macht derselbe den Grund seines Bewußtseyns aus, als ein schlechthin Gegebenes und Vorhandenes, darüber er nicht hinaus kann. Denn er selbst ist wie er will, und will wie er ist. Daher ihn fragen, ob er auch anders wollen könnte, als er will, heißt ihn fragen, ob er auch wohl ein Anderer seyn könnte, als er selbst: und das weiß er nicht

Somit wird deutlich, dass die Behauptung eines freien Willens logisch nicht widerspruchsfrei sein kann.

#465:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 18:22
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Hast du schon bewiesen, dass es die "Totale Determination" gibt, oder ist das wie mit Gott, muss man daran glauben?


Die Frage ist nicht, ob es einen freien Willen oder eine totale Determination gibt, sondern ob es einen freien Willen gibt oder nicht.


Genau! Idee


Ach ne?

Wenn es keinen Freien Willen gibt, gibt es die totale Determination und echten Zufall.

Da die strengen Deterministen nicht an den echten Zufall glauben bleibt die totale Determination.

Wer also den echten Zufall ausschliesst aber die totale Determination nicht nachweisen kann, der kann auch den "bedingt Freien Willen" nicht widerlegen.

Weiters bleibt das Problem der Erst-Determination bei den "strengen Deterministen" zu erklären, warum ihr "Glaube" so sehr nach "Intelligent Design" riecht.

Agnost

#466:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 18:33
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn es keinen Freien Willen gibt, gibt es die totale Determination und echten Zufall.

Unsinn. Umgekehrt passt es schon eher.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Da die strengen Deterministen nicht an den echten Zufall glauben bleibt die totale Determination.

Ja, für die strengen Deterministen. Deshalb heißen die ja auch so.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wer also den echten Zufall ausschliesst aber die totale Determination nicht nachweisen kann, der kann auch den "bedingt Freien Willen" nicht widerlegen.

Da der "bedingt Freie Wille" ja i.a. der unfreie Freie Wille ist, muß er nicht widerlegt werden, sondern der freie Freie Wille.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Weiters bleibt das Problem der Erst-Determination bei den "strengen Deterministen" zu erklären, warum ihr "Glaube" so sehr nach "Intelligent Design" riecht.

Das ist eher ein Problem von Dir (und vielen anderen): Die Determination wird ja nur dann zum Problem, wenn man den Bereich zeitlich geordneter Kausalität betrachtet. In exotischen physikalischen Bereichen, etwa in der Nähe des Urknalls, gilt das aber nicht mehr. Hier sind auch geschlossene Topologien usw. denkbar. Hier gibt es vermutlich kein "Davor", keine Ursachen, und daher auch nicht das Problem der Erstverursachung.

#467:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 19:44
    —
Step,

Der Urknall ist doch nur eine rückwärtsgerichtete Spekulation.
Sie scheint mathematisch zu passen.
Oder sie wird durch immer neue Konstruktion passend gemacht.

Der bedingt Freie Wille ist nur nicht der total Freie Wille.

Agnost

#468:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 20:05
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Der bedingt Freie Wille ist nur nicht der total Freie Wille.
Der bedingt freie Wille ist eine Orange?

#469:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 20:18
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Der bedingt Freie Wille ist nur nicht der total Freie Wille.
Der bedingt freie Wille ist eine Orange?


Nein er ist die Auswahl zwischen bei Rot über die Strasse gehen, wenn kein Auto weit und breit vorhanden ist, oder stehen zu bleiben.

Wahrscheinlich hast du auch schon beides gemacht. Und zwar bei vollem Bewusstsein. Und davor hin und her überlegt, was du tun willst.

Dir waren die Handlungsalternativen bewusst. kein Polizist weit und breit und trotzdem bist du mal stehen geblieben und mal rübergegangen.

Und wenn du sowas noch nicht bewusst durchexerziert haben solltest, würde es nicht viel Zeit kosten, das mal auszuprobieren.

Unbesoffen, unbekifft, unbeschwehrt.

Es gibt auf jedenfall keine bekannte physikalische Determinante, die verbietet, das eine oder das andere zu tun.

Agnost

#470:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 20:22
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Der Urknall ist doch nur eine rückwärtsgerichtete Spekulation.

So wie Deine Erinnerung an 2001?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Sie scheint mathematisch zu passen. Oder sie wird durch immer neue Konstruktion passend gemacht.

Theorien halt. Sind ja extra dafür da, die Messungen zu erklären.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Der bedingt Freie Wille ist nur nicht der total Freie Wille.

Nein.

"Die bedingte Willensfreiheit sieht den Willen als frei, wenn die Person ihren Willen nach ihren persönlichen Motiven und Neigungen gebildet hat, tun kann, was sie will (Handlungsfreiheit), und auch anders hätte handeln können, wenn sie es denn nur gewollt hätte. Welcher unserer konkurrierenden Wünsche sich als Wille herausbildet, hängt nach dieser Vorstellung von unserer Persönlichkeit und Umwelteinflüssen ab. In derselben Entscheidungssituation ist es derselben Person also nicht möglich, unterschiedliche Entscheidungen zu treffen. Anders ausgedrückt: In einer konkreten Situation gibt es für eine Person nur eine Möglichkeit, sich zu entscheiden."

http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Bedingte_Willensfreiheit

#471:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 20:24
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wahrscheinlich hast du auch schon beides gemacht. Und zwar bei vollem Bewusstsein.

Er soll schon bei vollem Bewußtsein gegenagen UND nicht gegangen sein? Geschockt

#472:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 20:35
    —
Sorry, Step

Aber Wikipedia akzeptiere ich nur als "Meinung".

Die angeführte Definition ist nur "gelehrtes Wortgeklingel".

Ich zitiere zwar auch gerne Wikipedia, da es Copyright-Frei ist, aber eine "Authorität" ist es für mich nicht.

Und wenn du Bieris Buch "Das Handwerk....) gelesen hättest, wüsstest du, dass er den bedingt freien Willen auch nicht so auffasst.

Du wirst selbst feststellen können, dass du vor der roten Ampel Handlungsalternativen hast.

Ich sass 2001 weil ich N-TV für Börsenkurse einschaltete vor dem TV als der erste Turm brannte und sah das zweite Flugzeug in den zweiten Turm krachen.

Wenn die Bilder nicht gefakt waren (waren sie wohl nicht) dann war das keine Spekulation.

Dass der Urknall aber nicht bewiesen ist, dass weisst auch du als Physiker.

Er ist nur eine relativ Plausible Spekulation, der aber wie du selber schriebst "exotische Topographien" verlangt wenn du eine Vorursache zum Urknall ausschliessen willst.

Das ein nüchterner Mensch vor der roten Ampel seine Entscheidung nicht modifizieren kann, musst du mir nun wirklich mal beweisen.

Nicht beschreiben oder bereden, beweisen.

Ich hoffe du kommst mir dann nicht wie Heiner mit den Argumenten eines "idealistischen Eurohinduisten" wie Schopenhauer,

Agnost

#473:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 21:17
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Du wirst selbst feststellen können, dass du vor der roten Ampel Handlungsalternativen hast. ... Das ein nüchterner Mensch vor der roten Ampel seine Entscheidung nicht modifizieren kann, musst du mir nun wirklich mal beweisen.

Bei einigen Menschen ändert sich vor der Ampel ihre Bewertung, und sie handeln unterschiedlich. "Bedingte Willensfreiheit" eben. Ich muß also nicht beweisen, daß die Entscheidung nicht geändert werden kann, sondern nur, daß in einer einzigen Situation nur eine Fortsetzung nicht den bekannten Naturgesetzen widerspricht. Und das habe ich bereits getan (Unitarität der Zeitentwiklung in der Schrödingergleichung).

Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich hoffe du kommst mir dann nicht wie Heiner mit den Argumenten eines "idealistischen Eurohinduisten" wie Schopenhauer

Ich "komme" nie mit Philosophen. Obwohl Schopi schon einer der Klügeren war.

#474:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 21:42
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi,

es ist unumgänglich, hier zunächst zu definieren, was unter einem freien Willen verstanden werden soll. [...]

"Definieren", sowas kann ich nicht. Anstattdessen ein Annäherungsversuch.
Wir sind dann berechtigt von der Existenz eines freien Willen zu sprechen, wenn ein System gegenüber einem anderen System autonom ist. Das System Mensch ist gegenüber anderen Systemen autonom, weil es unter den Systemen, die wir kennen, das am wenigsten spezialisierte System darstellt. Seine Existenz ist weniger als andere Systeme an bestimmte Systeme gebunden. Und voraussichtlich wird sich mit zunehmendem Wissen und zunehmender Fertigkeit seine Autonomie erhöhen.
Daher können wir sagen: Das Subsystem Mensch ist gegenüber allen anderen anderen uns bekannten Subsystemen potentiell frei. Es besitzt gegenüber jenen einen freien Willen.

Die Gegenüberstellung des Subsystems Mensch gegen ein wie auch immer gedachtes Gesamtsystem halte ich zunehmend für einen Kategorienfehler. Es ist unsinnig, ein Gesamtsystem incl grundlegender Größen wie Raum, Zeit und Kausalität zu projizieren, das sämtliche Zustände des Seins beinhaltet um anhand dieser Projektion die Determiniertheit aller Zustände des Subsystems Mensch zu beweisen.

Um sauber argumentieren zu können, müssen wir zwischen Gegenüberstellungen von Systemen gleicher und unterschiedlicher Klassen differenzieren. Im ersten Fall ist Autonomie gegeben. Der zweite Fall stellt einen Kategorienfehler dar.

#475:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 21:45
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Du wirst selbst feststellen können, dass du vor der roten Ampel Handlungsalternativen hast. ... Das ein nüchterner Mensch vor der roten Ampel seine Entscheidung nicht modifizieren kann, musst du mir nun wirklich mal beweisen.

Bei einigen Menschen ändert sich vor der Ampel ihre Bewertung, und sie handeln unterschiedlich. "Bedingte Willensfreiheit" eben. Ich muß also nicht beweisen, daß die Entscheidung nicht geändert werden kann, sondern nur, daß in einer einzigen Situation nur eine Fortsetzung nicht den bekannten Naturgesetzen widerspricht. Und das habe ich bereits getan (Unitarität der Zeitentwiklung in der Schrödingergleichung).

Agnost hat folgendes geschrieben:
Ich hoffe du kommst mir dann nicht wie Heiner mit den Argumenten eines "idealistischen Eurohinduisten" wie Schopenhauer

Ich "komme" nie mit Philosophen. Obwohl Schopi schon einer der Klügeren war.


Und welche Entscheidung widerspricht der Unitarität der Zeitentwicklung?

Stehenbleiben oder Rübergehen?

Letzlich kann mit deiner Argumentation nur "Nachbeschreibende Bilanz" gezogen werden.

Die Unitarität der Zeitentwicklung wird sicher durch keine der letztlich vorgenommenen Entscheidungen verletzt.

Schopi taugte nur als pessimistischer Einwanderheber, sein Lebenswandel zeugt aber kaum von Klugheit.

Agnost

#476:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 21:58
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Die Unitarität der Zeitentwicklung wird sicher durch keine der letztlich vorgenommenen Entscheidungen verletzt.

Richtig. Nur durch die jeweils anderen Entscheidungen. Manchmal merkt man das, nämlich wenn die Entscheidung (Präferenz) nicht realisiert wird.


Zuletzt bearbeitet von step am 26.04.2008, 22:05, insgesamt 2-mal bearbeitet

#477:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 22:02
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Und wenn du Bieris Buch "Das Handwerk....) gelesen hättest, wüsstest du, dass er den bedingt freien Willen auch nicht so auffasst.


Aus dem, was du von Bieri zitiert hast, schließe ich aber, dass sich Bieris "bedingt freier Wille" mit der WIKI-Def. deckt.
Kann es sein, dass du eher für einen "unbedingten freien Willen" (also für einen "echten" FW) plädierst?

#478:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 22:31
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Und wenn du Bieris Buch "Das Handwerk....) gelesen hättest, wüsstest du, dass er den bedingt freien Willen auch nicht so auffasst.


Aus dem, was du von Bieri zitiert hast, schließe ich aber, dass sich Bieris "bedingt freier Wille" mit der WIKI-Def. deckt.
Kann es sein, dass du eher für einen "unbedingten freien Willen" (also für einen "echten" FW) plädierst?


Quatsch.

Lies doch das Buch einfach mal, liegt auch als Paperback in jeder ordentlichen Buchhandlung auf.

Ich kann beim besten Willen nicht als Buckelpisten-Skifahrer bei der Olympiade mitmachen, dafür war ich nie gut genug, hatte ich nie genügend Möglichkeiten zum trainieren.
Ich kann eben nur im Rahmen meiner Hobby-Skifahrer Skills entscheiden, ob ich versuche den Schwung auf einem Ski fertig zu fahren, wenn die Bindung aufspringt, oder mich gleich hinlegen (Textilbremse).

Dieses Beispiel ist ein reales Beispiel, da mir solche Entscheidungen wirklich ab und zu abgenötigt wurden.
Und natürlich habe ich eine Präferenz für die heroische Lösung, aber ich weiss, dass es die vernünftige Lösung gibt und dass ich die jederzeit einleiten kann.
Meine Situation ist aber bedingt, da die Bindung aufgesprungen ist und ich mich in der Buckelpiste befinde.

Auch habe ich dieses Beispiel gewählt, weil kein Bildgebendes System jemals beweisen kann, dass mein Hirn schon 7 Sekunden vorher signalisiert, was ich machen werde, da für mein Hirn das Aufspringen der Bindung nicht vorhersehbar ist.

Beim Ampelbeispiel ist natürlich klar, dass ich den subversiven Akt bevorzuge, trotzdem ziehe ich ihn nicht immer durch.
In diesem Beispiel ist die Determiniertheit offener, denn ich könnte mich ja auch entscheiden, gar nicht über die Strasse zu gehen.

Der Punkt bei der bedingten Freiheit ist der, dass es Handlungsalternativen realiter für alle einsehbar gibt.

Auch du kannst vor der selben Ampel bei Rot stehenbleiben oder rübergehen.
Aber wie beim Skibindungsbeispiel gibt es eine vernünftigere und einfachere Möglichkeit und eine heroischere und gefährlichere Möglichkeit.
Wenn ich nicht besoffen bin (Risikoaffine Determinierung) oder bekifft (Risikoaverse Determinierung) kann mein Hirn, die diversen Handlungsmöglichkeiten durch die diversen Synapsen in den diversen Hirnregionen (Stammhirn, Kleinhirn, Grosshirn, Vorderstirnlappen) wälzen und dann zum lezten Schluss kommen. Diese Vorgänge können polyredundant ablaufen.
Der Wettkampf zwischen irrationalen Gelüsten, irrationalen und rationalen Aengsten sowie rationalem Kalkül kann in Sekundenbruchteilen rational entschieden werden. Dass das oftmals nicht passiert ist von mir unbestritten.

Agnost

#479:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 22:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Die Unitarität der Zeitentwicklung wird sicher durch keine der letztlich vorgenommenen Entscheidungen verletzt.

Richtig. Nur durch die jeweils anderen Entscheidungen. Manchmal merkt man das, nämlich wenn die Entscheidung (Präferenz) nicht realisiert wird.


Wenn ich mit einem Ski trotzdem auf dem Hintern lande, was natürlich sehr realistisch ist, hat sich mein heroischer Wille gegen die Determination letztlich nicht durchsetzen lassen, aber ich habe dann trotzallem nicht die "Textilbremse" gewählt. Ich bin einfach ungewollt auf die Schnauze gefallen.

Das ist der Preis, der heroischen Willensentfaltung.

Aber wenn ich nüchtern war, kann ich mich nachher nicht rausreden und behaupten ich hätte es nicht anders haben können.
Wie die Textilbremse in steilem buckligen Gelände geht, dass weiss ich nämlich und sie ist "sicher und einfach".

Agnost

#480:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 23:13
    —
Ich habe den ganzen Kram jetzt wieder mal durchgelesen...

Eines steht fest, wenn ich vor einer roten Ampel stehe, gehe ich mal drüber, mal nicht. Wenn das kein freier Wille ist, solls mir egal sein ob es den gibt oder nicht....

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

#481:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 23:15
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

#482:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 23:18
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Ich habe den ganzen Kram jetzt wieder mal durchgelesen...

Eines steht fest, wenn ich vor einer roten Ampel stehe, gehe ich mal drüber, mal nicht. Wenn das kein freier Wille ist, solls mir egal sein ob es den gibt oder nicht....

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?


Es gibt die Dimension der juristischen Verantwortlichkeit.

Wie du weisst, kann ein Gesetzesverstoss unter Alkoholeinfluss zu einer Strafminderung führen.

Wenn wir nun aber alle total determiniert wären, könnte man Strafen im traditionellen Sinne gar nicht rechtfertigen.

Man müsste also andere Gründe finden, warum man gewisse Verhaltensweisen "sanktioniert".

Agnost

#483:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 23:21
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Meinst Du etwa, wir sollten das Straf- und Strafprozessrecht reformieren?
Interessant... hmmm... ja, wenn es eine eindeutige, nicht widerlegbare Aussage darüber gäbe zwinkern

#484:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 23:26
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Häh?

#485:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 26.04.2008, 23:52
    —
Agnost darf ich einmal zusammenfassen:
Dein bedingt freier Wille ist nicht zufällig und nicht determiniert. Bedingt ist er, weil du nur zwischen verschieden physikalischen Möglichkeiten(mehr als eine) auswählen kannst.
Daraus, dass du dir vorstellen kannst anders gehandelt haben zu können und daraus, dass du in sehr ähnlichen Situationen verschieden gehandelt hast, schließt du auf einen bedingt freien Willen.

Ist dies soweit korrekt?

#486:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 00:13
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi,

es ist unumgänglich, hier zunächst zu definieren, was unter einem freien Willen verstanden werden soll. [...]

"Definieren", sowas kann ich nicht. Anstattdessen ein Annäherungsversuch.
Wir sind dann berechtigt von der Existenz eines freien Willen zu sprechen, wenn ein System gegenüber einem anderen System autonom ist. Das System Mensch ist gegenüber anderen Systemen autonom, weil es unter den Systemen, die wir kennen, das am wenigsten spezialisierte System darstellt. Seine Existenz ist weniger als andere Systeme an bestimmte Systeme gebunden. Und voraussichtlich wird sich mit zunehmendem Wissen und zunehmender Fertigkeit seine Autonomie erhöhen.
Daher können wir sagen: Das Subsystem Mensch ist gegenüber allen anderen anderen uns bekannten Subsystemen potentiell frei. Es besitzt gegenüber jenen einen freien Willen.

Die Gegenüberstellung des Subsystems Mensch gegen ein wie auch immer gedachtes Gesamtsystem halte ich zunehmend für einen Kategorienfehler. Es ist unsinnig, ein Gesamtsystem incl grundlegender Größen wie Raum, Zeit und Kausalität zu projizieren, das sämtliche Zustände des Seins beinhaltet um anhand dieser Projektion die Determiniertheit aller Zustände des Subsystems Mensch zu beweisen.

Um sauber argumentieren zu können, müssen wir zwischen Gegenüberstellungen von Systemen gleicher und unterschiedlicher Klassen differenzieren. Im ersten Fall ist Autonomie gegeben. Der zweite Fall stellt einen Kategorienfehler dar.


jepp, ich finde auch,
es ist zunehmend DADA bei der Frage nach einem Persönlichkeitsmerkmal wie Wille, ausgerechnet von einem Physiker eine konkrete Antwortmöglichkeit zu erwarten.

edit:
Auf den Arm nehmen das muß noch gesagt sein:
„Unser Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann.“ (Francis Picabia, 1879–1953)

#487:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 00:19
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost darf ich einmal zusammenfassen:
Dein bedingt freier Wille ist nicht zufällig und nicht determiniert. Bedingt ist er, weil du nur zwischen verschieden physikalischen Möglichkeiten(mehr als eine) auswählen kannst.
Daraus, dass du dir vorstellen kannst anders gehandelt haben zu können und daraus, dass du in sehr ähnlichen Situationen verschieden gehandelt hast, schließt du auf einen bedingt freien Willen.

Ist dies soweit korrekt?


Ja, so kann man das zusammenfassen, wobei ich schon sagen würde, dass er sehr weitgehend "vorbestimmt" ist.

Ich könnte meine Skibindung auch so einstellen, dass sie gar nicht aufspringen könnte.
Dann müsste sie "brechen". In einer solchen Situation war ich zum Glück noch nie.

Was physikalisch nicht geht und sei es nur, weil es für mich nicht geht (weil nicht gut genug trainiert), kann ich mir zwar "tag-träumen" aber nicht realisieren.
Wurde ich eine solche Tagtraum-Unmöglichkeit versuchen, wäre ich unfrei in meiner Entscheidung, denn etwas zu wollen, was man nicht kann, ist für mich wahnhaft und somit determiniert.

Meistens reimen wir uns im Nachhinein eine Wahl zusammen, wo wir einfach nur spontan einer Präferenz gefolgt sind.
Das bestreite ich gar nicht.
Aber nur weil wir das öfters tun, als eine bewusste Wahl zu treffen, kann man meines Erachtens nicht ausschliessen, dass eine bedingt Freie Wahl nicht erfolgen kann.

Agnost

#488:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 01:01
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Häh?
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen

#489:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 01:24
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Häh?
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen


Wenn wir alle streng Determiniert wären, gibt es keine Schuld nicht.
Strafen wären sinnlos.

Man würde Sanktionen aus Schutzgründen und Erziehungsgründen fällen, aber nicht mehr strafen.

Ich strafe auch keine Katze, wenn sie einen Vogel frisst, obwohl belegt ist, dass einige Hauskatzen Vögel ihrer "Leute" im Haus/Wohnung ihrer "Leute" nicht fressen.

Agnost

#490:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 01:32
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Häh?
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen


Wenn wir alle streng Determiniert wären, gibt es keine Schuld nicht.
Strafen wären sinnlos.

Man würde Sanktionen aus Schutzgründen und Erziehungsgründen fällen, aber nicht mehr strafen.

Ich strafe auch keine Katze, wenn sie einen Vogel frisst, obwohl belegt ist, dass einige Hauskatzen Vögel ihrer "Leute" im Haus/Wohnung ihrer "Leute" nicht fressen.

Agnost

Nunja, "Strafen" im Sinne von Konsequenzen wären keineswegs sinnlos. Wenn ich einem Kinderschänder den Pippimann abschneide oder den Mörder hinrichte, haben die keine Chance mehr auf ihre "Straftaten"...

#491:  Autor: atheist666 BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 03:00
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Häh?
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen


Wenn wir alle streng Determiniert wären, gibt es keine Schuld nicht.
Strafen wären sinnlos.

Man würde Sanktionen aus Schutzgründen und Erziehungsgründen fällen, aber nicht mehr strafen.

Ich strafe auch keine Katze, wenn sie einen Vogel frisst, obwohl belegt ist, dass einige Hauskatzen Vögel ihrer "Leute" im Haus/Wohnung ihrer "Leute" nicht fressen.

Agnost

Nunja, "Strafen" im Sinne von Konsequenzen wären keineswegs sinnlos. Wenn ich einem Kinderschänder den Pippimann abschneide oder den Mörder hinrichte, haben die keine Chance mehr auf ihre "Straftaten"...


Wie bitte Frage

#492:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 03:24
    —
atheist666 hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Häh?
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen


Wenn wir alle streng Determiniert wären, gibt es keine Schuld nicht.
Strafen wären sinnlos.

Man würde Sanktionen aus Schutzgründen und Erziehungsgründen fällen, aber nicht mehr strafen.

Ich strafe auch keine Katze, wenn sie einen Vogel frisst, obwohl belegt ist, dass einige Hauskatzen Vögel ihrer "Leute" im Haus/Wohnung ihrer "Leute" nicht fressen.

Agnost

Nunja, "Strafen" im Sinne von Konsequenzen wären keineswegs sinnlos. Wenn ich einem Kinderschänder den Pippimann abschneide oder den Mörder hinrichte, haben die keine Chance mehr auf ihre "Straftaten"...


Wie bitte Frage


Vergessen wir den Troll, der ist ja echt zu langweillig.

Agnost

#493:  Autor: atheist666 BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 03:28
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
atheist666 hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.

Dort wo's angebracht ist, gibt es schon lange Konsequenzen für die "Form der Sühne"...
Häh?
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen


Wenn wir alle streng Determiniert wären, gibt es keine Schuld nicht.
Strafen wären sinnlos.

Man würde Sanktionen aus Schutzgründen und Erziehungsgründen fällen, aber nicht mehr strafen.

Ich strafe auch keine Katze, wenn sie einen Vogel frisst, obwohl belegt ist, dass einige Hauskatzen Vögel ihrer "Leute" im Haus/Wohnung ihrer "Leute" nicht fressen.

Agnost

Nunja, "Strafen" im Sinne von Konsequenzen wären keineswegs sinnlos. Wenn ich einem Kinderschänder den Pippimann abschneide oder den Mörder hinrichte, haben die keine Chance mehr auf ihre "Straftaten"...


Wie bitte Frage


Vergessen wir den Troll, der ist ja echt zu langweillig.

Agnost


Recht haste (war jetzt Hessisch zwinkern ).

#494:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 09:57
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen

Du konntest mir nicht folgen.

#495:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 10:21
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Ja, so kann man das zusammenfassen, wobei ich schon sagen würde, dass er sehr weitgehend "vorbestimmt" ist.

Ich könnte meine Skibindung auch so einstellen, dass sie gar nicht aufspringen könnte.
Dann müsste sie "brechen". In einer solchen Situation war ich zum Glück noch nie.

Was physikalisch nicht geht und sei es nur, weil es für mich nicht geht (weil nicht gut genug trainiert), kann ich mir zwar "tag-träumen" aber nicht realisieren.


Dir ist aber klar, dass die Bedingtheit des Willens, wie du sie beschreibst, in keiner Weise mit
der Auffassung Bieris übereinstimmt? Dein Hinweis, dass der Wille dadurch eingeschränkt ist, dass bestimmte Wahlmöglichkeiten aus physikalischen Gründen ausscheiden, ist trivial.

Schau mal, wie Bieri die Bedingtheit des FW sieht:

Zitat:
Dass er unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte. Dass er in jedem Moment sein müsste wie ein unbewegter Beweger. Gesagt zu bekommen, dass es tausend Dinge im Gehirn gibt, von denen der Wille abhängt, ist dann ein Schock.

Doch einen in diesem Sinne freien Willen kann sich niemand wünschen,


Laut Bieri kann der Wille unter exakt denselben Bedingungen nicht unterschiedliche Wege (1) nehmen, daher ist er "bedingt".

Frage an dich: Stimmst du dem zu?

Edit: (1) nicht unterschiedliche Wege muss es natürlich heißen


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 27.04.2008, 11:48, insgesamt 2-mal bearbeitet

#496:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 10:27
    —
Zitat:
Wenn wir alle streng Determiniert wären, gibt es keine Schuld nicht.
Strafen wären sinnlos.

Man würde Sanktionen aus Schutzgründen und Erziehungsgründen fällen, aber nicht mehr strafen.


Das ist richtig. Und aus dem Grund diskutieren fortschrittliche Juristen auch über eine Abschaffung des herkömmlichen Strafrechts.

#497: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 10:50
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Aber, wo liegt eigentlich der Sinn festzustellen, ob das frei oder unfrei war?

Das kann Konsequenzen für das Schuldprinzip haben. Zudem ist es ansich schon interessant, wenn auch nicht mehr so wie einst für mich.


In der Tat verteidigen viele die Willensfreiheit mit dem Bezug auf Kant, was ja wiederum auch Bedeutung für die Menschenrechte hat. Kant hat seinen kategorishen Imperativ auf die menschliche Freiheit gegründet.

Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt für die Erkenntnistheorie:

Wenn aus einem vorgestellten Möglichkeitsspektrum nur eine einzige Möglichkeit real, das heisst zu verwirklchen ist, dann handelt es sich bei den aneren nicht verwirklichbaren Möglichketen auch nicht um reale Möglichkeiten, welche erkannt werden, sondern bloß um vorgestellte, also fantasierte Möglichkeiten.

Anders formuliert: Der Mensch meint nur, erkennen zu können. In wirklichkeit wäre die menschliche Erkenntnis keine Erkennntis, sondern nur Fantasie.

Und daraus wiederum folgt drittens, dass der Mensch seine Welt nicht frei gestalten kann.

Zum Beispiel gibt es bei der Wahl zwischen Atomkraft und Solarenergie gemäß dem unfreien Willen gar keine Wahl. Sondern eine von beiden Möglichkeiten ist ja nur Fantasie.

Offenbar ist das Quatsch. Denn selbstverständlich sind sowohl Atomeneergie als auch Solarenergie reale Optionen und nicht nur Produkte der Fantasie.

Oder anders gesagt: Der Mensch stellt sich zwar verschiedene Möglichkeiten vor, aber nicht nur deshalb, weil seine Fantasie, seinen Ideen und seine Kreativität so überschießend sind, sondern weil der Mensch erkennen kann.

Zusätzlich kann der Mensch zwischen Fantasie und realen Möglichkeiten unterscheiden. Auch einige Tiere habe diese Fähigkeien mehr oder minder, wenn auch im gerigneren Grade, aber die Evolution hat dies langsam und dann sprunghaft erzeugt.

Überhaupt ist es verkehrt, in einem mechanistisch-physikalischen Reduktioinimsus im Verein mit rückständigen Philosophien a là Schopenhauer, Entscheidungen bloß als Ereignisse oder Bewegungen zu bzeeichnen. Dies sind sie auch. Aber eben nicht nur.

Sondern Entscheidungen sind Teil eines Such- und Optimierungsstrebens analog zum Evolutionsprozess selbst, aber auch zu anderen komplexen Systemen.

Keine dieser Systeme steht im Widerspruch zu "der" Physik, wohl aber zu größenwahnsinnigen und dummen Interpretationen derselben. Wie wir wissen gibt es allein schon bei der Interpetation der Quanteneffekte mindestens drei verschiedene Interpretationen diverser Fraktionen von Physikern.

Und eine unitäre Entwicklung der Raumzeit ist mir auch noch nicht untergekommen. Quantenmechanik und Relativitätstheorie sind bis heute nicht vereinbar. Von anderen Systemtheorien auf den Ebenen Biologie, Gesellschaft, usw. ganz zu schweigen.

Ein weitere Punkt ist der - und darüber sollte man mal nachdenken - dass subjektive Entscheidungen nicht immer so sehr für eine Option getroffen werden, sondern oft gegen bestimmte Optionen, wobei der akzeptable Optionen-"Rest" dann der ist, aus dem beliebig ausgewählt werden könnte ohne das optimale Ziel zu verfehlen.

Ein guter Komponist geht ja auch so vor. Es werden nach den ersten Skizzen ungeeignete, nicht passende Sentenzen gestrichen und erst nach dieser "Selbstzensur" das Stück fertig gestellt ...-

Skeptiker

#498: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 10:52
    —
Doppelposting gelöscht

Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 28.04.2008, 13:12, insgesamt einmal bearbeitet

#499:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 11:03
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Die Unitarität der Zeitentwicklung wird sicher durch keine der letztlich vorgenommenen Entscheidungen verletzt.

Richtig. Nur durch die jeweils anderen Entscheidungen. Manchmal merkt man das, nämlich wenn die Entscheidung (Präferenz) nicht realisiert wird.

Wenn ich mit einem Ski trotzdem auf dem Hintern lande, was natürlich sehr realistisch ist, hat sich mein heroischer Wille gegen die Determination letztlich nicht durchsetzen lassen, aber ich habe dann trotzallem nicht die "Textilbremse" gewählt. Ich bin einfach ungewollt auf die Schnauze gefallen. Das ist der Preis, der heroischen Willensentfaltung.

Aber überleg doch mal, was Du hier eigentlich beschreibst: Du präferierst den "heroischen" Weg (weil die Situation es eben so determiniert), und egal ob Du Dein Ziel erreichst oder nicht, im Nachhinein kannst Du Deine Präferenzen bewerten und bist stolz auf Deine "heroische" Präferenz. An keiner Stelle besteht irgendeine Notwendigkeit für echte Möglichkeiten, das alles ist also als Beleg für eine echte Freiheit ungeeignet.

#500:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 11:12
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Ja, so kann man das zusammenfassen, wobei ich schon sagen würde, dass er sehr weitgehend "vorbestimmt" ist.

Ich könnte meine Skibindung auch so einstellen, dass sie gar nicht aufspringen könnte.
Dann müsste sie "brechen". In einer solchen Situation war ich zum Glück noch nie.

Was physikalisch nicht geht und sei es nur, weil es für mich nicht geht (weil nicht gut genug trainiert), kann ich mir zwar "tag-träumen" aber nicht realisieren.


Dir ist aber klar, dass die Bedingtheit des Willens, wie du sie beschreibst, in keiner Weise mit
der Auffassung Bieris übereinstimmt? Dein Hinweis, dass der Wille dadurch eingeschränkt ist, dass bestimmte Wahlmöglichkeiten aus physikalischen Gründen ausscheiden, ist trivial.

Schau mal, wie Bieri die Bedingtheit des FW sieht:

Zitat:
Dass er unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte. Dass er in jedem Moment sein müsste wie ein unbewegter Beweger. Gesagt zu bekommen, dass es tausend Dinge im Gehirn gibt, von denen der Wille abhängt, ist dann ein Schock.

Doch einen in diesem Sinne freien Willen kann sich niemand wünschen,


Laut Bieri kann der Wille unter exakt denselben Bedingungen nicht denselben Weg nehmen, daher ist er "bedingt".

Frage an dich: Stimmst du dem zu?


1. kein hirn ist in der zeit eingefroren!
2. niemand kommt mit nem ausgewachsenem unveränderlich verdrahtetem hirn auf die welt!
3. welcher spacko meint eigentlich er wäre allein auf der welt ohne mit ihr interagieren zu müssen?

es herrschen also niemals nicht exakt dieselben Bedingungen - die Rückschlüsse beziehen sich alle auf die Momente des einen Messzeitpunktes an dem eingetreten ist, was gemessen werden wollte.

Da keiner den FW sucht, wie soll er den dann finden?
Oder meinen die Forscher, da passiert dann was außergewöhnliches und der Typ FW kommt mal auf nen Kaffee vorbei zum plauschen?

Woher nehmen Forscher also ihre Gewissheit, das ihr tun nicht dem Wünschen des eigenen Wollens unterworfen ist?
Denn das man tut was man will ist offensichtlich, sogar die Hirnforscher tun was sie sich vorgenommen haben - wer denn sonst als das eigene Selbst kann tun was man will?

Die Trennung des Wollens vom Selbstbewusstsein ist hochgradig paranoid.
Denn wenn das Eintritt was gewollt wurde, wieso sollte es dann nicht genau das sein was man selbst gewollt hat? das gilt dito für jedes Experiment das gemacht wird.
Die Wünsche die man hat orientieren sich eben doch am Selbstbild
Das Selbstbild generiert sich aus sozialer Interaktion mit anderen.
Die Anderen sind eben gar ned so verschieden, wenn also alle das gleiche wollen dann ist das nicht determiniert, sondern Normalität.

Der FW kann eben nicht und niemals aus dem Selbstbewusstsein extrapoliert werden, ebenso wenig wie das Selbstbewusstsein aus dem Hirn herausgelöst werden könnte.
Man bedenke das es Bewußtseinstörungen wie Autismus gewesen sind, die den Forschern erst ein Fenster zum Hirnmechnismus geöffnet haben.
Also von einer kaputten Uhr auf die Feinmechnik derselben zu schliessen ist bissie grobmotorisch.

Knackwürstel und Leberkäs eben.

#501: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 11:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Anders formuliert: Der Mensch meint nur, erkennen zu können. In wirklichkeit wäre die menschliche Erkenntnis keine Erkennntis, sondern nur Fantasie.

Und daraus wiederum folgt drittens, dass der Mensch seine Welt nicht frei gestalten kann.

Zum Beispiel gibt es bei der Wahl zwischen Atomkraft und Solarenergie gemäß dem unfreien Willen gar keine Wahl. Sondern eine von beiden Möglichkeiten ist ja nur Fantasie.

Offenbar ist das Quatsch. Denn selbstverständlich sind sowohl Atomeneergie als auch Solarenergie reale Optionen und nicht nur Produkte der Fantasie.



Du dramatisierst maßlos und begehst dabei diverse Ebenenfehler.

Wenn reale Optionen ausgeschlossen werden, bezieht sich das auf die Frage, ob in ein und derselben Enstcheidungssituation zu einem bestimmten Zeitpunkt X der Wille frei ist, den Weg a oder b zu gehen. Dies ist auszuschließen.

Angenommen, der Wille ist in der konktreten Entscheidungssituation dazu determiniert, den Weg a zu gehen. Dies bedeutet nicht, dass er langfristig nicht auch den Weg b gehen kann.

So blödsinnig das Atomenergie-Beispiel ist, da es sich hier nicht um individuelle Entscheidungen Einzelner handelt, sei es dennoch mal aufgegriffen.
Angenommen, eine Person soll sich zu einem bestimmten Zeitpunkt für oder gegen Atomenergie entscheiden. Sie entscheidet sich aufgrund der ihr bekannten Argumente für Atomenergie.
Wir können sagen, dass der Wille dazu determiniert war.
Weiter angenommen, die Person wird im weiteren Verlauf mit neuen Argumenten konfrontiert.
Dies verändert die Ausgangsbedingungen für die Willensentscheidung.
Diese neuen Argumente stellen wiederum - gehirnphysiologisch gesehen - neue neuronale Erregungsmuster dar, die den Entscheidungsprozess beeinflussen. Je nach Ausgangslage entscheidet sich die Person jetzt möglicherweise gegen Atomenergie.
Man sieht, dass die Preisgabe des freien Willens nicht heißt, dass der Wille ein für alle Mal auf eine Option festgelegt ist.

Siehe hierzu auch das Interview von Wolf Singer, der sehr gut darstellt, wie solche Entscheidungsprozesse laufen, die erst nach a zu gehen scheinen, und dann doch die Richtung nach b einschlagen. Das ist auch ohne freien Willen möglich.


http://www.3sat.de/mediathek/mediathek.php?obj=8032&mode=play


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 27.04.2008, 11:28, insgesamt einmal bearbeitet

#502: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 11:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zum Beispiel gibt es bei der Wahl zwischen Atomkraft und Solarenergie gemäß dem unfreien Willen gar keine Wahl. Sondern eine von beiden Möglichkeiten ist ja nur Fantasie.

Offenbar ist das Quatsch. Denn selbstverständlich sind sowohl Atomeneergie als auch Solarenergie reale Optionen und nicht nur Produkte der Fantasie.

"Offenbar", "selbstverständlich" - merkst Du eigentlich nicht, wie dünn Deine Argumentation ist? Was wurde in der Geschichte der Philosophie nicht alles schon als "offenbar" und "selbtverständlich" angesehen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... kann der Mensch zwischen Fantasie und realen Möglichkeiten unterscheiden. Auch einige Tiere habe diese Fähigkeien mehr oder minder, wenn auch im gerigneren Grade ...

Wir können genau dann unterscheiden, wenn wir die Zukunft "berechnen" können. Oft können wir das nicht, und dann erscheinen uns mehrere Varianten physikalisch möglich.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Überhaupt ist es verkehrt, in einem mechanistisch-physikalischen Reduktioinimsus im Verein mit rückständigen Philosophien a là Schopenhauer, ...

Vielleicht lieber im Verein mit noch viel rücktändigeren Philosophen wie etwa denen, die den Freien Willen erfunden haben? Zum Beispiel Thomas von Aquin oder Ockham: "Wilhelm von Ockham schließlich stellt fest, dass die Freiheit nicht durch ein Vernunftargument zu beweisen sei, aber auf Grund der Innenerfahrung feststehe." http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille/Geschichte

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wie wir wissen gibt es allein schon bei der Interpetation der Quanteneffekte mindestens drei verschiedene Interpretationen diverser Fraktionen von Physikern. ... Quantenmechanik und Relativitätstheorie sind bis heute nicht vereinbar.

Alles irrelevant im Bereich des Gehirns. Dort herrschen physikalisch wohlbekannte Verhältnisse, die genannten Theorien sind dort auf viele Nachommastellen gültig und die bestgeprüften Theorien überhaupt, die die Menschen bisher gefunden haben. Deshalb kann die Physik zwar nicht das Bewußtsein erklären, wohl aber diverse intuitionistische Ansätze ausschließen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein weitere Punkt ist der - und darüber sollte man mal nachdenken - dass subjektive Entscheidungen nicht immer so sehr für eine Option getroffen werden, sondern oft gegen bestimmte Optionen, wobei der akzeptable Optionen-"Rest" dann der ist, aus dem beliebig ausgewählt werden könnte ohne das optimale Ziel zu verfehlen.

Und was hat das jetzt wieder mit unserem Thema zu tun? Diese Optionen existieren ja zur Zeit der Präferenzbildung nur als Simulationen im Gehirn des Probanden.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein guter Komponist geht ja auch so vor. Es werden nach den ersten Skizzen ungeeignete, nicht passende Sentenzen gestrichen und erst nach dieser "Selbstzensur" das Stück fertig gestellt ...-

Das ist jetzt ein sog. Kategorienfehler. Die Analogie besteht höchsten darin, daß irgendwo irgendetwas weggenommen wird. Die "Sentenzen" (meinst Du vielleicht "Sequenzen"?) existieren real, und die Grundgesamtheit möglicher Sequenzkombinationen in der Komposition ist nicht vergleichbar mit einer mglw. von Dir behaupteten Gesamtheit realer Möglichkeiten in einer einzigen Situation.

#503:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 12:21
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

es herrschen also niemals nicht exakt dieselben Bedingungen - die Rückschlüsse beziehen sich alle auf die Momente des einen Messzeitpunktes an dem eingetreten ist, was gemessen werden wollte.


Man kann sich - wenn nicht an exakt, dann doch an annähernd - "gleiche Bedingungen" bspw. durch Zwillingsstudien herantasten.

Untersucht man das Verhalten von eineiigen Zwillingen (die Studien beziehen sich allerdings auf getrennt voneinander aufgewachsene Zwillinge, was die "gleichen Bedinungen" noch einmal mindert), stellt man auffällige Gemeinsamkeiten in den Entscheidungen der Personen fest.
Da wurde zum gleichen Zeitpunkt geheiratet, würden ähnliche Berufswege, ähnliche Hobbys gewählt etc. Diese Gemeinsamkeiten sind so, dass sie eine Signifiganz aufweisen und über Zufälligkeiten hinausweisen. Wie lässt sich das mit dem (absolut) "freien Willen" vereinbaren?

Vielleicht kann dies als empirische Verdeutlichung der Tatsache dienen, dass "das Gehirn die Entscheidungen trifft". Menschen mit sehr ähnlichen Gehirnen neigen dazu, sehr ähnliche Entscheidungen zu treffen.

#504:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 14:22
    —
Fassen wir doch noch einmal zusammen, um was es in der Diskussion um den freien Willen eigentlich geht und welche unterschiedlichen Standpunkte es dabei gibt.

Es geht mE nicht um eine abgehobene Diskussion über Worte, was sie bedeuten und ob man dieses Wort wirklich für jenes verwenden darf oder nicht oder doch, was nur ein uninteressante Glasperlenspiel wäre.

Es geht vielmehr um die Frage, ob man Menschen in einer naturgesetzlich ablaufenden Welt als moralisch verantwortlich für ihre Handlungen ansehen kann oder nicht.

Hierzu gibt es grob gesagt 3 Positionen:

1. Der harte Inkompatibilist -> meint, dass die Welt naturgesetzlich sei und dies eine moralische Verantwortung ausschließen würde, weil für Letzteres "echte Möglichkeiten" (= jemand müsse fähig sein, in ein und derselben Situation Unterschiedliches zu tun) unabdingbar seien

2. Der Libertarier (bzw. der weiche Inkompatibilist) -> hält ebenso wie der harte Inkompatibilist "echte Möglichkeiten" für Verantwortlichkeit notwendig, hält aber anders als dieser einen freien Willen, der für moralische Verantwortlichkeit Voraussetzung ist, für vorhanden. Der Libertarier muss dazu letztlich nicht naturgesetzlich ablaufende Vorgänge annehmen (oder, anders gesagt, Vorgänge, von denen wir bisher nicht den Hauch einer Ahnung haben).

3. Der Kompatibilist -> der meint, dass für Freiheit und Verantwortlichkeit keineswegs "echte Möglichkeiten" notwendig seien, dass im Gegenteil, wenn jemand in ein und derselben Situation immer anders handeln würde, dies eher gegen verantwortliches Handeln sprechen würde.

Nehmen wir mal ein Beispiel für eine Argumentation eines harten Inkompatibilisten:

Definition:

Harter Inkompatibilist hat folgendes geschrieben:
Hard Incompatibilism is the view that we lack the kind of free will that could make us truly deserving of blame or praise for our actions.

Argumentation:

Harter Inkompatibilist hat folgendes geschrieben:
1. Some form of scientific naturalism (deterministic or indeterministic) is true.
2. The truth of some type of scientific naturalism entails that all actions we perform are the result of processes that trace back to factors beyond our control.
3. If an act is the result of processes that trace back to factors beyond the agent’s control, then the agent does not deserve blame or praise for that act. (The Transfer of Non-Responsibility (TNR) Principle.)
4. Therefore no one can deserve praise or blame for any action whatsoever.

Unterschiedliche Standpunkte:

Harter Inkompatibilist hat folgendes geschrieben:
Since most philosophers accept scientific naturalism of some sort, the debate focuses on premises (2) and (3). ‘Event-causal’ libertarians reject premise (2), arguing that physical indeterminism does grant us the type of control that can ground robust (desert-entailing) moral responsibility. Compatibilists typically reject premise (3), offering counterexamples to the ‘transfer of non-responsibility’ (TNR) principle.

Also:

- Libertarier widersprechen Punkt 2
- Kompatibilisten widersprechen Punkt 3

Punkt 3 bedeutet, dass es ohne Letztverantwortlichkeit überhaupt keine Verantwortlichkeit geben könne. Das wird im Weiteren nicht begründet, sondern lediglich als "allgemein intuitiv plausibel" hingestellt. Mir erscheint das aber leider überhaupt nicht plausibel.

Ein extrem großes Problem der harten Inkompatibilisten ist aus meiner Sicht der Einwand der Libertarier, dass, wenn man die Notwendigkeit der "echten Möglichkeiten" für eine moralische Verantwortung als notwendig ansieht und man als harter Inkompatibilist meint, solche "echten Möglichkeiten" gäbe es nicht, daraus automatisch folgt, dass es überhaupt keine moralisch falschen oder richtigen Handlungen geben kann. Das wird im Link oben auch behandelt (das Haji-Argument). Ich halte dieses Argument für ziemlich einleuchtend und sehe kein qualifiziertes Argument dagegen.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 27.04.2008, 15:01, insgesamt einmal bearbeitet

#505:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 15:01
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

es herrschen also niemals nicht exakt dieselben Bedingungen - die Rückschlüsse beziehen sich alle auf die Momente des einen Messzeitpunktes an dem eingetreten ist, was gemessen werden wollte.


Man kann sich - wenn nicht an exakt, dann doch an annähernd - "gleiche Bedingungen" bspw. durch Zwillingsstudien herantasten.

Untersucht man das Verhalten von eineiigen Zwillingen (die Studien beziehen sich allerdings auf getrennt voneinander aufgewachsene Zwillinge, was die "gleichen Bedinungen" noch einmal mindert), stellt man auffällige Gemeinsamkeiten in den Entscheidungen der Personen fest.
Da wurde zum gleichen Zeitpunkt geheiratet, würden ähnliche Berufswege, ähnliche Hobbys gewählt etc. Diese Gemeinsamkeiten sind so, dass sie eine Signifiganz aufweisen und über Zufälligkeiten hinausweisen. Wie lässt sich das mit dem (absolut) "freien Willen" vereinbaren?

Vielleicht kann dies als empirische Verdeutlichung der Tatsache dienen, dass "das Gehirn die Entscheidungen trifft". Menschen mit sehr ähnlichen Gehirnen neigen dazu, sehr ähnliche Entscheidungen zu treffen.


meine empirischen Hausaufgaben hab ich zwar schon so ca. 10 jahre nimmi machen müssen, aber ich erinner mich beispielsweise noch an:

Bei der Matched Pairs Technik (Matched Pairs Analyse) handelt es sich um ein statistisches Verfahren in der Medizin, bei dem jedem Patienten eine weitere Kontrollperson zugeordnet wird, die in möglichst vielen Einflussfaktoren (z. B. Alter, Geschlecht) mit dem Patienten übereinstimmt.

Unter statistischen Zwillingen versteht man in der empirischen Sozialwissenschaft Personen, bei denen bestimmte (meistens soziodemographische) Merkmale gleich sind. Kommt es für die Bildung von Vergleichsgruppen beispielsweise auf Geschlecht, Bildung und Beruf an, dann sind zwei weibliche Busfahrer mit Abitur statistische Zwillinge. Statistische Zwillinge werden auch für die Egalisierung von Experimentalgruppen bei psychologischen und sozialwissenschaftlichen Experimenten eingesetzt ("Matched Pairs").
Innerhalb der Datenfusion bei der Mediaplanung, in der Datensätze aus verschiedenen Erhebungen fusioniert werden, erfolgt eine Verknüpfung über sogenannte "Statistische Zwillinge". Bindeglieder sind zum Beispiel das allgemeine Mediennutzungsverhalten, Haushaltsausstattung, das Freizeitverhalten oder auch soziodemographische Daten.


Unabhängigkeitstest
Siehe auch: Vierfeldertest
Man betrachtet zwei statistische Merkmale x und y, die beliebig skaliert sein können. Man interessiert sich dafür, ob die Merkmale stochastisch unabhängig sind. Es wird die Nullhypothese
Ho: Das Merkmal x ist vom Merkmal y stochastisch unabhängig.
aufgestellt.


jetzt meine Frage:
wenn es sogar Prüfverfahren gibt die die Unabhängigkeit von Ereignissen bestimmen können ...
wie könnt ihr dann von einem grundlegenden Determinismus ausgehen.

Ob man einen Zusammenhang sieht oder ned, ist am Ende der Willkür des Forschers überlassen.
Oder sind es doch seine Fähigkeiten die ihn die Relationen setzen lassen.
Aber auch das sind dann erworbene Fähigkeiten die qualitativ nicht erfassbar sind.
Es besteht zudem ein Unterschied zwischen Untersuchungen auf individuller und psychischer und sozialer Ebene ... und deren mathematisch-physikalische skalierbaren Größen.

Wenn ich bsw eine Untersuchung machen würde, würde ich auch den nicht skalierbaren - weil rein ideel existierenden Begriff FW verwenden sondern mir ein Maß der Willensstärke basteln:
von 0 wenig Willensstark = deterministisch veranlagt
bis 10 = sehr Willensstark = stark individuell selbstbestimmt.

Die Qualität meiner Untersuchung ist dabei von dem quantifizierbaren Größen meines Modells determiniert.
Und ned der Determinismus bestimmend für die Datenqualität.

Seids doch ned no mehra DADA

#506:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 15:09
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ein extrem großes Problem der harten Inkompatibilisten ist aus meiner Sicht der Einwand der Libertarier, dass, wenn man die Notwendigkeit der "echten Möglichkeiten" für eine moralische Verantwortung als notwendig ansieht und man als harter Inkompatibilist meint, solche "echten Möglichkeiten" gäbe es nicht, daraus automatisch folgt, dass es überhaupt keine moralisch falschen oder richtigen Handlungen geben kann. Das wird im Link oben auch behandelt (das Haji-Argument). Ich halte dieses Argument für ziemlich einleuchtend und sehe kein qualifiziertes Argument dagegen.


Verstehe ich nicht, kannst du das Haji-Argument mal näher erläutern?

#507:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 16:05
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Verstehe ich nicht, kannst du das Haji-Argument mal näher erläutern?

Wieso soll ich hier alles vorkauen? Ich habe doch den Link dazu gegeben, reicht das etwa nicht? Kannst Du nicht selber klicken und lesen?

Aber ausnahmsweise: das Argument lautet wie folgt:

1. Agent S ist dann und nur dann moralisch verpflichtet, A zu tun (bzw. A nicht zu tun), wenn es moralisch falsch für S ist, A nicht zu tun (bzw. A zu tun).

2. Agent S hat nur dann die moralische Verpflichtung, A zu tun (nicht zu tun), wenn er die echte Möglichkeit dazu hat, A zu tun bzw. nicht zu tun.

3. Daher ist es nur dann moralisch falsch von S, A zu tun (nicht zu tun), wenn er die echte Möglichkeit hat, A zu tun (nicht zu tun).

4. Wenn die Welt streng naturgesetzlich abläuft, dann hat S keine echte Möglichkeit, anders zu handeln, als er tatsächlich handelt.

5. Daher kann es in einer naturgesetzlichen Welt keine falschen Handlungen geben.

#508:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 16:32
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es geht vielmehr um die Frage, ob man Menschen in einer naturgesetzlich ablaufenden Welt als moralisch verantwortlich für ihre Handlungen ansehen kann oder nicht.

Das ist eine Verkürzung, mit der Du eine wesentliche Ebenen in dieser Debatte ausblendest. Diese "moralische Verantwortlichkeit" ist für viele Menschen eine Art "moralisches Naturgesetz", bzw. sie sind intuitiv der Meinung, dass die "moralische Verantwortlichkeit" aus der Selbstbestimmtheit von Handlungen automatisch folgt, unabhängig davon, wie Selbstbestimmtheit im Einzelnen definiert wird. In Wirklichkeit handelt es sich aber um eine normative Setzung. Klar kann man diese Setzung vornehmen, wenn man das will, sie ist aber nicht ohne zusätzliche Prämissen aus der wie-auch-immer-definierten Selbstbestimmtheit herleitbar. Man müsste sie also begründen, und zwar bitte nicht durch Appelle an die Intuition, sondern rational, z.B. indem man angibt, welchen Nutzen diese Setzung haben soll.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein extrem großes Problem der harten Inkompatibilisten ist aus meiner Sicht der Einwand der Libertarier, dass, wenn man die Notwendigkeit der "echten Möglichkeiten" für eine moralische Verantwortung als notwendig ansieht und man als harter Inkompatibilist meint, solche "echten Möglichkeiten" gäbe es nicht, daraus automatisch folgt, dass es überhaupt keine moralisch falschen oder richtigen Handlungen geben kann.

Die Argumentation ist zirkulär, weil die Notwendigkeit von "echten Möglichkeiten" in die Definition von "moralisch falsch/richtig" bereits hineingesteckt wird. Ansonsten verharrt auch dieses Argument auf der intuitionistischen Ebene, weil nicht geklärt wird, was mit "moralischer Verantwortung" und "moralisch falsch/richtig" eigentlich gemeint sein könnte.

#509:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 17:02
    —
@AP: Ich finde Deine Zusammenfasung im wesentlichen OK, mich stört nur eins:

Mir bleibt ja nur der harte Inkompatibilismus da ich die libertaristische Position aus physikalischen Gründen ablehnen muß und die kompatibilistische aus meiner Sicht Unfreiheit beschreibt. Soweit OK. Aber Punkt (3.) (niemand verdient Lob oder Tadel) ist nicht unbedingt die Position des Inkompatibilisten, obwohl dieser Eindruck erweckt wird. Ein Inkompatibilist könnte Lob und Tadel, oder generell die Zuweisung von Verantwortung, aus anderen Gründen (als dem der absoluten moralischen Verdientheit) für zweckdienlich halten. Ich habe hier schon oft vorgeschlagen, wie ein Konzept der Verantwortung aus deterministische Sicht aussehen könnte:

Die Gemeinschaft weist dem Einzelnen Verantwortung (= Rechte, Pflichten) zu, wenn man es für wahrscheinlich hält, daß er sich im Sinne der Allgemeinheit verhält.

(3.) ist daher aus meiner Sicht ein Strohmann, zumindest in bezug auf einige der Deterministen, zum Beispiel kolja und mich, denn man kann sehrwohl ein mit dem Determinismus vereinbares Konzept der Verantwortung angeben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein extrem großes Problem der harten Inkompatibilisten ist aus meiner Sicht der Einwand der Libertarier, dass, wenn man die Notwendigkeit der "echten Möglichkeiten" für eine moralische Verantwortung als notwendig ansieht und man als harter Inkompatibilist meint, solche "echten Möglichkeiten" gäbe es nicht, daraus automatisch folgt, dass es überhaupt keine moralisch falschen oder richtigen Handlungen geben kann. Das wird im Link oben auch behandelt (das Haji-Argument). Ich halte dieses Argument für ziemlich einleuchtend und sehe kein qualifiziertes Argument dagegen.

Es folgt in der Tat aus der Abwesenheit echter Möglichkeiten, daß es überhaupt keine absolut(!) moralisch falschen oder richtigen Handlungen geben kann. Denn gäbe es ein natürliches Sollen, so hätte dieses aufgrund der Determination keinen oder aber einen trivialen Anspruch auf Realisierung.

Aber wieso brauche ich ein Argument dagegen? Wieso soll es denn nicht so sein? Wieso muß es ein natürliches (oder gottgegebenes) Sollen geben? Es ist wieder dasselbe wie oben bei (3.): Natürlich kann auch der Determinist eine Moral und Gut/Böse definieren, aber eben nur in bezug auf ein selbstgesetztes Ziel.

Es ist dieser letztliche moralische Relativismus, de vielen Kompatibilsiten Angst macht.

#510:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 17:03
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:

Schau mal, wie Bieri die Bedingtheit des FW sieht:

Zitat:
Dass er unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte. Dass er in jedem Moment sein müsste wie ein unbewegter Beweger. Gesagt zu bekommen, dass es tausend Dinge im Gehirn gibt, von denen der Wille abhängt, ist dann ein Schock.

Doch einen in diesem Sinne freien Willen kann sich niemand wünschen,


Laut Bieri kann der Wille unter exakt denselben Bedingungen nicht unterschiedliche Wege nehmen, daher ist er "bedingt".

Frage an dich: Stimmst du dem zu?




Heiner lies doch deine Zitatenpatchwork nochmals.

Weisst du, wenn Bieri seine Gedanken zum Freien Willen auf 2-3 Zeilen hätte eindampfen können, hätte der Mercier mehr Zeit gehabt einen weiteren Bestseller zu schreiben.

Also liess du zuerst das Buch, bevor du voluntaristisch versuchst es auf 2-3 montierte Zeilen runterzudampfen.

Bieri ist ein Schweizer der in Deutschland lebt und wirkt, ich bin ein Deutscher, der in der Schweiz lebt und wirkt, also in gewisser Weise sind wir "verquer", aber vielleicht determiniert es mich, schweizerische Texte ein bisschen besser zu verstehen, denn wie schreibt Bieri oben "von mir gefettet, vergrössert und gefärbt":

Ganz

Mein Skibindungsmodell ist so gewählt, dass Textilbremse und auf einem Ski den Schwung stehen, keine ganz unterschiedlichen Handlungen sind.

Genauso sind die beiden Handlungsoptionen bei der roten Ampel ohne Verkehr nicht ganz unterschiedlich.

Agnost

#511:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 19:03
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es geht vielmehr um die Frage, ob man Menschen in einer naturgesetzlich ablaufenden Welt als moralisch verantwortlich für ihre Handlungen ansehen kann oder nicht.

Das ist eine Verkürzung, mit der Du eine wesentliche Ebenen in dieser Debatte ausblendest.

Nein.

kolja hat folgendes geschrieben:
Diese "moralische Verantwortlichkeit" ist für viele Menschen eine Art "moralisches Naturgesetz", bzw. sie sind intuitiv der Meinung, dass die "moralische Verantwortlichkeit" aus der Selbstbestimmtheit von Handlungen automatisch folgt, unabhängig davon, wie Selbstbestimmtheit im Einzelnen definiert wird. In Wirklichkeit handelt es sich aber um eine normative Setzung.

Das spielt erst mal überhaupt keine Rolle.

kolja hat folgendes geschrieben:
Klar kann man diese Setzung vornehmen, wenn man das will, sie ist aber nicht ohne zusätzliche Prämissen aus der wie-auch-immer-definierten Selbstbestimmtheit herleitbar. Man müsste sie also begründen, und zwar bitte nicht durch Appelle an die Intuition, sondern rational, z.B. indem man angibt, welchen Nutzen diese Setzung haben soll.

Nein, das braucht man überhaupt nicht. Wenn die harten Inkompatibilisten recht haben, dann stellt sich die Frage nämlich überhaupt nicht mehr, ob es gut oder falsch oder sinnvoll oder nicht sinnvoll wäre, andere für verantwortlich zu halten: dann wäre es genauso unzulässig, jemandem vorzuwerfen, dass er zum Beispiel etwas gestohlen hat, (er konnte ja nicht anders, aka er hatte keine "echte Möglichkeit" dazu, etwas anders zu tun, als das, was er tat), wie ihm zum Beispiel vorzuwerfen, dass irgend ein Erdbeben viele Todesopfer gekostet hat oder dass es den zweiten Weltkrieg gab oder die Inquisition oder was weiß ich (all dies konnte er nach Ansicht der harten Deterministen ganz genauso nicht verhindern, es lag wie der Diebstahl ganz genauso völlig außerhalb seiner Kontrolle).

"Verantwortung" wäre in dem Falle, wenn also harte Inkompatibilisten recht hätten, ein im Vorneherein! unsinniges und auch unzulässiges! Konzept.

Du könntest vielleicht irgend etwas anderes an die Stelle der heutigen Verantwortung setzen. Das mag sein, sehe ich zwar nicht, aber das macht ja erst mal nichts. Das wäre dann aber nicht mehr Verantwortung, es wäre XY (was auch immer).

Deine Konklusion (wenn Du harter Inkompatibilist bist, weiß nicht, ob Du das bist), müsste also notwendigerweise lauten: das Konzept "Verantwortung" ist falsch, da die notwendigen Grundlagen für Verantwortung nicht gegeben sind, widerlegt wurden. "Verantwortung" wäre also gestorben. Und dann, wenn die Grundlagen falsch sind, ist es, wie gesagt, vollkommen gleichgültig, ob man das Konzept prinzipiell als sinnvoll ansieht oder nicht!

Vorschlag: mach doch einen anderen Thread dazu auf ("Ist das Konzept 'Verantwortung' sinnvoll und/oder notwendig und/oder böse und/oder human und/oder gemein?"). Dort werde ich mich dazu sicher auch äußern. Hier aber ist es mMn erst mal nur ein Nebenaspekt. Hier möchte ich erst mal den harten Inkompatibilismus vernünftig begründet sehen. Und: "Schopenhauer meint das doch auch" und "Die meisten anderen Leute meinen das doch auch" sind für mich keine besonders belastbaren Argumente, tut mir leid.

Zwei Argumente haben wir ja schon:

1. Verantwortlichkeit kann nur zugesprochen werden, wenn "echte Möglichkeiten" vorlagen

2. Verantwortlichkeit muss immer auch Letztverantwortlichkeit sein. Ohne Letztverantwortlichkeit überhaupt keine Verantwortlichkeit.

Es wäre wirklich zauberhaft, wenn wir mal diese beiden Argumente besprechen können. Mir leuchten sie nämlich noch nicht so besonders ein.

Wenn Du aber weiterhin nicht argumentieren willst, sondern immer wieder und wieder nur schreist: "Du, Du, Du bist in der Begründungspflicht und ich gar nicht!", dann werde ich Dich wohl bei diesem Thema zukünftig ignorieren müssen.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein extrem großes Problem der harten Inkompatibilisten ist aus meiner Sicht der Einwand der Libertarier, dass, wenn man die Notwendigkeit der "echten Möglichkeiten" für eine moralische Verantwortung als notwendig ansieht und man als harter Inkompatibilist meint, solche "echten Möglichkeiten" gäbe es nicht, daraus automatisch folgt, dass es überhaupt keine moralisch falschen oder richtigen Handlungen geben kann.

Die Argumentation ist zirkulär, weil die Notwendigkeit von "echten Möglichkeiten" in die Definition von "moralisch falsch/richtig" bereits hineingesteckt wird. Ansonsten verharrt auch dieses Argument auf der intuitionistischen Ebene, weil nicht geklärt wird, was mit "moralischer Verantwortung" und "moralisch falsch/richtig" eigentlich gemeint sein könnte.

Moralische Verantwortung: jemand kann für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden. Normalerweise wird als Voraussetzung dafür Folgendes gesehen: seine Handlungen sind von ihm verursacht und lagen unter seiner Kontrolle.

Moralisch falsch/richtig: jemand kommt seiner moralischen Verantwortung (nicht) nach.

Die Argumentation ist übrigens nicht zirkulär. Ich verstehe auch nicht genau, wieso Du das meinst. Vielleicht könntest Du das explizit an der ausformulierten Version des Argumentes zeigen.

#512:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 19:30
    —
step hat folgendes geschrieben:
@AP: Ich finde Deine Zusammenfasung im wesentlichen OK,

Danke.

Vor allem ist dabei der mE ziemlich unglückliche Fokus der Diskussion auf "Determinismus" eliminiert.

step hat folgendes geschrieben:
mich stört nur eins:

Mir bleibt ja nur der harte Inkompatibilismus da ich die libertaristische Position aus physikalischen Gründen ablehnen muß und die kompatibilistische aus meiner Sicht Unfreiheit beschreibt. Soweit OK. Aber Punkt (3.) (niemand verdient Lob oder Tadel) ist nicht unbedingt die Position des Inkompatibilisten, obwohl dieser Eindruck erweckt wird. Ein Inkompatibilist könnte Lob und Tadel, oder generell die Zuweisung von Verantwortung, aus anderen Gründen (als dem der absoluten moralischen Verdientheit) für zweckdienlich halten.

Du hast schon wieder ein "absolut" eingeschmuggelt. Ich habe jedoch nichts von Absolutheit gesagt.

Lob und Tadel können in der ursprünglichen Bedeutung nur für selbstverantwortete Handlungen verteilt werden. Und verantwortlich sieht man gemeinhin nur diejenigen an, die ihre Handlungen (zu wesentlichen Anteilen) selbst steuern konnten.

Daher bleibt für Dich, wenn Du harter Inkompatibilist bist, nur, diese Kategorien als überholt/unzulässig anzusehen.

Du kannst natürlich neue Kategorien entwickeln, aber die haben dann mit der ursprünglichen Bedeutung nichts mehr gemein.

Daher wäre es gut, wenn Du diese Kategorien auch gleich anders nennen würdest.

step hat folgendes geschrieben:
Ich habe hier schon oft vorgeschlagen, wie ein Konzept der Verantwortung aus deterministische Sicht aussehen könnte:

Die Gemeinschaft weist dem Einzelnen Verantwortung (= Rechte, Pflichten) zu, wenn man es für wahrscheinlich hält, daß er sich im Sinne der Allgemeinheit verhält.

"Für wahrscheinlich hält"? Sollte man dann also zum Beispiel bei einer Normverletzung nicht mehr untersuchen, welche Umstände genau denjenigen (eventuell) zu der Normverletzung getrieben haben (Zwangsstörung, äußere Zwänge, etc.)? Und wenn man es doch untersuchen sollte und daraufhin ggf. den moralischen Vorwurf justiert, was unterscheidet es dann noch von der heutigen Auffassung von Verantwortung?

step hat folgendes geschrieben:
(3.) ist daher aus meiner Sicht ein Strohmann, zumindest in bezug auf einige der Deterministen, zum Beispiel kolja und mich, denn man kann sehrwohl ein mit dem Determinismus vereinbares Konzept der Verantwortung angeben.

Dieser Strohmann-Vorwürfe bin ich langsam echt müde. In jeden zweiten Beitrag tauchen die auf.

Das ist kein Strohmann. Wie in meiner Antwort an kolja schon gesagt, wäre das Konzept der Verantwortung dann, wenn harte Inkompatibilisten mit ihrer Sichtweise recht hätten, automatisch in Gänze hinfällig, denn es beruht auf bestimmten Annahmen, die harte Inkompatibilisten für falsch erklären.

Du kannst dann ein neues Konzept entwerfen. Das würde mich interessieren, aber Verantwortung sollte man das nicht mehr nennen.

step hat folgendes geschrieben:
Es folgt in der Tat aus der Abwesenheit echter Möglichkeiten, daß es überhaupt keine absolut(!) moralisch falschen oder richtigen Handlungen geben kann.

Das Argument hat nichts, aber auch gar nichts mit irgend einer "Absolutheit" zu tun.

step hat folgendes geschrieben:
Es ist dieser letztliche moralische Relativismus, de vielen Kompatibilsiten Angst macht.

Ach, Unsinn.

Wir sollten einfach mal versuchen, auf Diffamierungen zu verzichten. Das sind nämlich keine besonders guten Argumente.

#513:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 20:17
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein Inkompatibilist könnte Lob und Tadel, oder generell die Zuweisung von Verantwortung, aus anderen Gründen (als dem der absoluten moralischen Verdientheit) für zweckdienlich halten.

Du hast schon wieder ein "absolut" eingeschmuggelt. Ich habe jedoch nichts von Absolutheit gesagt.

Ich hatte es so verstanden, weil es mE nur so aus der inkompatibilistischen Haltung folgt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du kannst dann ein neues Konzept entwerfen. Das würde mich interessieren, aber Verantwortung sollte man das nicht mehr nennen.

Du hast insofern recht, als viele Philosophen und Ethiker den Begriff "Verantwortung tragen" hauptsächlich als das verstehen, das ein späteres "zur Rechenschaft ziehen" legitimiert. Für sie lädt nämlich jemand, der seiner Verantwortung nicht gerecht wird, Schuld auf sich und die legitimiert Vergeltung und Bestrafung.

Früher ging es in FW-threads immer um Schuld und Strafe. Ich habe dort mehrfach deutlich gemacht, daß ich diese Konzepte tatsächlich aus Gründen ähnlich (3.) ablehne. Der Begriff "Verantwortung" dagegen schien mir neutraler, auch mit inkompatibilistischen Ansichten vereinbar, denn er enthält (für mich) keine primär moralische, vergeltungsfähige Komponente.

Wenn ich damit aber falsch liege, verzichte ich - wenn auch ungern - auf "Verantwortung" und frage Dich, wie Du das nennst, was die Allgemeinheit dem Einzelnen zumißt, weil sie meint, daß er sich hinreichend konform verhalten wird? Rechte und Pflichten vielleicht?

Zudem fordere ich im Gegenzug natürlich den Verzicht der Kompatbilisten auf den Ausdruck "Freier Wille" zugunsten von z.B. "Wille" oder "Präferenz". Hier ist der Widerspruch viel klarer, denn der bedingte Wille ist unfrei, weil er vollständig bedingt ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lob und Tadel können in der ursprünglichen Bedeutung nur für selbstverantwortete Handlungen verteilt werden. Und verantwortlich sieht man gemeinhin nur diejenigen an, die ihre Handlungen (zu wesentlichen Anteilen) selbst steuern konnten.

Wie jetzt, loben und tadeln soll ich auch nicht nehr dürfen? Lob und Tadel bedeuten erstmal nur eine positive bzw. negative Rückkopplung für eine Handlung.

wikipedia hat folgendes geschrieben:
Der Tadel bezeichnet eine Erziehungsmaßnahme mit verhaltenskorrigierender Funktion. ... Er bezweckt die Hinführung oder Rückführung zu normangemessenem Verhalten.

Das ist schön utilitaristisch und unabhängig vom unfreien Freien Willen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich habe hier schon oft vorgeschlagen, wie ein Konzept der Verantwortung aus deterministische Sicht aussehen könnte:

Die Gemeinschaft weist dem Einzelnen Verantwortung (= Rechte, Pflichten) zu, wenn man es für wahrscheinlich hält, daß er sich im Sinne der Allgemeinheit verhält.

"Für wahrscheinlich hält"? Sollte man dann also zum Beispiel bei einer Normverletzung nicht mehr untersuchen, welche Umstände genau denjenigen (eventuell) zu der Normverletzung getrieben haben (Zwangsstörung, äußere Zwänge, etc.)?

Doch, natürlich, man will den Zusammenhang ja verstehen, um in Zukunft Verantwortung treffsicherer zuzuweisen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn man es doch untersuchen sollte und daraufhin ggf. den moralischen Vorwurf justiert, was unterscheidet es dann noch von der heutigen Auffassung von Verantwortung?

Vom Justieren eines moralischen Vorwurfs habe ich nichts gesagt. Wenn man denjenigen tadelt, dann nur, wenn man glaubt, daß er so normgerechter handeln wird. Mein Vorschlag deckt sich mE tatsächlich mit Teilen des heutigen Rechts- und Erziehungssystems, nämlich mit dem utilitaristischen Teil.

#514:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 20:19
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Verstehe ich nicht, kannst du das Haji-Argument mal näher erläutern?

Wieso soll ich hier alles vorkauen? Ich habe doch den Link dazu gegeben, reicht das etwa nicht? Kannst Du nicht selber klicken und lesen?

Aber ausnahmsweise: das Argument lautet wie folgt:


Ich mag es gar nicht irgendwelche Links vorgesetzt zu bekommen, aus denen ich mir die Argumentation selber herauslesen soll. Bitte in Zukunft nicht mehr.

Zitat:


1. Agent S ist dann und nur dann moralisch verpflichtet, A zu tun (bzw. A nicht zu tun), wenn es moralisch falsch für S ist, A nicht zu tun (bzw. A zu tun).

2. Agent S hat nur dann die moralische Verpflichtung, A zu tun (nicht zu tun), wenn er die echte Möglichkeit dazu hat, A zu tun bzw. nicht zu tun.

3. Daher ist es nur dann moralisch falsch von S, A zu tun (nicht zu tun), wenn er die echte Möglichkeit hat, A zu tun (nicht zu tun).

4. Wenn die Welt streng naturgesetzlich abläuft, dann hat S keine echte Möglichkeit, anders zu handeln, als er tatsächlich handelt.

5. Daher kann es in einer naturgesetzlichen Welt keine falschen Handlungen geben.


Erinnert mich an "WENN ich Katzen Hunde nenne, DANN sind Katzen Hunde."
Ich kann natürlich Beliebiges in die Prämissen hineinlegen, um beliebige Schlussfolgerungen zu ziehen.
Im übrigen hindert mich nichts daran, Handlungen, die anderen nützen, als moralisch gut zu bezeichnen, auch wenn ich keinen freien Willen annehme.

Denn auch nach deiner Argumentation ist es so, dass grundsätzlich die "echte Möglichkeit" zu solchen Handlungen besteht - vielen Menschen gelingt es ja, sich so zu verhalten.
Wie es im konkreten Einzelfall aussieht, ist noch einmal eine andere Frage. Ich muss also unterscheiden zwischen moralischen Bewertungen auf einer allgemeinen und auf einer individuellen Ebene. Allgemein mag ich die Norm aufstellen, dass Handlungen, die anderen schaden, moralisch schlecht sind. Wenn ich dann einen individuellen Fall bewerte, kann ich urteilen, dass eine Handlung gemessen an der Norm moralisch schlecht war. Wenn es darum geht, die moralische Schuld des Handelnden zu beurteilen, muss ich berücksichtigen, dass dessen Wille nicht frei war. Das macht aber diese Handlung nicht "gut".

#515:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 20:42
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Diese "moralische Verantwortlichkeit" ist für viele Menschen eine Art "moralisches Naturgesetz", bzw. sie sind intuitiv der Meinung, dass die "moralische Verantwortlichkeit" aus der Selbstbestimmtheit von Handlungen automatisch folgt, unabhängig davon, wie Selbstbestimmtheit im Einzelnen definiert wird. In Wirklichkeit handelt es sich aber um eine normative Setzung.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das spielt erst mal überhaupt keine Rolle.

Ich halte das für den einzig wesentlichen Punkt, der ganze Rest ist nur Ablenkung.

kolja hat folgendes geschrieben:
Klar kann man diese Setzung vornehmen, wenn man das will, sie ist aber nicht ohne zusätzliche Prämissen aus der wie-auch-immer-definierten Selbstbestimmtheit herleitbar. Man müsste sie also begründen, und zwar bitte nicht durch Appelle an die Intuition, sondern rational, z.B. indem man angibt, welchen Nutzen diese Setzung haben soll.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nein, das braucht man überhaupt nicht.

Wie jetzt? Bestreitest Du, dass es sich um eine normative Setzung handelt? Oder bestreitest Du, dass man normative Setzungen begründen muss?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn die harten Inkompatibilisten recht haben, dann stellt sich die Frage nämlich überhaupt nicht mehr, ob es gut oder falsch oder sinnvoll oder nicht sinnvoll wäre, andere für verantwortlich zu halten: dann wäre es genauso unzulässig, jemandem vorzuwerfen, dass er zum Beispiel etwas gestohlen hat, (er konnte ja nicht anders, aka er hatte keine "echte Möglichkeit" dazu, etwas anders zu tun, als das, was er tat), wie ihm zum Beispiel vorzuwerfen, dass irgend ein Erdbeben viele Todesopfer gekostet hat oder dass es den zweiten Weltkrieg gab oder die Inquisition oder was weiß ich (all dies konnte er nach Ansicht der harten Deterministen ganz genauso nicht verhindern, es lag wie der Diebstahl ganz genauso völlig außerhalb seiner Kontrolle). "Verantwortung" wäre in dem Falle, wenn also harte Inkompatibilisten recht hätten, ein im Vorneherein! unsinniges und auch unzulässiges! Konzept. [...] Deine Konklusion (wenn Du harter Inkompatibilist bist, weiß nicht, ob Du das bist), müsste also notwendigerweise lauten: das Konzept "Verantwortung" ist falsch, da die notwendigen Grundlagen für Verantwortung nicht gegeben sind, widerlegt wurden. "Verantwortung" wäre also gestorben. Und dann, wenn die Grundlagen falsch sind, ist es, wie gesagt, vollkommen gleichgültig, ob man das Konzept prinzipiell als sinnvoll ansieht oder nicht!

Ich halte lediglich "moralische Verantwortung" oder "Vorwerfbarkeit" im Sinne eines "moralischen Naturgesetzes" für sinnlos und widerlegt.

Verantwortung ist eine menschliche Erfindung, wir weisen Personen Verantwortung zu, oder verhängen Konsequenzen gegen sie, um zusätzliche Determinanten für zukünftige Handlungen zu setzen. In einer Welt ohne Konsequenzen für Diebstahl fände mehr Diebstahl statt, also ist die Verantwortungszuweisung ein Mittel, um Diebstahl zu verhindern. Dazu muss ich nicht annehmen, dass ein bestimmter Dieb in einer bestimmten Situation anders hätte handeln können, sondern nur glauben, dass er anders handeln würde, wenn er nicht von der drohenden Konsequenz wüsste.

Der Unterschied zwischen uns beiden besteht vor allem darin, dass aus meiner Sicht die Verantwortungszuweisung und die Konsequenzen nur Mittel zum Zweck sind, während Du so argumentierst, als wäre das gegeben-sein von Verantwortung bereits eine hinreichende Rechtfertigung für die Verhängung gewisser Konsequenzen. (Erinnere Dich an die Diskussionen um Bestrafung auch dann, wenn dadurch keine zukünftigen Verbrechen verhindert werden!) Damit argumentierst Du aber letztlich nicht anders als diejenigen, die von einem "moralischen Naturgesetz" ausgehen, oder Du hältst zumindest weitere Prämissen zurück, und diese Argumentation kann ich nicht akzeptieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn Du aber weiterhin nicht argumentieren willst, sondern immer wieder und wieder nur schreist: "Du, Du, Du bist in der Begründungspflicht und ich gar nicht!", dann werde ich Dich wohl bei diesem Thema zukünftig ignorieren müssen.

Darauf bin ich doch schon eingegangen. Du hast an anderer Stelle versucht, eine Entscheidungssituation (fremd- vs. selbstbestimmt) zu suggerieren und daraus eine Begründungspflicht zu konstruieren, dem habe ich entgegengehalten, dass derjenige, der die normativen Setzungen vorschlägt, in der Begründungspflicht ist, und nicht umgekehrt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Moralische Verantwortung: jemand kann für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden.

Dem kann ich nicht zustimmen, weil sich diese Formulierung nicht deutlich genug gegen die Interpretation als "moralisches Naturgesetz" abgrenzt und keine Zwecke benennt. Ich will aber die Zwecke in der Diskussion benannt haben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Normalerweise wird als Voraussetzung dafür Folgendes gesehen: seine Handlungen sind von ihm verursacht und lagen unter seiner Kontrolle.

Da kann ich auch nicht zustimmen, weil sich diese Formulierung nicht deutlich genug gegen eine Interpretation im Sinne eines "echten" / inkompatibilisitschen FW abgrenzt. Ich will aber, dass diese Unterschiede in der Diskussion deutlich sichtbar sind.

Meine Definition von Verantwortung: wir weisen Verantwortung zu, weil wir uns wünschen, dass er anders gehandelt hätte, weil wir wissen, dass die meisten anderen in seiner Situation anders gehandelt hätten, und wir glauben, dass er und/oder Dritte in Zukunft nicht mehr so handeln, wenn wir ihm Verantwortung zuweisen bzw. ihn zur Rechenschaft ziehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Argumentation ist übrigens nicht zirkulär. Ich verstehe auch nicht genau, wieso Du das meinst. Vielleicht könntest Du das explizit an der ausformulierten Version des Argumentes zeigen.

In Deiner Formulierung war es zirkulär, in der ausformulierten Variante brauche ich lediglich darauf zu verweisen, dass ich (2) so nicht setze.


Zuletzt bearbeitet von kolja am 27.04.2008, 20:52, insgesamt 2-mal bearbeitet

#516:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 20:46
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Heiner lies doch deine Zitatenpatchwork nochmals.

Weisst du, wenn Bieri seine Gedanken zum Freien Willen auf 2-3 Zeilen hätte eindampfen können, hätte der Mercier mehr Zeit gehabt einen weiteren Bestseller zu schreiben.

Also liess du zuerst das Buch, bevor du voluntaristisch versuchst es auf 2-3 montierte Zeilen runterzudampfen.

Bieri ist ein Schweizer der in Deutschland lebt und wirkt, ich bin ein Deutscher, der in der Schweiz lebt und wirkt, also in gewisser Weise sind wir "verquer", aber vielleicht determiniert es mich, schweizerische Texte ein bisschen besser zu verstehen, denn wie schreibt Bieri oben "von mir gefettet, vergrössert und gefärbt":

Ganz

Mein Skibindungsmodell ist so gewählt, dass Textilbremse und auf einem Ski den Schwung stehen, keine ganz unterschiedlichen Handlungen sind.


Ja, stell dir vor, ich bin halb Deutscher, halb Schweizer und lebe in Deutschland. Was sagt uns das jetzt? Vielleicht, dass ich Bieri am allerbesten verstehe. Lachen

Auf die feinsinnige Differenzierung von wegen "ganz" wäre ich natürlich nicht gekommen.

Nach dem, was ich ÜBER Bieri gelesen habe, handelt es sich bei ihm um einen Kompatibilisten, d.h. er verbindet Determinismus mit Willensfreiheit. Der Text, den du gepostet hast, geht für mich auch in diese Richtung. Daher behaupte ich jetzt mal, dass man "ganz" auch streichen.

Ansonsten würde ja Folgendes für Bieri zutreffen:

Es ist trifft nicht zu, dass der Wille unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte.

Es trifft aber zu, dass der Wille unter exakt denselben inneren un äußeren Bedingungen ein bisschen unterschiedliche Wege nehmen könnte.


Das würde unterstellen, dass Bieri einen so genannten "relativen Indeterminismus" vertreten würde. Das ist, sorry, die vielleicht unsinnigste Position, die man vertreten kann.
Sollte ein Schweizer Philosoph so viel Unsinn verzapfen? zwinkern Lachen

#517:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 22:33
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein Inkompatibilist könnte Lob und Tadel, oder generell die Zuweisung von Verantwortung, aus anderen Gründen (als dem der absoluten moralischen Verdientheit) für zweckdienlich halten.

Du hast schon wieder ein "absolut" eingeschmuggelt. Ich habe jedoch nichts von Absolutheit gesagt.

Ich hatte es so verstanden, weil es mE nur so aus der inkompatibilistischen Haltung folgt.

Hm, bin nicht sicher, ob ich das jetzt richtig verstehe. Es ist wohl richtig, dass (viele/einige) Inkompatibilisten davon ausgehen, Verantwortung müsse etwas absolutes sein. Was ich aber für nicht plausibel halte. Jetzt weiß ich nicht, ob Du auch diese Ansicht hast (Verantwortung = Letztverantwortung). Und wenn ja: warum eigentlich?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du kannst dann ein neues Konzept entwerfen. Das würde mich interessieren, aber Verantwortung sollte man das nicht mehr nennen.

Du hast insofern recht, als viele Philosophen und Ethiker den Begriff "Verantwortung tragen" hauptsächlich als das verstehen, das ein späteres "zur Rechenschaft ziehen" legitimiert. Für sie lädt nämlich jemand, der seiner Verantwortung nicht gerecht wird, Schuld auf sich und die legitimiert Vergeltung und Bestrafung.

Richtig. Das ist die Legitimation für das Strafrecht. Und verantwortlich kann nur derjenige sein, der seine Handlungen (wesentlich) beeinflussen konnte, den man also als (Haupt-)Urheber seiner Handlung ansieht. Derjenige, der das nicht konnte, bzw. der das nicht war, kann auch in dieser Auffassung von Verantwortung nicht strafrechtlich belangt werden.

step hat folgendes geschrieben:
Früher ging es in FW-threads immer um Schuld und Strafe. Ich habe dort mehrfach deutlich gemacht, daß ich diese Konzepte tatsächlich aus Gründen ähnlich (3.) ablehne.

Ok. Also ist für Dich Verantwortlichkeit nur dann gegeben, wenn es gleichzeitig auch Letztverantwortlichkeit ist?

step hat folgendes geschrieben:
Der Begriff "Verantwortung" dagegen schien mir neutraler, auch mit inkompatibilistischen Ansichten vereinbar, denn er enthält (für mich) keine primär moralische, vergeltungsfähige Komponente.

Hm, naja, für mich ist für die Zulässigkeit der Vorwerfbarkeit einer Handlung direkt die Vorstellung verbunden, dass es in der Möglichkeit desjenigen lag, diese Handlung aufgrund eigener Entscheidung auch tatsächlich durchzuführen (bzw. sie zu unterlassen). Und wenn das gegeben war, und nur dann, halte ich ihn für verantwortlich für diese Handlung (bzw. das Unterlassen der Handlung). Und, ja, natürlich enthält diese Vorwerfbarkeit eine moralische Komponente: das war falsch von Dir, dies zu tun! Es wäre mE sinnlos und falsch, das jemandem vorzuwerfen, der seine Handlungen gar nicht kontrollieren kann.

step hat folgendes geschrieben:
Wenn ich damit aber falsch liege, verzichte ich - wenn auch ungern - auf "Verantwortung" und frage Dich, wie Du das nennst, was die Allgemeinheit dem Einzelnen zumißt, weil sie meint, daß er sich hinreichend konform verhalten wird? Rechte und Pflichten vielleicht?

Nö, ich nenne das Verantwortung (ich nehme an, derjenige kann das leisten, was von ihm verlangt wird) und sehe noch nicht so recht den Unterschied in Deiner Verwendung.

step hat folgendes geschrieben:
Zudem fordere ich im Gegenzug natürlich den Verzicht der Kompatbilisten auf den Ausdruck "Freier Wille" zugunsten von z.B. "Wille" oder "Präferenz". Hier ist der Widerspruch viel klarer, denn der bedingte Wille ist unfrei, weil er vollständig bedingt ist.

Ich hänge nicht an Worten und Begriffen. Nur ist das immerhin der gemeinhin verwendete Begriff, wenn es eben um die Zuweisung von Verantwortung geht. Von mir aus aber können wir es auch "Steuerungsfähigkeit", "Autonomie", "Selbstbestimmung" oder "Fähigkeit zur moralische Verantwortlichkeit" nennen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lob und Tadel können in der ursprünglichen Bedeutung nur für selbstverantwortete Handlungen verteilt werden. Und verantwortlich sieht man gemeinhin nur diejenigen an, die ihre Handlungen (zu wesentlichen Anteilen) selbst steuern konnten.

Wie jetzt, loben und tadeln soll ich auch nicht nehr dürfen? Lob und Tadel bedeuten erstmal nur eine positive bzw. negative Rückkopplung für eine Handlung.

Hm, naja, weiß nicht. Das hört sich dann eher nach "Schräubchen drehen" oder "reparieren" an. Wir "tadeln" und "loben" ja auch nicht eine Software, wenn sie ungenügend oder hervorragend funktioniert.

Aber das sei erst mal dahingestellt. Mich interessieren hier ja vor allem die Argumente der harten Inkompatibilisten.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn man es doch untersuchen sollte und daraufhin ggf. den moralischen Vorwurf justiert, was unterscheidet es dann noch von der heutigen Auffassung von Verantwortung?

Vom Justieren eines moralischen Vorwurfs habe ich nichts gesagt. Wenn man denjenigen tadelt, dann nur, wenn man glaubt, daß er so normgerechter handeln wird. Mein Vorschlag deckt sich mE tatsächlich mit Teilen des heutigen Rechts- und Erziehungssystems, nämlich mit dem utilitaristischen Teil.

Meiner Meinung nach beruhen die Rechte und Pflichten unserer Gesellschaft auf der Vorstellung, dass (erwachsene) Menschen grundsätzlich in der Lage dazu sind, Normen zu verstehen und anzuwenden und dass sie nicht nur Rädchen im Getriebe einer prinzipiell unverstehbaren naturgesetzlichen Welt sind. Mit anderen Worten: sie werden als selbstverantwortliche Wesen angesehen. Und nur weil sie diese Fähigkeit haben, ist es mMn überhaupt zulässig, an sie diese moralischen Forderungen zu stellen und nur deswegen ist auch das Strafrecht legitim. Für eine Umstellung auf ein erziehungsbasiertes / rein präventives System, wie es Dir vielleicht vorschwebt, sehe ich im Moment keine Legitimation. Und eine solche halte ich für sehr notwendig. Aber das ist ein anderer Thread.

Lass uns doch hier mal auf die Argumente pro/contra Inkompatibilismus/Kompatibilismus konzentrieren.

Wieso also soll die Unmöglichkeit einer Letztverantwortung (die ich nicht bestreite) moralische Verantwortlichkeit ausschließen?

#518:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 22:45
    —
Step,

du machst schon wieder den Fehler, Sprache wie Mathematik oder physikalische Formeln zu behandeln.

Der Begriff "bedingt Freier Wille" impliziert, dass es keinen "absolut Freien Willen" gibt, er impliziert aber keineswegs dass der Wille total determiniert ist.

Meinst du im Ernst, ein Bieri würde mehre hundert Seiten zum "bedingt Freien Willen" abdrücken, wenn er damit nur einen Euphemismus für "vollständig determinierten Willen" meinen würde.

Wohl kaum.

Agnost

#519:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 22:51
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Verstehe ich nicht, kannst du das Haji-Argument mal näher erläutern?
Wieso soll ich hier alles vorkauen? Ich habe doch den Link dazu gegeben, reicht das etwa nicht? Kannst Du nicht selber klicken und lesen?

Aber ausnahmsweise: das Argument lautet wie folgt:

Ich mag es gar nicht irgendwelche Links vorgesetzt zu bekommen, aus denen ich mir die Argumentation selber herauslesen soll. Bitte in Zukunft nicht mehr.

Ich habe Dir sicher keinen Link "vorgesetzt". Du träumst wohl. Ich habe einen Link ins Forum gestellt, nicht mehr und nicht weniger. Und ich werde auch in Zukunft keine Rücksicht auf Deine unbegründeten Befindlichkeiten nehmen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Im übrigen hindert mich nichts daran, Handlungen, die anderen nützen, als moralisch gut zu bezeichnen, auch wenn ich keinen freien Willen annehme.

Dazu müssen aber sicherlich bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Und eine Voraussetzung, rate ich einfach mal, wird es sein, dass Du diese Handlung als im Einflussbereich von S gesehen hast. Nun kommt das Argument zum Tragen: Inkompatibilisten behaupten, dass nur diejenigen Handlungen, die ausgeführt wurden, im Einflussbereich des Handelnden lagen. Alle anderen nicht. Und jetzt kommst Du.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Denn auch nach deiner Argumentation ist es so, dass grundsätzlich die "echte Möglichkeit" zu solchen Handlungen besteht - vielen Menschen gelingt es ja, sich so zu verhalten.

Ich halte die Verbindung von "echten Möglichkeiten" und "Verantwortung" für absolut unsinnig und selbstwidersprüchlich. Vielleicht gelingt es aber mal jemandem, ein Argument für diese Sichtweise zu bringen. Das wäre ganz schrecklich entzückend und da würde ich mich auch sehr freuen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wie es im konkreten Einzelfall aussieht, ist noch einmal eine andere Frage.

Hallo: Das genau ist die Frage! Kann S für die Handlung A (bzw. die Unterlassung der Handlung A) verantwortlich sein? Das eben ist es doch, was harte Inkompatibilisten bestreiten, weil ihrer Meinung nach keine "echte Möglichkeit" für S bestand, A zu tun (nicht zu tun). Ganz genauso wenig, wie er ein Erdbeben verhindern könnte. Und es entspricht nicht dem heutigen Verständnis von Verantwortung, jemanden für etwas verantwortlich zu machen, was außerhalb seiner Möglichkeiten lag (Erdbeben).

Heiner hat folgendes geschrieben:
Ich muss also unterscheiden zwischen moralischen Bewertungen auf einer allgemeinen und auf einer individuellen Ebene. Allgemein mag ich die Norm aufstellen, dass Handlungen, die anderen schaden, moralisch schlecht sind. Wenn ich dann einen individuellen Fall bewerte, kann ich urteilen, dass eine Handlung gemessen an der Norm moralisch schlecht war.

Auch wenn die Handlung (bzw. das Unterlassen der Handlung) völlig außerhalb des möglichen Handlungsspielraumes lag?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn es darum geht, die moralische Schuld des Handelnden zu beurteilen, muss ich berücksichtigen, dass dessen Wille nicht frei war. Das macht aber diese Handlung nicht "gut".

Hum? Sagte das jemand? In einer harten inkompatibilistischen Welt kann es weder gut noch schlecht geben. Das sagt das Argument.

#520:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 23:04
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Heiner lies doch deine Zitatenpatchwork nochmals.

Weisst du, wenn Bieri seine Gedanken zum Freien Willen auf 2-3 Zeilen hätte eindampfen können, hätte der Mercier mehr Zeit gehabt einen weiteren Bestseller zu schreiben.

Also liess du zuerst das Buch, bevor du voluntaristisch versuchst es auf 2-3 montierte Zeilen runterzudampfen.

Bieri ist ein Schweizer der in Deutschland lebt und wirkt, ich bin ein Deutscher, der in der Schweiz lebt und wirkt, also in gewisser Weise sind wir "verquer", aber vielleicht determiniert es mich, schweizerische Texte ein bisschen besser zu verstehen, denn wie schreibt Bieri oben "von mir gefettet, vergrössert und gefärbt":

Ganz

Mein Skibindungsmodell ist so gewählt, dass Textilbremse und auf einem Ski den Schwung stehen, keine ganz unterschiedlichen Handlungen sind.


Ja, stell dir vor, ich bin halb Deutscher, halb Schweizer und lebe in Deutschland. Was sagt uns das jetzt? Vielleicht, dass ich Bieri am allerbesten verstehe. Lachen

Auf die feinsinnige Differenzierung von wegen "ganz" wäre ich natürlich nicht gekommen.

Nach dem, was ich ÜBER Bieri gelesen habe, handelt es sich bei ihm um einen Kompatibilisten, d.h. er verbindet Determinismus mit Willensfreiheit. Der Text, den du gepostet hast, geht für mich auch in diese Richtung. Daher behaupte ich jetzt mal, dass man "ganz" auch streichen.

Ansonsten würde ja Folgendes für Bieri zutreffen:

Es ist trifft nicht zu, dass der Wille unter exakt denselben inneren und äußeren Bedingungen ganz unterschiedliche Wege nehmen könnte.

Es trifft aber zu, dass der Wille unter exakt denselben inneren un äußeren Bedingungen ein bisschen unterschiedliche Wege nehmen könnte.


Das würde unterstellen, dass Bieri einen so genannten "relativen Indeterminismus" vertreten würde. Das ist, sorry, die vielleicht unsinnigste Position, die man vertreten kann.
Sollte ein Schweizer Philosoph so viel Unsinn verzapfen? zwinkern Lachen


Warum liesst du in dir nicht ganz durch?

Erstensmal gibt es ja wie wir wissen keine exakt gleiche innere und äussere Bedingungen sondern nur ein "bisschen" ähnliche innere und äussere Bedingungen, und auf die kann man natürliche ein bisschen ähnlich oder ein bisschen anders reagieren.

Und wenn du ja halb Schweizer bist, weisst du ja, dass der Kompromiss, die grösste Schweizer Tugend ist, noch vor der Bescheidenheit. Und dass Schweizer gerne im Dinumintiv und im Konditional "schwimmen."

"Dörfs es bitzeli meh si", hörst du in jeder Metzgereiabteilung.
Und meisst sagt man ja, aber es wäre keine ganz andere Entscheidung, wenn man mal sagen würde:

"Nei hüt uusnahmswiis nöd, lieber es bitzeli weniger."

Der Begriff vom "bedingt Freien Willen" macht nur Sinn, wenn innerhalb gewisser Rahmenbedingungen physikalischer Natur, eine freie Entscheidung möglich ist.

Wenn das nicht möglich wäre, dann kannst du den Begriff "bedingt Freier Wille" kicken.

Ein Kompatibilist, ist jemand, der annerkennt, das wir physikalische Determiniert sind, dass aber zu dieser Determiniertheit "ein bisschen freie Wahl" gehört.

Insofern ist ein Kompatibilist ein "Kompromissler".

Ziel bei der Textilbremse am Buckelhang und dem Ausfahren auf einem Ski ist das Verhindern eines "ungeleiteten Sturzes".
Beide Handlungsvarianten sind, nicht ganz verschieden.

Beim Ampelbeispiel ohne Autoverkehr, ist das Ziel die Ueberquerung der Strasse.
Einmal passiert sie "sicher" bei Rot, dass andere mal "sicher" bei Grün.
Die Wahl ist nicht ganz verschieden.

Und genau um dieses "ganz" dreht sich das "Handwerk der Freiheit".

Unerträglich wäre für Bieri der Total-Indeterminierte aber auch der Total-Determinierte Mensch.

Der Total-Indeterminierte Mensch ist für Bieri eh nur als ein Mensch mit totalem Gedächtnisverlust einigermassen annähernd denkbar.

Agnost

//Edit ist das Verhindern eines "ungeleiteten Sturzes".//
Sorry Verlegen


Zuletzt bearbeitet von Agnost am 28.04.2008, 00:47, insgesamt einmal bearbeitet

#521:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 23:04
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Argumentation ist übrigens nicht zirkulär. Ich verstehe auch nicht genau, wieso Du das meinst. Vielleicht könntest Du das explizit an der ausformulierten Version des Argumentes zeigen.

In Deiner Formulierung war es zirkulär, in der ausformulierten Variante brauche ich lediglich darauf zu verweisen, dass ich (2) so nicht setze.

Dann bist Du kein harter Inkompatibilist.

Ansonsten: wenn Du über Ziele diskutieren willst, dann musst Du Dir jemanden suchen, der ebenfalls über Ziele diskutieren möchte.

Ich will das hier nicht tun, weil ich das nicht für zielführend in dieser Diskussion halte, wie schon mehrfach begründet. Mich interessieren hier Argumente pro/contra Inkompatibilismus/Kompatibilismus. That's it.

#522:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 23:09
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann bist Du kein harter Inkompatibilist.

Kunstvoll gesnippt. Doch, ich bin harter Inkompatibilist in Bezug auf auf Deinen naiv-intuitionistischen Verantwortungsbegriff.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ansonsten: wenn Du über Ziele diskutieren willst, dann musst Du Dir jemanden suchen, der ebenfalls über Ziele diskutieren möchte. Ich will das hier nicht tun, weil ich das nicht für zielführend in dieser Diskussion halte, wie schon mehrfach begründet. Mich interessieren hier Argumente pro/contra Inkompatibilismus/Kompatibilismus. That's it.

Dann halte ich hiermit fest, dass Du nicht in der Lage warst, Deinen Verantwortungsbegriff zu begründen. Du beschränkst Dich mal wieder darauf, seine Verwendung lediglich mittels Definitionsspielchen zu verteidigen. Also beschwere Dich nicht, wenn ich Dir weiterhin Deine Begründungspflicht vorhalte.

#523:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 23:27
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jetzt weiß ich nicht, ob Du auch diese Ansicht hast (Verantwortung = Letztverantwortung).

Nein, ich habe ja geschrieben, was ich unter Verantwortung verstehe, für mich ist Verantwortung immer nur zugewiesen und immer nur auf die Zukunft bezogen. Du hast wohl zurecht darauf hingewiesen, daß die meisten Leute unter Verantwortung mehr verstehen, nämlich Schuld- und Straffähigkeit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Früher ging es in FW-threads immer um Schuld und Strafe. Ich habe dort mehrfach deutlich gemacht, daß ich diese Konzepte tatsächlich aus Gründen ähnlich (3.) ablehne.

Ok. Also ist für Dich Verantwortlichkeit nur dann gegeben, wenn es gleichzeitig auch Letztverantwortlichkeit ist?

Nein, ich sprach von Schuld. Aber selbst da gibt es natürlich relativierte Versionen, etwa wie beim Wort "Schulden" im materiellen Sinne.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... das war falsch von Dir, dies zu tun! Es wäre mE sinnlos und falsch, das jemandem vorzuwerfen, der seine Handlungen gar nicht kontrollieren kann.

Es wäre uU sinnvoll, jemanden auf die Falschheit seines Tuns hinzuweisen, wenn man erwartet, daß dies einen Prozeß in Gang setzt, der seine Handlungen bessert. Kontrolle oder Automomie bedeutet das nicht, auch wenn dieser rein kausale Prozeß natürlich die emergente Person irgendwie betrifft und Du die spätere Entscheidung daher vermutlich als "selbstkontrolliert" definierst.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn ich damit aber falsch liege, verzichte ich - wenn auch ungern - auf "Verantwortung" und frage Dich, wie Du das nennst, was die Allgemeinheit dem Einzelnen zumißt, weil sie meint, daß er sich hinreichend konform verhalten wird? Rechte und Pflichten vielleicht?

Nö, ich nenne das Verantwortung (ich nehme an, derjenige kann das leisten, was von ihm verlangt wird) und sehe noch nicht so recht den Unterschied in Deiner Verwendung.

Naja, für Dich impliziert die Zumessung von Rechten und Pflichten (aka Verantwortung) zusätzlich auch Rechenschaft, Schuld und Straffähigkeit, für mich nicht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Von mir aus aber können wir es auch "Steuerungsfähigkeit" ... nennen.

Das ist irreführend, da die "Steuerung" ja in einen rein kausalen Vorgang eingebettet ist. "Bewertungsfähigkeit" oder "Präferenzfähigkeit" wäre besser.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Lob und Tadel bedeuten erstmal nur eine positive bzw. negative Rückkopplung für eine Handlung.

Hm, naja, weiß nicht. Das hört sich dann eher nach "Schräubchen drehen" oder "reparieren" an. Wir "tadeln" und "loben" ja auch nicht eine Software, wenn sie ungenügend oder hervorragend funktioniert.

Doch, wir tun genau das dann, wenn wir meinen, daß die Software dadurch lernt bzw. besser wird. Beim Menschen ist dieser Vorgang natürlich verquickt mit dem ganzen Komplex von Empathie, Psyche, Moral usw., den wir mit uns herumschleppen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... sie werden als selbstverantwortliche Wesen angesehen. Und nur weil sie diese Fähigkeit haben, ist es mMn überhaupt zulässig, an sie diese moralischen Forderungen zu stellen und nur deswegen ist auch das Strafrecht legitim.

Ich stelle aber gar keine moralische Forderungen, sondern mich interessiert idZ nur, was von wem erwartet wird und wie nützlich für welches Ziel das eingeschätzt wird. Da ich also keine moralischen Forderungen ieS stelle, muß ich auch nicht das rein kausale System "Person" zu einem autonomen freien Wesen umdefinieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lass uns doch hier mal auf die Argumente pro/contra Inkompatibilismus/Kompatibilismus konzentrieren. Wieso also soll die Unmöglichkeit einer Letztverantwortung (die ich nicht bestreite) moralische Verantwortlichkeit ausschließen?

Nochmal: ich habe doch eine Version von Verantwortung angeboten, die nicht ausgeschlossen, sondern mit nichtautonomen Personen vereinbar ist. Aber die hat Dir nicht gefallen.

#524:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.04.2008, 23:31
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Meinst du im Ernst, ein Bieri würde mehre hundert Seiten zum "bedingt Freien Willen" abdrücken, wenn er damit nur einen Euphemismus für "vollständig determinierten Willen" meinen würde.

Bieri schreibt hier dies, dort das, er widerspricht sich zuweilen selbst. Und ja, ich meine, er würde das tun. Das Problem treibt ihn um und er möchte unbedingt eine kompatibilisitische Lösung finden, die ihn ruhig schlafen läßt. Schau nur mal, wie viele Seiten ein Thomas von Aquin geschrieben hat, oder wie Kant sich gewunden hat, um trotz all der Aufklärung noch eine göttliche Moral zu retten.

#525:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 00:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jetzt weiß ich nicht, ob Du auch diese Ansicht hast (Verantwortung = Letztverantwortung).

Nein, ich habe ja geschrieben, was ich unter Verantwortung verstehe, für mich ist Verantwortung immer nur zugewiesen und immer nur auf die Zukunft bezogen.

Ah! Jetzt verstehe ich erst, was Du eigentlich unter "Verantwortung" verstehst: Du meinst eine Erwartungshaltung / ein Vertrauen im Voraus.

step hat folgendes geschrieben:
Du hast wohl zurecht darauf hingewiesen, daß die meisten Leute unter Verantwortung mehr verstehen, nämlich Schuld- und Straffähigkeit.

Ja. Genauer gesagt: dieses Verständnis ist die Grundlage für die Legitimation des Staates, in grundlegende Freiheitsrechte des Bürgers einzugreifen. Eine andere Legitimation für einen (vergleichbaren) Eingriff wird sehr schwierig zu begründen sein. Einfach auf einen angeblichen Schutz der Gesellschaft hinzuweisen würde mir jedenfalls als Legitimation keineswegs ausreichen. Aber das nur nebenbei, das ist hier nicht das Thema.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Früher ging es in FW-threads immer um Schuld und Strafe. Ich habe dort mehrfach deutlich gemacht, daß ich diese Konzepte tatsächlich aus Gründen ähnlich (3.) ablehne.

Ok. Also ist für Dich Verantwortlichkeit nur dann gegeben, wenn es gleichzeitig auch Letztverantwortlichkeit ist?

Nein, ich sprach von Schuld.

Nehmen wir uns nochmal Punkt 3 vor:

Harter Inkompatibilist hat folgendes geschrieben:
[...]
3. If an act is the result of processes that trace back to factors beyond the agent’s control, then the agent does not deserve blame or praise for that act. (The Transfer of Non-Responsibility (TNR) Principle.)
[...]


Wie genau würdest Du nun, auf Schuld bezogen, diesen Punkt formulieren wollen?

step hat folgendes geschrieben:
Es wäre uU sinnvoll, jemanden auf die Falschheit seines Tuns hinzuweisen, wenn man erwartet, daß dies einen Prozeß in Gang setzt, der seine Handlungen bessert. Kontrolle oder Automomie bedeutet das nicht, auch wenn dieser rein kausale Prozeß natürlich die emergente Person irgendwie betrifft und Du die spätere Entscheidung daher vermutlich als "selbstkontrolliert" definierst.

Natürlich. Wieso sollte ich nicht?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Von mir aus aber können wir es auch "Steuerungsfähigkeit" ... nennen.

Das ist irreführend, da die "Steuerung" ja in einen rein kausalen Vorgang eingebettet ist. "Bewertungsfähigkeit" oder "Präferenzfähigkeit" wäre besser.

Nein, keineswegs. Jemand, der nur Präferenzen hat und/oder nur bewerten kann, dies aber folgenlos für seine Handlungen bleibt, kann nach meiner Vorstellung nicht verantwortlich sein.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... sie werden als selbstverantwortliche Wesen angesehen. Und nur weil sie diese Fähigkeit haben, ist es mMn überhaupt zulässig, an sie diese moralischen Forderungen zu stellen und nur deswegen ist auch das Strafrecht legitim.

Ich stelle aber gar keine moralische Forderungen, sondern mich interessiert idZ nur, was von wem erwartet wird und wie nützlich für welches Ziel das eingeschätzt wird. Da ich also keine moralischen Forderungen ieS stelle, muß ich auch nicht das rein kausale System "Person" zu einem autonomen freien Wesen umdefinieren.

Hm, naja, wenn ich von jemandem etwas erwarte, wenn ich also Forderungen an ihn stelle, bestimmte Dinge zu tun und bestimmte Dinge nicht zu tun, dann sind das für mich moralische Forderungen. Was auch sonst? Wenn ich also zum Beispiel von jemandem erwarte, dass er mich nicht beleidigt und ich ihm das sage, dann habe ich eine moralische Forderung gestellt.

step hat folgendes geschrieben:
Nochmal: ich habe doch eine Version von Verantwortung angeboten, die nicht ausgeschlossen, sondern mit nichtautonomen Personen vereinbar ist. Aber die hat Dir nicht gefallen.

Ok, sorry, ich hatte das erst nicht so richtig verstanden. Siehe ganz oben. Ich fände es aber besser, das nicht "Verantwortung", sondern z.B. "Vorausvertrauen" zu nennen.

#526:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 00:40
    —
Verantwortung wird in Hierarchischen Systemen von Oben nach Unten zugewiesen.

Man beachte, wie oft Mussolini seinen "Untergebenen" Verantwortung zuwies.

Verantwortung bedeutet dann nichts anderes, als dass man vom Oberen für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Das erheischeit überhaupt keine Moral.

Solchermassen hat Verantwortung in einem deterministischen System eine klare Funktion.

Der Untergebene hat dem Vorgesetzten, wenn immer der es verlangt, zu erklären, warum er was gemacht hat und kann dann entsprechend sanktioniert werden.

Nur die Selbstverantwortung verlangt in Grunde genommen "Freien Willen".

Selbstverantwortung ist darum auch einer der Hauptbegriffe Liberaler und Freisinniger Parteien.

Agnost

#527:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 01:36
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Sorry, das sind nur Behauptungen, die du nicht beweisen kannst...

Sorry, dass ich so spät antworte. Aus irgendeinem Grund wurde ich über diesen Thread nicht mehr benachrichtigt und ich habe ihn einfach vergessen. Vielleicht ist das aber besser so! Auf Dein Dilettantengequasel ist Schweigen die beste Antwort. Falls Du Beweise für Deine Behauptungen suchen möchtest, dann wünsche ich Dir viel Glück. Meine Argumente sind jedenfalls mindestens durch den Versuch, der den Thread begründet hat, unterstützt. Und zufälligerweise bin ich Verhaltensbiologe...

#528:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 02:18
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Sorry, das sind nur Behauptungen, die du nicht beweisen kannst...

Sorry, dass ich so spät antworte. Aus irgendeinem Grund wurde ich über diesen Thread nicht mehr benachrichtigt und ich habe ihn einfach vergessen. Vielleicht ist das aber besser so! Auf Dein Dilettantengequasel ist Schweigen die beste Antwort. Falls Du Beweise für Deine Behauptungen suchen möchtest, dann wünsche ich Dir viel Glück. Meine Argumente sind jedenfalls mindestens durch den Versuch, der den Thread begründet hat, unterstützt. Und zufälligerweise bin ich Verhaltensbiologe...


Und ich bin nur Buchhalter.

Und wenn es dir ein Problem bereitet, bei meinem Skibindungsbeispiel zu bleiben, dass eine Vorwarnung von 7 Sekunden nicht zulässt, nützt dir deine Verhaltensbiologie gar nichts.

Das eine Sportart, die von Grosshirnträgern erfunden wurde nur durch das Kleinhirn gesteuert wird, kannst du zwar behaupten aber nicht beweisen.

Ich für meinen Teil habe noch nie ein anderes Wesen als den Menschen skifahren sehen.

Ich weiss, dass ich nicht nur durch mein Kleinhirn skifahre, denn ich gehöre nachweisslich nicht zu den instinktstarken Menschen, leide seit meiner Kindheit an feinmotorischen Störungen, weshalb ich mich auch oft vertippe und bei Diktaten immer überfordert war.

Ergo bin ich ein leidentlich guter Hobby-Skifahrer geworden, weil ich meinen Grosshirn-Schmal einzetzte,

Als Verhaltensbiologe kannst du mir sicher erklären, warum du dermassen austickst, dass du meinst, du müsstest deine Argumentation damit abstützen, dass du hier der Oberhirsch bist.

Souverän wirkt das nicht gerade.
Und "Bescheiden" ist es auch nicht gerade. zwinkern Auf den Arm nehmen

Agnost

#529:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 07:37
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Im übrigen hindert mich nichts daran, Handlungen, die anderen nützen, als moralisch gut zu bezeichnen, auch wenn ich keinen freien Willen annehme.

Dazu müssen aber sicherlich bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Und eine Voraussetzung, rate ich einfach mal, wird es sein, dass Du diese Handlung als im Einflussbereich von S gesehen hast. Nun kommt das Argument zum Tragen: Inkompatibilisten behaupten, dass nur diejenigen Handlungen, die ausgeführt wurden, im Einflussbereich des Handelnden lagen. Alle anderen nicht. Und jetzt kommst Du.


Gut, jetzt komm ich: Ich teile deine Voraussetzung nicht, siehe unten.


Heiner hat folgendes geschrieben:
Denn auch nach deiner Argumentation ist es so, dass grundsätzlich die "echte Möglichkeit" zu solchen Handlungen besteht - vielen Menschen gelingt es ja, sich so zu verhalten.
Ich halte die Verbindung von "echten Möglichkeiten" und "Verantwortung" für absolut unsinnig und selbstwidersprüchlich. Vielleicht gelingt es aber mal jemandem, ein Argument für diese Sichtweise zu bringen. Das wäre ganz schrecklich entzückend und da würde ich mich auch sehr freuen.


Dazu äußere ich mich noch mal an anderer Stelle.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wie es im konkreten Einzelfall aussieht, ist noch einmal eine andere Frage.

Zitat:
Hallo: Das genau ist die Frage! Kann S für die Handlung A (bzw. die Unterlassung der Handlung A) verantwortlich sein? Das eben ist es doch, was harte Inkompatibilisten bestreiten, weil ihrer Meinung nach keine "echte Möglichkeit" für S bestand, A zu tun (nicht zu tun). Ganz genauso wenig, wie er ein Erdbeben verhindern könnte. Und es entspricht nicht dem heutigen Verständnis von Verantwortung, jemanden für etwas verantwortlich zu machen, was außerhalb seiner Möglichkeiten lag (Erdbeben).


Wie gesagt, zunächst geht's mir mal um deine Behauptung, es könne ohne freien Willen keine "falschen Handlungen" geben. Zum Thema Verantwortlichkeit schreibe ich noch mal was. Das sind für mich nämlich verschiedene Dinge.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Ich muss also unterscheiden zwischen moralischen Bewertungen auf einer allgemeinen und auf einer individuellen Ebene. Allgemein mag ich die Norm aufstellen, dass Handlungen, die anderen schaden, moralisch schlecht sind. Wenn ich dann einen individuellen Fall bewerte, kann ich urteilen, dass eine Handlung gemessen an der Norm moralisch schlecht war.

Zitat:
Auch wenn die Handlung (bzw. das Unterlassen der Handlung) völlig außerhalb des möglichen Handlungsspielraumes lag?


Ja, auch dann. Die Bewertung einer Handlung oder genauer: von Handlungsfolgen ist unabhängig davon, wie ich die Situation und die "Schuld" des Handelnden bewerte.
Wenn mir jemand mein Fahrrad klaut, glaubst du, ich sage dann: "Super, fein gemacht, gestatten, harter Inkompatibilist!" zynisches Grinsen Die Handlung, den Diebstahl, bewerte ich natürlich weiterhin als schlecht - auch dann, wenn ich davon ausgehen muss, dass der Täter (leider) in der Situation so handeln musste... skeptisch

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn es darum geht, die moralische Schuld des Handelnden zu beurteilen, muss ich berücksichtigen, dass dessen Wille nicht frei war. Das macht aber diese Handlung nicht "gut".

Zitat:
Hum? Sagte das jemand? In einer harten inkompatibilistischen Welt kann es weder gut noch schlecht geben. Das sagt das Argument.


Doch, natürlich, weil es auch in einer harten inkompatibilistischen Welt soziale Normen gibt und es zweckdienlich ist, an solchen Normen festzuhalten.
Solche Normen machen auch ohne freien Willen Sinn, da der Wille eines Menschen, wie bereits verschiedentlich genannt, langfristig veränderbar ist (wenn auch häufig nur schwer, da erst einmal bestehende Determinierungen aufgebrochen und durch andere ersetzt werden müssen). Das spielt z.B. in der Therapie von Straftätern eine Rolle. Ein Mensch, der eine Gewalttat begangen hat, konnte in dieser Situation leider nicht anders wollen, konnte die soziale Norm nicht befolgen. Sein Handeln war "schlecht". Aufgabe der Gesellschaft ist es nun, den Täter - seinen Willen - wieder auf den Weg in Richtung der Norm zu führen. Keinen freien Willen zu haben, heißt nicht, allgemeine Orientierungslinien des Handelns aufgeben zu müssen.

#530:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 08:08
    —
...

#531:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 08:53
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Und ich bin nur Buchhalter.

Das "nur" kannst Du ruhig streichen - den Rest Deines unsachlichen Angriffs auch. Wenn Du mir etwas über Finanzen erklären willst, dann werde ich Dir interessiert zuhören, denn ich denke, dass Du mir etwas zu sagen hast. Wenn Du mir aber als Skifahrer die Funktionsweise des Gehirnes erklären willst, und das in belehrendem Ton, dann erlaube mir meine Zweifel an Deinen Aussagen.. Besonders wenn sie mit all dem, was man unterdessen darüber weiss, in keiner Weise übereinstimmen. "Schuster bleib bei deinen Leisten"!

Ich versuch's nochmals:
Zitat:
Und wenn es dir ein Problem bereitet, bei meinem Skibindungsbeispiel zu bleiben, dass eine Vorwarnung von 7 Sekunden nicht zulässt, nützt dir deine Verhaltensbiologie gar nichts.

Diese 7 Sekunden sind ja nur nötig, wenn Du annimmst, dass das Grosshirn beim Aufspringen einer Skibindung selbst entscheiden muss, was es tun soll. Das ist eben nicht der Fall. Das ist, als ob Du jedes Mal, wenn Du eine Entscheidung als Buchhalter treffen musst, über die Hierarchieleiter bis zum Verwaltungsratspräsidenten vordringen müsstest und dieser dann entscheidet. Wäre wohl nicht sehr effizient. Der Verwaltungsrat und/oder Deine Ausbildung hat aber sicher Richtlinien erlassen, wie in solchen Fällen zu handeln sei. Und so handelst Du dann, schnell und effizient. Und deine Ausbildung und Kompetenz wird sicher auch in unerwarteten Situationen ausreichen, um schnell zu reagieren.

Zitat:
Das eine Sportart, die von Grosshirnträgern erfunden wurde nur durch das Kleinhirn gesteuert wird, kannst du zwar behaupten aber nicht beweisen.

Um bei obiger Analogie zu bleiben: Dass eine Firma, die von Unternehmern erfunden wurde nur durch die Buchhaltung finanziell (mindestens im Tagesgeschäft) gesteuert wird, könntest Du wohl behaupten und sogar beweisen.

Zitat:
Ich für meinen Teil habe noch nie ein anderes Wesen als den Menschen skifahren sehen.
Das Kleinhirn ist auch Teil des Menschen, und sogar ein sehr wichtiger. Die Buchhaltung ist auch ein Teil einer Firma, und sogar ein sehr wichtiger - oder nicht?

Zitat:
Ich weiss, dass ich nicht nur durch mein Kleinhirn skifahre, denn ich gehöre nachweisslich nicht zu den instinktstarken Menschen, leide seit meiner Kindheit an feinmotorischen Störungen, weshalb ich mich auch oft vertippe und bei Diktaten immer überfordert war.

Sicher erlebt das Grosshirn das Skifahren und erfreut sich daran! Der Verwaltungsrat hat sicher auch Freude an einer gut funktionierenden Firma, besonders, wenn er sich nicht um den "Kleinkram" (von seiner Sicht aus!) kümmern muss. Wenn bei Anfangsschwierigkeiten die Buchhaltung nicht so gut klappen will, dann muss er eben diese durch zusätzliches Training und Ausbildung auf Vordermann bringen.

Zitat:
Ergo bin ich ein leidlich guter Hobby-Skifahrer geworden, weil ich meinen Grosshirn-Schmalz einsetzte

Da hat die interne Schulung offenbar gute Arbeit geleistet.

Zitat:
Als Verhaltensbiologe kannst du mir sicher erklären, warum du dermassen austickst, dass du meinst, du müsstest deine Argumentation damit abstützen, dass du hier der Oberhirsch bist.
Ausgetickt bin ich nicht. Ich fand nur Deinen unqualifizierten Belehrungston unerträglich. Diesen pflegst Du übrigens mit viel Liebe und, wie schon einmal geschrieben, passt das nicht zu einem Agnostiker. Und zu behaupten, dass andere ja nur behaupten ist eher eine Projektion, und auf diese muss man Dich offenbar hie und da hinweisen.

Zitat:
Souverän wirkt das nicht gerade.
Und "Bescheiden" ist es auch nicht gerade. zwinkern Auf den Arm nehmen

Hast Du vielleicht recht. Aber ich habe ja ein gutes Vorbild...

#532:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 09:44
    —
Habe mich doch noch entschlossen, Deinen ursprünglichen Beitrag zu beantworten - da steckt noch einiges an Betrachtungsmaterial drin!
Agnost hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn funktioniert im Flowzustand bei hoher Konzentration und Fokusierung viel schneller als ihr "Mechaniker" denkt.

Wenn schon, dann "Elektromechaniker und Elektroniker"! Der Flowzustand ist eben genau ein solcher, wenn im Hirn jede Instanz das tut, wozu sie am besten geeignet ist. Beim Skifahren wäre das der Hirnstamm mit der Analyse der visuellen, auditiven und akzeleratorischen Signale, das Kleinhirn mit der Koordination der Bewegungen und das Grosshirn mit Entscheidungen über Pistenwahl und gesamtheitliches Verhalten auf der Skipiste. Und das ganze Gehirn schwelgt in einem perfekten Genuss an sich selbst und seiner Funktionstüchtigkeit!
Zitat:
Und sorry, Skifahren, Tennisspielen, Autofahren und viele andere Komplexe Tätigkeiten wurden erst in den letzten 200 Jahren entwickelt, ja nachgerade durch unser Grosshirn und und die Stirnlappen erst ersonnen.

Sicher! Das habe ich ja auch nie bezweifelt! Das heisst aber nicht, dass das Grosshirn dann jeden Furz selbst machen muss!
Zitat:
Agnostiker, wenn du nur mit dem Kleinhirn skifährst, was erlebst du dann überhaupt?
Das muss ja ziemlich langweilig sein.

Das ist wohl oben beantwortet worden. Natürlich fährt das ganze Hirn inklusive Körper Ski! Aber bei einem plötzlich möglichen Sturz ist halt praktisch nur das Kleinhirn als oberste Instanz involviert - wenn nicht sogar praktisch nur das Rückenmark mit seinen Reflexbögen. Um das genau zu wissen, müsste man einen Mini-Hirntomografen entwickeln, den man einem Skifahrer umschnallen könnte. Vielleicht würde aber auch lediglich das Vorspielen eines Sturzes per Video reichen, um Grundsätzliches darüber zu erfahren. Reich doch einmal ein Forschungsgesuch darüber ein!

Zitat:
Du kannst den Fall der aufspringenden Bindung nicht üben, was meinst du warum ich das Beispiel genommen habe.
Aber in Deinem Skifahrerleben hast Du sicher auch schon einige Stürze und Fast-Stürze erlebt. Aus dieser Erfahrung kannst Du schöpfen...

Zitat:
Aber du kannst dich jederzeit dafür entscheiden weniger zu riskieren als du glaubst dass du kannst. Wenn ich versuche den Schwung auf einem Bein zu stehen, dann weil ich das gerne will und glaube, dass ich das kann. Bei der Textilbremse, weiss ich genau das ich sie kann.
Offenbar hat das eben viel mit Deiner Tagesform zu tun (so als erste Hypothese), die vom Grosshirn wahrgenommen wird und an das Kleinhirn als Entscheidungstendenz mitteilt. So wie die Geschäftsleitung einer Investitionsfirma an seine Mitarbeiter Anleitungen geben kann, ob heute riskant oder eher konservativ an der Börse gezockt werden soll. Ich gebe zu, das ist eine Behauptung, oder eher ein erster Erklärungsversuch. Aber ein plausibler!

Zitat:
Und wenn es mir in einer Buckelpiste die Bindung aufschlägt, wie ich das in meinem Beispiel erwähnt habe ist die Unterlage so komplex "gewellt", dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass sie einfacher durche viele Wellenfunktionen dargestellt werden kann wie nur durch eine Wellenfunktion.
Wie Du jetzt die Quantenmechanik hier hineinschmuggeln willst, ist mir schleierhaft.

Zitat:
Es tut mir leid, ihr seid "Philosophische Reduktionisten". Euer Axiom, dass ihr nicht beweisen könnt, ist das es für alle Dinge aller Welten und aller Universen und aller Menschen genau nur eine Ursache hat.
Nein, die Realität ist hochkomplex. Da gibt es auch unzählige Kausalschlaufen und noch mysteriösere Phänomene. Und wenn Du schon (wie ich) an eine Mehrweltentheorie "glaubst", dann wirst Du vielleicht bemerkt haben, dass ich mich als Pataphysiker bezeichne. Aber in diesem Universum und auf dieser Erde funktioniert das Hirn dieser Säugetiere nun mal nicht so wie Du denkst.

Zitat:
Das war aber bisher nie beweisbar und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass es diese einzige Erstursache oder Schöpfer/In jemals gab.

Ihr macht aus dem Denk-Instrument der Reduktion eine Philosophie.
Das hat aber nichts mehr mit Wissen aber um so mehr mit Glauben zu tun.
Ist das nicht ein etwas grosser Sprung ausgehend von einer sich öffnenden Skibindung?

#533:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 09:45
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
(...)
Erinnert mich an "WENN ich Katzen Hunde nenne, DANN sind Katzen Hunde."
Ich kann natürlich Beliebiges in die Prämissen hineinlegen, um beliebige Schlussfolgerungen zu ziehen.
(..)


erinnert mich daran anstelle FW alsdann fürders von Präferenzen zu flanieren.
und kannst du wirklich "beliebig" - entsprechend deiner Weltinterpretation?

Was mich wiedermal erwähnen läßt, das die Wahl des Modells selbstverständlich die Menge und Qualität der Meßergebnisse beeinflußt - sozusagen voll deterministisch.
Das sollte man aber wissen, bevor man die Kategorien festlegt, die nachgewiesen werden sollen...

oder auch @Threadstart, die Interpreation der Meßergebnisse erfolgt anhand der gewonnenen Daten
Etwas das gar ned meßbar ist ... kann eben nur vermutet werden. (mist nu hab ich das Bewußtsein ganz vergessen - ich hab doch eins?)

Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage:
Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden? Sterben – schlafen –

Nichts weiter! Und zu wissen, daß ein Schlaf
Das Herzweh und die tausend Stöße endet,
Die unsers Fleisches Erbteil, ’s ist ein Ziel,
Aufs innigste zu wünschen. Sterben – schlafen –
Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegts:

Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen,
Wenn wir die irdische Verstrickung lösten,
Das zwingt uns stillzustehn. Das ist die Rücksicht,
Die Elend läßt zu hohen Jahren kommen.
Denn wer ertrüg der Zeiten Spott und Geißel,

Des Mächtigen Druck, des Stolzen Mißhandlungen,
Verschmähter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub,
Den Übermut der Ämter und die Schmach,
Die Unwert schweigendem Verdienst erweist,
Wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte

Mit einer Nadel bloß? Wer trüge Lasten
Und stöhnt’ und schwitzte unter Lebensmüh?
Nur daß die Furcht vor etwas nach dem Tod,
Das unentdeckte Land, von des Bezirk
Kein Wandrer wiederkehrt, den Willen irrt,

Daß wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen als zu unbekannten fliehn.
So macht Bewußtsein Feige aus uns allen;
Der angebornen Farbe der Entschließung
Wird des Gedankens Blässe angekränkelt;

Und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll,
Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt,
Verlieren so der Handlung Namen. – Still!
Die reizende Ophelia! – Nymphe, schließ
In dein Gebet all meine Sünden ein!

pasted from Sein oder Nichtsein

unter mathematischen naturwissenschftlichen Aspekten,
wieviele fiktionalen Erzählungen könnte man da verheizen und wie viel Brennwert hätten die?
wieviele der Dudenbegriffe könnte man wohl eindampfen?

#534:  Autor: C00KIE BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 10:08
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Habe mich doch noch entschlossen, Deinen ursprünglichen Beitrag zu beantworten - da steckt noch einiges an Betrachtungsmaterial drin!
Agnost hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn funktioniert im Flowzustand bei hoher Konzentration und Fokusierung viel schneller als ihr "Mechaniker" denkt.

Wenn schon, dann "Elektromechaniker und Elektroniker"! Der Flowzustand ist eben genau ein solcher, wenn im Hirn jede Instanz das tut, wozu sie am besten geeignet ist. Beim Skifahren wäre das der Hirnstamm mit der Analyse der visuellen, auditiven und akzeleratorischen Signale, das Kleinhirn mit der Koordination der Bewegungen und das Grosshirn mit Entscheidungen über Pistenwahl und gesamtheitliches Verhalten auf der Skipiste. Und das ganze Gehirn schwelgt in einem perfekten Genuss an sich selbst und seiner Funktionstüchtigkeit!
Zitat:
Und sorry, Skifahren, Tennisspielen, Autofahren und viele andere Komplexe Tätigkeiten wurden erst in den letzten 200 Jahren entwickelt, ja nachgerade durch unser Grosshirn und und die Stirnlappen erst ersonnen.

Sicher! Das habe ich ja auch nie bezweifelt! Das heisst aber nicht, dass das Grosshirn dann jeden Furz selbst machen muss!
Zitat:
Agnostiker, wenn du nur mit dem Kleinhirn skifährst, was erlebst du dann überhaupt?
Das muss ja ziemlich langweilig sein.

Das ist wohl oben beantwortet worden. Natürlich fährt das ganze Hirn inklusive Körper Ski! Aber bei einem plötzlich möglichen Sturz ist halt praktisch nur das Kleinhirn als oberste Instanz involviert - wenn nicht sogar praktisch nur das Rückenmark mit seinen Reflexbögen. Um das genau zu wissen, müsste man einen Mini-Hirntomografen entwickeln, den man einem Skifahrer umschnallen könnte. Vielleicht würde aber auch lediglich das Vorspielen eines Sturzes per Video reichen, um Grundsätzliches darüber zu erfahren. Reich doch einmal ein Forschungsgesuch darüber ein!

Zitat:
Du kannst den Fall der aufspringenden Bindung nicht üben, was meinst du warum ich das Beispiel genommen habe.
Aber in Deinem Skifahrerleben hast Du sicher auch schon einige Stürze und Fast-Stürze erlebt. Aus dieser Erfahrung kannst Du schöpfen...

Zitat:
Aber du kannst dich jederzeit dafür entscheiden weniger zu riskieren als du glaubst dass du kannst. Wenn ich versuche den Schwung auf einem Bein zu stehen, dann weil ich das gerne will und glaube, dass ich das kann. Bei der Textilbremse, weiss ich genau das ich sie kann.
Offenbar hat das eben viel mit Deiner Tagesform zu tun (so als erste Hypothese), die vom Grosshirn wahrgenommen wird und an das Kleinhirn als Entscheidungstendenz mitteilt. So wie die Geschäftsleitung einer Investitionsfirma an seine Mitarbeiter Anleitungen geben kann, ob heute riskant oder eher konservativ an der Börse gezockt werden soll. Ich gebe zu, das ist eine Behauptung, oder eher ein erster Erklärungsversuch. Aber ein plausibler!

Zitat:
Und wenn es mir in einer Buckelpiste die Bindung aufschlägt, wie ich das in meinem Beispiel erwähnt habe ist die Unterlage so komplex "gewellt", dass man mit Fug und Recht behaupten kann, dass sie einfacher durche viele Wellenfunktionen dargestellt werden kann wie nur durch eine Wellenfunktion.
Wie Du jetzt die Quantenmechanik hier hineinschmuggeln willst, ist mir schleierhaft.

Zitat:
Es tut mir leid, ihr seid "Philosophische Reduktionisten". Euer Axiom, dass ihr nicht beweisen könnt, ist das es für alle Dinge aller Welten und aller Universen und aller Menschen genau nur eine Ursache hat.
Nein, die Realität ist hochkomplex. Da gibt es auch unzählige Kausalschlaufen und noch mysteriösere Phänomene. Und wenn Du schon (wie ich) an eine Mehrweltentheorie "glaubst", dann wirst Du vielleicht bemerkt haben, dass ich mich als Pataphysiker bezeichne. Aber in diesem Universum und auf dieser Erde funktioniert das Hirn dieser Säugetiere nun mal nicht so wie Du denkst.

Zitat:
Das war aber bisher nie beweisbar und es gibt auch keine Hinweise darauf, dass es diese einzige Erstursache oder Schöpfer/In jemals gab.

Ihr macht aus dem Denk-Instrument der Reduktion eine Philosophie.
Das hat aber nichts mehr mit Wissen aber um so mehr mit Glauben zu tun.
Ist das nicht ein etwas grosser Sprung ausgehend von einer sich öffnenden Skibindung?


Ich verstehe nur Bahnhof, was soll der "Sch..." mit der Textilbremse und dem Gehirn?
Eine Bindung stellst du nach deinem Fahrvermögen, Gewicht und dem Schi den du benutzt ( je nach Gelände ) ein
und nicht nach dem "Wissen deiner Textilbremse" im Hirnkastl

ou?
( also ich meinte den anderen Agnostik - nä Agnostiker )

Sehr glücklich

#535:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 10:17
    —
C00KIE hat folgendes geschrieben:

( also ich meinte den anderen Agnostik - nä Agnostiker )

Sehr glücklich

Also welchen jetzt?

#536:  Autor: C00KIE BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 10:22
    —
den "Skibindungshansl"
ich habe nicht die allergeringste Ahnung was er mit seiner Textilbremse meint:
in einer steilen Buckelpiste "fühlst" du nicht ob die Bindung aufgeht oder nicht
b.z.w. bist da schon längst gflogen before du es mitkriegst, ausser du fährst wie eine Schnecke

#537:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 10:39
    —
C00KIE hat folgendes geschrieben:
den "Skibindungshansl"
ich habe nicht die allergeringste Ahnung was er mit seiner Textilbremse meint:
in einer steilen Buckelpiste "fühlst" du nicht ob die Bindung aufgeht oder nicht
b.z.w. bist da schon längst gflogen before du es mitkriegst, ausser du fährst wie eine Schnecke
Also Agnost! Dann soll er antworten.

Trotzdem: Mit Textilbremse meint er seinen windschlüpfigen aber schneereibenden Skianzug, den er an hat und dessen Textilbestandteile bei einem Sturz bremsen sollen. Als Alternative sieht er sich (wahrscheinlich nur in seiner Phantasie) als einbeinigen Skihelden, der mit geistiger Blitzreaktion (von der Grosshirnrinde bewusst gesteuert) elegant aus der Affäre zieht. Und zusätzlich behauptet er, dass er Zeit habe bewusst zu entscheiden (also wiederum per Grosshirnlappen), welche der Varianten er wählen will. Also aus bewusstem freien Willen! Darüber hinaus setzt er dieses Beispiel ein, um Bieris "beschränkt freien Willen" zu beweisen - oder mindesten zu illustrieren - und darüber hinaus noch viele weltbeflügelnde Spekulationen...

Da ist Deine Beschreibung der Sachlage (als erfahrene Skifahrerin auf der Streif) wohl realistischer!

#538:  Autor: C00KIE BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 10:51
    —
ach so war das gemeint, na da braucht er nicht unbedingt zu antworten

.... klingt irgendwie so ähnlich wie "du brauchst einen Stahlsattel und vorn und hinten eine Federung am Mountain-Bike, damit du dir in der Stadt keinen Wolf am Arsch reibst "

Mr. Green

aber wie immer:" Des Menschen Wille sei sein Himmelreich "
so ähnlich

#539:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 12:01
    —
durial hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
durial hat folgendes geschrieben:
Und für Dich nochmal extra:
Zitat:
Soziologiekongress
"Der Mensch hat keine Tötungshemmung"

Papier ist geduldig! Man kann gerade so gut die gegenteilige Behauptung geschrieben finden.
Aso? Zeig mal! Aber bitte mind. erst ab dem 20 Jhd. Lachen Vorher hat man schonmal recht idealistische Ansichten des Menschen bezüglich unbegründet dahergeschwafelt (obschon eigtl. seit Ende 18. Jhd. nicht mehr so laut)
Du hast Dir den Link gar nicht angesehen, richtig?

Doch, hab' ich! Da stand einfach so frei Schnautze: "Die verbreitete, aber durch Geschichtskenntnis widerlegbare und durch Verhaltensforschung längst widerlegte Vorstellung von einer menschlichen Tötungshemmung kann endgültig ad acta gelegt werden". Das kann jeder behaupten. besonders, wenn man das gar nicht so genau weiss.

Du hast einfach den ersten Link genommen bei Deiner Google-Suche nach Tötungshemmung. Schön, dass er dann gerade Deine These ("wissenschaftliche" Umschreibung von Behauptung) unterstützte. Hättest Du weitere genauer angeschaut, hättest Du das genaue Gegenteil angetroffen. Aber das verschweigst Du lieber und behauptest weiter, dass Kinder ohne Deine so wertvolle Aufsicht sich gegenseitig umbringen würden. An das nicht zu glauben, würde natürlich an Deinem Selbstwertgefühl kratzen....

EDIT: Lies einmal Gerhard Staguhn: Warum die Menschen keinen Frieden halten Eine Geschichte des Krieges, da findest Du z.B. den Satz:
Staghun hat folgendes geschrieben:
In den Gehirnen von Tier und Mensch ist eine angeborene Tötungshemmung verankert, ohne dass man bislang erklären könnte, woher sie kommt. Von Natur aus gibt es kein Lebewesen, das einfach so einen Artgenossen umbringt.


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 28.04.2008, 12:19, insgesamt einmal bearbeitet

#540:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 12:11
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Ich muss also unterscheiden zwischen moralischen Bewertungen auf einer allgemeinen und auf einer individuellen Ebene. Allgemein mag ich die Norm aufstellen, dass Handlungen, die anderen schaden, moralisch schlecht sind. Wenn ich dann einen individuellen Fall bewerte, kann ich urteilen, dass eine Handlung gemessen an der Norm moralisch schlecht war.

Auch wenn die Handlung (bzw. das Unterlassen der Handlung) völlig außerhalb des möglichen Handlungsspielraumes lag?

Ja, auch dann. Die Bewertung einer Handlung oder genauer: von Handlungsfolgen ist unabhängig davon, wie ich die Situation und die "Schuld" des Handelnden bewerte.
Wenn mir jemand mein Fahrrad klaut, glaubst du, ich sage dann: "Super, fein gemacht, gestatten, harter Inkompatibilist!"

Nein, sicher wirst Du das nicht sagen. Für Dich müsste das genauso zu bewerten sein wie ein Erbeben, eine Lawine und irgend eine andere Naturkatastrophe. Sicher wirst Du das nicht gut finden, genausowenig wie die Naturkatastrophe, aber moralisch falsch kann eine Handlung eben nicht sein.

Nehmen wir ein Beispiel, an dem es vielleicht klarer wird: a) S beobachtet einen Verkehrsunfall, hilft aber nicht, sondern geht einfach ohne Reaktion weiter, b) in China gibt es einen Verkehrsunfall. S bekommt davon nichts mit und reagiert nicht.

Nach Ansicht eines harten Inkompatibilisten waren beide Reaktionen genau gleich notwendig und unabwendbar und jede, egal welche, andere Reaktion, prinzipiell unmöglich. Nun kann man aber niemanden für etwas verantwortlich machen, etwas getan zu haben (oder nicht getan zu haben), wenn es ihm prinzipiell unmöglich war, anders zu handeln, als er es tat, was also außerhalb seines Handlungsspielraumes lag.

Es wäre also genauso falsch und irrational von Dir, wenn Du auf S im Falle a) sauer wärst, weil bei dem Unfall wegen der unterlassenen Hilfeleistung Menschen gestorben wären, wie wenn Du S seine Nichtreaktion im Falle b) übel nehmen würdest.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn es darum geht, die moralische Schuld des Handelnden zu beurteilen, muss ich berücksichtigen, dass dessen Wille nicht frei war. Das macht aber diese Handlung nicht "gut".

Zitat:
Hum? Sagte das jemand? In einer harten inkompatibilistischen Welt kann es weder gut noch schlecht geben. Das sagt das Argument.

Doch, natürlich, weil es auch in einer harten inkompatibilistischen Welt soziale Normen gibt und es zweckdienlich ist, an solchen Normen festzuhalten.
Solche Normen machen auch ohne freien Willen Sinn, da der Wille eines Menschen, wie bereits verschiedentlich genannt, langfristig veränderbar ist (wenn auch häufig nur schwer, da erst einmal bestehende Determinierungen aufgebrochen und durch andere ersetzt werden müssen). Das spielt z.B. in der Therapie von Straftätern eine Rolle. Ein Mensch, der eine Gewalttat begangen hat, konnte in dieser Situation leider nicht anders wollen, konnte die soziale Norm nicht befolgen. Sein Handeln war "schlecht". Aufgabe der Gesellschaft ist es nun, den Täter - seinen Willen - wieder auf den Weg in Richtung der Norm zu führen. Keinen freien Willen zu haben, heißt nicht, allgemeine Orientierungslinien des Handelns aufgeben zu müssen.

Es gibt dann nichts mehr, was moralisch schlecht wäre, es gäbe also keine Handlungen mehr, die einem Einzelnen vorwerfbar wären. Und wenn es das nicht gibt, dann ist die heutige Legitimation dazu, die Freiheitsrechte von jemandem bei vorwerfbarer Normverletzung einzuschränken, perdu. Es gäbe schlicht keine "Straftäter" mehr, es gäbe nur noch Menschen, die einfach das taten, was sie tun mussten. Alles andere lag außerhalb ihrer Möglichkeiten.

Und in meiner Sicht gibt es keineswegs eine Legitimation der Gesellschaft, Freiheitsrechte ihrer Bürger, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, einzuschränken, zum Beispiel irgendwelche Therapien zwangsweise zu verordnen (was aber eh nicht funktioniert) oder andere Zwangsmaßnahmen (Freiheitsentzug, Gehirnoperationen oder dergl.) durchzuführen. Das geht nicht, dafür gibt es keine Legitimation, dazu sind die Freiheitsrechte zu wichtig. Das ist übrigens das, was mich sehr wundert an (vielen) harten Inkompatibilisten, dass sie überhaupt nicht die dringende Notwendigkeit einer solchen Legitimation sehen, sie sie einfach so, wie selbstverständlich, als gegeben anzusehen scheinen.

Aufgabe der Gesellschaft ist es nicht und darf es nicht sein, Normabweichler zwangsweise normgerecht zu machen. Dafür gibt es in meiner Sicht keine Legitimation in einem freiheitlichen Rechtsstaat. Die allgemeine Anwendung dieses Prinzipes ergäbe einen totalitären Staat.

#541:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 12:30
    —
Ach, ich möchte aber doch gar nicht über Strafrecht und Legitimationen hier diskutieren.

Ich möchte nur die Argumentationskette der harten Inkompatibilisten ergründen. Das scheint sehr schwierig zu sein. Da bisher keine Argumente dafür kamen, habe ich ein paar vorgeschlagen. Dann bekam ich den "Strohmann"-Vorwurf. Nun gut.

Dann will ich auch keine mehr vorschlagen und frage einfach erneut: warum ist der Meinung harter Inkompatibilisten nach das Konzept der Verantwortung falsch? Warum muss man wie sie davon ausgehen, dass niemand für seine (Nicht-)Handlung verantwortlich sein könne, ihm also diese (Nicht-)Handlung nicht zugerechnet werden könne, sie ihm nicht vorwerfbar sein könne?

Da muss es doch irgend ein Argument für geben.

Wieso also sollten "echte Möglichkeiten" für Vorwerfbarkeit unabdingbar sein?

Was hatten wir bisher:

- Schopenhauer sieht das so -> kein Argument
- viele (die meisten) Leute sehen das so -> kein Argument
- viele Strafrechtsprofessoren sehen das so -> kein Argument
- Kompatibilisten sind verkappte Neo-Theologen -> kein Argument
- "echte Möglichkeiten" sind einfach so Voraussetzung -> kein Argument

Und, nein, ich möchte hier nicht darüber diskutieren, ob eine Vorwerfbarkeit etwas moralisch Verwerfliches ist oder nicht. Ich möchte einfach nur erfahren, was die Argumentation für die Ansicht der harten Inkompatibilisten ist, moralische Verantwortung sei falsch.

#542:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 12:31
    —
Zitat:
Sein Handeln war "schlecht". Aufgabe der Gesellschaft ist es nun, den Täter - seinen Willen - wieder auf den Weg in Richtung der Norm zu führen.

wo ist in diesem "Verantwortungsmodell" Platz für Einsicht und Reue, oder sind diese Begriffe auch obsolet, da gesellschaftliche "Normgerechtheit" als det. Zielfunktion ausreicht ?

Erwin

#543:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 12:49
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Dann will ich auch keine mehr vorschlagen und frage einfach erneut: warum ist der Meinung harter Inkompatibilisten nach das Konzept der Verantwortung falsch?


Weil ich nicht den ganzen Thread durchsuchen möchte: Wurde dieses Konzept in diesem Thread schon genau ausgeführt? Auf welcher Seite?

#544:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 12:58
    —
Pragmatismus hat folgendes geschrieben:
„Wahr ist das, was sich durch seine praktischen Konsequenzen bewährt.“

Oder mit anderen Worten (James):

„Eine Vorstellung ist wahr, solange es für unser Leben nützlich ist, sie zu glauben!"

Aber diese Aussage bedeutet nicht, dass nun alles auf Nützlichkeit reduziert wird. Bei Dewey wird deshalb besonders die Idee des Wachstums ("growth") benutzt, um auszudrücken, dass Menschen ihre Erfahrungen in der Lebenswelt so gemeinsam gestalten müssten, dass ein Wachstum für alle Gesellschaftsmitglieder erreicht werden kann und nicht bloß ein Nutzen für wenige.

Europäern fällt es nicht leicht, Wahrheit mit Nützlichkeit in Beziehung zu setzen. Der Nützlichkeitsbegriff des Amerikaners ist aber viel weiter als der des Europäers. Es ist nicht falsch, für die Formel, "was nützlich ist, das ist wahr", versuchsweise die Formel, "was gut ist, das ist wahr", einzusetzen. Bewährung meint letztlich Güte der Erkenntnis.


Die Inkompatibilisten leben im geistigen Mittelalter dualistischer Gegensätze.
Wenn bewiesen ist, was bei einer Sach falsch ist, muß ja dann wohl die andere Sach die Richtige sein. Also werden die Makel der einen Seite ins unermeßliche aufgebauscht, was die andere Sach dann umso attraktiver macht - da übersieht man gerne mal die falschen Zähne des neu-präferierten.

#545:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 13:23
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann will ich auch keine mehr vorschlagen und frage einfach erneut: warum ist der Meinung harter Inkompatibilisten nach das Konzept der Verantwortung falsch? Warum muss man wie sie davon ausgehen, dass niemand für seine (Nicht-)Handlung verantwortlich sein könne, ihm also diese (Nicht-)Handlung nicht zugerechnet werden könne, sie ihm nicht vorwerfbar sein könne?

Da muss es doch irgend ein Argument für geben.

Die gibt es, Du ignorierst sie bloß. Schulterzucken

#546: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 15:46
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Anders formuliert: Der Mensch meint nur, erkennen zu können. In wirklichkeit wäre die menschliche Erkenntnis keine Erkennntis, sondern nur Fantasie.

Und daraus wiederum folgt drittens, dass der Mensch seine Welt nicht frei gestalten kann.

Zum Beispiel gibt es bei der Wahl zwischen Atomkraft und Solarenergie gemäß dem unfreien Willen gar keine Wahl. Sondern eine von beiden Möglichkeiten ist ja nur Fantasie.

Offenbar ist das Quatsch. Denn selbstverständlich sind sowohl Atomeneergie als auch Solarenergie reale Optionen und nicht nur Produkte der Fantasie.



Du dramatisierst maßlos und begehst dabei diverse Ebenenfehler.

Wenn reale Optionen ausgeschlossen werden, bezieht sich das auf die Frage, ob in ein und derselben Enstcheidungssituation zu einem bestimmten Zeitpunkt X der Wille frei ist, den Weg a oder b zu gehen. Dies ist auszuschließen.


Ja, wenn das auszuschließen ist, ist das auszuschließen.

Aber seit wann dienen solche Tautologien wie Du sie gebrauchst, der Erkenntnisförderung?

Deine Voraussetzung beweist Du nirgends. Vielemehr soll diese Vorausetzung (man kann nicht anders als man tut) offenbar ihr eigener Beweis sein nach dem Motto: siehe, man hat ja nicht anders gehandelt als man gehandelt hat.

Nur: Was folgt daraus?

Das "Warum" ist damit doch gar nicht berührt. Vielmehr bewegst Du Dich auf der (retrograden) Beschreibungsebene.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Angenommen, der Wille ist in der konktreten Entscheidungssituation dazu determiniert, den Weg a zu gehen. Dies bedeutet nicht, dass er langfristig nicht auch den Weg b gehen kann.


Schon wieder: Dein Satz beginnt mit "angenommen". Und auch hier wieder kann ich Dir "zustimmen". Wenn Deine Annahme stimmt, dann stimmt sie. Sonst nicht.

Die Frage aber, was der Fall ist, ist auf diese Weise ungeklärt.

Oder sind wir hier in einem Glaubensforum wo jeder seine übegrüdneten Thesen feilbietet, zum Teil noch unterfüttert mit pseudowissenschaftlich-reduktionistischem Kladderadatsch wo bei jedem dritten Satz das Wort "Physik" vorkommt (also da, wo es nicht passt)?

Heiner hat folgendes geschrieben:
So blödsinnig das Atomenergie-Beispiel ist, da es sich hier nicht um individuelle Entscheidungen Einzelner handelt, ...


Was ändert das? Das Gehirn ist auch mehr als eine Gehirnzelle?

Dein Einwand zeigt mir nur, dass Du die ganze Fragestellung nur in völlig reduzierter Form verstehst.

Entscheidungen müssen eben nicht bloß von einem einzigen Individuum getragen werden, sondern können auch im Rahmen eines kommunkativen Prozesses zwischen mehreren Individuen stattfinden.

Bedenke: Es geht hier um geeignete (rationale) Mittel und Wege um ein konkretes Ziel (Energieversorgung) zu erreichen.

Die Wahl bezieht sich auf die Mittel.

Das Ziel ist zum großen Teil äußerlich vorgegeben und hat mit den Individuen nur mittelbar zu tun. nenne es "Sachzwänge" oder "Aufgabenstellung".

Heiner hat folgendes geschrieben:
... sei es dennoch mal aufgegriffen.
Angenommen, eine Person soll sich zu einem bestimmten Zeitpunkt für oder gegen Atomenergie entscheiden. Sie entscheidet sich aufgrund der ihr bekannten Argumente für Atomenergie.
Wir können sagen, dass der Wille dazu determiniert war.


Sagen können wir viel, wenn der Tag lang ist.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Weiter angenommen, die Person wird im weiteren Verlauf mit neuen Argumenten konfrontiert.
Dies verändert die Ausgangsbedingungen für die Willensentscheidung.
Diese neuen Argumente stellen wiederum - gehirnphysiologisch gesehen - neue neuronale Erregungsmuster dar, die den Entscheidungsprozess beeinflussen. Je nach Ausgangslage entscheidet sich die Person jetzt möglicherweise gegen Atomenergie.
Man sieht, dass die Preisgabe des freien Willens nicht heißt, dass der Wille ein für alle Mal auf eine Option festgelegt ist.


Das macht doch keinen Unterschied, welchen Zeitpunkt man nimmt.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt es eine Reihe von Argumenten und Gründen für einen bestimmten Weg zu einem bestimmten Ziel. Das ist immer so, egal, wann der Zeitpunkt ist, usw.

Und ob nun eine Entscheidung geändert wurde oder nicht, spielt auch keine Rolle.

Eine Rolle spielt aber schon, was passiert, wenn mehrere Wege nach Rom führen und alle gleich gut sind.

Entscheidend ist zunächst einmal, dass diese Wege vor aller Entscheidung 1. objektiv existieren und dass sie 2. als objektive Möglichkeiten erkannt (und eben nicht nur fantasiert werden).

Dann erst findet in einem 3. Schritt die Festlegung für eine der realen und gleichwertigen Möglichkeiten statt.

Und von dieser Ausgangsposition aus muss man diskutieren.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Siehe hierzu auch das Interview von Wolf Singer, der sehr gut darstellt, wie solche Entscheidungsprozesse laufen, die erst nach a zu gehen scheinen, und dann doch die Richtung nach b einschlagen. Das ist auch ohne freien Willen möglich.

http://www.3sat.de/mediathek/mediathek.php?obj=8032&mode=play


Wie solche Entscheidungsprozesse ablaufen, sei mal dahin gestellt. Singer wird das wohl kaum wissen. Und als radikaler Konstruktivist gibt er sowieso nur seinen philosophischen Senf dazu.

Aber: Entweder zwei Möglichkeiten a und b sind objektiv gegeben, dann sind sie auch jeweils durchführbar bzw. es gibt keinen Grund, weshalb nicht oder aber sie sind nicht objektiv gegeben, dann sind sie auch nicht beide durchführbar, sondern es handelte sich nur um herbei fantasierte Möglichkeiten. Das Wort "Erkennntis" hätte dann keinen Sinn.

Deshalb sei die Frage in den Raum gestellt, welchen Sinn es überhaupt hätte, von einer Erkenntnis von Möglichkeiten zu sprechen, wenn darunter auch solche Möglichkeiten fallen sollen, die gar nicht als Möglichkeiten existieren. Und vor allem: Wie kann man a prioro erkennen, welche Möglichkeiten objektiv nicht existieren?

Irgendwie höchst merkwürdig Deine und steps Argumentation. Ihr behauptet, etwas aus der Realität ausschließen zu können und habt kein anderes Argument als Eure a-posteriori-Tautologien.

Das sind gar keine Argumente, die Ihr da benutzt, sondern einfach nur Behauptungen will sagen: Dogmen!

Skeptiker

#547:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 17:20
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jetzt verstehe ich erst, was Du eigentlich unter "Verantwortung" verstehst: Du meinst eine Erwartungshaltung / ein Vertrauen im Voraus.

Genau. Natürlich kann man auch in bezug auf die Vergangenheit feststellen, daß jemand der ihm übertragenen Verantwortung nicht grecht geworden ist (das in ihn gesetzte Vertauen nicht erfüllt hat), und man kann daraus auch Konsequenzen ableiten, z.B. den Entzug von Vertrauen (die ABerkennung von Rechten / Pflichten).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du hast wohl zurecht darauf hingewiesen, daß die meisten Leute unter Verantwortung mehr verstehen, nämlich Schuld- und Straffähigkeit.

Ja. Genauer gesagt: dieses Verständnis ist die Grundlage für die Legitimation des Staates, in grundlegende Freiheitsrechte des Bürgers einzugreifen. Eine andere Legitimation für einen (vergleichbaren) Eingriff wird sehr schwierig zu begründen sein.

Wenn Rechtebeschneidung aufgrund eines Sühnebegriffs legitim, aufgrund einer Prävention dagegen nicht legitim ist, dann müßte eine umso wasserdichtere Begründung für die Annahme davor angegeben werden, wie nämlich unser heutiges wissenschaftliches Verständnis der Welt zu einem Schuld- und Sühnebegriff führt. In diesem Punkt leugnest Du aber Deine Begründungspflicht, wie Dir kolja schon mehrfach zu erklären versucht hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir uns nochmal Punkt 3 vor:

Harter Inkompatibilist hat folgendes geschrieben:
[...]
3. If an act is the result of processes that trace back to factors beyond the agent’s control, then the agent does not deserve blame or praise for that act. (The Transfer of Non-Responsibility (TNR) Principle.)
[...]


Wie genau würdest Du nun, auf Schuld bezogen, diesen Punkt formulieren wollen?

... then the agent does not derserve blame or praise just because of this act. Blame, praise and any more restrictive actions have to be justified by the expectation that this will change further acts towards a common norm.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der nur Präferenzen hat und/oder nur bewerten kann, dies aber folgenlos für seine Handlungen bleibt, kann nach meiner Vorstellung nicht verantwortlich sein.

OK, da haben wir einen weiteren effektiven Unterschied zwischen unseren Ansichten. Scheinbar siehst Du Verantwortung sogar NUR als auf die Vergangenheit bezogen. Nach Deiner Argumentation wäre jemand nicht mal für einen mißglückten Mordversuch verantwortlich, solange das Mißglücken hinreichend nah an seinem eigenen Körper stattfindet. Mißglückt ihm gar schon der Entschluß zum Mord, etwa weil er zu ängstlich ist, wäre er gänzlich schuldfrei.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... wenn ich von jemandem etwas erwarte, wenn ich also Forderungen an ihn stelle, bestimmte Dinge zu tun und bestimmte Dinge nicht zu tun, dann sind das für mich moralische Forderungen. Was auch sonst? Wenn ich also zum Beispiel von jemandem erwarte, dass er mich nicht beleidigt und ich ihm das sage, dann habe ich eine moralische Forderung gestellt.

Interessanter Punkt, den ich anders sehe: "Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn es sich auf ein von der Allgemeinheit erwünschtes Verhalten eines Einzelnen bezieht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso also sollten "echte Möglichkeiten" für Vorwerfbarkeit unabdingbar sein?

"Vorwerfen" kann man auch ohne echte Möglichkeiten, wenns denn was hilft.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was hatten wir bisher:

- Schopenhauer sieht das so -> kein Argument
- viele (die meisten) Leute sehen das so -> kein Argument
- viele Strafrechtsprofessoren sehen das so -> kein Argument
- Kompatibilisten sind verkappte Neo-Theologen -> kein Argument
- "echte Möglichkeiten" sind einfach so Voraussetzung -> kein Argument

- ohne echte Möglichkeiten keine echte Wahl und ohne echte Wahl keine echte Schuld
- ohne Nutzen keine Sanktion

#548:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 18:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jetzt verstehe ich erst, was Du eigentlich unter "Verantwortung" verstehst: Du meinst eine Erwartungshaltung / ein Vertrauen im Voraus.

Genau. Natürlich kann man auch in bezug auf die Vergangenheit feststellen, daß jemand der ihm übertragenen Verantwortung nicht grecht geworden ist (das in ihn gesetzte Vertauen nicht erfüllt hat), und man kann daraus auch Konsequenzen ableiten, z.B. den Entzug von Vertrauen (die ABerkennung von Rechten / Pflichten).

Hm, oben hattest Du das aber anders gesagt: "für mich ist Verantwortung immer nur [...] auf die Zukunft bezogen"

So gesagt sehe ich jetzt wieder nicht den Unterschied zu meinem Verantwortungsbegriff.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du hast wohl zurecht darauf hingewiesen, daß die meisten Leute unter Verantwortung mehr verstehen, nämlich Schuld- und Straffähigkeit.

Ja. Genauer gesagt: dieses Verständnis ist die Grundlage für die Legitimation des Staates, in grundlegende Freiheitsrechte des Bürgers einzugreifen. Eine andere Legitimation für einen (vergleichbaren) Eingriff wird sehr schwierig zu begründen sein.

Wenn Rechtebeschneidung aufgrund eines Sühnebegriffs legitim, aufgrund einer Prävention dagegen nicht legitim ist, dann müßte eine umso wasserdichtere Begründung für die Annahme davor angegeben werden, wie nämlich unser heutiges wissenschaftliches Verständnis der Welt zu einem Schuld- und Sühnebegriff führt. In diesem Punkt leugnest Du aber Deine Begründungspflicht, wie Dir kolja schon mehrfach zu erklären versucht hat.

Mit dem Begriff "Sühne" kann ich nichts anfangen.

Dafür etwas mit dem Begriff "Schuld" (= Vorwerfbarkeit einer wissentlichen und absichtlichen Normverletzung).

Ich halte diesen Begriff für sinnvoll und für nützlich und zwar genau deswegen, weil er ein begrenzender ist ("Keine Strafe ohne Schuld").

Solange jemand meinen sollte, das Wort sei überholt und ein anderes Wort dafür einführen will, das genau dasselbe leistet, dann ist mir das egal.

Wenn aber jemand meinen sollte, man könne es ersatzlos streichen und zusätzlich meinen sollte, ein Schutz der Gesellschaft sei schon Legitimation genug dafür, irgendwelche Zwangsmaßnahmen durchzuführen, die heute als nicht legitim angesehen werden, (nämlich gegen Unschuldige), dann will ich eine hieb- und stichfeste Begründung dafür, warum der Begriff wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen sollte. Und eine solche sehe ich bisher nicht.

Und ich halte es wirklich für vollkommen absurd, mir hier permanent eine alleinige Begründungspflicht unterschieben zu wollen. Eure Meinung ist von Vorneherein und solange richtig, bis es mir gelungen ist, sie zu widerlegen? Das kann ja wohl echt nicht wahr sein.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir uns nochmal Punkt 3 vor:

Harter Inkompatibilist hat folgendes geschrieben:
[...]
3. If an act is the result of processes that trace back to factors beyond the agent’s control, then the agent does not deserve blame or praise for that act. (The Transfer of Non-Responsibility (TNR) Principle.)
[...]


Wie genau würdest Du nun, auf Schuld bezogen, diesen Punkt formulieren wollen?

... then the agent does not derserve blame or praise just because of this act. Blame, praise and any more restrictive actions have to be justified by the expectation that this will change further acts towards a common norm.

Hm, hm, hm. Wo ist die Begrenzung hier? Was ist mit des "agent's control"? Inwiefern spielt die eine Rolle? Nur weil etwas nützlich ist, ist es noch lange nicht legitim.

Auf der anderen Seite: selbstverständlich dürfen Zwangsmaßnahmen nur dann durchgeführt werden, wenn diese einen Zweck haben. Nur aus Sühnegründen zu bestrafen, halte ich nicht für legitim. Ich weiß zwar, dass kolja mir oben unterstellt hat, ich würde das doch tun, aber das stimmt schlicht nicht.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der nur Präferenzen hat und/oder nur bewerten kann, dies aber folgenlos für seine Handlungen bleibt, kann nach meiner Vorstellung nicht verantwortlich sein.

OK, da haben wir einen weiteren effektiven Unterschied zwischen unseren Ansichten. Scheinbar siehst Du Verantwortung sogar NUR als auf die Vergangenheit bezogen.

Nur scheinbar. Sehe auch nicht, wieso Du das da rausliest.

Was ich meinte: jemand, der nur irgendwelche Präferenzen oder irgendwelche Bewertungen hat, diese aber prinzipiell nicht umsetzen kann, wenn dies also nur auswirkungslose Gedanken wären, die er nicht in Handlungen umsetzen könnte, kann mE nicht verantwortlich sein / seine Handlungen können ihm nicht vorgeworfen werden.

step hat folgendes geschrieben:
Nach Deiner Argumentation wäre jemand nicht mal für einen mißglückten Mordversuch verantwortlich, solange das Mißglücken hinreichend nah an seinem eigenen Körper stattfindet. Mißglückt ihm gar schon der Entschluß zum Mord, etwa weil er zu ängstlich ist, wäre er gänzlich schuldfrei.

Natürlich halte ich jemand verantwortlich für einen von ihm versuchten missglückten Mordversuch.

Allerdings: (weiß nicht, ob ich hier nicht etwas falsch verstehe) - Gedanken halte ich prinzipiell nicht für Verbrechen, egal, was für Gedanken das sind.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... wenn ich von jemandem etwas erwarte, wenn ich also Forderungen an ihn stelle, bestimmte Dinge zu tun und bestimmte Dinge nicht zu tun, dann sind das für mich moralische Forderungen. Was auch sonst? Wenn ich also zum Beispiel von jemandem erwarte, dass er mich nicht beleidigt und ich ihm das sage, dann habe ich eine moralische Forderung gestellt.

Interessanter Punkt, den ich anders sehe: "Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn es sich auf ein von der Allgemeinheit erwünschtes Verhalten eines Einzelnen bezieht.

Ja, das ist auch eine moralische Forderung.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso also sollten "echte Möglichkeiten" für Vorwerfbarkeit unabdingbar sein?

"Vorwerfen" kann man auch ohne echte Möglichkeiten, wenns denn was hilft.

Dann sind wir aber sofort bei meinem Begriff der Schuld, auch wenn man das dann nicht mehr Schuld nennt, sondern XY, das ändert an der Bedeutung nichts.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was hatten wir bisher:

- Schopenhauer sieht das so -> kein Argument
- viele (die meisten) Leute sehen das so -> kein Argument
- viele Strafrechtsprofessoren sehen das so -> kein Argument
- Kompatibilisten sind verkappte Neo-Theologen -> kein Argument
- "echte Möglichkeiten" sind einfach so Voraussetzung -> kein Argument

- ohne echte Möglichkeiten keine echte Wahl und ohne echte Wahl keine echte Schuld

Ziemlich viel "echt" dabei. Wofür sollte eine "echte Schuld" eine Rolle spielen? Sind das nicht nur Definitionen? Wo ist das Argument?

step hat folgendes geschrieben:
- ohne Nutzen keine Sanktion

Ja, wie gesagt, das sehe ich zwar auch so, allerdings halte ich auch das nicht für eine Argumentation.

#549: "Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn ... Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 18:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
"Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn es sich auf ein von der Allgemeinheit erwünschtes Verhalten eines Einzelnen bezieht.


Egal, worin die Erwartung besteht? Nur weil sie von der "Allgemeinheit" kommt?

So weit ich weiß, zeichnen sich moralische Forderungen dadurch aus, dass sie einen moralischen Inhalt haben. Außerdem können sie auch vom Einzelnen an die "Allgemeinheit" - will sagen z.B. an den Staat - gestellt werden.

Es sei denn, du bist nichts, dein Volk ist alles.

Wenn irgendeine faschistisch verhetzte "Allgemeinheit" an den Einzelnen eine Erwartung hat, dann sollte man das wohl eher das Gegenteil von "moralisch" nennen.

Also step, so ein Blödsinn, was Du da schreibst.

Skeptiker

#550:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 18:38
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
C00KIE hat folgendes geschrieben:
den "Skibindungshansl"
ich habe nicht die allergeringste Ahnung was er mit seiner Textilbremse meint:
in einer steilen Buckelpiste "fühlst" du nicht ob die Bindung aufgeht oder nicht
b.z.w. bist da schon längst gflogen before du es mitkriegst, ausser du fährst wie eine Schnecke
Also Agnost! Dann soll er antworten.

Trotzdem: Mit Textilbremse meint er seinen windschlüpfigen aber schneereibenden Skianzug, den er an hat und dessen Textilbestandteile bei einem Sturz bremsen sollen. Als Alternative sieht er sich (wahrscheinlich nur in seiner Phantasie) als einbeinigen Skihelden, der mit geistiger Blitzreaktion (von der Grosshirnrinde bewusst gesteuert) elegant aus der Affäre zieht. Und zusätzlich behauptet er, dass er Zeit habe bewusst zu entscheiden (also wiederum per Grosshirnlappen), welche der Varianten er wählen will. Also aus bewusstem freien Willen! Darüber hinaus setzt er dieses Beispiel ein, um Bieris "beschränkt freien Willen" zu beweisen - oder mindesten zu illustrieren - und darüber hinaus noch viele weltbeflügelnde Spekulationen...

Da ist Deine Beschreibung der Sachlage (als erfahrene Skifahrerin auf der Streif) wohl realistischer!


Ach ne der Agnostiker will jetzt doch irgendwie aber doch nicht so ganz richtig drauf eingehen.

Die Textilbremse, ist der freiwillig gewählte Sturz, wenn die Bindung aufspringt.

Und ob man nun, die Erfahrung auf der Lagalp im Engadin (War auch mal eine Weltcuppiste, oder auf der Streif im Tirol sammelt spielt keine Rolle).
Ihr müsst mir beweisen können, warum ich, nachdem mir die Skibindung aufspringt, nicht zwischen "freiwilligem Absitzen, vulgo Textilbremse" oder dem Schwung ausfahren auf einem Ski wählen kann.

Wenn Agnostikers Hirn nicht schnell genug tickt um in solchen Situationen diese zwei Handlungsoptionen zu erkennen, dann ist das sein Problem, er sollte aber nicht von sich auf andere Schliessen.

Es liessen sich auch Problemlos Beispiele aus dem Tennis, Badminton, Fussball oder generell dem Sport finden, die aufzeigen, dass der Mensch zwischen zwei oder mehr möglichen Handlungsalternativen "auswählen" kann, ohne dass ihm sein Hirn schon 7 Sekunden vorher durchfunkt was er tun werde, was er noch gar nicht wissen kann.

Agnostiker, es hat etwas rührendes, wenn du jetzt plötzlich versuchst, eine eigenen Beschreibung der Textilbremse einzufürhren, nachdem über mehrere Seiten genau gewusst hattest, was gemeint war.

Wer wirklich glaubt, dass Sport auf der Reaktionsebene nur mit dem Kleinhirn betrieben wird, der soll harte Fakten und kein metaphysisches Geschwurbel bringen.
Schwätzen kann ich selber, Agnostiker.

Agnost

#551:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 18:47
    —
C00KIE hat folgendes geschrieben:
ach so war das gemeint, na da braucht er nicht unbedingt zu antworten

.... klingt irgendwie so ähnlich wie "du brauchst einen Stahlsattel und vorn und hinten eine Federung am Mountain-Bike, damit du dir in der Stadt keinen Wolf am Arsch reibst "

Mr. Green

aber wie immer:" Des Menschen Wille sei sein Himmelreich "
so ähnlich


Agnostiker, hat dich schlicht und einfach belogen, er weiss ganz genau, dass mit Textilbremse, das "freiwillige Absitzen in den Schnee" gemeint war.

Und wenn du selbst skifährst ist dir der Begriff sicher auch schon untergekommen.

Solltest du nicht wissen, wie man sich in einer heiklen Situation rettet, indem man rechtzeitig und einigermassen in den Schnee beisst, rate ich dir, dass unbedingt in deine skifahrerisches Repertoire aufzunehmen.
Es erhöht deine Sicherheit massiv und gibt dir eben in sehr vielen Situationen eine Handlungsalternative zu gefährlicheren Manövern.

Weisst du also wie man sich relativ sicher in den Schnee setzt, kannst du auch schmerzhaften knochenbrecherischen Zusammenstössen mit anderen Skifahrern ausweichen.

Weiss Cookie nun was eine Textilbremse ist?
Oder hat sie wie Agnostiker aus einfach durchschaubaren polemischen Gründen nur einen auf dumm gemacht?

Agnost

#552:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 18:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Meinst du im Ernst, ein Bieri würde mehre hundert Seiten zum "bedingt Freien Willen" abdrücken, wenn er damit nur einen Euphemismus für "vollständig determinierten Willen" meinen würde.

Bieri schreibt hier dies, dort das, er widerspricht sich zuweilen selbst. Und ja, ich meine, er würde das tun. Das Problem treibt ihn um und er möchte unbedingt eine kompatibilisitische Lösung finden, die ihn ruhig schlafen läßt. Schau nur mal, wie viele Seiten ein Thomas von Aquin geschrieben hat, oder wie Kant sich gewunden hat, um trotz all der Aufklärung noch eine göttliche Moral zu retten.


Du bestehst also nicht mehr darauf, dass Bieri mit dem "bedingt Freien Willen" nur ein anderes Wort für "streng Determinierten Willen" geschaffen hat.

Für dich ist er einfach nur so ein verblendetes Schwätzerlein?

Du aber hältst deine exotische Topographie kurz nach dem Urknall nicht für einen Trick, damit du die metaphysische Basis deines Glaubens kaschieren kannst?

Wirklich, man sollte anderen keine Metaphysik vorwerfen, wenn man selbst bis zur Oberkannte Unterlippe drin steckt.

Agnost

#553:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 19:16
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Du bestehst also nicht mehr darauf, dass Bieri mit dem "bedingt Freien Willen" nur ein anderes Wort für "streng Determinierten Willen" geschaffen hat.

Bieri hat "bedingt freier Wille" u.a. auch schon in diesem Sinne gebraucht. Letztlich habe ich aber nicht mit Bieri argumentiert, sondern die wikipedia-Definition von "bedingt Freier Wille" verwendet, die auch bei modernen Kompatibilisten weit verbreitet ist.

#554: Re: "Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn ... Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 19:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn es sich auf ein von der Allgemeinheit erwünschtes Verhalten eines Einzelnen bezieht.
Egal, worin die Erwartung besteht? Nur weil sie von der "Allgemeinheit" kommt?

Ja. "Moralisch gut" trifft es vielleicht besser. So galt das Töten von Ungläubigen in bestimmten Kulturkreisen als moralisch gut. Ebenso Vergewaltigung oder die Todesstrafe. Umgekehrt galt bis vor kurzem z.B. "Gottesleugnung" oder Demokratie bei uns als moralisch schlecht (böse).

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn irgendeine faschistisch verhetzte "Allgemeinheit" an den Einzelnen eine Erwartung hat, dann sollte man das wohl eher das Gegenteil von "moralisch" nennen.

Du sagst "sollte", weil Du von einer Erziehung geprägt bist, gegen deren Werte eine solche faschistische Forderung verstößt. Oder Du bist selbst so erzogen, z.B. als kleiner Hitlerjunge. Je nachdem findest Du es moralisch gut oder böse.

#555:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 19:37
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und ich halte es wirklich für vollkommen absurd, mir hier permanent eine alleinige Begründungspflicht unterschieben zu wollen. Eure Meinung ist von Vorneherein und solange richtig, bis es mir gelungen ist, sie zu widerlegen? Das kann ja wohl echt nicht wahr sein.

Du hast mich nicht verstanden. Jeder, der normative Setzungen vorschlägt, muss diese begründen. Auch wenn Du meine Begründungen für meine Setzungen ablehnst, musst Du Deine Setzungen trotzdem begründen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Auf der anderen Seite: selbstverständlich dürfen Zwangsmaßnahmen nur dann durchgeführt werden, wenn diese einen Zweck haben. Nur aus Sühnegründen zu bestrafen, halte ich nicht für legitim. Ich weiß zwar, dass kolja mir oben unterstellt hat, ich würde das doch tun, aber das stimmt schlicht nicht.

Es gab da eine Diskussion, in der es um die Festlegung des Strafmaßes ging, da hast Du selber eingeräumt, dass man ganz ohne den Vergeltungs-Gedanken nicht auskommt.

#556:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 20:13
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Schwätzen kann ich selber, Agnostiker.
Und das ausgiebig! Ich geb's auf, Du bist total unmöglich...

#557:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 20:26
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Schwätzen kann ich selber, Agnostiker.
Und das ausgiebig! Ich geb's auf, Du bist total unmöglich...


Das sei dir unbenommen, niemand zwingt dir hier was auf,
Diese Freiheit kann dir niemand nehmen.

Und Tschüss,

Agnost

#558:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 20:50
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Du bestehst also nicht mehr darauf, dass Bieri mit dem "bedingt Freien Willen" nur ein anderes Wort für "streng Determinierten Willen" geschaffen hat.

Bieri hat "bedingt freier Wille" u.a. auch schon in diesem Sinne gebraucht. Letztlich habe ich aber nicht mit Bieri argumentiert, sondern die wikipedia-Definition von "bedingt Freier Wille" verwendet, die auch bei modernen Kompatibilisten weit verbreitet ist.


Wie ich schon mal geschrieben habe:

Auch ich zitiere Wikipedia, weil es aus Copyrighttechnischen Gründen einfach ist. Ich gestehe Wikipedia trotzdem keine Beweiskraft zu.

Du weisst nicht, wer die Definition von "bedingt Freier Wille" verfasst hat.
Ich lehne sie ab.
Und sie deckt sich auch nicht mit Bieris Vorstellung von "bedingt Freiem Willen".

Und du kannst sicher verstehen, dass ich mich darum auf Bieri abstütze, der sich immerhin die Mühe gegeben hat, darüber nicht nur ein Buch zu schreiben.

Immer noch komisch finde ich, dass auch du wie Heiner glaubst, man müsse verkappter Theist sein, wenn man den "bedingt Freien Willen" postuliert.

Der Islam kommt gänzlich ohne "Freien Willen" der Menschen aus.

Allah hat alle Menschen "determiniert".

Das selbe gilt für den Gott der Calvinisten.

Ich weiss ja nicht, was dich zwingt, immer die Religiöse Dimension ins Spiel zu bringen, aber du kennst doch den alten Spruch der Mystiker:

"Gott ist in allen Dingen oder er ist nicht".

Nach dieser Gottesdefinition könnte deine imanente physikalische Determiniertheit sehr wohl göttlichen Ursprungs sein. Du wärst dann hyperkomplex intelligent designed.

Da ich weiss, dass mir die Kenntnisse fehlen, einer physikalischen Formeldiskussion angemessen zu folgen, hoffe ich, dass jemand anders die entsprechend herausfordert und kollegial "überprüft".


Aber ich stelle dir gerne eine Frage:

Wenn du einigen Postings zum Themenkomplex Verantwortung in diesem Thread antönst, dass "Verantwortung" im Sinne einer generalisierten Erwartungshaltung einer Gesellschaft an ein einzelnes "unterrichtetes" "Mitglied" Sinn macht und auch antönst, dass durch entsprechende Sanktion oder Erziehung die Determination dieses einzelnen geändert werden kann, dann wundere ich mich warum dies die "strenge Determination" zulässt.
Unter welchen physikalischen Bedingungen werden die Wellenfunktionen dieses "Einzelnen" an die Wellenfunktionen der "Gesellschaft" harmonisiert.

Muss man sich das wie das "Einbrechen" (Zureiten) eines jungen Pferdes vorstellen?

Agnost

#559:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 21:20
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen

Du konntest mir nicht folgen.

Möglich, dass ich mich nicht so eloquent ausdrücken kann, wie viele andere hier und Du mich deshalb missverstanden hast, meine "Schuld" zwinkern dann.
Wobei konnte ich Dir nicht folgen?

#560:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 21:24
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und ich halte es wirklich für vollkommen absurd, mir hier permanent eine alleinige Begründungspflicht unterschieben zu wollen.

1. "Wir" müssen begründen, warum der Wille entgegen der Intuition nicht frei ist, sondern komplett kausal. Das ist eine rein naturwissenschaftliche Angelegenheit, in der philosophisches Geschwurbel fehl am Platze ist.

2. Als kritische Rationalisten und aufgeklärte Denker sind wir uns hoffentlich einig, daß Sanktionen methodisch auf nachvollziehbare Ziele zurückführbar sein müssen, d.h. wir alle müssen Ziele vorschlagen und zeigen, daß mit diesen Sanktionen diese Ziele erreicht werden. Wenn Du also "unser" Ziel der Prävention nicht teilst oder es Dir nicht ausreicht, mußt Du ein anderes angeben, z.B. "Rachedurst", und zeigen, daß es durch Sanktionen erfüllt würde.

Du mußt also begründen, welchen Sinn / Nutzen vergeltende Strafe nach vollständig kausalem Fehlverhalten hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur weil etwas nützlich ist, ist es noch lange nicht legitim.

Etwas gilt als legitim, wenn es von der Gemeinschaft der ethischen Subjekte als legitim angesehen wird. Je nach Aufklärungsstand kann das auf unreflektierten biologischen, kulturell tradierten oder aber utilitaristisch reflektierten Überzeugungen basieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Auf der anderen Seite: selbstverständlich dürfen Zwangsmaßnahmen nur dann durchgeführt werden, wenn diese einen Zweck haben.

Das habe ich früher bei Dir anders verstanden. Wie ernst Du das meinst, können wir ja leicht überprüfen: Was außer dem erwarteten Präventionsnutzen darf Deiner Ansicht nach in das Strafmaß einfließen?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nach Deiner Argumentation wäre jemand nicht mal für einen mißglückten Mordversuch verantwortlich, solange das Mißglücken hinreichend nah an seinem eigenen Körper stattfindet. Mißglückt ihm gar schon der Entschluß zum Mord, etwa weil er zu ängstlich ist, wäre er gänzlich schuldfrei.
Natürlich halte ich jemand verantwortlich für einen von ihm versuchten missglückten Mordversuch. Allerdings: (weiß nicht, ob ich hier nicht etwas falsch verstehe) - Gedanken halte ich prinzipiell nicht für Verbrechen, egal, was für Gedanken das sind.

Wo ziehst Du die Grenze? Ist er für den mißglückten Mordversuch verantwortlich, aber nicht schuldig?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso also sollten "echte Möglichkeiten" für Vorwerfbarkeit unabdingbar sein?
"Vorwerfen" kann man auch ohne echte Möglichkeiten, wenns denn was hilft.
Dann sind wir aber sofort bei meinem Begriff der Schuld, auch wenn man das dann nicht mehr Schuld nennt, sondern XY, das ändert an der Bedeutung nichts.

Nö, Dein Begriff der Schuld beinhaltet ja zusätzlich noch die (bisher unbegründete) Legitimation vergeltender Strafe. Das "Vorwerfen" wird in meinem Modell nicht nach Fehlverhalten, sondern nur nach Präventivnutzen angewandt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- ohne echte Möglichkeiten keine echte Wahl und ohne echte Wahl keine echte Schuld
Ziemlich viel "echt" dabei.

Ja, um nicht wieder irgendwelche Begriffsverdrehereien zuzulassen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wofür sollte eine "echte Schuld" eine Rolle spielen?

Für die Legitimation echter Strafe.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- ohne Nutzen keine Sanktion
Ja, wie gesagt, das sehe ich zwar auch so, allerdings halte ich auch das nicht für eine Argumentation.

Nochmal zur Sicherheit, weil ich Dich bisher immer anders verstand: Heißt das, eine sagen wir langjährige Haftstrafe ist dE illegitim, wenn sie nicht einen der Maßnahme angemessenen Nutzen hat?

#561:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 21:48
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:


Und genau um dieses "ganz" dreht sich das "Handwerk der Freiheit".

Unerträglich wäre für Bieri der Total-Indeterminierte aber auch der Total-Determinierte Mensch.



Nun ja, du hast den Bieri gelesen, du musst es ja wissen.
Wenn Bieri auch die Meinung vertritt, dass der Wille "irgendwie", "so ein bisschen halt" determiniert ist, "aber doch nicht so ganz", dann schreibt er halt Blödsinn.

Darf man fragen, wie das in Prozentverhältnissen aussieht? Ist der Wille zu 20 Prozent determiniert und zu 80 Prozent nicht determiniert? Oder 50 - 50? Oder 70 - 30?
Was glaubst denn du?

#562:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 22:03
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Immer noch komisch finde ich, dass auch du wie Heiner glaubst, man müsse verkappter Theist sein, wenn man den "bedingt Freien Willen" postuliert.

Kannst Du belegen, daß ich diese Behauptung aufgestellt habe?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn du einigen Postings zum Themenkomplex Verantwortung in diesem Thread antönst, dass "Verantwortung" im Sinne einer generalisierten Erwartungshaltung einer Gesellschaft an ein einzelnes "unterrichtetes" "Mitglied" Sinn macht und auch antönst, dass durch entsprechende Sanktion oder Erziehung die Determination dieses einzelnen geändert werden kann, dann wundere ich mich warum dies die "strenge Determination" zulässt ...

Warum sollte die strenge Determination keine Erziehung zulassen? Determination besagt ja nicht, daß Dein Verhalten auf ewig gleich bleibt, sondern daß Erziehung und Verhalten den Naturgesetzen folgt. Tiere, ja sogar Pflanzen lernen auch, passen sich an usw.

#563:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 22:07
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und ich halte es wirklich für vollkommen absurd, mir hier permanent eine alleinige Begründungspflicht unterschieben zu wollen.

1. "Wir" müssen begründen, warum der Wille entgegen der Intuition nicht frei ist, sondern komplett kausal. Das ist eine rein naturwissenschaftliche Angelegenheit, in der philosophisches Geschwurbel fehl am Platze ist.

Ja, klar, jeder der nicht Deine Meinung teilt, schwurbelt automatisch.

Du hast hier einen Gegensatz als selbstverständlich hingestellt, nämlich "komplett kausal" vs. "Freiheit". Dieser Gegensatz ist aber mMn mitnichten selbstverständlich, das ist lediglich eine Definition, eine Behauptung von Dir und sonst nichts. Diese Definition ist aber nun mal erklärungs- und begründungsbedürftig, da beißt die Maus keinen Faden ab, auch wenn Du das anders siehst. Du könntest wenigstens mal in Ansätzen akzeptieren, dass ich diesen Gegensatz so nicht sehe, immer noch auf Argumente dafür hoffe und nicht einfach nur behaupten, er sei eine naturwissenschaftliche Tatsache und jeder, der das anders sähe, sein ein "philosophischer Schwurbler". Das wäre wirklich ganz entzückend.

step hat folgendes geschrieben:
2. Als kritische Rationalisten und aufgeklärte Denker sind wir uns hoffentlich einig, daß Sanktionen methodisch auf nachvollziehbare Ziele zurückführbar sein müssen, d.h. wir alle müssen Ziele vorschlagen und zeigen, daß mit diesen Sanktionen diese Ziele erreicht werden. Wenn Du also "unser" Ziel der Prävention nicht teilst oder es Dir nicht ausreicht, mußt Du ein anderes angeben, z.B. "Rachedurst", und zeigen, daß es durch Sanktionen erfüllt würde.

Mein Ziel ist eine freie Gesellschaft mit so wenig Zwangsmaßnahmen, wie es nur immer möglich ist und so vielen, wie es absolut nötig ist und zwar mit exakten, vorab festgelegten Kriterien, nach denen man sich richten kann. Das widerspricht Deinem Ziel der reinen Prävention, denn das ist mir viel zu schwammig. Ich meine also, dass bei einer angedachten Einschränkung der Freiheitsrechte verdammt gute Begründungen gegeben werden müssen und auch genaue Kriterien angegeben werden müssen, in welchen Fällen genau Freiheitseinschränkungen in welcher Form genau zulässig sein sollen. Diese Kriterien können dabei auf keinen Fall irgendwelchen Experten überlassen werden, die sie ad hoc treffen und deren Überlegungen und Erkenntnisse man nicht nachvollziehen kann. Das würde mE direkt in einen totalitären Staat führen und das ist nicht mein Ziel.

step hat folgendes geschrieben:
Du mußt also begründen, welchen Sinn / Nutzen vergeltende Strafe nach vollständig kausalem Fehlverhalten hat.

Eine Strafe muss mMn auch die positive Generalprävention berücksichtigen, d.h. sie muss vergleichbar zu ähnlichen Fällen sein. Jemand sollte unter vergleichbaren Umständen also nicht härter bestraft werden als jemand anderes, der eine vergleichbare Tat begangen hat (also zum Beispiel deswegen, weil er weniger reich ist als der andere und man deswegen von einer ungünstigeren Sozialprognose ausgeht). Sonst besteht unmittelbar die Gefahr der Willkür. Außerdem finde ich es sinnvoll, das Strafmaß nach Schwere der Tat zu differenzieren und nicht lediglich nach Einsichtsfähigkeit des Täters oder seiner Zukunftsprognose.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Auf der anderen Seite: selbstverständlich dürfen Zwangsmaßnahmen nur dann durchgeführt werden, wenn diese einen Zweck haben.

Das habe ich früher bei Dir anders verstanden. Wie ernst Du das meinst, können wir ja leicht überprüfen: Was außer dem erwarteten Präventionsnutzen darf Deiner Ansicht nach in das Strafmaß einfließen?

s.o.

Wobei noch fraglich ist, was überhaupt ein Präventionsnutzen ist und wie man ihn misst.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nach Deiner Argumentation wäre jemand nicht mal für einen mißglückten Mordversuch verantwortlich, solange das Mißglücken hinreichend nah an seinem eigenen Körper stattfindet. Mißglückt ihm gar schon der Entschluß zum Mord, etwa weil er zu ängstlich ist, wäre er gänzlich schuldfrei.

Natürlich halte ich jemand verantwortlich für einen von ihm versuchten missglückten Mordversuch. Allerdings: (weiß nicht, ob ich hier nicht etwas falsch verstehe) - Gedanken halte ich prinzipiell nicht für Verbrechen, egal, was für Gedanken das sind.

Wo ziehst Du die Grenze? Ist er für den mißglückten Mordversuch verantwortlich, aber nicht schuldig?

Die Grenze ziehe ich hier ganz pragmatisch. Wenn man jemandem einen Mordversuch nachweisen kann, dann ist er schuldig. Wenn nicht, dann nicht.

Um die beiden Extreme zu nennen: a) jemand zielt mit einem Gewehr auf einen anderen und drückt ab. Das Gewehr hat Ladehemmung -> Mordversuch. b) Jemand tötet in Gedanken seinen Nachbarn -> kein Mordversuch (und meiner Meinung nach auch nicht vorwerfbar - in Gedanken darf mMn jeder tun, was immer er will, Gedanken sind aus meiner Sicht niemals moralisch verwerflich)

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso also sollten "echte Möglichkeiten" für Vorwerfbarkeit unabdingbar sein?
"Vorwerfen" kann man auch ohne echte Möglichkeiten, wenns denn was hilft.
Dann sind wir aber sofort bei meinem Begriff der Schuld, auch wenn man das dann nicht mehr Schuld nennt, sondern XY, das ändert an der Bedeutung nichts.

Nö, Dein Begriff der Schuld beinhaltet ja zusätzlich noch die (bisher unbegründete) Legitimation vergeltender Strafe. Das "Vorwerfen" wird in meinem Modell nicht nach Fehlverhalten, sondern nur nach Präventivnutzen angewandt.

Ja. Was aber nun mal bedeutet, dass Dir dann die Legitimation für diesen Vorwurf fehlt. Man kann mMn nicht irgend jemandem irgend etwas vorwerfen, nur weil die Gesellschaft das vielleicht gerade als irgendwie nützlich ansieht.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- ohne echte Möglichkeiten keine echte Wahl und ohne echte Wahl keine echte Schuld
Ziemlich viel "echt" dabei.

Ja, um nicht wieder irgendwelche Begriffsverdrehereien zuzulassen.

Du bist lustig. Was soll denn "echte Schuld" überhaupt sein? Und wieso sollte ausgerechnet Deine Definition die Ausschlaggebende in dieser Diskussion sein? Das klingt reichlich vermessen, muss ich sagen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wofür sollte eine "echte Schuld" eine Rolle spielen?

Für die Legitimation echter Strafe.

Aha. Das ist natürlich jetzt ungemein hilfreich.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- ohne Nutzen keine Sanktion
Ja, wie gesagt, das sehe ich zwar auch so, allerdings halte ich auch das nicht für eine Argumentation.

Nochmal zur Sicherheit, weil ich Dich bisher immer anders verstand: Heißt das, eine sagen wir langjährige Haftstrafe ist dE illegitim, wenn sie nicht einen der Maßnahme angemessenen Nutzen hat?

Ja, sicher.

Wobei wir sicherlich aber so schnell keine Einigung darüber erzielen können, was genau dieser Nutzen ist und wie man ihn im Vorfeld bestimmen kann.

#564:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 22:39
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nein, sicher wirst Du das nicht sagen. Für Dich müsste das genauso zu bewerten sein wie ein Erbeben, eine Lawine und irgend eine andere Naturkatastrophe. Sicher wirst Du das nicht gut finden, genausowenig wie die Naturkatastrophe,


Hm, ja, bezogen auf die die konkrete Situation in gewisser Weise schon...

Zitat:
aber moralisch falsch kann eine Handlung eben nicht sein.

Nehmen wir ein Beispiel, an dem es vielleicht klarer wird: a) S beobachtet einen Verkehrsunfall, hilft aber nicht, sondern geht einfach ohne Reaktion weiter, b) in China gibt es einen Verkehrsunfall. S bekommt davon nichts mit und reagiert nicht.

Nach Ansicht eines harten Inkompatibilisten waren beide Reaktionen genau gleich notwendig und unabwendbar und jede, egal welche, andere Reaktion, prinzipiell unmöglich.


Ja, in der konkreten Situation ist das richtig.

Du machst allerdings den typischen Fehler, Determinismus mit Fatalismus gleichzusetzen. Das ist nicht zulässig. Fatalismus würde bedeuten, es als gegebene Tatsache hinzunehmen, dass eine Person, die bei einem Unfall gafft, das auch in Zukunft unverändert so tun wird.

Der Determinist sagt dergleichen nicht. Die ethische Norm, dass es besser ist zu helfen statt zu gaffen, macht auch ohne freien Willen Sinn, denn

"Helfen statt gaffen" liegt prinzipiell im Möglichkeitsbereich des menschlichen Handelns, wenn auch nicht zu jedem konkreten Zeitpunkt für alle Menschen.

Es macht also Sinn zu versuchen auf "Gaffer" so einzuwirken, dass sie in Zukunft vielleicht nicht mehr gaffen.

Nun zeigt die Realität, dass dies offenbar sehr schwierig ist. Moralische Appelle an den Willen helfen eben allein nicht aus, da der Wille nun mal nicht frei ist. Realistischerweise müsste man erst einmal die determinierenden Mechanismen, die Gaffer zum Gaffen veranlassen, zu erfassen versuchen.
Da könnte man dann mit neuen Determinierungen ansetzen (Beispiel: Möglicherweise ist weniger Schaulust als vielmehr Angst das determinierende Motiv, wie kann man diese Angst abbauen usw..., hier nur platt und skizzenhaft...)

Hier kann man auch sehen, wie unterschiedlich FW-Vertreter und Deterministen an ethische Probleme herangehen. Während sich FW-Vertreter noch mit moralischer Empörung und moralischen Appellen aufhalten und an einer konkreten Situation retrospektiv kleben bleiben, sind Deterministen schon dabei, ganz praktisch die Zukunft (!) ins Auge zu fassen und zu schauen, wie sich Verletzungen (allgemein akzeptierter) ethischer Normen präventiv vermeiden lassen.
Der Präventionsgedanke lässt sich übrigens mit der Annahme eines freien Willens gar nicht schlüssig vereinbaren, nebenbei bemerkt.



Zitat:

Und in meiner Sicht gibt es keineswegs eine Legitimation der Gesellschaft, Freiheitsrechte ihrer Bürger, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, einzuschränken, zum Beispiel irgendwelche Therapien zwangsweise zu verordnen (was aber eh nicht funktioniert) oder andere Zwangsmaßnahmen (Freiheitsentzug, Gehirnoperationen oder dergl.) durchzuführen.


Da ich schon so viel geschrieben haben, enthalte ich mich zunächst weiterer Ausführungen hierzu.

#565:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 22:50
    —
Agent Provocateur,

Step hat seine Positionen über mehrere Threads zum Freien Willen dargelegt und nicht wesentlich geändert.

Genauso werde ich aufgrund seiner bisherigen Argumentation nicht von meiner Meinung abweichen, und ich denke (kann es aber nicht wissen) auch du wirst nicht wesentlich von deiner Meinung abweichen.

Ich bin das einzige Mal in eine "Freier Wille" Diskussion eingestiegen, erstens, weil ich Heiners Irrtum, dass der "Freie Wille" bei Menschen theistisch motiviert sei, problemlos widerlegen kann, zweitens, weil wir in unserem Leben in vielen Situationen vor Handlungsalternativen gestellt werden, die unser Hirn nicht 7 Sekunden vorher schon antizipieren kann.

Tatsache ist, dass Step nicht wirklich beweisen kann, das wir "Total Determiniert" sind. Wir können nicht beweisen, dass es anders ist.
Solange unsere Möglichkeiten unser Hirn zu "befragen" so primitv sind wie sie sind, ist der Disput nicht entscheidbar.
Es wird uns sicher nicht gelingen aus Step in diesem Thread einen Kompatibilisten oder Liebertären zu machen.

Die zweite Ebene, die Ebene der Moral und Busse ist theoretisch führbar.

Sind wir Total Determiniert sind Sanktionen (Haft, Geldbusse, Erziehung) nach utlitaristischen Gründen zu vollziehen.

Sind wir teilweise Frei in unseren Entscheidungen, spielt wie im heutigen vom "römischen Recht" abstammenden Recht auch die Intention der Handlung eine Rolle.

(Das "römische Recht" ist nicht zu verwechseln mit dem kanonischen Recht der römisch-katholischen Kirche. Das "römische Recht" ist viel älter als das Christentum.)

Agnost

#566:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 22:52
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen

Du konntest mir nicht folgen.

Möglich, dass ich mich nicht so eloquent ausdrücken kann, wie viele andere hier und Du mich deshalb missverstanden hast, meine "Schuld" zwinkern dann.
Wobei konnte ich Dir nicht folgen?

Ich sprach nicht davon, dass das Schuldprinzip mehr Differentation bräuchte, sondern dass das ganze aufwackligen Boden steht.

#567:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 22:56
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
[...]
Tatsache ist, dass Step nicht wirklich beweisen kann, das wir "Total Determiniert" sind. Wir können nicht beweisen, dass es anders ist.[...]
Sind wir Total Determiniert sind Sanktionen (Haft, Geldbusse, Erziehung) nach utlitaristischen Gründen zu vollziehen.[...]
Agnost


Fein...

#568:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 22:57
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Sorry, aber ich dachte Du könntest dem folgen. Wir haben doch in der Tat zahlreiche strafmildernde Umstände? Eine "Tat im Affekt" ist doch "einigermaßen willenlos"?
Dann gibt es ja auch etliche andere Psychotaten..., nun ja jedenfalls meinte ich das Schuldprinzip sei einigermaßen sinnvoll differenziert Mit den Augen rollen

Du konntest mir nicht folgen.

Möglich, dass ich mich nicht so eloquent ausdrücken kann, wie viele andere hier und Du mich deshalb missverstanden hast, meine "Schuld" zwinkern dann.
Wobei konnte ich Dir nicht folgen?

Ich sprach nicht davon, dass das Schuldprinzip mehr Differentation bräuchte, sondern dass das ganze aufwackligen Boden steht.

Einverstanden!
Welche Alternativen hast Du zu dem wackligen Boden vorzuschlagen?

#569:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 23:00
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Einverstanden!
Welche Alternativen hast Du zu dem wackligen Boden vorzuschlagen?

Ich verwerfe das Schuldprinzip. Biete also keinen neuen Boden an.
Allerdings gibt es andere Gründe an "Strafen" festzuhalten, in erster Linie wegen der Prävention. In zweiter Linie, hmm da fällt mir auf die Schnelle nix ein.

#570:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 23:20
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:

Einverstanden!
Welche Alternativen hast Du zu dem wackligen Boden vorzuschlagen?

Ich verwerfe das Schuldprinzip. Biete also keinen neuen Boden an.
Allerdings gibt es andere Gründe an "Strafen" festzuhalten, in erster Linie wegen der Prävention. In zweiter Linie, hmm da fällt mir auf die Schnelle nix ein.
Kein Schuldprinzip also, weil es keinen Freien Willen gibt oder er nicht sicher fest steht? Der Begriff "Strafe" ist damit Fehl am Platz. Aus Gründen der Prävention ist somit eine vorbeugende Maßnahme, die der Sicherungsverwahrung gleich kommt. Für Dich ist eine "Bestrafung" letztlich in jedem Fall falsch?

#571:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 23:26
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Kein Schuldprinzip also, weil es keinen Freien Willen gibt oder er nicht sicher fest steht?
Es reicht, dass es nicht fest steht. Wobei ich nicht der Meinung bin, dass dies eine offene Frage ist.
Zitat:

Der Begriff "Strafe" ist damit Fehl am Platz. Aus Gründen der Prävention ist somit eine vorbeugende Maßnahme, die der Sicherungsverwahrung gleich kommt. Für Dich ist eine "Bestrafung" letztlich in jedem Fall falsch?

Gegen Prävention habe ich nichts.

#572:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 23:30
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Du machst allerdings den typischen Fehler, Determinismus mit Fatalismus gleichzusetzen. Das ist nicht zulässig. Fatalismus würde bedeuten, es als gegebene Tatsache hinzunehmen, dass eine Person, die bei einem Unfall gafft, das auch in Zukunft unverändert so tun wird.

Der Determinist sagt dergleichen nicht.

Ach, tatsächlich? Was sagt er denn? Wir können die Zukunft beeinflussen mit dem, was wir wollen und tun? Wenn ja: das exakt ist es doch auch, was ich sage. Wo ist nun der Unterschied?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die ethische Norm, dass es besser ist zu helfen statt zu gaffen, macht auch ohne freien Willen Sinn, denn

"Helfen statt gaffen" liegt prinzipiell im Möglichkeitsbereich des menschlichen Handelns, wenn auch nicht zu jedem konkreten Zeitpunkt für alle Menschen.

Es macht also Sinn zu versuchen auf "Gaffer" so einzuwirken, dass sie in Zukunft vielleicht nicht mehr gaffen.

Ja, das macht genau dann Sinn, wenn man meint, die Zukunft aufgrund der eigenen (moralischen) Vorstellungen beeinflussen zu können. Wenn man das aber kann, wieso können es die anderen Menschen nicht? Das ist ein Widerspruch. Wenn sie es aber können, dann wieder kann man sie als verantwortlich für ihre eigenen Handlungen ansehen. Entweder - oder. Da musst Du Dich schon entscheiden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun zeigt die Realität, dass dies offenbar sehr schwierig ist. Moralische Appelle an den Willen helfen eben allein nicht aus, da der Wille nun mal nicht frei ist.

Hum? Vielleicht sehen andere etwas nur anders als Du? Wäre immerhin eine Möglichkeit, die Du natürlich nicht berücksichtigen kannst, wenn Du nicht dazu determiniert bist.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Hier kann man auch sehen, wie unterschiedlich FW-Vertreter und Deterministen an ethische Probleme herangehen. Während sich FW-Vertreter noch mit moralischer Empörung und moralischen Appellen aufhalten und an einer konkreten Situation retrospektiv kleben bleiben,

Ja, tatsächlich kann man hier schön sehen, wie Deterministen dazu determiniert sind, mit blödsinnigen Diffamierungen und Unterstellungen arbeiten zu müssen. Das wäre wirklich traurig, wenn es nicht so determiniert wäre.

Heiner hat folgendes geschrieben:
sind Deterministen schon dabei, ganz praktisch die Zukunft (!) ins Auge zu fassen und zu schauen, wie sich Verletzungen (allgemein akzeptierter) ethischer Normen präventiv vermeiden lassen.

Ja, Deterministen sind was ganz was Tolles. Dafür empfinde ich tiefen Respekt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Präventionsgedanke lässt sich übrigens mit der Annahme eines freien Willens gar nicht schlüssig vereinbaren, nebenbei bemerkt.

Aha. Wieso dieses?

#573:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 28.04.2008, 23:52
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Kein Schuldprinzip also, weil es keinen Freien Willen gibt oder er nicht sicher fest steht?
Es reicht, dass es nicht fest steht. Wobei ich nicht der Meinung bin, dass dies eine offene Frage ist.
Ich "kann" und "will" diese Position nicht teilen zwinkern
Du verneinst damit ja auch die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit? Sehr befremdlich in meinen Augen.
Wie sollte z.B. eine auf dieser Weltanschauung beruhende Kindeserziehung aussehen?
"Du kannst ja nichts dafür" kann es ja nicht sein...

Eine nur auf Prävention basierende erfolgreiche Erziehung möchte ich in der Praxis sehen (bezogen auf den Unsinn, den die Racker treiben...).

#574:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:06
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] Wäre immerhin eine Möglichkeit, die Du natürlich nicht berücksichtigen kannst, wenn Du nicht dazu determiniert bist.[...]

Eine feine Aussage! Darf ich die in Diskussionen benutzen oder erhebst Du ein Copyright drauf?

#575:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:11
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ach, tatsächlich? Was sagt er denn? Wir können die Zukunft beeinflussen mit dem, was wir wollen und tun? Wenn ja: das exakt ist es doch auch, was ich sage. Wo ist nun der Unterschied?


Der Unterschied ist folgender:

Ein FW-Vertreter glaubt, dass eine einzelne Person A sich nach Belieben für den Weg A oder B entscheiden kann. Jeder ist jederzeit frei zu entscheiden, ob er Krimineller oder Heiliger werden will. Ich sage, um beim Beispiel zu bleiben, eine Person ist dazu determiniert, kriminell - oder eben nicht - zu werden.

Zu den determinierenden Faktoren gehören nun aber auch sämliche kulturellen und sozialen Faktoren, also auch das Handeln anderer Menschen. Das Feld der determinierenden Einflussfaktoren ist damit keineswegs statisch, sondern dynamisch.
Wenn der zur Kriminalität Determinierte in ein nicht kriminalitätsförderndes Umfeld gelangt, können andere determinierende Mechanismen greifen, die den Betreffenden auf einen anderen Weg bringen können.
Wenn sich determinierende Faktoren ändern, kann sich auch die Person ändern. Das, was aber nicht geht, ist, sich qua Willensfreiheit wie Münchhausen beim eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Zitat:
Ja, das macht genau dann Sinn, wenn man meint, die Zukunft aufgrund der eigenen (moralischen) Vorstellungen beeinflussen zu können. Wenn man das aber kann, wieso können es die anderen Menschen nicht? Das ist ein Widerspruch.


Warum können die einen auf Gewalt verzichten und warum können die anderen das nicht, warum können die sich nicht beherrschen und müssen zuschlagen? Ist das ein Widerspruch?

Bei den Menschen sind eben unterschiedliche determinierende Faktoren wirksam.

Eine Einflussnahme ist sowohl von Seiten der Gewalttätigen auf die Friedfertigen wie umgekehrt der Friedfertigen auf die Gewalttätigen möglich, letztlich ist es eine Frage, welche Gruppe in der Gesellschaft dominiert.

Zitat:
Wenn sie es aber können, dann wieder kann man sie als verantwortlich für ihre eigenen Handlungen ansehen. Entweder - oder. Da musst Du Dich schon entscheiden.


Manche "können es aber nicht", können sich nicht an die herrschenden ethischen Standards halten. Andere wiederum können es.



Zitat:

Aha. Wieso dieses?


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 29.04.2008, 00:14, insgesamt einmal bearbeitet

#576:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:13
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Du verneinst damit ja auch die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit? Sehr befremdlich in meinen Augen.
Wie sollte z.B. eine auf dieser Weltanschauung beruhende Kindeserziehung aussehen?
"Du kannst ja nichts dafür" kann es ja nicht sein...

Eine nur auf Prävention basierende erfolgreiche Erziehung möchte ich in der Praxis sehen (bezogen auf den Unsinn, den die Racker treiben...).

Als meine erste Tochter geboren war, fragte ich mich ernsthaft, was denn nun meine Aufgabe sei. Ich kam auf die Lösung, dass ich ja sowieso später für alles Negative, was eintreffen könnte, verantwortlich gemacht würde, was ich auch tun würde. Meine persönliche Lösung dieser Tatsache war, dass es also nicht darauf ankommt, was ich tue, solange ich einfach mich selber bin mit all meinen Schwächen und Stärken, mit meiner Geduld und Ungeduld, mit meinen Launen und Inkonsequenzen, aber auch mit meiner inneren Stabilität. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich meine Kinder "erzogen" habe. Und trotzdem - oder vielleicht eher deshalb - wurde mir bis anhin noch nie ein Vorwurf über meine "Erziehungsmethoden" gemacht. Und ich selbst hatte auch keinen Anlass dazu. Das Resultat lässt sich wirklich zeigen! Immerhin drei Kinder...

Dabei war der Gedanken an meine Entscheidungsfreiheit und an jene meiner Kinder eigentlich zentral, obwohl ein bewusster Entscheid eigentlich nie wirklich fallen musste. Das unterstützt die Idee nach Wunsch nach Entscheidungsfreiheit, unterstützt aber auch die Tatsache, dass Entscheide wohl nie wirklich frei sind...

#577:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:35
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
.

Wenn sich determinierende Faktoren ändern, kann sich auch die Person ändern. Das, was aber nicht geht, ist, sich qua Willensfreiheit wie Münchhausen beim eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.



Sie kann sich also ändern, muss sie aber auch?

Und wer bitteschön benimmt sich wie Münchhausen, wenn er mal freiwillig bei Rot über eine Strasse geht und das nächste mal nicht?

Du baust ständig Szenarien auf, die wenig mit der Realität zu tun haben.

Oder um es mit einem Wort von dir zu sagen: Das wir nicht Münchhausen sein können ist
trivial.

Agnost

#578:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:37
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Dabei war der Gedanken an meine Entscheidungsfreiheit und an jene meiner Kinder eigentlich zentral, obwohl ein bewusster Entscheid eigentlich nie wirklich fallen musste. Das unterstützt die Idee nach Wunsch nach Entscheidungsfreiheit, unterstützt aber auch die Tatsache, dass Entscheide wohl nie wirklich frei sind...
Eine absolute Willensfreiheit ist nicht möglich, ich dachte das sei klar... Mit den Augen rollen
Impliziert denn eine "bedingte Willensfreiheit" keine Entscheidungsfreiheit? Wohl kaum... Wo liegt denn der Sinn der Beantwortung der Frage des Freien Willens ja/nein/bedingt... ?

#579:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:41
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Eine absolute Willensfreiheit ist nicht möglich, ich dachte das sei klar... Mit den Augen rollen
Impliziert denn eine "bedingte Willensfreiheit" keine Entscheidungsfreiheit? Wohl kaum... Wo liegt denn der Sinn der Beantwortung der Frage des Freien Willens ja/nein/bedingt... ?
Paradoxerweise in der Befreiung! Besonders davor, dass man sich diese Frage stellt.

#580:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:42
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] Wäre immerhin eine Möglichkeit, die Du natürlich nicht berücksichtigen kannst, wenn Du nicht dazu determiniert bist.[...]

Eine feine Aussage! Darf ich die in Diskussionen benutzen oder erhebst Du ein Copyright drauf?

Nein, Letzteres tue ich nicht. Du darfst das gerne benutzen.

#581:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:47
    —
Bedingte Willensfreiheit, ergibt sich quasi aus der Tatsache, dass du durch alles was dich bis zu einer Wahlmöglichkeit gebracht hat, determiniert bist.

Wenn du zu Fuss vor die Rote Ampel kommst und dich entscheiden kannst, ob du nun subversiv bei Rot rüber willst oder bis Grün stehen bleibst, triffst du z.Bsp keine bewusste Entscheidung, wenn dir aber der Code Rot=gleich Verboten, Grün=du darfst rüber nicht bekannt ist, hast du in dieser Situation einfach nur gehandelt.

Step, Heiner und einige Andere glauben nun, dass es die Wahlmöglichkeit bewusst bei Rot rüber zu gehen oder bis auf Grün zu warten nicht wirklich gäbe, sondern nur als Illusion.

Tatsächlich sei ich determiniert.

Gleichfalls glauben sie, dass ich durch Sanktionen dazugebrachtet werden könnte, dass ich unfreiwillig das nächste mal brav auf Grün warten würde.

Ihr Konzept der Menschenerziehung beruht also auf Dressur.

Machst du das Richtige gibst ein Guetsli, machst du das Falsche gibts die Peitsche.

Agnost

#582:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 00:48
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Eine absolute Willensfreiheit ist nicht möglich, ich dachte das sei klar... Mit den Augen rollen
Impliziert denn eine "bedingte Willensfreiheit" keine Entscheidungsfreiheit? Wohl kaum... Wo liegt denn der Sinn der Beantwortung der Frage des Freien Willens ja/nein/bedingt... ?
Paradoxerweise in der Befreiung! Besonders davor, dass man sich diese Frage stellt.
Nun ja, jedem seins, das ist wirklich ehrlich gemeint und entsprang meinem Freien Willen Smilie

#583:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 01:10
    —
So ein Gedanke für die Nacht: Die freieste Entscheidung ist, nicht zu entscheiden.

Zuletzt bearbeitet von PataPata am 29.04.2008, 11:42, insgesamt einmal bearbeitet

#584:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 01:13
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ach, tatsächlich? Was sagt er denn? Wir können die Zukunft beeinflussen mit dem, was wir wollen und tun? Wenn ja: das exakt ist es doch auch, was ich sage. Wo ist nun der Unterschied?

Der Unterschied ist folgender:

Ein FW-Vertreter glaubt, dass eine einzelne Person A sich nach Belieben für den Weg A oder B entscheiden kann.

Beliebig?

Nö, ich tue das nicht, im Gegenteil sogar, ich habe meist Gründe (unbewusste und bewusste), warum ich etwas tue. Und das halte ich auch für notwendig dafür, um eine Handlung rechtfertigen zu können. Wenn ich lediglich völlig beliebig (unkontrolliert) handeln würde, dann würde ich das nicht als meine mir zugehörigen Handlungen ansehen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Jeder ist jederzeit frei zu entscheiden, ob er Krimineller oder Heiliger werden will. Ich sage, um beim Beispiel zu bleiben, eine Person ist dazu determiniert, kriminell - oder eben nicht - zu werden.

Alles passiert so, wie es passiert. Ist es das, was Du mir sagen willst? Nun, das mag wohl so sein. Ich habe noch nie etwas getan, was ich nicht getan habe und ich nehme keineswegs an, dass irgend jemand irgendwann mal etwas getan hat, was er nicht getan hat. Oder dass er etwas nicht getan hat, was er getan hat.

Und nun? Kann man daraus ein Argument basteln? Wie genau sieht das denn wohl aus? Ist mir noch unklar, aber das würde ich doch zu gerne kennen lernen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zu den determinierenden Faktoren gehören nun aber auch sämliche kulturellen und sozialen Faktoren, also auch das Handeln anderer Menschen. Das Feld der determinierenden Einflussfaktoren ist damit keineswegs statisch, sondern dynamisch.

Ja, selbstverständlich, es gab und gibt sicher keinen einzigen Menschen, der ganz unbeeinflusst von seiner Umwalt war/ist.

Aber das ist doch gar nicht die Frage, um die es hier geht. Die Frage ist vielmehr: gibt es auch Faktoren, die vom Menschen selber bestimmt werden können? Kann ein Mensch aufgrund eigener Überlegungen bestimmte Dinge für richtig halten und diese dann auch umsetzen?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn sich determinierende Faktoren ändern, kann sich auch die Person ändern. Das, was aber nicht geht, ist, sich qua Willensfreiheit wie Münchhausen beim eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Ja, sicher. Was ich zum Beispiel auch nicht behaupte, oder?

Ist also Dein Argument: wenn jemand sich nicht vollständig selber erschaffen kann, dann kann man ihn auch nicht für seine Handlungen verantwortlich erklären?

Wäre doch endlich mal ein konkretes Statement.

Oder behauptest Du, dass ein Mensch nie das umsetzen kann, was er für richtig hält, dass er keine Argumente erkennen und umsetzen kann und daraufhin seine Handlungen ausrichten kann?

Bin ratlos.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ja, das macht genau dann Sinn, wenn man meint, die Zukunft aufgrund der eigenen (moralischen) Vorstellungen beeinflussen zu können. Wenn man das aber kann, wieso können es die anderen Menschen nicht? Das ist ein Widerspruch.

Warum können die einen auf Gewalt verzichten und warum können die anderen das nicht, warum können die sich nicht beherrschen und müssen zuschlagen? Ist das ein Widerspruch?

Nein. Wieso sollte es?

Der Widerspruch ist folgender: Du meinst, Du könntest Deine moralischen Vorstellungen zukünftig umsetzen, glaubst aber auf der anderen Seite, dass andere Leute das nicht könnten. Wenn Du determiniert bist, das zu tun, was äußere Umstände Dir unverständlicherweise vorschreiben, dann ist Dein Glaube an Deine eigene Fähigkeit, Deine moralischen Forderungen umsetzen zu können (im Gegensatz zu allen anderen) ziemlich irrational. Aber gut, Du kannst dann ja nicht anders.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn sie es aber können, dann wieder kann man sie als verantwortlich für ihre eigenen Handlungen ansehen. Entweder - oder. Da musst Du Dich schon entscheiden.

Manche "können es aber nicht", können sich nicht an die herrschenden ethischen Standards halten. Andere wiederum können es.

Manche wollen sich nicht an die ethischen Standards halten. Daraus folgt aber keineswegs, dass sie es nicht könnten. Und denjenigen, die es könnten, aber nicht wollen, kann man mMn einen Vorwurf daraus machen. Denjenigen, die es nicht können, nicht.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Aha. Wieso dieses?

Frage

#585:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 02:15
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Wie jetzt? Bestreitest Du, dass es sich um eine normative Setzung handelt? Oder bestreitest Du, dass man normative Setzungen begründen muss?


Ehm, hallo, ja. Das verwässert aber völlig, zumal diese Begründungen am Charakter einer Setzung letztlich nichts ändern, bzw. auch nur konkretere Spezifizierungen der gängigen Normen sind.

#586:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 09:56
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Wie jetzt? Bestreitest Du, dass es sich um eine normative Setzung handelt? Oder bestreitest Du, dass man normative Setzungen begründen muss?
Argaith hat folgendes geschrieben:
Ehm, hallo, ja.

Hallo. Smilie

Argaith hat folgendes geschrieben:
Das verwässert aber völlig, zumal diese Begründungen am Charakter einer Setzung letztlich nichts ändern, bzw. auch nur konkretere Spezifizierungen der gängigen Normen sind.

Das ist richtig, leugne ich auch gar nicht. Ich dränge hier auf ein bestimmtes Begründungsverfahren, nämlich, Normen, Werte udg. als Mittel zum Zweck zu begründen. Das soll die rationale Nachvollziehbarkeit verbessern, die Diskussion versachlichen und die Kritisierbarkeit der Setzungen ermöglichen. Nur wenn Zwecke angegeben werden, kann überhaupt erst sachlich diskutiert werden, ob die vorgeschlagenen Normen diesen Zwecken dient oder ob nicht andere Normen diesen Zwecken besser dienen würde. Damit werden die Normen falsifizierbar. Die Zwecke sollten so beschrieben werden, dass die Erreichung intersubjektiv nachvollziehbar und prüfbar wird. Es sollten also zukünftige Sollzustände - Ziele - beschrieben werden, die zumindest prinzipiell operationalisierbar sind. Natürlich muss auch über diese Ziele ein Konsens hergestellt werden, aber zumindest wird es bei diesem Verfahren leichter, einen Abgleich zwischen individuellen Interessen und Zielen vorzunehmen.

#587:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 10:26
    —
kolja hat folgendes geschrieben:


Argaith hat folgendes geschrieben:
Das verwässert aber völlig, zumal diese Begründungen am Charakter einer Setzung letztlich nichts ändern, bzw. auch nur konkretere Spezifizierungen der gängigen Normen sind.

Das ist richtig, leugne ich auch gar nicht. Ich dränge hier auf ein bestimmtes Begründungsverfahren, nämlich, Normen, Werte udg. als Mittel zum Zweck zu begründen. Das soll die rationale Nachvollziehbarkeit verbessern, die Diskussion versachlichen und die Kritisierbarkeit der Setzungen ermöglichen. Nur wenn Zwecke angegeben werden, kann überhaupt erst sachlich diskutiert werden, ob die vorgeschlagenen Normen diesen Zwecken dient oder ob nicht andere Normen diesen Zwecken besser dienen würde. Damit werden die Normen falsifizierbar. Die Zwecke sollten so beschrieben werden, dass die Erreichung intersubjektiv nachvollziehbar und prüfbar wird. Es sollten also zukünftige Sollzustände - Ziele - beschrieben werden, die zumindest prinzipiell operationalisierbar sind. Natürlich muss auch über diese Ziele ein Konsens hergestellt werden, aber zumindest wird es bei diesem Verfahren leichter, einen Abgleich zwischen individuellen Interessen und Zielen vorzunehmen.


Du weisst aber, dass du mit der Falsifierbarkeit auf Karl Popper rekurierst,

Zitat:
Damit werden die Normen falsifizierbar.


einen knallharten Ideterminsiten.

Das ist natürlich nicht verboten, aber zumindest sehr erklärungbedürfig.

War doch Karl Popper, der den Begriff der Falsifikation als erster so richtig in den philosophischen und wissenschaftlichen Diskurs eingebracht hat, ein klarer Vertrerter des "Freien Willens".

Agnost

#588:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 10:30
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Du weisst aber, dass du mit der Falsifierbarkeit auf Karl Popper rekurierst,

Popper ist nicht der einzige kritische Rationalist. Ich weiß nicht mal genau, ob meine Vorschläge zum Begründungsverfahren von Normen von ihm stammen, ist mir auch egal.

Agnost hat folgendes geschrieben:
einen knallharten Ideterminsiten. [...] War doch Karl Popper [...] ein klarer Vertrerter des "Freien Willens".

Na und? Dann hat er sich halt geirrt. Was hat das mit meinem Punkt zu tun?

#589:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 10:59
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Du weisst aber, dass du mit der Falsifierbarkeit auf Karl Popper rekurierst,

Popper ist nicht der einzige kritische Rationalist. Ich weiß nicht mal genau, ob meine Vorschläge zum Begründungsverfahren von Normen von ihm stammen, ist mir auch egal.

Agnost hat folgendes geschrieben:
einen knallharten Ideterminsiten. [...] War doch Karl Popper [...] ein klarer Vertrerter des "Freien Willens".

Na und? Dann hat er sich halt geirrt. Was hat das mit meinem Punkt zu tun?


Wenn du als Determintist dich auf eine Methodik eines knallharrten Gegners der Determinik beziehst, solltest du mehr bieten, als ein ist "mir auch egal".

Denn das tönt so volutaristisch, dass man glauben könnte, dass du dich "Freien Willens" über den "Freien Willen" erhebst.

Wem die Herkunft von Normen egal ist, ist kein überzeugender Vertreter der strengen Determination.

Man kann nicht mit volutaristischen Sprüchen gegen den Volutarismus argumentiern.

Agnost

#590:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 11:05
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn du als Determintist dich auf eine Methodik eines knallharrten Gegners der Determinik beziehst, solltest du mehr bieten, als ein ist "mir auch egal".

Ich sehe da überhaupt keinen Zusammenhang. Ob die Methodik, die ich vorschlage, nützlich ist oder nicht, ist doch eine Frage, die überhaupt nichts damit zu tun hat, von wem sie vorher vorgeschlagen wurde und was der sonst noch so behauptet hat.

Popper ist doch nicht mein Prophet. Sind wir denn hier in der Kirche?

#591:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 11:25
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn du als Determintist dich auf eine Methodik eines knallharrten Gegners der Determinik beziehst, solltest du mehr bieten, als ein ist "mir auch egal".

Ich sehe da überhaupt keinen Zusammenhang. Ob die Methodik, die ich vorschlage, nützlich ist oder nicht, ist doch eine Frage, die überhaupt nichts damit zu tun hat, von wem sie vorher vorgeschlagen wurde und was der sonst noch so behauptet hat.

Popper ist doch nicht mein Prophet. Sind wir denn hier in der Kirche?


Die Falsifikationstheorie von Popper ist nun mal aus seinem Hauptwerk,

http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Popper

http://de.wikipedia.org/wiki/Offene_Gesellschaft

(1945): Die offene Gesellschaft und ihre Feinde (2 Bände)

http://de.wikipedia.org/wiki/Falsifikation

In der Wissenschaft steht die Falsifizierung im Rahmen einer Validierung als Ergebnis neben der Verifizierung, in der Wissenschaftstheorie nach Karl Popper nimmt die Falsifizierbarkeit einer Theorie oder Hypothese eine zentrale Rolle ein. Falsifizierte Aussagen, Thesen, Theorien sind für die Wissenschaft als Methode des Kenntnisgewinns wertlos und werden verworfen. Sinn haben sie nurmehr in der wissenschaftsgeschichtlichen Betrachtung, um Lehren aus falschen Ansätze zu ziehen (siehe Kategorie:Überholte Theorie). Details und Probleme dieses Ansatzes werden unter Falsifikationismus behandelt.

die offene Gesellschaft und ihre Feinde,

eindeutig antideterministisch begründet,

Wenn du also als Determinist, diese Antideterministische Theorie für deine determinitistischen Theorien ummünzt, musst du nachweisen könne, warum das geht,

Wenn du das nicht kannst, beweisst du, dass du Voluntaristisch agierst.

Du bist dann der lebende Beweis, dass der "Freie Wille" existiet.

Agnost

#592:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 11:31
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Die Falsifikationstheorie von Popper ist nun mal aus seinem Hauptwerk [...] eindeutig antideterministisch begründet,

Es ist für meine Begründung belanglos, wo die herkommt, und meine Begründung ist auch nicht "antideterministisch". Es gibt da schlichtweg keinen Zusammenhang, und Du konntest ihn auch nicht zeigen, Du wiederholst einfach nur stumpf Deine Behauptung.

#593:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 11:38
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Die Falsifikationstheorie von Popper ist nun mal aus seinem Hauptwerk [...] eindeutig antideterministisch begründet,

Es ist für meine Begründung belanglos, wo die herkommt, und meine Begründung ist auch nicht "antideterministisch". Es gibt da schlichtweg keinen Zusammenhang, und Du konntest ihn auch nicht zeigen, Du wiederholst einfach nur stumpf Deine Behauptung.


Wenn es keine Rolle spielt, aus welcher Ecke du deine Stützung deterministischer Theorien herholst, kann es mit der der Determiniertheit deiner Theorien nicht sehr weit her sein.

Meine redundante Insistenz würde viel mehr für Determinismus sprechen.

Agnost

#594:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 11:50
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn es keine Rolle spielt, aus welcher Ecke du deine Stützung deterministischer Theorien herholst, kann es mit der der Determiniertheit deiner Theorien nicht sehr weit her sein.

Du redest wirres Zeug. Mein Beitrag, auf den Du ursprünglich eingegangen bist, hatte überhaupt nix mit Determinismus zu tun, sondern drehte sich um ein Verfahren, wie man Normen rational begründen könnte.

#595: Schicksal und Moral Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 11:54
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"Moralisch" nennen wir eine Erwartung dann, wenn es sich auf ein von der Allgemeinheit erwünschtes Verhalten eines Einzelnen bezieht.
Egal, worin die Erwartung besteht? Nur weil sie von der "Allgemeinheit" kommt?

Ja. "Moralisch gut" trifft es vielleicht besser. So galt das Töten von Ungläubigen in bestimmten Kulturkreisen als moralisch gut. Ebenso Vergewaltigung oder die Todesstrafe. Umgekehrt galt bis vor kurzem z.B. "Gottesleugnung" oder Demokratie bei uns als moralisch schlecht (böse).


Die herrschaftlich abgesegneten Gewalttaten gegen Untertanen, Minderheiten, Kritiker oder Nonkonformisten wurden sicherlich ebenso "begründet" wie die christlichen Kreuzzüge, so wie auch die heutigen imperialistischen Raubzüge um Rohstoffe, Ländereien und Märkte super "begründet" werden. Auch der "Antiterrorkampf", den einige hier wohl als Prävention bezeichnen würden, wird professionell verkauft.

Guckt man sich solche Begründungen an, stellt man fest, dass sie mit Moral nichts zu tun haben. Immer geht es dabei um die Sicherung der herrschenden Verhältnisse und um Erweiterung der Herrschaft.

Moral dagegen geht ja von den menschlichen Bedürfnissen aus und nicht von den Interessen irgend welcher Institutionen.

Wenn du dir die Konzeption der Menschenrechte ansiehst, dann hast du es mit Rechten der Menschen gegenüber dem Staat zu tun und nicht umgekehrt.

Deine "Moral"-Definition stellt dies genau auf den Kopf, indem Du nämlich von Pflichten des einzelnen gegenüber der "Allgemeinheit" sprichst.

Das sind schon interessante politische Schlenker, die sich da offenbaren.

Von der physikalisch begründeten Schicksalsgläubigkeit zur Aushöhlung des Moralbegriffs ...-

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn irgendeine faschistisch verhetzte "Allgemeinheit" an den Einzelnen eine Erwartung hat, dann sollte man das wohl eher das Gegenteil von "moralisch" nennen.

Du sagst "sollte", weil Du von einer Erziehung geprägt bist, gegen deren Werte eine solche faschistische Forderung verstößt. Oder Du bist selbst so erzogen, z.B. als kleiner Hitlerjunge. Je nachdem findest Du es moralisch gut oder böse.


Du sprichst hier von Prägungen per Erziehung, denen Du - wie sollte es anders sein! - determinierende Funktion zuschreibst.

Aber man sollte doch nicht anfangen, die Begriffe zu verhunzen. Durch eine Erziehung zur äußersten Rücksichtslosigkeit wird doch der Begriff des Moralischen überhaupt nicht angetastet. Moral ist auch dann Moral, wenn sie als solche nicht verwirklicht wird.

Die auf den Kopf gestellte Moral ist eben keine mehr. Punkt

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 29.04.2008, 12:05, insgesamt einmal bearbeitet

#596:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 11:57
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn es keine Rolle spielt, aus welcher Ecke du deine Stützung deterministischer Theorien herholst, kann es mit der der Determiniertheit deiner Theorien nicht sehr weit her sein.

Du redest wirres Zeug. Mein Beitrag, auf den Du ursprünglich eingegangen bist, hatte überhaupt nix mit Determinismus zu tun, sondern drehte sich um ein Verfahren, wie man Normen rational begründen könnte.


Das ist mir sehr wohl klar, aber da du in diesem Thread bisher streng deterministisch argumentiert hast, ist es sehr wohl erlaubt, warum du auf die Falisifikationstheorie des "Strengen Antideterministen" Karl Popper rekurierst.

Deine Antwor auf meine Frage war sinngemäss:

Ist doch egal.

Einem Indeterministen würde ich das ja durgehen lassen, aber ein strenger Determinst muss diese Frage schon stringenter und weniger voluntaristisch beantworten können.

Agnost

#597:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 12:06
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Das ist mir sehr wohl klar, aber da du in diesem Thread bisher streng deterministisch argumentiert hast, ist es sehr wohl erlaubt, warum du auf die Falisifikationstheorie des "Strengen Antideterministen" Karl Popper rekurierst.

Nochmal: es geht um zwei unterschiedliche Punkte, und bloß weil ich in einem Punkt mit Popper übereinstimme, muss ich das nicht in allen Punkten tun, vor allem dann, wenn es überhaupt keinen logischen Zusammenhang zwischen diesen Punkten gibt. Entweder Du kannst einen solchen Zusammenhang zeigen, oder Du hast kein Argument.

#598:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 12:46
    —
Eines vorweg: Ich habe Mühe, in der hiesigen Streitkultur noch den Überblick zu bewahren. Jedes Argument wird in viel "Rauschen" eingetaucht (gegenseitige Vorwürfe - meist desselben - Zitatkriege und viel Persönliches, das mit dem Thema nicht das geringste zu tun hat), sodass es oft sehr schwierig und sehr mühsam ist, das "Signal" daraus zu erlesen. Ich weiss daher nicht, ob folgendes Argument in Bezug auf "Verantwortung" schon gefallen und diskutiert worden ist.

Abgesehen davon, ob wir deterministisch oder indeterministisch funktionieren, ob freier Wille existiert oder nicht, ob dabei eine Kompatibilität herrscht oder nicht, ob Moral eine Berechtigung hat oder nicht, kann man doch "Verantwortung" auch einfach davon ableiten, dass wir existieren. Rein durch unsere Existenz bewirken wir doch einiges in unserem Umfeld (das kleiner oder grösser sein kann, je nachdem), ob wir das nun wollen oder nicht. Ich denke, das muss ich nicht weiter erläutern, jeder kann sich vorstellen, was ich damit meine.

Es gibt im Gesetz eine Analogie, die recht vernünftig ist: Wenn ein Unfall zwischen einem grossen Vehikel und einem kleineren beurteilt werden soll, so wird rein durch die grössere Masse dem grossen tendenziell mehr Verantwortung zugeordnet. Wird z.B. ein Mensch von einem Auto überfahren, so wird das Auto automatisch mehr in die Pflicht genommen als der Fussgänger. Es kann dann immer noch entschieden werden, dass der Lenker des Wagens völlig unschuldig ist, aber die Verantwortungslast steckt immer noch eher in der Existenz des massigeren Autos. Wenigstens meine ich, dass das so ist - juristisch Versiertere mögen mich korrigieren.

In diesem Sinne kann man dann jedem Menschen eine durch seine blosse Existenz verursachte Verantwortung für seine Handlungen zuordnen. Dies ganz ohne Moralvorstellungen. Dass bei einer Gerichtsverhandlung die moralische Verantwortung des einzelnen moduliert werden kann durch Berücksichtigung seiner Vorgeschichte, seiner psychischen und physischen Verfassung zur Tatzeit und anderer Faktoren, ändert grundsätzlich nichts daran.

Man könnte dann immer noch argumentieren, dass ja jeder einzelne nicht "freiwillig" exisitiert, und daher jegliche Verantwortung abstreiten kann. Das kann er - aber leider nützt ihm das nicht das geringste. Er existiert nunmal, und wenn er das nicht ertragen kann, dann soll er halt abtreten...

#599:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 12:59
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Es gibt im Gesetz eine Analogie, die recht vernünftig ist: Wenn ein Unfall zwischen einem grossen Vehikel und einem kleineren beurteilt werden soll, so wird rein durch die grössere Masse dem grossen tendenziell mehr Verantwortung zugeordnet. Wird z.B. ein Mensch von einem Auto überfahren, so wird das Auto automatisch mehr in die Pflicht genommen als der Fussgänger. Es kann dann immer noch entschieden werden, dass der Lenker des Wagens völlig unschuldig ist, aber die Verantwortungslast steckt immer noch eher in der Existenz des massigeren Autos. Wenigstens meine ich, dass das so ist - juristisch Versiertere mögen mich korrigieren.


Das ist keine Analogie. Die Haftung im Straßenverkehr bei durch Kfz verursachten Unfällen ist eine Gefährdungshaftung, also keine Verschuldenshaftung. Man haftet auch ohne verschulden. Wenn nun zwei Kfz einen Unfall verursachen und die Verursachungsbeiträge gleich zu bewerten sind (zB bleibt der Unfallhergang unklar/unbewiesen), dann wird die Gefährlichkeit der Kfz berücksichtigt, sog. Betriebsgefahr des Kfz. Es wird also ermittelt, ob von einem Kfz eine höhere abstrakte Gefährlichkeit ausgeht und ob sich diese höhere Gefährlichkeit in dem konkreten Unfall auch verwirklicht hat, wobei nur vom bewiesenen Unfallhergang ausgegangen werden darf, u.U. also nur davon, dass die Kfz kollidiert sind. So ist die Betriebsgefahr eines LKW grds. höher als die eines PKW.

#600:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:02
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

In diesem Sinne kann man dann jedem Menschen eine durch seine blosse Existenz verursachte Verantwortung für seine Handlungen zuordnen. Dies ganz ohne Moralvorstellungen. Dass bei einer Gerichtsverhandlung die moralische Verantwortung des einzelnen moduliert werden kann durch Berücksichtigung seiner Vorgeschichte, seiner psychischen und physischen Verfassung zur Tatzeit und anderer Faktoren, ändert grundsätzlich nichts daran.

Man könnte dann immer noch argumentieren, dass ja jeder einzelne nicht "freiwillig" exisitiert, und daher jegliche Verantwortung abstreiten kann. Das kann er - aber leider nützt ihm das nicht das geringste. Er existiert nunmal, und wenn er das nicht ertragen kann, dann soll er halt abtreten...


"Gefährdungs"strafbarkeit beim Menschen (der Begriff Verantwortung ist hier irreführend). Völlig inkompatibel mit dem deutschen Strafrecht und intuitiv sehe ich auch ein verfassungsrechtliches Problem.
Dennoch ein interessanter Gedanke.

#601:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:16
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
"Gefährdungs"strafbarkeit beim Menschen (der Begriff Verantwortung ist hier irreführend). Völlig inkompatibel mit dem deutschen Strafrecht und intuitiv sehe ich auch ein verfassungsrechtliches Problem.
Dennoch ein interessanter Gedanke.

Ich würde jetzt nicht allzusehr auf meiner (vielleicht misslungenen) Analogie mit dem Recht herumreiten! Es geht mir nicht nur um eine "Gefährdung" anderer durch meine Existenz, sondern rein darum, dass meine Existenz Konsequenzen hat, und das nicht nur für mich. Ich denke auch, dass diese Idee nicht unbedingt deckungsgleich mit Gedanken des Existentialimus ist. Sartre hat Verantwortung auch nur im Zusammenhang mit der "Bürde der Freiheit" gesehen. Ich denke aber, dass diese auch ohne Freiheit Bestand hat.

#602:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:22
    —
Ich habe zwar in Wikipedia ein Sartre-Zitat gefunden, welchem ich zustimmen kann:
Sartre hat folgendes geschrieben:
Aber wenn wirklich die Existenz der Essenz vorausgeht, so ist der Mensch verantwortlich für das, was er ist. Somit ist der erste Schritt des Existentialismus, jeden Menschen in Besitz dessen, was er ist, zu bringen und auf ihm die gänzliche Verantwortung für seine Existenz ruhen zu lassen. Und wenn wir sagen, dass der Mensch für sich selber verantwortlich ist, so wollen wir nicht sagen, dass der Mensch gerade eben nur für seine Individualität verantwortlich ist, sondern dass er verantwortlich ist für alle Menschen.

Das schreibt er offenbar ganz ohne Bezug auf Freiheit. Könnte man folgern, dass Freiheit auch aus der Verantwortung erst entsteht?

#603:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:28
    —
Hab ich dich mißverstanden? So habe ich dich verstanden:
Du machst darauf aufmerksam, dass von der Existenz eines Menschen eine gewisse abstrakte Gefährlichkeit ausgeht. So sind Männer gefährlicher als Frauen.
Wenn sich diese Gefährlichkeit nun konkret realisiert, möchtest du doch aufgrund der Verwirklichung der Gefährlichkeit bestrafen.
Du nennst die Erwartung an einen Menschen, dass sich diese abstrakte Gefährlichkeit nicht konkret verwirklicht, die "Verantwortung" dieses Menschen. Er ist also dafür veranwortlich, dass er so ist, wie er ist. Dein Vorwurf ist kein tatbezogener Vorwurf: Du hast falsch gehandelt und hättest anders handeln können; sondern ein täterbezogener Vorwurf: Du bist ein gefährlicher Mensch und diese Gefährlichkeit hat sich konkret realisiert.

Das ist eine Gefährdungshaftung/strafbarkeit!

#604:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:31
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Ich "kann" und "will" diese Position nicht teilen zwinkern
Du verneinst damit ja auch die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit? Sehr befremdlich in meinen Augen.
Mir ist sehr befremdlich im Zufall oder in der Bestimmtheit Freiheit zu sehen.
Zitat:

Wie sollte z.B. eine auf dieser Weltanschauung beruhende Kindeserziehung aussehen?
"Du kannst ja nichts dafür" kann es ja nicht sein...
Eine nur auf Prävention basierende erfolgreiche Erziehung möchte ich in der Praxis sehen (bezogen auf den Unsinn, den die Racker treiben...).

Nenne doch mal ein konkretes Problem.

#605: Verantwortung und Freiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:33
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ich habe zwar in Wikipedia ein Sartre-Zitat gefunden, welchem ich zustimmen kann:
Sartre hat folgendes geschrieben:
Aber wenn wirklich die Existenz der Essenz vorausgeht, so ist der Mensch verantwortlich für das, was er ist. Somit ist der erste Schritt des Existentialismus, jeden Menschen in Besitz dessen, was er ist, zu bringen und auf ihm die gänzliche Verantwortung für seine Existenz ruhen zu lassen. Und wenn wir sagen, dass der Mensch für sich selber verantwortlich ist, so wollen wir nicht sagen, dass der Mensch gerade eben nur für seine Individualität verantwortlich ist, sondern dass er verantwortlich ist für alle Menschen.

Das schreibt er offenbar ganz ohne Bezug auf Freiheit. Könnte man folgern, dass Freiheit auch aus der Verantwortung erst entsteht?


Verantwortung ist auf jeden Fall eine zusätzliche Fähigkeit, die das Möglichkeitsspektrum, d.h. die Komplexität der Entscheidungspräferenzen, des Menschen erweitert. Und eine solche Erweiterung menschlicher & sozialer Kompetenzen erhöht die Spielräume des Handelns indem es Handlungsstrategien angemessener und damit erfolgversprechender in Bezug auf individuelle/soziale Ziele gestalten hilft.

Siehe dazu:

Zitat:
Menschen mit Verletzungen in bestimmten Regionen des Vorderhirns verlieren die Fähigkeit, Moralbegriffe und soziales Verhalten zu erlernen. Je früher die Verletzung auftritt, desto gestörter ist ihr Benehmen: Sie lügen, stehlen, schlagen und bereuen all das nicht. Ihre Intelligenz bleibt hingegen unberührt, schreiben der US-Neurologe Antonio Damasio und seine Kollegen von der University of Iowa im Fachjournal "Nature Neuroscience".

Ihre Erkenntnis stützt sich auf eine Studie an einer 20-jährigen Frau und einem 23-jährigem Mann, die beide im frühen Kindesalter eine Verletzung im vorderen Stirnlappenbereich der Hirnrinde erlitten. Beide hatten sich äußerlich gut erholt und wuchsen in stabilen Familien auf. Als sie älter wurden, zeigte sich ihre Unfähigkeit, sich an ethischen Normen zu orientieren.

Neurologen wissen seit dem klassischen Fall des amerikanischen Schienenarbeiters Phineas Gage im Jahr 1848, dass eine Verletzung im vorderen Hirnbereich die Persönlichkeit verändert. Bei dem Arbeiter hatte sich während einer Explosion eine Eisenstange ins Gehirn gebohrt. Er überlebte den Unfall, wandelte sich jedoch vom verantwortungsbewussten Mitarbeiter zu einem unzuverlässigen Menschen.


http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MORALISCHEENTWICKLUNG/Vorderhirn.shtml


Wovon hier die Rede ist, das ist die biologische/organische Basis komplexen & zielorientierten & strategisch-konzeptionellen Denkens & Verhaltens, nicht mehr und nicht weniger.

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 29.04.2008, 13:39, insgesamt einmal bearbeitet

#606:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:36
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Das ist eine Gefährdungshaftung/strafbarkeit!

Ich denke, das ist nur ein Teilaspekt dessen, was ich meine. Ob sich dieser dann im (Grund-)Gesetz niederschlägt oder nicht, soll uns ja nicht beschäftigen.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Rein durch meine Existenz bedarf ich der Nahrung. Dadurch entsteht die Notwendigkeit, dass Nahrung erzeugt wird. Dadurch fördere ich die Übernutzung von Ackerboden, Pestiziden, Energie usw. Also bin ich mitverantwortlich für Umweltschäden, Klimaveränderung und letztlich die heutige Ernährungskrise und Hungersnot.

Die Liste der Verantwortungen lässt sich beliebig fortsetzen.

#607:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:39
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Das ist eine Gefährdungshaftung/strafbarkeit!

Ich denke, das ist nur ein Teilaspekt dessen, was ich meine. Ob sich dieser dann im (Grund-)Gesetz niederschlägt oder nicht, soll uns ja nicht beschäftigen.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Rein durch meine Existenz bedarf ich der Nahrung. Dadurch entsteht die Notwendigkeit, dass Nahrung erzeugt wird. Dadurch fördere ich die Übernutzung von Ackerboden, Pestiziden, Energie usw. Also bin ich mitverantwortlich für Umweltschäden, Klimaveränderung und letztlich die heutige Ernährungskrise und Hungersnot.

Die Liste der Verantwortungen lässt sich beliebig fortsetzen.


Du verwendest hier das Wort "Verantwortung" im Sinne von "kausal"! Das macht keinen Sinn.

#608: Mittel und Ziel Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:41
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Das ist eine Gefährdungshaftung/strafbarkeit!

Ich denke, das ist nur ein Teilaspekt dessen, was ich meine. Ob sich dieser dann im (Grund-)Gesetz niederschlägt oder nicht, soll uns ja nicht beschäftigen.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Rein durch meine Existenz bedarf ich der Nahrung. Dadurch entsteht die Notwendigkeit, dass Nahrung erzeugt wird. Dadurch fördere ich die Übernutzung von Ackerboden, Pestiziden, Energie usw. Also bin ich mitverantwortlich für Umweltschäden, Klimaveränderung und letztlich die heutige Ernährungskrise und Hungersnot.

Die Liste der Verantwortungen lässt sich beliebig fortsetzen.


Nee wieso? Wir können doch auch naturbewahrend wirtschaften. Technisch & organisatorisch heute allemal drin!

Bitte unterscheiden wir doch Ziele und äquivalente Wege zum Ziel!

Verantwortlich sind wir allerdings schon, wenn wir ökologisch-soziale Wege nicht beschreiten! Die Ziele aber (Leben, Wirtschaften, Konsumieren, usw.) sind doch als solche nicht verwerflich, oder?

Skeptiker

#609: Re: Verantwortung und Freiheit Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:46
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Verantwortung ist auf jeden Fall eine zusätzliche Fähigkeit, die das Möglichkeitsspektrum, d.h. die Komplexität der Entscheidungspräferenzen, des Menschen erweitert. Und eine solche Erweiterung menschlicher & sozialer Kompetenzen erhöht die Spielräume des Handelns indem es Handlungsstrategien angemessener und damit erfolgversprechender in Bezug auf individuelle/soziale Ziele gestalten hilft.

Siehe dazu:

Zitat:
[color=blue]Menschen mit Verletzungen in bestimmten Regionen des Vorderhirns verlieren die Fähigkeit, Moralbegriffe und soziales Verhalten zu erlernen. [...]
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MORALISCHEENTWICKLUNG/Vorderhirn.shtml


Wovon hier die Rede ist, das ist die biologische/organische Basis komplexen & zielorientierten & strategisch-konzeptionellen Denkens & Verhaltens, nicht mehr und nicht weniger.

Skeptiker

Ich erachte eben Verantwortung als eine grundlegende Eigenschaft jeder Existenz, unabhängig davon, ob der vordere Stirnlappen der Hirnrinde funktionstüchtig ist oder nicht und ob sich der Mensch seiner Verantwortung bewusst ist oder nicht. Wahrscheinlich wurden ja bei den beiden beschriebenen Fällen Massnahmen ergriffen, um sie davon abzuhalten, weitere "Untaten" zu begehen, obwohl man ihnen vielleicht eine moralische Verantwortung abgesprochen hatte.

#610:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:48
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Du verwendest hier das Wort "Verantwortung" im Sinne von "kausal"! Das macht keinen Sinn.

Dann sag Du mir mal, was "Sinn" macht! Ich finde es macht sehr viel "Sinn".

#611: Re: Schicksal und Moral Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:49
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn irgendeine faschistisch verhetzte "Allgemeinheit" an den Einzelnen eine Erwartung hat, dann sollte man das wohl eher das Gegenteil von "moralisch" nennen.

Du sagst "sollte", weil Du von einer Erziehung geprägt bist, gegen deren Werte eine solche faschistische Forderung verstößt. Oder Du bist selbst so erzogen, z.B. als kleiner Hitlerjunge. Je nachdem findest Du es moralisch gut oder böse.

Du sprichst hier von Prägungen per Erziehung, denen Du - wie sollte es anders sein! - determinierende Funktion zuschreibst.

Genau.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber man sollte doch nicht anfangen, die Begriffe zu verhunzen. Durch eine Erziehung zur äußersten Rücksichtslosigkeit wird doch der Begriff des Moralischen überhaupt nicht angetastet. Moral ist auch dann Moral, wenn sie als solche nicht verwirklicht wird. Die auf den Kopf gestellte Moral ist eben keine mehr. Punkt

Langsam verstehe ich Dein Problem. Du glaubst an eine absolute Moral, ein irgendwie vorgegeben Gutes. Außerdem benutzt Du "moralisch handeln" in einer eher unüblichen Bedeutung, etwa so wie "klassenbewußt und daher in meinem Sinne gut handeln". Ich dagegen verstehe unter "moralisch handeln" etwas Neutrales, nämlich "gemäß der geltenden Norm handeln". Jemand, der eine Hexe verbrennt, handelte daher aus damaliger Sicht moralisch, aus heutiger Sicht eher unmorlasisch.

#612: Re: Mittel und Ziel Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:54
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Die Liste der Verantwortungen lässt sich beliebig fortsetzen.

Nee wieso? Wir können doch auch naturbewahrend wirtschaften. Technisch & organisatorisch heute allemal drin! Bitte unterscheiden wir doch Ziele und äquivalente Wege zum Ziel! Verantwortlich sind wir allerdings schon, wenn wir ökologisch-soziale Wege nicht beschreiten! Die Ziele aber (Leben, Wirtschaften, Konsumieren, usw.) sind doch als solche nicht verwerflich, oder?

Ich habe eben mal ein negatives Beispiel für meine Verantwortung erwähnt. Ich könnte auch ein positives aufstellen! Das überlasse ich jetzt aber Dir - eigentlich hast Du es ja schon gemacht (Verantwortung für naturbewahrende Bewirtschaftung).

Verantwortung hat an sich ja auch nichts Verwerfliches oder Lobenswertes! Es gibt sie einfach durch unsere Existenz.


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 29.04.2008, 13:57, insgesamt einmal bearbeitet

#613: Re: Mittel und Ziel Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:55
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Verantwortung hat an sich ja auch nichts Verwerfliches oder Lobenswertes! Es gibt sie einfach durch unsere Existenz.

Nee, Verantwortung ist eine menschliche Erfindung, die nicht "an sich" existiert.

#614:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:56
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Du verwendest hier das Wort "Verantwortung" im Sinne von "kausal"! Das macht keinen Sinn.

Dann sag Du mir mal, was "Sinn" macht! Ich finde es macht sehr viel "Sinn".


Bloße Kausalität soll für eine Strafbarkeit ausreichen? Das ist doch nicht dein Ernst!

#615: Re: Verantwortung und Freiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:58
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Verantwortung ist auf jeden Fall eine zusätzliche Fähigkeit, die das Möglichkeitsspektrum, d.h. die Komplexität der Entscheidungspräferenzen, des Menschen erweitert. Und eine solche Erweiterung menschlicher & sozialer Kompetenzen erhöht die Spielräume des Handelns indem es Handlungsstrategien angemessener und damit erfolgversprechender in Bezug auf individuelle/soziale Ziele gestalten hilft.

Siehe dazu:

Zitat:
[color=blue]Menschen mit Verletzungen in bestimmten Regionen des Vorderhirns verlieren die Fähigkeit, Moralbegriffe und soziales Verhalten zu erlernen. [...]
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MORALISCHEENTWICKLUNG/Vorderhirn.shtml


Wovon hier die Rede ist, das ist die biologische/organische Basis komplexen & zielorientierten & strategisch-konzeptionellen Denkens & Verhaltens, nicht mehr und nicht weniger.

Skeptiker

Ich erachte eben Verantwortung als eine grundlegende Eigenschaft jeder Existenz, unabhängig davon, ob der vordere Stirnlappen der Hirnrinde funktionstüchtig ist oder nicht und ob sich der Mensch seiner Verantwortung bewusst ist oder nicht. Wahrscheinlich wurden ja bei den beiden beschriebenen Fällen Massnahmen ergriffen, um sie davon abzuhalten, weitere "Untaten" zu begehen, obwohl man ihnen vielleicht eine moralische Verantwortung abgesprochen hatte.


Das wird wohl so sein, dass man die Verletzten stärker kontrollieren musste. Gleichzeitig reduziert sich deren Verantwortlichkeit für ihre Untaten schon durch ihre Verstümmelung.

Sie können eben nicht anders. Aber Menschen, welche moralische Potenziale besitzen und dennoch dies nicht ausschöpfen, können schon als verantwortlich bezeichnet werden. Meiner Ansicht nach aber nicht durch ihre pure Existenz allein, sondern nur durch ihre erweiterten Fähigkeiten, aufgrund derer sie auch anders könnten.

Die Menschen haben meiner Ansicht nach die Pflicht, ihre konstruktiven Potenziale auszuschöpfen und zwar, weil sie sie besitzen. Ihnen aber vorzuwerfen, dass sie existieren, halte ich für absurd, weil Menschen z.B. nicht bloß blöde, passive Konsumenten sein müssen, sondern auch das Zeug haben, anders zu produzieren, was sie (ver)brauchen. Schulterzucken

Skeptiker

#616:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 13:59
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Du verwendest hier das Wort "Verantwortung" im Sinne von "kausal"! Das macht keinen Sinn.

Dann sag Du mir mal, was "Sinn" macht! Ich finde es macht sehr viel "Sinn".


Bloße Kausalität soll für eine Strafbarkeit ausreichen? Das ist doch nicht dein Ernst!

Das ist Deine Interpretation! Ich habe nichts von Strafbarkeit geschrieben - Strafbarkeit ist ganz sicher eine menschliche Konvention und hat nur von Ferne mit Verantwortung zu tun.

#617: Re: Mittel und Ziel Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 14:01
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Die Liste der Verantwortungen lässt sich beliebig fortsetzen.

Nee wieso? Wir können doch auch naturbewahrend wirtschaften. Technisch & organisatorisch heute allemal drin! Bitte unterscheiden wir doch Ziele und äquivalente Wege zum Ziel! Verantwortlich sind wir allerdings schon, wenn wir ökologisch-soziale Wege nicht beschreiten! Die Ziele aber (Leben, Wirtschaften, Konsumieren, usw.) sind doch als solche nicht verwerflich, oder?

Ich habe eben mal ein negatives Beispiel für meine Verantwortung erwähnt. Ich könnte auch ein positives aufstellen! Das überlasse ich jetzt aber Dir - eigentlich hast Du es ja schon gemacht (Verantwortung für naturbewahrende Bewirtschaftung).

Verantwortung hat an sich ja auch nichts Verwerfliches oder Lobenswertes! Es gibt sie einfach durch unsere Existenz.


Genau! Das kann ja auch eine ungeheuer motivierende Herausforderung sein! Cool

Skeptiker

#618: Re: Schicksal und Moral Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 14:07
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn irgendeine faschistisch verhetzte "Allgemeinheit" an den Einzelnen eine Erwartung hat, dann sollte man das wohl eher das Gegenteil von "moralisch" nennen.

Du sagst "sollte", weil Du von einer Erziehung geprägt bist, gegen deren Werte eine solche faschistische Forderung verstößt. Oder Du bist selbst so erzogen, z.B. als kleiner Hitlerjunge. Je nachdem findest Du es moralisch gut oder böse.

Du sprichst hier von Prägungen per Erziehung, denen Du - wie sollte es anders sein! - determinierende Funktion zuschreibst.

Genau.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber man sollte doch nicht anfangen, die Begriffe zu verhunzen. Durch eine Erziehung zur äußersten Rücksichtslosigkeit wird doch der Begriff des Moralischen überhaupt nicht angetastet. Moral ist auch dann Moral, wenn sie als solche nicht verwirklicht wird. Die auf den Kopf gestellte Moral ist eben keine mehr. Punkt

Langsam verstehe ich Dein Problem. Du glaubst an eine absolute Moral, ein irgendwie vorgegeben Gutes. Außerdem benutzt Du "moralisch handeln" in einer eher unüblichen Bedeutung, etwa so wie "klassenbewußt und daher in meinem Sinne gut handeln". Ich dagegen verstehe unter "moralisch handeln" etwas Neutrales, nämlich "gemäß der geltenden Norm handeln". Jemand, der eine Hexe verbrennt, handelte daher aus damaliger Sicht moralisch, aus heutiger Sicht eher unmorlasisch.


O.k., o.k., wenn Du das sooo siehst, hast Du natürlich Recht. Unsere Moral-Begriffe sind von daher gesehen gänzlich verschieden.

Trotzdem glaube ich noch nicht einmal, dass das Verbrennen von "Hexen" im (ausgehenden) Mittelalter als moralisch betrachtet wurde. Die Inqusitoren waren die meist verhassten Leute und mussten selbst um ihr Leben fürchten, nach denen das einfache Volk ihnen zuweilen trachtete.

Die wussten meiner Ansicht nach schon, dass sie nicht etwas "moralisch gutes" taten, sondern Verbrechen begingen - auch nach damaligem Verständnis.

Aber das wäre natürlich eine Diskussion für sich.

Ja, ich betrachte die Moral schon als etwas Grundsätzliches, was vom Zeitgeist zwar verbogen wird, jedoch einen Wert an sich darstellt.

Skeptiker

#619:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 14:09
    —
So, ich glaube es ist Zeit, dass das Wort "Verantwortung" klar definiert wird. Ich war ja auch verantwortlich für meine Kinder (heute nicht mehr direkt, sie sind über 30, indirekt aber sicher immer noch) ohne dass das strafbar wäre! Verantwortung hat sicher sehr viel mit Kausalität zu tun! Nehmen wir das Wort doch auseinander: Darin steckt "Antwort" (auch im französischen responsabilité steckt réponse, im Englischen, Italienischen und Spanischen dasselbe). Also ich muss für meine Verantwortungen Antwort stehen - vor mir selber, vor meinen Mitmenschen, vor der Natur. Ob ich dann für irgend etwas verurteilt werde, hängt davon ab, ob ich innerhalb meiner Verantwortung etwas schädliches getan habe. Wenn ich aber für meine Taten geehrt und ausgezeichnet werde, dann bedeutet das, dass ich meine Verantwortung wahr genommen habe und das beste daraus gemacht habe. Und immer noch war dies meine Verantwortung.

EDIT: Auch Wikipedia hat sich damit befasst:
Zitat:
Verantwortung stellt das menschliche Handeln in kausale Zusammenhänge.
[...]
Damit erweist sich die oft vorgenommene Vermischung der Begriffe Verantwortung und Schuld als inkorrekt, weil das Vorliegen von Schuld voraussetzt, dass die handelnde Person vorsätzlich oder fahrlässig gegen bestehende Normen verstößt, während Verantwortung auch dann geltend gemacht werden kann, wenn als korrekt angesehenes Handeln (ganz gleich, auf Grund welcher Umstände) negative Folgen nach sich zieht.

#620:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 14:25
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
So, ich glaube es ist Zeit, dass das Wort "Verantwortung" klar definiert wird. Ich war ja auch verantwortlich für meine Kinder (heute nicht mehr direkt, sie sind über 30, indirekt aber sicher immer noch) ohne dass das strafbar wäre!


Das kann zu einer Strafbarkeit führen.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

... Also ich muss für meine Verantwortungen Antwort stehen - vor mir selber, vor meinen Mitmenschen, vor der Natur. Ob ich dann für irgend etwas verurteilt werde, hängt davon ab, ob ich innerhalb meiner Verantwortung etwas schädliches getan habe.


Ich weiß wirklich nicht, worauf du hinauswillst.
Wenn du nur darauf hinaus willst, dass die menschliche Existenz (mit)kausal für viele Ereignisse ist, so what?
Niemand wird dem widersprechen. Was hat das mit der Diskussion zu tun?

#621: Re: Mittel und Ziel Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 14:26
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Wie jetzt? Bestreitest Du, dass es sich um eine normative Setzung handelt? Oder bestreitest Du, dass man normative Setzungen begründen muss?
Argaith hat folgendes geschrieben:
Ehm, hallo, ja.

Hallo. Smilie

Argaith hat folgendes geschrieben:
Das verwässert aber völlig, zumal diese Begründungen am Charakter einer Setzung letztlich nichts ändern, bzw. auch nur konkretere Spezifizierungen der gängigen Normen sind.

Das ist richtig, leugne ich auch gar nicht. Ich dränge hier auf ein bestimmtes Begründungsverfahren, nämlich, Normen, Werte udg. als Mittel zum Zweck zu begründen. Das soll die rationale Nachvollziehbarkeit verbessern, die Diskussion versachlichen und die Kritisierbarkeit der Setzungen ermöglichen. Nur wenn Zwecke angegeben werden, kann überhaupt erst sachlich diskutiert werden, ob die vorgeschlagenen Normen diesen Zwecken dient oder ob nicht andere Normen diesen Zwecken besser dienen würde. Damit werden die Normen falsifizierbar. Die Zwecke sollten so beschrieben werden, dass die Erreichung intersubjektiv nachvollziehbar und prüfbar wird. Es sollten also zukünftige Sollzustände - Ziele - beschrieben werden, die zumindest prinzipiell operationalisierbar sind. Natürlich muss auch über diese Ziele ein Konsens hergestellt werden, aber zumindest wird es bei diesem Verfahren leichter, einen Abgleich zwischen individuellen Interessen und Zielen vorzunehmen.


Hallöle.

Vollkommen einverstanden Ausrufezeichen

Aber hier zB fängt schon das Gegrüble bei mir an:

kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Verantwortung hat an sich ja auch nichts Verwerfliches oder Lobenswertes! Es gibt sie einfach durch unsere Existenz.

Nee, Verantwortung ist eine menschliche Erfindung, die nicht "an sich" existiert.


Die Begründungen, weshalb jemand wie zur Verantwortung gezogen wird, sind schon konstruiert, nur wirst du halt trotzdem immer unweigerlich sauer werden, wenn dir einer das Auto zerkratzt.

#622:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 14:43
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Ich weiß wirklich nicht, worauf du hinauswillst.
Wenn du nur darauf hinaus willst, dass die menschliche Existenz (mit)kausal für viele Ereignisse ist, so what?
Niemand wird dem widersprechen. Was hat das mit der Diskussion zu tun?

Nun, hier wird doch heftig darüber diskutiert, ob bei Verneinung des freien Willens und Akzeptanz des strengen Determinismus noch eine Verantwortung besteht. Und ich sage ja! Und begründe es zudem. Hat das nun mit der Diskussion zu tun oder nicht?

#623: Re: Mittel und Ziel Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 14:55
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Die Begründungen, weshalb jemand wie zur Verantwortung gezogen wird, sind schon konstruiert, nur wirst du halt trotzdem immer unweigerlich sauer werden, wenn dir einer das Auto zerkratzt.

Ja, und? Normen lassen sich einfach so aus der Existenz von Gefühlen ableiten, dazu benötigt man weitere Setzungen.

#624: Re: Mittel und Ziel Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 15:09
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Die Begründungen, weshalb jemand wie zur Verantwortung gezogen wird, sind schon konstruiert, nur wirst du halt trotzdem immer unweigerlich sauer werden, wenn dir einer das Auto zerkratzt.

Ja, und? Normen lassen sich einfach so aus der Existenz von Gefühlen ableiten, dazu benötigt man weitere Setzungen.


Ja, nicht bezüglich ihrer letztendlichen 'Form', aber durch die Existenz eines genetischen Programms wird zwangsläufig ein 'Verantwortungs-Ballast' erzeugt, die Frage ist nur, wie und wo der abgeladen wird. Eine weitere Frage ist natürlich, ob und wie sich das minimieren lässt.

#625: Re: Mittel und Ziel Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 15:14
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Ja, nicht bezüglich ihrer letztendlichen 'Form', aber durch die Existenz eines genetischen Programms wird zwangsläufig ein 'Verantwortungs-Ballast' erzeugt,

Also sooo zwangsläufig würde ich das auch nicht betrachten, ich denke, dass auch die kulturelle Prägung die Form und Intensität moduliert.

Argaith hat folgendes geschrieben:
die Frage ist nur, wie und wo der abgeladen wird. Eine weitere Frage ist natürlich, ob und wie sich das minimieren lässt.

Genau. Deswegen die Notwendigkeit von Zielen.

#626: Re: Mittel und Ziel Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 15:19
    —
kolja hat folgendes geschrieben:

Also sooo zwangsläufig würde ich das auch nicht betrachten, ich denke, dass auch die kulturelle Prägung die Form und Intensität moduliert.


Das ist sicherlich richtig. Aber die letztendliche Zwangsläufigkeit lässt sich kaum bestreiten. ME ist das zB einfach mit Besitzansprüchen zu vergleichen, also äußerst alltäglich. Ich denke vor allem, dass selbst in mittelmäßig entwickelten Regionen menschlichen Lebensraums die derzeitige Kultur das Ganze eher deutlich nach unten moduliert, wenn man es mit den Zuständen vergleicht, die wahrscheinlich den Selektionsdruck für die Entstehung unseres Verhaltensprogramms gestellt haben.

#627:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 15:35
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Ich "kann" und "will" diese Position nicht teilen zwinkern
Du verneinst damit ja auch die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit? Sehr befremdlich in meinen Augen.
Mir ist sehr befremdlich im Zufall oder in der Bestimmtheit Freiheit zu sehen.

Ja mir auch. Verneinst Du nun die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit?
Ich bin ja damit einverstanden, dass es den absoluten FW nicht geben kann, aber soweit zu gehen, wir besäßen im Prinzip keine Entscheidungsfreiheit bringe ich einfach nicht in meiner Weltanschauung unter.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wie sollte z.B. eine auf dieser Weltanschauung beruhende Kindeserziehung aussehen?
"Du kannst ja nichts dafür" kann es ja nicht sein...
Eine nur auf Prävention basierende erfolgreiche Erziehung möchte ich in der Praxis sehen (bezogen auf den Unsinn, den die Racker treiben...).

Nenne doch mal ein konkretes Problem.
Wenn der 3-Jährige seinem 2-Jährigen Schwesterchen beim Sandkastenspiel des öfteren das Schippchen auf den Kopf schlägt, wie gehst Du da präventiv vor, um das zu unterbinden? Etwa kein Sandkastenspiel mehr? Wie löst Du solche Probleme ohne Konsequenzen für den 3-Jährigen zu ziehen?

#628:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:02
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wenn der 3-Jährige seinem 2-Jährigen Schwesterchen beim Sandkastenspiel des öfteren das Schippchen auf den Kopf schlägt, wie gehst Du da präventiv vor, um das zu unterbinden? Etwa kein Sandkastenspiel mehr? Wie löst Du solche Probleme ohne Konsequenzen für den 3-Jährigen zu ziehen?
Wie wär's mit Schadensbegrenzung durch Wegnehmen des Schippchens? Und warum sollte das ohne Konsequenzen für den 3-Jährigen stattfinden?

Eine perfide Form von Verhalten von Kleinkindern ist eine solche, bei der man mit Engelsmiene danach sagt "ich hab's aber nicht mit Absicht gemacht!" Dabei wurde es so inszeniert, dass es nach unabsichtlichem Stossen des anderen aussehen sollte. "Du hast es aber absichtlich unabsichtlich getan" war dann jeweils meine Erkärung - eigenartig wie gut ein so kleines Kind das schon verstehen konnte...

#629:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:06
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wenn der 3-Jährige seinem 2-Jährigen Schwesterchen beim Sandkastenspiel des öfteren das Schippchen auf den Kopf schlägt, wie gehst Du da präventiv vor, um das zu unterbinden? Etwa kein Sandkastenspiel mehr? Wie löst Du solche Probleme ohne Konsequenzen für den 3-Jährigen zu ziehen?
Wie wär's mit Schadensbegrenzung durch Wegnehmen des Schippchens? Und warum sollte das ohne Konsequenzen für den 3-Jährigen stattfinden?

Genau.

Prävention beinhaltet natürlich auch die Sanktionierung beganger Untaten, um zukünftige Untaten zu unterbinden.

#630:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:18
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Prävention beinhaltet natürlich auch die Sanktionierung beganger Untaten, um zukünftige Untaten zu unterbinden.

Das ist behavioristisches operantes Konditionieren. Das kann man befürworten oder nicht. Zudem sind Bestrafungen kein sehr wirkungsvolles Mittel zur Dressur! Belohnung funktioniert besser...

#631:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:26
    —
Um "meine" Definition von Verantwortung herrscht Stille - soll ich das als allgemeines Einverständtnis interpretieren? Ich nehm's mal an.

Darauf aufbauend können dann verschiedenste Theoriengebäude konstruiert werden. Man kann Moral definieren, welche regelt, wie der Einzelne seine Verantwortung zur "Verantwortlichkeit" entwickeln soll, ganz klar ein menschliches Konstrukt. Man kann juristische Schuld darüber stülpen, welche unsere Gesellschaft so organisiert, dass Einzelne ein Minimum an Schäden erleiden sollen, indem "Schuldige" "zur Verantwortung gezogen" werden. Man kann "Verantwortungen" innerhalb eines Unternehmens definieren, die zur beruflichen Aufgabe werden.

Der Mensch kann die fundamentale Verantwortung seiner Existenz ausweiten und präzisieren, wie er will - der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Diese vom Menschen erfundenen Verantwortlichkeiten dann aber heranzuziehen, um irgend etwas Grundsätzliches über die Verantwortung und den freien Willen auszusagen ist dann aber völlig irrelevant und unzulässig.

#632:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:27
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Um "meine" Definition von Verantwortung herrscht Stille - soll ich das als allgemeines Einverständtnis interpretieren? Ich nehm's mal an.

Nein. Meine Antwort hast Du ignoriert.

#633:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:30
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Nun, hier wird doch heftig darüber diskutiert, ob bei Verneinung des freien Willens und Akzeptanz des strengen Determinismus noch eine Verantwortung besteht. Und ich sage ja! Und begründe es zudem. Hat das nun mit der Diskussion zu tun oder nicht?


Nein, es hat nichts mit der Diskussion zu tun, wenn für dich Verantwortung lediglich die Tatsache umschreibt, dass die menschliche Existenz (mit)-kausal für bestimmte Ereignisse ist, denn das wird von niemandem bestritten und die Frage ob es eine irgendwie geartete Willensfreiheit gibt, ist für diese Tatsache irrelevant.
Du musst also auf irgendetwas anderes hinauswollen. Auf was?

#634:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:32
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Um "meine" Definition von Verantwortung herrscht Stille - soll ich das als allgemeines Einverständtnis interpretieren? Ich nehm's mal an.


Nein, es herrscht keine Stille.

#635:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:51
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Um "meine" Definition von Verantwortung herrscht Stille - soll ich das als allgemeines Einverständtnis interpretieren? Ich nehm's mal an.

Nein. Meine Antwort hast Du ignoriert.

Meinst Du
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Verantwortung hat an sich ja auch nichts Verwerfliches oder Lobenswertes! Es gibt sie einfach durch unsere Existenz.

Nee, Verantwortung ist eine menschliche Erfindung, die nicht "an sich" existiert.
? Ich denke darauf habe ich eben geantwortet:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Der Mensch kann die fundamentale Verantwortung seiner Existenz ausweiten und präzisieren, wie er will - der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Diese vom Menschen erfundenen Verantwortlichkeiten dann aber heranzuziehen, um irgend etwas Grundsätzliches über die Verantwortung und den freien Willen auszusagen ist dann aber völlig irrelevant und unzulässig.

Also das, was gewisse Leute unter "Verantwortung" verstehen, ist sicherlich menschgemacht. Aber der Grundbegriff "Verantwortung" ist rein existenziell!

#636:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 16:59
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Also das, was gewisse Leute unter "Verantwortung" verstehen, ist sicherlich menschgemacht.

Genau.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Aber der Grundbegriff "Verantwortung" ist rein existenziell!

Nö, der ist auch erfunden, und zwar von Dir.

#637:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:03
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Nein, es hat nichts mit der Diskussion zu tun, wenn für dich Verantwortung lediglich die Tatsache umschreibt, dass die menschliche Existenz (mit)-kausal für bestimmte Ereignisse ist, denn das wird von niemandem bestritten und die Frage ob es eine irgendwie geartete Willensfreiheit gibt, ist für diese Tatsache irrelevant.
Du musst also auf irgendetwas anderes hinauswollen. Auf was?

Doch, ich will genau auf das hinaus! Der freie Wille ist durch die menschgemachten Ausweitungen des Begriffs "Verantwortung", wie ich das oben beschrieben habe, nicht tangiert. Wenn schon, dann wird er vielleicht von ihr durch äusseren Zwang eingeschränkt.

Ich meine aber, dass ein freier Wille durch die existenzielle Verantwortung erst entstehen kann. Indem mir bewusst wird, dass ich Verantwortung durch meine reine Existenz trage (gemäss Sartre sogar "für alle Menschen"), entsteht doch erst die Erkenntnis, dass ich Entscheidungen diesbezüglich treffen kann. Und erst dann stellt sich die Frage, ob diese Entscheidungen frei oder determiniert sind. Verantwortung lässt somit die Idee eines Willens erst entstehen, ob er dann frei ist oder nicht hat mit der Verantwortung an sich aber nichts mehr zu tun.

#638:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:04
    —
kolja hat folgendes geschrieben:

Nö, der ist auch erfunden, und zwar von Dir.


Das zwangsläufige Gerangel, wenn Interessenssphären kollidieren, ist noch nicht gleich als Konstituent von konkreten Verantwortungsvorstellungen zu betrachten, das finde ich auch. Verantwortungskonstrukte irgendwelcher Art dienen jedoch bereits der Minimierung der Gewaltwahrscheinlichkeit. Ich finde es nicht als von der Hand zu weisen, dass man den genetisch bedingten Altruismus bereits als Ansatz von Verantwortung betrachten kann.


Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 29.04.2008, 17:07, insgesamt 2-mal bearbeitet

#639:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:04
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Das ist mir sehr wohl klar, aber da du in diesem Thread bisher streng deterministisch argumentiert hast, ist es sehr wohl erlaubt, warum du auf die Falisifikationstheorie des "Strengen Antideterministen" Karl Popper rekurierst.

Nochmal: es geht um zwei unterschiedliche Punkte, und bloß weil ich in einem Punkt mit Popper übereinstimme, muss ich das nicht in allen Punkten tun, vor allem dann, wenn es überhaupt keinen logischen Zusammenhang zwischen diesen Punkten gibt. Entweder Du kannst einen solchen Zusammenhang zeigen, oder Du hast kein Argument.


Es kann mir nicht einleuchten, wie du als Determinist auch nur irgend eine Position mit der Forderung nach Falsifikation verbinden kannst.

Falsifikation ist für einen strengen Deterministen logischerweise absolut unnötig.
Wenn das Leben streng determiniert ist, gibt es nichts zu falsifizieren.

Des weiteren, hast du auf meine Anfrage, warum du als strenger Determinist wie ein Popperist argumentierst, geantwortet wie es eben nur ein libertärer "darf".:

"Es sei egal".

Als strenger Determininst müsstest du darlegen können, warum du dich auf eine typisch "Libertäre" Forderung für auch nur einen Teil deiner intellektuellen Aeusserungen abstützt.

Agnost

#640:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:06
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Aber der Grundbegriff "Verantwortung" ist rein existenziell!

Nö, der ist auch erfunden, und zwar von Dir.

Lachen

Darauf weiss ich momentan noch keine Antwort! Lass mich überlegen...

#641:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:08
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Darauf weiss ich momentan noch keine Antwort! Lass mich überlegen...


das liegt daran, dass dir nur intuitiv klar ist, wovon du eigentlich sprichst. Dabei erwartest du von anderen, dass sie deinen Magen-Darm-Eindruck, einfach nachvollziehen können.

#642:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:17
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Es kann mir nicht einleuchten, wie du als Determinist auch nur irgend eine Position mit der Forderung nach Falsifikation verbinden kannst.

Das Du Probleme hast, die hier diskutierten Konzepte zu verstehen, ist mir auch schon aufgefallen.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Falsifikation ist für einen strengen Deterministen logischerweise absolut unnötig.

Aufgrund welcher logischer Überlegungen?

Agnost hat folgendes geschrieben:
Des weiteren, hast du auf meine Anfrage, warum du als strenger Determinist wie ein Popperist argumentierst, geantwortet wie es eben nur ein libertärer "darf".: "Es sei egal".

Es gibt keinen "Popperismus". Popper hat zu verschiedenen Dingen verschiedenes gesagt, in manchem schließe ich mich ihm an, in anderem nicht.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Als strenger Determininst müsstest du darlegen können, warum du dich auf eine typisch "Libertäre" Forderung für auch nur einen Teil deiner intellektuellen Aeusserungen abstützt.

Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen bin ich determiniert, Falsifizierbarkeit für nützlich zu halten.

#643:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:19
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wenn der 3-Jährige seinem 2-Jährigen Schwesterchen beim Sandkastenspiel des öfteren das Schippchen auf den Kopf schlägt, wie gehst Du da präventiv vor, um das zu unterbinden? Etwa kein Sandkastenspiel mehr? Wie löst Du solche Probleme ohne Konsequenzen für den 3-Jährigen zu ziehen?
Wie wär's mit Schadensbegrenzung durch Wegnehmen des Schippchens? Und warum sollte das ohne Konsequenzen für den 3-Jährigen stattfinden?

Eine perfide Form von Verhalten von Kleinkindern ist eine solche, bei der man mit Engelsmiene danach sagt "ich hab's aber nicht mit Absicht gemacht!" Dabei wurde es so inszeniert, dass es nach unabsichtlichem Stossen des anderen aussehen sollte. "Du hast es aber absichtlich unabsichtlich getan" war dann jeweils meine Erkärung - eigenartig wie gut ein so kleines Kind das schon verstehen konnte...


Das ist, wenn es wirklich so wäre, und das zweifle ich noch nicht mal an, ein Beweis für die Existenz freier Willensentscheidung in "engem" Rahmen.

Gutes Lügen ist einer der besten Hinweise, dass der Mensch seine Handlungen innerhalb von gewissen Bedingungen selbst bestimmen kann und nicht streng determiniert ist.

Agnost

#644:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:20
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:

Nö, der ist auch erfunden, und zwar von Dir.


Das zwangsläufige Gerangel, wenn Interessenssphären kollidieren, ist noch nicht gleich als Konstituent von konkreten Verantwortungsvorstellungen zu betrachten, das finde ich auch. Verantwortungskonstrukte irgendwelcher Art dienen jedoch bereits der Minimierung der Gewaltwahrscheinlichkeit. Ich finde es nicht als von der Hand zu weisen, dass man den genetisch bedingten Altruismus bereits als Ansatz von Verantwortung betrachten kann.

Eigentlich denke ich gar nicht an Interessenskonflikte, wenn ich an Verantwortung denke. Auch nicht an Gewalt oder Altruismus. Verantwortung an sich ist frei von solchen Vorstellungen. Wir machen dann solche Vorstellungen daraus, sie sind aber an sich nicht in der existenziellen Verantwortung enthalten.

Nein, kolja, ich denke nicht, dass ich den Begriff "Verantwortung" soeben erfunden habe. Obwohl ich auch nicht so weit gehen möchte, ihn im platonischen Sinne zu sehen. Na ja, ich versuchte in diesem Begriffsgewirr hier, welche in streithaften Leerläufen ausuferten, etwas Klarheit zu gewinnen und vielleicht auch zu schaffen.

#645:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:23
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Nein, kolja, ich denke nicht, dass ich den Begriff "Verantwortung" soeben erfunden habe. Obwohl ich auch nicht so weit gehen möchte, ihn im platonischen Sinne zu sehen.

Was soll Deine "Verantwortung" denn sonst sein? Eine Art Naturgesetz? Ist es empirisch auffindbar?

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, ich versuchte in diesem Begriffsgewirr hier, welche in streithaften Leerläufen ausuferten, etwas Klarheit zu gewinnen und vielleicht auch zu schaffen.

Ich kann keine Klarheit erkennen. Schulterzucken

#646:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:27
    —
@Agnostiker

Zitat:
Auch nicht an Gewalt oder Altruismus.


Verantwortung ist hier nur bedingt verwendbar. Eigentlich ist es eher das, was Mario Hahna oben angedeutet hat.

Dann ist vollkommen klar, dass sich die Frage nach Verantwortung nur im Falle von Interessenskonflikten stellt. Sei es bei der Frage danach, wer für irgendwas zuständig gewesen ist oder wer sich hätte zurückhalten sollen oder sonstwas. Es geht immer darum, dass in einer beliebigen konkreten Situation jemand mit einem Maximum an Schuld zu beladen ist und das kann man in einer untergeordneten Kategorie solcher Fälle als Versagen der Verantwortlichkeit darstellen. Mit 'Gerangel' meinte ich allgemeine Interessenskonflikte beliebiger Art. Wenn du du dich als Versager siehst, weil du als Berufsheld eigentlich Kind xyz vor dem heranrasenden Bus hättest retten können/müssen, dann ist das nur deshalb der Fall, weil du einen genetisch bedingten Altruismus hast und weil es enkulturiert ist danach zu fragen, wer das arme Kind denn hätte retten können und man somit schief angekuckt werden kann.

#647:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:29
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Darauf weiss ich momentan noch keine Antwort! Lass mich überlegen...


das liegt daran, dass dir nur intuitiv klar ist, wovon du eigentlich sprichst. Dabei erwartest du von anderen, dass sie deinen Magen-Darm-Eindruck, einfach nachvollziehen können.

Bei aller Bescheidenheit möchte ich eine solche Interpretation meiner Argumente schon von mir weisen! Es war schon einiges an Intuition dabei, aber ich hab's auch mit vielen rationalen Argumenten untermauert. Und mit Intuition zu beginnen und mit Rationalität weiterzufahren, das ist ja hoffentlich eine akzeptable philosophische Arbeitsweise. Und einen Moment Auszeit zu erbeten in diesem Prozess sollte auch legitim sein. Der Lachen zeigte auch, dass ich mich ertappt fühlte und eben nachdenken musste.

Ach, was soll ich mich rechtfertigen Dir gegenüber? Ich trage meine Verantwortung für meine Äusserungen schon selbst!

#648:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:30
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Ich kann keine Klarheit erkennen. Schulterzucken
Kommt vielleicht noch...

#649:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:40
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Verantwortung ist hier nur bedingt verwendbar. Eigentlich ist es eher das, was Mario Hahna oben angedeutet hat.
Was hat Mario Hahna angedeutet?
Zitat:
Dann ist vollkommen klar, dass sich die Frage nach Verantwortung nur im Falle von Interessenskonflikten stellt...
Das ist eben eine sehr konstruierte Art und Weise, Verantwortung zu sehen. Vom Menschen konstruiert. Und schlussendlich beschränkt. Verantwortung ist universell und hat a priori nichts mit Interessen, und Schuld und Sühne zu tun. Das hängen wir daran und meinen es beschränke sich darauf.

#650:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:49
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Doch, ich will genau auf das hinaus! Der freie Wille ist durch die menschgemachten Ausweitungen des Begriffs "Verantwortung", wie ich das oben beschrieben habe, nicht tangiert. Wenn schon, dann wird er vielleicht von ihr durch äusseren Zwang eingeschränkt.


Häh? Was soll "freier Wille" sein?
Du beschreibst tatsächlich nur Kausalität? Welcher Erkenntnisgewinn soll damit einhergehen? Was soll daraus folgen?
Wenn du das so in den Raum wirfst ist es völlig nichtssagend.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Ich meine aber, dass ein freier Wille durch die existenzielle Verantwortung erst entstehen kann. Indem mir bewusst wird, dass ich Verantwortung durch meine reine Existenz trage (gemäss Sartre sogar "für alle Menschen"), entsteht doch erst die Erkenntnis, dass ich Entscheidungen diesbezüglich treffen kann. Und erst dann stellt sich die Frage, ob diese Entscheidungen frei oder determiniert sind. Verantwortung lässt somit die Idee eines Willens erst entstehen, ob er dann frei ist oder nicht hat mit der Verantwortung an sich aber nichts mehr zu tun.


Uninteressant!

#651:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:52
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Verantwortung ist universell und hat a priori nichts mit Interessen, und Schuld und Sühne zu tun. Das hängen wir daran und meinen es beschränke sich darauf.


Wer soll das gesagt haben, meinst du etwa mich? Was soll das heissen, es sei universell?

#652:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 17:53
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Gutes Lügen ist einer der besten Hinweise, dass der Mensch seine Handlungen innerhalb von gewissen Bedingungen selbst bestimmen kann und nicht streng determiniert ist.
Das könnte etwas an sich haben! Ich habe Bieris "Das Handwerk der Freiheit" schon seit einiger Zeit auf dem Nachttisch, lese aber zuerst seine Pascal Mercier Werke. Vielleicht werde ich nach Bieris Buch über die "bedingte Freiheit" etwas mehr wissen...

In "Perlmanns Schweigen" hat mich das reflexhafte Lügen Perlmanns sehr betroffen, worüber dieser selbst am meisten erstaunt war. Also als "freier" Lügner ist er mir schon nicht vorgekommen. Ich hatte sogar die Empfindung, dass er eher zwanghaft sich selbst ständig belügte...

#653:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:01
    —
Belügte, so so. Was ist das für ein Quatsch, den ihr aus der Tatsache schließen wollt, dass Menschen lügen? Weniger lesen, mehr logisch denken!

#654:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:02
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Verantwortung ist universell und hat a priori nichts mit Interessen, und Schuld und Sühne zu tun. Das hängen wir daran und meinen es beschränke sich darauf.
Wer soll das gesagt haben, meinst du etwa mich? Was soll das heissen, es sei universell?

Nein, das sage ich!

Verantwortung ist universell bedeutet, dass sie immer besteht und sich auf alles auswirkt. Wir schränken sie nur ein, um vor ihr zu entfliehen (da folge ich dem Existentialismus von Sartre und Gide). Wenn Du Verantwortung auf Interessenkonflikte, Minimierung der Gewaltwahrscheinlichkeit oder Altruismus einschränkst, dann wirst Du ihr nicht gerecht. Oder missverstehe ich Dich etwa?

#655:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:04
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Uninteressant!

Vielleicht für Dich! Ich verlange ja nicht von Dir, dass Du alles interessant findest...
Mich selbst interessiert das sehr!

#656:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:06
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Belügte, so so. Was ist das für ein Quatsch, den ihr aus der Tatsache schließen wollt, dass Menschen lügen? Weniger lesen, mehr logisch denken!
Offenbar willst Du Dich hier mit vergnügen unflätig verhalten - das ist Dir freigestellt...

#657:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:08
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Oder missverstehe ich Dich etwa?


mindestens. Aber, naja, egal...

#658:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:11
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Oder missverstehe ich Dich etwa?


mindestens. Aber, naja, egal...

Nein, nein, nicht egal! Ich möchte Dich schon richtig verstehen!

#659:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:18
    —
Also... Verantwortungsversagen entsteht doch nur dann, wenn eine Anzahl von Menschen der Überzeugung ist, jemand hätte zum einen eine Aufgabe gehabt und zum anderen diese nicht erfüllt.

editiert

#660:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:43
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Also... Verantwortungsversagen entsteht doch nur dann, wenn eine Anzahl von Menschen der Überzeugung ist, jemand hätte zum einen eine Aufgabe gehabt und zum anderen diese nicht erfüllt.

editiert

Jetzt verstehe ich nicht, was "Verantwortsversagen" hier zu tun hat! Ich glaube, wir schreiben einfach aneinander vorbei...

#661:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 18:51
    —
Zitat:
Gutes Lügen ist einer der besten Hinweise, dass der Mensch seine Handlungen innerhalb von gewissen Bedingungen selbst bestimmen kann und nicht streng determiniert ist.


Nö. Warum auch? Das ist eine Handlung, wie jede andere auch, erzeugt durch einen Denk- und Entscheidungsprozess, der nicht beliebig ist...und selbst wenn er es wäre...

#662:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 19:21
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann will ich auch keine mehr vorschlagen und frage einfach erneut: warum ist der Meinung harter Inkompatibilisten nach das Konzept der Verantwortung falsch? Warum muss man wie sie davon ausgehen, dass niemand für seine (Nicht-)Handlung verantwortlich sein könne, ihm also diese (Nicht-)Handlung nicht zugerechnet werden könne, sie ihm nicht vorwerfbar sein könne?

Da muss es doch irgend ein Argument für geben.

Die gibt es, Du ignorierst sie bloß. Schulterzucken

Nein, es gab bisher kein einziges Argument, das über die Ebene der Intuition und der persönlichen Angriffe hinausgegangen wäre ("Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Kausalität Freiheit hervorbringen kann, "Viele Leute glauben doch auch, dass Determinismus Freiheit ausschließt", "Du bist blöd, ein philosophischer Schwurbler, weil Du das nicht auch so siehst").

Wir sind uns einig, dass es keinen "unbedingten, absoluten freien Willen" geben kann und dass die Welt naturgesetzlich abläuft.

Wir sind uns aber nicht einig, dass dadurch Verantwortung, Lob, Tadel, Schuld ganz anders gesehen werden müssten.

Wieso also? Ist es wirklich so eine Ketzerei von mir, hier ein nachvollziehbares Argument außerhalb des "ist einfach evident und intuitiv" zu fordern?

Ein Argument könnte es sein, zu behaupten, verantwortlich/lobenswert/schuldig könne überhaupt nur derjenige sein, der sich selber erschaffen hätte. Und da man das nicht kann, dürfe niemand als verantwortlich (Urheber seiner Handlungen) angesehen werden.

Ein anderes Argument könnte es sein, wenn man behauptete, Menschen könnten gar nichts entscheiden und somit gar nicht handeln, alle Handlungen seien sozusagen von der Vergangenheit ferngesteuert.

Aber irgend ein Statement muss doch endlich mal kommen, dieses Herumgeeiere ist wirklich nervig ("Ich bin sooo rational und wissenschaftlich und deswegen habe ich natürlich recht und DU musst mir selbstnatürlich beweisen, dass ich unrecht habe").

Es reicht hier nicht, einfach ein nicht hinterfragbares Dogma aufzustellen: "die Naturgesetzlichkeit der Welt verhindert zuverlässig Freiheit, Verantwortung, und Schuld" und alle, die das mangels fehlender Begründung nicht so recht einsehen wollen, als Ketzer oder als philosophische Schwurbler oder als verkappte Neo-Theologen zu bezeichnen. Das zeigt nur einen eklatanten Argumentationsnotstand und sonst gar nichts.

Da sind schon so kleine Parallelen zu Ideologien und gewissen Religionen vorhanden:

- wir haben ein Dogma (Naturgesetzlichkeit schließt Freiheit total aus)
- wer das nicht anerkennt, ist ein Ketzer
- wer nach einer Begründung fragt, wird aufgefordert, das Dogma gefälligst zu widerlegen
- ein Ketzer wird mit diversen Unterstellungen diffamiert
- wir sind toll und haben die Wahrheit und Du bist entweder ein Bösewicht, der die Wahrheit bewusst leugnet und die Leute mit rhetorischen Tricks hinters Licht führen will (Satan!) oder Du bist zu dumm, die Wahrheit zu erkennen

Also nochmal, ganz langsam: es gibt keine "unbedingte Willensfreiheit". Das ist von meiner Seite unbestritten. Was aber folgt nun daraus und wieso folgt es daraus? Verdammt, ist das wirklich so schwer zu beantworten?

Wäre wirklich zauberhaft, wenn mal ein Argument dafür gegeben werden könnte, wenn also eine rationale Diskussion hier doch möglich sein sollte.

Nicht, dass ich etwas gegen Intuition hätte. Nur, wenn man andere überzeugen will, die diese Intuition nicht teilen, dann wäre eine rationale Argumentation schon recht hilfreich. Meine ich.

#663:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 19:46
    —
Sie kommt nicht,

Agent Provocateur, denn sie sind letztlich Metaphysiker unsere Herren "Strengen Deterministen".

Agnost

#664: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 20:06
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Wahl bezieht sich auf die Mittel.

Das Ziel ist zum großen Teil äußerlich vorgegeben und hat mit den Individuen nur mittelbar zu tun. nenne es "Sachzwänge" oder "Aufgabenstellung".

Das macht doch keinen Unterschied, welchen Zeitpunkt man nimmt.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt es eine Reihe von Argumenten und Gründen für einen bestimmten Weg zu einem bestimmten Ziel. Das ist immer so, egal, wann der Zeitpunkt ist, usw.

Und ob nun eine Entscheidung geändert wurde oder nicht, spielt auch keine Rolle.

Eine Rolle spielt aber schon, was passiert, wenn mehrere Wege nach Rom führen und alle gleich gut sind.


Ich überlege schon länger, worauf du eigentlich hinaus willst.

Wieso kommst du immer mit den "zwei Wegen", die "äquivalent" sind? Ich finde das äußerst abstrakt und lebens-/realitätsfremd. Sind Atomenergie- und Solarenergie-Nutzung "äquivalent", weil beide dasselbe Ziel haben (Energieversorgung)? Und weil sie äquivalent sind, existieren sie als objektive Möglichkeiten? Und weil es diese objektiven Möglichkeiten gibt, gibt es auch den freien Willen, weil ich mich nun zwischem Äquivalentem entscheiden muss? Ich kann dir leider nicht folgen.

Ich finde den mathematischen Begriff "äquivalent" hier deplatziert. Die Nutzung von Atomenergie und Solarenergie sind nicht "äquivalent". Es sind ganz unterschiedliche Formen der Energieversorgung.
Mir fällt auch keine lebenspraktisch relevante Situation ein, wo ich zwischen "äquivalenten" Wegen entscheiden müsste und mir dann auch noch dessen bewusst bin... Mit den Augen rollen


Zitat:
Entscheidend ist zunächst einmal, dass diese Wege vor aller Entscheidung 1. objektiv existieren und dass sie 2. als objektive Möglichkeiten erkannt (und eben nicht nur fantasiert werden).

Dann erst findet in einem 3. Schritt die Festlegung für eine der realen und gleichwertigen Möglichkeiten statt.


S.o. - "gleichwertige" Möglichkeiten, wo sollte es die geben?

Zitat:
Und von dieser Ausgangsposition aus muss man diskutieren.


Na, wenn das der Ausgangspunkt sein soll... Traurig

Zitat:

Aber: Entweder zwei Möglichkeiten a und b sind objektiv gegeben, dann sind sie auch jeweils durchführbar bzw. es gibt keinen Grund, weshalb nicht oder aber sie sind nicht objektiv gegeben, dann sind sie auch nicht beide durchführbar, sondern es handelte sich nur um herbei fantasierte Möglichkeiten. Das Wort "Erkennntis" hätte dann keinen Sinn.


Das, was du hier schreibst, passt besser in eine Diskussion um Erkenntnistheorie als um Willensfreiheit... Ich kann dir darin nicht folgen, dass, wenn man keinen freien Willen hat, man auch nicht "erkennen" kann... Vielleicht kannst du den Zusammenhang zwischen Erkennen und Wollen noch einmal genauer explizieren... Mit den Augen rollen

#665:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 20:32
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Uninteressant!

Vielleicht für Dich! Ich verlange ja nicht von Dir, dass Du alles interessant findest...
Mich selbst interessiert das sehr!


Was stimmt mit dir nicht?

Es gibt Kausalitäten und die Existenz des Menschen kann (Mit)Ursache sein. Das bestreitet niemand. Was soll daran jetzt interessant sein? Was hat das mit dem Thema Willensfreiheit zu tun?
Warum kannst du das auch auf mehrmalige Nachfrage nicht erklären?

#666:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 20:33
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dann will ich auch keine mehr vorschlagen und frage einfach erneut: warum ist der Meinung harter Inkompatibilisten nach das Konzept der Verantwortung falsch? Warum muss man wie sie davon ausgehen, dass niemand für seine (Nicht-)Handlung verantwortlich sein könne, ihm also diese (Nicht-)Handlung nicht zugerechnet werden könne, sie ihm nicht vorwerfbar sein könne?

Da muss es doch irgend ein Argument für geben.

Die gibt es, Du ignorierst sie bloß. Schulterzucken

Nein, es gab bisher kein einziges Argument, das über die Ebene der Intuition und der persönlichen Angriffe hinausgegangen wäre ("Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Kausalität Freiheit hervorbringen kann, "Viele Leute glauben doch auch, dass Determinismus Freiheit ausschließt", "Du bist blöd, ein philosophischer Schwurbler, weil Du das nicht auch so siehst").

Wir sind uns einig, dass es keinen "unbedingten, absoluten freien Willen" geben kann und dass die Welt naturgesetzlich abläuft.

Wir sind uns aber nicht einig, dass dadurch Verantwortung, Lob, Tadel, Schuld ganz anders gesehen werden müssten.

Wieso also? Ist es wirklich so eine Ketzerei von mir, hier ein nachvollziehbares Argument außerhalb des "ist einfach evident und intuitiv" zu fordern?

Ein Argument könnte es sein, zu behaupten, verantwortlich/lobenswert/schuldig könne überhaupt nur derjenige sein, der sich selber erschaffen hätte. Und da man das nicht kann, dürfe niemand als verantwortlich (Urheber seiner Handlungen) angesehen werden.

Ein anderes Argument könnte es sein, wenn man behauptete, Menschen könnten gar nichts entscheiden und somit gar nicht handeln, alle Handlungen seien sozusagen von der Vergangenheit ferngesteuert.

Aber irgend ein Statement muss doch endlich mal kommen, dieses Herumgeeiere ist wirklich nervig ("Ich bin sooo rational und wissenschaftlich und deswegen habe ich natürlich recht und DU musst mir selbstnatürlich beweisen, dass ich unrecht habe").

Es reicht hier nicht, einfach ein nicht hinterfragbares Dogma aufzustellen: "die Naturgesetzlichkeit der Welt verhindert zuverlässig Freiheit, Verantwortung, und Schuld" und alle, die das mangels fehlender Begründung nicht so recht einsehen wollen, als Ketzer oder als philosophische Schwurbler oder als verkappte Neo-Theologen zu bezeichnen. Das zeigt nur einen eklatanten Argumentationsnotstand und sonst gar nichts.

Da sind schon so kleine Parallelen zu Ideologien und gewissen Religionen vorhanden:

- wir haben ein Dogma (Naturgesetzlichkeit schließt Freiheit total aus)
- wer das nicht anerkennt, ist ein Ketzer
- wer nach einer Begründung fragt, wird aufgefordert, das Dogma gefälligst zu widerlegen
- ein Ketzer wird mit diversen Unterstellungen diffamiert
- wir sind toll und haben die Wahrheit und Du bist entweder ein Bösewicht, der die Wahrheit bewusst leugnet und die Leute mit rhetorischen Tricks hinters Licht führen will (Satan!) oder Du bist zu dumm, die Wahrheit zu erkennen

Also nochmal, ganz langsam: es gibt keine "unbedingte Willensfreiheit". Das ist von meiner Seite unbestritten. Was aber folgt nun daraus und wieso folgt es daraus? Verdammt, ist das wirklich so schwer zu beantworten?

Wäre wirklich zauberhaft, wenn mal ein Argument dafür gegeben werden könnte, wenn also eine rationale Diskussion hier doch möglich sein sollte.

Nicht, dass ich etwas gegen Intuition hätte. Nur, wenn man andere überzeugen will, die diese Intuition nicht teilen, dann wäre eine rationale Argumentation schon recht hilfreich. Meine ich.


Was ist denn das Konzept der Verantwortung?

#667:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 20:54
    —
Zitat:
- wir haben ein Dogma (Naturgesetzlichkeit schließt Freiheit total aus)


Nein. Freiheit ist ein Wort. Niemand schließt Wörter von ihrer Verwendung aus, nur diverse Definitionen sind nicht sinnvoll. Was anderes behauptet hier niemand.

Zitat:
- wer das nicht anerkennt, ist ein Ketzer


Nein, denn "wir" sind ganz bestimmt keine Moralisten.

Zitat:
- wer nach einer Begründung fragt, wird aufgefordert, das Dogma gefälligst zu widerlegen


Nein, er wird aufgefordert genau zu definieren was er für Freiheit hält und wie er genau den Zusammenhang zwischen seiner Freiheit und z.b dem moralischen Konzept der Verantwortung sieht. Und das möglichst stringent und ohne herumeiern. Das ist schwer, ich weiss...

Zitat:
- wir sind toll und haben die Wahrheit und Du bist entweder ein Bösewicht, der die Wahrheit bewusst leugnet und die Leute mit rhetorischen Tricks hinters Licht führen will (Satan!) oder Du bist zu dumm, die Wahrheit zu erkennen


Hör auf dich so in die Opferrolle zu rangieren, das steht dir nicht gut, außerdem ist das hier schlicht lächerlich.

Zitat:
Also nochmal, ganz langsam: es gibt keine "unbedingte Willensfreiheit". Das ist von meiner Seite unbestritten. Was aber folgt nun daraus und wieso folgt es daraus? Verdammt, ist das wirklich so schwer zu beantworten?

Wäre wirklich zauberhaft, wenn mal ein Argument dafür gegeben werden könnte, wenn also eine rationale Diskussion hier doch möglich sein sollte.


Die Antwort ist recht banal. Da es keine wirckliche Definition von Willensfreiheit gibt, folgt ersmal gar nichts aus irgendwas, außer vllt, dass alles, was gemäß der Ansicht diverser Vertreter der Willensfreiheit aus der Existenz der Willensfreiheit angeblich folgern soll (Verantwortung et.c) im höchsten Maße fragwürdig ist.

Übrigens: Niemand verlangt von Vertetern der Sorte "Verantwortungsvoll weil Willensfrei" das sie überhaupt irgendetwas widerlegen. Das einzige was zumindest ich von ihen fordere ist, dass sie mir eine einigermaßen stringenten Zusammenhang zwischen ihrer Definition von Willensfreiheit und dem Schrei nach Verantwortung aufzeigen können. Wenn sie das nicht schaffen, ist ihre "Theorie" ohnehin eine Totgeburt und verdient keinerlei weitere Beachtung.

Abgesehen davon steht es natürlich jedem frei, an einen "freien Willen" zu glauben, niemand feindet jemanden wegen Begriffen an...zumindest nicht, wenn er/sie nicht zu einer bestimmten, unglücklichen Sorte von Feministen gehört...wie gesagt, man kann so ziemlich jeden Begriff sinnvoll besetzen, wie z.b. "freier Wille"im Sinne von "eigener Wille".


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 29.04.2008, 21:01, insgesamt 2-mal bearbeitet

#668:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 20:59
    —
Zitat:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Präventionsgedanke lässt sich übrigens mit der Annahme eines freien Willens gar nicht schlüssig vereinbaren, nebenbei bemerkt.


Zitat:
Aha. Wieso dieses?


Der Präventionsgedanke setzt voraus, dass ich Einfluss auf den Willen eines Menschen nehmen kann, indem ich Einfluss auf Faktoren nehme, die den Willen determinieren.

Bei der Kriminalitätsbekämpfung müssen sich Präventionsmaßnahmen auf die wissenschaftliche Erforschung der Faktoren stützen, die kriminelles Verhalten determinieren.
Gäbe es einen freien Willen, wäre Kriminalitätsforschung gar nicht denkbar. Kriminelle Handlungen würden sich dann - wie alle willentlichen Handlungen - jeder Gesetzmäßigkeit entziehen und wissenschaftliche Aussagen über sie - etwa, was Prognostizierbarkeit angeht - wären nicht möglich.
Nun sind aber wissenschaftliche Aussagen hier möglich.

FW-Vertretern müsste es bspw. ein Rätsel bleiben, warum in bestimmten Risikogruppen, die durch ganz bestimmte Faktoren gekennzeichnet sind, eine erhöhte Kriminalitätsneigung auftritt, also der Wille zu kriminellen Handlungen in erhöhtem Maße auftritt. Warum ist das so, wenn doch der Wille ach so frei ist? Und selbstverständlich müssten Vertreter des freien Willens, wären sie denn konsequent, auch auf Präventionsmaßnahmen verzichten, da sich die Beeinflussung des Willens nicht mit der Freiheit des Willens verträgt.

Vertreter des freien Willens sind halt inkonsequent. Dass der Mensch durch soziale, psychologische usw. Faktoren bestimmt wird, wird vielleicht zugestanden. Und sogleich versichert, dass der Wille aber trotzdem frei ist - "so ein bisschen frei" halt... Cool
Überzeugend ist das nicht. Es ist nicht zu Ende gedacht.

#669:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:09
    —
Keine Willensfreiheit und was nun? Was ist die Konsequenz?
Kriminelle können sich fein rausreden. Es überkam sie ganz einfach. Sie hatten leider keine andere Wahl.
Alles determiniert, auch so ein Art Schicksal. ("es geht alles seinen Gang")

#670:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:11
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Keine Willensfreiheit und was nun? Was ist die Konsequenz?
Kriminelle können sich fein rausreden.

Richter auch. zwinkern

#671:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:12
    —
Zitat:
Keine Willensfreiheit und was nun? Was ist die Konsequenz?
Kriminelle können sich fein rausreden.


Es gibt keinen Gott, was nun? Die Konsequenzen? Dann gibt es wohl kein Leben nach dem Tod! Na dann ist das Leben schön sinnlos...

Die Moral der Geschichte? Es ist einfacher aufgeklärt zu tun, als es zu sein. Übrigens: Mann kann Verbrecher immernoch einsperren. Nur das schöne ich-bin-der-moralische-Bessermensch-Gefühl bleibt leider weg. Aber so ist das nunmal. Auch Säuglinge müssen lernen, ohne Schnuller zu leben.


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 29.04.2008, 21:21, insgesamt einmal bearbeitet

#672:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:19
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
warum ist der Meinung harter Inkompatibilisten nach das Konzept der Verantwortung falsch?

Nicht "das" Konzept der Verantwortung, sondern "Dein" Konzept. Du selbst hast mich ja um ein alternatives Konzept der Verantwortung gebeten und dieses auch erhalten. Es hat Dir aber nicht gefallen, weil daraus nicht das folgt, was Du möchtest.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Warum muss man wie sie davon ausgehen, dass niemand für seine (Nicht-)Handlung verantwortlich sein könne, ihm also diese (Nicht-)Handlung nicht zugerechnet werden könne, sie ihm nicht vorwerfbar sein könne?

Das sind 3 Fragen auf einmal und das "also" ist aus meiner Sicht falsch:

Warum muss man ... davon ausgehen, dass niemand für seine (Nicht-)Handlung verantwortlich sein könne? -

- Ob das so ist, hängt von der Definition von Verantwortung ab. Die wikipedia-Definition von Verantwortung scheint auf den ersten BLick sehr ähnlich Deinem Verständnis, Verantwortung bedeutet demnach Rechenschaft ablegen und die Folgen tragen zu müssen. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich aber, daß die "Folgen" nicht definiert sind, so daß diese Definition auch mit meinem Konzept von Verantwortung vereinbar wäre, auch wenn ich in einer Definition den Fokus viel stärker auf die Erwartungshaltung legen würde, da diese den funktionalen Kern der Sache besser trifft (den Mechanimus besser erklärt).

Warum muss man ... davon ausgehen, dass ... ihm also diese (Nicht-)Handlung nicht zugerechnet werden könne? -

- Muß man nicht, klar kann man die Handlung der Person zurechnen, das geht sogar bei einem Tier oder einem Computerprogramm. Es ist eine letztlich willkürliche emergente Setzung, für die allerdings gewisse Vorteile in der Ablaufbeschreibung sprechen.

Warum muss man ... davon ausgehen, dass [die] (Nicht-)Handlung ... ihm nicht vorwerfbar sein könne? -

- Weil die Handlung nicht anders ablaufen konnte. Man kann daher rationalerweise nur die Handlung beklagen und Druck auf den Handelnden ausüben, in Zukunft anders zu handeln. Den "Vorwurf" mit Schuld und Strafe könnte man höchstens utilitaristisch retten, indem man ihn anders begründet, z.B. wenn man zeigt, daß Vorwürfe / Strafe präventiv wirksamer sind. dies bei Menschen, den die determinierten Hintergründe unklar sind, präventiv besser wirkt .

########################

Zur Auflockerung mal eine mir interessant erscheinende Frage:

Wie hängt Deiner Ansicht nach die Schwere der Verantwortung zusammen mit der Erwartung, daß der Träger normgerecht handelt? Würde man z.B. jemand Verantwortung übertragen, von dem man meint, daß er seine Präferenzen überwinden muß, um der V. gerecht zu werden? Oder eher jemand, von dem man sicher ist, daß er sowieso normgrecht handelt?

########################

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nein, es gab bisher kein einziges Argument, das über die Ebene der Intuition und der persönlichen Angriffe hinausgegangen wäre ("Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Kausalität Freiheit hervorbringen kann, "Viele Leute glauben doch auch, dass Determinismus Freiheit ausschließt", "Du bist blöd, ein philosophischer Schwurbler, weil Du das nicht auch so siehst").

Eine Folge von unwahren Untestellungen. Nur herausgegriffen: Das Argument war nicht

"Viele Leute glauben doch auch, dass Determinismus Freiheit ausschließt"

sondern

"Die meisten Leute glauben, daß es echte Möglichkeiten gebe."



Weiter im nächsten post ....

#673:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:29
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Also nochmal, ganz langsam: es gibt keine "unbedingte Willensfreiheit". Das ist von meiner Seite unbestritten. Was aber folgt nun daraus ...?

Daraus folgt gar nichts. Aber anbei nochmal die Übersicht des Schlußverfahrens.


1. Physikalischer Teil

Aus der Schrödingergleichung und den thermodynamischen Verhältnissen im Gehirn (die beide empirisch gut bestätigt sind) folgt, daß das Gehirn als Ganzes, also einschließlich der Bewußtseinsvorgänge, komplett unitär zeitentwickelt und außerdem hinreichend dekohärent verhält.

Daraus folgt, daß es keine "echten Möglichkeiten" gibt, daß also alle im raumzeitlichen Umfeld vorstellbaren Varianten bis auf genau eine unphysikalisch sind. Das gilt offenbar für Präferenzen und Abwägungen genauso wie für Handlungen.

Daraus folgt, daß es keine Freiheit im Sinne einer den determinierten Ablauf beeinflussenden Auswahl gibt.


2. Freiheit wovon?

Will man also den Term "Freiheit" idZ konsistent verwenden, so muß man darunter etwas anderes verstehen, z.B. den determinierten Vorgang der Berechnung der Handlungssteuerung oder den determinierten Vorgang der Simulation mehrerer (unmöglicher) Möglichkeiten, oder sogar die Tatsache, daß verschiedene Menschen in ähnlichen Situationen verschieden handeln. Ebenso bedeutet die "Autonomie der Person" dann nur noch so etwas wie das Überwiegen innerer Zwänge gegenüber äußeren.


3. Ethischer Teil

Aus oben gesagtem (auch nur aus (1.)) folgt, daß es keine Schuld gibt, da:

wikipedia hat folgendes geschrieben:
Als Voraussetzung für die Schuld wird meistens angenommen, dass der Schuldige die Wahlmöglichkeit hatte, die als schlecht definierte Tat zu unterlassen.

wikipedia hat folgendes geschrieben:
Nach der Theorie des Determinismus, welche bei rückschauender Betrachtung das Handeln des Menschen in anlage- und umweltbedingten Bestimmungskräften begründet sieht, ist in Ermangelung der Fähigkeit des Menschen, sich frei zwischen Gut und Böse zu entscheiden, dem Schuldprinzip der Boden entzogen.


Ein Konzept der Verantwortung oder gar Verantwortlichkeit kann man natürlich dennoch aufstellen, zum Beispiel als Übereinkunft über Folgen von Fehlverhalten im Sinne eines gemeinsamen Ziels. Aber vergeltende bzw. rächende Bestrafung ist so nicht mehr direkt legitimiert.

wikipedia hat folgendes geschrieben:
... Problematisch bleibt für eine solche Ethik die Legitimation für die bewusste Peinigung (Strafe, Poena) „schuldiger“ Personen. Die deterministische Lehre bejaht zwar die Möglichkeit, Täter zur Verantwortung zu ziehen - dies lässt sich z.B. auf einen Gesellschaftsvertrag gründen, der die Vereinbarung enthält, sich gegenseitig als frei und verantwortlich zu behandeln und behandeln zu lassen ..., verneint aber ein Recht der Gesellschaft auf Bestrafung (Übelzufügung) und hält nur eine Behandlung des Täters und eine Sicherung der Gesellschaft vor solchen Personen (z.B. durch Sicherungshaft) für angebracht.


http://de.wikipedia.org/wiki/Schuld_%28Ethik%29#Schuld_als_Verantwortlichkeit


@AP: Bei welchem Schritt genau hakt es bei Dir und wo siehst Du den Fehlschluss?

#674:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:38
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Präventionsgedanke lässt sich übrigens mit der Annahme eines freien Willens gar nicht schlüssig vereinbaren, nebenbei bemerkt.

Zitat:
Aha. Wieso dieses?

Der Präventionsgedanke setzt voraus, dass ich Einfluss auf den Willen eines Menschen nehmen kann, indem ich Einfluss auf Faktoren nehme, die den Willen determinieren.

Oh, Du hast meinen sonstigen Beitrag gesnippt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Bei der Kriminalitätsbekämpfung müssen sich Präventionsmaßnahmen auf die wissenschaftliche Erforschung der Faktoren stützen, die kriminelles Verhalten determinieren.

Und?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Gäbe es einen freien Willen, wäre Kriminalitätsforschung gar nicht denkbar. Kriminelle Handlungen würden sich dann - wie alle willentlichen Handlungen - jeder Gesetzmäßigkeit entziehen und wissenschaftliche Aussagen über sie - etwa, was Prognostizierbarkeit angeht - wären nicht möglich.

Oh, Du hast wohl eine merkwürdige Vorstellung vom freien Willen. Meine Vorstellung ist die, dass ein Mensch frei ist, weil er seine Handlungen aufgrund seiner Überlegungen beeinflussen und steuern kann.

Heiner hat folgendes geschrieben:
FW-Vertretern müsste es bspw. ein Rätsel bleiben, warum in bestimmten Risikogruppen, die durch ganz bestimmte Faktoren gekennzeichnet sind, eine erhöhte Kriminalitätsneigung auftritt, also der Wille zu kriminellen Handlungen in erhöhtem Maße auftritt. Warum ist das so, wenn doch der Wille ach so frei ist?

Habe ich nie behauptet, dass er in dem Sinne frei wäre.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Und selbstverständlich müssten Vertreter des freien Willens, wären sie denn konsequent, auch auf Präventionsmaßnahmen verzichten, da sich die Beeinflussung des Willens nicht mit der Freiheit des Willens verträgt.

Mir scheint, wir reden über Unterschiedliches. Es wäre aber ganz gut, wenn wir über das Selbe reden würden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Vertreter des freien Willens sind halt inkonsequent. Dass der Mensch durch soziale, psychologische usw. Faktoren bestimmt wird, wird vielleicht zugestanden. Und sogleich versichert, dass der Wille aber trotzdem frei ist - "so ein bisschen frei" halt... Cool
Überzeugend ist das nicht. Es ist nicht zu Ende gedacht.

Wenn Du ein Argument hättest... Und nicht nur eines, das lediglich Positionen angreift, die ich nicht vertrete... Dann wäre das sehr, sehr schön...

Kommen wir nochmal zu dem Punkt, den Du gesnippt hast. Wenn Du meinst, Du könntest aufgrund moralischer Überlegungen willentlich einen Einfluss auf die Zukunft nehmen, dann musst Du das konsequenterweise auch von anderen Menschen annehmen. Oder Du meinst, Du wärest etwas ganz Besonderes. Wenn aber andere Menschen auch solche Überlegungen anstellen können, sie also ihre zukünftigen Handlungen nach ihren moralischen Vorstellungen ausrichten können, dann genau sind sie in meiner Sichtweise auch dafür verantwortlich und zur Rechenschaft ziehbar. Darauf hätte ich gerne noch eine Antwort.

#675:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:38
    —
hi, step

Zitat:
Aber vergeltende bzw. rächende Bestrafung ist so nicht mehr direkt legitimiert.


aber Strafe/Sanktion hat immer vergeltende Wirkung, eal wie ihr Zweck oder Anlass ausgelegt wird. Wer sagt denn überhaupt, dass der Vergeltungsgedanke mit dem Präventionsgedanken nicht kompatibel ist? Ich denke schon, dass jedes Verantwortungskonstrukt automatisch Vergeltung legitimiert, wie genau und warum sei dahingestellt.

#676:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:48
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
- wer das nicht anerkennt, ist ein Ketzer

Nein, denn "wir" sind ganz bestimmt keine Moralisten.

Nein, natürlich nicht, Ihr seid ganz toll, was ganz Besonderes.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
- wer nach einer Begründung fragt, wird aufgefordert, das Dogma gefälligst zu widerlegen

Nein, er wird aufgefordert genau zu definieren was er für Freiheit hält und wie er genau den Zusammenhang zwischen seiner Freiheit und z.b dem moralischen Konzept der Verantwortung sieht. Und das möglichst stringent und ohne herumeiern. Das ist schwer, ich weiss...

Das habe ich getan...

Wo ist nun Dein Argument für Deine Sichtweise? Hast Du nun eines oder nicht?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Also nochmal, ganz langsam: es gibt keine "unbedingte Willensfreiheit". Das ist von meiner Seite unbestritten. Was aber folgt nun daraus und wieso folgt es daraus? Verdammt, ist das wirklich so schwer zu beantworten?

Wäre wirklich zauberhaft, wenn mal ein Argument dafür gegeben werden könnte, wenn also eine rationale Diskussion hier doch möglich sein sollte.

Die Antwort ist recht banal. Da es keine wirckliche Definition von Willensfreiheit gibt, folgt ersmal gar nichts aus irgendwas, außer vllt, dass alles, was gemäß der Ansicht diverser Vertreter der Willensfreiheit aus der Existenz der Willensfreiheit angeblich folgern soll (Verantwortung et.c) im höchsten Maße fragwürdig ist.

Daraus, dass Menschen ihre Handlungen abwägen und überdenken und danach ausrichten können und diese Handlungen nicht außerhalb ihres Einflusses stehen, folgt, dass man sie für solche Handlungen als Urheber und als verantwortlich ansehen kann und sie daher für diese Handlungen loben oder tadeln kann. Wenn jedoch diese Handlungen von Umständen außerhalb ihres Einflussbereiches einfach so geschehen sind, dann kann man das nicht. Wäre dem so, dann hätte das in der Tat diverse Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

Nur: ist dem tatsächlich so? Wieso kann man kein Argument dafür bringen, dass dem so sein soll?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Niemand verlangt von Vertetern der Sorte "Verantwortungsvoll weil Willensfrei" das sie überhaupt irgendetwas widerlegen. Das einzige was zumindest ich von ihen fordere ist, dass sie mir eine einigermaßen stringenten Zusammenhang zwischen ihrer Definition von Willensfreiheit und dem Schrei nach Verantwortung aufzeigen können. Wenn sie das nicht schaffen, ist ihre "Theorie" ohnehin eine Totgeburt und verdient keinerlei weitere Beachtung.

Ah, verstehe. Das gilt aber wohl gleichermaßen für Deine Theorie, wie auch immer die aussehen mag, oder etwa nicht?

Deine Theorie ist mir auch vollkommen gleichgültig. Du kannst die gerne für Dich behalten. Das interessiert mich nicht die Bohne.

Solange Du da keine Folgerungen raus ziehst.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 29.04.2008, 21:48, insgesamt einmal bearbeitet

#677:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:48
    —
Fakt ist, dass das deutsche Strafrecht von einer Kompatibilität ausgeht und dieses Verständnis Eingang in das StGB fand.

#678:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:54
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
aber Strafe/Sanktion hat immer vergeltende Wirkung, egal wie ihr Zweck oder Anlass ausgelegt wird.

Strafe ja, Sanktion nein. So kann eine Sanktion darin bestehen, jemandem vorerst weniger Verantwortung (Pflichten, Rechte) zu übertragen, weil man die Gesellschaft schützen will. Oder ihn zu einer Therapie zu verpflichten. Vielleicht kann er das sogar einsehen.

Aber eine lange Haftstrafe als Vergeltung für ein Verbrechen wäre ausgeschlossen, außer im Fall einer Sicherheitsverwahrung, wenn es keine besseren Techniken gibt.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Wer sagt denn überhaupt, dass der Vergeltungsgedanke mit dem Präventionsgedanken nicht kompatibel ist?

Ja, wenn man zeigen könnte, daß Vergeltung den gemeinsam vereinbarten Zielen nutzt.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Ich denke schon, dass jedes Verantwortungskonstrukt automatisch Vergeltung legitimiert, wie genau und warum sei dahingestellt.

Denke ich eher nicht.

Übrigens gibt es im neuen "Spektrum" einen Hinweis auf den spieltheoretischen Stellenwert der Vergeltung bzw. Rache:

SdW 2008/5 hat folgendes geschrieben:
... Immerhin sollte man meinen, dass es einer Gruppe insgesamt Vorteile bringt, wenn einzelne Mitglieder das Bestrafen von Egoisten auf sich nehmen. Doch wie ein Team von Evolutionsbiologen und Spieltheoretikern um die schwedische Wirtschaftswissenschaftlerin Anna Dreber jetzt herausfand, ist dem nicht so (Nature, Bd. 452, S. 348). In einem Experiment traten gut hundert Teilnehmer per Computer paarweise gegeneinander an, wobei sie die Wahl hatten zwischen drei Verhaltensweisen: Kooperieren, Nichtkooperieren und kostspielige Bestrafung. Im Kontrollspiel gab es hingegen nur die üblichen zwei Optionen des Gefangenendilemmas, ohne zusätzliche Sanktionsmöglichkeit. Wie erwartet, stieg im ersten Fall die Kooperation – aber um einen hohen Preis.

Die Gesamtbilanz beim Spiel mit Strafen ist nämlich nicht besser als bei der straflosen Variante, weil die Kosten der häufigen Sanktionen sehr negativ zu Buche schlagen. Das heißt, die ganze Gruppe gewinnt nichts dadurch, dass ihre Egoisten weniger werden; denn die vielen Strafaktionen kommen sie teuer zu stehen. Während Sanktionen also der Gemeinschaft insgesamt praktisch nichts bringen, ist die Bilanz für den einzelnen Rächer sogar verheerend. Er zahlt den Preis seiner kostspieligen Vergeltung und hat für sich keinen Vorteil. Am besten fahren Teilnehmer, die nie strafen; denn sie profitieren davon, dass durch die Sanktionen anderer die Kooperation in der Gruppe steigt.


http://www.wissenschaft-online.de/artikel/950683 (pdf, gegen Ende)

#679:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 21:59
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Also nochmal, ganz langsam: es gibt keine "unbedingte Willensfreiheit". Das ist von meiner Seite unbestritten. Was aber folgt nun daraus ...?

Daraus folgt gar nichts. Aber anbei nochmal die Übersicht des Schlußverfahrens.

1. Physikalischer Teil

Aus der Schrödingergleichung und den thermodynamischen Verhältnissen im Gehirn (die beide empirisch gut bestätigt sind) folgt, daß das Gehirn als Ganzes, also einschließlich der Bewußtseinsvorgänge, komplett unitär zeitentwickelt und außerdem hinreichend dekohärent verhält.

Daraus folgt, daß es keine "echten Möglichkeiten" gibt, daß also alle im raumzeitlichen Umfeld vorstellbaren Varianten bis auf genau eine unphysikalisch sind. Das gilt offenbar für Präferenzen und Abwägungen genauso wie für Handlungen.

Daraus folgt, daß es keine Freiheit im Sinne einer den determinierten Ablauf beeinflussenden Auswahl gibt.

Nö, das folgt keineswegs daraus. Natürlich haben meine Überlungen Einfluss auf den determinierten Ablauf, völlig wurscht, ob die selber determiniert sind oder nicht. Ich habe die Fähigkeit dazu, moralische Überlegungen anzustellen und mich auch danach zu richten. Das genau reicht für meine Begriffe der Verantwortlichkeit, Lob, Tadel und Schuld. Wenn ich diese Fähigkeit nicht hätte, dann hättest Du sie auch nicht.

Meine Frage ist nun, warum das nicht reichen sollte? Was ist der Grund dafür, welches Argument gibt es dafür?

step hat folgendes geschrieben:
Ein Konzept der Verantwortung oder gar Verantwortlichkeit kann man natürlich dennoch aufstellen, zum Beispiel als Übereinkunft über Folgen von Fehlverhalten im Sinne eines gemeinsamen Ziels.

Nein, das eben könnte man meiner Meinung nach nicht, wenn man annehmen würde, dass Menschen ihre Handlungen prinzipiell nicht steuern könnten. Niemand darf mMn für etwas verantwortlich gemacht werden, was völlig außerhalb seines Einflussbereiches las. Egal, wie nützlich das auch immer für die Gesellschaft wäre.

step hat folgendes geschrieben:
@AP: Bei welchem Schritt genau hakt es bei Dir und wo siehst Du den Fehlschluss?

s.o.

Mir ist nicht klar, wieso überhaupt jemand etwas soll machen können, was er nicht machen will.

#680:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:01
    —
step

Jupp, den Artikel kenne ich! Ich habe die Zeitschrift auch abonniert. Das halte ich aber, mit Verlaub, für Wunschdenken. Wenn es keinen spieltheoretischen Mehrwert (soziale Kontrollmechanismen) ergäbe, wäre es als Verhaltensmuster evolutionär nicht entstanden. D.h. der Autor geht von falschen Voraussetzungen aus.

Zitat:

Sanktion nein. So kann eine Sanktion darin bestehen, jemandem vorerst weniger Verantwortung (Pflichten, Rechte) zu übertragen, weil man die Gesellschaft schützen will. Oder ihn zu einer Therapie zu verpflichten. Vielleicht kann er das sogar einsehen.


Also, ich kann ehrlich gesagt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Wegsperren aufgr. des Gesellschaftsschutzes oder Wegsperren aus sonst einem Grund feststellen. Lediglich das Strafmaß, also die Intensität des "Schmerzes" den ein Normverstoß zur Folge hat, macht dabei mE ein Unterscheidungsmerkmal aus, aber es handelt sich dennoch um eine Art von Zurechtweisung, zwangsweise Belehrung, etc, also handelt es sich im zumindest abstrakten Sinne um Bestrafung. Das das zu psychologisch sinnvolleren Konzepten führt, stelle ich dabei aber nicht in Frage.

#681:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:11
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sanktion nein. So kann eine Sanktion darin bestehen, jemandem vorerst weniger Verantwortung (Pflichten, Rechte) zu übertragen, weil man die Gesellschaft schützen will. Oder ihn zu einer Therapie zu verpflichten. Vielleicht kann er das sogar einsehen.

Also, ich kann ehrlich gesagt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Wegsperren aufgr. des Gesellschaftsschutzes oder Wegsperren aus sonst einem Grund feststellen.

Hi. Smilie

Doch, es gibt hier durchaus einen prizipiellen Unterschied: das eine (Strafe) ist direkt abhängig von der Schwere der Tat und nach oben begrenzt, das andere (Sicherheitsverwahrung) hat mit der Tat nichts zu tun, sondern hängt nur von der (vermuteten) Gefährlichkeit des Täters ab. Sie ist durch den Täter nicht zu beeinflussen und nicht vorhersehbar. Unabwendbares Schicksal eben.

#682:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:13
    —
@ AP:

Zitat:
Nein, natürlich nicht, Ihr seid ganz toll, was ganz Besonderes.


Wenn du dich besser fühlst, "uns" irgendwas blödsinniges zu unterstellen, bitteschön.

Zitat:
Das habe ich getan...


Echt? Könntest du besagte Stelle zitieren? Ich finde sie grad nicht.

Zitat:
Wo ist nun Dein Argument für Deine Sichtweise? Hast Du nun eines oder nicht?


Meine Sichtweise findest du hier:

Zitat:

Bei der Diskussion um die "Willensfreheit" entstehen die meisten Probleme dadurch, dass "Eigener Wille" häufig mit "Freier Wille" gleichgesetzt wird. Das ist mE gar nicht schlimm, solange man es nicht mit einem FW zu tun hat, wie ihn sich Moralisten vorstellen. Diese Art der FW dient nur dem Zweck das Schuldkonzept aufrecht zuerhalten, d.h. um denjenigen die einer beliebeigen "absoluten moral. Wahrheit" nicht folgen wollen ein schlechtes Gewissen machen zu können. Irrtümlicherweise wird hier vorausgesetzt, dass der Mensch ein grundlegendes Vernunftswesen ist, dessen entscheidungen "durch und durch" vernünftig sind und nicht durch Bedrüfnisse u.ä. bedingt sind. Die Vernunft ist allerdings nur ein Werkzeug, es ist z.b. nur deshalb "vernünftig" zu essen weil man nicht sterben will. Da also jeder Entscheidung die "vernünftig" ist immer ein Wille vorauslaufen muss, der an sich jedoch nicht vernünftig ist (sondern im Gegenteil erst definiert was überhaupt vernünftig ist), ist ein FW wie ihn sich die Kirche und Konsorten vorstellen schlicht nicht exisitent. Jede andere Definition von FW allerdings, taugt mE nicht als Stüzte für einen beliebigen Moralismus.

Übrigens: Einen solchen "moralistischen" FW zu widerlegen ist unmöglich, da eine einigermaßen stringent logische Definition desselben nicht exisitiert.


Zitat:
Daraus, dass Menschen ihre Handlungen abwägen und überdenken und danach ausrichten können und diese Handlungen nicht außerhalb ihres Einflusses stehen, folgt, dass man sie für solche Handlungen als Urheber und als verantwortlich ansehen kann und sie daher für diese Handlungen loben oder tadeln kann.


Du kannst selbstverständlich alles, was im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten steht (z.b. jemanden erschießen weil er niest). Die Frage ist nur, was hinter deinem "Lob" und deinem "Tadel" steckt. Möchtest du den Menschen motivieren? (oder andersrum?) Oder steckt am Ende nur ein stumpfer Moralismus dahinter? Der Punkt ist nämlich der, dass, wenn alles was der Mensch tut bedingt ist, es schwer wird, überhaupt so etwas wie ein moralisches Schwarz-Weiss Bild aufrechtzuerhalten, welches z.b. für "moralische" Schuld notwendig ist. Die Schuld eines Kinderschänders, der etwas gemäß seinem Willen getan hat, hat einen qualitativen Unterschied zu der Schuld eines Kinderschänders, der gemäß seinem Willen gehandelt hat, aber diesen Willendurch eine - "echte Wahl" was auch immer das genau sein mag, erworben hat (es stellt sich hier auch die Frage, was denn dann eine "unechte" Wahl ist...aber setze ich voraus, das ein Mensch, wie auch immer einen Willen aus dem nichts erschaffen kann, dann wäre ein Verbrecher in meinen Augen graduell verachtenswerter).

Zitat:
Wäre dem so, dann hätte das in der Tat diverse Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.


Wieso? Könntest du einen Kinderschänder denn mehr verachten, weil du weisst, das sein eigener, bewusster Wille determiniert entstanden ist, als wenn du annehmen würdest, er wäre z.b. eine bewusstseinslose Maschine?

Zitat:
Ah, verstehe. Das gilt aber wohl gleichermaßen für Deine Theorie, wie auch immer die aussehen mag, oder etwa nicht?


Nicht wenn meine Theorie auf der simplen Festellung beruht, dass eine andere Theorie ungenügend begründet ist und ich alle Folgerungen dieser Theorie einfach mal anzweifle (so frei bin ich dann...). Meine Ansicht zum Thema (jetzt nicht speziell zu diesen Strang, aber zum Willesnfreheitsdiskurs im allgemeinen) findest du sehr schön kpomprimiert in meinem obigen Zitat.

#683:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:34
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sanktion nein. So kann eine Sanktion darin bestehen, jemandem vorerst weniger Verantwortung (Pflichten, Rechte) zu übertragen, weil man die Gesellschaft schützen will. Oder ihn zu einer Therapie zu verpflichten. Vielleicht kann er das sogar einsehen.

Also, ich kann ehrlich gesagt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Wegsperren aufgr. des Gesellschaftsschutzes oder Wegsperren aus sonst einem Grund feststellen.

Doch, es gibt hier durchaus einen prizipiellen Unterschied: das eine (Strafe) ist direkt abhängig von der Schwere der Tat und nach oben begrenzt, das andere (Sicherheitsverwahrung) hat mit der Tat nichts zu tun, sondern hängt nur von der (vermuteten) Gefährlichkeit des Täters ab.

Genau.

#684:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:35
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Meine Sichtweise findest du hier:
Zitat:
Bei der Diskussion um die "Willensfreheit" entstehen die meisten Probleme dadurch, dass "Eigener Wille" häufig mit "Freier Wille" gleichgesetzt wird. Das ist mE gar nicht schlimm, solange man es nicht mit einem FW zu tun hat, wie ihn sich Moralisten vorstellen. Diese Art der FW dient nur dem Zweck das Schuldkonzept aufrecht zuerhalten, d.h. um denjenigen die einer beliebeigen "absoluten moral. Wahrheit" nicht folgen wollen ein schlechtes Gewissen machen zu können. Irrtümlicherweise wird hier vorausgesetzt, dass der Mensch ein grundlegendes Vernunftswesen ist, dessen entscheidungen "durch und durch" vernünftig sind und nicht durch Bedrüfnisse u.ä. bedingt sind. Die Vernunft ist allerdings nur ein Werkzeug, es ist z.b. nur deshalb "vernünftig" zu essen weil man nicht sterben will. Da also jeder Entscheidung die "vernünftig" ist immer ein Wille vorauslaufen muss, der an sich jedoch nicht vernünftig ist (sondern im Gegenteil erst definiert was überhaupt vernünftig ist), ist ein FW wie ihn sich die Kirche und Konsorten vorstellen schlicht nicht exisitent. Jede andere Definition von FW allerdings, taugt mE nicht als Stüzte für einen beliebigen Moralismus.

Übrigens: Einen solchen "moralistischen" FW zu widerlegen ist unmöglich, da eine einigermaßen stringent logische Definition desselben nicht exisitiert.

Der Unterschied in beiden Sichtweisen hier im Thread scheint mir folgender zu sein:

1. Meine Sichtweise: ich halte Menschen (in Grenzen) für frei und eigenverantwortlich und daher meine ich, dass ihnen deswegen bestimmte Grundrechte von Vorneherein zugestanden werden sollten, die von der Gesellschaft immer und bedingungslos respektiert werden müssen. Ich halte sehr viel von Bürger- und Persönlichkeitsrechten und ich meine, dass die Gesellschaft eine verdammt gute Legitimation benötigt, um diese Rechte einschränken zu dürfen und ich meine weiterhin, dass die Erfahrungen der Geschichte gezeigt haben, dass, wenn diese Rechte auf dem Altar einer behaupteten Nützlichkeit geopfert werden dürfen, das unweigerlich in einen totalitären Staat führt. Die andere, notwendige Seite der Medaille ist jedoch, dass man auch den Anspruch an Menschen stellen kann, sich gemäß der moralischen/ethischen Normen zu verhalten und dass man ihnen, wenn sie das nicht tun, das vorwerfen kann. Man sie also als schuldhaft für unethisches Verhalten betrachten kann und sie aufgrund dieser Schuld für ihr Fehlverhalten sanktionieren kann.

2. Die andere Sichtweise: Menschen sind grundsätzlich nicht verantwortlich für ihre Handlungen, weil diese mir immer noch unbegreiflicherweise durch vergangene Umstände vollständig deteminiert sind. Und weil sie nicht verantwortlich sind, sind die heutigen Rechte verzichtbar. Und man behauptet, die Gesellschaft habe automatisch die Legitimation dazu, sich gegen gefährliche Elemente zu schützen. Und wenn man es als irgendwie als nützlich ansieht, dann ergreift man eben "Maßnahmen". Die Nützlichkeit ist Legitimation genug, hier Maßnahmen zu ergreifen, die vom einzelnen Menschen nicht vorhersehbar und ihm willkürlich erscheinen müssen. Es geht ja um den Schutz der Gesellschaft, da darf der Einzelne keine Rolle mehr spielen. Hat halt Pech gehabt, der Arme. Es geschieht dann etwas mit ihm, was er nicht will, egal, ob er etwas getan hat oder nicht. "Gefährlichkeit", das ist das Kriterium. Alles passiert dann willkürlich, nach vom Einzelnen nicht nachprüfbaren Kriterien. Ist dann halt so, ist ja zum Besten Aller.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Daraus, dass Menschen ihre Handlungen abwägen und überdenken und danach ausrichten können und diese Handlungen nicht außerhalb ihres Einflusses stehen, folgt, dass man sie für solche Handlungen als Urheber und als verantwortlich ansehen kann und sie daher für diese Handlungen loben oder tadeln kann.

Du kannst selbstverständlich alles, was im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten steht (z.b. jemanden erschießen weil er niest). Die Frage ist nur, was hinter deinem "Lob" und deinem "Tadel" steckt. Möchtest du den Menschen motivieren? (oder andersrum?) Oder steckt am Ende nur ein stumpfer Moralismus dahinter?

Ich tue das deswegen, weil ich meine, derjenige hat Lob oder Tadel verdient, da seine Handlung von ihm verursacht wurde und ich sie ihm zurechne. Ich tue das aber nicht, um ihn zu manipulieren. Ist das nun stumpfer Moralismus?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Wieso? Könntest du einen Kinderschänder denn mehr verachten, weil du weisst, das sein eigener, bewusster Wille determiniert entstanden ist, als wenn du annehmen würdest, er wäre z.b. eine bewusstseinslose Maschine?

Ja, natürlich.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 29.04.2008, 22:43, insgesamt einmal bearbeitet

#685:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:39
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Jupp, den Artikel kenne ich! Ich habe die Zeitschrift auch abonniert. Das halte ich aber, mit Verlaub, für Wunschdenken. Wenn es keinen spieltheoretischen Mehrwert (soziale Kontrollmechanismen) ergäbe, wäre es als Verhaltensmuster evolutionär nicht entstanden. D.h. der Autor geht von falschen Voraussetzungen aus.

Er schreibt doch extra, daß zu klären ist, wieso so etwas evolutionär dennoch entstanden ist.

#686:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:45
    —
Das liegt offensichtlich daran, dass er seinen Bewertungsrahmen nicht weit genug fasst. ZB kann ein Racheakt ein einer 'gesetzlosen' Gesellschaft zu 'Beseitzaneignung' in irgend einem Sinne führen und sich daher für den jeweiligen Aktuer positiv auswirken, erscheint mir jedenfalls offensichtlich. Das er sich am Rande dieser Frage stellt, korrigiert doch den faktisch vorliegenden Denkfehler nicht. Racheakte lohnen sich eben nur bei einem hinreichenden Ausmaß eines Gewaltmonopols nicht mehr unbedingt. Das ist aber eine ziemlich tiefgreifende Voraussetzung und diese ist in zB internationalen Zusammenhängen, wenn man es auf die Gegenwart des Menschen bezieht, sehr schnell unbrauchbar.

Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 29.04.2008, 22:47, insgesamt 2-mal bearbeitet

#687: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:45
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Wahl bezieht sich auf die Mittel.

Das Ziel ist zum großen Teil äußerlich vorgegeben und hat mit den Individuen nur mittelbar zu tun. nenne es "Sachzwänge" oder "Aufgabenstellung".

Das macht doch keinen Unterschied, welchen Zeitpunkt man nimmt.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt gibt es eine Reihe von Argumenten und Gründen für einen bestimmten Weg zu einem bestimmten Ziel. Das ist immer so, egal, wann der Zeitpunkt ist, usw.

Und ob nun eine Entscheidung geändert wurde oder nicht, spielt auch keine Rolle.

Eine Rolle spielt aber schon, was passiert, wenn mehrere Wege nach Rom führen und alle gleich gut sind.


Ich überlege schon länger, worauf du eigentlich hinaus willst.

Wieso kommst du immer mit den "zwei Wegen", die "äquivalent" sind? Ich finde das äußerst abstrakt und lebens-/realitätsfremd.


Das ist abstrakt, völlig korrekt. Aber diese Abstraktheit ist Absicht.

Eigentlich arbeite ich ungern mit Beispielen, sondern mag es, induktiv vorzugehen.

Aber trotzdem zu dem gebrachten Beispiel:

Heiner hat folgendes geschrieben:
Sind Atomenergie- und Solarenergie-Nutzung "äquivalent", weil beide dasselbe Ziel haben (Energieversorgung)? Und weil sie äquivalent sind, existieren sie als objektive Möglichkeiten? Und weil es diese objektiven Möglichkeiten gibt, gibt es auch den freien Willen, weil ich mich nun zwischem Äquivalentem entscheiden muss? Ich kann dir leider nicht folgen.


Das, was ich meine ist, dass man die Frage der Handlungsfreiheit vielleicht gar nicht zuerst von der Seite des Subjekts angehen sollte, sondern von der Seite objektiver Möglichkeiten a, b, c, ..., n, aus denen jeweils bestimmte Ergebnisse X, Y, Z folgen. Dabei kann man so etwas wie Ziele und Präferenzen zunächst mal aussen vor lassen.

In dem obigen Beispiel geht es darum, dass z.B. ein Staat bzw. eine Gruppe von Subjekten vor der Tatsache (!) steht, dass man die Energieversorgung entweder mit Atomenergie oder mit Solarenergie (oder mit einem Mix aus beidem) sicherstellen kann.

Man stelle sich vor, diese Möglichkeiten seien insofern äquivalent (gleichwertig) als dass sie beide mit ähnlichem Aufwand umzusetzen wären. Dies ist natürlich in der Realität bei diesem Beispiel nicht der Fall.

Es ist aber bei anderen Beispielen gegeben, etwa bei der Entscheidung für eine ausgewogene Ernährung. Ich kann z.B. den Tagesbedarf an Eiweiß, Kohlehydraten, Vitaminen und Flüssigkeiten durch ganz unterschiedliche Nahrungsmittel decken. Ich muss kein Fleisch essen, um Proteine zu mir zu nehmen. Es kann auch Soja sein.

Die Rolle bedingt frei entscheidender Subjekte kommt dann ins Spiel, wenn diese erkenntnisfähig in Bezug auf diese äquivalenten Wahlmöglichkeiten sind.

Ohne diese Erkenntnis der objektiven Äquivalenzen in Bezug auf die Mittel a, b, c, ..., n bezüglich eines Zieles X gibt es keine systematische Wahlfreiheit, bestenfalls eine zufällige Wahlalternative.

Das ist der Zusammenhang zwischen Erkenntnis und Freiheit der (möglichst optimalen) Wahl (in bezug auf ein Ziel).

Dies findet übrigens keine Analogie beim Schachcomputer o.ä., weil dieser kein selbst organisierendes und sich weiter entwickelndes Etwas ist.

Der Evolutionsprozess unserer Erkenntnis findet aber seine Analogie im Evolutionsprozess des Lebens und in dessen (Weiter-)Entwicklung.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Ich finde den mathematischen Begriff "äquivalent" hier deplatziert. Die Nutzung von Atomenergie und Solarenergie sind nicht "äquivalent". Es sind ganz unterschiedliche Formen der Energieversorgung.


Deswegen ja auch nicht gleich, sondern nur gleichwertig.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Mir fällt auch keine lebenspraktisch relevante Situation ein, wo ich zwischen "äquivalenten" Wegen entscheiden müsste und mir dann auch noch dessen bewusst bin... Mit den Augen rollen


Manchmal ist eine bestimmte Musik genau so entspannend wie ein Waldlauf. Beides wären dann äquivalente Wege zum gleichen Ziel der Entspannung.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber: Entweder zwei Möglichkeiten a und b sind objektiv gegeben, dann sind sie auch jeweils durchführbar bzw. es gibt keinen Grund, weshalb nicht oder aber sie sind nicht objektiv gegeben, dann sind sie auch nicht beide durchführbar, sondern es handelte sich nur um herbei fantasierte Möglichkeiten. Das Wort "Erkennntis" hätte dann keinen Sinn.


Das, was du hier schreibst, passt besser in eine Diskussion um Erkenntnistheorie als um Willensfreiheit... Ich kann dir darin nicht folgen, dass, wenn man keinen freien Willen hat, man auch nicht "erkennen" kann... Vielleicht kannst du den Zusammenhang zwischen Erkennen und Wollen noch einmal genauer explizieren... Mit den Augen rollen


Das stimmt. Es berührt die Erkenntnistheorie, wobei Erkenntnis auch aus der sinnlichen Erfahrung und nicht bloß aud dem Denken stammt.

Freiheit ohne Erkenntnis realer Chancen ist aber nicht möglich.

Skeptiker

P.S.: Ich bin der Meinung, dass man hier mit einem allzu engen Begriffsarsenal nicht weit kommt. Es geht um mehr als bloß um einzelne Entscheidungen und Handlungen. Diese haben immer eine Bedeutung im Kontext von Gesamtstrategien im Sinne von Optimierung und Weiterentwicklung ...-

#688:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:53
    —
@AgentProvocateur: Du gehst leider völlig an meiner Argumentation vorbei und ignorierst die Problematik, um die es mir geht. Ich bin deswegen ziemlich angefressen und habe kaum noch Bock, mich schon wieder zu wiederholen, ich will aber noch einen Versuch wagen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir sind uns einig, dass es keinen "unbedingten, absoluten freien Willen" geben kann und dass die Welt naturgesetzlich abläuft. Wir sind uns aber nicht einig, dass dadurch Verantwortung, Lob, Tadel, Schuld ganz anders gesehen werden müssten.

Die meisten Menschen glauben nicht nur an einen "echten", anti-kausalen FW, sondern haben auch ein ontologisches, überpositives, naturrechtliches Verständnis von Verantwortung und Schuld, welche sich aus der Existenz des "echten" FW automatisch ergibt. In dieser Sichtweise sind Verantwortung, Schuld und Werte im allgemeinen nicht etwas von Menschen gesetztes, sondern sind dem Menschen vorgegeben, ähnlich wie Naturgesetze. Wenn ich sage, dass die traditionelle Sichtweise von "echter" Verantwortung und "echter" Schuld widerlegt ist, dann beziehe ich mich auf diese Auffassung.

Übrigens bin ich mittlerweile der Meinung, dass man völlig unabhängig von einer Widerlegung des "echten" FW diese Auffassung als abergläubigen Unsinn abtun kann. Allerdings ist diese Auffassung schwierig argumentativ anzugreifen, weil es den meisten Menschen schwer fällt, ihre moralischen Intuitionen kritisch-distanziert zu betrachten. Es scheint dagegen leichter zu sein, diese Auffassungen über die Widerlegung des "echten" FW anzugreifen. Für meinen Teil möchte ich das aber nicht so verstanden wissen, dass ich die Prämisse, "echte" Schuld/Verantwortung würde sich aus "echtem" FW ergeben, damit implizit akzeptieren würde.

Im ersten Schritt geht es mir also um Aufklärung darüber, dass Verantwortung/Schuld menschliche Setzungen sind. Im zweiten Schritt geht es mir um die Begründungen dieser Setzungen. Als Legitimation einer Strafe kann also nicht mehr die Schuld herangezogen werden, denn diese ist ja nur eine Setzung, die auch begründungsbedürftig ist.

Darum akzeptiere ich auch Dein Argument nicht, die "Interessen der Gesellschaft" würden nicht als Legitimation für eine Maßnahme oder Strafe ausreichen, denn aus meiner Sicht hast auch Du nichts besseres in der Hand als irgendwelche nicht näher spezifizierten Interessen, im Zweifelsfalle Deine ganz persönlichen, um Deine Setzungen zu begründen! Das einzige, was mich überzeugen könnte, wäre, wenn Du andere/zusätzliche Interessen angibst, die für Deine Setzungen und gegen mein Modell sprechen. (Ich kann mir da übrigens durchaus welche vorstellen, es ist ja nicht so, dass sich aus Deiner Argumentation nicht hin und wieder solche implizit herauslesen lassen.) Wenn ich Deine Konzepte von Schuld oder Verantwortung ablehne, dann nicht, weil ich sie für inkompatibel mit den Naturgesetzen oder so halte, sondern nur, weil mich Deine Begründungen nicht überzeugen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso also? Ist es wirklich so eine Ketzerei von mir, hier ein nachvollziehbares Argument außerhalb des "ist einfach evident und intuitiv" zu fordern?

Wo habe ich mich auf die Intuition bezogen? Im Gegenteil kritisiere ich an Deiner Argumentation, dass diese sprachlich darauf ausgerichtet ist, an die Intuition derer zu appellieren, die an eine "echte" Verantwortung glauben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Argument könnte es sein, zu behaupten, verantwortlich/lobenswert/schuldig könne überhaupt nur derjenige sein [...]

Hier ein Beispiel dafür. Du verwendest eine Sprache, die ein ontologisches Verständnis von Verantwortung impliziert. Verantwortlich kann man nicht "sein", Verantwortung wird von Menschen konstruiert und zugewiesen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein anderes Argument könnte es sein, wenn man behauptete, Menschen könnten gar nichts entscheiden und somit gar nicht handeln, alle Handlungen seien sozusagen von der Vergangenheit ferngesteuert.

Da ist wieder Deine Dichotomie. Wobei ich wohl mal genauer erklären muss, was ich damit meine, weil ich den Eindruck habe, dass Du mich die letzten Male falsch verstanden hast.

Du konstruierst einen Gegensatz zwischen "ferngesteuert" und "selbstbestimmt". Ich unterstelle Dir nicht, dass Du behaupteten würdest, menschliche Handlungen seien entweder alle "ferngesteuert" oder alle "selbstbestimmt". Ich gehe vielmehr davon aus, dass Du sagen willst, es gäbe ein Kontinuum zwischen "ferngesteuert" und "selbstbestimmt", und man könne Handlungen irgendwo auf der Skala dazwischen anordnen, je nach Einzelfall weiter hier oder weiter da. Trotzdem bleiben die beiden Begriffe für Dich ein Gegensatzpaar, eine Entscheidung kann nicht gleichzeitig "ferngesteuert" und "selbstbestimmt" sind.

Und genau das meine ich, wenn ich sage, dass Du eine Dichotomie aufbaust, denn aus meiner Sicht sind "selbstbestimmt" und "aus der Vergangenheit ferngesteuert werden" keine gegensätzlichen Kategorien, wie ich schon sagte ist der Streit um diese Gegensätze für mich vergleichbar mit dem Streit, ob ein Glas "halbvoll" oder "halbleer" ist.

Es gibt zwar aus meiner Sicht selbstbestimmte Handlungen in dem Sinne, dass ein Mensch in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen entscheidet und sich dabei frei fühlt, oder fremdbestimmte Handlungen in dem Sinne, dass er nicht in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen entscheidet und sich gezwungen fühlt. Aber: "ferngesteuert", d.h. vollständig determiniert durch Ereignisse in der Vergangenheit, ist er immer.

Wenn diese Kategorien für Dich unvereinbar sind, bitteschön, für mich sind sie es nicht. Aber unterstelle mir bitte nicht, ich müsste mich entscheiden, oder ich hätte mich für eins davon entschieden, oder ich benötigte diese Entscheidung für meine Setzungen oder so. Wenn Du das meinen solltest, dann hast Du meinen Standpunkt nicht verstanden.

Den Rest Deines Beitrags übergehe ich mal besser, denn er demonstriert noch deutlicher, dass Du mich nicht verstanden hast.

#689:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 22:56
    —
Zitat:
1. Meine Sichtweise: ich halte Menschen (in Grenzen) für frei und eigenverantwortlich und daher meine ich, dass ihnen deswegen bestimmte Grundrechte von Vorneherein zugestanden werden sollten, die von der Gesellschaft immer und bedingungslos respektiert werden müssen


Auch wenn das jetzt nichts direkt mit dem Thema zu tun hat: Ich sehe keinen logischen Grund einem wie auch immer "freien" Wesen irgendwelche Rechte zuzugestehen.

Zitat:
Ich halte sehr viel von Bürger- und Persönlichkeitsrechten und ich meine, dass die Gesellschaft eine verdammt gute Legitimation benötigt, um diese Rechte einschränken zu dürfen und ich meine weiterhin, dass die Erfahrungen der Geschichte gezeigt haben, dass, wenn diese Rechte auf dem Altar einer behaupteten Nützlichkeit geopfert werden dürfen, das unweigerlich in einen totalitären Staat führt.


Das sehe ich ähnlich. Wobei ich als Nihilist schlicht eine Abneigung gegen Tyrannei haben, dass ist alles. Ich habe auch kein anderes Argument dagegen, als das.

Zitat:
Die andere, notwendige Seite der Medaille ist jedoch, dass man auch den Anspruch an Menschen stellen kann, sich gemäß der moralischen/ethischen Normen zu verhalten und dass man ihnen, wenn sie das nicht tun, das vorwerfen kann.


Das ist ja nett. Du gestehst dem Menschen gütigerweise etwas zu, unter der Bedingung, dass sie etwas tun sollen, was sie so im Grunde nicht können, weil ihre Regelkonformität, in einem quasi deterministischen Universum mit zufälligen Einwürfen ev. schon vor ihrer Geburt festgelegt wurde (wenn ich dich recht verstehe, ist es ja das, was du glaubst)?

Zitat:
Man sie also als schuldhaft für unethisches Verhalten betrachten kann und sie aufgrund dieser Schuld für ihr Fehlverhalten sanktionieren kann.


Blöde nur, dass es keine universelle Ethik gibt.

Zitat:
2. Die andere Sichtweise


Ich finde es schön, dass du gütigerweise annimmst, dass es ganze zwei Sichtweisen gibt...wobei letzere natürlich auch impliziert, dass die heutigen Rechte "verzichtbar" seien und das irgendeine Gesellschaft dann natürlich (logischerweise!) irgendwelche Rechte zu Beschneidem der Rechte andere hat...Mal im Erst, so zweifältig denkst du nicht wircklich? Was ist wenn ich dir sage, dass meine Annahme, dass es sowas wie einen "FW" (in Bezug auf ein Verantwortungsprinzip) mich zu folgendem gebracht hat:
1. Das niemand an sich über Rechte verfügt.
2. Das keine Gesellschaft an sich irgendetwas darf/muss/soll.
3. Das es mich nicht interessiert wie andere konkret ihren Rechtstaat haben wollen, solange es nicht mit meiner Vorstellung in Konflikt gerät ( die ich vollkommen beliebig nach meinem Gutdünken entworfen ist und ich demensprehcnd auch gegen eine Tyrannei wie du sie beschreibst sein kann.)

Zitat:
Hat halt Pech gehabt, der Arme.


Das hat der Täter in deinem ach so humanen Weltbild auch.

Zitat:
Alles passiert dann willkürlich, nach vom Einzelnen nicht nachprüfbaren Kriterien.


Toll. Und eine Ethik die als Richtschnur dienen soll, ist natürlich nicht - letztenendes - willkürlich? Willkommen in der Realität. In einer Welt, in der verschiedene miteinader inkompatible Bedürfnisse aufeinanderprallen, gibt es keine ideale Lösung.

Zitat:
Ich tue das deswegen, weil ich meine, derjenige hat Lob oder Tadel verdient, da seine Handlung von ihm verursacht wurde und ich sie ihm zurechne. Ich tue das aber nicht, um ihn zu manipulieren. Ist das nun stumpfer Moralismus?


Selbstverständlich. Das der Kerl überhaupt etwas an sich "verdient" setzt ja überhaut soetwas wie ein objektives Richtig/Falsch voraus.

Zitat:
Ja, natürlich.


Wieso? Weil die eine Maschine so toll ist, dass sie ein phänomenales Bewusstsein hat?


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 29.04.2008, 23:07, insgesamt einmal bearbeitet

#690:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:03
    —
(Strukturierung von mir)
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(1) Daraus, dass Menschen ihre Handlungen abwägen und überdenken und danach ausrichten können und diese Handlungen nicht außerhalb ihres Einflusses stehen,

folgt,

(2) dass man sie für solche Handlungen als Urheber und als verantwortlich ansehen kann und sie daher für diese Handlungen loben oder tadeln kann.

Nein, das folgt nicht, zumindest nicht im Sinne einer logischen Schlussfolgerung. Das ist und bleibt eine Setzung, die unabhängig von (1) begründungsbedürftig ist. Die meisten Menschen bemerken diesen Trick allerdings nicht, weil ihnen dieser Zusammenhang irgendwie intuitiv-logisch erscheint. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Du intuitionistisch argumentierst und Deine Setzungen verschleierst.

#691: Determinismuslehre und Prävention im "Dritten Reich" Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:12
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Präventionsgedanke lässt sich übrigens mit der Annahme eines freien Willens gar nicht schlüssig vereinbaren, nebenbei bemerkt.


Zitat:
Aha. Wieso dieses?


Der Präventionsgedanke setzt voraus, dass ich Einfluss auf den Willen eines Menschen nehmen kann, indem ich Einfluss auf Faktoren nehme, die den Willen determinieren.

Bei der Kriminalitätsbekämpfung müssen sich Präventionsmaßnahmen auf die wissenschaftliche Erforschung der Faktoren stützen, die kriminelles Verhalten determinieren.
Gäbe es einen freien Willen, wäre Kriminalitätsforschung gar nicht denkbar. Kriminelle Handlungen würden sich dann - wie alle willentlichen Handlungen - jeder Gesetzmäßigkeit entziehen und wissenschaftliche Aussagen über sie - etwa, was Prognostizierbarkeit angeht - wären nicht möglich.
Nun sind aber wissenschaftliche Aussagen hier möglich.

FW-Vertretern müsste es bspw. ein Rätsel bleiben, warum in bestimmten Risikogruppen, die durch ganz bestimmte Faktoren gekennzeichnet sind, eine erhöhte Kriminalitätsneigung auftritt, also der Wille zu kriminellen Handlungen in erhöhtem Maße auftritt. Warum ist das so, wenn doch der Wille ach so frei ist? Und selbstverständlich müssten Vertreter des freien Willens, wären sie denn konsequent, auch auf Präventionsmaßnahmen verzichten, da sich die Beeinflussung des Willens nicht mit der Freiheit des Willens verträgt.

Vertreter des freien Willens sind halt inkonsequent. Dass der Mensch durch soziale, psychologische usw. Faktoren bestimmt wird, wird vielleicht zugestanden. Und sogleich versichert, dass der Wille aber trotzdem frei ist - "so ein bisschen frei" halt... Cool
Überzeugend ist das nicht. Es ist nicht zu Ende gedacht.


Ich möchte mal aus der Theorie des Präventionstheoretikers Helmut Nicolai zitieren:

Zitat:
Eine Willensfreiheit scheidet mithin aus, weil der Mensch die unendliche Kausalkette von Ursache und Wirkung nicht zu durchbrechen vermag. Auffassungen, welche ungeachtet dieses kausalen Determinismus von der Willensfreiheit ausgingen, beruhen auf einem "Wunder, das nicht erklärt werden kann" (Nicolai, Rechtslehre, 1933, S. 45). Damit wird die von Kant in Erwägung gezogene Möglichkeit, daß es jenseits der erfahrbaren Erscheinungswelt eine Freiheit gibt, die als Vermögen verstanden wird, eine Begebenheit von selbst anzufangen, abgelehnt.

Da die Ursache jeglicher Handlungen nach Auffassung Nicolais die unabänderlich gegebene "erbliche" Veranlagung sei (!), könne der Strafzweck nicht in der Besserung des Täters bestehen. Vielmehr gehe es um die Beseitigung einer "ungesunden Veranlagung" (!) zum Schutz des Volkes.

Bei Verbrechen, die aufgrund von "Ehrlosigkeit" des Täters begangen werden, sei das Ziel die "Ausmerzung ehrloser Verbrecher", bei weniger verwerflichen Delikten bestehe der Strafzweck in der "Abschreckung" (Nicolai, Rechtslehre, 1933, S. 47).


Quelle: Christian Hilger: Rechtsbegriffe im Dritten Reich, Seite 84

Klick


Hier also wird mit der Ablehnung der Willensfreiheit und der Beschwörung des Determinismus die "Präventions"- und KZ-Justiz des deutschen Faschismus gerechtfertigt. Verschwinden lassen zum "Schutz des Volkes". Dabei tritt noch der Biologismus an die Stelle eines Physikalismus ...-!

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 29.04.2008, 23:23, insgesamt 3-mal bearbeitet

#692:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:12
    —
@AP: Ich kann Deine Bedenken in bezug auf die Schwierigkeit eines Bewertungsmaßsstabs für utilitaristische Sanktionen durchaus nachvollziehen. Ich weigere mich allerdings, ein archaischeres, aus meiner Sicht widersprüchliches System zu akzeptieren, nur weil es Strafen straight-forward verhängt.

Überhaupt: Selbst wenn man annähme, daß die Person irgendwie "autonom" gehandelt hätte, wieso folgt daraus, daß man sie bestrafen darf? Wieso darf man aufgrund von Schuld quälen? Ist Deine Begründungssituation nicht mindestens so schlecht wie meine?

#693:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:20
    —
Zitat:
Hier also wird mit der Ablehnung der Willensfreiheit und der Beschwörung des Determinismus die "Präventions"- und KZ-Justiz des deutschen Faschismus gerechtfertigt. Verschwinden lassen zum "Schutz des Volkes" ...-!


Und unter der falschen Annahme, menschliches Verhalten sei rein genetisch bedingt. Aber was man nicht für seinen Zweck gebrauchen kann, das unterschlägt man besser...


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 29.04.2008, 23:26, insgesamt einmal bearbeitet

#694:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:22
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
...

Ein hervorragender Beitrag!

#695:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:34
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir sind uns einig, dass es keinen "unbedingten, absoluten freien Willen" geben kann und dass die Welt naturgesetzlich abläuft. Wir sind uns aber nicht einig, dass dadurch Verantwortung, Lob, Tadel, Schuld ganz anders gesehen werden müssten.

Die meisten Menschen glauben nicht nur an einen "echten", anti-kausalen FW, sondern haben auch ein ontologisches, überpositives, naturrechtliches Verständnis von Verantwortung und Schuld, welche sich aus der Existenz des "echten" FW automatisch ergibt. In dieser Sichtweise sind Verantwortung, Schuld und Werte im allgemeinen nicht etwas von Menschen gesetztes, sondern sind dem Menschen vorgegeben, ähnlich wie Naturgesetze. Wenn ich sage, dass die traditionelle Sichtweise von "echter" Verantwortung und "echter" Schuld widerlegt ist, dann beziehe ich mich auf diese Auffassung.

Ok. Ich glaube das aber nicht. Ich glaube vielmehr, dass die meisten Menschen sich gar keine expliziten Gedanken über diese Konzepte gemacht haben und sie eher intuitiv verstehen und zwar nicht viel anders als ich. Ich meine eher, dass das Konzept zum Beispiel von "Schuld", das in unserer Gesellschaft vorherrscht, auf dem das Strafrecht basiert, keineswegs ein ontologisches ist.

Was der Mann auf der Straße denkt, was der Durchschnitt denkt, das weiß ich natürlich nicht. Aber ich habe sehr viel mehr Zutrauen in ihn, als Du das wohl hast.

kolja hat folgendes geschrieben:
Im ersten Schritt geht es mir also um Aufklärung darüber, dass Verantwortung/Schuld menschliche Setzungen sind. Im zweiten Schritt geht es mir um die Begründungen dieser Setzungen. Als Legitimation einer Strafe kann also nicht mehr die Schuld herangezogen werden, denn diese ist ja nur eine Setzung, die auch begründungsbedürftig ist.

Ja, hier haben wir schon den ersten Widerspruch. Schuld ist für mich die begrenzende Komponente im Strafrecht und eine solche halte ich für unabdingbar.

kolja hat folgendes geschrieben:
Darum akzeptiere ich auch Dein Argument nicht, die "Interessen der Gesellschaft" würden nicht als Legitimation für eine Maßnahme oder Strafe ausreichen, denn aus meiner Sicht hast auch Du nichts besseres in der Hand als irgendwelche nicht näher spezifizierten Interessen, im Zweifelsfalle Deine ganz persönlichen, um Deine Setzungen zu begründen!

Natürlich.

Ich halte die Rechte des Einzelnen für sehr wichtig und die Rechte der Gesellschaft dem eher untergeordnet. Du hast natürlich recht, dass ich das nicht richtig begründen kann. Das ist hier einfach so meine Meinung, die eher intuitiv ist, aber die nichtsdestotrotz mir sehr, sehr, sehr wichtig ist. Das ist ein Dogma von mir, von dem ich sehr ungerne abrücken würde.

kolja hat folgendes geschrieben:
Wenn ich Deine Konzepte von Schuld oder Verantwortung ablehne, dann nicht, weil ich sie für inkompatibel mit den Naturgesetzen oder so halte, sondern nur, weil mich Deine Begründungen nicht überzeugen.

Ja, nun, hier in diesem Thread geht es aber eigentlich gar nicht um diese Konzepte, sondern es geht um Willensfreiheit. Du bestehst also die ganze Zeit auf einem anderen Thema.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso also? Ist es wirklich so eine Ketzerei von mir, hier ein nachvollziehbares Argument außerhalb des "ist einfach evident und intuitiv" zu fordern?

Wo habe ich mich auf die Intuition bezogen? Im Gegenteil kritisiere ich an Deiner Argumentation, dass diese sprachlich darauf ausgerichtet ist, an die Intuition derer zu appellieren, die an eine "echte" Verantwortung glauben.

Ja, das mag schon sein.

Nur, wie gesagt: hier geht es um den freien Willen, nicht um die Frage, ob Verantwortlichkeit ein gutes Konzept ist oder nicht. Und daher finde ich es eben ein wenig merkwürdig, dass Du permanent eine Begründung zu einem anderen Thema forderst, wenn ich nach einer Argumentation für den harten Inkompatibilismus frage.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Argument könnte es sein, zu behaupten, verantwortlich/lobenswert/schuldig könne überhaupt nur derjenige sein [...]

Hier ein Beispiel dafür. Du verwendest eine Sprache, die ein ontologisches Verständnis von Verantwortung impliziert. Verantwortlich kann man nicht "sein", Verantwortung wird von Menschen konstruiert und zugewiesen.

Ich halte meine Sprache für absolut üblich und angemessen. Wenn Dich das stört, dann ist das Dein Problem. Ich verwende meine Ausdrucksweise nicht deswegen, weil ich jemanden manipulieren will, sondern weil ich sie für üblich halte.

Und außerdem halte ich die Erkenntnis, dass alle Konzepte halt Konzepte sind und keine ontologischen Entitäten für eine ziemlich banale und nicht weiterführende. Ich glaube einfach nicht, dass die meisten Leute "Verantwortung" für etwas Ontologisches halten und daher sehe ich hier keine Verpflichtung zur Aufklärung daraufhin.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein anderes Argument könnte es sein, wenn man behauptete, Menschen könnten gar nichts entscheiden und somit gar nicht handeln, alle Handlungen seien sozusagen von der Vergangenheit ferngesteuert.

Da ist wieder Deine Dichotomie. Wobei ich wohl mal genauer erklären muss, was ich damit meine, weil ich den Eindruck habe, dass Du mich die letzten Male falsch verstanden hast.

Ja, allerdings. Du verwendest den Begriff "Dichotomie" mMn sehr ungewöhnlich.

kolja hat folgendes geschrieben:
Du konstruierst einen Gegensatz zwischen "ferngesteuert" und "selbstbestimmt". Ich unterstelle Dir nicht, dass Du behaupteten würdest, menschliche Handlungen seien entweder alle "ferngesteuert" oder alle "selbstbestimmt". Ich gehe vielmehr davon aus, dass Du sagen willst, es gäbe ein Kontinuum zwischen "ferngesteuert" und "selbstbestimmt", und man könne Handlungen irgendwo auf der Skala dazwischen anordnen, je nach Einzelfall weiter hier oder weiter da. Trotzdem bleiben die beiden Begriffe für Dich ein Gegensatzpaar, eine Entscheidung kann nicht gleichzeitig "ferngesteuert" und "selbstbestimmt" sind.

Ja, prima, dann hast Du doch verstanden, wie ich es meine.

kolja hat folgendes geschrieben:
Und genau das meine ich, wenn ich sage, dass Du eine Dichotomie aufbaust, denn aus meiner Sicht sind "selbstbestimmt" und "aus der Vergangenheit ferngesteuert werden" keine gegensätzlichen Kategorien, wie ich schon sagte ist der Streit um diese Gegensätze für mich vergleichbar mit dem Streit, ob ein Glas "halbvoll" oder "halbleer" ist.

Das ist vollkommener Unsinn. Wenn Du verstanden hast, wie ich es meine, dann ist es wirklich merkwürdig, hier plötzlich eine andere Bedeutung von "ferngesteuert" unterschieben zu wollen. Ich meine es so, wie ich es meine und was Du auch verstanden hast und ich meine es nicht so, wie Du es meinst.

kolja hat folgendes geschrieben:
Es gibt zwar aus meiner Sicht selbstbestimmte Handlungen in dem Sinne, dass ein Mensch in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen entscheidet und sich dabei frei fühlt, oder fremdbestimmte Handlungen in dem Sinne, dass er nicht in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen entscheidet und sich gezwungen fühlt. Aber: "ferngesteuert", d.h. vollständig determiniert durch Ereignisse in der Vergangenheit, ist er immer.

Ja, das ist dann eine andere Bedeutung des Wortes. Es ist wirklich unsinnig, sich um Worte zu streiten, welche Bedeutung nun richtig sei oder welche falsch. Solange Du verstehst, was ich meine, ist es völlig gleichgültig, was Du darunter verstehst. Das ist dann eben etwas anderes.

kolja hat folgendes geschrieben:
Wenn diese Kategorien für Dich unvereinbar sind, bitteschön, für mich sind sie es nicht. Aber unterstelle mir bitte nicht, ich müsste mich entscheiden, oder ich hätte mich für eins davon entschieden, oder ich benötigte diese Entscheidung für meine Setzungen oder so. Wenn Du das meinen solltest, dann hast Du meinen Standpunkt nicht verstanden.

Du betreibst Wortklauberei. Es macht keine Sinn, mir vorzuhalten, ich würde einen Gegensatz zwischen zwei Begriffen sehen, wenn Du gleichzeitig dem einen Begriff bewusst eine andere Bedeutung zuordnest, als ich das tue.

#696:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:53
    —
Es ist einfach nur lächerlich.

AP windet sich wie ein Aal und schwurbelt sich wieder an den entscheidenden Punkten vorbei.

AP hält das Schuldkonzept für unverzichtbar, schön, ich auch, trotzdem stimme ich kolja bezüglich des Themas Willensfreiheit zu. Es gibt also keinen Grund, anderen dämliche Strohmänner unterzuschieben und sie verbal in die Nähe des Faschismus zu rücken. Das hat nichts mit der Grundsatzfrage zu tun.

Es ist ein intellektuelles Problem, er kann es nicht besser, davon bin ich mittlerweile wirklich überzeugt.


Zuletzt bearbeitet von Mario Hahna am 29.04.2008, 23:54, insgesamt einmal bearbeitet

#697:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:54
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Die meisten Menschen glauben nicht nur an einen "echten", anti-kausalen FW, sondern haben auch ein ontologisches, überpositives, naturrechtliches Verständnis von Verantwortung und Schuld, welche sich aus der Existenz des "echten" FW automatisch ergibt. In dieser Sichtweise sind Verantwortung, Schuld und Werte im allgemeinen nicht etwas von Menschen gesetztes, sondern sind dem Menschen vorgegeben, ähnlich wie Naturgesetze. Wenn ich sage, dass die traditionelle Sichtweise von "echter" Verantwortung und "echter" Schuld widerlegt ist, dann beziehe ich mich auf diese Auffassung.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ok. Ich glaube das aber nicht.

Erstens ist das meines Wissens von der Soziologie erforscht und bestätigt worden. Zweitens enthält bereits dieser Thread genügend Anschauungsmaterial, um meine Behauptung zu stützen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich glaube vielmehr, dass die meisten Menschen sich gar keine expliziten Gedanken über diese Konzepte gemacht haben und sie eher intuitiv verstehen und zwar nicht viel anders als ich.

Damit bestätigst Du aber genauso meine Kritik. Ich kritisiere doch gerade, dass Du nur an diese Intuitionen appellierst und einem kritisch-distanzierten Reflektion der Konzepte aus dem Wege gehst!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was der Mann auf der Straße denkt, was der Durchschnitt denkt, das weiß ich natürlich nicht. Aber ich habe sehr viel mehr Zutrauen in ihn, als Du das wohl hast.

Kein Argument.

kolja hat folgendes geschrieben:
Im ersten Schritt geht es mir also um Aufklärung darüber, dass Verantwortung/Schuld menschliche Setzungen sind. Im zweiten Schritt geht es mir um die Begründungen dieser Setzungen. Als Legitimation einer Strafe kann also nicht mehr die Schuld herangezogen werden, denn diese ist ja nur eine Setzung, die auch begründungsbedürftig ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, hier haben wir schon den ersten Widerspruch. Schuld ist für mich die begrenzende Komponente im Strafrecht und eine solche halte ich für unabdingbar.

Du weichst aus. Ist Schuld nun eine Setzung oder nicht? Ist diese Setzung nun begründungsbedürftig oder nicht? Welchen Interessen dient diese Setzung?

kolja hat folgendes geschrieben:
Darum akzeptiere ich auch Dein Argument nicht, die "Interessen der Gesellschaft" würden nicht als Legitimation für eine Maßnahme oder Strafe ausreichen, denn aus meiner Sicht hast auch Du nichts besseres in der Hand als irgendwelche nicht näher spezifizierten Interessen, im Zweifelsfalle Deine ganz persönlichen, um Deine Setzungen zu begründen!
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Natürlich. Ich halte die Rechte des Einzelnen für sehr wichtig und die Rechte der Gesellschaft dem eher untergeordnet.

Das ist wieder so eine völlig unsinniger, rein suggestiver Gegensatz. Die Gesellschaft besteht aus allen Einzelnen, nicht mehr und nicht weniger. Und mir geht es natürlich auch um alle Einzelnen, aber auch um den Einzelnen, der in Deinem System schuldig bestraft wird. Anstatt solche rhetorisch trickreichen Gegensätze zu basteln, solltest Du besser konkret die individuellen Interessen benennen, um die es Dir geht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du hast natürlich recht, dass ich das nicht richtig begründen kann.

Dann solltest Du nicht ständig um diesen Punkt herumeiern und anderen Leuten vorwerfen, sie hätten keine brauchbare Legitimation. Du hast nämlich genauso wenig davon! Das ist ein unredliches Diskussionsverhalten!

kolja hat folgendes geschrieben:
Im Gegenteil kritisiere ich an Deiner Argumentation, dass diese sprachlich darauf ausgerichtet ist, an die Intuition derer zu appellieren, die an eine "echte" Verantwortung glauben.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, das mag schon sein.

Ah, und nun? Was folgt für Dich daraus? Weiter so, weil es für Dich sehr praktisch ist?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur, wie gesagt: hier geht es um den freien Willen, nicht um die Frage, ob Verantwortlichkeit ein gutes Konzept ist oder nicht. Und daher finde ich es eben ein wenig merkwürdig, dass Du permanent eine Begründung zu einem anderen Thema forderst, wenn ich nach einer Argumentation für den harten Inkompatibilismus frage.

Die hast Du von mir bekommen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich halte meine Sprache für absolut üblich und angemessen. Wenn Dich das stört, dann ist das Dein Problem. Ich verwende meine Ausdrucksweise nicht deswegen, weil ich jemanden manipulieren will, sondern weil ich sie für üblich halte.

Du kannst gar nicht vermeiden, mit Deiner Sprache zu manipulieren, Du kannst es nur leugnen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und außerdem halte ich die Erkenntnis, dass alle Konzepte halt Konzepte sind und keine ontologischen Entitäten für eine ziemlich banale und nicht weiterführende. Ich glaube einfach nicht, dass die meisten Leute "Verantwortung" für etwas Ontologisches halten und daher sehe ich hier keine Verpflichtung zur Aufklärung daraufhin.

Ich halte sie auch für banal. Aber aus meiner Sicht steckst Du hier den Kopf in den Sand, weil es für Dich sehr praktisch ist.

kolja hat folgendes geschrieben:
Du konstruierst einen Gegensatz zwischen "ferngesteuert" und "selbstbestimmt". Ich unterstelle Dir nicht, dass Du behaupteten würdest, menschliche Handlungen seien entweder alle "ferngesteuert" oder alle "selbstbestimmt". Ich gehe vielmehr davon aus, dass Du sagen willst, es gäbe ein Kontinuum zwischen "ferngesteuert" und "selbstbestimmt", und man könne Handlungen irgendwo auf der Skala dazwischen anordnen, je nach Einzelfall weiter hier oder weiter da. Trotzdem bleiben die beiden Begriffe für Dich ein Gegensatzpaar, eine Entscheidung kann nicht gleichzeitig "ferngesteuert" und "selbstbestimmt" sind.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, prima, dann hast Du doch verstanden, wie ich es meine.
kolja hat folgendes geschrieben:
Und genau das meine ich, wenn ich sage, dass Du eine Dichotomie aufbaust, denn aus meiner Sicht sind "selbstbestimmt" und "aus der Vergangenheit ferngesteuert werden" keine gegensätzlichen Kategorien, wie ich schon sagte ist der Streit um diese Gegensätze für mich vergleichbar mit dem Streit, ob ein Glas "halbvoll" oder "halbleer" ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist vollkommener Unsinn. Wenn Du verstanden hast, wie ich es meine, dann ist es wirklich merkwürdig, hier plötzlich eine andere Bedeutung von "ferngesteuert" unterschieben zu wollen. Ich meine es so, wie ich es meine und was Du auch verstanden hast und ich meine es nicht so, wie Du es meinst.

Ich habe keine Bedeutung gewechselt, ich beziehe mich die ganze Zeit auf diesen Satz:

AP hat folgendes geschrieben:
Ein anderes Argument könnte es sein, wenn man behauptete, Menschen könnten gar nichts entscheiden und somit gar nicht handeln, alle Handlungen seien sozusagen von der Vergangenheit ferngesteuert.


kolja hat folgendes geschrieben:
Es gibt zwar aus meiner Sicht selbstbestimmte Handlungen in dem Sinne, dass ein Mensch in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen entscheidet und sich dabei frei fühlt, oder fremdbestimmte Handlungen in dem Sinne, dass er nicht in Übereinstimmung mit seinen Präferenzen entscheidet und sich gezwungen fühlt. Aber: "ferngesteuert", d.h. vollständig determiniert durch Ereignisse in der Vergangenheit, ist er immer.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, das ist dann eine andere Bedeutung des Wortes. Es ist wirklich unsinnig, sich um Worte zu streiten, welche Bedeutung nun richtig sei oder welche falsch. Solange Du verstehst, was ich meine, ist es völlig gleichgültig, was Du darunter verstehst. Das ist dann eben etwas anderes.

Dann verstehe ich immer noch nicht, was Du mit diesem Satz (und ähnlichen zuvor)
AP hat folgendes geschrieben:
Ein anderes Argument könnte es sein, wenn man behauptete, Menschen könnten gar nichts entscheiden und somit gar nicht handeln, alle Handlungen seien sozusagen von der Vergangenheit ferngesteuert.

überhaupt sagen wolltest. Eine reine Nebelgranate?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du betreibst Wortklauberei. Es macht keine Sinn, mir vorzuhalten, ich würde einen Gegensatz zwischen zwei Begriffen sehen, wenn Du gleichzeitig dem einen Begriff bewusst eine andere Bedeutung zuordnest, als ich das tue.

Lachen, und das von Dir.


Zuletzt bearbeitet von kolja am 29.04.2008, 23:57, insgesamt 3-mal bearbeitet

#698:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:54
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
1. Meine Sichtweise: ich halte Menschen (in Grenzen) für frei und eigenverantwortlich und daher meine ich, dass ihnen deswegen bestimmte Grundrechte von Vorneherein zugestanden werden sollten, die von der Gesellschaft immer und bedingungslos respektiert werden müssen

Auch wenn das jetzt nichts direkt mit dem Thema zu tun hat: Ich sehe keinen logischen Grund einem wie auch immer "freien" Wesen irgendwelche Rechte zuzugestehen.

Naja, es ist sozusagen die Voraussetzung dafür, um die Rechte zuzugestehen, wenn man gleichzeitig möchte, dass sich dieses Wesen an bestimmte Regeln hält. Man muss dazu davon ausgehen können, dass das Wesen die Normen erkennen und sich danach richten kann.

Man muss die Rechte natürlich nicht zugestehen.

Ich meine aber, man sollte es tun.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die andere, notwendige Seite der Medaille ist jedoch, dass man auch den Anspruch an Menschen stellen kann, sich gemäß der moralischen/ethischen Normen zu verhalten und dass man ihnen, wenn sie das nicht tun, das vorwerfen kann.

Das ist ja nett. Du gestehst dem Menschen gütigerweise etwas zu, unter der Bedingung, dass sie etwas tun sollen, was sie so im Grunde nicht können, weil ihre Regelkonformität, in einem quasi deterministischen Universum mit zufälligen Einwürfen ev. schon vor ihrer Geburt festgelegt wurde (wenn ich dich recht verstehe, ist es ja das, was du glaubst)?

Ich glaube, dass (die meisten) erwachsenen Menschen Regeln verstehen und anwenden können. Du nicht?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Man sie also als schuldhaft für unethisches Verhalten betrachten kann und sie aufgrund dieser Schuld für ihr Fehlverhalten sanktionieren kann.

Blöde nur, dass es keine universelle Ethik gibt.

Und?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
2. Die andere Sichtweise

Ich finde es schön, dass du gütigerweise annimmst, dass es ganze zwei Sichtweisen gibt...wobei letzere natürlich auch impliziert, dass die heutigen Rechte "verzichtbar" seien und das irgendeine Gesellschaft dann natürlich (logischerweise!) irgendwelche Rechte zu Beschneidem der Rechte andere hat...Mal im Erst, so zweifältig denkst du nicht wircklich?

Oh, ich denke nicht gerne binär. Allerdings meine ich das tatsächlich, denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Überlegungen letztlich darauf hinauslaufen. Ob Du speziell das meinst, weiß ich nicht.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Was ist wenn ich dir sage, dass meine Annahme, dass es sowas wie einen "FW" (in Bezug auf ein Verantwortungsprinzip) mich zu folgendem gebracht hat:
1. Das niemand an sich über Rechte verfügt.
2. Das keine Gesellschaft an sich irgendetwas darf/muss/soll.
3. Das es mich nicht interessiert wie andere konkret ihren Rechtstaat haben wollen, solange es nicht mit meiner Vorstellung in Konflikt gerät ( die ich vollkommen beliebig nach meinem Gutdünken entworfen ist und ich demensprehcnd auch gegen eine Tyrannei wie du sie beschreibst sein kann.)

Ja, das ist wohl Dein Recht.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Hat halt Pech gehabt, der Arme.

Das hat der Täter in deinem ach so humanen Weltbild auch.

Der Unterschied ist aber der, dass in meinem Weltbild der Einzelne seine Handlungen steuern kann, er also mAn einen Einfluss darauf hat, was ihm geschieht.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Alles passiert dann willkürlich, nach vom Einzelnen nicht nachprüfbaren Kriterien.

Toll. Und eine Ethik die als Richtschnur dienen soll, ist natürlich nicht - letztenendes - willkürlich? Willkommen in der Realität. In einer Welt, in der verschiedene miteinader inkompatible Bedürfnisse aufeinanderprallen, gibt es keine ideale Lösung.

Und noch einmal: ja, ich halte es für einen wirklich ganz grundlegenden Unterschied, ob man seine Zukunft selber bestimmen und in die Hand nehmen kann oder ob man im Vorneherein unabhängig von den eigenen Handlungen nicht abschätzbaren Zwangsmaßnahmen ausgesetzt ist. Ein strenger Inkompatibilist mag das vielleicht anders sehen. Aber ich sehe es so und ich wüsste nicht, wieso ich es anders sehen sollte. Vielleicht hast Du ja einen Grund dafür.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich tue das deswegen, weil ich meine, derjenige hat Lob oder Tadel verdient, da seine Handlung von ihm verursacht wurde und ich sie ihm zurechne. Ich tue das aber nicht, um ihn zu manipulieren. Ist das nun stumpfer Moralismus?

Selbstverständlich. Das der Kerl überhaupt etwas an sich "verdient" setzt ja überhaut soetwas wie ein objektives Richtig/Falsch voraus.

Hum?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ja, natürlich.
Wieso? Weil die eine Maschine so toll ist, dass sie ein phänomenales Bewusstsein hat?

Hm? Ich bewerte eine Tat, die der Täter absichtlich und willentlich durchgeführt hat, anders, als eine Tat, die zum Beispiel wegen einer Zwangsstörung erfolgte.

Klingt vielleicht komisch, ist aber so.

Vielleicht bin ich ja durch den Urknall dazu determiniert?

#699:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.04.2008, 23:58
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
(Strukturierung von mir)
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(1) Daraus, dass Menschen ihre Handlungen abwägen und überdenken und danach ausrichten können und diese Handlungen nicht außerhalb ihres Einflusses stehen,

folgt,

(2) dass man sie für solche Handlungen als Urheber und als verantwortlich ansehen kann und sie daher für diese Handlungen loben oder tadeln kann.

Nein, das folgt nicht, zumindest nicht im Sinne einer logischen Schlussfolgerung. Das ist und bleibt eine Setzung, die unabhängig von (1) begründungsbedürftig ist.

Ja, Du hast recht, das folgt nicht. Das habe ich tatsächlich falsch formuliert. 1. ist die Voraussetzung für 2.

kolja hat folgendes geschrieben:
Die meisten Menschen bemerken diesen Trick allerdings nicht, weil ihnen dieser Zusammenhang irgendwie intuitiv-logisch erscheint. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Du intuitionistisch argumentierst und Deine Setzungen verschleierst.

Jeder argumentiert letztlich intuitionistisch. Daran ist auch nichts prinzipiell verkehrt.

Du meinst aber wohl hier etwas anderes: ich würde die Leser bewusst und willentlich in die Irre führen wollen. So ist das aber nicht.

#700:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 00:11
    —
step hat folgendes geschrieben:
@AP: Ich kann Deine Bedenken in bezug auf die Schwierigkeit eines Bewertungsmaßsstabs für utilitaristische Sanktionen durchaus nachvollziehen. Ich weigere mich allerdings, ein archaischeres, aus meiner Sicht widersprüchliches System zu akzeptieren, nur weil es Strafen straight-forward verhängt.

Hm, Du unterstellst hier einfach so, dass unser heutiges Strafrecht ein archaisches und nicht hinterfragtes sei. Das glaube ich aber nicht, es gibt auch innerhalb der Strafrechtler sehr ausgiebige Diskussionen dazu.

Nicht, dass ich das heutige Strafrecht als das Non-Plus-Ultra ansehe. Aber Deine Alternative dazu gefällt mir nun mal überhaupt nicht. Und das hat nichts mit Utilitarismus zu tun, den ich nicht als etwas prinzipiell Abzulehendes sehe. Ich bin auch aus utilitaristischen Gründen gegen ein willkürlich erscheinendes Maßnahmenrecht, setze aber offensichtlich meine Prämissen anders als Du. Für mich haben die Rechte des Einzelnen Vorrang vor den Anforderungen der Gesellschaft und mir ist es wichtig, dass es bestimmte grundlegende Rechte gegenüber dem Staat gibt, die nicht angetastet werden dürfen.

step hat folgendes geschrieben:
Überhaupt: Selbst wenn man annähme, daß die Person irgendwie "autonom" gehandelt hätte, wieso folgt daraus, daß man sie bestrafen darf? Wieso darf man aufgrund von Schuld quälen? Ist Deine Begründungssituation nicht mindestens so schlecht wie meine?

Hm, in eine ganz allgemeine Diskussion über Strafrecht möchte ich nicht einsteigen. Nur ein paar Anmerkungen dazu: "quälen" darf man mE überhaupt nicht. Ein Strafvollzug muss mE immer menschenwürdig sein; jeder, egal, was er getan hat, muss immer noch als Mensch angesehen und behandelt werden.

Nur sehe ich nicht, wie man ganz auf Strafe verzichten kann. Du siehst das ja ähnlich, nennst nur "Strafen" "Maßnahmen". Nur sind eben für mich Maßnahmen schlimmer als Strafen, weil ich sie als willkürlich, da im Vorfelde nicht abschätzbar ansehe.

#701:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 00:16
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Es ist einfach nur lächerlich.

AP windet sich wie ein Aal und schwurbelt sich wieder an den entscheidenden Punkten vorbei.

Wo und was sind die entscheidenden Punkte?

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AP hält das Schuldkonzept für unverzichtbar, schön, ich auch, trotzdem stimme ich kolja bezüglich des Themas Willensfreiheit zu.

Inwiefern? Dass es keine "echte Willensfreiheit" gibt?

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Es gibt also keinen Grund, anderen dämliche Strohmänner unterzuschieben und sie verbal in die Nähe des Faschismus zu rücken. Das hat nichts mit der Grundsatzfrage zu tun.

Was ist denn die "Grundsatzfrage"? Die "echte Willensfreiheit"?

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Es ist ein intellektuelles Problem, er kann es nicht besser, davon bin ich mittlerweile wirklich überzeugt.

Ich lerne gerne von mir überlegenen Intellektuellen. Also, bitte.

#702:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 00:27
    —
Das Thema ist "Willensfreiheit". Ich stimme mit koljas Ansicht zu diesem Thema überein. Lediglich die Schlussfolgerungen sehen bei mir anders aus.

#703:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 00:38
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, Du hast recht, das folgt nicht. Das habe ich tatsächlich falsch formuliert. 1. ist die Voraussetzung für 2.

Und es fehlt eine Begründung für Deine Setzung ...

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jeder argumentiert letztlich intuitionistisch. Daran ist auch nichts prinzipiell verkehrt.

Ich halte es aber für wünschenswert, dies nach Möglichkeit zu minimieren. Ich und andere haben mehrfach Verfahren dafür vorgeschlagen, wie man Diskussionen über Normen und Werte versachlichen und die Setzungen kritisierbar und falsifizierbar machen kann.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du meinst aber wohl hier etwas anderes: ich würde die Leser bewusst und willentlich in die Irre führen wollen.

Nö, Absicht unterstelle ich Dir nicht, ändert aber nix an meiner Kritik.

#704:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 00:41
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Das Thema ist "Willensfreiheit". Ich stimme mit koljas Ansicht zu diesem Thema überein. Lediglich die Schlussfolgerungen sehen bei mir anders aus.

Welche Ansicht soll das sein?

Es gibt keine "echte Willensfreiheit"?

Und Du stimmst überein, triffst aber andere Schlussfolgerungen? Interessant.

#705:  Autor: Sehwolf BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:02
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Lediglich die Schlussfolgerungen sehen bei mir anders aus.

Die man wo nachlesen kann?

#706:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:16
    —
Sehwolf hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Lediglich die Schlussfolgerungen sehen bei mir anders aus.

Die man wo nachlesen kann?

Dort.

#707:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:29
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für mich haben die Rechte des Einzelnen Vorrang vor den Anforderungen der Gesellschaft

Das ist eine wohlfeile, aber leere Floskel, solange Du nicht zeigen kannst, wie Du es mit diesem Prinzip unter einen Hut bekommst, dass Strafen wegen Normverstößen verhängt werden können. Da werden doch ganz klar die Rechte des Einzelnen den normativen Forderungen der Gesellschaft untergeordnet. Bedenke, dass Du an dieser Stelle nicht mit Deinen Setzungen (Schuld/Verantwortung, bzw. die Fähigkeit dazu) argumentieren kannst, Du musst vielmehr begründen können, inwiefern diese Setzungen obiges sicherstellen.


Zuletzt bearbeitet von kolja am 30.04.2008, 01:30, insgesamt einmal bearbeitet

#708:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:30
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sanktion nein. So kann eine Sanktion darin bestehen, jemandem vorerst weniger Verantwortung (Pflichten, Rechte) zu übertragen, weil man die Gesellschaft schützen will. Oder ihn zu einer Therapie zu verpflichten. Vielleicht kann er das sogar einsehen.

Also, ich kann ehrlich gesagt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Wegsperren aufgr. des Gesellschaftsschutzes oder Wegsperren aus sonst einem Grund feststellen.

Doch, es gibt hier durchaus einen prizipiellen Unterschied: das eine (Strafe) ist direkt abhängig von der Schwere der Tat und nach oben begrenzt, das andere (Sicherheitsverwahrung) hat mit der Tat nichts zu tun, sondern hängt nur von der (vermuteten) Gefährlichkeit des Täters ab.

Genau.


Hab ich glatt übersehen.

Die Gefährlichkeit des Täters zeigt sich vor allem an der Schwere der Tat, woran denn sonst? Gerade im Wiederholungsfall wächst das Gewicht des Arguments für die Gefährlichkeit des Täters, weil auch die Gesamtheit seiner Schuld größer ist Schulterzucken

#709:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:38
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für mich haben die Rechte des Einzelnen Vorrang vor den Anforderungen der Gesellschaft

Das ist eine wohlfeile, aber leere Floskel, solange Du nicht zeigen kannst, wie Du es mit diesem Prinzip unter einen Hut bekommst, dass Strafen wegen Normverstößen verhängt werden können. Da werden doch ganz klar die Rechte des Einzelnen den normativen Forderungen der Gesellschaft untergeordnet.

Das habe ich oben schon gesagt.

Ich glaube nun mal, dass der Einzelne (normalerweise) seine Handlungen und deren Folgen abschätzen und daraufhin seine Handlungen ausrichten kann. D.h., es ist letztlich (normalerweise) seine Entscheidung, ob er die ihm voher bekannte Sanktion für die vorher bekannte Normverletzung in Kauf nehmen will oder nicht.

Dabei sehe ich einen grundlegenden Unterschied zu Zwangsmaßnahmen, die völlig außerhalb seiner Kontrolle liegen, die er nicht beeinflussen kann.

Wie gesagt: ein strenger Inkompatibilist sieht das vielleicht anders. Für ihn ist es vielleicht dasselbe. Für mich aber nun mal nicht.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 30.04.2008, 01:41, insgesamt einmal bearbeitet

#710:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:40
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich glaube nun mal, dass der Einzelne (normalerweise) seine Handlungen und deren Folgen abschätzen kann und daraufhin seine Handlungen ausrichten kann. D.h., es ist letztlich (normalerweise) seine Entscheidung, ob er die ihm voher bekannte Sanktion für die vorher bekannte Normverletzung in Kauf nehmen will oder nicht.

Das ist ja, wie Du mittlerweile selber einräumst, die aufwändigere Formulierung von "Fähigkeit zur Verantwortung", und somit ein Teil Deines Gesamtpakets von Setzungen.

Eine nicht-zirkuläre Begründung ist Dir also nicht möglich.

#711:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:46
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich glaube nun mal, dass der Einzelne (normalerweise) seine Handlungen und deren Folgen abschätzen kann und daraufhin seine Handlungen ausrichten kann. D.h., es ist letztlich (normalerweise) seine Entscheidung, ob er die ihm voher bekannte Sanktion für die vorher bekannte Normverletzung in Kauf nehmen will oder nicht.

Das ist ja, wie Du mittlerweile selber einräumst, die aufwändigere Formulierung von "Fähigkeit zur Verantwortung", und somit ein Teil Deines Gesamtpakets von Setzungen.

Eine nicht-zirkuläre Begründung ist Dir also nicht möglich.

Häh, watt'n für 'ne zirkuläre Begründung? Ich glaube, dass Menschen diese Fähigkeit haben. Du darfst mir gerne nachweisen, dass sie sie nicht haben.

Du darfst aber das aber auch gerne anders sehen als ich, dass man zum Beispiel prinzipiell keine Schuld zuweisen darf. Dann sehen wir das eben anders. Macht ja auch nichts.

#712:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 01:56
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich glaube nun mal, dass der Einzelne (normalerweise) seine Handlungen und deren Folgen abschätzen kann und daraufhin seine Handlungen ausrichten kann. D.h., es ist letztlich (normalerweise) seine Entscheidung, ob er die ihm voher bekannte Sanktion für die vorher bekannte Normverletzung in Kauf nehmen will oder nicht.
kolja hat folgendes geschrieben:
Das ist ja, wie Du mittlerweile selber einräumst, die aufwändigere Formulierung von "Fähigkeit zur Verantwortung", und somit ein Teil Deines Gesamtpakets von Setzungen. Eine nicht-zirkuläre Begründung ist Dir also nicht möglich.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Häh, watt'n für 'ne zirkuläre Begründung? Ich glaube, dass Menschen diese Fähigkeit haben. Du darfst mir gerne nachweisen, dass sie sie nicht haben.

Bereits die Annahme einer solchen Fähigkeit ist eine normative Setzung, aber mir scheint, dass Du das nicht bemerken willst. Egal, auch wenn ich dieses Detail ignoriere, bleibt Deine Argumentation zirkulär. Aus dieser wie-auch-immer-gearteten-Fähigkeit folgt keine Verantwortlichkeit, dazu benötigst Du auch eine normative Setzung. Nochmal zur Erinnerung:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für mich haben die Rechte des Einzelnen Vorrang vor den Anforderungen der Gesellschaft
kolja hat folgendes geschrieben:
Das ist eine wohlfeile, aber leere Floskel, solange Du nicht zeigen kannst, wie Du es mit diesem Prinzip unter einen Hut bekommst, dass Strafen wegen Normverstößen verhängt werden können. Da werden doch ganz klar die Rechte des Einzelnen den normativen Forderungen der Gesellschaft untergeordnet. Bedenke, dass Du an dieser Stelle nicht mit Deinen Setzungen (Schuld/Verantwortung, bzw. die Fähigkeit dazu) argumentieren kannst, Du musst vielmehr begründen können, inwiefern diese Setzungen obiges sicherstellen.

#713:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 02:53
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
@AP: Ich kann Deine Bedenken in bezug auf die Schwierigkeit eines Bewertungsmaßsstabs für utilitaristische Sanktionen durchaus nachvollziehen. Ich weigere mich allerdings, ein archaischeres, aus meiner Sicht widersprüchliches System zu akzeptieren, nur weil es Strafen straight-forward verhängt.

Hm, Du unterstellst hier einfach so, dass unser heutiges Strafrecht ein archaisches und nicht hinterfragtes sei. Das glaube ich aber nicht, es gibt auch innerhalb der Strafrechtler sehr ausgiebige Diskussionen dazu.

Nicht, dass ich das heutige Strafrecht als das Non-Plus-Ultra ansehe. Aber Deine Alternative dazu gefällt mir nun mal überhaupt nicht. Und das hat nichts mit Utilitarismus zu tun, den ich nicht als etwas prinzipiell Abzulehendes sehe. Ich bin auch aus utilitaristischen Gründen gegen ein willkürlich erscheinendes Maßnahmenrecht, setze aber offensichtlich meine Prämissen anders als Du. Für mich haben die Rechte des Einzelnen Vorrang vor den Anforderungen der Gesellschaft und mir ist es wichtig, dass es bestimmte grundlegende Rechte gegenüber dem Staat gibt, die nicht angetastet werden dürfen.

step hat folgendes geschrieben:
Überhaupt: Selbst wenn man annähme, daß die Person irgendwie "autonom" gehandelt hätte, wieso folgt daraus, daß man sie bestrafen darf? Wieso darf man aufgrund von Schuld quälen? Ist Deine Begründungssituation nicht mindestens so schlecht wie meine?

Hm, in eine ganz allgemeine Diskussion über Strafrecht möchte ich nicht einsteigen. Nur ein paar Anmerkungen dazu: "quälen" darf man mE überhaupt nicht. Ein Strafvollzug muss mE immer menschenwürdig sein; jeder, egal, was er getan hat, muss immer noch als Mensch angesehen und behandelt werden.

Nur sehe ich nicht, wie man ganz auf Strafe verzichten kann. Du siehst das ja ähnlich, nennst nur "Strafen" "Maßnahmen". Nur sind eben für mich Maßnahmen schlimmer als Strafen, weil ich sie als willkürlich, da im Vorfelde nicht abschätzbar ansehe.


Ich denke, dass sich deine ganzen Befürchtungen/Einwände auf diesen Punkt reduzieren. Man kann das vielleicht einmal oder zweimal pro Monat irgendwo erwähnen, aber ansonsten lässt sich darus nicht viel machen, vor allem, wenn step nicht darauf eingeht, was ihm da genau vorschwebt. Davon auszugehen, dass das prinzipiell 'schlimmer' sein muss ist doch einfach offensichtlich eine Überreaktion.
Ich sehe das ebenfalls so, dass Strafen sich von 'utilitaristischen Maßnahmen' in Bezug auf unser Strafrecht nicht per se unterscheiden lassen, was dich aber natürlich nicht daran hinderte, oben die Sicherungsverwahrung als etwas prinzipell von der Strafe Absonderbares darzustellen Mit den Augen rollen Das ich das für Quatsch halte und warum, habe ich schon mehrfach irgendwo durchgekaut und ausserdem ist es lächerlich offensichtlich. Mir scheint, dass sich hier einige gegenseitig Interpretationen der gewohnten Termini des jeweiligen Gegners an den Kopf werfen, die sie diesem dann als etwas furchtbar Schlimmes auslegen. Dieses verquastete Geschwalle ist doch vollkommen unnötig: Eine Reaktion auf einen Normverstoß ist immer auch eine Strafe/Vergeltung oder eben eine "Maßnahme". Die einzigen Diskussionsanlässe dazu liefert die Frage nach der Angemessenheit und der Sinnhaftigleit. Dabei bezieht sich die Angemessenheit allerdings vor allem auf die Vertretbarkeit gegenüber der Gesellschaft und weniger auf eine geradezu rechnerische Bestimmung des Umfanges einer Resozialisierungs- oder Strafmaßnahme.

#714:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 11:36
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Ich stimme mit koljas Ansicht zu diesem Thema überein. Lediglich die Schlussfolgerungen sehen bei mir anders aus.

Ich würde nicht mal behaupten, besonders ausgereifte Schlussfolgerungen zu haben. Mir stören hier wirklich vor allem um die zirkulären, idealistisch-verschwurbelten, untauglichen Begründungen der Gegenseite.

#715:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 12:52
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
das eine (Strafe) ist direkt abhängig von der Schwere der Tat und nach oben begrenzt, das andere (Sicherheitsverwahrung) hat mit der Tat nichts zu tun, sondern hängt nur von der (vermuteten) Gefährlichkeit des Täters ab.
Genau.
Die Gefährlichkeit des Täters zeigt sich vor allem an der Schwere der Tat, woran denn sonst?

Da habe ich zwei Einwände:

1. werden auf diese Weise manche Täter in ihrer Gefährlichkeit überschätzt, nämlich dann, wenn die Tat schwer, aber die Wiederholungswahrscheinlichkeit gering ist.

2. werden auf diese Weise Gefärliche übersehen, die noch keine schwere Tat begangen haben.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Gerade im Wiederholungsfall wächst das Gewicht des Arguments für die Gefährlichkeit des Täters, ...

Ja, es wächst aufgrund der Kenntnis der Wiederholung. Sie ist ein - wenn auch sehr grobes - Korrelat der Gefährlichkeit.

Argaith hat folgendes geschrieben:
... weil auch die Gesamtheit seiner Schuld größer ist

Dieses "weil" ist mir unverständlich.

#716:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 13:03
    —
Du gehst jetzt davon aus, dass ich sage Schwere der Tat ist gleich Gefährlichkeit des Täters... warum? Ich sagte, es "zeigt sich vor allem" in der Tat.

Überschätzt? Ja, gut, sie können genausogut durch das sture Bemessen an der Tat unterschätzt werden Schulterzucken

#717:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 13:17
    —
step hat folgendes geschrieben:

Ja, es wächst aufgrund der Kenntnis der Wiederholung. Sie ist ein - wenn auch sehr grobes - Korrelat der Gefährlichkeit.


ahja, ich vergaß: Nenne mir mal bitte ein präziseres 'Messinstrument'...

#718:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 14:59
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Welche Ansicht soll das sein?

Es gibt keine "echte Willensfreiheit"?


Ich müsste mich wiederholen, um dies zu beantworten. Du hast meine Antwort bereits verlinkt.

#719:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 15:12
    —
step, tschuldigung, noch was.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Du gehst jetzt davon aus, dass ich sage Schwere der Tat ist gleich Gefährlichkeit des Täters... warum? Ich sagte, es "zeigt sich vor allem" in der Tat.

Überschätzt? Ja, gut, sie können genausogut durch das sture Bemessen an der Tat unterschätzt werden Schulterzucken


Ich hab scheinbar einen Knick in der Linse oder in der Sehne, was weiss ich. Das hast du ja jedenfalls selbst schon gesagt. Es ist mir etwas missglückt, klar zu stellen, dass ich deine beiden Punkte 1. und 2. für eine Selbstwiderlegung halte, aber das ist jetzt weniger wichtig. Mir scheint, du willst dich unbedingt vom 'Schmutz' der gewöhnlichen Strafauffassung, wie ich sie scheinbar vertrete, loslösen, dabei gelingt es dir aber nicht, überzeugend einen Unterschied herauszuarbeiten. Das ist ein Problem und ich neige dazu, das leicht persönlich zu nehmen, ich gehöre mE nicht wirklich zu den Bösen, verstehst du? Das mit dem Goten ist nur so ein Tick von mir und ausserdem waren die Römer/Byzantiner schlimmer zwinkern

#720: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 16:29
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das, was ich meine ist, dass man die Frage der Handlungsfreiheit vielleicht gar nicht zuerst von der Seite des Subjekts angehen sollte, sondern von der Seite objektiver Möglichkeiten a, b, c, ..., n, aus denen jeweils bestimmte Ergebnisse X, Y, Z folgen. Dabei kann man so etwas wie Ziele und Präferenzen zunächst mal aussen vor lassen.

In dem obigen Beispiel geht es darum, dass z.B. ein Staat bzw. eine Gruppe von Subjekten vor der Tatsache (!) steht, dass man die Energieversorgung entweder mit Atomenergie oder mit Solarenergie (oder mit einem Mix aus beidem) sicherstellen kann.

Man stelle sich vor, diese Möglichkeiten seien insofern äquivalent (gleichwertig) als dass sie beide mit ähnlichem Aufwand umzusetzen wären. Dies ist natürlich in der Realität bei diesem Beispiel nicht der Fall.

Es ist aber bei anderen Beispielen gegeben, etwa bei der Entscheidung für eine ausgewogene Ernährung. Ich kann z.B. den Tagesbedarf an Eiweiß, Kohlehydraten, Vitaminen und Flüssigkeiten durch ganz unterschiedliche Nahrungsmittel decken. Ich muss kein Fleisch essen, um Proteine zu mir zu nehmen. Es kann auch Soja sein.



Noch einmal: Der Begriff "äquivalent" ist hier falsch angewandt. Der Begriff stammt aus der Logik und bezeichnet dort die Tatsache, dass

Zitat:
zwei logische Ausdrücke den gleichen Wahrheitswert besitzen, gleichwertig sind, die gleichen Wahrheitswerte-Eintragungen in einer Wahrheitstabelle haben, wenn sie dieselben Wahrheitsfunktionen beinhalten, d.h. dieselben möglichen Welten ein- bzw. ausschließen.

http://wapedia.mobi/de/Logische_%C3%84quivalenz


Wie soll ich diese Definition nun auf Alternativen wie Atomenergie vs. Solarenergie übertragen? Bei solchen Alternativen geht es nicht um das Wahrheitskriterium, sondern um Mittel-Ziel-Relationen.
Die Bewertung der Alternativen ist letztlich immer subjektiv gebunden, da ich es bin, der das Ziel festlegt.
Beispiel: Wenn ich das Ziel einer möglichst effizienten Energieversorgung habe, dann ist Atomenergie die bessere Wahl, weil... Wenn ich das Ziel habe, bei der Energieversorgung das Gefährdungspotenzial möglichst gering zu halten, dann ist ist Solarenergie die bessere Wahl... usw.
Eine objektive Gleichrangigkeit zweier Möglichkeiten kann es daher nicht geben.

Was du vielleicht meinst, sind Situationen, in der der Wählende glaubt, dass für/gegen eine Sache genauso viele Argumente sprechen wie für/gegen eine andere Sache. Das sind typischerweise Situationen, in der sich der Wählende paralysiert fühlt und sich nicht in der Lage sieht, eine Willensentscheidung zu treffen - und ihm dann nur noch bleibt, die Würfel entscheiden zu lassen.

Streichen wir also den Begriff "äquivalent". Übrig bleibt die (triviale) Tatsache, dass ein Ziel häufig mit verschiedenen (!) Möglichkeiten erreicht werden kann. Welche Rolle spielt dabei die Erkenntnisfähigkeit?

Zitat:
Die Rolle bedingt frei entscheidender Subjekte kommt dann ins Spiel, wenn diese erkenntnisfähig in Bezug auf diese äquivalenten Wahlmöglichkeiten sind.


Ich sehe das Erkenntnisproblem nicht.
Will ich zur Arbeit gelangen, habe ich u.a. die Möglichkeit, zu Fuß zu gehen oder mit dem Auto zu fahren. Schön, ich erkenne, dass es diese Möglichkeiten gibt.
Nun will ich aber nicht zu Fuß zu gehen, sondern mit dem Auto fahren. Das Motiv, nicht eine halbe Stunde laufen zu müssen, ist so stark, dass es mir "beim besten Willen" nicht möglich ist, die "per pedes"-Variante zu wollen.

Worin genau siehst du jetzt daraus ein Erkenntnisproblem erwachsen?

#721:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 17:19
    —
So, es ist wieder etwas ruhiger geworden in diesem Thread, so versuche ich nochmals auf meine These zurückzukommen. Ich werde versuchen, sie etwas anders zu formulieren.

Prämisse: "Verantwortung" ist eine Grundeigenschaft der Existenz und ist unabhängig von irgendwelchen zusätzlichen Konzepten, wie "eigener, freier Wille", Determinismus, Schuld, Moral oder ähnlichem.

De facto kann sich der existierende und somit verantwortliche Mensch seiner inhärenten Verantwortung nicht entledigen. Er kann sie nur ignorieren oder er kann sich ihrer bewusst werden. Falls er sie ignoriert, im Sinne von reinem, unabsichtlichen "nicht Wissen", dann kann man ihn seiner Taten wegen weder loben noch anklagen - er ist subjektiv nicht für sie "verantwortlich" (seine objektive Verantwortlichkeit besteht hingegen immer noch). Versucht er sich aber absichtlich, in vollem Bewusstsein deren Inhärenz, seiner Verantwortung zu entziehen, dann ist es möglich - vielleicht sogar notwendig - ihn für seine Taten "zur Rechenschaft zu ziehen". In welcher Form dies geschehen kann oder soll ist hier hinlänglich diskutiert worden.

Wird der Mensch sich seiner inhärenten Verantwortung bewusst, dann kann er sich fragen, ob er einen freien Willen besitzt, seine Verantwortung beliebig zu gestalten. Da kommen all die Argumente zum Zug, die in diesem Thread diskutiert worden sind (ausser jenen, die aus dem freien Willen eine Verantwortung ableiten, und jenen die aus Einsicht, dass es keinen freien Willen gibt, die Inexistenz einer Verantwortung beweisen wollen).

Persönlich denke ich, dass diese Frage grundsätzlich (mindestens heute) nicht zu beantworten ist - ganz sicher sagen all die in den letzten Jahren durchgeführten neurobiologischen Experimente nichts darüber aus. Diese zeigen nur, dass kurzfristige Entscheidungen hauptsächlich in unbewussten Hirnstrukturen erfolgen, und das Bewusstsein diesem Geschehen quasi nur "zusieht". Sie zeigen aber in keiner Weise, inwiefern das Bewusstsein diese unbewussten Strukturen ein Leben lang "trainiert", "geschult", geformt hat. Und hier sehe ich aber einen möglichen "freien Willen" in Aktion.

Angesichts der Systemkomplexität und der flexiblen Formbarkeit des menschlichen Gehirnes ist es wahrscheinlich, dass der Mensch einen (im Sinne von Peter Bieri) bedingt freien Willen besitzt. Den Anteil Bedingtheit brauche ich nicht zu erläutern, der ist zur Genüge hier aufgezeigt worden. Den Anteil Freiheit sehe ich darin, dass der Mensch sich (seine Urteilsfähigkeit) im Laufe seines Lebens ständig bewusst selbst formt. Die Anteile Fremdbestimmung und Selbstbestimmung bei diesem Prozess sind dann sicher individuell stark unterschiedlich. Diese Formung äussert sich dann darin, wie in bestimmten Situationen bewusst oder unbewusst entschieden wird.

Die existenzielle Verantwortung des Menschen spielt bei dieser Formung seiner selbst eine essenzielle Rolle. Er kann sie willentlich als Kriterium für seine Urteile und Taten einsetzen - oder eben nicht (siehe oben).

Schlussfolgerung: Die existenzielle Verantwortung ist eine Vorbedingung für den freien Willen und nicht umgekehrt!

#722: Re: Determinismuslehre und Prävention im "Dritten Reich" Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 17:34
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich möchte mal aus der Theorie des Präventionstheoretikers Helmut Nicolai zitieren:

Zitat:
Eine Willensfreiheit scheidet mithin aus, weil der Mensch die unendliche Kausalkette von Ursache und Wirkung nicht zu durchbrechen vermag. Auffassungen, welche ungeachtet dieses kausalen Determinismus von der Willensfreiheit ausgingen, beruhen auf einem "Wunder, das nicht erklärt werden kann" (Nicolai, Rechtslehre, 1933, S. 45). Damit wird die von Kant in Erwägung gezogene Möglichkeit, daß es jenseits der erfahrbaren Erscheinungswelt eine Freiheit gibt, die als Vermögen verstanden wird, eine Begebenheit von selbst anzufangen, abgelehnt.

Da die Ursache jeglicher Handlungen nach Auffassung Nicolais die unabänderlich gegebene "erbliche" Veranlagung sei (!), könne der Strafzweck nicht in der Besserung des Täters bestehen. Vielmehr gehe es um die Beseitigung einer "ungesunden Veranlagung" (!) zum Schutz des Volkes.

Bei Verbrechen, die aufgrund von "Ehrlosigkeit" des Täters begangen werden, sei das Ziel die "Ausmerzung ehrloser Verbrecher", bei weniger verwerflichen Delikten bestehe der Strafzweck in der "Abschreckung" (Nicolai, Rechtslehre, 1933, S. 47).


Quelle: Christian Hilger: Rechtsbegriffe im Dritten Reich, Seite 84

Klick


Hier also wird mit der Ablehnung der Willensfreiheit und der Beschwörung des Determinismus die "Präventions"- und KZ-Justiz des deutschen Faschismus gerechtfertigt. Verschwinden lassen zum "Schutz des Volkes". Dabei tritt noch der Biologismus an die Stelle eines Physikalismus ...-!

Skeptiker


Dass du meinst, meine Position in die Nähe faschistischer Theoretiker rücken zu können, ist dreist - und sachlich daneben. Bezeichnend, dass du dich inhaltlich mit meinen Argumenten gar nicht auseinandergesetzt hast.
Zum Nazi-Vergleich:

1. sachlicher Fehler: Nirgendwo habe ich behauptet, dass die Gene enstcheidend oder gar alleinig kriminelle Neigungen determinieren. Kein Determinist (weder Kriminalitäts- noch Hirnforscher) tut das. Nur Nazi Nicolai tut das.

2. sachlicher Fehler: Ich behaupte nirgendwo, dass Menschen zu "unabänderlichen Neigungen" determiniert sind (das ausdrückliche Gegenteil habe ich dargestellt: der Wille kann langfristig verändert werden, ist beeinflussbar!). Kein Determinist (weder Kriminalitäts- noch Hirnforscher) tut das. Nur Nazi Nicolai tut das.

3. sachlicher Fehler: Kern des Präventionsgedanken ist es, auf eine künftige "Besserung des Täters" hinzuwirken bzw. für solche determinierenden Umstände zu sorgen, dass die Wahrscheinlichkeit für kriminelle Neigungen vermindert werden. Nazi Nicolai vertritt genaus das Gegenteil. Es ist somit gerade kein Befürworter, sondern ein Gegner (!) des Präventionsgedanken.

4. sachlicher Fehler: Ich habe dargestellt, dass die Ursache für kriminelle Handlungen in determinierenden Faktoren liegen. Nazi Nicolai vertritt eine ganz andere Position. Er sieht nämlich "Ehrlosigkeit" als Grund für Verbrechen an (Zitat: Taten, die aufgrund von "Ehrlosigkeit" des Täters begangen werden). Damit vertritt Nicolai gerade keine deterministische Sicht, sondern eine antiwissenschaftliche - er greift mit dem Ehrbegriff auf ein mythologisches Konstrukt zurück, wie es für das Strafsystem archaischer Kulturen kennzeichnend ist.
Würde ich auch so leichtfertig mit Nazi-Vergleichen hantieren, würde ich Nicolai hinstellen als jemanden, der die von traditionellen Strafrechtlern betriebene Mythologisierung des Rechts auf die Spitze treibt, indem er den (nicht wissenschaftlichen) Begriff der "Schuld" durch den Begriff der "Ehrlosigkeit" ersetzt.

#723:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 18:17
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Prämisse: "Verantwortung" ist eine Grundeigenschaft der Existenz und ist unabhängig von irgendwelchen zusätzlichen Konzepten, wie "eigener, freier Wille", Determinismus, Schuld, Moral oder ähnliche

...

Schlussfolgerung: Die existenzielle Verantwortung ist eine Vorbedingung für den freien Willen und nicht umgekehrt!

Wenn das so ist, sollten wir uns näher mit der Begründung bzw. Widerlegung Deiner Prämisse beschäftigen.

Im ersten Moment dachte ich, Deine Prämisse der "Verantwortung als Grundeigenschaft der Existenz" ist kompletter Unsinn, denn sie klingt sehr pastoral und ontologisch, und gegen sowas habe ich eine instinktive Abneigung. Es gibt aber eine Interpretation, der ich evtl. etwas abgewinnen könnte:

Man könnte nämlich argumentieren, daß sich in einer Gruppe kommunizierender ethischer Subjekte (einer sozialen Gruppe) nahezu zwangsläufig eine Verhaltensnorm und daher auch eine Erwartungshaltung der Allgemeinheit an den Einzelnen herausbildet. Diese sozusagen standardmäßig vorausgesetzte Moralkompatibilität kann man durchaus als zugewiesene Grundverantwortung interpretieren.

#724: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 18:58
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das, was ich meine ist, dass man die Frage der Handlungsfreiheit vielleicht gar nicht zuerst von der Seite des Subjekts angehen sollte, sondern von der Seite objektiver Möglichkeiten a, b, c, ..., n, aus denen jeweils bestimmte Ergebnisse X, Y, Z folgen. Dabei kann man so etwas wie Ziele und Präferenzen zunächst mal aussen vor lassen.

In dem obigen Beispiel geht es darum, dass z.B. ein Staat bzw. eine Gruppe von Subjekten vor der Tatsache (!) steht, dass man die Energieversorgung entweder mit Atomenergie oder mit Solarenergie (oder mit einem Mix aus beidem) sicherstellen kann.

Man stelle sich vor, diese Möglichkeiten seien insofern äquivalent (gleichwertig) als dass sie beide mit ähnlichem Aufwand umzusetzen wären. Dies ist natürlich in der Realität bei diesem Beispiel nicht der Fall.

Es ist aber bei anderen Beispielen gegeben, etwa bei der Entscheidung für eine ausgewogene Ernährung. Ich kann z.B. den Tagesbedarf an Eiweiß, Kohlehydraten, Vitaminen und Flüssigkeiten durch ganz unterschiedliche Nahrungsmittel decken. Ich muss kein Fleisch essen, um Proteine zu mir zu nehmen. Es kann auch Soja sein.



Noch einmal: Der Begriff "äquivalent" ist hier falsch angewandt. Der Begriff stammt aus der Logik ...


Er stammt nicht aus der Logik, sondern findet dort Verwendung.

Siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quivalenz

Äquivalenz bedeutet Gleichwertigkeit.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Wie soll ich diese Definition nun auf Alternativen wie Atomenergie vs. Solarenergie übertragen?


Da braucht nichts übertragen zu werden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Bei solchen Alternativen geht es nicht um das Wahrheitskriterium, sondern um Mittel-Ziel-Relationen.


Es geht um objektiv äquivalente Mittel.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Bewertung der Alternativen ist letztlich immer subjektiv gebunden, da ich es bin, der das Ziel festlegt.


Später mehr.

Skeptiker

#725: Re: Determinismuslehre und Prävention im "Dritten Reich" Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 19:27
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Damit vertritt Nicolai gerade keine deterministische Sicht, sondern eine antiwissenschaftliche - er greift mit dem Ehrbegriff auf ein mythologisches Konstrukt zurück, wie es für das Strafsystem archaischer Kulturen kennzeichnend ist.
Würde ich auch so leichtfertig mit Nazi-Vergleichen hantieren, würde ich Nicolai hinstellen als jemanden, der die von traditionellen Strafrechtlern betriebene Mythologisierung des Rechts auf die Spitze treibt, indem er den (nicht wissenschaftlichen) Begriff der "Schuld" durch den Begriff der "Ehrlosigkeit" ersetzt.


Mit den Augen rollen 'Ehre' ist ein etwas altmodisches Wort für zahlreiche Synonyme (Anstand, Würde, das Empfinden von Achtung vor anderen, etc), die du völlig unbedenklich finden würdest und kein 'archaisches' Etwas.

#726:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 19:57
    —
step hat folgendes geschrieben:


Man könnte nämlich argumentieren, daß sich in einer Gruppe kommunizierender ethischer Subjekte (einer sozialen Gruppe) nahezu zwangsläufig eine Verhaltensnorm und daher auch eine Erwartungshaltung der Allgemeinheit an den Einzelnen herausbildet. Diese sozusagen standardmäßig vorausgesetzte Moralkompatibilität kann man durchaus als zugewiesene Grundverantwortung interpretieren.


Das muss sich nicht herausbilden sondern ist bereits durch eine genetische Grundausstattung untermauert. Das Verhalten von Menschen gegenüber Menschen ist aufgrund dessen bereits nicht beliebig. Eine Vergeltung ist demnach eigentlich eine Ausgleichsvorderung bei Schädigung (das ist auch die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs, bevor sie Böswortneurotiker umgemünzt haben), die den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zerstören soll, sondern eben gerade im Rahmen der Wahrung seiner Konsistenz erhoben wird und diesen mitunter definiert. Es soll kollektiver Druck auf den Verstoßenden ausgeübt werden, um seinen 'Raub', bzw den zugefügten Schmerz gerade wieder gut zu machen. Was einem eigentlich als archaisch erscheint, ist die personale Vergeltung, da diese erzwingt, dass man Drohpotential glaubwürdig umsetzt, weil man ja in diesem Fall keine oder minimale gesellschaftliche Unterstützung zur Durchsetzung seines Rechtsanspruches hat und das selbst geregelt werden muss. Dabei ist es gleich noch sinnvoll, für andere abschreckend zu wirken, also stellen sich die danach orientierten Reaktionen auf Normverstöße vom betroffenen Individuum ausgehend, sofern es das vermag natürlich, auf eine übermäßige, unverhältnismäßige Beantwortung des begangenen Unrechts ein. Das ist ganz elementares Verhalten und kommt ebenfalls ganz ohne eine esoterische Sühnevorstellung aus.

edit: ZB entwickelte sich die Todesstrafe aus einem personalen Vergeltungsrecht, als Todschlagsrecht und nicht aus irgendeinem Esokram.

#727:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 20:51
    —
@Argaith: Die Frage, wie sowas entstanden ist, ist anthropologisch von Interesse und es könnte durchaus etwas dran sein an einigem, was Du schreibst.

Wir müssen aber aufpassen, daß wir nicht in eine Naturrechtsargumentation abgleiten. Wir können nicht einfach so heutzutage eine Todesstrafe legitimieren mit dem Hinweis darauf, daß es ein archaisches "elementares Totschlagsrecht" gab, ja nicht mal, wenn ein Totschlags- oder Racheinstinkt genetisch verankert wäre.

Auch bezüglich der von Dir erläuterten archaischen Funktion der Vergeltung ist die entscheidende Frage, ob so etwas heute unseren Zielen dient.

#728:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 21:03
    —
Hat diese sich abzeichnende unheilvolle Ahnung bei dir etwas mit einer gewissen Todesstrafendiskussion zu tun, in der ich als E'jaz wohl etwas geschockt habe?

Ich wollte nämlich kein natualistisches Ableitungsprinzip nahelegen. Mir fiel nur auf, dass du sehr häufig in grausamen Realisierungen von Rechtssystemen (die ich ebenso als grausam ansehe) eine intrinsische Irrationalität oder direkte Gebundenheit an religiösen Schmu siehst.

#729:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 21:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wir können nicht einfach so heutzutage eine Todesstrafe legitimieren mit dem Hinweis darauf, daß es ein archaisches "elementares Totschlagsrecht" gab, ja nicht mal, wenn ein Totschlags- oder Racheinstinkt genetisch verankert wäre.


Nun - sofern es ein derartiges archaische, natürliches Recht gäbe, müßte derartiges Racheverhalten ja auch bei anderen Tieren zu beobachten sein.
Wenn überhaupt - würd ich sagen das sich das rein "menschlich" im Zuge der Bewußtseinsentwicklung,
den Zusammenhang von Tat und Folge zu raffen, herausgebildet hat.
Aus Erkenntnis dessen wiederum könnte sich auch der Versuch einer Regulierung im ursprünglichen = natürlichen Sinne ergeben haben ->>> Du sollst nicht töten!
Das ist aus meiner Sicht als für alle gültig gemeint - Mörder wie Henker.


Zuletzt bearbeitet von AXO am 30.04.2008, 21:27, insgesamt einmal bearbeitet

#730:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 21:26
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Eine Vergeltung ist demnach eigentlich eine Ausgleichsvorderung bei Schädigung....
... die den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zerstören soll, sondern eben gerade im Rahmen der Wahrung seiner Konsistenz erhoben wird und diesen mitunter definiert.


aber nur bei Mensch - welcher den Zusammenhang aus Tat/Täter und Schädigung realisieren bzw.
rückwirkend nachvollziehen kann. Genetisch kann das also eher nicht veranlagt sein. Das ist ne Bewußtseinsfrage,
an der noch heute viele Menschen scheitern. Der zur exakten, objektiven "Abrechnung" zwingend erforderliche
Gerechtigkeitssinn ist nach wie vor nur wenigen eigen.

#731:  Autor: Paul LaskerWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 21:47
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Prämisse: "Verantwortung" ist eine Grundeigenschaft der Existenz und ist unabhängig von irgendwelchen zusätzlichen Konzepten, wie "eigener, freier Wille", Determinismus, Schuld, Moral oder ähnlichem.

De facto kann sich der existierende und somit verantwortliche Mensch seiner inhärenten Verantwortung nicht entledigen. Er kann sie nur ignorieren oder er kann sich ihrer bewusst werden. Falls er sie ignoriert, im Sinne von reinem, unabsichtlichen "nicht Wissen", dann kann man ihn seiner Taten wegen weder loben noch anklagen - er ist subjektiv nicht für sie "verantwortlich" (seine objektive Verantwortlichkeit besteht hingegen immer noch). Versucht er sich aber absichtlich, in vollem Bewusstsein deren Inhärenz, seiner Verantwortung zu entziehen, dann ist es möglich - vielleicht sogar notwendig - ihn für seine Taten "zur Rechenschaft zu ziehen". In welcher Form dies geschehen kann oder soll ist hier hinlänglich diskutiert worden.

Ich habe hier ein Problem. Was heißt denn in diesem Zusammenhang eine Verantwortung zu haben. Und wofür hat man sie.

#732:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 22:18
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Eine Vergeltung ist demnach eigentlich eine Ausgleichsvorderung bei Schädigung....
... die den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zerstören soll, sondern eben gerade im Rahmen der Wahrung seiner Konsistenz erhoben wird und diesen mitunter definiert.


aber nur bei Mensch - welcher den Zusammenhang aus Tat/Täter und Schädigung realisieren bzw.
rückwirkend nachvollziehen kann. Genetisch kann das also eher nicht veranlagt sein. Das ist ne Bewußtseinsfrage,
an der noch heute viele Menschen scheitern. Der zur exakten, objektiven "Abrechnung" zwingend erforderliche
Gerechtigkeitssinn ist nach wie vor nur wenigen eigen.



Hier geht es ja nicht nur um zwei Personen, also nicht etwa nur um Opfer und Täter, sondern um die Einbeziehung der Gesellschaft, so dass sich die guten und schlechten Gerechtigkeitssinne ausmitteln würden, wenn du so willst. Aber Gerechtigkeitssinn braucht es dazu nicht, zumindest nicht in ausgeprägter Form: Ein Mensch, der Schmerz verspürt, verursacht durch einen anderen Menschen, macht instinktiv etwas dagegen, jedenfalls allermeistens. Irgendwann kommt es zu einem gewaltsamen Zurwehrsetzen, wobei das natürlich zunächst noch eine Notwehrsituation ist, aber bereits da äussern sich abstraktere Interessenssphären, insbesondere wenn es nicht - oder nicht primär - um den Schutz der körperlichen Gesundheit, sondern um Besitzansprüche geht. Man möchte das Geraubte zurückhaben und holt sich das, wenn möglich (und wenn das nicht materiell auszuahlbar ist, ist uns wohl allen nach eigener Erfahrung bekannt, in welchen Gefühlen sich das äußert). Einfaches Recht hat früher nichts weiter getan, als dieses 'Zurückholen' verbindlich zu institutionalisieren. Modernere Rechtsauffassungen, egal wie diffizil, fußen auf demselben Grundsatz und die Entstehung eines ethischen, bzw moralischen Diskurses erklärt sich zB anhand der Tendenz, dass sich die Gerechtigkeitsvorstellungen möglichst aller Involvierten zu einem Konsens hinbewegen. Generell werden so Strafforderung von Betroffenen eher nach unten korrigiert (da natürlich der am lautesten schreiht, der direkt betroffen ist), bzw. findet zunächst zumindest eine Beteiligung von Teilen 'der Gesellschaft' am Umgang mit der normverstoßenden Person statt, anstatt dass diese zB von der geschädigten Person und ihren Angehörigen direkt verfolgt und getötet wird. Die Entwicklung des Rechts lässt sich so als eine Entwicklung hin zur Entpersonalisierung und Institutionalisierung des Vergeltungsanspruches sehen und durch Entpersonalisierung findet auch automatisch eine ethische (nenne es von mir aus "moralische" für's Mittelater) Debatte statt. Die heutigen Bedeutungsbelegungen von Begriffen wie "Vergeltung" und "Strafe" erklären sich mE nicht aus einer echten Abkehr vom Strafprinzip. Gerade auch Vergeltung ist eigentlich eine, Ent-Geltung (vgl. "guilt"= "Schuld", Althochdeutsch "gelt", Altenglisch "gylt"), also eine entschuldende Reintegration des Täters in die sozialen Strukturen, bzw. ein Ermöglichen des Fortbestandes der Gesellschaft insgesamt (im Sinne des an step gerichteten Beitrages oben), in dem der gestörte 'Gerechtigkeitszustand' sozusagen wieder normalisiert wird, also Resozialisierung. Sondern diese modernen Begriffsbelegungen erklären sich eher aus einer generellen Sensibilisierung gegenüber körperlicher Gewalt und aus einer Hilflosigkeit gegenüber der Feststellung, dass man vor dem historisch belasteten Schuldprinzip immer noch alternativlos dasteht. Die psychologisch nahliegende Abfederung findet dann durch eine Verlagerung der wirksamen Begriffszusammenhänge insofern statt, als dass Dinge wie 'Resozialisierung' oder der juristische Fachbegriff 'Nebenstrafe' eine echte Abkehr vom urspünglichen Impuls einer durch eine Straftat geschädigten Person suggerieren sollen, welche sich, wie im direkten personalen Fall, wieder zurückholen will, was ihr genommen wurde (s.o). Resozialisierung im modernen Sinn soll ja vor allem weiteres nicht-normgerechtes Nehmen von einem austauschbaren Geschädigten durch Umerziehung verhindern, die jedoch stets gegen den Widerwillen das Straftäters erfolgen muss. Es handelt sich dabei also um auch nichts essentiell anderes, als um den oben genannten kollektiven Druck auf die normverstoßende Person, um einen Verlußtausgleich zu erwirken. Was man dabei nur unterscheiden kann, ist die Art und Intensität der normgemäßen, strafenden Schädigung des Täters.


Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 01.05.2008, 00:24, insgesamt einmal bearbeitet

#733:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 22:34
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
[...]
Persönlich denke ich, dass diese Frage grundsätzlich (mindestens heute) nicht zu beantworten ist - ganz sicher sagen all die in den letzten Jahren durchgeführten neurobiologischen Experimente nichts darüber aus. Diese zeigen nur, dass kurzfristige Entscheidungen hauptsächlich in unbewussten Hirnstrukturen erfolgen, und das Bewusstsein diesem Geschehen quasi nur "zusieht". Sie zeigen aber in keiner Weise, inwiefern das Bewusstsein diese unbewussten Strukturen ein Leben lang "trainiert", "geschult", geformt hat. Und hier sehe ich aber einen möglichen "freien Willen" in Aktion.

Angesichts der Systemkomplexität und der flexiblen Formbarkeit des menschlichen Gehirnes ist es wahrscheinlich, dass der Mensch einen (im Sinne von Peter Bieri) bedingt freien Willen besitzt. Den Anteil Bedingtheit brauche ich nicht zu erläutern, der ist zur Genüge hier aufgezeigt worden. Den Anteil Freiheit sehe ich darin, dass der Mensch sich (seine Urteilsfähigkeit) im Laufe seines Lebens ständig bewusst selbst formt. Die Anteile Fremdbestimmung und Selbstbestimmung bei diesem Prozess sind dann sicher individuell stark unterschiedlich. Diese Formung äussert sich dann darin, wie in bestimmten Situationen bewusst oder unbewusst entschieden wird. [...]

Sehe ich ähnlich und führe noch ein paar eigene Gedankengänge an.

Solange wir nicht wissen, was Bewusstsein denn tatsächlich ist, wie es entsteht und funktioniert, sind Behauptungen über seine Funktionalitäten und ihm innewohnenden Eigenschaften vielfach nach wie vor Spekulation.

Wie kann (nicht nur menschliche) Kreativität existieren, wenn da eine grundsätzliche Unfreiheit, eine absolute Determination die Wirklichkeit dominierte? Unterliegen denn selbst meine Gedanken stetig einem "allgegenwärtigen Zwang"? Sicherlich nicht!
Ein schönes Beispiel finde ich hierzu, wenn ich mir betrachte wie "ich", bzw. eine Facette meines Bewusstseins regelmäßig "austickt" und mal eben "macht was es will". Wer kennt sie nicht, all die wunderbaren nächtlichen Träume, in denen Naturgesetze oft keine Rolle spielen. Auch wenn diese Träume nicht "real" sind, stellen sie doch auch einen Teil der Wirklichkeit dar, ach ihr wisst schon was ich meine... Sorry, aber mit meinen bescheidenen Möglichkeiten, mich sprachlich auszudrücken, bin ich bei dieser Thematik wirklich stark eingeengt zwinkern

Hej, aber das sind doch "meine" Träume und verschiedentlich, ist es mir sogar innerhalb des Traums bewusst, dass "ich" träume und weiter noch, "ich" kann den Traum dann auch noch beeinflussen, bin sozusagen Verursacher und gleichzeitig Betrachter und evtl. "Betroffener" meines Traums. Also für mich ist das schon irgendwie frei.
Ach wenn der Traum und mein "Einfluss" darauf eine Illusion wäre, wer außer mir sollte Verursacher dieser Illusion sein Am Kopf kratzen

#734: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 22:42
    —
... Fortsetzung

Heiner hat folgendes geschrieben:
Beispiel: Wenn ich das Ziel einer möglichst effizienten Energieversorgung habe, dann ist Atomenergie die bessere Wahl, weil... Wenn ich das Ziel habe, bei der Energieversorgung das Gefährdungspotenzial möglichst gering zu halten, dann ist ist Solarenergie die bessere Wahl... usw.
Eine objektive Gleichrangigkeit zweier Möglichkeiten kann es daher nicht geben.


Im Fussball heisst es: "Das Runde muss ins Eckige."

Und glaub' mir: Die Möglichkeiten, dieses Ziel zu bewerkstelligen, sind ohne Zahl.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Was du vielleicht meinst, sind Situationen, in der der Wählende glaubt, dass für/gegen eine Sache genauso viele Argumente sprechen wie für/gegen eine andere Sache. Das sind typischerweise Situationen, in der sich der Wählende paralysiert fühlt und sich nicht in der Lage sieht, eine Willensentscheidung zu treffen - und ihm dann nur noch bleibt, die Würfel entscheiden zu lassen.


Wir reden doch zunächst gar nicht vom Wählenden. Wir reden zunächst nur von objektiv vorhandenen Möglichkeiten. Der Wählende kommt erst später hinzu.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Streichen wir also den Begriff "äquivalent". Übrig bleibt die (triviale) Tatsache, dass ein Ziel häufig mit verschiedenen (!) Möglichkeiten erreicht werden kann. Welche Rolle spielt dabei die Erkenntnisfähigkeit?


Was passiert denn, wenn Erkenntnisfähigkeit in Bezug auf die verschiedenen Möglichkeiten fehlt?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Rolle bedingt frei entscheidender Subjekte kommt dann ins Spiel, wenn diese erkenntnisfähig in Bezug auf diese äquivalenten Wahlmöglichkeiten sind.


Ich sehe das Erkenntnisproblem nicht.


Erkenntnis ist ja auch kein Problem, sondern die Lösung des Problems.

Und deshalb ist ja auch die Frucht der Erkenntnis die Ursünde. Denn dadurch wird der Mensch frei von Gott und lernt, selbst zu entscheiden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Will ich zur Arbeit gelangen, habe ich u.a. die Möglichkeit, zu Fuß zu gehen oder mit dem Auto zu fahren. Schön, ich erkenne, dass es diese Möglichkeiten gibt.
Nun will ich aber nicht zu Fuß zu gehen, sondern mit dem Auto fahren. Das Motiv, nicht eine halbe Stunde laufen zu müssen, ist so stark, dass es mir "beim besten Willen" nicht möglich ist, die "per pedes"-Variante zu wollen.

Worin genau siehst du jetzt daraus ein Erkenntnisproblem erwachsen?


Das Erkenntnisproblem sehe ich da erwachsen, wo Du nur eine der beiden Möglichkeiten erkennst. Es gibt ja Leute, die wissen gar nicht, dass man auch zu Fuß Einkaufen gehen kann. Die fahren immer die 400 m zum Kaufladen.

Der Clou ist aber ein anderer: Je mehr objektive Möglichkeiten der Mensch besitzt und erkennt, desto mehr völlig neue Aufgaben stellt er sich und setzt damit eine Veränderung seiner Welt in Gang - sofern er die äußeren Zwänge dafür beseitigen kann.

Und irgendwann gibt es dann vielleicht gar keine Einkaufsläden mehr, sondern nur noch Rohrpostsysteme, mit denen die Konsumartikel ins Haus kommen.

Dadurch wiederum gewinnt der Mensch mehr Zeit, kann mehr nachdenken und entwickelt sich und seine Welt weiter.

Vielleicht ist es gerade dies, was der menschliche Wille will.

Die freie Entfaltung des Willens sehe ich in mehr als nur in der Entscheidung für Wurstbrot oder Käsebrot ...-

Skeptiker

#735:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 22:57
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Kommen wir nochmal zu dem Punkt, den Du gesnippt hast. Wenn Du meinst, Du könntest aufgrund moralischer Überlegungen willentlich einen Einfluss auf die Zukunft nehmen, dann musst Du das konsequenterweise auch von anderen Menschen annehmen. Oder Du meinst, Du wärest etwas ganz Besonderes. Wenn aber andere Menschen auch solche Überlegungen anstellen können, sie also ihre zukünftigen Handlungen nach ihren moralischen Vorstellungen ausrichten können, dann genau sind sie in meiner Sichtweise auch dafür verantwortlich und zur Rechenschaft ziehbar. Darauf hätte ich gerne noch eine Antwort.


Menschen sind unterschiedlich. Menschen haben unterschiedliche Prägungen. Menschen haben unterschiedliche Biographien und Erfahrungen. Menschen haben nicht nur unterschiedliche Nasen, sondern auch unterschiedliche Gehirne. Menschen handeln in ähnlichen Situationen unterschiedlich.
Ich gehöre zu denen, die so geprägt, dass ihre Handlungspräferenzen mit grundlegenden ethischen Standards der Gesellschaft (Beispiel: Tötungsverbot) nicht in Konflikt geraten. Das macht mich nicht zu etwas Besserem.
Andere sind so geprägt, dass ihre Handlungspräferenzen mit ethischen Standards der Gesellschaft in Konflikt geraten. Die einen sind angepasste Bürger, die anderen werden zu Verbrechern.
Doch alle sind in ihrem Handeln determiniert. Die einen so, die anderen - so.


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 30.04.2008, 22:57, insgesamt einmal bearbeitet

#736:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 22:57
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wenn das so ist, sollten wir uns näher mit der Begründung bzw. Widerlegung Deiner Prämisse beschäftigen.

Im ersten Moment dachte ich, Deine Prämisse der "Verantwortung als Grundeigenschaft der Existenz" ist kompletter Unsinn, denn sie klingt sehr pastoral und ontologisch, und gegen sowas habe ich eine instinktive Abneigung.
Keine Angst, ich auch! Wobei in gewissem Sinne analytisch ontologisch ist dieser Ansatz schon...
Zitat:
Es gibt aber eine Interpretation, der ich evtl. etwas abgewinnen könnte:

Man könnte nämlich argumentieren, daß sich in einer Gruppe kommunizierender ethischer Subjekte (einer sozialen Gruppe) nahezu zwangsläufig eine Verhaltensnorm und daher auch eine Erwartungshaltung der Allgemeinheit an den Einzelnen herausbildet. Diese sozusagen standardmäßig vorausgesetzte Moralkompatibilität kann man durchaus als zugewiesene Grundverantwortung interpretieren.

Nun, "herausbildet" würde ich nicht sagen. Wenn schon, dann vielleicht "entdeckt"? Im ersten Ansatz hätte das aber mit Moral nichts zu tun. Eine solche könnte sich aber durchaus daraus entwickeln!

#737:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:06
    —
Zitat:
Wie kann (nicht nur menschliche) Kreativität existieren, wenn da eine grundsätzliche Unfreiheit, eine absolute Determination die Wirklichkeit dominierte? Unterliegen denn selbst meine Gedanken stetig einem "allgegenwärtigen Zwang"?


Der Evolutionsprozess selbst ist ein determiniert verlaufender kreativer Prozess.

Merke: Materie ist kreativ. Cool

#738:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:13
    —
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Ich habe hier ein Problem. Was heißt denn in diesem Zusammenhang eine Verantwortung zu haben. Und wofür hat man sie.
Man hat sie nicht für etwas. Sie hat an sich keinen Sinn (wie ja nichts essenzielles je einen Sinn hatte und haben wird - aber das ist eine andere Geschichte). Die Verantwortung ist ganz einfach eine Eigenschaft der Existenz. Sie "heisst" an sich nichts. Der Mensch kann und darf aus ihr Bedeutung schaffen, wenn er denn so will. Er kann ja auch aus ihr einen "Sinn" schöpfen, wenn er findet, dass sich das für ihn lohnt.

#739:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:13
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wie kann (nicht nur menschliche) Kreativität existieren, wenn da eine grundsätzliche Unfreiheit, eine absolute Determination die Wirklichkeit dominierte? Unterliegen denn selbst meine Gedanken stetig einem "allgegenwärtigen Zwang"?


Der Evolutionsprozess selbst ist ein determiniert verlaufender kreativer Prozess.

Merke: Materie ist kreativ. Cool

Deine Behauptung hat jetzt aber wenig mit meinen Gedankengängen zu "Bewusstsein" und dessen Kreativität zu tun.

#740: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:24
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Er stammt nicht aus der Logik, sondern findet dort Verwendung.

Siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quivalenz

Äquivalenz bedeutet Gleichwertigkeit.


Ja eben. Dir wird aufgefallen sein, dass Begriff unter dem angegebenen Link an keiner Stelle in dem Sinn, wie du ihn gebrauchst, definiert wird.


Heiner hat folgendes geschrieben:
Wie soll ich diese Definition nun auf Alternativen wie Atomenergie vs. Solarenergie übertragen?


Zitat:
Da braucht nichts übertragen zu werden.


Aha.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Bei solchen Alternativen geht es nicht um das Wahrheitskriterium, sondern um Mittel-Ziel-Relationen.


Zitat:
Es geht um objektiv äquivalente Mittel.


Ich bleibe dabei, "objektiv äquivalent" ist eine Leerformel, mit der ich sinnlose Sätze bilden kann:

Das Anschauen von "Rambo II" ist "objektiv äquivalent" mit dem Anschauen von "Batman", da beides dem Ziel dient, sich einen Actionfilm zu Gemüte zu führen.

Das Verspeisen eines Nutellabrots ist "objektiv äquivalent" mit dem Verzehr eines Donuts, da beides dem Ziel dient, den Hunger zu stillen.

Mit den Augen rollen Das Thema "objektiv äquivalent" ist für mich abhehakt, ich sehr hier keinen Diskussionsbedarf mehr...

#741:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:29
    —
keep it simple

#742: Re: Determinismuslehre und Prävention im "Dritten Reich" Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:34
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich möchte mal aus der Theorie des Präventionstheoretikers Helmut Nicolai zitieren:

Zitat:
Eine Willensfreiheit scheidet mithin aus, weil der Mensch die unendliche Kausalkette von Ursache und Wirkung nicht zu durchbrechen vermag. Auffassungen, welche ungeachtet dieses kausalen Determinismus von der Willensfreiheit ausgingen, beruhen auf einem "Wunder, das nicht erklärt werden kann" (Nicolai, Rechtslehre, 1933, S. 45). Damit wird die von Kant in Erwägung gezogene Möglichkeit, daß es jenseits der erfahrbaren Erscheinungswelt eine Freiheit gibt, die als Vermögen verstanden wird, eine Begebenheit von selbst anzufangen, abgelehnt.

Da die Ursache jeglicher Handlungen nach Auffassung Nicolais die unabänderlich gegebene "erbliche" Veranlagung sei (!), könne der Strafzweck nicht in der Besserung des Täters bestehen. Vielmehr gehe es um die Beseitigung einer "ungesunden Veranlagung" (!) zum Schutz des Volkes.

Bei Verbrechen, die aufgrund von "Ehrlosigkeit" des Täters begangen werden, sei das Ziel die "Ausmerzung ehrloser Verbrecher", bei weniger verwerflichen Delikten bestehe der Strafzweck in der "Abschreckung" (Nicolai, Rechtslehre, 1933, S. 47).


Quelle: Christian Hilger: Rechtsbegriffe im Dritten Reich, Seite 84

Klick


Hier also wird mit der Ablehnung der Willensfreiheit und der Beschwörung des Determinismus die "Präventions"- und KZ-Justiz des deutschen Faschismus gerechtfertigt. Verschwinden lassen zum "Schutz des Volkes". Dabei tritt noch der Biologismus an die Stelle eines Physikalismus ...-!


Dass du meinst, meine Position in die Nähe faschistischer Theoretiker rücken zu können, ist dreist - und sachlich daneben. Bezeichnend, dass du dich inhaltlich mit meinen Argumenten gar nicht auseinandergesetzt hast.


Du solltest Dich vielleicht besser mal mit diesem Text auseinander setzen. Ich wollte damit zeigen, wohin es führt, wenn der Staat sich den mathematisch-physikalischen oder auch biologistischen Unsinn zu eigen macht und danach seine Justiz ausrichtet. Da kommt es halt mal eben zur Vernichtung "ewig Unverbesserlicher" oder so. Oder man erstellt auf der Basis des physikalischen Determinismus Gutachten und Prognosen für "Schwerzerziehbare" oder möglicher Terroristen. Weisst schon, Guantanamo ist erst ein Anfang. Und zurück in die Geschichte geht's immer leichter als nach vorne.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zum Nazi-Vergleich:

1. sachlicher Fehler: Nirgendwo habe ich behauptet, dass die Gene enstcheidend oder gar alleinig kriminelle Neigungen determinieren. Kein Determinist (weder Kriminalitäts- noch Hirnforscher) tut das. Nur Nazi Nicolai tut das.


Nicolai tut das, was in seiner Zeit gerade angesagt war als Begründung für den deterministisch handelnden Staats- und "Volk"feind. Er nahm die Biologie. Im Mittelalter nahm man Geister und Dämonen und sprach von "Besessenheit" statt "Determinismus". Von der Struktur her ist das identisch. Und da hilft es auch nichts, dass man heute die Physik nimmt.

Unwissenschaftlich und reaktionär ist all dies in jedem dieser Fälle.

Heiner hat folgendes geschrieben:
2. sachlicher Fehler: Ich behaupte nirgendwo, dass Menschen zu "unabänderlichen Neigungen" determiniert sind (das ausdrückliche Gegenteil habe ich dargestellt: der Wille kann langfristig verändert werden, ist beeinflussbar!). Kein Determinist (weder Kriminalitäts- noch Hirnforscher) tut das. Nur Nazi Nicolai tut das.


Nazi Nicolai spricht auch von "Abschreckung". Und rate mal, was das ist.

Heiner hat folgendes geschrieben:
3. sachlicher Fehler: Kern des Präventionsgedanken ist es, auf eine künftige "Besserung des Täters" hinzuwirken bzw. für solche determinierenden Umstände zu sorgen, dass die Wahrscheinlichkeit für kriminelle Neigungen vermindert werden. Nazi Nicolai vertritt genaus das Gegenteil. Es ist somit gerade kein Befürworter, sondern ein Gegner (!) des Präventionsgedanken.


Wie gesagt, er spricht von Abschreckung und dem "Schutz der "Volkes". Auch hier im Forum las ich davon, dass nicht Strafe, sondern dieser "Schutz" von wasauchimmer im Vordergrund stehen sollte.

Und was verstehst Du unter "auf Besserung des Täters hinwirken"? Was sollen denn das für "determinierende Umstände" sein, die in Deinen Besserungsanstalten hersgestellt werden sollen? Sag' doch gleich "Teufelsaustreibung".

Heiner hat folgendes geschrieben:
4. sachlicher Fehler: Ich habe dargestellt, dass die Ursache für kriminelle Handlungen in determinierenden Faktoren liegen. Nazi Nicolai vertritt eine ganz andere Position. Er sieht nämlich "Ehrlosigkeit" als Grund für Verbrechen an (Zitat: Taten, die aufgrund von "Ehrlosigkeit" des Täters begangen werden). Damit vertritt Nicolai gerade keine deterministische Sicht, sondern eine antiwissenschaftliche - er greift mit dem Ehrbegriff auf ein mythologisches Konstrukt zurück, wie es für das Strafsystem archaischer Kulturen kennzeichnend ist.


Die fehlende Ehre ist gemäß dem Biologisten Nicolai angeboren und damit determiniert. Der "geborene Verbrecher" ist nur ein anderes Wort für "physikalisch determinierter Verbrecher".

Heiner hat folgendes geschrieben:
Würde ich auch so leichtfertig mit Nazi-Vergleichen hantieren, würde ich Nicolai hinstellen als jemanden, der die von traditionellen Strafrechtlern betriebene Mythologisierung des Rechts auf die Spitze treibt, indem er den (nicht wissenschaftlichen) Begriff der "Schuld" durch den Begriff der "Ehrlosigkeit" ersetzt.


Schlimm ist nicht der Begriff der Schuld, sondern die Begriffe der "determinierten Schuld", z.B. in Form der "angeborenen Schuld".

Skeptiker

#743: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:45
    —
Zitat:
Skeptiker
Das Erkenntnisproblem sehe ich da erwachsen, wo Du nur eine der beiden Möglichkeiten erkennst.


Tja, ich erkenne aber nicht nur eine Möglichkeit, sondern zwei oder mehrere. Wollen tu ich am Ende dennoch nur eine.

Das Erkenntnisproblem hat sich damit erledigt...

Zitat:
Es gibt ja Leute, die wissen gar nicht, dass man auch zu Fuß Einkaufen gehen kann. Die fahren immer die 400 m zum Kaufladen.


Doch, wissen tun die das schon, nur wollen tun sie das nicht. Das ist der Punkt.
Die Leute wissen auch, dass Fleisch im Supermarktregal häufig minderwertige Ware ist, und trotzdem kaufen sie das Zeug, wollen sie das kaufen. Das nennt sich dann "wider besseres Wissen"...

Zitat:
Der Clou ist aber ein anderer: Je mehr objektive Möglichkeiten der Mensch besitzt und erkennt, desto mehr völlig neue Aufgaben stellt er sich und setzt damit eine Veränderung seiner Welt in Gang - sofern er die äußeren Zwänge dafür beseitigen kann.


Ja, grundsätzlich stimme ich dir zu. Aber: Es ist sowohl bezogen auf individuelles als auch auf gesellschaftliches Handeln eine Erfahrungstatsache, dass eine Sache zu erkennen noch nicht bedeutet, diese auch umsetzen zu wollen. Erkennen und Wollen sind eben zweierlei. Wenn ich a erkenne, will ich womöglich dennoch b tun, weil der Wille auf b hin determiniert ist (siehe Verbraucher-Beispiel). Das kann sich langfristig aber auch ändern...

#744:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:46
    —
Weniger ist mehr.

#745: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.04.2008, 23:52
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Er stammt nicht aus der Logik, sondern findet dort Verwendung.

Siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quivalenz

Äquivalenz bedeutet Gleichwertigkeit.


Ja eben. Dir wird aufgefallen sein, dass Begriff unter dem angegebenen Link an keiner Stelle in dem Sinn, wie du ihn gebrauchst, definiert wird.


Zitat:
Das Wort Äquivalenz (v. lat.: aequus „gleich“ und Valenz „Wertigkeit“) bezeichnet in der Bildungssprache die Gleichwertigkeit verschiedener Dinge.

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quivalenz


Skeptiker

#746: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 00:29
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es gibt ja Leute, die wissen gar nicht, dass man auch zu Fuß Einkaufen gehen kann. Die fahren immer die 400 m zum Kaufladen.


Doch, wissen tun die das schon, nur wollen tun sie das nicht. Das ist der Punkt.


Manchmal sind Alternativen zu bisherigen Handlungsweisen nicht erkennbar.

Ein Blinder sieht nicht den Weg, der neu angelegt wurde.

Trotzdem gibt es eine zusätzliche objektive Wahlmöglichkeit.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Leute wissen auch, dass Fleisch im Supermarktregal häufig minderwertige Ware ist, und trotzdem kaufen sie das Zeug, wollen sie das kaufen. Das nennt sich dann "wider besseres Wissen"...


Das ist der Beweis.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Clou ist aber ein anderer: Je mehr objektive Möglichkeiten der Mensch besitzt und erkennt, desto mehr völlig neue Aufgaben stellt er sich und setzt damit eine Veränderung seiner Welt in Gang - sofern er die äußeren Zwänge dafür beseitigen kann.


Ja, grundsätzlich stimme ich dir zu. Aber: Es ist sowohl bezogen auf individuelles als auch auf gesellschaftliches Handeln eine Erfahrungstatsache, dass eine Sache zu erkennen noch nicht bedeutet, diese auch umsetzen zu wollen. Erkennen und Wollen sind eben zweierlei. Wenn ich a erkenne, will ich womöglich dennoch b tun, weil der Wille auf b hin determiniert ist (siehe Verbraucher-Beispiel). Das kann sich langfristig aber auch ändern...


Erkennen und Wollen sind zweierlei. Da sind wir uns einig.

Das Erkennen kann aber das Wollen beeinflussen (und umgekehrt).

Es ist aber ein Unsinn diese Zusammenhänge, Wechselbeziehungen und subjektiven Bestrebungen physikalisch beschreiben zu wollen. Wer das versucht, ist unredlich.

Skeptiker

#747:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 00:33
    —
In der Kürze liegt die Würze.

#748:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 00:44
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Auf das der Mob diejenen stürze, die nur vergeben kurze Fürze.

#749:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 00:46
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Argaith hat folgendes geschrieben:
Auf das der Mob diejenen stürze, die nur vergeben kurze Fürze.


Auf dich war das nichtmal gemünzt, auch wenn mich dein Beitrag oben ob der Länge und der Absatzlosigkeit verblüfft hat.

#750:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 00:48
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Auf das der Mob diejenen stürze, die nur vergeben kurze Fürze.


Auf dich war das nichtmal gemünzt, auch wenn mich dein Beitrag oben ob der Länge und der Absatzlosigkeit verblüfft hat.


Absätze sind Weiberkram.

#751:  Autor: Myron BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 01:39
    —
Es gibt einen schönen Spruch von Isaac Bashevis Singer:

"We have to believe in free will. We’ve got no choice."

"Wir müssen an den freien Willen glauben. Wir haben keine Wahl."


zwinkern

#752: Re: Determinismuslehre und Prävention im "Dritten Reich" Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 12:20
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Du solltest Dich vielleicht besser mal mit diesem Text auseinander setzen. Ich wollte damit zeigen, wohin es führt, wenn der Staat sich den mathematisch-physikalischen oder auch biologistischen Unsinn zu eigen macht und danach seine Justiz ausrichtet. Da kommt es halt mal eben zur Vernichtung "ewig Unverbesserlicher" oder so. Oder man erstellt auf der Basis des physikalischen Determinismus Gutachten und Prognosen für "Schwerzerziehbare" oder möglicher Terroristen. Weisst schon, Guantanamo ist erst ein Anfang. Und zurück in die Geschichte geht's immer leichter als nach vorne.


Wissenschaftlicher Determinismus geht nicht von der Annahme "ewig Unverbesserlicher" aus. Deine hysterische Furcht davor, die wissenschaftliche Fundierung des Strafrechts könne zur "Ausrottung Unverbesserlicher" führen, ist unbegründet.

Übrigens witzig, dass du gerade Guantanamo nennst: Bush ist überzeugter Christ und glaubt als solcher an den freien Willen. Wenn ich deiner Argumentationslinie praktizierte, würde ich sage: Siehst du, dahin führt die Annahme eines freien Willens, man endet schließlich auf Guantanamo.

Zitat:

Nicolai tut das, was in seiner Zeit gerade angesagt war als Begründung für den deterministisch handelnden Staats- und "Volk"feind. Er nahm die Biologie. Im Mittelalter nahm man Geister und Dämonen und sprach von "Besessenheit" statt "Determinismus". Von der Struktur her ist das identisch. Und da hilft es auch nichts, dass man heute die Physik nimmt.

Unwissenschaftlich und reaktionär ist all dies in jedem dieser Fälle.


Im Mittelalter glaubte man an den freien Willen und brachte Straftäter aufs Schafott.

Die pseudowissenschaftliche Position Nicolais stimmt in keiner Weise mit dem wissenschaftlichen Determinismus überein. "Von der Struktur" ist da gar nix identisch. Bitte setze dich erst einmal mit der Position deines "Gegners" gründlich auseinander, bevor du diffamierst.

Zitat:
Nazi Nicolai spricht auch von "Abschreckung". Und rate mal, was das ist.


Abschreckung macht nicht den Kern des Präventionsgedankens aus. Nicolai möchte nicht Straftaten vorbeugen, sondern Straftäter ausrotten, weil er halt ein dummer Nazi ist (aber mit Sicherheit kein wissenschaftlicher Determinist).

Zitat:
Wie gesagt, er spricht von Abschreckung und dem "Schutz der "Volkes". Auch hier im Forum las ich davon, dass nicht Strafe, sondern dieser "Schutz" von wasauchimmer im Vordergrund stehen sollte.


Hier haben User Schutzhaft gefordert?

Zitat:
Und was verstehst Du unter "auf Besserung des Täters hinwirken"? Was sollen denn das für "determinierende Umstände" sein, die in Deinen Besserungsanstalten hersgestellt werden sollen? Sag' doch gleich "Teufelsaustreibung".


Hältst du Straftätertherapie für Teufelsaustreibung?

Der Kern des Präventionsgedankens ist für mich, solche sozialen Umstände zu schaffen, dass kriminelles Verhalten erst gar nicht entsteht. Ich bin, gut deterministisch, der Meinung, dass man bei entsprechenden sozialen Bemühungen Kriminalität auf nahezu Null "herunterfahren" könnte (ist aber politisch nicht gewollt).

Zitat:
Die fehlende Ehre ist gemäß dem Biologisten Nicolai angeboren und damit determiniert. Der "geborene Verbrecher" ist nur ein anderes Wort für "physikalisch determinierter Verbrecher".

Schlimm ist nicht der Begriff der Schuld, sondern die Begriffe der "determinierten Schuld", z.B. in Form der "angeborenen Schuld".

Skeptiker


Die angeborene Ehrlosigkeit bei Nicolai ist sowas wie die Erbschuld bei den Katholiken.
Dass solche mythologischen Konstrukte nichts mit wissenschaftlichem Determinismus zu tun haben, darauf wurde genügend hingewiesen.

#753: Re: Determinismuslehre und Prävention im "Dritten Reich" Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 12:36
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:


Im Mittelalter glaubte man an den freien Willen und brachte Straftäter aufs Schafott.



Viel zu einfach, eigentlich geradezu platt. "Im Mittelalter glaubte man..." Mit den Augen rollen Hauptsache das atheistische Wunderargument hebt sich glanzvoll von finsteren Zeiten ab...

#754:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 12:53
    —
Ich halte es aber für durchaus zutreffend, dass der Glaube an FW und Schuld archaiche Rachereflexe begünstigt. Umgekehrt scheint ein tieferes Verständnis für die Ursachen von Straftaten selbst bei Opfern die Verarbeitung des erlittenen Verbrechens zu erleichtern.

#755:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 12:57
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Angesichts der Systemkomplexität und der flexiblen Formbarkeit des menschlichen Gehirnes ist es wahrscheinlich, dass der Mensch einen (im Sinne von Peter Bieri) bedingt freien Willen besitzt.

Welcher war jetzt nochmal der BFW im Sinne von Peter Bieri? War das der mit echten Möglichkeiten oder der, der nur ein anderes Wort für determinierte Bewertung und Präferenzen ist?

Und wie hast Du die Wahrscheinlichkeit berechnet?

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
... Den Anteil Freiheit sehe ich darin, dass der Mensch sich (seine Urteilsfähigkeit) im Laufe seines Lebens ständig bewusst selbst formt.

Wobei "der Mensch formt sich selbst" ein intuitionistischer Ausdruck ist für "der Mensch wird durch determinierte, teilweise selbstorganisierende Abläufe geformt, teilweise begleitet von einem personalen Bewußtsein".

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Solange wir nicht wissen, was Bewusstsein denn tatsächlich ist, wie es entsteht und funktioniert, sind Behauptungen über seine Funktionalitäten und ihm innewohnenden Eigenschaften vielfach nach wie vor Spekulation.

Das gilt allerdings nicht für Aussagen, die auch ohne Verständnis des Bewußtseins, rein auf der Basis gut belegter Wissenschaften getroffen werden können, etwa der komplett kausale Ablauf, die Abwesenheit echter Möglichkeiten usw.

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Wie kann (nicht nur menschliche) Kreativität existieren, wenn da eine grundsätzliche Unfreiheit, eine absolute Determination die Wirklichkeit dominierte? Unterliegen denn selbst meine Gedanken stetig einem "allgegenwärtigen Zwang"? Sicherlich nicht!

Das ist wieder mal rein intuitionistisch argumentiert. Die "grundsätzliche Unfreiheit" steht in keinerlei Gegensatz zur Entstehung von Kreativität.

wikipedia hat folgendes geschrieben:
Kreativität im weitesten Sinn beruht auf der Fähigkeit des menschlichen Gehirns, die Lücke zwischen nicht sinnvoll miteinander verbundenen oder logisch aufeinander bezogenen Gegebenheiten durch Schaffung von Sinnbezügen mittels freier Assoziation mit bereits Bekanntem und spielerischer Theoriebildung (Phantasie) auszufüllen.

Nehmen wir z.B. die "spielerische Theoriebildung". Ein komplett determiniertes neuronales Netzwerk kann sehrwohl zu Simulationen, Lernen usw. fähig sein.

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Ein schönes Beispiel finde ich hierzu, wenn ich mir betrachte wie "ich", bzw. eine Facette meines Bewusstseins regelmäßig "austickt" und mal eben "macht was es will". Wer kennt sie nicht, all die wunderbaren nächtlichen Träume, in denen Naturgesetze oft keine Rolle spielen. Auch wenn diese Träume nicht "real" sind, stellen sie doch auch einen Teil der Wirklichkeit dar, ach ihr wisst schon was ich meine...

Klar. Die Möglichkeiten, die wir uns vorstellen, sind nicht unbedingt physikalisch. Im Wachzustand werden die allzu unphysikalischen Möglichkeiten meist verworfen. Die meisten Menschen glauben fälschlicherweise, daß die übrigbleibenden Möglichkeiten (also die, von denen wir nicht wissen, daß sie im EInzelfall unphysikalisch sind) real zur Auswahl stehen.

Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Hej, aber das sind doch "meine" Träume und verschiedentlich, ist es mir sogar innerhalb des Traums bewusst, dass "ich" träume und weiter noch, "ich" kann den Traum dann auch noch beeinflussen, bin sozusagen Verursacher und gleichzeitig Betrachter und evtl. "Betroffener" meines Traums. Also für mich ist das schon irgendwie frei. Ach wenn der Traum und mein "Einfluss" darauf eine Illusion wäre, wer außer mir sollte Verursacher dieser Illusion sein Am Kopf kratzen

Dieses "Verursachertum" ist aber bei Licht betrachtet nur eine Setzung. Ebenso kannst Du sagen, der Herd verursache das Kochen des Wassers - wer sonst? Und auch für den Herd gilt: Würde der Herd sich anders verhalten, also etwa ausbleiben, würde das Wasser nicht heiß werden. Der wesentliche Unteschied ist, daß DU ein intelligenter Herd bist, dessen Regelkreise komplexer ind, der die Zukunft (auch unrelistische) simulieren und gegen Interessen abgleichen kann, der sich ein Modell von sich selbst hat usw. - und aufgrund dieser Komplexität und Reflexivität, kombiniert mit offensichtlichem Unwissen über die Zukunft, hältst DU Dich für "irgendwie frei".

#756:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 13:15
    —
step hat folgendes geschrieben:
Und wie hast Du die Wahrscheinlichkeit berechnet?
Gar nicht! Man weiss einfach zu wenig darüber, also ist der Spekulation freier Lauf gewährt!
Zitat:
Wobei "der Mensch formt sich selbst" ein intuitionistischer Ausdruck ist für "der Mensch wird durch determinierte, teilweise selbstorganisierende Abläufe geformt, teilweise begleitet von einem personalen Bewußtsein".
Tönt gut! Besonders die "selbstorganisierenden Abläufe"!

#757:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 13:18
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und wie hast Du die Wahrscheinlichkeit berechnet?
Gar nicht! Man weiss einfach zu wenig darüber, also ist der Spekulation freier Lauf gewährt!

Dann ist es aber nicht wahrscheinlich.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wobei "der Mensch formt sich selbst" ein intuitionistischer Ausdruck ist für "der Mensch wird durch determinierte, teilweise selbstorganisierende Abläufe geformt, teilweise begleitet von einem personalen Bewußtsein".
Tönt gut! Besonders die "selbstorganisierenden Abläufe"!

Die Bezeichnung "frei" ist dann aber ziemlich irreführend. Man könnte höchstens sagen "im Moment der Handlungssteuerung relativ frei von Einflüssen außerhalb des Körpers" oder so.

#758:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 13:22
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Ich halte es aber für durchaus zutreffend, dass der Glaube an FW und Schuld archaiche Rachereflexe begünstigt. Umgekehrt scheint ein tieferes Verständnis für die Ursachen von Straftaten selbst bei Opfern die Verarbeitung des erlittenen Verbrechens zu erleichtern.


Ich mach mich mal wieder unbeliebt: Da reicht doch schon, dass man das Zustandekommen der Straftat ein Stück weit rekapituliert, man braucht dazu keine Gewissheit um eine heissgeliebte Abstraktion, wie dem unfreien Willen. Selbst kleine Kinder wissen, dass der Pappa Stress hat, wenn er mal wieder rumschreiht, etc. Es wird ständig versichert, es gäbe keine belangvolle Auffassung von einem freien Willen, die es wert wäre so bezeichnet zu werden, d.h. es wird propagiert, es existieren natürlich auch weder Schuld, noch Person, noch irgend eine Konstante des sozialen Lebens, weil das ja auf "archaischen" und "ecclesiastischen" Seifenblasen und Zauberei per Def. zu beruhen hat. Das ist sehr verdächtig, sich als eine Neigung herauszustellen, die Realität, wie sie ist, als eine Illusion zu "entlerven" um sich erleichtert zurücklehnen zu können, denn alles, zeigt die Wissenschaft, sieht in Wirklichkeit ganz anders aus, auch wenn euch noch so sehr im realen Leben der Arsch getreten wird. So steht man über allem und braucht sich vor nichts wirklich zu fürchten. Ein Stück weit funktioniert das sicher, aber es ist doch letztlich unumgänglich, sich der Wirklichkeit zu stellen und in dieser wird ein quasi freier Wille und werden Personen für uns, die wir auch als Analytiker Personen sind, undurchschaubar simuliert, folglich zur Realität Schulterzucken

#759:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 13:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
Dann ist es aber nicht wahrscheinlich.
Jetzt frage ich aber Dich, wie Du die Wahrscheinlichkeit berechnet hast?

Vielleicht ist ja der freie Wille nur eine Illusion, aber eine starke. So wie die Zeit ja eine Illusion sein soll, aber eine starke (Julian Barbour, "The End of Time"). Und die Zeit nimmt man trotzdem sehr ernst...

#760:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 14:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und wie hast Du die Wahrscheinlichkeit berechnet?
Gar nicht! Man weiss einfach zu wenig darüber, also ist der Spekulation freier Lauf gewährt!

Dann ist es aber nicht wahrscheinlich.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wobei "der Mensch formt sich selbst" ein intuitionistischer Ausdruck ist für "der Mensch wird durch determinierte, teilweise selbstorganisierende Abläufe geformt, teilweise begleitet von einem personalen Bewußtsein".
Tönt gut! Besonders die "selbstorganisierenden Abläufe"!

Die Bezeichnung "frei" ist dann aber ziemlich irreführend. Man könnte höchstens sagen "im Moment der Handlungssteuerung relativ frei von Einflüssen außerhalb des Körpers" oder so.


das ist Quatsch. Es existiert keine historische Forderung nach einer Zwangsabsurdität des Begriffes "Freiheit".

#761:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 14:25
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Die Bezeichnung "frei" ist dann aber ziemlich irreführend. Man könnte höchstens sagen "im Moment der Handlungssteuerung relativ frei von Einflüssen außerhalb des Körpers" oder so.

das ist Quatsch. Es existiert keine historische Forderung nach einer Zwangsabsurdität des Begriffes "Freiheit".

das ist zusammenhangslos. Es existiert keine Behauptung einer historischen Forderung nach einer Zwangsabsurdität des Begriffes "Freiheit".

#762:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 14:30
    —
Zitat:
Die Bezeichnung "frei" ist dann aber ziemlich irreführend. Man könnte höchstens sagen "im Moment der Handlungssteuerung relativ frei von Einflüssen außerhalb des Körpers" oder so.


naja, das soll doch wohl universell auf Freiheitsbehauptungen eingehen oder etwa nur auf spezielle...?

"der Mensch formt sich selbst" ist ein starker Freiheitsbegriff.

#763:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 14:40
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Bezeichnung "frei" ist dann aber ziemlich irreführend. Man könnte höchstens sagen "im Moment der Handlungssteuerung relativ frei von Einflüssen außerhalb des Körpers" oder so.
naja, das soll doch wohl universell auf Freiheitsbehauptungen eingehen oder etwa nur auf spezielle...?

Vertehe leider nicht, was Du ausdrücken willst. Natürlich sollte man bei "frei" immer sagen wovon frei, insofern ist es hier schon eine spezielle Situation.

Argaith hat folgendes geschrieben:
"der Mensch formt sich selbst" ist ein starker Freiheitsbegriff.

Nein. Der Satz sagt nur aus, daß die effektive Funktion des Systems "Mensch" sich zeitlich verändert durch Vorgänge innerhalb des Systems. Oder so ähnlich.

#764:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 15:15
    —
Ok, du ordnest das anders zu als ich.

Wolltest du nicht explizieren, dass die selbstbestimmte, interessengesteurte Entwicklung einer Person fälschlich als Freiheit gesehen wird? Ich weiss es nicht, aber ich schreibe jetzt mal eine Was-Wäre-Wenn-Du-Antwort und dann kannst du dir ja überlegen, ob das deine Ansichten tangiert und in wiefern, gleichzeitig wird deutlicher was ich meine.

Du kennst ja eigentlich meine Meinung dazu, nehme ich an? Es ist mir nach wie vor unverständlich, wieso angeblich eine solche Übermacht von unphysikalischen, ja sogar semantisch unlogischen Freiheitsvorstellungen ausgehen soll. ME werden diese mit generellen religiösen Schwafelattacken verwechselt, die nichts anderes bewirken sollen, als Kritikimmunität.

Ein Begriff von Freiheit, der impliziert, man müsse zu physikalisch Unmöglichem oder zu unlogischem Handeln fähig sein, entspricht quasi der Vorstellung von einer göttlichen Allmacht. Ich finde es natürlich und wirklich auch am weitesten verbreitet (neben der judeochristlichen Sündenvorstellung, die aus noch vielen anderen Gründen absurd ist und mE ein anderes Schlachtfeld ist), dass Freiheit in der Regel so zu verstehen ist, dass man keine Not empfindet, sich aus Zwängen zu befreihen und subjektiv ungezwungen zwischen mehreren (Möglichkeiten) Zukunftssimulationen/Schätzungen zu entscheiden, also einfach gemäß dem Willen (du würdest sagen "gemäß den Präferenzen") zu handeln. Unfreiheit kann nicht sinnvoll so verstanden werden, dass sie durch physikalische Rahmenbedingungen gestellt ist. Wir sind natürlich nicht frei aus eigener Kraft zu fliegen oder unsere Körper zu verwandeln, siehe Allmachtsbegriff. Freiheit, wie Unfreiheit kann sich doch nur auf das beziehen, was auch physikalisch möglich und entscheidungstechnisch logisch ist. Wenn ich eine technische Lösung habe, die mir dazu verhilft zu fliegen, dann bin ich frei zu fliegen, vorher nicht und dann kann ich mich auch fragen, ob ich es versuchen soll zu fliegen oder nicht und wiederrum bin ich aber daraufhin natürlich nicht frei von den rahmengebenden Prämissen, die für diese Entscheidung eine Rolle spielen. Somit ist Freiheit natürlich eine Wahl zwischen begrenzt präzise abgeschätzten Konsequenzen.

Nun stellen aber viele diesen mir als naheligend und absolut vorherrschend erscheinenden Freiheitsbegriff als 'unwürdig' dar, als solcher durchzugehen, was absurd ist. Es ist unlogisch zu behaupten, eine unlogische Aussage könne ein als sinnvoll beurteilbarer Begriff für irgendwas angenommen werden. Diesen Fehler kann man niemanden unterjubeln, der ihn nicht explizit begeht, aber gerade da ist es auch zweifelhaft, ob sich sojemand semantisch konsistent um eine mit Freiheit assoziierbare Begriffschöpfung bemüht.

#765:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 15:42
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Du kennst ja eigentlich meine Meinung dazu, nehme ich an? Es ist mir nach wie vor unverständlich, wieso angeblich eine solche Übermacht von unphysikalischen, ja sogar semantisch unlogischen Freiheitsvorstellungen ausgehen soll.

Weil sie nie drüber nachdenken, sich mit Physik nicht auskennen und sich durch ihre primäre Intuition täuschen lassen. Sie verwechseln Unwissen mit Freiheitsgraden, vorgestellte Möglichkeiten mit echten Möglichkeiten, Geist mit Materie usw.

Argaith hat folgendes geschrieben:
ME werden diese mit generellen religiösen Schwafelattacken verwechselt, die nichts anderes bewirken sollen, als Kritikimmunität.

Ich bemühe mich, FW-Kritik nicht mit Glaubenskritik zu vermischen.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Ich finde es natürlich und wirklich auch am weitesten verbreitet, ... dass Freiheit in der Regel so zu verstehen ist, dass man keine Not empfindet, sich aus Zwängen zu befreihen und subjektiv ungezwungen zwischen mehreren (Möglichkeiten) Zukunftssimulationen/Schätzungen zu entscheiden, also einfach gemäß dem Willen (du würdest sagen "gemäß den Präferenzen") zu handeln.

Das ist aber ganau, was ich sage: Man ist eben nur subjektiv frei. Objektiv ist man determininiert. Deswegen sprechen manche von einer "Illusion", weil man das oft tut, wenn subjektive und objektive Einschätzung nicht übereinstimmen.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Unfreiheit kann nicht sinnvoll so verstanden werden, dass sie durch physikalische Rahmenbedingungen gestellt ist.

Doch: Wenn die physikalischen Rahmenbedingeungen den Verlauf nicht nur eingrenzen, sondern komplett bestimmen, ist der Ausdruck "Unfreiheit" zumindest objektiv angebracht.

Argaith hat folgendes geschrieben:
... Somit ist Freiheit natürlich eine Wahl zwischen begrenzt präzise abgeschätzten Konsequenzen.

Und handelt es sich jetzt dE nur um die Wahl zwischen Abschätzungen oder existieren wirklich Freiheitsgrade?

Argaith hat folgendes geschrieben:
Nun stellen aber viele diesen mir als naheligend und absolut vorherrschend erscheinenden Freiheitsbegriff als 'unwürdig' dar, als solcher durchzugehen, was absurd ist.

Ja, weil sie eben nur subjektiv als solche empfunden wird. Wie auch bestimmte Vorstellungen von der Identität und Kontinuität der Person.

#766:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 16:24
    —
@step,

Zitat:
Weil sie nie drüber nachdenken, sich mit Physik nicht auskennen und sich durch ihre primäre Intuition täuschen lassen. Sie verwechseln Unwissen mit Freiheitsgraden, vorgestellte Möglichkeiten mit echten Möglichkeiten, Geist mit Materie usw.



Zitat:
Und handelt es sich jetzt dE nur um die Wahl zwischen Abschätzungen oder existieren wirklich Freiheitsgrade?


Eine Vermutung, das ich das als echte Freiheitsgrade, d.h. sicher mögliche Realitäten, ansehen könnte, würde doch eigentlich schon meine Verwendung von "...begrenzt präzise..." verbieten.

In der Einsicht darum, dass es sich um eine Zukunftssimulation handelt, an der man sich in seinem Handeln orientiert, liegt die Objektivität, die du meinst und im Unwissen über das letztendliche Resultat des Handels und in der Notwendigkeit trotzdem entscheiden zu müssen, liegt die Subjektivität (Zumindest aber in sofern, dass absolute Erkenntnis unmöglich ist, ist die Einsicht besagter Objektivität ebenfalls 'nur' ein Mittel der Zukunftsabschätzung aber das sage ich nur der Vollständigkeit halber).

Ein Freiheitsbegriff kann sich aber gar nicht auf den übergeordnet-objektiven Bezugsrahmen beziehen (klingt wie eine notorische Wiederholung, sorry): In der Physik ist doch überhaupt kein Platz für die Anwendung eines Begriffes wie Freiheit oder Unfreiheit (ich meine nicht im Sinne von Freiheitsgraden, die eben keinen ethisch relevanten Freiheitsbegriff schneiden). Insbesondere hat die oben genannte Objektivität nur dann einen Einfluss auf ethische Fragen, wenn sie es ermöglicht, eine klar abweichende Konsequenz gegenüber der subjektiven Möglichkeitssimulation darzulegen. Alltagbezogen übersetzen wir das mit "Vernunft", wir handeln vernünftig, wenn wir weit vorausblickend handeln und unvernünftig wenn wir kurzsichtig handeln. Das Wissen um die Determiniertheit von Handlungen wird es aber niemals ermöglichen die Zukunft wirklich vorherzusehen. In soweit dies bereits angenähert wird, wird es doch als Beitrag zur Vernunft in die Welt des subjektiven Ichs hinzuaddiert. Die Implikation vernünftigen und unvernünftigen Handels deckt doch bereits die ethische Relevanz der Determiniertheit so weit wie es geht ab.


step hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:

Unfreiheit kann nicht sinnvoll so verstanden werden, dass sie durch physikalische Rahmenbedingungen gestellt ist.


Doch: Wenn die physikalischen Rahmenbedingeungen den Verlauf nicht nur eingrenzen, sondern komplett bestimmen, ist der Ausdruck "Unfreiheit" zumindest objektiv angebracht.


Ich muss erneut widersprechen: Sobald Unfreiheit so verstanden wird, kann es überhaupt keine gleichgestellte Bedeutung von Freiheit geben. Unfreiheit als Abwesenheit einer Freiheit aufzufassen, die es per Definition nicht geben kann, ist nicht sinnvoll. Es besteht hier keinerlei Dualismus oder Negationsmöglichkeit.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Nun stellen aber viele diesen mir als naheligend und absolut vorherrschend erscheinenden Freiheitsbegriff als 'unwürdig' dar, als solcher durchzugehen, was absurd ist.


step hat folgendes geschrieben:
Ja, weil sie eben nur subjektiv als solche empfunden wird. Wie auch bestimmte Vorstellungen von der Identität und Kontinuität der Person.


Der Bezugsrahmen, den du für den Freiheitsbegriff setzt und als objektiv ansiehst (was er auch ist, unabhängig davon, ob er als Bezugsrahmen für Freiheit gültig ist), ist hier aber unbrauchbar. Du sagst eigentlich nur, dass Freiheit früher unphysikalisch als eine Art Wunder verstanden wurde und diese Zeiten nun vorbei seien. Das setzt aber voraus, dass das Freiheitsverständnis, dass du wiederlegen willst, hinreichend weit verbreitet ist. Ich meine, dass es zumindest nicht so weit verbreitet ist, dass man es irgendwo im Rahmen objektiver ethischer Diskussionen ausmachen könnte. Das es heute immer noch Ansätze eines Gewohnheitsrechts gibt, ist eine andere Sache. Eine Einschränkung der ethisch aus Freiheit folgenden Verantwortung ist wie gesagt durch die Anerkennung vorhersagefähiger Modelle vielfältiger Art schon gesichert: Wir nennen es "vernünftig" , u.a. möglichst viele Faktoren bei einem Urteil zu berücksichtigen.

#767: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 16:35
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Du solltest Dich vielleicht besser mal mit diesem Text auseinander setzen. Ich wollte damit zeigen, wohin es führt, wenn der Staat sich den mathematisch-physikalischen oder auch biologistischen Unsinn zu eigen macht und danach seine Justiz ausrichtet. Da kommt es halt mal eben zur Vernichtung "ewig Unverbesserlicher" oder so. Oder man erstellt auf der Basis des physikalischen Determinismus Gutachten und Prognosen für "Schwerzerziehbare" oder möglicher Terroristen. Weisst schon, Guantanamo ist erst ein Anfang. Und zurück in die Geschichte geht's immer leichter als nach vorne.


Wissenschaftlicher Determinismus ...


Du meinst pseudowissenschaftlichen Reduktionismus.

Heiner hat folgendes geschrieben:
... geht nicht von der Annahme "ewig Unverbesserlicher" aus.


Es ist aber interessant, wie euereiner schon bald zum Thema "Strafrecht" und "Prävention" übergeht. Das gibt zu denken.

Ich frage mich, wieso von euereiner nicht gewisse Kriminelle in den Konzern- und Staatsetagen thematisiert werden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Deine hysterische Furcht davor, die wissenschaftliche Fundierung des Strafrechts könne zur "Ausrottung Unverbesserlicher" führen, ist unbegründet.


Also, wenn ich schon lese, dass Leute "umdeteminiert" werden sollen, dann frage ich mich schon von wem und zu wessen Zweck. Computer programmiert man um. Menschen ticken anders. Es sind lebende, entscheidungsfähige und erkentnnisfähige Systeme.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Übrigens witzig, dass du gerade Guantanamo nennst: Bush ist überzeugter Christ und glaubt als solcher an den freien Willen. Wenn ich deiner Argumentationslinie praktizierte, würde ich sage: Siehst du, dahin führt die Annahme eines freien Willens, man endet schließlich auf Guantanamo.


Bush glaubt als Christ an einen freien Willen? Weil er "das Böse" ausrotten will? Ja, ist denn Guantanamo eine Therapiestation? Wusste ich jetzt gar nicht.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nicolai tut das, was in seiner Zeit gerade angesagt war als Begründung für den deterministisch handelnden Staats- und "Volk"feind. Er nahm die Biologie. Im Mittelalter nahm man Geister und Dämonen und sprach von "Besessenheit" statt "Determinismus". Von der Struktur her ist das identisch. Und da hilft es auch nichts, dass man heute die Physik nimmt. Unwissenschaftlich und reaktionär ist all dies in jedem dieser Fälle.


Im Mittelalter glaubte man an den freien Willen und brachte Straftäter aufs Schafott.


Wer wurde denn im Mittelalter und im Faschismus als "Straftäter" angesehen? Das waren doch Leute, die sich gegen "Gott", König und Führer und die ganze "heilige" Ordnung aufgelehnt haben.

Und sie wurden als unheilbar böse betrachtet und als solche ausgemerzt.

Du musst verstehen: Das Prinzip des Besessenseins vom Bösen bedeutet implizit die Annahme einer inneren Determiniertheit.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die pseudowissenschaftliche Position Nicolais stimmt in keiner Weise mit dem wissenschaftlichen Determinismus überein. "Von der Struktur" ist da gar nix identisch. Bitte setze dich erst einmal mit der Position deines "Gegners" gründlich auseinander, bevor du diffamierst.


Die Faschisten setzen eine bestimmte christlich-philosophische Tradition des Abendlandes fort. Das zeigt sich z.B. bei Nicolai.

Es zeigt sich aber auch bei anderen abendländischen determninistischen Denktraditionen, wenn auch etwas verdünnter. Der physikalische Determinismus ist eine reine Philosophie, keine Wissenschaft. Und diese Philosophie hat eben jene gezeigte Tradition seit Augustinus.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nazi Nicolai spricht auch von "Abschreckung". Und rate mal, was das ist.


Abschreckung macht nicht den Kern des Präventionsgedankens aus. Nicolai möchte nicht Straftaten vorbeugen, sondern Straftäter ausrotten, weil er halt ein dummer Nazi ist (aber mit Sicherheit kein wissenschaftlicher Determinist).


Abschreckung ist sehr wohl Prävention. Zwar nicht die einzig mögliche, aber Prävention. Was denn sonst?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wie gesagt, er spricht von Abschreckung und dem "Schutz der "Volkes". Auch hier im Forum las ich davon, dass nicht Strafe, sondern dieser "Schutz" von wasauchimmer im Vordergrund stehen sollte.


Hier haben User Schutzhaft gefordert?


Ich meine schon.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Kern des Präventionsgedankens ist für mich, solche sozialen Umstände zu schaffen, dass kriminelles Verhalten erst gar nicht entsteht. Ich bin, gut deterministisch, der Meinung, dass man bei entsprechenden sozialen Bemühungen Kriminalität auf nahezu Null "herunterfahren" könnte (ist aber politisch nicht gewollt).


Du meinst Verhältnisprävention durch eine soziale Politik? Da bin ich einverstanden.

Aber was ist der Überfall einer Bank gegen die Gründung einer Bank?

Wer geht gegen die Kriminellen an den Schalthebeln der Macht vor? Die sind irgendwie falsch determiniert, um mal mit Deinen Begriffen zu sprechen. zwinkern

Skeptiker

#768: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 17:38
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:



Heiner hat folgendes geschrieben:
Übrigens witzig, dass du gerade Guantanamo nennst: Bush ist überzeugter Christ und glaubt als solcher an den freien Willen. Wenn ich deiner Argumentationslinie praktizierte, würde ich sage: Siehst du, dahin führt die Annahme eines freien Willens, man endet schließlich auf Guantanamo.


Bush glaubt als Christ an einen freien Willen? Weil er "das Böse" ausrotten will? Ja, ist denn Guantanamo eine Therapiestation? Wusste ich jetzt gar nicht.



Skeptiker


Heiner, ist Bush Katholik?

Das man als Christ nicht an den freien Willen glauben muss, habe ich dir anhand der Calvinisten wohl bestens nachgewiesen.

Der einzige Grund, warum du so fest an deinem Glauben festhängst, ist die Ablehnung eines anderen Glauben, das katholische Christentum.

Welche determinierende Wellenfunktion auf welche
Weise eine andere Wellenfuktion so harmonisierend "zureiten" kann, dass diese Determination, die ja eine strenge ist, einbricht, das musst du mir erklären.

Wie wird die alte Determination überschrieben?


Wie macht das der Determinator der Jetztzeit?

Ist das eine Art von Intelligent Design im hier und heute?

Agnost

#769: Re: gegen die feindliche Übernahme durch das mechanistische Weltbild Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 17:52
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:


Ein Blinder sieht nicht den Weg, der neu angelegt wurde.

Trotzdem gibt es eine zusätzliche objektive Wahlmöglichkeit.


Für den Blinden besteht diese Wahlmöglichkeit aber "objektiv" nicht.

Zitat:
Erkennen und Wollen sind zweierlei. Da sind wir uns einig.

Das Erkennen kann aber das Wollen beeinflussen (und umgekehrt).


Es ist ja vielleicht ein Fortschritt, wenn wir die Unterscheidung zwischen Erkennen und Wollen als Konsens festhalten können.

Erkennen und Wollen auseinanderzuhalten ist gleichbedeutend damit, zwischen bloß simulierten Wahlmöglichkeiten und der in einer konkreten Situation tatsächlich realisierbaren Handlungsmöglichkeit zu unterscheiden.

Zitat:
Es ist aber ein Unsinn diese Zusammenhänge, Wechselbeziehungen und subjektiven Bestrebungen physikalisch beschreiben zu wollen. Wer das versucht, ist unredlich.

Skeptiker


Wie soll ich diese Zusammenhänge "redlicherweise" sonst beschreiben? Supernaturalistisch?

#770:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 18:40
    —
@Argaith:

Dann sind wir uns also immerhin inzwischen einig in bezug auf den folgenden Punkt:

- es existieren bei einer normalen Entscheidung keine objektiven Möglichkeiten / wirklichen Freiheitsgrade

Argaith hat folgendes geschrieben:
Insbesondere hat die oben genannte Objektivität nur dann einen Einfluss auf ethische Fragen, wenn sie es ermöglicht, eine klar abweichende Konsequenz gegenüber der subjektiven Möglichkeitssimulation darzulegen.

Generell hat kein modellierender Ansatz, auch nicht der von Dir und anderen propagierte subjektivistische, intuitive Ansatz, Einfluß auf ethische Fragen.

Dennoch sind die sich aus den Ansätzen ergebenden Unterschiede interessant. Einige wurden hier ja schon thematisiert. Sie eignen sich selbstverständlich nicht, ein Ethik abzuleiten, denn dazu muß man Ziele benennen (mit oder ohne FW). Sie eignen sich aber immerhin, um bestimmte zuvor gültige Folgerungen und Denkmodelle zu widerlegen.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Das Wissen um die Determiniertheit von Handlungen wird es aber niemals ermöglichen die Zukunft wirklich vorherzusehen.

Es trägt ein Stück bei zu einer besseren Theorie über die Funktionsweise von Menschen.

Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Unfreiheit kann nicht sinnvoll so verstanden werden, dass sie durch physikalische Rahmenbedingungen gestellt ist.
Doch: Wenn die physikalischen Rahmenbedingeungen den Verlauf nicht nur eingrenzen, sondern komplett bestimmen, ist der Ausdruck "Unfreiheit" zumindest objektiv angebracht.
Ich muss erneut widersprechen: Sobald Unfreiheit so verstanden wird, kann es überhaupt keine gleichgestellte Bedeutung von Freiheit geben. Unfreiheit als Abwesenheit einer Freiheit aufzufassen, die es per Definition nicht geben kann, ist nicht sinnvoll.

Das ist falsch, da es diese Freiheit nicht etwa p.d. nicht geben kann. Es könnte sie geben, aber "unsere" Physik erlaubt es nicht.
Du versuchst hier übrigens sozusagen mein eigenes physikalisches Argument gegen mich zu verwenden, nach dem Motto: "Da Freiheit physikalisch unmöglich ist, muß etwas anderes als Freiheit bezeichnet werden, sonst wäre es unfair, da es ja sonst überhaupt keine Freiheit gäbe."

Du kannst diesen Fehler vielleicht eher bemerken, indem Du statt "Freiheit" irgendetwas anderes einsetzt, über desssen Existenz und Definition gestritten wird, z.B. "Übernatürliches" oder "Jenseitigkeit". Deine Aussage würde dann z.B. so lauten:

"Sobald Natürlichkeit so verstanden wird, kann es überhaupt keine gleichgestellte Bedeutung von Übernatürlichkeit geben. Natürlichkeit als Abwesenheit einer Übernatürlichkeit aufzufassen, die es per Definition nicht geben kann, ist nicht sinnvoll."

Argaith hat folgendes geschrieben:
Du sagst eigentlich nur, dass Freiheit früher unphysikalisch als eine Art Wunder verstanden wurde und diese Zeiten nun vorbei seien. Das setzt aber voraus, dass das Freiheitsverständnis, dass du wiederlegen willst, hinreichend weit verbreitet ist. Ich meine, dass es zumindest nicht so weit verbreitet ist, dass man es irgendwo im Rahmen objektiver ethischer Diskussionen ausmachen könnte.

Dann frag doch mal ein paar x-beliebige Normalos in Deiner Umgebung, ob sie den FW so verstehen, daß man echte Möglichkeiten habe, oder daß der Ablauf (inkl. Entscheidung) determiniert ist. Oder frag, ob der Täter hätte anders handeln können.

#771: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 18:47
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Welche determinierende Wellenfunktion auf welche Weise eine andere Wellenfuktion so harmonisierend "zureiten" kann, dass diese Determination, die ja eine strenge ist, einbricht, das musst du mir erklären. Wie wird die alte Determination überschrieben

Nix wird überschrieben. Du hast keine Ahnung, was eine Wellenfunktion ist, oder? Am besten wäre, Du würdest mal ein paar Jahre Physik lernen, wenn Du bei sowas mitreden willst.

Aber ich gebe mir noch mal Mühe und erkläre es Dir anhand einer Analogie. Aber komm mir nicht nachher und erzähl mir, die Analogie sei nicht komplex genug. Sie ist nämlich nur deshalb so einfach, weil Du sie sonst nicht kapierst.

Stell Dir ein Pendel vor, das gerade nach links ausschlägt. Böses Pendel! Es wird aber durch die Schwerkraft zugeritten und tatsächlich - jetzt schlägt es nach rechts aus! Preisfrage: Wie zum Teufel ist nur die alte Determination überschrieben worden?

#772:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 19:29
    —
step hat folgendes geschrieben:


Dann sind wir uns also immerhin inzwischen einig in bezug auf den folgenden Punkt:

- es existieren bei einer normalen Entscheidung keine objektiven Möglichkeiten / wirklichen Freiheitsgrade



Darüber sind wir uns nicht erst seit heute einig, ich habe das niemals anders gesehen. Wenn du anderes behauptest, dann belege es.

Zitat:

Generell hat kein modellierender Ansatz, auch nicht der von Dir und anderen propagierte subjektivistische, intuitive Ansatz, Einfluß auf ethische Fragen.


Na immerhin ein Anfang. Dann sind wir uns darüber also inzwischen einig.

Zitat:
Dennoch sind die sich aus den Ansätzen ergebenden Unterschiede interessant. Einige wurden hier ja schon thematisiert. Sie eignen sich selbstverständlich nicht, ein Ethik abzuleiten, denn dazu muß man Ziele benennen (mit oder ohne FW). Sie eignen sich aber immerhin, um bestimmte zuvor gültige Folgerungen und Denkmodelle zu widerlegen.


Das ist, was mich betrifft, eigentlich schon lange ad acta gelegt worden. Daraus gibt es nichts mehr herauszuholen.

Zitat:
Es trägt ein Stück bei zu einer besseren Theorie über die Funktionsweise von Menschen.


Ein kleines, ja.

Zitat:
Ich muss erneut widersprechen: Sobald Unfreiheit so verstanden wird, kann es überhaupt keine gleichgestellte Bedeutung von Freiheit geben. Unfreiheit als Abwesenheit einer Freiheit aufzufassen, die es per Definition nicht geben kann, ist nicht sinnvoll
step hat folgendes geschrieben:

Das ist falsch, da es diese Freiheit nicht etwa p.d. nicht geben kann. Es könnte sie geben, aber "unsere" Physik erlaubt es nicht.


Ich denke, dass du dich langsam der Klärung deines Denkfehlers näherst: Es ist völlig sinnlos zB beim Verlauf einer Bahnkurve von Freiheit oder Unfreiheit zu sprechen. Eine objektive Freiheit für eine Probemasse einem anderen Weg, als dem physikalisch möglichen zu folgen, besteht natürlich nicht. Freiheit kann nur und ausschließlich in expliziter Bezugnahme auf die Subjektivität als sinnvoller Begriff verwendet werden. Dies charakterisiert meine Denke auch nicht als subjektivistisch oder intuitiv, sie ist strikt logisch. Es steckt keinerlei subjektiver Eindruck oder Intuition dahinter, wenn ich sage, dass Freiheit grundsätzlich auf die Eigenwahrnehmung eines Subjekts und dessen begrenzte Fähigkeit zu beziehen ist, die Zukunft vorauszuberechnen. Genau wie du will ich daraus auch keine Ethik ableiten, es geht mir lediglich um eine meiner Meinung nach wichtige Begriffsklärung. Das du das für dich als Schlagwort wirkende Wort "subjektiv" intuitiv auf seinen Anwender beziehst, sobald dieses auftaucht, bekräftigt mich in meiner Annahme, dass du hier noch Schwächen hast und also ein Erklärungsbedarf besteht.

Zitat:
Du versuchst hier übrigens sozusagen mein eigenes physikalisches Argument gegen mich zu verwenden, nach dem Motto: "Da Freiheit physikalisch unmöglich ist, muß etwas anderes als Freiheit bezeichnet werden, sonst wäre es unfair, da es ja sonst überhaupt keine Freiheit gäbe."

Du kannst diesen Fehler vielleicht eher bemerken, indem Du statt "Freiheit" irgendetwas anderes einsetzt, über desssen Existenz und Definition gestritten wird, z.B. "Übernatürliches" oder "Jenseitigkeit". Deine Aussage würde dann z.B. so lauten:

"Sobald Natürlichkeit so verstanden wird, kann es überhaupt keine gleichgestellte Bedeutung von Übernatürlichkeit geben. Natürlichkeit als Abwesenheit einer Übernatürlichkeit aufzufassen, die es per Definition nicht geben kann, ist nicht sinnvoll."


Hier wird nochmal deutlich, dass das Wort "subjektiv" für dich eine Art Platzhalter für eine Kategorie von Ettiketten des Anweders steht.

Eine Austauschbarkeit mit "Übernatürlich" besteht hier freilich nicht, da es dazu keinen relevanten Begriffskontext ausserhalb der Physik gibt. Du kannst nachvollziehen was ich meine, wenn du dich auf deine üblichen Termini besinnst und "subjektiv" einfach durch "auf die personale Illusion bezogen" ersetzt. Das sich dadurch keine direkten ethischen Implikationen ergeben, haben wir ja schon oben geklärt.


Zitat:
Dann frag doch mal ein paar x-beliebige Normalos in Deiner Umgebung, ob sie den FW so verstehen, daß man echte Möglichkeiten habe, oder daß der Ablauf (inkl. Entscheidung) determiniert ist. Oder frag, ob der Täter hätte anders handeln können.


Wenn ich sie so frage, würden viele sicher stutzig werden und achselzuckend "ja, sicher" antworten, selbst wenn es sich um erklärte Atheisten handelte.
Wenn ich die Frage aber so formuliere, dass deutlich wird, dass ich mich nicht auf subjektive Wahlmöglichkeiten beziehe (was du hier in dem Adjektiv "echte (Wahlmöglichkeiten)" cachierst), sondern auf das Kausalitätsprinzip, dann sicherlich nicht. Vermutlich beruhte da deine bisherige Suche nach Unsinnigkeiten auf mangelhaft formulierten Fragen.

#773:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 20:35
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Argaith hat folgendes geschrieben:
Sobald Unfreiheit so verstanden wird, kann es überhaupt keine gleichgestellte Bedeutung von Freiheit geben. Unfreiheit als Abwesenheit einer Freiheit aufzufassen, die es per Definition nicht geben kann, ist nicht sinnvoll
step hat folgendes geschrieben:

Das ist falsch, da es diese Freiheit nicht etwa p.d. nicht geben kann. Es könnte sie geben, aber "unsere" Physik erlaubt es nicht.

Ich denke, dass du dich langsam der Klärung deines Denkfehlers näherst: Es ist völlig sinnlos zB beim Verlauf einer Bahnkurve von Freiheit oder Unfreiheit zu sprechen. Eine objektive Freiheit für eine Probemasse einem anderen Weg, als dem physikalisch möglichen zu folgen, besteht natürlich nicht.

Ganz schön frech. Deine Behauptung war nicht, daß es keinen Sinn mache, weil es physikalisch nicht gegeben sei (worüber man diskutieren könnte), sondern weil es sie "per Definition" nicht geben könne. Und das war nun mal falsch.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Freiheit kann nur und ausschließlich in expliziter Bezugnahme auf die Subjektivität als sinnvoller Begriff verwendet werden. Dies charakterisiert meine Denke auch nicht als subjektivistisch oder intuitiv, sie ist strikt logisch. Es steckt keinerlei subjektiver Eindruck oder Intuition dahinter, wenn ich sage, dass Freiheit grundsätzlich auf die Eigenwahrnehmung eines Subjekts und dessen begrenzte Fähigkeit zu beziehen ist, die Zukunft vorauszuberechnen.

Mit der "strikten Logik" ist es wohl nicht weit her: Nicht Deine (korrekte) Zustimmung, daß Freiheit nur subjektiv empfunden wird, ist subjektivistisch, sondern Deine Haltung, einen solchen Freiheitsbegiff gegen die Tatsache der objektiven Unfreiheit für einen Beleg von "Willensfreiheit" zu gebrauchen.

Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du versuchst hier übrigens sozusagen mein eigenes physikalisches Argument gegen mich zu verwenden, nach dem Motto: "Da Freiheit physikalisch unmöglich ist, muß etwas anderes als Freiheit bezeichnet werden, sonst wäre es unfair, da es ja sonst überhaupt keine Freiheit gäbe."

Du kannst diesen Fehler vielleicht eher bemerken, indem Du statt "Freiheit" irgendetwas anderes einsetzt, über desssen Existenz und Definition gestritten wird, z.B. "Übernatürliches" oder "Jenseitigkeit". Deine Aussage würde dann z.B. so lauten:

"Sobald Natürlichkeit so verstanden wird, kann es überhaupt keine gleichgestellte Bedeutung von Übernatürlichkeit geben. Natürlichkeit als Abwesenheit einer Übernatürlichkeit aufzufassen, die es per Definition nicht geben kann, ist nicht sinnvoll."

Eine Austauschbarkeit mit "Übernatürlich" besteht hier freilich nicht, da es dazu keinen relevanten Begriffskontext ausserhalb der Physik gibt.

Wie bitte? Aber sicher gibt es den! Die ganze Theologie und Esoterik hat dazu einen Riesen-Begriffskontext außerhalb der Physik aufgebaut. Und der ist aus ihrer Sicht ebenso relevant wie die Freiheit des Willens für deren Verfechter.

Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Dann frag doch mal ein paar x-beliebige Normalos in Deiner Umgebung, ob sie den FW so verstehen, daß man echte Möglichkeiten habe, oder daß der Ablauf (inkl. Entscheidung) determiniert ist. Oder frag, ob der Täter hätte anders handeln können.

Wenn ich sie so frage, würden viele sicher stutzig werden und achselzuckend "ja, sicher" antworten, selbst wenn es sich um erklärte Atheisten handelte.

Eben.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Wenn ich die Frage aber so formuliere, dass deutlich wird, dass ich mich nicht auf subjektive Wahlmöglichkeiten beziehe (was du hier in dem Adjektiv "echte (Wahlmöglichkeiten)" cachierst), ...

Häh? Gerade Du beziehst Dich doch auf nur subjektive Wahlmöglichkeiten. Und mit den "echten" meine ich natürlich die (nicht vorhandenen) objektiven.

#774:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 21:20
    —
Zitat:
Ganz schön frech.


Du meinst, wenn ich deine arroganten Anspielungen mit äußerster Zurückhaltung beantworte, dann ist das 'frech'? Was bin ich, ein zwölfjähriger Schuljunge? Bin ich persönlich geworden oder du? Lass das bitte, ich sag's noch im Guten.

Zitat:
Deine Behauptung war nicht, daß es keinen Sinn mache, weil es physikalisch nicht gegeben sei (worüber man diskutieren könnte), sondern weil es sie "per Definition" nicht geben könne. Und das war nun mal falsch.


Nein, das habe ich nicht behauptet. Ich sagte, dass du den Begriff Freiheit so nicht verwenden kannst. Deine Außschließung der Existenz einer epiphänomenalen Freiheit durch 'physikalische' Argumente ist nur dann gültig, wenn sie per Definition erfolgt. Wenn diese Freiheit möglich wäre, wäre die Naturgesetzlichkeit durchbrochen. Du folgerst aber deine Ausschließung lediglich aus der Konsistenz der Physik.

Zitat:
Mit der "strikten Logik" ist es wohl nicht weit her:


Das ist zwar eine Unverschämtheit, aber eine determinierte.

Zitat:
Nicht Deine (korrekte) Zustimmung, daß Freiheit nur subjektiv empfunden wird, ist subjektivistisch, sondern Deine Haltung, einen solchen Freiheitsbegiff gegen die Tatsache der objektiven Unfreiheit für einen Beleg von "Willensfreiheit" zu gebrauchen.


Nein. Zum Einen versuche ich das überhaupt nicht zu belegen (wo sollte ich das getan haben und weshalb sollte ich dann immerzu bekräftigen, dass ich eine der Logik wiedersprechende Freiheitsvorstellung natürlich für falsch halte? Das ist Unsinn, du scheinst dich einfach nicht konzentriert zu haben), zum Anderen geht es mir nicht um irgend eine Gegendarstellung, sondern nur darum, dass du den Begriff "Unfreiheit" falsch verwendest! Der Begriff ergibt vor diesem Kontext keinen Sinn! Damit soll gesagt sein, dass deine ganzen Bemühungen, darauf etwas aufzubauen für die Katz' sind und wo ist da für dich das Problem, wenn du ohnehin keine Möglichkeit zu sehen scheinst, Konsequenzen für die Ethik daraus zu ziehen? Wenn du über die Unsinnigkeit von Traditionalismus und Gewohnheitsrecht schreiben willst, wieso hältst du dich dann mit diesem Firlefanz auf?

Zitat:
Wie bitte? Aber sicher gibt es den! Die ganze Theologie und Esoterik hat dazu einen Riesen-Begriffskontext außerhalb der Physik aufgebaut. Und der ist aus ihrer Sicht ebenso relevant wie die Freiheit des Willens für deren Verfechter.


Dem stimme ich zu, ich dachte aber, es sei klar, dass ich diesen Aufbau für keinen
Zitat:
relevanten
halte. Dann sage ich das jetzt halt nochmal ausdrücklich: Die vernünftigen (Ockham) Argumente dazu rühren aus der Physik her und laufen ausschließlich auf eine Widerlegung jeglicher Übernatürlichkeiten hinaus. Jetzt wirst du sicher wieder so tun, als habe ich das gerade eben erst von dir gelernt. Wenn es dir so viel bedeutet, im Glauben zu sein, mich zu erziehen, dann viel Spass damit. Ich muss dich aber davor warnen, dass ich da in Zukunft mit weiteren "Frechheiten" daherkommen werde Mit den Augen rollen

Zitat:
Häh? Gerade Du beziehst Dich doch auf nur subjektive Wahlmöglichkeiten. Und mit den "echten" meine ich natürlich die (nicht vorhandenen) objektiven


Und nochmal: Ich stelle subjektive Wahlmöglichkeiten NICHT als Gegenposition zum FW-Ausschluss durch die Physik dar, sondern stelle sie als den EINZIGEN Kontext dar, in dem SINNVOLL von Freiheit gesprochen werden kann. Wenn man die Frage so formuliert, dass keinerlei Zweifel über die Bedeutung von FW besteht und diese Besagt, dass der FW für die physikalische Echtheit unterschiedlicher Wahlmöglichkeiten steht, dann würde kaum jemand den ich kenne behaupten, er/sie habe einen FW in diesem Sinne. Ich auch nicht.

Vielleicht erinnerst du dich an zahlreiche jüngere (zwar eher unauffällige) Streitereien darüber zwischen mir und Er_Win. Woher nimmst du dir das Recht nun zu behaupten, mein Versuch der Begriffsklärung lasse auf metaphysisches Geschwurbel pro physikalischem FW schließen?

#775:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 21:30
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Wenn man die Frage so formuliert, dass keinerlei Zweifel über die Bedeutung von FW besteht und diese Besagt, dass der FW für die physikalische Echtheit unterschiedlicher Wahlmöglichkeiten steht, dann würde kaum jemand den ich kenne behaupten, er/sie habe einen FW in diesem Sinne.

Äh ... liest Du eigentlich diesen Thread hier?

#776:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.05.2008, 21:49
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wie bitte? Aber sicher gibt es den! Die ganze Theologie und Esoterik hat dazu einen Riesen-Begriffskontext außerhalb der Physik aufgebaut. Und der ist aus ihrer Sicht ebenso relevant wie die Freiheit des Willens für deren Verfechter.
Dem stimme ich zu, ich dachte aber, es sei klar, dass ich diesen Aufbau für keinen
Zitat:
relevanten
halte.

Ja und? Die Gläubigen halten diesen Kontext aber keineswegs für irrelevant, im Gegenteil.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Wenn man die Frage so formuliert, dass ... der FW für die physikalische Echtheit unterschiedlicher Wahlmöglichkeiten steht, dann würde kaum jemand den ich kenne behaupten, er/sie habe einen FW in diesem Sinne.

Die meisten hier sind aber der Meinung, daß die Mehrheit es doch behaupten würde.

#777:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 09:11
    —
ja und die meisten sind auch total überrascht, das elektrotechnische Meßverfahren schneller ansprechen, als die biochemischen neuronalen Verknüpfungen - die es uns "merken lassen".

Mit den Augen rollen

#778:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 09:26
    —
Ich wundere mich über die diskursive Blindheit, die im Verantwortungsprinzip einzig noch die Legitimierung von Strafe erkennen kann. Aber nicht den Mechanismus, der Bestrafung seinerseits unter einen Legitimationsdruck stellt - in unserem Rechtswesen darf prinzipiell niemand ohne ein ordentliches und nachvollziehbares Verfahren abgeurteilt werden. Nicht nur Invididuen, sondern beispielsweise auch juristische Instanzen verantworten also ihre Entscheidungen.
Dieser nüchternen Einschätzung, nach der das Verantwortungsprinzip zunächst mal einfach einen Gegenentwurf zur Willkür darstellt, welcher bestimmten diskursiven -letztlich also aufklärerischen- Regeln unterworfen ist, und einen unglaublichen zivilisatorischen Fortschritt gegenüber einem simplen Reiz-Reaktions-Schema darstellt, mag wohl leider niemand folgen.
Das Festhalten an diesem Verantwortungungs + Legitimations-Prinzip halte ich unter der Voraussetzung, daß wir einen Konsens darin haben, nachdem wir Willkür (gleichgültig ob technokratisch, machtbasiert oder sonstwie) ablehnen, für unverzichtbar.

Daher nochmal meine Fragestellung im Sinne praktischer Ethik (auch wenn sie bereits apodiktisch abgelehnt wurde): Wie sähe denn eigentlich eine brauchbare Alternative zum Verantwortungsprinzip aus?

#779:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 10:03
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
ja und die meisten sind auch total überrascht, das elektrotechnische Meßverfahren schneller ansprechen, als die biochemischen neuronalen Verknüpfungen - die es uns "merken lassen".

Mit den Augen rollen

Was hat das mit dem Thema "neurobiologische Versuche" und "freier Wille" zu tun? Das müsstest Du mir schon noch genauer ausformulieren...

#780:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 10:23
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Vielleicht erinnerst du dich an zahlreiche jüngere (zwar eher unauffällige) Streitereien darüber zwischen mir und Er_Win. ...

welche meinst du - ich erinnere mich an keine ?!

Und so ganz klar wird mir deine Darstellung auch nicht. Inwieweit sind die subjektiven Wahlmöglichkeiten (die klarerweise auch physikalisch schon im Hirn repräsentiert sind) dann nicht "echt", soferne den (vorgestellten) Wahlmöglichkeiten kein "physikalisches Hindernis" bei der Transferierung/Umsetzung in die Tat entgegensteht.

Zitat:

Wie sähe denn eigentlich eine brauchbare Alternative zum Verantwortungsprinzip aus?

diese Frage habe ich sinngemäß auch schon mal gestellt und sie wurde mit Ignoranz seitens der (F)W-"Gegner" belohnt zwinkern

Erwin

#781:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 10:24
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich wundere mich über die diskursive Blindheit, die im Verantwortungsprinzip einzig noch die Legitimierung von Strafe erkennen kann.

Mich wundert, wo Du das erblickt zu haben meinst. Die Diskussion konzentriert sich vermutlich deshalb auf diesen Aspekt, weil gerade hier die Auffassungen voneinander abweichen.

zelig hat folgendes geschrieben:
Wie sähe denn eigentlich eine brauchbare Alternative zum Verantwortungsprinzip aus?

Es geht erstmal nicht um Alternativen, sondern um eine rationale Begründung über Ziele. Bzgl. der Legitimation von Bestrafung gibt es hier scheinbar keinen Zielkonsens, bzgl. anderer Bereiche, in denen man von Verantwortlichkeit reden kann, sehe ich da kein so großes Problem.

#782:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 10:30
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
[...]
Dieser nüchternen Einschätzung, nach der das Verantwortungsprinzip zunächst mal einfach einen Gegenentwurf zur Willkür darstellt, welcher bestimmten diskursiven -letztlich also aufklärerischen- Regeln unterworfen ist, und einen unglaublichen zivilisatorischen Fortschritt gegenüber einem simplen Reiz-Reaktions-Schema darstellt, mag wohl leider niemand folgen. [...]
Interessant ist, dass im Begriff "Willkür" eigentlich der (freie) Wille enthalten ist! Und da wird das als negative Eigenschaft taxiert! Man möchte also dem freien Willen einer anderen Person lieber nicht ausgesetzt sein! Was hat das für Konsequenzen in der hiesigen Diskussion?

#783:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 10:45
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
... Dieser nüchternen Einschätzung, nach der das Verantwortungsprinzip zunächst mal einfach einen Gegenentwurf zur Willkür darstellt, welcher bestimmten diskursiven -letztlich also aufklärerischen- Regeln unterworfen ist, und einen unglaublichen zivilisatorischen Fortschritt gegenüber einem simplen Reiz-Reaktions-Schema darstellt, mag wohl leider niemand folgen.

Doch, zumindest folgenden Aspekten davon kann ich zustimmen:

- für alle nachvollziehbare Regeln festlegen
- an dafür Geeignete Verantwortung zuweisen
- kritisches review der Handlungen von Verantwortungsträgern ("Rechenschaft")

zelig hat folgendes geschrieben:
Das Festhalten an diesem Verantwortungungs + Legitimations-Prinzip halte ich unter der Voraussetzung, daß wir einen Konsens darin haben, nachdem wir Willkür (gleichgültig ob technokratisch, machtbasiert oder sonstwie) ablehnen, für unverzichtbar.

Daher nochmal meine Fragestellung im Sinne praktischer Ethik (auch wenn sie bereits apodiktisch abgelehnt wurde): Wie sähe denn eigentlich eine brauchbare Alternative zum Verantwortungsprinzip aus?

Auch wenn diese Frage nicht über die Begründungsprobleme der derzeitigen Vorgehensweise hinwegtäuschen kann, möchte ich zumindest einige Aspekte beantworten. Ich werde aber nicht im Detail darüber diskutieren, außer in einem geschlossenen Forum. Dazu sind mir hier zuviele Trolle, Dumpfbacken, Nazikeulen und dgl. unterwegs.

Bei meinem Vorschlag wären die o.g. Punkte ja ebenfalls erfüllbar. Die wesentlichen Unterschiede in der Praxis ergäben sich in bezug auf:

- Maßnahmen im Falle nichterfüllter Verantwortung wären nur noch zukunftsorientiert
- Kriterien für die Zuweisung von Verantwortung

Probleme mit meinem stärker utilitaristischen Vorschlag sehe ich vor allem in möglichen Konflikten, wenn eine stärker erwartungsbasierte Zuweisung von Pflichten/Rechten nicht nur im Bereich öff. Ämter, somndern auch im privaten Bereich umgesetzt werden sollte, etwa "Führerschein für Eltern". Problematisch könnte es auch in Grauzonen werden, z.B. bei unklarer Wiederholungstäterprognose.

Dagegen stehen Probleme des heutigen Ansatzes, der bestimmte Rechte/Pflichten ontologisch-attributiv behandelt und dadurch Schmerz und Elend, z.B. vernachlässigter Kinder, in Kauf nimmt.

#784:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 10:47
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
[...]Dieser nüchternen Einschätzung, nach der das Verantwortungsprinzip zunächst mal einfach einen Gegenentwurf zur Willkür darstellt, welcher bestimmten diskursiven -letztlich also aufklärerischen- Regeln unterworfen ist, und einen unglaublichen zivilisatorischen Fortschritt gegenüber einem simplen Reiz-Reaktions-Schema darstellt, mag wohl leider niemand folgen. [...]
Interessant ist, dass im Begriff "Willkür" eigentlich der (freie) Wille enthalten ist! Und da wird das als negative Eigenschaft taxiert! Man möchte also dem freien Willen einer anderen Person lieber nicht ausgesetzt sein! Was hat das für Konsequenzen in der hiesigen Diskussion?

Der Hintergrund ist derselbe wie bei der FW-Illusion: Willkür beinhaltet auch sehr stark den Aspekt, daß wir nicht wissen, wie sich jemand verhalten wird, also seine Unberechenbarkeit. Wir wünschen stattdessen, daß die Leute sich normgerecht, also moralisch determiniert, verhalten.

#785:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 11:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
Der Hintergrund ist derselbe wie bei der FW-Illusion: Willkür beinhaltet auch sehr stark den Aspekt, daß wir nicht wissen, wie sich jemand verhalten wird, also seine Unberechenbarkeit. Wir wünschen stattdessen, daß die Leute sich normgerecht, also moralisch determiniert, verhalten.
Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich in diesem Thread nicht alles genau gelesen habe... Aber den Begriff "FW-Illusion" habe ich bis jetzt nur in meinem eigenen Beitrag gesehen:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist ja der freie Wille nur eine Illusion, aber eine starke. So wie die Zeit ja eine Illusion sein soll, aber eine starke (Julian Barbour, "The End of Time"). Und die Zeit nimmt man trotzdem sehr ernst...
Oder ist dieser Aspekt auch anderswo näher beleuchtet worden? Ich tendiere immer mehr dazu, den freien Willen als eine starke Illusion zu sehen - was mE nicht in Widerspruch mit Bieris "bedingt freiem Willen" ist.

Als starke Illusion bezeichne ich eine solche, die zwar nicht "wirklich" existiert, die man aber nicht einfach (auch physikalisch gesehen) von sich schütteln kann. Bei der Zeit muss man schon genau erklären, wie diese "Illusion" entsteht und wie stark sie ist - sonst müsste ja z.B. eine Zeitreise nach dieser Erkenntnis einfach zu realisieren sein. Ob dies Joulian Barbour wirklich gelungen ist, möchte ich bezweifeln - und trotzdem akzeptiere ich seine Argumente.

Beim freien Willen dürfte es ähnlich sein. Man kann vielleicht "beweisen", dass ein freier Wille an sich gar nicht existieren kann, sich aber total von diesem Konzept befreien kann man sich auch nicht. Und dies unabhängig davon, ob man sich wünscht "daß die Leute sich normgerecht, also moralisch determiniert, verhalten". Sich selbst sieht man ja nicht als "willkürlich", sondern rechtfertig- und begründbar frei handelnd. Dann müsste man das den anderen ja auch zugestehen (mindestens konzeptionell).

#786:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 11:23
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Sich selbst sieht man ja nicht als "willkürlich", sondern rechtfertig- und begründbar frei handelnd. Dann müsste man das den anderen ja auch zugestehen (mindestens konzeptionell).

Ich sehe mich aber nicht als frei handelnd, ich handle durch meine Motive und Gründe determiniert. Also wünsche ich mir, dass die Motive und Gründe, die das Handeln der Anderen determinieren, dergestalt sind, dass mir nichts Schlimmes widerfährt.


Zuletzt bearbeitet von kolja am 02.05.2008, 11:30, insgesamt 2-mal bearbeitet

#787:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 11:29
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
ja und die meisten sind auch total überrascht, das elektrotechnische Meßverfahren schneller ansprechen, als die biochemischen neuronalen Verknüpfungen - die es uns "merken lassen".

Mit den Augen rollen
Ich will nochmals nachfragen! Wie hast Du das gemeint? Ich habe das Gefühl, dass hier etwas drinsteckt, das wichtig sein könnte, aber ich verstehe es nicht!

#788:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 11:31
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Ich sehe mich aber nicht als frei handelnd, ich handle durch meine Motive und Gründe determiniert. Also Wünsche ich mir, dass die Motive und Gründe, die das Handeln der Anderen determinieren, dergestalt sind, dass mir nichts Schlimmes widerfährt.
Und Deine Motive und Gründe wählst Du nicht selbst (im Rahmen des Möglichen natürlich...)?

#789:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 11:33
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Und Deine Motive und Gründe wählst Du nicht selbst (im Rahmen des Möglichen natürlich...)?

Wenn sich meine Motive und Gründe ändern, dann weil andere, vielleicht tieferliegende, vielleicht neuere, Motive und Gründe das so determinieren. Wenn ich mir dieses "selbst wählen" vorstellen will, gerate ich ihn eine unendliche Rekursion, meine Wahl hat immer Ursachen, die ihr vorangehen.

#790:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 11:42
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Wenn sich meine Motive und Gründe ändern, dann weil andere, vielleicht tieferliegende, vielleicht neuere, Motive und Gründe das so determinieren. Wenn ich mir dieses "selbst wählen" vorstellen will, gerate ich ihn eine unendliche Rekursion, meine Wahl hat immer Ursachen, die ihr vorangehen.
Genau dieser unendliche Regress ist mE ein sehr starker Beweis der grundsätzlichen Unmöglichkeit eines absolut freien Willens, einverstanden. Es bleibt aber noch die Tatsache der starken Illusion eines freien Willens. Weil der letztendliche Grund meines Handelns im Unendlichen liegt, so wird er dann doch letztendlich wieder "frei"! Tönt paradox, aber das Paradoxe ist sehr real (siehe meinen "Wahlspruch" unten...). Einen im Unendlichen steckenden Determinismus kannst Du ja nicht mehr als Kriterium nehmen - ausser Du fällst in die Theologie...

#791:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 11:47
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Es bleibt aber noch die Tatsache der starken Illusion eines freien Willens.

Ich habe diese Illusion aber nicht. Schulterzucken

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Weil der letztendliche Grund meines Handelns im Unendlichen liegt, so wird er dann doch letztendlich wieder "frei"!

Erstens sind mir meine Motive und Gründe ja nicht unbekannt. Ich habe bestenfalls keinen detaillierten Überblick über alle Ursachen, aber selbst darüber weiß ich zumindest im großen und ganzen Bescheid. Zweitens kann ich nicht nachvollziehen, wie aus Unwissen über die Ursachen der Glaube an die Abwesenheit von Ursachen entstehen kann.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Einen im Unendlichen steckenden Determinismus kannst Du ja nicht mehr als Kriterium nehmen

Wofür nehme ich ihn denn als Kriterium?

#792:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:03
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Ich habe diese Illusion aber nicht. Schulterzucken
Schade, da entgeht Dir etwas! Und eigentlich glaube ich Dir da nicht. Was sind wohl die Gründe, dass Du diese Illusion negierst? Liegen die auch im Unendlichen?
Zitat:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Einen im Unendlichen steckenden Determinismus kannst Du ja nicht mehr als Kriterium nehmen

Wofür nehme ich ihn denn als Kriterium?
Als Begründung für Deine Handlungen.

Ich habe übrigens den Wikipedia-Beitrag über den infiniten Regress mal genauer angeschaut. Da steht:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Ein Argument, das auf einen infiniten Regress hinausläuft, gilt als nicht besonders überzeugend.
und
Zitat:
In der Philosophie ist der unendliche Regress eine der drei unerwünschten Alternativen im Münchhausen-Trilemma (jede Begründung muss wiederum begründet werden, ohne dass diese Folge jemals zu einem Ende kommt).
Begründen kann ich persönlich diese Ablehnung nicht, nur zitieren. Ich müsste mich da etwas weiter einlesen und untersuchen, inwiefern diese auf den unendlichen Regress bezüglich freiem Willen auch zutrifft. Kann da jemand vielleicht weiterhelfen?
EDIT: Einige Informationen darüber findet man im Münchhausen-Trilemma

#793:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:11
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich wundere mich über die diskursive Blindheit, die im Verantwortungsprinzip einzig noch die Legitimierung von Strafe erkennen kann. ....

Daher nochmal meine Fragestellung im Sinne praktischer Ethik (auch wenn sie bereits apodiktisch abgelehnt wurde): Wie sähe denn eigentlich eine brauchbare Alternative zum Verantwortungsprinzip aus?


Moment mal, zu meiner Position passt dieser Vorwurf überhaupt nicht.

#794:  Autor: C00KIE BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:17
    —
hey Rentner! Sehr glücklich - my dearest
ich setze jetzt mal ein ganz kurzes O.T. einen sogenannten Querschlag in die Diskussion

der sogenannte "freie Wille" ist nur solange ein freier Wille, wenn überhaupt, solange du ihn in einem Rechtsstaat in dem du Bildung und sozialen Status ( ganz kurz formuliert ) erlangen kannst

in Kalkutta z.B. gibt es eine lange Tradition von Prostituierten, diese Kinder in 3.4. sogar in 6. und 7. Generation empfinden es als selbstverständlich sich dieser Tradition zu unterwerfen
wenn die Großmutter sagt: "du gehst nicht in die Schule- sondern wirst deine Familie als Prostituierte ernähren" kann auch keine westliche Organisation dies, mit noch soviel Geld verhindern

o.k. O.T.

#795:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:34
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
EDIT: Einige Informationen darüber findet man im Münchhausen-Trilemma
OK, ich habe da etwas darüber gegrübelt. Das Münchhausen-Trilemma ist eine Frage nach der Möglichkeit einer sicheren Erkenntnis und ist somit eigentlich eine Analogie zu der Frage nach dem freien Willen. So, wie man durch das Trilemma eine sichere Erkenntnis negieren kann, kann man einen eigenen Willen negieren.

Man kann somit für beide Fragen konzeptionell denselben Versuch unternehmen, aus diesem Trilemma auszusteigen. Für die Erkenntnisfrage waren das:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Ein Lösungsversuch ist die Friessche Lehre, dass Wahrnehmungserlebnisse Sätze begründen können, deren Evidenz unmittelbar klar sei. Insbesondere Popper, der diese Position als Psychologismus bezeichnete, hat diesen Begründungsversuch in seinen Untersuchungen in der Logik der Forschung detailliert kritisiert.

Der Relativismus wählt als Ausweg aus dem Trilemma, dass alle Wahrheit relativ sei und vom Betrachter abhänge.

Die Diskursethik sucht eine Lösung, die vereinfacht auf der Erkenntnis der Unmöglichkeit aufbaut, zu bezweifeln, dass man zweifeln kann.

Der Kritische Rationalismus wählt den einen Weg außerhalb des von Begründungsdenken geprägten Dogmatismus und Relativismus, indem er an der Existenz einer absoluten Wahrheit festhält, aber von der Fehlbarkeit des Wissens und dem Vermutungscharakter aller Erkenntnis ausgeht (Fallibilismus).

Der Friessche Ansatz wäre jener, dass der freie Wille subjektiv erfahrbar sei und somit evident. Dem hat offenbar schon Popper den Garaus gemacht.

Der Relativismus würde sagen, dass ein freier Wille relativ sei und vom Betrachter abhänge. Somit habe ich einen freien Willen, kolja aber nicht. Auch nicht sehr befriedigend...

Die Diskursethik zeigt, dass es unmöglich ist, frei zu wollen, einen freien Willen zu haben - oder so ähnlich...

Der kritische Rationalismus würde am freien Willen festhalten, aber einräumen, dass er auch unfrei sein könne.

Immerhin haben wir jetzt eine Pallette von Auswahlmöglichkeiten, um unseren frei/unfreien Willen zu erproben...


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 02.05.2008, 12:45, insgesamt einmal bearbeitet

#796:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:43
    —
C00KIE hat folgendes geschrieben:
hey Rentner! Sehr glücklich - my dearest
Ciao mamma! Ich liebe es...
Zitat:
ich setze jetzt mal ein ganz kurzes O.T. einen sogenannten Querschlag in die Diskussion

der sogenannte "freie Wille" ist nur solange ein freier Wille, wenn überhaupt, solange du ihn in einem Rechtsstaat in dem du Bildung und sozialen Status ( ganz kurz formuliert ) erlangen kannst

in Kalkutta z.B. gibt es eine lange Tradition von Prostituierten, diese Kinder in 3.4. sogar in 6. und 7. Generation empfinden es als selbstverständlich sich dieser Tradition zu unterwerfen
wenn die Großmutter sagt: "du gehst nicht in die Schule- sondern wirst deine Familie als Prostituierte ernähren" kann auch keine westliche Organisation dies, mit noch soviel Geld verhindern

o.k. O.T.
na ja, soo OT (off topic? Verstehe ich Dich richtig? Ich hasse Abkürzungen...) ist das nicht. Du vertrittst hier einfach die Meinung des Relativisten! Und frag mal eine dieser Prostituierten, vielleicht wird sie Dir sagen, dass sie ganz aus freien Stücken ihrer Arbeit nachgeht. (Ich will das nicht behaupten, sondern lade Dich nur dazu ein, ganz konsequent relativistisch zu denken...)

EDIT: Nach genauerer Betrachtung bist Du eher eine kritische Rationalistin...


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 02.05.2008, 12:48, insgesamt einmal bearbeitet

#797:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:45
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Interessant ist, dass im Begriff "Willkür" eigentlich der (freie) Wille enthalten ist![...]

Diese Erklärung ist unzutreffend, Willkür steht für eine unlegitimierte Handlungsweise. Ausserdem vertrete ich nicht die Auffassung eines un-bedingten Willens.

#798:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:50
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Interessant ist, dass im Begriff "Willkür" eigentlich der (freie) Wille enthalten ist![...]

Diese Erklärung ist unzutreffend, Willkür steht für eine unlegitimiertes Handlungsweise. Ausserdem vertrete ich nicht die Auffassung eines un-bedingten Willens.
Beweist dann die Möglichkeit einer "unlegitimiertes Handlungsweise" nicht die Möglichkeit eines freien Willens? Aber ich habe Dich wahrscheinlich (absichtlich?) falsch verstanden...

EDIT: übrigens meinte ich einfach, das etymologisch im Wort "Willkür" das Wort "Wille" steckt. Das muss doch einen Grund haben...


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 02.05.2008, 12:55, insgesamt einmal bearbeitet

#799:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:51
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
... unendlicher Regreß ...

Vorsicht! Ein Argument, das in einen unendlichen Regreß mündet, ist ein schlechtes Argument. Nicht die Argumentation dagegen ist schlecht. Bin mir nicht sicher, ob Du das verwechselt hast.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
... Der Kritische Rationalismus wählt den einen Weg außerhalb des von Begründungsdenken geprägten Dogmatismus und Relativismus, indem er an der Existenz einer absoluten Wahrheit festhält, aber von der Fehlbarkeit des Wissens und dem Vermutungscharakter aller Erkenntnis ausgeht (Fallibilismus).

Der KR hält nicht unbedingt an Existenz einer absoluten Wahrheit fest. Seine Methodik ist darauf nicht angewiesen. Einige KR, darunter auch ich, begnügen sich mit der an guten Voraussagen meßbaren Modellierung des Wahrzunehmenden und machen keinerlei ontologische Aussagen.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Der kritische Rationalismus würde am freien Willen festhalten, aber einräumen, dass er auch unfrei sein könne.

Nein. Der KR würde eine Definition und falsifizierbare Theorie von "Entscheidung" verlangen und diese dann überprüfen. Hat man dann eine hinreichend gute Theorie gefunden, kann man sich überlegen, ob "frei" noch ein geeignetes Attribut ist (etwa wie bei "Person") oder eher irreführend (etwa wie bei "Schöpfung").

#800:  Autor: C00KIE BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:52
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
C00KIE hat folgendes geschrieben:
hey Rentner! Sehr glücklich - my dearest
Ciao mamma! Ich liebe es...
Zitat:
ich setze jetzt mal ein ganz kurzes O.T. einen sogenannten Querschlag in die Diskussion

der sogenannte "freie Wille" ist nur solange ein freier Wille, wenn überhaupt, solange du ihn in einem Rechtsstaat in dem du Bildung und sozialen Status ( ganz kurz formuliert ) erlangen kannst

in Kalkutta z.B. gibt es eine lange Tradition von Prostituierten, diese Kinder in 3.4. sogar in 6. und 7. Generation empfinden es als selbstverständlich sich dieser Tradition zu unterwerfen
wenn die Großmutter sagt: "du gehst nicht in die Schule- sondern wirst deine Familie als Prostituierte ernähren" kann auch keine westliche Organisation dies, mit noch soviel Geld verhindern

o.k. O.T.
na ja, soo OT (off topic? Verstehe ich Dich richtig? Ich hasse Abkürzungen...) ist das nicht. Du vertrittst hier einfach die Meinung des Relativisten! Und frag mal eine dieser Prostituierten, vielleicht wird sie Dir sagen, dass sie ganz aus freien Stücken ihrer Arbeit nachgeht. (Ich will das nicht behaupten, sondern lade Dich nur dazu ein, ganz konsequent relativistisch zu denken...)

ja O.T. ist so eine Abkürzung im net - heißt off topic
sie wird nicht sagen dass sie das freiwillig macht, sondern dass die Tradition ihr das vorschreibt
viele Frauen/Kinder ernähren ihre Familien in Asien und in Afrika auch
die Männer sitzen - ich nehme mal den deutschen Ausdruck: "gesteinigt" rum und schicken ihre Frauen in Arbeit
nur der hoch intelligente Westen macht sich über "den freien Willen" Gedanken
und ich schätze mal ganz vorsichtig, der hat ihn am allerwenigsten


Zuletzt bearbeitet von C00KIE am 02.05.2008, 12:53, insgesamt einmal bearbeitet

#801:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:53
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für eine unlegitimierte Handlungsweise.

Das sehe ich anders.
wikipedia hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für:

* ein historisches, offizielles Privileg von Kurfürsten
* Wille, soziologisch das soziale Handeln in Gesellschaft
* Willkür (Medizin), medizinisch die bewusste Kontrolle von Körperfunktionen
* Willenserklärung, privatrechtlich eine ins Belieben des Rechtssubjektes gestellte Ausgestaltung eines Rechtsgeschäftes
* die im öffentlichen Recht abwertende Bezeichnung für beliebiges Handeln der Staatsorgane, siehe Willkürverbot, Gleichheitssatz

#802:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 12:57
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Interessant ist, dass im Begriff "Willkür" eigentlich der (freie) Wille enthalten ist![...]

Diese Erklärung ist unzutreffend, Willkür steht für eine unlegitimiertes Handlungsweise. Ausserdem vertrete ich nicht die Auffassung eines un-bedingten Willens.
Beweist dann die Möglichkeit einer "unlegitimiertes Handlungsweise" nicht die Möglichkeit eines freien Willens? Aber ich habe Dich wahrscheinlich (absichtlich?) falsch verstanden...

Ich halte die FW-Diskussion für eine metaphysische, und daher die unterschiedlichen Standpunkte nicht für (naturwissenschaftlich) beweisbar.

#803:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für eine unlegitimierte Handlungsweise.

Das sehe ich anders.
wikipedia hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für:

* ein historisches, offizielles Privileg von Kurfürsten
* Wille, soziologisch das soziale Handeln in Gesellschaft
* Willkür (Medizin), medizinisch die bewusste Kontrolle von Körperfunktionen
* Willenserklärung, privatrechtlich eine ins Belieben des Rechtssubjektes gestellte Ausgestaltung eines Rechtsgeschäftes
* die im öffentlichen Recht abwertende Bezeichnung für beliebiges Handeln der Staatsorgane, siehe Willkürverbot, Gleichheitssatz


Hm, vielleicht sollte ich mein Sprachgefühl mal feinjustieren. Sehe aber im markierten Abschnitt, was ich meine, ungefähr wiedergegeben.

#804:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:07
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für eine unlegitimierte Handlungsweise.
Das sehe ich anders.
wikipedia hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für:
* ein historisches, offizielles Privileg von Kurfürsten
* Wille, soziologisch das soziale Handeln in Gesellschaft
* Willkür (Medizin), medizinisch die bewusste Kontrolle von Körperfunktionen
* Willenserklärung, privatrechtlich eine ins Belieben des Rechtssubjektes gestellte Ausgestaltung eines Rechtsgeschäftes
* die im öffentlichen Recht abwertende Bezeichnung für beliebiges Handeln der Staatsorgane, siehe Willkürverbot, Gleichheitssatz
Hm, vielleicht sollte ich mein Sprachgefühl mal feinjustieren. Sehe aber im markierten Abschnitt, was ich meine, ungefähr wiedergegeben.

Das zeigt aber sehr gut den Punkt: Der markierte Abschnitt sagt erstmal nur, daß das Handeln als beliebig empfunden wird. Der Ausdruck ist nur deswegen abwertend, weil man zusätzlich eine Erwartung an Staatsorgane hereinsteckt, nämlich gerade daß sie sich berechenbar (moralisch determiniert) verhalten.

#805: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:08
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
.
Es ist aber interessant, wie euereiner schon bald zum Thema "Strafrecht" und "Prävention" übergeht. Das gibt zu denken.

Ich frage mich, wieso von euereiner nicht gewisse Kriminelle in den Konzern- und Staatsetagen thematisiert werden.


Du meinst, mich aufgrund meiner hier geäußerten Position politisch etikettieren zu können?
Da irrst du.

Zitat:
Also, wenn ich schon lese, dass Leute "umdeteminiert" werden sollen, dann frage ich mich schon von wem und zu wessen Zweck. Computer programmiert man um. Menschen ticken anders. Es sind lebende, entscheidungsfähige und erkentnnisfähige Systeme.


Wie lässt sich dann z.B. das Phänomen Kindersoldaten erklären? Offenbar damit, dass die so "programmiert" wurden. Man kann Menschen zu jeglichem Verhalten "programmieren". Man kann auch Deutsche so programmieren, dass sie einem Führer hinterherlaufen.
Hinterher kann man sie dann auch wieder umprogrammieren.

Natürlich wünsche ich mir, dass Menschen zu konstruktivem Handeln programmiert werden, möglich ist aber auch das Gegenteil.

Eine Welt, in der es einen freien Willen gäbe, sähe anders aus.


Zitat:
Bush glaubt als Christ an einen freien Willen? Weil er "das Böse" ausrotten will?


Weil er Christ ist.

Zitat:
Ja, ist denn Guantanamo eine Therapiestation? Wusste ich jetzt gar nicht.


Wieso bringst du Therapie mit freiem Willen in Verbindung? Konfus.

Zitat:
Nicolai tut das, was in seiner Zeit gerade angesagt war als Begründung für den deterministisch handelnden Staats- und "Volk"feind. Er nahm die Biologie. Im Mittelalter nahm man Geister und Dämonen und sprach von "Besessenheit" statt "Determinismus". Von der Struktur her ist das identisch. Und da hilft es auch nichts, dass man heute die Physik nimmt. Unwissenschaftlich und reaktionär ist all dies in jedem dieser Fälle.


Noch einmal: Im Mittelalter wurden Straftäter mit der Begründung aufs Schafott gebracht, dass sie sich aus freier Willensentscheidung heraus gegen die göttliche Ordnung aufgelehnt haben.
So begründen heute noch christliche US-Fundis die Todesstrafe.
Erzähl mal einem US-Fundi, dass das Gehirn eines Mörders keine andere Wahl hat als zu morden.

Zitat:


Wer wurde denn im Mittelalter und im Faschismus als "Straftäter" angesehen? Das waren doch Leute, die sich gegen "Gott", König und Führer und die ganze "heilige" Ordnung aufgelehnt haben.

Und sie wurden als unheilbar böse betrachtet und als solche ausgemerzt.

Du musst verstehen: Das Prinzip des Besessenseins vom Bösen bedeutet implizit die Annahme einer inneren Determiniertheit.


Siehe oben.

Zitat:
Die Faschisten setzen eine bestimmte christlich-philosophische Tradition des Abendlandes fort. Das zeigt sich z.B. bei Nicolai.

Es zeigt sich aber auch bei anderen abendländischen determninistischen Denktraditionen, wenn auch etwas verdünnter. Der physikalische Determinismus ist eine reine Philosophie, keine Wissenschaft. Und diese Philosophie hat eben jene gezeigte Tradition seit Augustinus.


Augustinus als Vater der modernen Naturwissenschaft??????????????
Ich möchte auf diesem Niveau ungern weiterdiskutieren.


Zitat:
Abschreckung ist sehr wohl Prävention. Zwar nicht die einzig mögliche, aber Prävention. Was denn sonst?


Zu behaupten, den Nazis wäre der Gedanken der Straf-Prävention ein Herzensanliegen gewesen, ist eine groteske Verharmlosung der barbarischen NS-Strafjustiz.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du meinst Verhältnisprävention durch eine soziale Politik? Da bin ich einverstanden.

Aber was ist der Überfall einer Bank gegen die Gründung einer Bank?

Wer geht gegen die Kriminellen an den Schalthebeln der Macht vor? Die sind irgendwie falsch determiniert, um mal mit Deinen Begriffen zu sprechen. zwinkern

Skeptiker


Wie kannst du den Gedanken, durch soziale Maßnahmen könnte soziales Verhalten determiniert werden, mit deinem Indeterminismus vereinbaren?


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 02.05.2008, 13:14, insgesamt 7-mal bearbeitet

#806:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
Vorsicht! Ein Argument, das in einen unendlichen Regreß mündet, ist ein schlechtes Argument. Nicht die Argumentation dagegen ist schlecht. Bin mir nicht sicher, ob Du das verwechselt hast.
Schon möglich! Ich war etwas verunsichert, weil ich eigentlich den unendlichen Regress als gutes Argument gegen den "absolut freien Willen" sah und ich lesen musste, dass es ein schlechtes Argument sei. Was Du aber genau mit "Nicht die Argumentation dagegen ist schlecht" meinst, bin ich mir nicht sicher...

Offenbar bist Du ein ausgewiesener kritischer Rationalist, dann akzeptiere ich alles, was Du darüber geschrieben hast...

#807:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:15
    —
C00KIE hat folgendes geschrieben:
sie wird nicht sagen dass sie das freiwillig macht, sondern dass die Tradition ihr das vorschreibt
Schon möglich. Ich verteidige hier ja aber die Meinung einer starken Illusion eines freien Willens, und jemand kann sich doch wirklich so weit in diese versinken, dass sie meint, sie prostituiere sich aus freien Stücken. Ist aber wohl unwahrscheinlich, geb ich gerne zu...
Zitat:
nur der hoch intelligente Westen macht sich über "den freien Willen" Gedanken
und ich schätze mal ganz vorsichtig, der hat ihn am allerwenigsten
Da magst Du auch recht haben! oder die Illusion ist bei ihm am stärksten...

#808:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:17
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Vorsicht! Ein Argument, das in einen unendlichen Regreß mündet, ist ein schlechtes Argument. Nicht die Argumentation dagegen ist schlecht. Bin mir nicht sicher, ob Du das verwechselt hast.
Schon möglich! Ich war etwas verunsichert, weil ich eigentlich den unendlichen Regress als gutes Argument gegen den "absolut freien Willen" sah und ich lesen musste, dass es ein schlechtes Argument sei.

Genau das meine ich. Die Hypothese des FW läuft in den UR. Argumente, die auf UR basieren, sind schlecht. Argumente, die den UR in Hypothesen aufdecken, sind nicht schlecht!

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Offenbar bist Du ein ausgewiesener kritischer Rationalist, dann akzeptiere ich alles, was Du darüber geschrieben hast...

Hmm .. in meinem Ausweis steht nichts ... zwinkern

#809:  Autor: C00KIE BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:24
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
C00KIE hat folgendes geschrieben:
sie wird nicht sagen dass sie das freiwillig macht, sondern dass die Tradition ihr das vorschreibt
Schon möglich. Ich verteidige hier ja aber die Meinung einer starken Illusion eines freien Willens, und jemand kann sich doch wirklich so weit in diese versinken, dass sie meint, sie prostituiere sich aus freien Stücken. Ist aber wohl unwahrscheinlich, geb ich gerne zu...
Zitat:
nur der hoch intelligente Westen macht sich über "den freien Willen" Gedanken
und ich schätze mal ganz vorsichtig, der hat ihn am allerwenigsten
Da magst Du auch recht haben! oder die Illusion ist bei ihm am stärksten...


ich wollte nicht stören, aber noch ein kurzer Gedanke/Tatsache:

selbst ein Säugling lächelt schon - obwohl er nichts versteht - um ein Teil einer Gruppe/Gesellschaft
zu sein
das ist im angeboren und überlebenswichtig - anscheinend
_________________________
viel Spaß noch

#810:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:25
    —
step hat folgendes geschrieben:
Das zeigt aber sehr gut den Punkt: Der markierte Abschnitt sagt erstmal nur, daß das Handeln als beliebig empfunden wird. Der Ausdruck ist nur deswegen abwertend, weil man zusätzlich eine Erwartung an Staatsorgane hereinsteckt, nämlich gerade daß sie sich berechenbar (moralisch determiniert) verhalten.

Da zeigt sich aber noch ein anderer Punkt. Es wird als beliebig empfunden (und daher abgelehnt), weil das staatliche Handeln zunächst einfach unbegründet wäre. Es entzieht sich der Legitimationsfähigkeit. Erst die Begründung ermöglicht eine moralische Wertung - die dann natürlich von der des staatlichen Organs abweichen oder auch mit ihr übereinstimmen könnte.

#811:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:42
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Ich habe diese Illusion aber nicht. Schulterzucken
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Schade, da entgeht Dir etwas! Und eigentlich glaube ich Dir da nicht. Was sind wohl die Gründe, dass Du diese Illusion negierst? Liegen die auch im Unendlichen?

Vorsicht, Du wechselst gerade trickreich das Thema! Du hattest behauptet, ich könnte meine Motive/Gründe selber wählen, diese Illusion habe ich nicht. Dass ich entsprechend meiner Motive/Gründe handeln kann und mich dabei frei fühle, das kenne ich auch.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Einen im Unendlichen steckenden Determinismus kannst Du ja nicht mehr als Kriterium nehmen
kolja hat folgendes geschrieben:
Wofür nehme ich ihn denn als Kriterium?
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Als Begründung für Deine Handlungen.

Unsinn, ich nehme keinen "im Unendlichen steckenden Determinismus" als Begründungen für meine Handlungen. Du hast wie schon gesagt das Thema gewechselt.

#812: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:48
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Man kann Menschen zu jeglichem Verhalten "programmieren". Man kann auch Deutsche so programmieren, dass sie einem Führer hinterherlaufen.
Das ging ja offenbar besonders einfach! Und, wer hat den Führer programmiert?

#813:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 13:55
    —
step hat folgendes geschrieben:
Die Hypothese des FW läuft in den UR. Argumente, die auf UR basieren, sind schlecht. Argumente, die den UR in Hypothesen aufdecken, sind nicht schlecht!
Und? Was bedeutet das für die Möglichkeit der Existenz eines freien Willens? Wenn der UR den FW nicht beweiskräftig genug widerlegen kann, was bleibt dann als Beweis übrig? (Ich beginne jetzt auch schon mit diesen verdammten Abkrz...)

#814:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 14:00
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Ich habe diese Illusion aber nicht. Schulterzucken
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Schade, da entgeht Dir etwas! Und eigentlich glaube ich Dir da nicht. Was sind wohl die Gründe, dass Du diese Illusion negierst? Liegen die auch im Unendlichen?

Vorsicht, Du wechselst gerade trickreich das Thema! Du hattest behauptet, ich könnte meine Motive/Gründe selber wählen, diese Illusion habe ich nicht. Dass ich entsprechend meiner Motive/Gründe handeln kann und mich dabei frei fühle, das kenne ich auch.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Einen im Unendlichen steckenden Determinismus kannst Du ja nicht mehr als Kriterium nehmen
kolja hat folgendes geschrieben:
Wofür nehme ich ihn denn als Kriterium?
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Als Begründung für Deine Handlungen.

Unsinn, ich nehme keinen "im Unendlichen steckenden Determinismus" als Begründungen für meine Handlungen. Du hast wie schon gesagt das Thema gewechselt.
Da habe ich aber gar nicht den Eindruck, dass ich in einem anderen Thema bin! Worin unterscheidet sich denn mein Thema von Deinem?

#815:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 14:14
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
ja und die meisten sind auch total überrascht, das elektrotechnische Meßverfahren schneller ansprechen, als die biochemischen neuronalen Verknüpfungen - die es uns "merken lassen".

Mit den Augen rollen

Was hat das mit dem Thema "neurobiologische Versuche" und "freier Wille" zu tun? Das müsstest Du mir schon noch genauer ausformulieren...


Querdenken ist wohl keine Fähigkeit die ein Anhänger des Determinismus hat.

Im Experiment werden Aussagen getroffen:
- wo, in welchem Hirnareal meßbares passiert
- wie gedacht wird = mit Hirn

es können keine Aussagen getroffen werden über das "WAS" gedacht wird.
Die Interpretation der Daten ist dann nämlich genau das, was step meint nicht zu tun, nämlich eine ontologische Aussage, negativer Art.

Im übrigen bezeichne ich mich als pragmatischen Relativisten und teile eher zeligs Ansicht des metaphysischen Charakters des FW - obwohl ich IHN ind den Bereich meines Selbstbildes verschiebe.
Ich käme mir hochneurotisch vor, würde ich meinem Selbstbewußtsein die Fähigkeit des eigenen Willens und frei Handelns absprechen.

Die DTler sind mir immer noch den Beweis schuldig, das FW eine mathematisch-naturwissenschaftlich skalierbare Größe ist.
Die bisherige binäre Sicht ist mehr als mau
DT = 1 = wahr
FW = 0 = falsch

bspw.: Präferenzen sind zwar möglicherweise katalogiesierbar, die Auswahl dieser "Nennwerte" ist aber mehr als nur subjektiv - sie ist immer willkürlich.

#816: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 14:16
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Man kann Menschen zu jeglichem Verhalten "programmieren". Man kann auch Deutsche so programmieren, dass sie einem Führer hinterherlaufen.
Das ging ja offenbar besonders einfach! Und, wer hat den Führer programmiert?


Anlagen plus Umwelt (wie immer bei menschlichem Handeln). Schulterzucken

#817: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 14:28
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Man kann Menschen zu jeglichem Verhalten "programmieren". Man kann auch Deutsche so programmieren, dass sie einem Führer hinterherlaufen.
Das ging ja offenbar besonders einfach! Und, wer hat den Führer programmiert?


Anlagen plus Umwelt (wie immer bei menschlichem Handeln). Schulterzucken
Wenn schon, dann schon: Also die Deutschen waren während der Nazizeit von Anlagen plus Umwelt programmiert!?

#818:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 14:29
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Da habe ich aber gar nicht den Eindruck, dass ich in einem anderen Thema bin! Worin unterscheidet sich denn mein Thema von Deinem?

Das stand doch da:

Zitat:
Du hattest behauptet, ich könnte meine Motive/Gründe selber wählen, diese Illusion habe ich nicht. Dass ich entsprechend meiner Motive/Gründe handeln kann und mich dabei frei fühle, das kenne ich auch.



Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Wenn schon, dann schon: Also die Deutschen waren während der Nazizeit von Anlagen plus Umwelt programmiert!?

Ja natürlich, was denn sonst? Du weißt selber noch nicht so genau, ob Du ein Kompatibilist (wie Bieri) oder ein Imkompatibilist bist, kann das sein?

#819:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 14:31
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Querdenken ist wohl keine Fähigkeit die ein Anhänger des Determinismus hat.
Ich bin auch ein Querdenker! Und kein sturer Anhänger des Determinismus! Dummerweise denken Querdenker auch zueinander quer! Darum müssen sie sich gegenseitig immer alles sehr genau erklären...

#820:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 14:45
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Querdenken ist wohl keine Fähigkeit die ein Anhänger des Determinismus hat.
Ich bin auch ein Querdenker! Und kein sturer Anhänger des Determinismus! Dummerweise denken Querdenker auch zueinander quer! Darum müssen sie sich gegenseitig immer alles sehr genau erklären...


Rollenspieler können wohl auch besser zwischen gerichtetem und ungerichtetem Schaden urteilen.

des war a allgemeine Spitze gegen die zugrundeliegende unkonsistenz der DTler
bspw fällt mir gerade ein, das Step mal meinte FW oder Bewußtsein mal mit einem rekursiven Algorithmus letzlich klären zu können - äh oops - er hatte das wohl nur bejaht auf meine direkte Frage hin.
...
vielleicht war es auch jemand anderer, mein hirn wird ja au ned jünger...

#821: Begriffssäuberung Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 15:13
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für eine unlegitimierte Handlungsweise.
Das sehe ich anders.
wikipedia hat folgendes geschrieben:
Willkür steht für:
* ein historisches, offizielles Privileg von Kurfürsten
* Wille, soziologisch das soziale Handeln in Gesellschaft
* Willkür (Medizin), medizinisch die bewusste Kontrolle von Körperfunktionen
* Willenserklärung, privatrechtlich eine ins Belieben des Rechtssubjektes gestellte Ausgestaltung eines Rechtsgeschäftes
* die im öffentlichen Recht abwertende Bezeichnung für beliebiges Handeln der Staatsorgane, siehe Willkürverbot, Gleichheitssatz
Hm, vielleicht sollte ich mein Sprachgefühl mal feinjustieren. Sehe aber im markierten Abschnitt, was ich meine, ungefähr wiedergegeben.

Das zeigt aber sehr gut den Punkt: Der markierte Abschnitt sagt erstmal nur, daß das Handeln als beliebig empfunden wird. Der Ausdruck ist nur deswegen abwertend, weil man zusätzlich eine Erwartung an Staatsorgane hereinsteckt, nämlich gerade daß sie sich berechenbar (moralisch determiniert) verhalten.


Berechenbar muss nicht moralisch sein.

Es ist ein i.d.R. Unterschied, ob ich immer das Gleiche erwarte oder das Moralische. Denn das Gleiche muss ja nicht moralisch sein.

Ein Polizeistaat ist zwar berechenbar, aber nicht moralisch.

Der Begriff der Determiniertheit sollte hier raus gelassen werden.

Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit im Gegensatz zu Willkür trifft es wohl besser.

Skeptiker

#822: Re: Begriffssäuberung Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 15:24
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Der markierte Abschnitt sagt erstmal nur, daß das Handeln als beliebig empfunden wird. Der Ausdruck ist nur deswegen abwertend, weil man zusätzlich eine Erwartung an Staatsorgane hereinsteckt, nämlich gerade daß sie sich berechenbar (moralisch determiniert) verhalten.

Berechenbar muss nicht moralisch sein.

Hier geht es nur darum, daß das Handeln staatlicher Organe berechenbar (verläßlich) der geltenden Moral entsprechen soll.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist ein i.d.R. Unterschied, ob ich immer das Gleiche erwarte oder das Moralische. Denn das Gleiche muss ja nicht moralisch sein.

- Erstens verstehst Du unter "moralisch" schon wieder "gut", das hatten wir schon.
- ZWeitens habe ich nicht behauptet, daß das Gleiche immer gut sein muß. Sondern nur, daß gutes (also der geltenden Moral entsprechendes) Handeln immer erwartet wird.

Du solltest genauer lesen, dann nachdenken, dann noch mal kritisch kontrollieren und dann erst posten.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein Polizeistaat ist zwar berechenbar, aber nicht moralisch.

Mit der Logik hast Du's wirklich nicht. Schon wieder ein Umkehrschluß. Daß alle Schwäne weiß sind, heißt noch lange nicht, daß alles Weiße ein Schwan ist.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Begriff der Determiniertheit sollte hier raus gelassen werden. Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit im Gegensatz zu Willkür trifft es wohl besser.

Zuverlässigkeit bedeutet, daß man sich in gleichen Situationen gleich verhält. Daß sich Andere auf ein Handeln im vorgegebenen Sinne verlassen können.

#823:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 15:31
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Hypothese des FW läuft in den UR. Argumente, die auf UR basieren, sind schlecht. Argumente, die den UR in Hypothesen aufdecken, sind nicht schlecht!
Und? Was bedeutet das für die Möglichkeit der Existenz eines freien Willens? Wenn der UR den FW nicht beweiskräftig genug widerlegen kann, was bleibt dann als Beweis übrig?

Arrgh! Der UR widerlegt nicht den FW, sondern er widerlegt das Argument einiger FW-Anhänger, es müsse ihn geben, denn wer sonst, wenn nicht die Person, fälle die Entscheidung? Es könnte natürlich dennoch andere Argumente für den FW geben, aber obiges ist jedenfalls tot. Die Todesursache dieses Arguments basiert nicht allein auf dem UR, sondern auf zusätzlichen impliziten Annahmen, etwa über die durchgängige Kausalität usw. - Wenn man also den freien FW widerlegen will, wäre es besser, erst gar nicht auf den unendlichen Regreß hinzuweisen, sondern gleich physikalisch zu argumentieren.

#824:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 15:41
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das zeigt aber sehr gut den Punkt: Der markierte Abschnitt sagt erstmal nur, daß das Handeln als beliebig empfunden wird. Der Ausdruck ist nur deswegen abwertend, weil man zusätzlich eine Erwartung an Staatsorgane hereinsteckt, nämlich gerade daß sie sich berechenbar (moralisch determiniert) verhalten.

Da zeigt sich aber noch ein anderer Punkt. Es wird als beliebig empfunden (und daher abgelehnt), weil das staatliche Handeln zunächst einfach unbegründet wäre. Es entzieht sich der Legitimationsfähigkeit.

Da bin ich doch sehr skeptisch. Nach meiner Erfahrung beschränkt sich die Begründung moralischen Handelns fast immer auf eben die Übereinstimmung mit der Moral. Es ist also genau umgekehrt: Wenn ein Richter den Mörder wie erwartet verurteilt, empfinden die meisten Menschen dieses Vorgehen als begründet, WEIL es weitgehend moralischer Konsens ist. Eine eigentliche Begründung wird nicht erwartet und auch nicht gegeben. Begründet werden muß eher abweichendes Verhalten (damit es nicht willkürlich erscheint), z.B. wenn der Richter den Mörder (aus vielleicht guten Gründen!) freispricht oder nur zu einer geringen Haftstrafe verurteilt.

#825: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 15:48
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
.
Es ist aber interessant, wie euereiner schon bald zum Thema "Strafrecht" und "Prävention" übergeht. Das gibt zu denken.

Ich frage mich, wieso von euereiner nicht gewisse Kriminelle in den Konzern- und Staatsetagen thematisiert werden.


Du meinst, mich aufgrund meiner hier geäußerten Position politisch etikettieren zu können?
Da irrst du.


Es ist manchmal auch bezeichnend, was jemand nicht sagt. Aber egal. Pfeifen

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Also, wenn ich schon lese, dass Leute "umdeteminiert" werden sollen, dann frage ich mich schon von wem und zu wessen Zweck. Computer programmiert man um. Menschen ticken anders. Es sind lebende, entscheidungsfähige und erkentnnisfähige Systeme.


Wie lässt sich dann z.B. das Phänomen Kindersoldaten erklären? Offenbar damit, dass die so "programmiert" wurden. Man kann Menschen zu jeglichem Verhalten "programmieren". Man kann auch Deutsche so programmieren, dass sie einem Führer hinterherlaufen.
Hinterher kann man sie dann auch wieder umprogrammieren.

Natürlich wünsche ich mir, dass Menschen zu konstruktivem Handeln programmiert werden, möglich ist aber auch das Gegenteil.

Eine Welt, in der es einen freien Willen gäbe, sähe anders aus.


Menschen lassen sich entmenschen. Das kann durch Konditionierung, Manipulation, Unterdrückung, Not und Zwang geschehen.

Je menschlicher aber Menschen werden, desto stärker kommt ihr riesiges und unerschöpfliches Kreativitätspotenzial zum Zuge. Das ist heute noch nicht der Zustand der Welt, kann aber noch kommen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Bush glaubt als Christ an einen freien Willen? Weil er "das Böse" ausrotten will?


Weil er Christ ist.


Ich schätze, dass der Begriff des "freien Willens" bei einigen christlichen Fraktionen in erster Linie damit zu tun hat, "Gott" von der Schuld frei zu sprechen und die "freie" Entscheidung für das Böse seinen Geschöpfen anzulasten.

Ein solcher - idealistischer und unbedingter - freier Wille ist insofern rein funktional, um die Herrschaftskumpanei von Kirche, Klerus, Kaiser und Kapital zu retten.

Aber selbst die Katholen sind keine Anhänger des bedingt freien Willens. Sie wissen noch nicht mal, was das ist.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ja, ist denn Guantanamo eine Therapiestation? Wusste ich jetzt gar nicht.


Wieso bringst du Therapie mit freiem Willen in Verbindung? Konfus.


Therapie ist mehr als Umprogrammierung oder Gehirnwäsche. Die Umerziehungsanstalten der heutigen Zeit haben das Ziel, politische Widerständler zu brechen. Das ist alles.

Im übrigen ist das Vertrauen der Herrschenden in die Entscheidungs- und Mitgestaltungsfähigkeit der Menschen nicht gerade doll. Diese werden als dumme Masse und Wahlvieh behandelt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nicolai tut das, was in seiner Zeit gerade angesagt war als Begründung für den deterministisch handelnden Staats- und "Volk"feind. Er nahm die Biologie. Im Mittelalter nahm man Geister und Dämonen und sprach von "Besessenheit" statt "Determinismus". Von der Struktur her ist das identisch. Und da hilft es auch nichts, dass man heute die Physik nimmt. Unwissenschaftlich und reaktionär ist all dies in jedem dieser Fälle.


Noch einmal: Im Mittelalter wurden Straftäter mit der Begründung aufs Schafott gebracht, dass sie sich aus freier Willensentscheidung heraus gegen die göttliche Ordnung aufgelehnt haben.
So begründen heute noch christliche US-Fundis die Todesstrafe.
Erzähl mal einem US-Fundi, dass das Gehirn eines Mörders keine andere Wahl hat als zu morden.


Dem US-Fundi geht es um die Ausrottung des Bösen. "Das Böse" ist aber so etwas wie ein Automat. Dieser Automat muss böse sein, es ist seine "Natur".

Das ist ein impliziter Determinismus.

Auch die Inqusition des Mittelalters sah das so und hat insofern alles andere als pädagogische Prinzpien für die Juden, Hexen und Ketzer vorgesehen.

Immer geht es den herrschenden Schichten um die Niederhaltung des Volkes.

Ein freier Wille hat viel mit Demokratie und Souveränität zu tun. Das passt nicht zum Untertan - gestern wie heute.

Der Mensch sei unfrei. Er kann nicht anders und soll es auch nicht. Und überhaupt ist alles Schicksal. So in etwa gehen Herrschaftsideologien.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Faschisten setzen eine bestimmte christlich-philosophische Tradition des Abendlandes fort. Das zeigt sich z.B. bei Nicolai.

Es zeigt sich aber auch bei anderen abendländischen determninistischen Denktraditionen, wenn auch etwas verdünnter. Der physikalische Determinismus ist eine reine Philosophie, keine Wissenschaft. Und diese Philosophie hat eben jene gezeigte Tradition seit Augustinus.


Augustinus als Vater der modernen Naturwissenschaft??????????????
Ich möchte auf diesem Niveau ungern weiterdiskutieren.


Der physikalische Reduktionismus ist doch keine moderne Naturwissenschaft, ich bitte Dich! Geschockt

Nein, Augustinus ist der heilige Vater philosophischer Determinationslehren - bis heute.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Abschreckung ist sehr wohl Prävention. Zwar nicht die einzig mögliche, aber Prävention. Was denn sonst?


Zu behaupten, den Nazis wäre der Gedanken der Straf-Prävention ein Herzensanliegen gewesen, ist eine groteske Verharmlosung der barbarischen NS-Strafjustiz.


Das ist keine Verharmlosung, denn Abschreckung war eines der Inhalte der NS-Justiz: Massive Einschüchterung gegen jeden noch so kleinen Ansatz von Widerstand.

Das heisst nicht, dass dies alles war. Die NS-Justiz machte sich auch zum Büttel der Menschenvernichtung und Zwangsarbeit.

Aber sie diente auch der Sicherung des kapitalo-faschistischen Regimes per brutaler/martialischer Abschreckung.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du meinst Verhältnisprävention durch eine soziale Politik? Da bin ich einverstanden.

Aber was ist der Überfall einer Bank gegen die Gründung einer Bank?

Wer geht gegen die Kriminellen an den Schalthebeln der Macht vor? Die sind irgendwie falsch determiniert, um mal mit Deinen Begriffen zu sprechen. zwinkern


Wie kannst du den Gedanken, durch soziale Maßnahmen könnte soziales Verhalten determiniert werden, mit deinem Indeterminismus vereinbaren?


Sehr gut. Denn wenn Du Dir die Maslow'sche Bedürfnispyramide anguckst, dann siehst Du, dass der Kopf umso freier wird, je besser die "niederen Bedürfnisse" abgedeckt sind:



Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 02.05.2008, 15:59, insgesamt 2-mal bearbeitet

#826: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 15:55
    —
gelöscht

#827:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 16:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Hypothese des FW läuft in den UR. Argumente, die auf UR basieren, sind schlecht. Argumente, die den UR in Hypothesen aufdecken, sind nicht schlecht!
Und? Was bedeutet das für die Möglichkeit der Existenz eines freien Willens? Wenn der UR den FW nicht beweiskräftig genug widerlegen kann, was bleibt dann als Beweis übrig?

Arrgh! Der UR widerlegt nicht den FW, sondern er widerlegt das Argument einiger FW-Anhänger, es müsse ihn geben, denn wer sonst, wenn nicht die Person, fälle die Entscheidung? Es könnte natürlich dennoch andere Argumente für den FW geben, aber obiges ist jedenfalls tot. Die Todesursache dieses Arguments basiert nicht allein auf dem UR, sondern auf zusätzlichen impliziten Annahmen, etwa über die durchgängige Kausalität usw. - Wenn man also den freien FW widerlegen will, wäre es besser, erst gar nicht auf den unendlichen Regreß hinzuweisen, sondern gleich physikalisch zu argumentieren.


Ungeduldiges Händetrommeln...

step hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Step eins: okay ja, das Universum, das Leben und der ganze Rest sind also aus recht einfachen und einer theoretsch überschaubaren Elementenmenge entstanden.

Step zwei: Das Leben sich seiner bewußt wird, ist also eventuell auf einem noch unbekannten rekursiven Algorithmus ableitbar.

Bis hierher ok.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Step drei: ja warum eigentlich nicht, dann auch freier Wille, aus dem Bewußten heraus?

Weil das der bekannten Physik widerspricht.


Do ut des

quid pro quo

Pars pro toto Am Kopf kratzen

#828:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 17:30
    —
step hat folgendes geschrieben:

Arrgh! Der UR widerlegt nicht den FW, sondern er widerlegt das Argument einiger FW-Anhänger, es müsse ihn geben, denn wer sonst, wenn nicht die Person, fälle die Entscheidung? Es könnte natürlich dennoch andere Argumente für den FW geben, aber obiges ist jedenfalls tot. Die Todesursache dieses Arguments basiert nicht allein auf dem UR, sondern auf zusätzlichen impliziten Annahmen, etwa über die durchgängige Kausalität usw. - Wenn man also den freien FW widerlegen will, wäre es besser, erst gar nicht auf den unendlichen Regreß hinzuweisen, sondern gleich physikalisch zu argumentieren.
Arrgh! Der UR wird aber nach wie vor in gewissen Beiträgen als starkes Argument gegen den FW eingesetzt. Da kannst Du nichts dafür, einverstanden. Ich erachte ihn aber mindestens als gutes Indiz für eine starke FW-Illusion.

Jetzt bitte ich Dich aber, mir Deinen physikalischen Beweis gegen den freien Willen zu präsentieren! Sorry, ich hab den offenbar nicht mitgekriegt. Einen Link zu Deiner Beweisführung würde mir sicher reichen...

#829:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 17:45
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Der UR wird aber nach wie vor in gewissen Beiträgen als starkes Argument gegen den FW eingesetzt.

Unsinn, ich habe mit dem Verweis auf den UR nur Deine Beschreibung des "bedingten FW" auf den sinnvollen Teil zurechtgestutzt: "frei" im Sinne von "durch eigene Präferenzen determiniert".

#830:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 17:46
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Arrgh! Der UR widerlegt nicht den FW, sondern er widerlegt das Argument einiger FW-Anhänger, es müsse ihn geben, denn wer sonst, wenn nicht die Person, fälle die Entscheidung? Es könnte natürlich dennoch andere Argumente für den FW geben, aber obiges ist jedenfalls tot. Die Todesursache dieses Arguments basiert nicht allein auf dem UR, sondern auf zusätzlichen impliziten Annahmen, etwa über die durchgängige Kausalität usw. - Wenn man also den freien FW widerlegen will, wäre es besser, erst gar nicht auf den unendlichen Regreß hinzuweisen, sondern gleich physikalisch zu argumentieren.
Arrgh! Der UR wird aber nach wie vor in gewissen Beiträgen als starkes Argument gegen den FW eingesetzt. Da kannst Du nichts dafür, einverstanden. Ich erachte ihn aber mindestens als gutes Indiz für eine starke FW-Illusion.

Gib doch bitte mal ein konkretes Beispiel für so einen gewissen Beitrag, der diese Argumentation enthält.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Jetzt bitte ich Dich aber, mir Deinen physikalischen Beweis gegen den freien Willen zu präsentieren! Sorry, ich hab den offenbar nicht mitgekriegt. Einen Link zu Deiner Beweisführung würde mir sicher reichen...

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=991018#991018 , Punkt 1. und 2.

Auf den nachfolgenden Einwand von AP bin ich nicht mehr eingegangen, da er sich aus meiner Sicht nur noch auf die Bedeutung des Wortes "beeinflussen" bezog, nicht aber auf den Kern der Argumentation. Wenn Dir das aber wesentlich erscheint, kann ich das noch nachholen.

EDIT: Es ist natürlich nur ein Beweis gegen den freien FW, nicht gegen den unfreien FW. Den unfreien FW (aka "Wille") gibt es natürlich zweifelsohne.

#831:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 18:10
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Da habe ich aber gar nicht den Eindruck, dass ich in einem anderen Thema bin! Worin unterscheidet sich denn mein Thema von Deinem?

Das stand doch da:

Zitat:
Du hattest behauptet, ich könnte meine Motive/Gründe selber wählen, diese Illusion habe ich nicht. Dass ich entsprechend meiner Motive/Gründe handeln kann und mich dabei frei fühle, das kenne ich auch.
Und was soll da ein anderes Thema sein? Sorry, ich finde diese (Deine) Antwort völlig unklar! Also etwas expliziter musst Du Dich schon noch erklären!


Zitat:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Wenn schon, dann schon: Also die Deutschen waren während der Nazizeit von Anlagen plus Umwelt programmiert!?

Ja natürlich, was denn sonst? Du weißt selber noch nicht so genau, ob Du ein Kompatibilist (wie Bieri) oder ein Imkompatibilist bist, kann das sein?

Wenn schon: Ich bin ein Kompatibilist. Meine Frage über die Nazis war eher ironisch gemeint, eine Frage und nicht eine Meinungsäusserung! Und ich hätte es lieber, wenn jener antworten würde, an welchen die Frage gerichtet war, nähmlich Heiner...

#832:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 18:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
Gib doch bitte mal ein konkretes Beispiel für so einen gewissen Beitrag, der diese Argumentation enthält.
Z.B.:
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Und Deine Motive und Gründe wählst Du nicht selbst (im Rahmen des Möglichen natürlich...)?

Wenn sich meine Motive und Gründe ändern, dann weil andere, vielleicht tieferliegende, vielleicht neuere, Motive und Gründe das so determinieren. Wenn ich mir dieses "selbst wählen" vorstellen will, gerate ich ihn eine unendliche Rekursion, meine Wahl hat immer Ursachen, die ihr vorangehen.
Darauf bin ich dann dran gegangen, den unendlichen Regress als Argument etwas genauer anzuschauen...

Für den physikalischen Teil brauche ich noch etwas Zeit...

#833:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 18:41
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Gib doch bitte mal ein konkretes Beispiel für so einen gewissen Beitrag, der diese Argumentation enthält.
Z.B.:
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Und Deine Motive und Gründe wählst Du nicht selbst (im Rahmen des Möglichen natürlich...)?

Wenn sich meine Motive und Gründe ändern, dann weil andere, vielleicht tieferliegende, vielleicht neuere, Motive und Gründe das so determinieren. Wenn ich mir dieses "selbst wählen" vorstellen will, gerate ich ihn eine unendliche Rekursion, meine Wahl hat immer Ursachen, die ihr vorangehen.
Darauf bin ich dann dran gegangen, den unendlichen Regress als Argument etwas genauer anzuschauen...

Ja genau.
- Du hast intuitionistisch argumentiert ("wählst Du etwas nicht selbst ...?") oder jedenfalls so getan
- kolja hat das Argument mittels Aufzeigen eines UR als schlecht dastehen lassen
- kolja hat so aber noch nicht den freien FW widerlegt, denn er macht auf andere Weise zu belegende Zusatzannahmen (etwa die durchgehende Kausalität)

#834:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 18:42
    —
step hat folgendes geschrieben:

1. Physikalischer Teil

Aus der Schrödingergleichung und den thermodynamischen Verhältnissen im Gehirn (die beide empirisch gut bestätigt sind) folgt, daß das Gehirn als Ganzes, also einschließlich der Bewußtseinsvorgänge, komplett unitär zeitentwickelt und außerdem hinreichend dekohärent verhält.

Daraus folgt, daß es keine "echten Möglichkeiten" gibt, daß also alle im raumzeitlichen Umfeld vorstellbaren Varianten bis auf genau eine unphysikalisch sind. Das gilt offenbar für Präferenzen und Abwägungen genauso wie für Handlungen.

Daraus folgt, daß es keine Freiheit im Sinne einer den determinierten Ablauf beeinflussenden Auswahl gibt.


2. Freiheit wovon?

Will man also den Term "Freiheit" idZ konsistent verwenden, so muß man darunter etwas anderes verstehen, z.B. den determinierten Vorgang der Berechnung der Handlungssteuerung oder den determinierten Vorgang der Simulation mehrerer (unmöglicher) Möglichkeiten, oder sogar die Tatsache, daß verschiedene Menschen in ähnlichen Situationen verschieden handeln. Ebenso bedeutet die "Autonomie der Person" dann nur noch so etwas wie das Überwiegen innerer Zwänge gegenüber äußeren.

Ich beschränke mich mal auf diese beiden Teile.

Teil 1. Ich weiss, das ist die Antwort auf Roger Penrose's (z.B. The Emperors's New Mind und Shadows of the Mind) Vermutung, dass in den Mikrotubuli der Zellen quantenmechanische Phänomene (periodische Kohärenz und Dekohärenz) stattfinden und den eigentlichen Mechanismus des Bewusstseins darstellen. Ich glaube aber nicht, dass diese Frage schon geklärt ist - oder habe ich auch da Wichtiges verpasst? Es herrscht in letzter Zeit schon viel Ruhe um das Thema, aber daraus zu schliessen, dass es widerlegt ist, diesen Schritt wage ich nicht zu tun. Die thermodynamischen Verhältnisse im Hirn "als Ganzes" sind wohl schon so, dass es sich "makroskopisch" dekohärent verhält, in den abgeschirmten Mikrotubuli ist es aber auch thermodynamisch vorstellbar (noch nicht erwiesen?), dass Kohärenzen entstehen können.

Teil 2. Sobald quantenmechanische Phänomene eine Rolle spielen, ist der Freiheit des Bewusstseins und des Willens eigentlich nichts mehr im Wege...

In meinen Augen ist die Frage nach dem freien Willen somit auch physikalisch noch lange nicht geklärt!

EDIT: Ich hab' mal in Wikipedia nachgeschaut: Die Frage nach Orch-OR (orchestrated objective reduction) in den Mikrotubuli ist zwar kontrovers aber offenbar immer noch offen!


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 02.05.2008, 18:53, insgesamt einmal bearbeitet

#835:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 18:51
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Teil 1. Ich weiss, das ist die Antwort auf Roger Penrose's (z.B. The Emperors's New Mind und Shadows of the Mind) Vermutung, dass in den Mikrotubuli der Zellen quantenmechanische Phänomene (periodische Kohärenz und Dekohärenz) stattfinden und den eigentlichen Mechanismus des Bewusstseins darstellen. Ich glaube aber nicht, dass diese Frage schon geklärt ist - oder habe ich auch da Wichtiges verpasst? Es herrscht in letzter Zeit schon viel Ruhe um das Thema, aber daraus zu schliessen, dass es widerlegt ist, diesen Schritt wage ich nicht zu tun. Die thermodynamischen Verhältnisse im Hirn "als Ganzes" sind wohl schon so, dass es sich "makroskopisch" dekohärent verhält, in den abgeschirmten Mikrotubuli ist es aber auch thermodynamisch vorstellbar (noch nicht erwiesen?), dass Kohärenzen entstehen können.

Doch, das ist widerlegt, allein die vielen Ionen dort würden sofort zu Dekohärenz führen.

Einmal pro Jahr kommt hier jemand mit diesem Zeugs, angefangen mit Alzi und Quanten-George damals, letztens wieder Er-Win (glaube ich wenigstens) und durial, es ist erst 1 Monat her.

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=970192#970192

The importance of quantum decoherence in brain processes (M Tegmark 2000, quant-ph/9907009, Phys. Rev. E 61, 4194-4206) und Why the brain is probably not a quantum computer (M Tegmark 2000, Information Sciences 128, 155-179) [/quote]

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Teil 2. Sobald quantenmechanische Phänomene eine Rolle spielen, ist der Freiheit des Bewusstseins und des Willens eigentlich nichts mehr im Wege...

So richtig prickelnd wäre das aber auch nicht: Was nützt es, wenn wesentliche Entscheidungen von echtem Zufall abhängen? Das macht den Richter auch nicht glücklich ... und übrigens wären wir dann wohl schon ausgestorben ...

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
In meinen Augen ist die Frage nach dem freien Willen somit auch physikalisch noch lange nicht geklärt!

Du bist also Inkompatibilist und Libertarier, richtig? Du glaubst an "echte" Möglichkeiten.

#836:  Autor: narziss BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 18:55
    —
Wieso wären wir dann schon ausgestorben?

#837:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 19:42
    —
narziss hat folgendes geschrieben:
Wieso wären wir dann schon ausgestorben?

Naja, unsere mesokosmische Welt verhält sich zu großen Teilen quasiklassisch und gesetztmäßig. Es gibt Jahreszeiten, Sonnenaufgang, Essen, Sex usw.. Sowohl unser Körper als auch unser Verhalten, unsere Präferenzen und Entscheidungen, unsere Empathie usw. müssen diese Umwelt hinreichend verlässlich widerspiegeln, sonst erleben wir zu wenige Tage, um uns erfolgreich zu reproduzieren.

Wären wesentliche Entscheidungen im Gehirn vom zufälligen Kollaps eines kohärenten Zustands abhängig, so wäre unser Verhalten zufällig. Was übrigens nicht heißt, daß der Zufall generell im Gehirn keine Rolle spielt, etwa bei der Selbstorganisation!

#838:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 19:44
    —
step hat folgendes geschrieben:
Was übrigens nicht heißt, daß der Zufall generell im Gehirn keine Rolle spielt, etwa bei der Selbstorganisation!


Du bist doch Indeterminist.

zynisches Grinsen

#839:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 19:45
    —
Wieso widerlegt?

Ihr scheitert ja bereits bei dem ersten Schritt -der eigentlich zuerst nachgefragt werden müßte, der nur allzugerne übersprungen wird:
mit welchen Basiseinheiten willst du denn Bewußtsein nachmessen können?
oder aus welchen physikalisch ableitbaren Größen zählt man denn die oft flanierten Präferenzen?.

Ein rein physikalischer Ansatz kann doch zu gar keinem Ergebnis kommen.
Wir denken ja noch nichtmal nur stringent kausal.

Selbst bei einem schlichten Baum kann ned gesagt werden wie viele Äste er bekommt, noch wie viele Blätter die Äste tragen werden, noch wann welches Blatt im Herbst zuerst entlaubt wird.
Und das ist nur ein Baum, wo selbst ich davon ausgehe das er nur so wächst wie es ihm möglich ist.
Wir können uns ja nichtmal darauf einigen ab wann wir Wald anstatt Bäume sagen könnten.

Bewußtsein überschreibt ständig das eigene Programm - wenn das nicht so wär - dann wären wir längst ausgestorben.

Euer DT Ansatz ist nur ein schwaches Abbild der echten Möglichkeiten.
Ihr bleibt immer noch unredlich bei der Behauptung:
Das es ist wie es ist, ist so weil es so hat kommen müssen.

Wenn ihr wenigstens die Handlungsfreiheiten die ein FW-Konzept auftut ersetzen könntet, wär DT ja zumindest brauchbar.
Das eine kann weder das andere erklären noch in Wohlgefallen auflösen.
oder altertümlich:
Energeia (griechisch für Wirklichkeit, Tätigkeit) in der Philosophie seit Aristoteles Inbegriff des Realen im Gegensatz zum bloß Möglichen (Dynamis).


In meiner Welt ist Bewußtsein der Kreuz Bube aller Wirklichkeit-Interpretationen und FW ein darauf aufbauendes rein ideeles Konzept - klaro kann das ned mit nix gemessen werden.

Das gilt aber ebenso für Bewußtsein himself
oder jedes andere philosophische Konstrukt.
Ebenso wie Motivation, Ambivalenz, Ästhetik etc. nicht von Natur aus über einen physikalischen Realismus abbildbar sind.
Im DT seh ich daher kein brauchbares Transkriptionsverfahren um eben meß und prüfbare Aussagen zu erhalten, sondern nur die Beschreibung des Zeitvektors.

Ihr widerlegt also rein gar nix - seids nur fleißig am umetikettieren.
Meinen Willen prüf ich ja au ned an den Naturgesetzen, sondern im Gelingen oder Durchsetzungsvermögen gegen den Willen eines anderen.

Im übrigen hat bereits ein sechsjähriger ein größeren Wortschatz als alles das er bis dahin real erlebt haben könnte - er imaginiert also bereits mehr Handlungsmöglichkeiten als bisweilen gut für ihn sind.

#840:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 19:57
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was übrigens nicht heißt, daß der Zufall generell im Gehirn keine Rolle spielt, etwa bei der Selbstorganisation!
Du bist doch Indeterminist. zynisches Grinsen

Klar. Letztlich verhält sich das Gehirn bei normalen Entscheidungen nur "hinreichend deterministisch". Ob andere Vorgänge in unserer Welt eindeutig indeterministisch sind oder besser deterministisch mit MWI beschrieben werden, will ich mal dahingestellt sein lassen.

#841:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 20:16
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Du hattest behauptet, ich könnte meine Motive/Gründe selber wählen, diese Illusion habe ich nicht. Dass ich entsprechend meiner Motive/Gründe handeln kann und mich dabei frei fühle, das kenne ich auch.
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Und was soll da ein anderes Thema sein? Sorry, ich finde diese (Deine) Antwort völlig unklar! Also etwas expliziter musst Du Dich schon noch erklären!

Du hattest versucht, mir intuitionistisch einen FW anzudichten. ("Wählst Du Deine Motive nicht selbst?") Die Sinnlosigkeit dieses Arguments habe ich mit dem Verweis auf den UR aufgezeigt. Du meintest, es bliebe aber die Illusion eines FW. Ich habe dies so aufgefasst, dass Du Dich damit auf Dein vorangehendes intuitionistisches Argument bezogst, und antwortete daher, diese Illusion hätte ich nicht. Du hast das angezweifelt. Daraus schloss ich, dass Du mittlerweile von etwas anderem redest, nämlich von der gefühlten Freiheit beim Handeln entsprechend der eigenen Motive. Darum habe ich präzisiert, welche Illusion ich nicht habe: die Illusion, meine Motive selber wählen zu können.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Wenn schon: Ich bin ein Kompatibilist.

Vor diesem Hintergrund macht aber die obige intuitionistische Argumentation eigentlich keinen Sinn, außer vielleicht als Selbsttäuschung, aber sie ist scheinbar bei Kompatibilisten beliebt.

#842:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Doch, das ist widerlegt, allein die vielen Ionen dort würden sofort zu Dekohärenz führen.
Penrose (Shadows of the Mind, S. 368): "The tubes themselves seem to be empty - a curious and possibly significant fact in itself, if we are looking to these tubes to provide for us the conditions favourable to some kind of collective quantum oscillations. 'Empty', here, means that they essentially contain just water (without even dissolved ions)."

Zitat:
Einmal pro Jahr kommt hier jemand mit diesem Zeugs...
Mit einer solchen Einstellung kommen wir auch nicht weiter...

Zitat:
The importance of quantum decoherence in brain processes (M Tegmark 2000, quant-ph/9907009, Phys. Rev. E 61, 4194-4206) und Why the brain is probably not a quantum computer (M Tegmark 2000, Information Sciences 128, 155-179)
Tegmark ist doch dieser sympatische Jüngel (unterdessen ja wohl älter), der in SciAm über parallele Universen geschrieben hat! Er schreibt ja korrekt: "the brain is probably not a quantum computer" und man kann auch Hameroff's Antwort und Tegmarks lapidare Antwort nachlesen. Alles noch offen...

Zitat:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Teil 2. Sobald quantenmechanische Phänomene eine Rolle spielen, ist der Freiheit des Bewusstseins und des Willens eigentlich nichts mehr im Wege...

So richtig prickelnd wäre das aber auch nicht: Was nützt es, wenn wesentliche Entscheidungen von echtem Zufall abhängen? Das macht den Richter auch nicht glücklich ... und übrigens wären wir dann wohl schon ausgestorben ...
Na, versteht man denn einen richtigen Quantencomputer schon? Der arbeitet sicher nicht rein stochastisch...

Zitat:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
In meinen Augen ist die Frage nach dem freien Willen somit auch physikalisch noch lange nicht geklärt!

Du bist also Inkompatibilist und Libertarier, richtig? Du glaubst an "echte" Möglichkeiten.
Nein, ich bin Agnostiker! Und das mit Leib und Seele! Und hör doch bitte auf, alle hier in Deine Schublädchen mit Ettiketten dran zu einzuordnen! Sind wir hier Insekten für Deine Sammlung?

Zuletzt bearbeitet von PataPata am 08.05.2008, 22:19, insgesamt einmal bearbeitet

#843:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:10
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wären wesentliche Entscheidungen im Gehirn vom zufälligen Kollaps eines kohärenten Zustands abhängig, so wäre unser Verhalten zufällig. Was übrigens nicht heißt, daß der Zufall generell im Gehirn keine Rolle spielt, etwa bei der Selbstorganisation!
Es geht ja nicht um einen zufälligen Kollaps eines kohärenten Systemes, sondern um "tausende"* (wie viele genau finde ich jetzt gerade nicht) pro Sekunde von Kollapsen in "tausenden" von Mikrotubuli pro Zelle in "tausenden" von Zellen! Und das könnte schon einen schönen Quantencomputer darstellen!

*EDIT: Die Kohärenz-Dekohärenz-frequenz in den Mikrotubuli wird mit 5x10^10 Hz angegeben (Penrose, Shadows of the Mind, S. 364). "Tausende" war somit eine schöne Untertreibung...


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 02.05.2008, 21:55, insgesamt einmal bearbeitet

#844:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:34
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Du hattest versucht, mir intuitionistisch einen FW anzudichten. ("Wählst Du Deine Motive nicht selbst?") Die Sinnlosigkeit dieses Arguments habe ich mit dem Verweis auf den UR aufgezeigt. Du meintest, es bliebe aber die Illusion eines FW. Ich habe dies so aufgefasst, dass Du Dich damit auf Dein vorangehendes intuitionistisches Argument bezogst, und antwortete daher, diese Illusion hätte ich nicht. Du hast das angezweifelt. Daraus schloss ich, dass Du mittlerweile von etwas anderem redest, nämlich von der gefühlten Freiheit beim Handeln entsprechend der eigenen Motive. Darum habe ich präzisiert, welche Illusion ich nicht habe: die Illusion, meine Motive selber wählen zu können.
Gut, das kann ich jetzt nachvollziehen! Es ist Dir aber offenbar entgangen, dass ich in meinem "Andichtungs-" - ich würde eher sagen "Suggerierprozess" - eigentlich die von mir aufgestellte These einer starken FW-Illusion im Kopf hatte. Mein Fehler: Ich hätte darauf verweisen müssen (ich dachte, ich hätte schon genügend darauf gepocht - es war aber offenbar unbeachtet geblieben...):
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist ja der freie Wille nur eine Illusion, aber eine starke. So wie die Zeit ja eine Illusion sein soll, aber eine starke (Julian Barbour, "The End of Time"). Und die Zeit nimmt man trotzdem sehr ernst...
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Als starke Illusion bezeichne ich eine solche, die zwar nicht "wirklich" existiert, die man aber nicht einfach (auch physikalisch gesehen) von sich schütteln kann. Bei der Zeit muss man schon genau erklären, wie diese "Illusion" entsteht und wie stark sie ist - sonst müsste ja z.B. eine Zeitreise nach dieser Erkenntnis einfach zu realisieren sein. Ob dies Joulian Barbour wirklich gelungen ist, möchte ich bezweifeln - und trotzdem akzeptiere ich seine Argumente.

Beim freien Willen dürfte es ähnlich sein. Man kann vielleicht "beweisen", dass ein freier Wille an sich gar nicht existieren kann, sich aber total von diesem Konzept befreien kann man sich auch nicht. ...
Irgendwie erhoffe ich mir, dass diese Argumente hier näher beleuchtet werden könnten. Oder sind sie so "far out", dass man sie lieber nicht beachtet?

Zitat:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Wenn schon: Ich bin ein Kompatibilist.

Vor diesem Hintergrund macht aber die obige intuitionistische Argumentation eigentlich keinen Sinn, außer vielleicht als Selbsttäuschung, aber sie ist scheinbar bei Kompatibilisten beliebt.
Im Sinne der starken FW-Illusion macht sie schon Sinn...

#845:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:43
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Es ist Dir aber offenbar entgangen, dass ich in meinem "Andichtungs-" - ich würde eher sagen "Suggerierprozess" -

Kein wesentlicher Unterschied. zwinkern

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
eigentlich die von mir aufgestellte These einer starken FW-Illusion im Kopf hatte.

Achso. Na dann hat meine Aussage, diese Illusion hätte ich nicht, doch perfekt gepasst.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist ja der freie Wille nur eine Illusion, aber eine starke. So wie die Zeit ja eine Illusion sein soll, aber eine starke [...]. Und die Zeit nimmt man trotzdem sehr ernst...

Hm, den Vergleich finde ich nicht treffend. Aus der Illusion des Zeitflusses folgen keine praktischen Konsequenzen für mich.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Beim freien Willen dürfte es ähnlich sein. Man kann vielleicht "beweisen", dass ein freier Wille an sich gar nicht existieren kann, sich aber total von diesem Konzept befreien kann man sich auch nicht. ...

Doch, man kann das ganz prima. Schulterzucken

#846:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:45
    —
Zitat:
Aus der Illusion des Zeitflusses folgen keine praktischen Konsequenzen für mich.


Suspekt

#847:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:47
    —
Welche praktischen Konsequenzen sollten denn daraus folgen?

#848:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:49
    —
Wahrnehmung? Prozesse im Gehrin? Die Grundlage des höheren Bewußtseins?

#849:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:50
    —
Zusammenhang?

Ah, die Formulierung vielleicht: aus der Erkenntnis, dass der Zeitfluss nur eine Illusion ist, folgen keine praktischen Konsequenzen für mich.

#850:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:57
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Doch, man kann das ganz prima. Schulterzucken
Das ist dann eben Deine Illusion... zwinkern

#851:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:58
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Das ist dann eben Deine Illusion...

Jaja, und letztlich ist alles eine Illusion ... Quark.

#852:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 21:59
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Zusammenhang?

Ah, die Formulierung vielleicht: aus der Erkenntnis, dass der Zeitfluss nur eine Illusion ist, folgen keine praktischen Konsequenzen für mich.

Aus der Erkenntnis, dass der freie Wille eine Illusion ist, folgen auch keine praktischen Konsequenzen für mich!

#853:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 22:00
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Das ist dann eben Deine Illusion...

Jaja, und letztlich ist alles eine Illusion ... Quark.

Alles nicht - nicht gleich übertreiben...

#854:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 22:03
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Aus der Erkenntnis, dass der freie Wille eine Illusion ist folgen auch keine praktischen Konsequenzen für mich!

Für mich auch nicht, weil für mich das Konzept an sich belanglos geworden ist, es würde für mich auch keine praktischen Konsequenzen haben, wenn es keine Illusion wäre. Ich vermute allerdings, dass Du das nicht so meintest. Du meinst vermutlich eher, dass Du an dem Konzept festhältst, obwohl es als Illusion enttarnt wurde.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Das ist dann eben Deine Illusion...
kolja hat folgendes geschrieben:
Jaja, und letztlich ist alles eine Illusion ... Quark.
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Alles nicht - nicht gleich übertreiben...

Schon klar. Ich wollte damit auch nur demonstrieren, dass Dein Einwand Quark ist.

#855:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 22:43
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Doch, das ist widerlegt, allein die vielen Ionen dort würden sofort zu Dekohärenz führen.
Penrose (Shadows of the Mind, S. 368): "The tubes themselves seem to be empty - a curious and possibly significant fact in itself, if we are looking to these tubes to provide for us the conditions favourable to some kind of collective quantum oscillations. 'Empty', here, means that they essentially contain just water (without even dissolved ions)."

Selbst simple Wasserstoffbrückenbindungen würden bei den dort herrschenden Temperaturen sofort zu Dekohärenz führen. Und bedenke, daß zur Auslösung eines Neuronenfeuerns eine erhebliche Ionenkonzentration notwendig ist. Und daß viele Neuronen feuern müssen.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
The importance of quantum decoherence in brain processes (M Tegmark 2000, quant-ph/9907009, Phys. Rev. E 61, 4194-4206) und Why the brain is probably not a quantum computer (M Tegmark 2000, Information Sciences 128, 155-179)
Tegmark ... schreibt ja korrekt: "the brain is probably not a quantum computer" und man kann auch Hameroff's Antwort und Tegmarks lapidare Antwort nachlesen. Alles noch offen...

Nein, es ist nicht offen. Hameroff's Antwort ist physikalisch unbefriedigend, und Tegmarks Widerlegung ist korrekt. Ich habe das Paper gelesen und verstanden. Ich verlange nicht, daß Du das glaubst, bin aber (als theor. Physiker) inhaltlich überzeugt.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Teil 2. Sobald quantenmechanische Phänomene eine Rolle spielen, ist der Freiheit des Bewusstseins und des Willens eigentlich nichts mehr im Wege...

So richtig prickelnd wäre das aber auch nicht: Was nützt es, wenn wesentliche Entscheidungen von echtem Zufall abhängen? Das macht den Richter auch nicht glücklich ... und übrigens wären wir dann wohl schon ausgestorben ...
Na, versteht man denn einen richtigen Quantencomputer schon? Der arbeitet sicher nicht rein stochastisch...

Natürlich nicht. Er Und ja, man versteht einen QC schon ganz gut.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
In meinen Augen ist die Frage nach dem freien Willen somit auch physikalisch noch lange nicht geklärt!

Du bist also Inkompatibilist und Libertarier, richtig? Du glaubst an "echte" Möglichkeiten.
Nein, ich bin Agnostiker! Und das mit Leib und Seele!

Sicher? Auf den Arm nehmen

#856: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 22:46
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Man kann Menschen zu jeglichem Verhalten "programmieren". Man kann auch Deutsche so programmieren, dass sie einem Führer hinterherlaufen.
Das ging ja offenbar besonders einfach! Und, wer hat den Führer programmiert?


Anlagen plus Umwelt (wie immer bei menschlichem Handeln). Schulterzucken
Wenn schon, dann schon: Also die Deutschen waren während der Nazizeit von Anlagen plus Umwelt programmiert!?


Was die Determinierung durch Anlagen betrifft, macht eine solche Behauptung nur für Individuen Sinn, da Anlagen individuell unterschiedlich sind.
Bleibt also die Feststellung, dass die Deutschen um 1933 durch die Umwelt - also durch gesellschaftliche Faktoren, durch ideologische Beeinflussung, durch Manipulation, durch den Unterdrückungsapparat - dazu determiniert waren, dem Führer nachzulaufen.
(Nur eine Minderheit der Deutschen war dazu determiniert, Widerstand zu leisten.)

#857: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 02.05.2008, 23:43
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Menschen lassen sich entmenschen. Das kann durch Konditionierung, Manipulation, Unterdrückung, Not und Zwang geschehen.

Je menschlicher aber Menschen werden, desto stärker kommt ihr riesiges und unerschöpfliches Kreativitätspotenzial zum Zuge. Das ist heute noch nicht der Zustand der Welt, kann aber noch kommen.


Zum ersten Punkt Zustimmung. Aber, wenn ein Mensch zu destruktivem Handeln konditioniert werden kann, warum sollte das nicht auch für konstruktives Handeln gelten?
Es ist inkonsequent, das eine zu bejahen, beim anderen aber den freien Willen hineinzumogeln.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Ich schätze, dass der Begriff des "freien Willens" bei einigen christlichen Fraktionen in erster Linie damit zu tun hat, "Gott" von der Schuld frei zu sprechen und die "freie" Entscheidung für das Böse seinen Geschöpfen anzulasten.

Ein solcher - idealistischer und unbedingter - freier Wille ist insofern rein funktional, um die Herrschaftskumpanei von Kirche, Klerus, Kaiser und Kapital zu retten.


Ja, richtig, sehe ich genauso. Die Lehre vom freien Willen dient den (christlichen) Herrschenden dazu, für alles den Untertanen selbst die Schuld anzulasten.

Zitat:

Aber selbst die Katholen sind keine Anhänger des bedingt freien Willens. Sie wissen noch nicht mal, was das ist.


Dann habe ich mit den Katholen mal was gemeinsam, ich weiß nämlich auch nicht recht, was ich mirn unter einem "bedingt freien Willen" vorzustellen habe...

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Therapie ist mehr als Umprogrammierung oder Gehirnwäsche. Die Umerziehungsanstalten der heutigen Zeit haben das Ziel, politische Widerständler zu brechen. Das ist alles.

Im übrigen ist das Vertrauen der Herrschenden in die Entscheidungs- und Mitgestaltungsfähigkeit der Menschen nicht gerade doll. Diese werden als dumme Masse und Wahlvieh behandelt.


Wieso ist Therapie mehr als Umprogrammierung (der Begriff Gehirnwäsche ist hier Polemik)?
Der Erfolg einer Therapie bemisst sich gerade daran, ob sie es schafft, vom zu Therapierenden als unerwünscht empfundenes Verhalten umzuprogrammieren, sprich in andere Bahnen zu lenken.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dem US-Fundi geht es um die Ausrottung des Bösen. "Das Böse" ist aber so etwas wie ein Automat. Dieser Automat muss böse sein, es ist seine "Natur".


Für den US-Fundi sind erst einmal alle Menschen von Natur aus böse, aber sie haben von Gott einen freien Willen bekommen, um sich gegen das Böse zu entscheiden. Was den Kriminellen auszeichnet, ist, dass er sich aus freiem Willen heraus für das Böse entscheidet. Daher muss er der göttlich legimierten gerechten Strafe zugeführt werden.

Zitat:
Das ist ein impliziter Determinismus.

Auch die Inqusition des Mittelalters sah das so und hat insofern alles andere als pädagogische Prinzpien für die Juden, Hexen und Ketzer vorgesehen.


Pädagogische Prinzipien machen vor dem Hintergrund des Glaubens an den freien Willen deshalb keinen Sinn, da die böse Tat letztlich unerklärbar bleibt. Wenn für die Tat keine weiteren Ursachen verantwortlich sind als allein der "böse Wille", wo sollte ich auch ansetzen, um auf den Täter pädagogisch einzuwirken?

Zitat:
Immer geht es den herrschenden Schichten um die Niederhaltung des Volkes.

Ein freier Wille hat viel mit Demokratie und Souveränität zu tun. Das passt nicht zum Untertan - gestern wie heute.

Der Mensch sei unfrei. Er kann nicht anders und soll es auch nicht. Und überhaupt ist alles Schicksal. So in etwa gehen Herrschaftsideologien.


Der Trick von Herrschaftsideologien besteht gerade darin, den Untertanen vorzugauckeln sie seien frei, wo sie es nicht sind. Wer in Armut gerät, dem wird erzählt: selber schuld; hättest du dich nur mal angestrengt usw. Oder auch schön: Jeder kann nach oben kommen, man muss es nur wollen. Wer unten bleibt, der hat halt nicht richtig gewollt, denn grundsätzlich sind wir ja ach so frei---

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner:
Augustinus als Vater der modernen Naturwissenschaft??????????????
Ich möchte auf diesem Niveau ungern weiterdiskutieren.
Skeptiker:
Der physikalische Reduktionismus ist doch keine moderne Naturwissenschaft, ich bitte Dich! Geschockt

Nein, Augustinus ist der heilige Vater philosophischer Determinationslehren - bis heute.


Augustinus war ein Verfechter des freien Willens. Es gibt sogar eine ganze Schrift von ihm, die das im Titel zum Ausdruck bringt: De libero arbitrio - dt. "Über den freien Willen". (Und nun?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das ist keine Verharmlosung, denn Abschreckung war eines der Inhalte der NS-Justiz: Massive Einschüchterung gegen jeden noch so kleinen Ansatz von Widerstand.

Das heisst nicht, dass dies alles war. Die NS-Justiz machte sich auch zum Büttel der Menschenvernichtung und Zwangsarbeit.

Aber sie diente auch der Sicherung des kapitalo-faschistischen Regimes per brutaler/martialischer Abschreckung.


Ich habe dir erklärt, was üblicherweise unter Prävention verstanden wird. Lies es doch einfach selber noch mal nach und überlege dann, ob du die These, den Nazis wäre es um Prävention gegangen, aufrecht erhältst.

Zitat:

Sehr gut. Denn wenn Du Dir die Maslow'sche Bedürfnispyramide anguckst, dann siehst Du, dass der Kopf umso freier wird, je besser die "niederen Bedürfnisse" abgedeckt sind:



Skeptiker


Bis zu welcher Stufe in der Pyramide hältst du denn Menschen für determinierbar, ab welcher Stufe nicht mehr? Darf ich es mal genau haben?

#858: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 00:32
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Sehr gut. Denn wenn Du Dir die Maslow'sche Bedürfnispyramide anguckst, dann siehst Du, dass der Kopf umso freier wird, je besser die "niederen Bedürfnisse" abgedeckt sind:



Skeptiker


Bis zu welcher Stufe in der Pyramide hältst du denn Menschen für determinierbar, ab welcher Stufe nicht mehr? Darf ich es mal genau haben?


Vielleicht auch nochmal die üblichen Kritiken an der Theorie von Maslow: Erstmal, daß es verschiedene Faktoren gibt, die in die Bedürfnisstruktur mit hineinspielen: Etwa, daß ein älterer Mensch tendentiell höherwertige Bedürfnisse haben mag als ein jüngerer in der gleichen Situation (wobei sich da Theorie und Empirie auch wieder unterscheiden mögen). Und es gibt verschiedene menschliche Gesellschaften - im klassischen Sinne Kulturen, im postmodernen Sinne über die Kulturgrenzen hinaus denkbare "Milieus" -, deren Mitglieder unterschiedliche Bedürfnisstrukturen haben. In einer "kollektivistischen" Kultur hat z.B. die Selbstverwirklichung nicht einen so hohen Stellenwert wie die sozialen und Wertschätzungsbedürfnisse.

(Daneben vielleicht noch, daß die Bedürfniskategorien so eindeutig auch nicht getrennt werden können, und daß der Aussagegehalt auch nicht sonderlich hoch sei: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral".)

#859: Re: Besserungs- und Zuchtanstalten Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 00:34
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sehr gut. Denn wenn Du Dir die Maslow'sche Bedürfnispyramide anguckst, dann siehst Du, dass der Kopf umso freier wird, je besser die "niederen Bedürfnisse" abgedeckt sind:


Ist diese nicht tot zu kriegende "Bedürfnispyramide" eigentlich irgendwann einmal in Berührung mit irgendwelcher Empirie gekommen, oder gründet sie sich auf reine Plausibilitätsüberlegungen?

#860:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 01:13
    —
step hat folgendes geschrieben:
Sicher? Auf den Arm nehmen
Als Agnostiker weiss ich das natürlich nicht so genau... Verlegen

Den Rest lass ich mal so stehen... Cool

#861:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 01:17
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Ich vermute allerdings, dass Du das nicht so meintest. Du meinst vermutlich eher, dass Du an dem Konzept festhältst, obwohl es als Illusion enttarnt wurde.
So in etwa - so, wie ich am Konzept "Zeit" festhalte...

#862:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 11:39
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
So in etwa - so, wie ich am Konzept "Zeit" festhalte...

Wir drehen uns im Kreis ... der Vergleich ist immer noch nicht plausibel. Erzähle doch erstmal, was aus den Konzepten "Zeit" und "FW" Deiner Ansicht nach jeweils folgt, ich sehe da überhaupt keine Parallelen.

#863:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 12:15
    —
So ideal - daher irreal, jedenfalls für die breite Masse.

#864:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 12:34
    —
@ "Freier Wille"-Vertreter:

Glaubt ihr eigentlich auch, dass Tiere einen freien Willen haben?
Also, nehmen wir mal Schimpansen (die haben ja auch ein Ich-Bewusstsein):
Wenn Affe A dem Affen B mit der Banane eins über die Rübe zieht, handelte es sich dann um eine freie Willensentscheidung? Oder war der Affen-Wille nur "bedingt frei"? Zustimmung

#865:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 12:37
    —
@Heiner: http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=276990#276990

#866:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 12:41
    —
Zumindest diejenigen Kompatibilisten, die den FW darin sehen, daß man sich verschiedene Möglichkeiten vorstellt und dann mit Präferenzen vergleicht, müssten in der Tat Tieren einen FW zugestehen, denn Simulationsfähigkeiten und Präferenzen besitzen viele höhere Tiere.

Ich wette allerdings, daß jetzt eine Batterie an Zusatzbedingungen abgefeuert wird, so hat z.B. AP in solchen Fällen früher die Zusatzbedingung "moralische Ansprechbarkeit" aufgestellt (EDIT: bin mir nicht mehr sicher, das war vielleicht nicht für FW, sondern für Verantwortlichkeit ...) , von anderen habe ich "personales Bewußtsein" und dgl. gehört.

#867:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 12:48
    —
Zitat:
denn Simulationsfähigkeiten und Präferenzen besitzen viele höhere Tiere


Sowas ist quasi schon bei Einzellern vorhanden, wenn man es wohlwollend darstellt. Das Bisschen Simulationsfähigkeit ist für mich jedenfalls kein Grund, Vegetarier zu werden, wieso sollte es das sein? Oder was soll das sonst besagen?

#868:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 12:52
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Zitat:
denn Simulationsfähigkeiten und Präferenzen besitzen viele höhere Tiere
Sowas ist quasi schon bei Einzellern vorhanden, wenn man es wohlwollend darstellt.

Richtig.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Das Bisschen Simulationsfähigkeit ist für mich jedenfalls kein Grund, Vegetarier zu werden, wieso sollte es das sein?

Für mich auch nicht.

Argaith hat folgendes geschrieben:
Oder was soll das sonst besagen?

kA was Du sagen willst. Mein Punkt war, daß FW-Anhänger entweder Teiren Willensfreiheit zugestehen oder das wesentliche Kriterium jenseits der Möglichkeiten/Präferenzen angeben müssen.

#869:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 12:59
    —
step hat folgendes geschrieben:

Ja und? Die Gläubigen halten diesen Kontext aber keineswegs für irrelevant, im Gegenteil.


Argaith hat folgendes geschrieben:

Die meisten hier sind aber der Meinung, daß die Mehrheit es doch behaupten würde.


Deine Sicherheit in dieser Annahme ist wirklich überraschend für mich. Ich hätte gar kein Problem damit, wenn du Recht hättest. Es gibt aber theoschwurblische Ansichten sogar vor und während der Reformationszeit, die quasi mit einem Schicksaalsglauben gleichzusetzen sind. ZB die Prädestinationslehre der Calvinisten. Generell ist es ein alteingesessener Widerspruch judeochristlichen Gedönses und Bibelinhalts, von einem allwissenden, alles determinierenden Gott und gleichzietig von Sündhaftigkeit auszugehen. Seit wann bist du dazu übergegangen, der Theoschwurbologie ihre intrinsischen Widersprüche zugunsten deiner FW-Widerlegung nachzusehen?


Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 03.05.2008, 13:01, insgesamt einmal bearbeitet

#870:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 13:01
    —
step hat folgendes geschrieben:
kA was Du sagen willst. Mein Punkt war, daß FW-Anhänger entweder Teiren Willensfreiheit zugestehen oder das wesentliche Kriterium jenseits der Möglichkeiten/Präferenzen angeben müssen.


Die Übergänge hin zum menschlichen Bewußtsein sind sicher fließend. ich dachte du wolltest sagen, dass man mit diesem FW-Verständnis Vegetarier sein müsste (wg. "moralischer Ansprechbarkeit" etc.)

#871:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 13:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
Zumindest diejenigen Kompatibilisten, die den FW darin sehen, daß man sich verschiedene Möglichkeiten vorstellt und dann mit Präferenzen vergleicht, müssten in der Tat Tieren einen FW zugestehen, denn Simulationsfähigkeiten und Präferenzen besitzen viele höhere Tiere.

Ich wette allerdings, daß jetzt eine Batterie an Zusatzbedingungen abgefeuert wird, so hat z.B. AP in solchen Fällen früher die Zusatzbedingung "moralische Ansprechbarkeit" aufgestellt (EDIT: bin mir nicht mehr sicher, das war vielleicht nicht für FW, sondern für Verantwortlichkeit ...) , von anderen habe ich "personales Bewußtsein" und dgl. gehört.


Es geht also darum, mit der Behauptung des FW den Menschen als "Krone der Schöpfung" zu verteidigen; mit dem Glauben an den FW werden dem Menschen über-natürliche Fähigkeiten zugesprochen. Dass der Mensch Natur ist (und ihren Gesetzen unterworfen), verletzt offenbar gewisse Eitelkeiten auch heutiger Zeitgenossen noch.
Erinnert mich an die Art, wie man seit jeher mit dem für die viele unerträglichen Gedanken umgegangen ist, dass ein Mensch genauso sterblich ist wie eine Maus. Man tröstet sich dann mit der Illusion, dass Menschen unsterblich sind (was mit den Tieren nach dem Tod passiert, ist dabei natürlich egal...)
Die hartnäckige Verteidigung der Illusion des FW erfüllt offenbar eine ähnliche Funktion...

#872:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 13:08
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ja und? Die Gläubigen halten diesen Kontext aber keineswegs für irrelevant, im Gegenteil.
Argaith hat folgendes geschrieben:
Die meisten hier sind aber der Meinung, daß die Mehrheit es doch behaupten würde.
Deine Sicherheit in dieser Annahme ist wirklich überraschend für mich. Ich hätte gar kein Problem damit, wenn du Recht hättest. Es gibt aber theoschwurblische Ansichten sogar vor und während der Reformationszeit, die quasi mit einem Schicksaalsglauben gleichzusetzen sind. ZB die Prädestinationslehre der Calvinisten. Generell ist es ein alteingesessener Widerspruch judeochristlichen Gedönses und Bibelinhalts, von einem allwissenden, alles determinierenden Gott und gleichzietig von Sündhaftigkeit auszugehen. Seit wann bist du dazu übergegangen, der Theoschwurbologie ihre intrinsischen Widersprüche zugunsten deiner FW-Widerlegung nachzusehen?

Mir ist durchaus bewußt, daß die Theologie schon seit Jahrtausenden an diesem Widerspruch kaut und unter den Theologen von Fatalismus bis FW alles zu haben ist. Es ging mir aber hier um die Mehrheit der Gläubigen unseres Kulturkreises.

Der Standardchrist in D glaubt so etwas wie:
- Gott liebt den Menschen und hat ihn mit einem freien Willen ausgestattet, damit er sich für IHN und das Gute entscheiden kann.

Das ist es auch, was nach meiner Erfahrung im schulischen Religionsunterricht, im Firmunterricht usw. erzählt wird.

#873:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 13:10
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Zumindest diejenigen Kompatibilisten, die den FW darin sehen, daß man sich verschiedene Möglichkeiten vorstellt und dann mit Präferenzen vergleicht, müssten in der Tat Tieren einen FW zugestehen, denn Simulationsfähigkeiten und Präferenzen besitzen viele höhere Tiere.

Ich wette allerdings, daß jetzt eine Batterie an Zusatzbedingungen abgefeuert wird, so hat z.B. AP in solchen Fällen früher die Zusatzbedingung "moralische Ansprechbarkeit" aufgestellt (EDIT: bin mir nicht mehr sicher, das war vielleicht nicht für FW, sondern für Verantwortlichkeit ...) , von anderen habe ich "personales Bewußtsein" und dgl. gehört.

Es geht also darum, mit der Behauptung des FW den Menschen als "Krone der Schöpfung" zu verteidigen; mit dem Glauben an den FW werden dem Menschen über-natürliche Fähigkeiten zugesprochen. Dass der Mensch Natur ist (und ihren Gesetzen unterworfen), verletzt offenbar gewisse Eitelkeiten auch heutiger Zeitgenossen noch.
Erinnert mich an die Art, wie man seit jeher mit dem für die viele unerträglichen Gedanken umgegangen ist, dass ein Mensch genauso sterblich ist wie eine Maus. Man tröstet sich dann mit der Illusion, dass Menschen unsterblich sind (was mit den Tieren nach dem Tod passiert, ist dabei natürlich egal...)
Die hartnäckige Verteidigung der Illusion des FW erfüllt offenbar eine ähnliche Funktion...

Genau. Auch heute noch glauben viele Menschen auch in D an eine Fortexistenz ihrer Person nach dem Tode, teilweise auch Nichtchristen.

#874:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 13:23
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
So in etwa - so, wie ich am Konzept "Zeit" festhalte...

Wir drehen uns im Kreis ... der Vergleich ist immer noch nicht plausibel. Erzähle doch erstmal, was aus den Konzepten "Zeit" und "FW" Deiner Ansicht nach jeweils folgt, ich sehe da überhaupt keine Parallelen.
Du schliesst den Kreis immer wieder, indem Du frühere Einschätzungen einfach wiederholst, anstatt zu versuchen, weiterzukommen...

Ich will damit nur sagen, dass es offenbar auf der Welt Phänomene gibt, die man zwar vielleicht mathematisch/physikalisch/neurologisch/philosophisch als Illusion "abtun" kann, derer man sich aber nicht so einfach entledigen kann. Die Zeit ist so ein Phänomen, und ich denke, der freie Wille ist auch ein solches.

#875: bedingter freier Wille vs. Idealismus Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 13:31
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Menschen lassen sich entmenschen. Das kann durch Konditionierung, Manipulation, Unterdrückung, Not und Zwang geschehen.
Je menschlicher aber Menschen werden, desto stärker kommt ihr riesiges und unerschöpfliches Kreativitätspotenzial zum Zuge. Das ist heute noch nicht der Zustand der Welt, kann aber noch kommen.

Zum ersten Punkt Zustimmung. Aber, wenn ein Mensch zu destruktivem Handeln konditioniert werden kann, warum sollte das nicht auch für konstruktives Handeln gelten? Es ist inkonsequent, das eine zu bejahen, beim anderen aber den freien Willen hineinzumogeln.


Ich mneine das anders. Menschliche Entwicklung kann nicht dort statt finden, wo die Verhältnisse unmenschlich sind.

Menschliche Verhältnisse aber bilden die notwendige Basis für die Entfaltung humaner Potenziale.

In diesem Fall wird nichts konditioniert. Es werden *lediglich* die Schleusen zur freien Entfaltung geöffnet.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich schätze, dass der Begriff des "freien Willens" bei einigen christlichen Fraktionen in erster Linie damit zu tun hat, "Gott" von der Schuld frei zu sprechen und die "freie" Entscheidung für das Böse seinen Geschöpfen anzulasten.
Ein solcher - idealistischer und unbedingter - freier Wille ist insofern rein funktional, um die Herrschaftskumpanei von Kirche, Klerus, Kaiser und Kapital zu retten.

Ja, richtig, sehe ich genauso. Die Lehre vom freien Willen dient den (christlichen) Herrschenden dazu, für alles den Untertanen selbst die Schuld anzulasten.


Das ist aber ein ganz bestimmter Typ des freien Willens und bezieht sich auf genau einen Entscheidungsmoment. Von da an läuft dann der Automatismus des Bösen wie von selbst.

Man beachte auch den Idealismus. Der Mensch entscheidet sich quasi aus dem Nichts für Gut oder Böse. Das widerspricht meiner materialistischern Auffassung schon mal fundamental.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber selbst die Katholen sind keine Anhänger des bedingt freien Willens. Sie wissen noch nicht mal, was das ist.

Dann habe ich mit den Katholen mal was gemeinsam, ich weiß nämlich auch nicht recht, was ich mirn unter einem "bedingt freien Willen" vorzustellen habe...


Ein freier Will braucht entsprechende materielle Bedingungen. Deshalb heisst er bedingter freier Wille.

Daneben ist das Wachstum der Erkenntnis eine Voraussetzung, weil sie die Möglichkeitsräume erweitert. Der Apfel der Erkennntis führt zur Freiheit von der göttlichen Determiniertheit, von der Augustinus spricht.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Therapie ist mehr als Umprogrammierung oder Gehirnwäsche. Die Umerziehungsanstalten der heutigen Zeit haben das Ziel, politische Widerständler zu brechen. Das ist alles. Im übrigen ist das Vertrauen der Herrschenden in die Entscheidungs- und Mitgestaltungsfähigkeit der Menschen nicht gerade doll. Diese werden als dumme Masse und Wahlvieh behandelt.

Wieso ist Therapie mehr als Umprogrammierung (der Begriff Gehirnwäsche ist hier Polemik)? Der Erfolg einer Therapie bemisst sich gerade daran, ob sie es schafft, vom zu Therapierenden als unerwünscht empfundenes Verhalten umzuprogrammieren, sprich in andere Bahnen zu lenken.


Der Mensch ist kein Computer. Ich störe mich am Begriff des Umprogrammierens. Vieles hängt von den Lebensbedingungen ab.

Zwischen Therapie, Werbeindustrie, Ideologieproduktion und Guantanamo können durchaus Verbindungen der Manipulation bestehen. Es ist immer die Frage, wer da ein bestimtmes Verhalten erwünscht.

Als ärztlich-psychologische Heilbehandlung ist das natürlich was anderes. Dann aber geht es gewiss nicht ums "Programmieren".

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dem US-Fundi geht es um die Ausrottung des Bösen. "Das Böse" ist aber so etwas wie ein Automat. Dieser Automat muss böse sein, es ist seine "Natur".

Für den US-Fundi sind erst einmal alle Menschen von Natur aus böse, aber sie haben von Gott einen freien Willen bekommen, um sich gegen das Böse zu entscheiden. Was den Kriminellen auszeichnet, ist, dass er sich aus freiem Willen heraus für das Böse entscheidet. Daher muss er der göttlich legimierten gerechten Strafe zugeführt werden.


Der Witz ist, dass Bush und die Vatikan-Fuzzis lieber nicht in den Spiegel schauen sollten, wenn sie vom "Bösen" sprechen. Die Verbrechen der Bushisten und des Vatikans sprechen Bände.

Soll man mit denen auch Therapie machen oder ist die nur für das Volk da?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist ein impliziter Determinismus. Auch die Inqusition des Mittelalters sah das so und hat insofern alles andere als pädagogische Prinzpien für die Juden, Hexen und Ketzer vorgesehen.

Pädagogische Prinzipien machen vor dem Hintergrund des Glaubens an den freien Willen deshalb keinen Sinn, da die böse Tat letztlich unerklärbar bleibt. Wenn für die Tat keine weiteren Ursachen verantwortlich sind als allein der "böse Wille", wo sollte ich auch ansetzen, um auf den Täter pädagogisch einzuwirken?


Na Teufelsaustreibung natürlich. Den Menschen vom Bösen trennen. Das kann dann auch schon mal Besserungsanstalt heissen.

Ich denke, in Erklärungsnot kommen die herrschenden Täter sicher nicht. Die wissen schon, um was es wirklich geht.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Immer geht es den herrschenden Schichten um die Niederhaltung des Volkes.
Ein freier Wille hat viel mit Demokratie und Souveränität zu tun. Das passt nicht zum Untertan - gestern wie heute.
Der Mensch sei unfrei. Er kann nicht anders und soll es auch nicht. Und überhaupt ist alles Schicksal. So in etwa gehen Herrschaftsideologien.

Der Trick von Herrschaftsideologien besteht gerade darin, den Untertanen vorzugauckeln sie seien frei, wo sie es nicht sind. Wer in Armut gerät, dem wird erzählt: selber schuld; hättest du dich nur mal angestrengt usw. Oder auch schön: Jeder kann nach oben kommen, man muss es nur wollen. Wer unten bleibt, der hat halt nicht richtig gewollt, denn grundsätzlich sind wir ja ach so frei---


Ja, das gibt es. Ein dummer und verlogener Idealismus. Aber mit dem habe ich nichts am Hut.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nein, Augustinus ist der heilige Vater philosophischer Determinationslehren - bis heute.

Augustinus war ein Verfechter des freien Willens. Es gibt sogar eine ganze Schrift von ihm, die das im Titel zum Ausdruck bringt: De libero arbitrio - dt. "Über den freien Willen". (Und nun?


Nee, das stimmt nicht:

Zitat:
Die doppelte Prädestination mit ihrer impliziten Ablehnung des freien Willens zur Entscheidung für Gott oder gegen ihn durch den Menschen und die Souveränität des nicht rechenschaftspflichtigen Gottes hat einen sehr großen Einfluss auf Calvin und die Abfassung der so genannten 5 Punkte der calvinischen Kirchen (englisch TULIP) ausgeübt. (...)

Für Augustinus war klar, dass

„Gott im Herzen der Menschen wirkt, um ihren Willen dahin geneigt zu machen, wohin immer er will: entweder zum Guten gemäß seiner Gnade oder zum Bösen nach ihren bösen Verdiensten“.


http://de.wikipedia.org/wiki/Augustinus


Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist keine Verharmlosung, denn Abschreckung war eines der Inhalte der NS-Justiz: Massive Einschüchterung gegen jeden noch so kleinen Ansatz von Widerstand.
Das heisst nicht, dass dies alles war. Die NS-Justiz machte sich auch zum Büttel der Menschenvernichtung und Zwangsarbeit.
Aber sie diente auch der Sicherung des kapitalo-faschistischen Regimes per brutaler/martialischer Abschreckung.

Ich habe dir erklärt, was üblicherweise unter Prävention verstanden wird. Lies es doch einfach selber noch mal nach und überlege dann, ob du die These, den Nazis wäre es um Prävention gegangen, aufrecht erhältst.


Genauer: Den Nazis ist es um die Verhütung politischen Massenwiderstandes gegangen. Dagegen betrieben sie Prävention. Gegen Verbrechen als solche hatte sie nichts. Sie waren ja selber Verbrecher an der Menschheit.

Und auch heute wird von "präventiven Angriffskriegen" nicht nur gesprochen.

Immer soll es um "Ordnung" oder "Frieden" gehen. Die wirklichen Interessen der - übrigens nicht freien - herrschenden Klassen sind allerdings kein Geheimnis. Der Profitzwang durchzieht den gesamten Globus wie eine Pest.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sehr gut. Denn wenn Du Dir die Maslow'sche Bedürfnispyramide anguckst, dann siehst Du, dass der Kopf umso freier wird, je besser die "niederen Bedürfnisse" abgedeckt sind:




Bis zu welcher Stufe in der Pyramide hältst du denn Menschen für determinierbar, ab welcher Stufe nicht mehr? Darf ich es mal genau haben?


Da, wo er am wenigsten verzichten kann, ist seiner Handlungsfreiheit am leichtesten zu berauben. Die antiken Philsophen waren alles reiche Kaufleute. Ihre materiellen Bedürfnisse waren absolut gedeckt und sie hatten Zeit und den Kopf frei, um zu philosophieren, zu debattieren, spazieren zu gehen mit ihren Jüngern, usw.

Was soll man da eine exakte Stufe angeben? Wichtig ist das Prinzip.

Critic hat folgendes geschrieben:
Vielleicht auch nochmal die üblichen Kritiken an der Theorie von Maslow: Erstmal, daß es verschiedene Faktoren gibt, die in die Bedürfnisstruktur mit hineinspielen: Etwa, daß ein älterer Mensch tendentiell höherwertige Bedürfnisse haben mag als ein jüngerer in der gleichen Situation (wobei sich da Theorie und Empirie auch wieder unterscheiden mögen). Und es gibt verschiedene menschliche Gesellschaften - im klassischen Sinne Kulturen, im postmodernen Sinne über die Kulturgrenzen hinaus denkbare "Milieus" -, deren Mitglieder unterschiedliche Bedürfnisstrukturen haben. In einer "kollektivistischen" Kultur hat z.B. die Selbstverwirklichung nicht einen so hohen Stellenwert wie die sozialen und Wertschätzungsbedürfnisse.
(Daneben vielleicht noch, daß die Bedürfniskategorien so eindeutig auch nicht getrennt werden können, und daß der Aussagegehalt auch nicht sonderlich hoch sei: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral".)


Genau! "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral".

Das ist keineswegs banal und wird auch durch die Kritiken prinzipiell nicht berührt.

Tapuak hat folgendes geschrieben:
Ist diese nicht tot zu kriegende "Bedürfnispyramide" eigentlich irgendwann einmal in Berührung mit irgendwelcher Empirie gekommen, oder gründet sie sich auf reine Plausibilitätsüberlegungen?


Nun, die Theorie der hierarischen Bedürfnisse von Abraham Maslow hat sich zumindest bis heute bewährt und neuere, komplexere Modelle nehmen direkt oder implizit Bezug darauf.

Direkte empirische Untersuchungen wüsste ich jetzt nicht. Aber Maslows Theorie ist aus meiner Sicht eine anti-idealistische und fortschrittliche.

Skeptiker

#876:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 13:32
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:

Deine Sicherheit in dieser Annahme ist wirklich überraschend für mich. Ich hätte gar kein Problem damit, wenn du Recht hättest. Es gibt aber theoschwurblische Ansichten sogar vor und während der Reformationszeit, die quasi mit einem Schicksaalsglauben gleichzusetzen sind. ZB die Prädestinationslehre der Calvinisten. Generell ist es ein alteingesessener Widerspruch judeochristlichen Gedönses und Bibelinhalts, von einem allwissenden, alles determinierenden Gott und gleichzietig von Sündhaftigkeit auszugehen. Seit wann bist du dazu übergegangen, der Theoschwurbologie ihre intrinsischen Widersprüche zugunsten deiner FW-Widerlegung nachzusehen?


Ich habe es bereits mehrfach erwähnt, ich bitte dies nun endlich mal zur Kenntnis zu nehmen. Für alle (!) theologischen Strömungen im Christentum ist der Glaube an einen freien Willen zentral.
In den Strömungen, wo dem Menschen ein freier Wille abgesprochen wird bzw. dieser als eingeschränkt gesehen wird, ist - wie generell im Christentum - Gott derjenige, der einen freien Willen hat: Gott lenkt die Welt kraft seines freien Willens.
Das daraus resultierende Weltbild ist unvereinbar mit der naturwissenschaftlichen Weltauffassung, genauer mit dem wissenschaftlichen Determinismus. In einer deterministischen Welt, die durch Naturgesetze bestimmt wird, bleibt kein Platz für ein übernatürliches Wesen, das kraft seines freien Willens in die Welt eingreift.
Daher sind Religion und Naturwissenschaft - oder religiöser Indeterminismus und wissenschaftlicher Determinismus - nicht vereinbar!

#877:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 14:11
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
@ "Freier Wille"-Vertreter:

Glaubt ihr eigentlich auch, dass Tiere einen freien Willen haben?
Also, nehmen wir mal Schimpansen (die haben ja auch ein Ich-Bewusstsein):
Wenn Affe A dem Affen B mit der Banane eins über die Rübe zieht, handelte es sich dann um eine freie Willensentscheidung? Oder war der Affen-Wille nur "bedingt frei"? Zustimmung


Ja, davon gehe ich aus. Es gibt graduelle Abstufungen zwischen einzelnen Tierarten, was beispielsweise durch die planerische Fähigkeit, Abstraktionsvermögen etc. eines Tieres bedingt wird.
Letztens las ich erst über Spekulationen betreffs des Vermögens von Echsen, ein kontinuiertes Ich zu bilden - was anscheinend nicht gegeben ist. Da eine Echse gewissermaßen also nur im Augenblick lebt, ist eine Mindestbedingung, nämlich die Prozesshaftigkeit des Erlebens (was für andere Forenteilnehmer ja eh keinen großen Unterschied darstellt Zustimmung ) für sowas wie Autonomie erst gar nicht gegeben.
Wer dagegen schonmal von der Fähigkeit bei anderen Primaten, willentlich zu täuschen, erfahren hat, der wird wohl kaum umhin kommen, diesen ebenso sowas wie Autonomie zuzuschreiben.

#878:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 14:20
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Wer dagegen schonmal von der Fähigkeit bei anderen Primaten, willentlich zu täuschen, erfahren hat, der wird wohl kaum umhin kommen, diesen ebenso sowas wie Autonomie zuzuschreiben.

Woher weißt Du, daß der Primat "willentlich" täuscht und nicht nur einfach täuscht? Ist die Intentionalität sagen wir eines Hundes näher am Menschen oder näher an einer guten Software?

#879:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 14:36
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:


Ich habe es bereits mehrfach erwähnt, ich bitte dies nun endlich mal zur Kenntnis zu nehmen. Für alle (!) theologischen Strömungen im Christentum ist der Glaube an einen freien Willen zentral.
In den Strömungen, wo dem Menschen ein freier Wille abgesprochen wird bzw. dieser als eingeschränkt gesehen wird, ist - wie generell im Christentum - Gott derjenige, der einen freien Willen hat: Gott lenkt die Welt kraft seines freien Willens.


Das ist Quatsch, alle Positionen der Theologie hierzu sind effektiv widersprüchlich, wie ich schon gesagt habe.

Zitat:
Das daraus resultierende Weltbild ist unvereinbar mit der naturwissenschaftlichen Weltauffassung, genauer mit dem wissenschaftlichen Determinismus. In einer deterministischen Welt, die durch Naturgesetze bestimmt wird, bleibt kein Platz für ein übernatürliches Wesen, das kraft seines freien Willens in die Welt eingreift.
Daher sind Religion und Naturwissenschaft - oder religiöser Indeterminismus und wissenschaftlicher Determinismus - nicht vereinbar!


Ach nee? Was glaubst du, wem du das erzählst? Mit den Augen rollen

#880:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 14:52
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wer dagegen schonmal von der Fähigkeit bei anderen Primaten, willentlich zu täuschen, erfahren hat, der wird wohl kaum umhin kommen, diesen ebenso sowas wie Autonomie zuzuschreiben.

Woher weißt Du, daß der Primat "willentlich" täuscht und nicht nur einfach täuscht?

Genau. Darüber musste ich auch nachdenken. Die Täuschung selber hat zur Voraussetzung, daß der Primat unterschiedliche künftige Szenarien abgleichen kann, wovon er dann eines versucht zu realisieren, um sein Ziel zu erreichen. Das andere muss er dagegen verwerfen (obwohl er es realisiert). Dieses Verwerfen begründet ausreichend die Annahme, hier von einem willentlichen Akt zu sprechen.

step hat folgendes geschrieben:
Ist die Intentionalität sagen wir eines Hundes näher am Menschen oder näher an einer guten Software?

Ich bin kein Fachmann. Da aber Software selber keine emergenten Phänomene hervorbringt, kann sie unmöglich mit der Funktionsweise von Gehirnen -gleich ob Hund oder Mensch- in einen Topf geworfen werden.

#881:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 16:29
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wer dagegen schonmal von der Fähigkeit bei anderen Primaten, willentlich zu täuschen, erfahren hat, der wird wohl kaum umhin kommen, diesen ebenso sowas wie Autonomie zuzuschreiben.

Woher weißt Du, daß der Primat "willentlich" täuscht und nicht nur einfach täuscht?

Genau. Darüber musste ich auch nachdenken. Die Täuschung selber hat zur Voraussetzung, daß der Primat unterschiedliche künftige Szenarien abgleichen kann, wovon er dann eines versucht zu realisieren, um sein Ziel zu erreichen. Das andere muss er dagegen verwerfen (obwohl er es realisiert). Dieses Verwerfen begründet ausreichend die Annahme, hier von einem willentlichen Akt zu sprechen.

Wenn nun sagen wir ein Schachprogramm so programmiert ist, daß es "vergiftete" Stellungen produziert. Dann ist doch Dein o.g. Kriterium auch in gewisser Weise erfüllt, denn auch hier verwirft das Programm den direkten Weg zugunsten des täuschenden, weil es annimmt (sei es aus Erfahrung oder weil es so programmiert ist), daß der Gegner wahrscheinlich darauf hereinfällt.

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ist die Intentionalität sagen wir eines Hundes näher am Menschen oder näher an einer guten Software?

Ich bin kein Fachmann. Da aber Software selber keine emergenten Phänomene hervorbringt, kann sie unmöglich mit der Funktionsweise von Gehirnen -gleich ob Hund oder Mensch- in einen Topf geworfen werden.

Ich will sie nicht "in einen Topf werfen", denn mir sind die Unterschiede durchaus klar. Ich führe das Beispiel hier an, um die wesentlichen Kriterien für Autonomie herauszukitzeln. Immer wenn eines genannt wurde und jemand ein Gegenbeispiel bringt, wird ein neues Kriterium hervorgeholt. In diesem Fall etwa zuerst das Simulieren verschiedener Zukünfte, dann das Täuschen und Verwerfen, dann daß das Phänomen emergent ist ... übrigens ist die Forderung nach Emergenz auch ein "gefährliches" Pflaster, denn Software zeigt so etwas zunehmend auch.

#882:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 17:35
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wer dagegen schonmal von der Fähigkeit bei anderen Primaten, willentlich zu täuschen, erfahren hat, der wird wohl kaum umhin kommen, diesen ebenso sowas wie Autonomie zuzuschreiben.

Woher weißt Du, daß der Primat "willentlich" täuscht und nicht nur einfach täuscht?

Genau. Darüber musste ich auch nachdenken. Die Täuschung selber hat zur Voraussetzung, daß der Primat unterschiedliche künftige Szenarien abgleichen kann, wovon er dann eines versucht zu realisieren, um sein Ziel zu erreichen. Das andere muss er dagegen verwerfen (obwohl er es realisiert). Dieses Verwerfen begründet ausreichend die Annahme, hier von einem willentlichen Akt zu sprechen.

Wenn nun sagen wir ein Schachprogramm so programmiert ist, daß es "vergiftete" Stellungen produziert. Dann ist doch Dein o.g. Kriterium auch in gewisser Weise erfüllt, denn auch hier verwirft das Programm den direkten Weg zugunsten des täuschenden, weil es annimmt (sei es aus Erfahrung oder weil es so programmiert ist), daß der Gegner wahrscheinlich darauf hereinfällt.

Hm, ich glaube, wir sind gerade wieder dabei, alte Argumentationspfade abzulaufen. Für ein Schachprogramm wäre der Begriff "Entscheidung" nicht zutreffend (auch wenn er gebräuchlich ist). Ein Schachprogramm entscheidet nicht. Es durchläuft Algorithmen, die von Entscheidungsfähigen Wesen programmiert wurden. Beispielsweise existieren Schachprogramme, bei denen man die Spielstärke drosseln kann. Es ist immer die Simulation einer Intention, jedoch keine Intentionalität selber. Du könntest erwidern, eines Tages könnte man Programme entwickeln, die wiederum selber spielende Programme entwickeln können, möglicherweise nach selbstentworfenen Regeln. Aber nach welchen Metaregeln sollen diese Regeln "entworfen" werden, wenn die Metaprogramme nicht selber entsprechend parametrisiert wurden? Daher würde mein letzter Einwand immer der bleiben, daß all diese mögliche(?) Entwicklung nur denkbar ist unter der Voraussetzung, daß vorher ein kreativer Geist existierte, der in der Lage war über das Regelhafte hinaus, nicht gezwungen gewissermaßen, zu denken.

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ist die Intentionalität sagen wir eines Hundes näher am Menschen oder näher an einer guten Software?

Ich bin kein Fachmann. Da aber Software selber keine emergenten Phänomene hervorbringt, kann sie unmöglich mit der Funktionsweise von Gehirnen -gleich ob Hund oder Mensch- in einen Topf geworfen werden.

Ich will sie nicht "in einen Topf werfen", denn mir sind die Unterschiede durchaus klar. Ich führe das Beispiel hier an, um die wesentlichen Kriterien für Autonomie herauszukitzeln. Immer wenn eines genannt wurde und jemand ein Gegenbeispiel bringt, wird ein neues Kriterium hervorgeholt. In diesem Fall etwa zuerst das Simulieren verschiedener Zukünfte, dann das Täuschen und Verwerfen, dann daß das Phänomen emergent ist ... übrigens ist die Forderung nach Emergenz auch ein "gefährliches" Pflaster, denn Software zeigt so etwas zunehmend auch.

Darauf könnte man auf zwei Ebenen antworten. Ich wähle nur die eine, weil die andere im ersten Teil der Antwort bereits abgehandelt wurde.
Das nachträgliche Hervorholen von Kriterien halte ich für einen völlig normalen Vorgang in einer Diskussion. Klar werden mir einige Dinge erst bewusst, nachdem ich entsprechende Gegenargumente gehört habe. Meiner Meinung nach bringen wir alle Überzeugungen mit, die uns je unterschiedlich klar sind, und je unterschiedlich weich oder hart (meine beispielsweise, wonach der Geist etwas darstellt, was niemals von Menschenhand erschaffen, sondern höchstens in Teilen funktional simuliert werden kann) und sich aber erst im Diskussionsprozess herausschälen. Kein Grund also, diesen Prozess jemandem vorzuwerfen (falls es so gemeint war).

#883:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 18:18
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Für ein Schachprogramm wäre der Begriff "Entscheidung" nicht zutreffend (auch wenn er gebräuchlich ist). Ein Schachprogramm entscheidet nicht. Es durchläuft Algorithmen, die von Entscheidungsfähigen Wesen programmiert wurden.

Das Entscheidende (hihi) ist also für Dich, daß der Entscheidungsmechanismus nicht programmiert wurde, sondern evolutionär entstanden ist, richtig?

zelig hat folgendes geschrieben:
Beispielsweise existieren Schachprogramme, bei denen man die Spielstärke drosseln kann.

Auch bei einem Menschen kann man leicht die Spielstärke drosseln, etwa durch Gabe von Alkohol.

zelig hat folgendes geschrieben:
Es ist immer die Simulation einer Intention, jedoch keine Intentionalität selber. Du könntest erwidern, eines Tages könnte man Programme entwickeln, die wiederum selber spielende Programme entwickeln können, möglicherweise nach selbstentworfenen Regeln. Aber nach welchen Metaregeln sollen diese Regeln "entworfen" werden, wenn die Metaprogramme nicht selber entsprechend parametrisiert wurden? Daher würde mein letzter Einwand immer der bleiben, daß all diese mögliche(?) Entwicklung nur denkbar ist unter der Voraussetzung, daß vorher ein kreativer Geist existierte, der in der Lage war über das Regelhafte hinaus, nicht gezwungen gewissermaßen, zu denken.

Das scheint mir aber ein schwaches Argument. Was, wenn die Metaregeln nur sehr allgemein sind und der Software vorgegeben wird zu evolvieren? Eine Nebenfolge Deines Arguments wäre übrigens die Unmöglichkeit eines Schöpfergottes, da seine Existenz Dich ja zum Algorithmus ohne FW degradieren würde.

Zudem leuchtet mir nicht ein, was genau der Unterschied zwischen einem Ziel mit Zukunftssimulation und Bewertungsfunktion, und "echter Intentionalität" sein soll. Möglicherweise ist dieser Unterschied bei näherer Betrachtung nur die Begleitung durch Gefühle oder durch das personale Konstrukt?

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich führe das Beispiel hier an, um die wesentlichen Kriterien für Autonomie herauszukitzeln. Immer wenn eines genannt wurde und jemand ein Gegenbeispiel bringt, wird ein neues Kriterium hervorgeholt. In diesem Fall etwa zuerst das Simulieren verschiedener Zukünfte, dann das Täuschen und Verwerfen, dann daß das Phänomen emergent ist ...

... Das nachträgliche Hervorholen von Kriterien halte ich für einen völlig normalen Vorgang in einer Diskussion. Klar werden mir einige Dinge erst bewusst, nachdem ich entsprechende Gegenargumente gehört habe.

Kein Problem, ist bei mir manchmal ebenso. Ich fände es aber befriedigend, wenn Deine Kriterien am Ende konvergieren, wegen des Puddings, Du weißt schon ...

#884:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 18:42
    —
step hat folgendes geschrieben:
Auch bei einem Menschen kann man leicht die Spielstärke drosseln, etwa durch Gabe von Alkohol.

Coole Sache, das...

#885:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 19:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Für ein Schachprogramm wäre der Begriff "Entscheidung" nicht zutreffend (auch wenn er gebräuchlich ist). Ein Schachprogramm entscheidet nicht. Es durchläuft Algorithmen, die von Entscheidungsfähigen Wesen programmiert wurden.

Das Entscheidende (hihi) ist also für Dich, daß der Entscheidungsmechanismus nicht programmiert wurde, sondern evolutionär entstanden ist, richtig?

Entscheidend wären tatsächlich die Umstände, die eine evolutionäre Entwicklung mit sich gebracht hat (Kreativität, Humor, Leidensfähigkeit etc) sowie deren Differenz zur Simulation.

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Beispielsweise existieren Schachprogramme, bei denen man die Spielstärke drosseln kann.

Auch bei einem Menschen kann man leicht die Spielstärke drosseln, etwa durch Gabe von Alkohol.

Wo liegt der prinzipielle Unterschied? (Tipp: Machst Du Dir Gedanken darüber, ob ersteres zulässig ist?)

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Es ist immer die Simulation einer Intention, jedoch keine Intentionalität selber. Du könntest erwidern, eines Tages könnte man Programme entwickeln, die wiederum selber spielende Programme entwickeln können, möglicherweise nach selbstentworfenen Regeln. Aber nach welchen Metaregeln sollen diese Regeln "entworfen" werden, wenn die Metaprogramme nicht selber entsprechend parametrisiert wurden? Daher würde mein letzter Einwand immer der bleiben, daß all diese mögliche(?) Entwicklung nur denkbar ist unter der Voraussetzung, daß vorher ein kreativer Geist existierte, der in der Lage war über das Regelhafte hinaus, nicht gezwungen gewissermaßen, zu denken.

Das scheint mir aber ein schwaches Argument. Was, wenn die Metaregeln nur sehr allgemein sind und der Software vorgegeben wird zu evolvieren?

Sind allgemeine Regeln nicht regelhaft? Und welchen Regeln ist dagegen die Anstrengung unterworfen, Bilder von Tieren auf eine Höhlenwand zu malen?

step hat folgendes geschrieben:
Eine Nebenfolge Deines Arguments wäre übrigens die Unmöglichkeit eines Schöpfergottes, da seine Existenz Dich ja zum Algorithmus ohne FW degradieren würde.

Warum willst Du mit mir eigentlich immer über Gott reden, wenn es doch um was ganz anderes geht? ; )

step hat folgendes geschrieben:
Zudem leuchtet mir nicht ein, was genau der Unterschied zwischen einem Ziel mit Zukunftssimulation und Bewertungsfunktion, und "echter Intentionalität" sein soll. Möglicherweise ist dieser Unterschied bei näherer Betrachtung nur die Begleitung durch Gefühle oder durch das personale Konstrukt?

"Nur"?

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich führe das Beispiel hier an, um die wesentlichen Kriterien für Autonomie herauszukitzeln. Immer wenn eines genannt wurde und jemand ein Gegenbeispiel bringt, wird ein neues Kriterium hervorgeholt. In diesem Fall etwa zuerst das Simulieren verschiedener Zukünfte, dann das Täuschen und Verwerfen, dann daß das Phänomen emergent ist ...

... Das nachträgliche Hervorholen von Kriterien halte ich für einen völlig normalen Vorgang in einer Diskussion. Klar werden mir einige Dinge erst bewusst, nachdem ich entsprechende Gegenargumente gehört habe.

Kein Problem, ist bei mir manchmal ebenso. Ich fände es aber befriedigend, wenn Deine Kriterien am Ende konvergieren, wegen des Puddings, Du weißt schon ...


Äh, ja. Blumen zurück an Dich.

#886: Re: bedingter freier Wille vs. Idealismus Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 19:51
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
]
Ich mneine das anders. Menschliche Entwicklung kann nicht dort statt finden, wo die Verhältnisse unmenschlich sind.


Also "unmenschliche" Verhältnisse determinieren "unmenschliches" Handeln, sehe ich auch so.

Zitat:
Menschliche Verhältnisse aber bilden die notwendige Basis für die Entfaltung humaner Potenziale.

In diesem Fall wird nichts konditioniert. Es werden *lediglich* die Schleusen zur freien Entfaltung geöffnet.


Das ist mir zu schwurbelig. Der Umkehrschluss obiger Aussage gilt für dich offenbar nicht: "Humane" Verhältnisse determinieren "humanes" Verhalten...

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das ist aber ein ganz bestimmter Typ des freien Willens und bezieht sich auf genau einen Entscheidungsmoment. Von da an läuft dann der Automatismus des Bösen wie von selbst.

Man beachte auch den Idealismus. Der Mensch entscheidet sich quasi aus dem Nichts für Gut oder Böse. Das widerspricht meiner materialistischern Auffassung schon mal fundamental.


Gut, dass du dazuschreibst, dass du Materialist bist. Aufgrund deiner Ausführungen wäre ich darauf nämlich von selbst nicht gekommen. Hätte dich eher für einen Kantianer gehalten. Wie sich dein materialistischer freier Wille vom christlichen abhebt, will mir immer noch nicht einleuchten...

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Ein freier Will braucht entsprechende materielle Bedingungen. Deshalb heisst er bedingter freier Wille.


Also, dass der freie Wille "materielle Bedinungen" braucht, leugnen ja noch nicht mal Idealisten.

Zitat:
Daneben ist das Wachstum der Erkenntnis eine Voraussetzung, weil sie die Möglichkeitsräume erweitert. Der Apfel der Erkennntis führt zur Freiheit von der göttlichen Determiniertheit, von der Augustinus spricht.


Meinst du hier das "Und ihr werdet sein wie Gott" aus der Bibel? Es ist ja tatsächlich so, dass nach christlich-jüdischer Vorstellung der freie Wille ein Art "göttlicher Funke" im Menschen darstellt... Sehr theologisch!

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Mensch ist kein Computer. Ich störe mich am Begriff des Umprogrammierens. Vieles hängt von den Lebensbedingungen ab.

Zwischen Therapie, Werbeindustrie, Ideologieproduktion und Guantanamo können durchaus Verbindungen der Manipulation bestehen. Es ist immer die Frage, wer da ein bestimtmes Verhalten erwünscht.

Als ärztlich-psychologische Heilbehandlung ist das natürlich was anderes. Dann aber geht es gewiss nicht ums "Programmieren".


Ob Mensch oder Computer – der Unterschied ist letztlich eine Frage des Komplexitätsgrades. Bei beidem handelt es sich um intelligente Materie, da wirst du mir als Materialist doch zustimmen müssen. Die Informationscodierung sowohl im Computer als auch im Gehirn basiert auf elektrischen Impulsen, weshalb ja auch Mensch-Computer-Interfaces funktionieren. (Ein Unterschied ist natürlich auch, dass die Informationsweiterleitung im Computer digital geschieht, während dies im Gehirn analog verläuft (teilweise wohl aber auch digital)...)

Skeptiker hat folgendes geschrieben:


Der Witz ist, dass Bush und die Vatikan-Fuzzis lieber nicht in den Spiegel schauen sollten, wenn sie vom "Bösen" sprechen. Die Verbrechen der Bushisten und des Vatikans sprechen Bände.

Soll man mit denen auch Therapie machen oder ist die nur für das Volk da?


Bush ist nicht therapierbar. Es gibt halt doch Ausnahmen...

Zitat:

Heiner:
Pädagogische Prinzipien machen vor dem Hintergrund des Glaubens an den freien Willen deshalb keinen Sinn, da die böse Tat letztlich unerklärbar bleibt. Wenn für die Tat keine weiteren Ursachen verantwortlich sind als allein der "böse Wille", wo sollte ich auch ansetzen, um auf den Täter pädagogisch einzuwirken?
Skeptiker:
Na Teufelsaustreibung natürlich. Den Menschen vom Bösen trennen. Das kann dann auch schon mal Besserungsanstalt heissen.


Deine Antwort ist zusammenhanglos. Auf die Frage „Welche pädagogischen Maßnahmen sollte man angesichts des freien Willens ergreifen?“ antwortest du „Teufelsaustreibung“. Damit bestätigst du mich ja und widersprichst dir selbst.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Heiner hat folgendes geschrieben:

Augustinus war ein Verfechter des freien Willens. Es gibt sogar eine ganze Schrift von ihm, die das im Titel zum Ausdruck bringt: De libero arbitrio - dt. "Über den freien Willen". (Und nun?


Nee, das stimmt nicht:

Für Augustinus war klar, dass

„Gott im Herzen der Menschen wirkt, um ihren Willen dahin geneigt zu machen, wohin immer er will: entweder zum Guten gemäß seiner Gnade oder zum Bösen nach ihren bösen Verdiensten“.[/color]

http://de.wikipedia.org/wiki/Augustinus


Und was ist mit Augustinus Schrift „Über den freien Willen“?

Zitat: In seiner frühen Schrift über den freien Willen war es Augustinus um die Verteidigung des freien Willens gegenüber dem Determinismus der Manichäer zu tun gewesen...

Link
Link gekürzt - zelig
Selbst wenn Augustinus später Abstriche vom freien Willen des Menschen gemacht haben sollte, der freie Wille Gottes ist natürlich davon unberührt. Es bleibt absurd, eine Verbindung zwischen Augustinus und dem naturwissenschaftlichen Determinismus zu ziehen!

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da, wo er am wenigsten verzichten kann, ist seiner Handlungsfreiheit am leichtesten zu berauben. Die antiken Philsophen waren alles reiche Kaufleute. Ihre materiellen Bedürfnisse waren absolut gedeckt und sie hatten Zeit und den Kopf frei, um zu philosophieren, zu debattieren, spazieren zu gehen mit ihren Jüngern, usw.

Was soll man da eine exakte Stufe angeben? Wichtig ist das Prinzip.


Ist mir wieder zu schwurbelig/wischiwaschi. Ich halte es nicht für überzeugend, wenn man sagt, dass der Wille bedingt frei sei, aber nicht in der Lage ist, den bedingten und den unbedingten Anteil zu päzisieren.
Stattdessen präsentiert man lieber unverbindlichen Allgemeinplätze...

#887:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 20:44
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Beispielsweise existieren Schachprogramme, bei denen man die Spielstärke drosseln kann.

Auch bei einem Menschen kann man leicht die Spielstärke drosseln, etwa durch Gabe von Alkohol.

Wo liegt der prinzipielle Unterschied? (Tipp: Machst Du Dir Gedanken darüber, ob ersteres zulässig ist?)

Willst Du darauf hinaus, daß Beeinflußbarkeit nur dann ein Kriterium für FW darstellt, wenn moralisch etwas gegen die Beeinflussung spricht? Sehr exotisch ...

Und: OK, verzichten wir auf den Alkohol, ich kann den Gegener auch bitten, ein paar Fehler zu machen, damit ich besser üben kann. Genau wie bei einem Schachprogramm, dessen Spieltärke ich drossele.

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was, wenn die Metaregeln nur sehr allgemein sind und der Software vorgegeben wird zu evolvieren?

Sind allgemeine Regeln nicht regelhaft?

Doch, aber allgemeine Regeln gelten auch bei der Evolution (Naturgesetze usw.)

zelig hat folgendes geschrieben:
Und welchen Regeln ist dagegen die Anstrengung unterworfen, Bilder von Tieren auf eine Höhlenwand zu malen?

Wenn Du so weitermachst, bleiben nur Menschen übrig, vielleicht sogar nur Künstler zwinkern

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Eine Nebenfolge Deines Arguments wäre übrigens die Unmöglichkeit eines Schöpfergottes, da seine Existenz Dich ja zum Algorithmus ohne FW degradieren würde.

Warum willst Du mit mir eigentlich immer über Gott reden, wenn es doch um was ganz anderes geht? ; )

Es war nur eine winzige Abschweifung, ich hielt sie idZ für bemerkenswert, weil Du ein "Designargument" aufbrachtest.

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Zudem leuchtet mir nicht ein, was genau der Unterschied zwischen einem Ziel mit Zukunftssimulation und Bewertungsfunktion, und "echter Intentionalität" sein soll. Möglicherweise ist dieser Unterschied bei näherer Betrachtung nur die Begleitung durch Gefühle oder durch das personale Konstrukt?

"Nur"?

Ja, "nur" deshalb, weil die von mir zuvor genannten Kriterien mir für Intentionalität wesentlich erscheinen, und weil Gefühle (z.B. über das limbische System) und das personale Konstrukt ja eigentlich Themen sind, die vom FW abgesetzt sind. So werden Entscheidungen ja oft unbewußt getroffen (siehe Experiment) und danach mit Intentionen überbaut, und wir waren uns ja einig, daß das allein nicht die Freiheit des Willens widerlegt.

#888:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 21:30
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Beispielsweise existieren Schachprogramme, bei denen man die Spielstärke drosseln kann.

Auch bei einem Menschen kann man leicht die Spielstärke drosseln, etwa durch Gabe von Alkohol.

Wo liegt der prinzipielle Unterschied? (Tipp: Machst Du Dir Gedanken darüber, ob ersteres zulässig ist?)

Willst Du darauf hinaus, daß Beeinflußbarkeit nur dann ein Kriterium für FW darstellt, wenn moralisch etwas gegen die Beeinflussung spricht? Sehr exotisch ...


Und: OK, verzichten wir auf den Alkohol, ich kann den Gegener auch bitten, ein paar Fehler zu machen, damit ich besser üben kann. Genau wie bei einem Schachprogramm, dessen Spieltärke ich drossele.


Ich will auf gar nichts hinaus. Bzw ich weiß nicht, wohin das führt.
Aber selbst der 2. Versuch einen prinzipiellen Unterschied einzuebnen, misslingt Dir. Oder bittest Du ein Schachprogramm, seine Spielstärke zu drosseln?

step hat folgendes geschrieben:

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was, wenn die Metaregeln nur sehr allgemein sind und der Software vorgegeben wird zu evolvieren?

Sind allgemeine Regeln nicht regelhaft?

Doch, aber allgemeine Regeln gelten auch bei der Evolution (Naturgesetze usw.)

Türlich, anscheinend verändert sich aber etwas mit Auftauchen des Bewußtseins.

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Und welchen Regeln ist dagegen die Anstrengung unterworfen, Bilder von Tieren auf eine Höhlenwand zu malen?

Wenn Du so weitermachst, bleiben nur Menschen übrig, vielleicht sogar nur Künstler ;-)


Warum? Ich habe doch auf Heiners Frage geantwortet, daß ich von einer graduellen Abstufung (auf die Arten bezogen) ausgehe. Wenn ich sage, daß Elefanten (die Gattung) zur Trauer befähigt sind, Menschen (die Gattung) zur Kreativität, zum Humor und zur Kunst, dann bedeutet das nicht, daß jedes Individuum Humor hat.

#889:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 21:30
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Entscheidend wären tatsächlich die Umstände, die eine evolutionäre Entwicklung mit sich gebracht hat (Kreativität, Humor, Leidensfähigkeit etc) sowie deren Differenz zur Simulation.


Hast du schon mal was von "Emo" gehört? Ein virtuelles Wesen mit Gefühlen, das von Prof. Dörner geschaffen wurde.

Zitat:
Zitat Prof. Dörner
Für die theoretische Psychologie haben wir gezeigt, wie sich Angst, Furcht, Haß und Liebe als Informationsverarbeitungsprozesse darstellen lassen.

Weiter siehe
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/6/6211/1.html

#890:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 21:33
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Entscheidend wären tatsächlich die Umstände, die eine evolutionäre Entwicklung mit sich gebracht hat (Kreativität, Humor, Leidensfähigkeit etc) sowie deren Differenz zur Simulation.


Hast du schon mal was von "Emo" gehört? Ein virtuelles Wesen mit Gefühlen, das von Prof. Dörner geschaffen wurde.

Zitat:
Zitat Prof. Dörner
Für die theoretische Psychologie haben wir gezeigt, wie sich Angst, Furcht, Haß und Liebe als Informationsverarbeitungsprozesse darstellen lassen.

Weiter siehe
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/6/6211/1.html


Kennst Du den Unterschied zwischen einer Sache und dessen Darstellung?

#891:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 21:36
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Du schliesst den Kreis immer wieder, indem Du frühere Einschätzungen einfach wiederholst, anstatt zu versuchen, weiterzukommen...

Ja, weil von Dir keine Argumente, sondern nur Ablenkungen und Plattitüden kommen.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ich will damit nur sagen, dass es offenbar auf der Welt Phänomene gibt, die man zwar vielleicht mathematisch/physikalisch/neurologisch/philosophisch als Illusion "abtun" kann, derer man sich aber nicht so einfach entledigen kann. Die Zeit ist so ein Phänomen, und ich denke, der freie Wille ist auch ein solches.

Du denkst, ich denke anders, und habe das im Falle des FW sogar begründet. Wenn Du da eine Parallele zum Zeitfluss ziehen willst, dann begründe diese endlich stichhaltig.

#892: Re: bedingter freier Wille vs. Idealismus Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 21:51
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Gut, dass du dazuschreibst, dass du Materialist bist. Aufgrund deiner Ausführungen wäre ich darauf nämlich von selbst nicht gekommen. Hätte dich eher für einen Kantianer gehalten. Wie sich dein materialistischer freier Wille vom christlichen abhebt, will mir immer noch nicht einleuchten...

Vorsicht, Materialismus kann heutzutage als Synonym für Naturalismus verstanden werden, aber Skeptiker meint wohl eher den marxistischen Materialismus, das ist nicht das gleiche.

#893: Augustinus hie, Maslow da Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 22:04
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Menschliche Verhältnisse aber bilden die notwendige Basis für die Entfaltung humaner Potenziale. In diesem Fall wird nichts konditioniert. Es werden *lediglich* die Schleusen zur freien Entfaltung geöffnet.

Das ist mir zu schwurbelig. Der Umkehrschluss obiger Aussage gilt für dich offenbar nicht: "Humane" Verhältnisse determinieren "humanes" Verhalten...


Ich bin vorsichtig in meiner Formulierung und sage lieber, dass mit solchen humanen Verhältnissen die notwendige Basis für humanes Verhalten gelegt ist. Mit Aussagen zur Determination halte ich mich zurück.

Meine Zurückhaltung in diesem Punkt liegt auch daran, dass man "humane Verhältnissen" nicht in der Theorie allein konstruieren kann. Humane Verhältnisse müsse in einem Prozess der gleichberechtigten Kommunikation innerhalb der gesamten Gesellschaft erst einmal ganz neu erfunden werden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist aber ein ganz bestimmter Typ des freien Willens und bezieht sich auf genau einen Entscheidungsmoment. Von da an läuft dann der Automatismus des Bösen wie von selbst.
Man beachte auch den Idealismus. Der Mensch entscheidet sich quasi aus dem Nichts für Gut oder Böse. Das widerspricht meiner materialistischern Auffassung schon mal fundamental.

Gut, dass du dazuschreibst, dass du Materialist bist. Aufgrund deiner Ausführungen wäre ich darauf nämlich von selbst nicht gekommen. Hätte dich eher für einen Kantianer gehalten. Wie sich dein materialistischer freier Wille vom christlichen abhebt, will mir immer noch nicht einleuchten...


Habe ich doch erläutert. Es handelt sich um einen bedingten freien Willen, im Gegensatz zum freien Willen von Gottes Gnaden, der gar keine Grundlage braucht und aus dem Nichts erwächst.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein freier Will braucht entsprechende materielle Bedingungen. Deshalb heisst er bedingter freier Wille.

Also, dass der freie Wille "materielle Bedinungen" braucht, leugnen ja noch nicht mal Idealisten.


Hast Du ein Beispiel für einen solchen Idealisten?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Daneben ist das Wachstum der Erkenntnis eine Voraussetzung, weil sie die Möglichkeitsräume erweitert. Der Apfel der Erkennntis führt zur Freiheit von der göttlichen Determiniertheit, von der Augustinus spricht.

Meinst du hier das "Und ihr werdet sein wie Gott" aus der Bibel? Es ist ja tatsächlich so, dass nach christlich-jüdischer Vorstellung der freie Wille ein Art "göttlicher Funke" im Menschen darstellt... Sehr theologisch!


Aber ich habe doch den Zusammenhang zwischen Erkenntnis und Entscheidungsspektrum beschrieben. Schon wieder vergessen?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der Mensch ist kein Computer. Ich störe mich am Begriff des Umprogrammierens. Vieles hängt von den Lebensbedingungen ab.
Zwischen Therapie, Werbeindustrie, Ideologieproduktion und Guantanamo können durchaus Verbindungen der Manipulation bestehen. Es ist immer die Frage, wer da ein bestimtmes Verhalten erwünscht.
Als ärztlich-psychologische Heilbehandlung ist das natürlich was anderes. Dann aber geht es gewiss nicht ums "Programmieren".

Ob Mensch oder Computer – der Unterschied ist letztlich eine Frage des Komplexitätsgrades. Bei beidem handelt es sich um intelligente Materie, da wirst du mir als Materialist doch zustimmen müssen. Die Informationscodierung sowohl im Computer als auch im Gehirn basiert auf elektrischen Impulsen, weshalb ja auch Mensch-Computer-Interfaces funktionieren. (Ein Unterschied ist natürlich auch, dass die Informationsweiterleitung im Computer digital geschieht, während dies im Gehirn analog verläuft (teilweise wohl aber auch digital)...)


Nein, das ist nicht vergleichbar. Völlig absurd und ein beweis dafür, dass Du und step hier vollkommen neben der Spur seid.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Pädagogische Prinzipien machen vor dem Hintergrund des Glaubens an den freien Willen deshalb keinen Sinn, da die böse Tat letztlich unerklärbar bleibt. Wenn für die Tat keine weiteren Ursachen verantwortlich sind als allein der "böse Wille", wo sollte ich auch ansetzen, um auf den Täter pädagogisch einzuwirken?

Na Teufelsaustreibung natürlich. Den Menschen vom Bösen trennen. Das kann dann auch schon mal Besserungsanstalt heissen.

Deine Antwort ist zusammenhanglos. Auf die Frage „Welche pädagogischen Maßnahmen sollte man angesichts des freien Willens ergreifen?“ antwortest du „Teufelsaustreibung“. Damit bestätigst du mich ja und widersprichst dir selbst.


Nein nein, Du verdrehst das. Du schreibst vom "bösen Willen", der aus dem Nichts kommt. Und ich sage: Wenn das so wäre, dann würde wirklich nur Teufelsaustreibung helfen.

Frage doch lieber, was wir unter Pädagogik verstehen sollten. Meiner Meinung nach geht es dabei auch um Aufklärung per Erfahrung und Erkenntnis. Es geht um soziales Lernen. Das hat aber hat wenig mit Programmierung von außen zu tun, sondern mehr mit inneren Entwicklungen.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:

Augustinus war ein Verfechter des freien Willens. Es gibt sogar eine ganze Schrift von ihm, die das im Titel zum Ausdruck bringt: De libero arbitrio - dt. "Über den freien Willen". (Und nun?

Nee, das stimmt nicht:
Für Augustinus war klar, dass
„Gott im Herzen der Menschen wirkt, um ihren Willen dahin geneigt zu machen, wohin immer er will: entweder zum Guten gemäß seiner Gnade oder zum Bösen nach ihren bösen Verdiensten“.

http://de.wikipedia.org/wiki/Augustinus

Und was ist mit Augustinus Schrift „Über den freien Willen“?
Zitat: In seiner frühen Schrift über den freien Willen war es Augustinus um die Verteidigung des freien Willens gegenüber dem Determinismus der Manichäer zu tun gewesen...

Link

Selbst wenn Augustinus später Abstriche vom freien Willen des Menschen gemacht haben sollte, der freie Wille Gottes ist natürlich davon unberührt. Es bleibt absurd, eine Verbindung zwischen Augustinus und dem naturwissenschaftlichen Determinismus zu ziehen!


Irgendwas stimmt da nicht. Ich habe immer nur gefunden, dass Augustinus dem Menschen keinen freien Willen zubilligt, sondern den Determinismus lehrt. Was den freien Willen Gottes betrifft, muss man ja dabei bedenken, dass Gott der große Gesetzesmacher ist und jene Naturgesetze aus freiem Willen machte, an denen sich so mancher Physikalist jeden Tag hochzieht. Lachen

Ein naturwissenschaftlicher Determinismus sollte auf die Systeme beschränkt bleiben, welche man in ihrer Gesamtheit erfassen kann.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da, wo er am wenigsten verzichten kann, ist seiner Handlungsfreiheit am leichtesten zu berauben. Die antiken Philsophen waren alles reiche Kaufleute. Ihre materiellen Bedürfnisse waren absolut gedeckt und sie hatten Zeit und den Kopf frei, um zu philosophieren, zu debattieren, spazieren zu gehen mit ihren Jüngern, usw.
Was soll man da eine exakte Stufe angeben? Wichtig ist das Prinzip.

Ist mir wieder zu schwurbelig/wischiwaschi. Ich halte es nicht für überzeugend, wenn man sagt, dass der Wille bedingt frei sei, aber nicht in der Lage ist, den bedingten und den unbedingten Anteil zu päzisieren.
Stattdessen präsentiert man lieber unverbindlichen Allgemeinplätze...


Andere verstehen das schon. zwinkern

Es geht hier gar nicht um präzise Messungen, sondern um die Darstellung eines Prinzips ...-

Skeptiker

#894:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 03.05.2008, 22:23
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
@ "Freier Wille"-Vertreter:

Glaubt ihr eigentlich auch, dass Tiere einen freien Willen haben?
Also, nehmen wir mal Schimpansen (die haben ja auch ein Ich-Bewusstsein):
Wenn Affe A dem Affen B mit der Banane eins über die Rübe zieht, handelte es sich dann um eine freie Willensentscheidung? Oder war der Affen-Wille nur "bedingt frei"? Zustimmung

Ja, ich bin überzeugt, selbst Tiere besitzen einen bedingten FW...
Jedenfalls sind unsere tierischen Mitgeschöpfe längst nicht so determiniert, wie man vielleicht allgemein so annimmt:
http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=3368

Noch erstaunlicher ist für mich dieses Beispiel einer freiwilligen lebensgefährlichen Handlung eines Tieres:
http://www.freiheit-fuer-tiere.de/106/53498897280a55bd6/index.html

#895:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 10:55
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Oder bittest Du ein Schachprogramm, seine Spielstärke zu drosseln?

Ja, oder sagen wir ich befehle es ihm! Ich drossele die Spielstärke ja nicht direkt, sondern gebe es auf einer abstrakten Schnittstelle - beispielsweise einem GUI - als Befehl ein.

zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn ich sage, daß Elefanten (die Gattung) zur Trauer befähigt sind, Menschen (die Gattung) zur Kreativität, zum Humor und zur Kunst, dann bedeutet das nicht, daß jedes Individuum Humor hat.

Und bedeutet das jetzt, daß nur diejenigen Individuen einen FW haben, die auch kreativ und humorvoll sind? Oder zählt für den individuellen FW die Fähigkeit der Art zu Kreativität und Humor? Oder sind Kreativität und Humor doch keine wesentlichen Kriterien für FW?

#896:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 12:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Oder bittest Du ein Schachprogramm, seine Spielstärke zu drosseln?

Ja, oder sagen wir ich befehle es ihm! Ich drossele die Spielstärke ja nicht direkt, sondern gebe es auf einer abstrakten Schnittstelle - beispielsweise einem GUI - als Befehl ein.

zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn ich sage, daß Elefanten (die Gattung) zur Trauer befähigt sind, Menschen (die Gattung) zur Kreativität, zum Humor und zur Kunst, dann bedeutet das nicht, daß jedes Individuum Humor hat.

Und bedeutet das jetzt, daß nur diejenigen Individuen einen FW haben, die auch kreativ und humorvoll sind? Oder zählt für den individuellen FW die Fähigkeit der Art zu Kreativität und Humor? Oder sind Kreativität und Humor doch keine wesentlichen Kriterien für FW?


vergleiche sind nicht immer schlüssig - man sollte schon beachten wo da die Grenzen sind.
Zuschreibungen von sog, menschlichen Fähigkeiten unterliegem dem jeweiligen Paradigma - zu was der Mensch fähig ist.
Wenn man bedenkt, was die "Illusionen" über den "guten freien Wilden" für die Ideen der Aufklärung gebracht haben, sollte man eben doch ned jedes ideelle Konstrukt negieren.
Ab und an zersägt man den Ast auf dem man hockt.
bspw.
kolja hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
So in etwa - so, wie ich am Konzept "Zeit" festhalte...

Wir drehen uns im Kreis ... der Vergleich ist immer noch nicht plausibel. Erzähle doch erstmal, was aus den Konzepten "Zeit" und "FW" Deiner Ansicht nach jeweils folgt, ich sehe da überhaupt keine Parallelen.

was bedeutet des den z.B. Übertragen auf das Konstrukt der Pröferenzen?

wiki hat folgendes geschrieben:
prae- prae vorne, vorzeitig Präferenz, Präfix, Präludium, Prämisse, Präparat, Präposition, Präsentation, Präservativ, Präsident, Prävalenz, Prävention, Präzedenz, Präzession


oder als rethorische Konstruktion in dem aus einem auf ein Individuum zielendes Sprachbild wie FW,
durch anheben auf eine Art "pluralis majestatis"
diesen zu "Präferenzen" erklärt, die dann scheinbar beliebig nur von den DT-lern korrerkt Verwendung finden.
oiso nochmal:
Idee ist nicht von mathematisch-naturwissenschftlichen Modellen erklär oder abbildbar.
Aus der "Quelle" kann ned geschlossen werden wohin der Strom fließt.
Eine rückprojezierte kausale Verknüpfung auch ned UNIVERSELL auf andere Quellen anwendbar.

oder Beispiel:
Das die Titanic untergeht zeichnete sich mit der kollision mit dem Eisberg ab.
War nun der Eisberg und die Titanic determiniert da zu sein wo sie sind?
War der Kapitän determiniert die Route nehmen zu lassen der er genommen hat?
War der Eisberg genau dann da, weil Srömung und Wetter dies ned anderst zuliessen?
War die Gesellschaft determiniert den Mann zum Kapitän zu wählen den sie dann gewählt hat?

Rückblickend betrachtet natürlich selbstverständlich ja, weil so isses ja passiert ...
DT is Panne.

#897:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 14:26
    —
@Robbe: Stell Dir mal folgende Situation vor: Ein Historiker versucht das Leben und die Reisen eines berühmten Kapitäns der Weltmeere zu rekonstruieren. Im Jahr 1755 segelte dieser Kapitän nach Indonesien, das ist sehr gut belegt. Aber leider ist die Quellenlage schlecht, so daß der Historiker nicht herausfindet, welche von 2 möglichen Routen A oder B der Kapitän genommen hat.

Ist die Route, die er tatsächlich genommen hat, aus Deiner Sicht determiniert oder nicht, und warum?

#898: Kapitän und Welle Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 15:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
@Robbe: Stell Dir mal folgende Situation vor: Ein Historiker versucht das Leben und die Reisen eines berühmten Kapitäns der Weltmeere zu rekonstruieren. Im Jahr 1755 segelte dieser Kapitän nach Indonesien, das ist sehr gut belegt. Aber leider ist die Quellenlage schlecht, so daß der Historiker nicht herausfindet, welche von 2 möglichen Routen A oder B der Kapitän genommen hat.

Ist die Route, die er tatsächlich genommen hat, aus Deiner Sicht determiniert oder nicht, und warum?


Nach Augustinus ist die Route determiniert. Warum auch nicht?

Der berühmte Kapitän befand sich eben auf der richtigen Wellenfunktion mit seinem Schiff. zwinkern

Zitat:
Prädestination (lat. praedostinatio), Vorherbestimmung, S. 452 Siehe auch bei Eisler
heißt nach Augustinus (353-430) und Calvin (1509-1564) die von Gott nach absoluter Willkür getroffene Auswahl der einen zur Seligkeit, der andern zur Verdammnis (Prädamnation). Vergleiche Determinismus; Pelagianismus.

Prädeterminismus (v. nlat. praedeterminatio) S. 452 Siehe auch bei Eisler
heißt eine Art des Determinismus, welche in der Behauptung besteht, dass alle menschlichen Handlungen durch vorangehende Zeiterscheinungen vollständig bestimmt seien. Der naturalistische oder transzendentale Prädeterminismus findet die Bestimmungsgründe in der Natur und im Weltlauf, der theologische (eines Augustin, Boëthius, Anselm, Calvin, Beza) in Gottes Ratschluss. Vergleiche Determinismus , Fatalismus, Prädestination.


http://www.philos-website.de/index_g.htm?autoren/kirchner-friedrich_g.htm~main2

Augustinus widerspricht mit dieser Theorie übrigens der Willensfreiheit aller Menschen nach Adam und Eva schlechthin.

http://hugostamm.kaywa.ch/allgemeines/der-fluch-der-autoritaetsglaeubigkeit.html


Es ist halt alles Schicksal. Die Augustinische Physik beweist es. Mit den Augen rollen

Skeptiker

#899:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 16:47
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Oder bittest Du ein Schachprogramm, seine Spielstärke zu drosseln?

Ja, oder sagen wir ich befehle es ihm! Ich drossele die Spielstärke ja nicht direkt, sondern gebe es auf einer abstrakten Schnittstelle - beispielsweise einem GUI - als Befehl ein.

Ist doch egal, step. Wir wissen, welche Argumente nun kommen werden.
Meine: Hat das Schachprogramm die Wahl, Deinen Befehl auszuschlagen? Bzw würdest Du einem humanoiden Spieler befehlen, seine Spielstärke zu drosseln? Und warum versuchst Du über diesen prinzipiellen Unterschied hinwegzugehen?
Du antwortest: Weil es für Dich keinen prinzipiellen Unterschied darstellte, wenn dann überhaupt spielte dies nur im mesokosmischen Zusammenhang eine Rolle.
Und dann sage ich, daß das eine metaphysische und daher nicht entscheidbare (im Sinne von beweisbare) Frage ist [welcher Einschätzung Du übrigens bereits schon mal zugestimmt hast, bei späterer Nachfrage diesen Standpunkt aber revidiertest … Retourkutsche von wegen Pudding und so] So oder so ähnlich. Nichts Neues.

Mein Einstiegspunkt in diese Diskussion war aber die meiner Einschätzung nach neuartige Frage Heiners (auch wenn sie in der Erwartung gestellt wurde, man könne sie damit vorführen) an die FW-Vertreter, wie sich deren Ansicht nach Autonomie hinsichtlich der Ähnlichkeit menschlicher mit tierischen Verhaltensweisen vor dem Hintergrund des Wissens um die evolutionäre Entwicklung des Gehirns darstellt. Die Antwort wurde gegeben. Und es wurde im Kontext dieses Zweiges der Diskussion keine vernünftige Erwiderung gegeben.
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn ich sage, daß Elefanten (die Gattung) zur Trauer befähigt sind, Menschen (die Gattung) zur Kreativität, zum Humor und zur Kunst, dann bedeutet das nicht, daß jedes Individuum Humor hat.

Und bedeutet das jetzt, daß nur diejenigen Individuen einen FW haben, die auch kreativ und humorvoll sind? Oder zählt für den individuellen FW die Fähigkeit der Art zu Kreativität und Humor? Oder sind Kreativität und Humor doch keine wesentlichen Kriterien für FW?

Warum soll diese Frage ein Problem darstellen? Ich habe bereits versucht, darauf zu antworten. Auch wenn Gattungsbezogen eine prinzipielle Befähigung vorliegt, bedeutet dies nicht, daß jedes einzelne Individuum über diese Fähigkeit verfügt. Oder wirst Du mich jetzt jeden einzelnen ICD-Schlüssel abfragen? Kann es sein, daß ein Papagei mehr Bewußtsein hat, als ein bestimmter Mensch? Ja, bei entsprechender Krankheit des Menschen schon. Sind Menschen Zweibeiner und gehen aufrecht? Ja. Aber es gibt auch Menschen, denen ein Bein amputiert wurde und andere, die einen Buckel tragen.
Das Menschsein ist eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung, die erfüllt sein muss, um einer unter den uns bekannten Entitäten das Höchstmaß an Autonomie gegenüber allen anderen uns bekannten Entitäten zuzuschreiben.

#900:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 17:33
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Und dann sage ich, daß das eine metaphysische und daher nicht entscheidbare (im Sinne von beweisbare) Frage ist [welcher Einschätzung Du übrigens bereits schon mal zugestimmt hast ...]

Hä, wo denn das?

#901:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 17:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
@Robbe: Stell Dir mal folgende Situation vor: Ein Historiker versucht das Leben und die Reisen eines berühmten Kapitäns der Weltmeere zu rekonstruieren. Im Jahr 1755 segelte dieser Kapitän nach Indonesien, das ist sehr gut belegt. Aber leider ist die Quellenlage schlecht, so daß der Historiker nicht herausfindet, welche von 2 möglichen Routen A oder B der Kapitän genommen hat.

Ist die Route, die er tatsächlich genommen hat, aus Deiner Sicht determiniert oder nicht, und warum?

Individuell situative Umstände sind eben niemals streng determiniert.
Ich bin da voll der Relativist.
Zitat:
http://de.wikipedia.org/wiki/Relativismus
Im 21. Jahrhundert wendet sich vor allem das römisch-katholische Christentum unter Papst Benedikt XVI. gegen einen „um sich greifenden Relativismus“: Es bilde sich eine „Diktatur des Relativismus“ heraus, die nichts als definitiv anerkenne und die als letztes Maß nur noch das eigene Ich und seine Wünsche gelten lasse.


habe daher von Natur aus eine Weltanschauung die der DT ned fähig ist abzubilden.

Allen theoretischen Konstrukten die Abhängigkeiten abbilden stehe ich meist positiv gegenüber.
Konstrukten die vor oder nach bestimmen wollen negativ.

#902:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 17:59
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
@Robbe: Stell Dir mal folgende Situation vor: Ein Historiker versucht das Leben und die Reisen eines berühmten Kapitäns der Weltmeere zu rekonstruieren. Im Jahr 1755 segelte dieser Kapitän nach Indonesien, das ist sehr gut belegt. Aber leider ist die Quellenlage schlecht, so daß der Historiker nicht herausfindet, welche von 2 möglichen Routen A oder B der Kapitän genommen hat.

Ist die Route, die er tatsächlich genommen hat, aus Deiner Sicht determiniert oder nicht, und warum?

Individuell situative Umstände sind eben niemals streng determiniert.

Wie jetzt? Heißt das, die Route ist aus heutiger Sicht nicht determiniert, das heißt er ist nicht eine "ganz bestimmte" Route gefahren?

#903: Re: Augustinus hie, Maslow da Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 19:28
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Habe ich doch erläutert. Es handelt sich um einen bedingten freien Willen, im Gegensatz zum freien Willen von Gottes Gnaden, der gar keine Grundlage braucht und aus dem Nichts erwächst.


Die Stelle, wo du das erläutert hast, muss ich wohl überlesen haben.
Schön, du grenzt den bedingt freien Willen gegenüber dem "christlichen" freien Willen ab.
Nun frag ich mich immer noch, wie genau die Abgrenzung gegenüber dem Determinismus aussieht.
Vielleicht bringen wir es noch zustande, in diesem Thread eine Tabelle mit drei Spalten aufzustellen: Links stünde dann "unfreier Wille" = Determinismus, in der Mitte "bedingt freier Wille", rechts außen der "absolut freie Wille"; und dann darunter die Auflistung der jew. Kennzeichen... Cool

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein freier Will braucht entsprechende materielle Bedingungen. Deshalb heisst er bedingter freier Wille.

Zitat:
Heiner: Also, dass der freie Wille "materielle Bedinungen" braucht, leugnen ja noch nicht mal Idealisten.


Zitat:
Hast Du ein Beispiel für einen solchen Idealisten?


So allgemein, wie du das formulierst, trifft das wohl auf alle Idealisten zu. Du sagst doch nur, dass der Wille einen "materiellen Träger" braucht, also einen "menschlichen Leib"; du sagst nur mit anderen Worten, dass Menschen einen freien Willen haben...


Heiner hat folgendes geschrieben:

Und was ist mit Augustinus Schrift „Über den freien Willen“?
Zitat: In seiner frühen Schrift über den freien Willen war es Augustinus um die Verteidigung des freien Willens gegenüber dem Determinismus der Manichäer zu tun gewesen...

Link


Zitat:
Irgendwas stimmt da nicht. Ich habe immer nur gefunden, dass Augustinus dem Menschen keinen freien Willen zubilligt, sondern den Determinismus lehrt.


Nun, offenbar hat Augustinus zwischendurch seine Position mal etwas geändert.

Zitat:
Was den freien Willen Gottes betrifft, muss man ja dabei bedenken, dass Gott der große Gesetzesmacher ist und jene Naturgesetze aus freiem Willen machte, an denen sich so mancher Physikalist jeden Tag hochzieht. Lachen


Der "Gesetzemacher" ist Gott vielleicht im Deismus, der erst eine jüngere Erscheinung ist... Im älteren Gottesglauben kommen die Naturgesetze noch nicht in Konflikt mit dem freien Willen Gottes... Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften wurde dann der Gottesglaube zunehmend in die Defensive gedrängt, da sich Naturgesetze und göttliche Willkür schlecht miteinander vertragen.

#904:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 19:51
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
@ "Freier Wille"-Vertreter:

Glaubt ihr eigentlich auch, dass Tiere einen freien Willen haben?
Also, nehmen wir mal Schimpansen (die haben ja auch ein Ich-Bewusstsein):
Wenn Affe A dem Affen B mit der Banane eins über die Rübe zieht, handelte es sich dann um eine freie Willensentscheidung? Oder war der Affen-Wille nur "bedingt frei"? Zustimmung

Ja, ich bin überzeugt, selbst Tiere besitzen einen bedingten FW...
Jedenfalls sind unsere tierischen Mitgeschöpfe längst nicht so determiniert, wie man vielleicht allgemein so annimmt.
http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=3368


Okay, Tiere haben also auch einen freien Willen.
Damit ich die Position der FW-Vertreter besser nachvollziehen kann, schiebe ich gleich mal die nächste Frage hinterher. Dabei greife ich auf den verlinkten Beitrag über Prof. Dörner zurück.
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/6/6211/1.html

Kurz zur Erläuterung: Das virtuelle Wesen "Emo" hat auch einen Willen. Ihm wurden verschiedene Motive einprogrammiert, die im Konflikt miteinander stehen, bswp. das Motiv, den Hunger zu stillen, oder auch das Motiv, Neues zu entdecken. Irgendwann setzt sich ein Motiv durch und Emo handelt dem Motiv gemäß. Wichtig ist auch noch der Hinweis, dass die Entscheidungen Emos in einer bestimmten Situation nicht genau vorhergesagt werden können - also genauso wie bei Menschen (oder halt z.T. auch bei Tieren).

Zitat:
Prof. Dörner: Das ist ganz einfach und leicht verstehbar. Er hat Motive, zum Beispiel das Hungermotiv oder ein Explorationsmotiv. Prinzipiell ist er konfliktbehaftet, weil er mehrere Motive zugleich haben kann. Und er löst seine Konflikte so, daß dann ein Motiv vorherrscht, z.B. Hunger. Seine sensorische Schemata, seine Filter zur Identifizierung seiner Umgebung, werden auf Hunger eingestellt. Er nimmt also vorwiegend das wahr, was ihn in die Lage versetzt, seinen Hunger zu befriedigen.


Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

#905:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 23:55
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Und dann sage ich, daß das eine metaphysische und daher nicht entscheidbare (im Sinne von beweisbare) Frage ist [welcher Einschätzung Du übrigens bereits schon mal zugestimmt hast ...]

Hä, wo denn das?


Ich beziehe mich darauf.
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=682124#682124
Sehe aber jetzt, daß ich anders formulieren müsste.

#906:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 04.05.2008, 23:55
    —
Gegenfrage,
merkt der Dackel, wenn er selbst seinem Schwanzel hinterherjagt, das eigentlich?

Die konzeptionelle Panne der DT ist die eigene Erwartungshaltung alles bestimmen zu können.
Sucht man also etwas, das dem Erwarteten entspricht, scheint es auf einen Grundlegenden Determinisnus zurückführbar zu sein.
Findet man eine Abweichung, ist das ned etwa was anderes, sondern lediglich das nicht bedachte, das zum Erwartetem geworden ist.

Heiner hat folgendes geschrieben:
(...) Wichtig ist auch noch der Hinweis, dass die Entscheidungen Emos in einer bestimmten Situation nicht genau vorhergesagt werden können (...)
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?


Wenn die Entscheidungen des Emos in bestimmten Situationen nicht genau vorhergesagt werden können, ist das auf den grundlegenden Mangel des DT zurückzuführen und nicht auf den "simulierten" Quasi- FW abzuwälzen.

Entscheidend ist doch, das man der Simulation Fähigkeiten geben will die unvorhersagbares generiert.
Denn wäre alles DT ... was müßte da ned groß rumprobiert werden, das es paßt -
dann ist es schlicht so wie es ist.
Aber das genügt dann wohl nicht um das Unvorhersagbare zu simulieren.

und
ist denn nun der DT nun ein konvergent oder divergent beschreibendes Modell?
Oder grad so wie mans gerade braucht?

FW ist ja keine Kurvendiskussion mit diskreten Variablen,
sondern steht für Etwas, das außerhalb des Erfaßbaren liegt, aber dennoch der individuellen Erfahrung entspricht.
Es ist ein nicht wegzudiskutierendes Merkmal einer Persönlichkeit,
evtl ebenso wie Trägheit ein Merkmal der Masse ist.

#907:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 00:06
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

Emo kann keinen eigenen freien Willen besitzen, da er kein Bewusstsein besitzt. Ohne Bewusstsein keinen Willen, schon gar keinen freien Willen.

#908:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 00:13
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

Emo kann keinen eigenen freien Willen besitzen, da er kein Bewusstsein besitzt. Ohne Bewusstsein keinen Willen, schon gar keinen freien Willen.


Was ist so besonders an deinem Bewußtsein? Macht es Gedanken unerklärbar?

#909:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 00:15
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich beziehe mich darauf.
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=682124#682124
Sehe aber jetzt, daß ich anders formulieren müsste.

Aus dem dort gesagten folgt nicht, dass die Frage, ob es einen FW gäbe, unentscheidbar oder metaphysisch sei.

#910:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 00:39
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

Emo kann keinen eigenen freien Willen besitzen, da er kein Bewusstsein besitzt. Ohne Bewusstsein keinen Willen, schon gar keinen freien Willen.


Was ist so besonders an deinem Bewußtsein? Macht es Gedanken unerklärbar?

Ohne Bewusstsein keine Gedanken, wie wir sie kennen. Das besondere am Bewusstsein ist seine Fähigkeit einen Willen zu besitzen. Ich glaube dieser Wille ist bedingt frei und ermöglicht uns eine grundsätzliche Entscheidungsfreiheit.
Ist allerdings meine subjektive Sicht der Dinge, da ich das nicht belegen kann.

#911:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 00:42
    —
Du meinst, insofern bedingt frei, als dass wir bezüglich verschiedener Möglichkeiten entscheiden können, die jedoch jeweils physikalisch nicht echt sind, sondern eine Simulation der Zukunft (siehe "Möglichkeitsform")?

#912: Re: Augustinus hie, Maslow da Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 00:51
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Habe ich doch erläutert. Es handelt sich um einen bedingten freien Willen, im Gegensatz zum freien Willen von Gottes Gnaden, der gar keine Grundlage braucht und aus dem Nichts erwächst.


Die Stelle, wo du das erläutert hast, muss ich wohl überlesen haben.
Schön, du grenzt den bedingt freien Willen gegenüber dem "christlichen" freien Willen ab.
Nun frag ich mich immer noch, wie genau die Abgrenzung gegenüber dem Determinismus aussieht.
Vielleicht bringen wir es noch zustande, in diesem Thread eine Tabelle mit drei Spalten aufzustellen: Links stünde dann "unfreier Wille" = Determinismus, in der Mitte "bedingt freier Wille", rechts außen der "absolut freie Wille"; und dann darunter die Auflistung der jew. Kennzeichen... Cool

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein freier Will braucht entsprechende materielle Bedingungen. Deshalb heisst er bedingter freier Wille.

Zitat:
Heiner: Also, dass der freie Wille "materielle Bedinungen" braucht, leugnen ja noch nicht mal Idealisten.


Zitat:
Hast Du ein Beispiel für einen solchen Idealisten?


So allgemein, wie du das formulierst, trifft das wohl auf alle Idealisten zu. Du sagst doch nur, dass der Wille einen "materiellen Träger" braucht, also einen "menschlichen Leib"; du sagst nur mit anderen Worten, dass Menschen einen freien Willen haben...


Heiner hat folgendes geschrieben:

Und was ist mit Augustinus Schrift „Über den freien Willen“?
Zitat: In seiner frühen Schrift über den freien Willen war es Augustinus um die Verteidigung des freien Willens gegenüber dem Determinismus der Manichäer zu tun gewesen...

Link


Zitat:
Irgendwas stimmt da nicht. Ich habe immer nur gefunden, dass Augustinus dem Menschen keinen freien Willen zubilligt, sondern den Determinismus lehrt.


Nun, offenbar hat Augustinus zwischendurch seine Position mal etwas geändert.

Zitat:
Was den freien Willen Gottes betrifft, muss man ja dabei bedenken, dass Gott der große Gesetzesmacher ist und jene Naturgesetze aus freiem Willen machte, an denen sich so mancher Physikalist jeden Tag hochzieht. Lachen


Der "Gesetzemacher" ist Gott vielleicht im Deismus, der erst eine jüngere Erscheinung ist... Im älteren Gottesglauben kommen die Naturgesetze noch nicht in Konflikt mit dem freien Willen Gottes... Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften wurde dann der Gottesglaube zunehmend in die Defensive gedrängt, da sich Naturgesetze und göttliche Willkür schlecht miteinander vertragen.


Wir sprechen hier aber vom "bedingt Freien Willen" von Menschen und nicht von fiktiven Willen von Phantomen, wie Götter und Geister.

Du Heiner hast immer vertreten, dass der Glaube an irgend einen Freien Willen verkappter Theismus ist.

Bist du bereit, von diesem Irrtum abzkommen, oder kannst du uns sagen, wie wir dich in dieser Hinsicht umdeterminieren könnten.

Das ein Bieri ja genau zwischen den strengen Deterministen und den Libertären steht, das habe ich dir ein paar mal dargestellt.
Wenn du also wissen willst, wie so eine Position sich darstellt, nimm das Buch und lies es.

Agnost

#913:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 16:20
    —
kolja hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich beziehe mich darauf.
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=682124#682124
Sehe aber jetzt, daß ich anders formulieren müsste.

Aus dem dort gesagten folgt nicht, dass die Frage, ob es einen FW gäbe, unentscheidbar oder metaphysisch sei.

; )

#914:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 17:24
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

Emo kann keinen eigenen freien Willen besitzen, da er kein Bewusstsein besitzt. Ohne Bewusstsein keinen Willen, schon gar keinen freien Willen.


"Ohne Bewusstsein kein Wille" ist empirisch widerlegbar.
Die Experimente der Hirnforscher zeigen ja gerade, dass Willensentscheidungen im Unbewussten vorbereitet werden.
Außerdem gestehst du ja auch Tieren einen Willen zu, die haben aber sicher kein menschliches Bewusstsein (allenfalls ein tierisches).
Genauso hat "Emo" wohl auch ein "Emo-Bewusstsein". Und einen Willen.
Bei Emo läuft nix anderes als auch bei Menschen ab: Da werden verschiedene Motive miteinander "verrechnet" und am Ende setzt sich eins durch, das den Antrieb für die Willensentscheidung bildet. Sieht man sich nur das Resultat an, sieht es nach einer freien Willensentscheidung aus. Tatsächlich ist der Prozess aber determiniert.


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 05.05.2008, 21:05, insgesamt einmal bearbeitet

#915:  Autor: Paul LaskerWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 18:49
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

Emo kann keinen eigenen freien Willen besitzen, da er kein Bewusstsein besitzt. Ohne Bewusstsein keinen Willen, schon gar keinen freien Willen.


"Ohne Bewusstsein kein Wille" ist empirisch widerlegbar.
Die Experimente der Hirnforscher zeigen ja gerade, dass Willensentscheidungen im Unbewussten vorbereitet werden.
Außerdem gestehst du ja auch Tieren einen Willen zu, die haben aber sicher kein menschliches Bewusstsein (allenfalls ein tierisches).
Genauso hat "Emo" wohl auch ein "Emo-Bewusstsein". Und einen Willen.
Bei Emo läuft nix anderes als auch bei Menschen ab: Da werden verschiedene Motive miteinander "verrechnet" und am Ende setzt sich eins durch, dass den Antrieb für die Willensentscheidung bildet. Sieht man sich nur das Resultat an, sieht es nach einer freien Willensentscheidung aus. Tatsächlich ist der Prozess aber determiniert.

Seit wann war denn determiniert, daß Du deinen Beitrag hier schreiben würdest. Ein paar Minuten vorher? Stunden vorher? Jahre vorher?

#916:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 20:27
    —
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Seit wann war denn determiniert, daß Du deinen Beitrag hier schreiben würdest. Ein paar Minuten vorher? Stunden vorher? Jahre vorher?

Die Frage ist schlecht gestellt. Determination bedeutet für uns nicht, dass jemand das alles früher festgelegt hat, sondern daß der Zustand der Welt zum Zeitpunkt x mit dem Zustand zum Zeitpunkt x+dx vollständig naturgesetzlich zusammenhängt (also der eine durch den anderen determiniert ist).

#917:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 21:17
    —
Zitat:
Robbe Piere
Heiner hat folgendes geschrieben:
(...) Wichtig ist auch noch der Hinweis, dass die Entscheidungen Emos in einer bestimmten Situation nicht genau vorhergesagt werden können (...)
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?


Wenn die Entscheidungen des Emos in bestimmten Situationen nicht genau vorhergesagt werden können, ist das auf den grundlegenden Mangel des DT zurückzuführen und nicht auf den "simulierten" Quasi- FW abzuwälzen.


Determiniertheit muss Vorhersagbarkeit nicht zwingend einschließen.
In diesem Fall - wie auch im Falle anderer deterministischer Systeme - können halt nur Verhaltenstendenzen vorhergesagt werden, nicht konkrete Entscheidungen.
Insofern kein "Mangel des DT".

#918:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 05.05.2008, 23:13
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

Emo kann keinen eigenen freien Willen besitzen, da er kein Bewusstsein besitzt. Ohne Bewusstsein keinen Willen, schon gar keinen freien Willen.


"Ohne Bewusstsein kein Wille" ist empirisch widerlegbar.
Die Experimente der Hirnforscher zeigen ja gerade, dass Willensentscheidungen im Unbewussten vorbereitet werden.
Außerdem gestehst du ja auch Tieren einen Willen zu, die haben aber sicher kein menschliches Bewusstsein (allenfalls ein tierisches).
Genauso hat "Emo" wohl auch ein "Emo-Bewusstsein". Und einen Willen.
Bei Emo läuft nix anderes als auch bei Menschen ab: Da werden verschiedene Motive miteinander "verrechnet" und am Ende setzt sich eins durch, das den Antrieb für die Willensentscheidung bildet. Sieht man sich nur das Resultat an, sieht es nach einer freien Willensentscheidung aus. Tatsächlich ist der Prozess aber determiniert.

Nun ja, das "Unbewußte" wie es allgemein aufgefasst wird, gehört für mich zum "Bewusstsein", dem "ICH" dazu...

Wenn Naturwissenschaftler auf "farbigen Gehirnbildchen" behaupten, sie wüssten wie Gedanken und mein Bewusstsein funktionieren, bin ich eben noch etwas skeptisch!

Die Arroganz der sog. Wissenschaftler kotzt mich manchmal an..., sorry für meinen Gefühlsausbruch! Niemand und Keiner weiß wie wir wirklich funktionieren, ansonsten könnte man Schizophrenen wirklich helfen!

Später vielleicht mehr...

#919:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 00:47
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Nun ja, das "Unbewußte" wie es allgemein aufgefasst wird, gehört für mich zum "Bewusstsein", dem "ICH" dazu...
Zum Ich gehört es ganz bestimmt dazu! Da hast Du recht! Man kann aber trotzdem vom "Bewussten" und "Unbewussten" sprechen, welche einen intensivem Informationsaustausch pflegen aber doch zwei klar unterscheidbare Hirnfunktionen sind. Zusammen bilden sie dann das "Ich".

Zitat:
Wenn Naturwissenschaftler auf "farbigen Gehirnbildchen" behaupten, sie wüssten wie Gedanken und mein Bewusstsein funktionieren, bin ich eben noch etwas skeptisch!
Da hast Du völlig recht! Wir sind erst ganz am Anfang unserer Kenntnisse darüber und werden es noch eine Weile bleiben!

Zitat:
Die Arroganz der sog. Wissenschaftler kotzt mich manchmal an..., sorry für meinen Gefühlsausbruch! Niemand und Keiner weiß wie wir wirklich funktionieren, ansonsten könnte man Schizophrenen wirklich helfen!
Kotz Dich ruhig aus! Du hast nämlich völlig recht!

#920:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 01:22
    —
Zitat:
Genauso hat "Emo" wohl auch ein "Emo-Bewusstsein". Und einen Willen.

*autsch* etwas Wissensanreicherung über KI, AL, Systemtheorie insbesondere deren Stand anno 1997 täte not. Insbesondere Psychologen und Mediziner lassen sind von ein bisserl Technik sehr schnell "beeindrucken". u.A. durchaus auch die Hirnforschen mit den schönen fMRT-Bildchen ...

Erwin

PS: entsprechende Ausführungen + Links siehe diesen Thread

#921:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 01:27
    —
Quark 1
Heiner hat folgendes geschrieben:
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?

Emo kann keinen eigenen freien Willen besitzen, da er kein Bewusstsein besitzt. Ohne Bewusstsein keinen Willen, schon gar keinen freien Willen.


"Ohne Bewusstsein kein Wille" ist empirisch widerlegbar.
Die Experimente der Hirnforscher zeigen ja gerade, dass Willensentscheidungen im Unbewussten vorbereitet werden.
Außerdem gestehst du ja auch Tieren einen Willen zu, die haben aber sicher kein menschliches Bewusstsein (allenfalls ein tierisches).
Genauso hat "Emo" wohl auch ein "Emo-Bewusstsein". Und einen Willen.
Bei Emo läuft nix anderes als auch bei Menschen ab: Da werden verschiedene Motive miteinander "verrechnet" und am Ende setzt sich eins durch, das den Antrieb für die Willensentscheidung bildet. Sieht man sich nur das Resultat an, sieht es nach einer freien Willensentscheidung aus. Tatsächlich ist der Prozess aber determiniert.

"empirisch widerlegbar" ist eine falsch klingende Begriffs Verwendung,
Ich hoffe du meintest im Sinne des Positivismus, das die Arbeits-Hypothese ned bestätigt werden konnte.
Validität hat folgendes geschrieben:

Im Rahmen empirischer Untersuchungen bezieht sich Validität andererseits aber auch auf die Güte der Operationalisierung der in den Kausalmodellen beschriebenen einzelnen Faktoren, den Konstrukten.

Beispiel: Als Standardbeispiel wird oft der Intelligenzquotient herangezogen. Betrachtet man die drei Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität, so sei für dieses Beispiel angenommen, dass die ersten beiden Gütekriterien gut erfüllt seien: Der Intelligenzquotient ist so konstruiert, dass er sich (fast) unabhängig vom Beobachter feststellen lässt (Objektivität) und das Testergebnis sich auch wiederholen lässt (Reliabilität). Die Validität, also die Gültigkeit, des Testverfahrens wird aber oft bezweifelt, wenn kritisiert wird, dass der Intelligenztest keine (genaue) Aussage über die wahre Intelligenz (d. h. das Konstrukt „Intelligenz“) mache bzw. sich Intelligenz also gar nicht auf diese Weise messen lasse.

Validität meint also einerseits die Belastbarkeit der Operationalisierung („Inwieweit misst das Testinstrument das, was es messen soll?“) und andererseits die Belastbarkeit der auf den Messungen beruhenden Aussagen oder Schlussfolgerungen („Inwieweit trifft es zu, dass X Y beeinflusst?“).

Weiterhin bisher kein eindutiger Versuch eurerseits den FW zu operationalisieren, lediglich die Versteifung darauf was der DT leistet sollte.



***
Quark 2
step hat folgendes geschrieben:
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Seit wann war denn determiniert, daß Du deinen Beitrag hier schreiben würdest. Ein paar Minuten vorher? Stunden vorher? Jahre vorher?

Die Frage ist schlecht gestellt. Determination bedeutet für uns nicht, dass jemand das alles früher festgelegt hat, sondern daß der Zustand der Welt zum Zeitpunkt x mit dem Zustand zum Zeitpunkt x+dx vollständig naturgesetzlich zusammenhängt (also der eine durch den anderen determiniert ist).

nenne die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Gerüchten!

***
Quark 3
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Robbe Piere
Heiner hat folgendes geschrieben:
(...) Wichtig ist auch noch der Hinweis, dass die Entscheidungen Emos in einer bestimmten Situation nicht genau vorhergesagt werden können (...)
Nun die Frage: Hat "Emo" einen freien Willen? Wenn nein, möchte ich das gerne begründet haben: Warum kann Emo kein freier Wille zugestanden werden, aber Menschen und (höheren) Tieren?


Wenn die Entscheidungen des Emos in bestimmten Situationen nicht genau vorhergesagt werden können, ist das auf den grundlegenden Mangel des DT zurückzuführen und nicht auf den "simulierten" Quasi- FW abzuwälzen.


Determiniertheit muss Vorhersagbarkeit nicht zwingend einschließen.
In diesem Fall - wie auch im Falle anderer deterministischer Systeme - können halt nur Verhaltenstendenzen vorhergesagt werden, nicht konkrete Entscheidungen.
Insofern kein "Mangel des DT".

Geb ich zurück mit dem Hinweis, das ihr weder die Deutungshoheit habt, was DT oder FW sein soll.
Noch - und was für mich Pragmatiker entscheidender ist, die bessere Erklärung psychologischer Phänomene habt.
Ich seh da keine konzeptionelle Stärke zu erklären, ja da ändert sich was ... ständig!

trivia, ja ich denke mit meinem Hirn.
trivia, ja mein Leben ist keine Singularität.
trivia, ja auch Forscher forschen willentlich und zielgerichtet.
Ich seh keinen zwingenden Grund Fähigkeiten Personen zu nehmen, um sie dann einem prozeßhaften Etwas anzuheften - mMn verlier ich damit eine Qualität.
(psychologisch wird das wohl sowas wie Verlust oder Kastrationsangst sein - je nachdem welcher Denktradition man sich verpflichtet fühlt - -> und wieder ein trivia Menschen denken gerne in vorgefertigten Strukturen, wobei sie die aber selten so lassen wie sie sie erlernt haben, sondern fügen neues hinzu = weil ihnen das mehr entspricht = weil es so gewollt ist.)

Den Hirnsprung den ich auch ned mitmachen kann, ist:
bsw am Emo soll im vorhinein eine Handlung prinzipiell unerwartet sein, und im nachhinein heißt es - ja das war voll determiniert = man hätte es also doch im vorhinein ahnen/wissen können.

Ein Bilderrahmen determiniert normalerweise nicht die Qualität eines Gemäldes.

#922:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 09:35
    —
Robbe Pierre hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Seit wann war denn determiniert, daß Du deinen Beitrag hier schreiben würdest. Ein paar Minuten vorher? Stunden vorher? Jahre vorher?
Die Frage ist schlecht gestellt. Determination bedeutet für uns nicht, dass jemand das alles früher festgelegt hat, sondern daß der Zustand der Welt zum Zeitpunkt x mit dem Zustand zum Zeitpunkt x+dx vollständig naturgesetzlich zusammenhängt (also der eine durch den anderen determiniert ist).
Quark2. nenne die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Gerüchten!

Dir ist hoffentlich klar, daß ich mit Deinen losen Assoziationen nichts anfangen kann.

#923:  Autor: koljaWohnort: NRW BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 10:07
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
; )

Sowas. Ich habe "sehe aber nicht" statt "sehe aber jetzt" gelesen. Verlegen

#924:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 10:13
    —
step hat folgendes geschrieben:
Robbe Pierre hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Seit wann war denn determiniert, daß Du deinen Beitrag hier schreiben würdest. Ein paar Minuten vorher? Stunden vorher? Jahre vorher?
Die Frage ist schlecht gestellt. Determination bedeutet für uns nicht, dass jemand das alles früher festgelegt hat, sondern daß der Zustand der Welt zum Zeitpunkt x mit dem Zustand zum Zeitpunkt x+dx vollständig naturgesetzlich zusammenhängt (also der eine durch den anderen determiniert ist).
Quark2. nenne die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Gerüchten!

Dir ist hoffentlich klar, daß ich mit Deinen losen Assoziationen nichts anfangen kann.


Aber selbstverständlich
vielleicht merkst du ja dann doch mal die Lücke in deinem quantifizierten Verständnis der Welt.

Denn es ist ja so, dass wenn du hier mit X ankommst, du natürlich auch den Definitionsbereich angeben solltest für welche X den nun deine Gleichung gilt.
Tust du das nicht - bzw du tust das ja doch nie, egal wie oft ich um skalierbare Merkmale gebeten habe - kan ich jedes beliebige Phänomen für X nehmen.

Wär übrigens sehr interessant - die Merketingleute würden kommen, um dir die Stiefel zu lecken könntest du klären wie und wohin sich Gerüchte ... oder Trends hin entwickeln.

Oder allein schon zu welchem t von, mit bei x das Christentum den sprungf von ner kleinen sekten zu einer starken Weltreligion gemacht hat.
Nimmst du dafür die Anzahl der Gemeindemitglieder oder konzentrierst du dich auf das leben und wirken der Kirchenväter
Ein sehr starker qualitativer Unterschied.

#925: Der Geist oder gute/böse Geister als Urgrund des Willens? Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 15:50
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Habe ich doch erläutert. Es handelt sich um einen bedingten freien Willen, im Gegensatz zum freien Willen von Gottes Gnaden, der gar keine Grundlage braucht und aus dem Nichts erwächst.


Die Stelle, wo du das erläutert hast, muss ich wohl überlesen haben.


Ja, wahrscheinlich. Du scheinst mir sowieso mehr als oberflächlich und darüber hinaus etwas ...- äh -... unbelesen zu sein.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Schön, du grenzt den bedingt freien Willen gegenüber dem "christlichen" freien Willen ab.
Nun frag ich mich immer noch, wie genau die Abgrenzung gegenüber dem Determinismus aussieht.
Vielleicht bringen wir es noch zustande, in diesem Thread eine Tabelle mit drei Spalten aufzustellen: Links stünde dann "unfreier Wille" = Determinismus, in der Mitte "bedingt freier Wille", rechts außen der "absolut freie Wille"; und dann darunter die Auflistung der jew. Kennzeichen... Cool


Was denn für Kennzeichen? Autokennzeichen?

Wie wär's mal mit ein wenig system-atischen Zusammenhangs-Denken?

"Der Determinismus" hat sicher seine Berechtigung für bestimmte Systeme. Aber für das Verständnis komplizierter Entwicklungsprozesse und dem Rest der Welt braucht's ein bisschen mehr. Robbe Pierre hat das ganz gut gesagt, andere auch.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Also, dass der freie Wille "materielle Bedinungen" braucht, leugnen ja noch nicht mal Idealisten.

Hast Du ein Beispiel für einen solchen Idealisten?

So allgemein, wie du das formulierst, trifft das wohl auf alle Idealisten zu. Du sagst doch nur, dass der Wille einen "materiellen Träger" braucht, also einen "menschlichen Leib"; du sagst nur mit anderen Worten, dass Menschen einen freien Willen haben...


Nein, völliger Unsinn, was Du da erzählst. Das sage ich nicht.

Ich spreche von materiellen Bedingungen, nicht von einem "materiellen Träger".

Davon abgesehen übrigens gibt es wirklich "Denk"richtungen, die ein Denken ohne Gehirn postulieren. Aber das nur nebenbei.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Und was ist mit Augustinus Schrift „Über den freien Willen“?
Zitat: In seiner frühen Schrift über den freien Willen war es Augustinus um die Verteidigung des freien Willens gegenüber dem Determinismus der Manichäer zu tun gewesen...

Link

Irgendwas stimmt da nicht. Ich habe immer nur gefunden, dass Augustinus dem Menschen keinen freien Willen zubilligt, sondern den Determinismus lehrt.

Nun, offenbar hat Augustinus zwischendurch seine Position mal etwas geändert.


Oder ist falsch wiedergegeben worden.

Letzten Endes - um es mal zusammen zu fassen - laufen sowohl der idealistische freie Wille als auch der physikalische All-Determinismus auf eine deterministische Betrachtung menschlichen Handelns hinaus. Denn auch ein idealistischer freier Wille, der nicht durch materielle Bedingungen bedingt ist, sondern, bei dem der menschliche Geist sich selbst bedingt, ist eben von dem Prinzip eben dieses Geistes abhängig. Steht dieser Geist gar für den bösen Geist des Satans wird daraus eine implizit deterministische Schiene, im Endeffekt so, als würde die Newton'sche Physik als Weltformel wirken.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was den freien Willen Gottes betrifft, muss man ja dabei bedenken, dass Gott der große Gesetzesmacher ist und jene Naturgesetze aus freiem Willen machte, an denen sich so mancher Physikalist jeden Tag hochzieht. Lachen


Der "Gesetzemacher" ist Gott vielleicht im Deismus, der erst eine jüngere Erscheinung ist... Im älteren Gottesglauben kommen die Naturgesetze noch nicht in Konflikt mit dem freien Willen Gottes... Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften wurde dann der Gottesglaube zunehmend in die Defensive gedrängt, da sich Naturgesetze und göttliche Willkür schlecht miteinander vertragen.


Bei solchen Leuten wie Hoimar v. Ditfurth schon. Wenn "Gott" die Naturkonstanten machte, dann vereinbart sich das harmonisch.

Und wieder stelle ich die Frage in den Raum: Woher kommen die Naturgesetze?

Hat hier jemand eine Idee?

Skeptiker

#926: Re: Der Geist oder gute/böse Geister als Urgrund des Willens? Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:08
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:


Die Stelle, wo du das erläutert hast, muss ich wohl überlesen haben.


Ja, wahrscheinlich. Du scheinst mir sowieso mehr als oberflächlich und darüber hinaus etwas ...- äh -... unbelesen zu sein.


Du bist sicher nicht der Richtige, um ein solches Urteil zu fällen, dafür sind deine eigenen Ausführungen zu dünn...
Außer Dünnbrettbohren hast du doch auch nix zu bieten...

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Nein, völliger Unsinn, was Du da erzählst. Das sage ich nicht.

Ich spreche von materiellen Bedingungen, nicht von einem "materiellen Träger".


Dann werde doch mal konkret und benenne die "materiellen" Bedingungen" genau...
Und warum sollen diese "materiellen Bedingungen" echte Freiheit ermöglichen?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Letzten Endes - um es mal zusammen zu fassen - laufen sowohl der idealistische freie Wille als auch der physikalische All-Determinismus auf eine deterministische Betrachtung menschlichen Handelns hinaus. Denn auch ein idealistischer freier Wille, der nicht durch materielle Bedingungen bedingt ist, sondern, bei dem der menschliche Geist sich selbst bedingt, ist eben von dem Prinzip eben dieses Geistes abhängig. Steht dieser Geist gar für den bösen Geist des Satans wird daraus eine implizit deterministische Schiene, im Endeffekt so, als würde die Newton'sche Physik als Weltformel wirken.


Abstrus. Ich entnehme hieraus, dass dir deine offenkundige Nähe zum Idealismus offenbar peinlich ist. Da werden Idealisten mal kurzerhand zu Deterministen umdefiniert. Und Augustinus zum "Vater der modernen Naturwissenschaft" (wie abwegig)...
In einer Philo-Prüfung wärst du damit glatt durchgefallen.

Heiner hat folgendes geschrieben:

Der "Gesetzemacher" ist Gott vielleicht im Deismus, der erst eine jüngere Erscheinung ist... Im älteren Gottesglauben kommen die Naturgesetze noch nicht in Konflikt mit dem freien Willen Gottes... Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften wurde dann der Gottesglaube zunehmend in die Defensive gedrängt, da sich Naturgesetze und göttliche Willkür schlecht miteinander vertragen.


Zitat:
Bei solchen Leuten wie Hoimar v. Ditfurth schon. Wenn "Gott" die Naturkonstanten machte, dann vereinbart sich das harmonisch.


Hoimar von Ditfurth war Deist und kein traditioneller Theist. So bestritt er die Möglichkeit von "Wundern". Damit ist die göttliche Willkür gerade ausgeschaltet:

Zitat:
H. von Ditfurth
Wenn mythologische Aussagen aber auf ihren bloßen Wortsinn reduziert werden, dann gerinnen sie … zum Aberglauben. Wir können … nicht in Abrede stellen, dass wir dieser Gefahr schon weitgehend erlegen sind. Von der anschaulich vorgestellten Himmelfahrt Christi, … von dem Glauben an angeblich historisch verbürgte Fälle des Außer-Kraft-Setzens von Naturgesetzen (als vermeintlich einzig überzeugende Beweise für die Existenz göttlicher Macht) … - die Möglichkeiten, den Gehalt alter Texte auf diese oder ähnliche Weise abergläubig misszuverstehen, sind allgegenwärtig. … Da sind dann allerdings Kollisionen mit der Naturwissenschaft ganz unausbleiblich. Denn in sämtlichen Fällen werden Zusammenhänge unterstellt, die allem widersprechen, was wir heute über die Natur und ihre Gesetze wissen.

#927:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:31
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:

"Ohne Bewusstsein kein Wille" ist empirisch widerlegbar.
Die Experimente der Hirnforscher zeigen ja gerade, dass Willensentscheidungen im Unbewussten vorbereitet werden.


Zitat:
Mad Max
Nun ja, das "Unbewußte" wie es allgemein aufgefasst wird, gehört für mich zum "Bewusstsein", dem "ICH" dazu...


Keine stichhaltige Argumentation. Noch einmal:

Du schriebst: Ohne Bewusstsein kann es keinen Willen geben.

Darauf ich: Die Quelle von Willensentscheidungen liegt - experimentell nachweisbar - im Unbewussten. Also ist der aus dem Unbewussten resultierende Wille nicht an Bewusstsein gebunden.

Darauf du: das "Unbewußte" wie es allgemein aufgefasst wird, gehört für mich zum "Bewusstsein", dem "ICH" dazu...

Du definierst hier "Unbewusstes" einfach in "Bewusstsein" um. Wenn du geschrieben hättest, das Unbewusste gehört zur Person dazu, würde ich dem sogar zustimmen, aber auch das ist kein Einwand gegen meine obige Aussage.

Um es vielleicht noch einmal am Beispiel deutlich zu machen: Der Unterschied zwischen einem Schlafwandler, der nachts zum Kühlschrank geht und sich ein Glas Milch einschenkt, und einer wachen Person, die das Gleiche tut, ist nicht, dass die schlafwandelnde Person diese Handlung nicht wollte, die wache Person aber schon. Der Unterschied ist lediglich, dass der Schlafwandler seinen Willen nicht bewusst wahrnahm, während das bei der wachen Person der Fall war.


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 06.05.2008, 17:33, insgesamt einmal bearbeitet

#928:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:32
    —
Jetzt verknuserts du dich Heiner wieder mal in die fiktive Freiheit von Göttern.

Wann hast du die Grösse, zuzugeben, dass der Theismus keinen "Freien Willen" von Menschen verlangt?

Und was soll nun plötzlich das gerede von "echtem Freien Willen."

Wenn wir doch alle streng und somit lückenlos und schmierölfrei durchdeterminiert sind, müssten du und Step doch eine reduktionistisch verifizierbare Formel anbieten können.

Die Chance, dass ich sie "lesen" könnte, wäre gering, aber es gäbe sicher einige User hier, welche eure Formel überprüfen könnten.

Solange ihr aber eine solche Formel noch nicht mal wagt anzubieten, ist der Vorwurf des Idealismuses gegenüber anderen Positionen schon ein bisschen sehr anmassend.

Wer denkt, dass der Mensch durch und durch strengstens determiniert ist, muss dafür was auf den Tisch legen.
Verbale Kartenspielereien reichen da nicht.

Agnost

#929:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:40
    —
Zitat:
Wenn wir doch alle streng und somit lückenlos und schmierölfrei durchdeterminiert sind, müssten du und Step doch eine reduktionistisch verifizierbare Formel anbieten können.


Allein die Tatsache das du glaubst man könnt eine Formel so mal eben "verifizieren" macht deine Forderung hier schlicht lächerlich (zumal wir hier von einer Formel reden, die eine Anwendbarkeit auf die Natur haben soll).

#930:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:44
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn wir doch alle streng und somit lückenlos und schmierölfrei durchdeterminiert sind, müssten du und Step doch eine reduktionistisch verifizierbare Formel anbieten können.


Allein die Tatsache das du glaubst man könnt eine Formel so mal eben "verifizieren" macht deine Forderung hier schlicht lächerlich (zumal wir hier von einer Formel reden, die eine Anwendbarkeit auf die Natur haben soll).


Das ist doch wieder mal ein billiges Rückzugsgefecht.

Entweder ist was durchdeterminiert und dann lässt sich auch eine Formel in die "richtige Richtung" vorantreiben, oder aber die strengen Deterministen sind eine intellektuelle Metaphysiker-Sekte die sich in Obskurantismus suhlt.

Agnost

#931:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:49
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Entweder ist was durchdeterminiert und dann lässt sich auch eine Formel in die "richtige Richtung" vorantreiben

Beweis, bitte!

#932:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:52
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn wir doch alle streng und somit lückenlos und schmierölfrei durchdeterminiert sind, müssten du und Step doch eine reduktionistisch verifizierbare Formel anbieten können.


Allein die Tatsache das du glaubst man könnt eine Formel so mal eben "verifizieren" macht deine Forderung hier schlicht lächerlich (zumal wir hier von einer Formel reden, die eine Anwendbarkeit auf die Natur haben soll).


Das ist doch wieder mal ein billiges Rückzugsgefecht.


Nein. Wie verifizierst Du denn so wat wie 'ne Formel deiner Meinung nach?

#933:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:53
    —
Zitat:
Das ist doch wieder mal ein billiges Rückzugsgefecht.


Wieso? Weil ich dich darauf aufmerksam mache, wie naiv die Verwendung des Begriffes der Verfikation in der Wissenschaft ist? Ich denke, du bist gar nicht in der Position das einzuschätzen.

Zitat:
Entweder ist was durchdeterminiert und dann lässt sich auch eine Formel in die "richtige Richtung" vorantreiben, oder aber die strengen Deterministen sind eine intellektuelle Metaphysiker-Sekte die sich in Obskurantismus suhlt.


Ja toll. Das Blöde ist nur, dass solange der notwendige Zuzsammenhang zwischen "nicht-Detiminiertheit" und "Willensfreiheit" (in allem was daraus angeblich folgern soll) von Seiten, der Willensfreiheitsvertreter nicht aufgezeigt werden kann, die "Gegenseite" rein gar nichts muss.

Und das step nicht an einen Zufall glaubt, habe ich so exakt noch nicht von ihm gelesen.

#934:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:54
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Entweder ist was durchdeterminiert und dann lässt sich auch eine Formel in die "richtige Richtung" vorantreiben

Beweis, bitte!


Nein Wolf, den Beweis muss ich nicht bringen, denn ich postuliere die totale Determiniertheit nicht.

Mit der "totalen Determiniertheit" ist es wie mit Gott, man muss die Existenz beweisen.

Agnost

#935:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 17:57
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Entweder ist was durchdeterminiert und dann lässt sich auch eine Formel in die "richtige Richtung" vorantreiben

Beweis, bitte!


Nein Wolf, den Beweis muss ich nicht bringen, denn ich postuliere die totale Determiniertheit nicht.

Du sollst auch nicht die Determiniertheit beweisen.
Sondern dass aus der Determiniertheit die (praktische) Berechenbarkeit folgt.

#936: Die alte Glaubenswelt unserer All-Deterministen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 18:11
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Entweder ist was durchdeterminiert und dann lässt sich auch eine Formel in die "richtige Richtung" vorantreiben

Beweis, bitte!


Nein Wolf, den Beweis muss ich nicht bringen, denn ich postuliere die totale Determiniertheit nicht.

Du sollst auch nicht die Determiniertheit beweisen.
Sondern dass aus der Determiniertheit die (praktische) Berechenbarkeit folgt.


In der Suche nach einer Weltformel kommt genau dieser Glaube nach der prinzipiellen (- ob praktisch oder nicht, sei mal dahin gestellt -) Berechenbarkeit aller Vorgänge bis in alle Ewigkeit zum Ausdruck. Und diese prinzipielle Berechenbarkeit von allem muss den Determinismus voraus setzen.

Jedoch ist diese Voraussetzung eben nicht mehr als eine Voraussetzung oder ein Glaube oder ein Mythos wie immer man das nennen will.

Auf jeden Fall etwas vorwissenschaftliches ...-!

Skeptiker

#937: Re: Der Geist oder gute/böse Geister als Urgrund des Willens? Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 18:17
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:


Die Stelle, wo du das erläutert hast, muss ich wohl überlesen haben.


Ja, wahrscheinlich. Du scheinst mir sowieso mehr als oberflächlich und darüber hinaus etwas ...- äh -... unbelesen zu sein.


Du bist sicher nicht der Richtige, um ein solches Urteil zu fällen, dafür sind deine eigenen Ausführungen zu dünn...
Außer Dünnbrettbohren hast du doch auch nix zu bieten...

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Nein, völliger Unsinn, was Du da erzählst. Das sage ich nicht.

Ich spreche von materiellen Bedingungen, nicht von einem "materiellen Träger".


Dann werde doch mal konkret und benenne die "materiellen" Bedingungen" genau...
Und warum sollen diese "materiellen Bedingungen" echte Freiheit ermöglichen?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Letzten Endes - um es mal zusammen zu fassen - laufen sowohl der idealistische freie Wille als auch der physikalische All-Determinismus auf eine deterministische Betrachtung menschlichen Handelns hinaus. Denn auch ein idealistischer freier Wille, der nicht durch materielle Bedingungen bedingt ist, sondern, bei dem der menschliche Geist sich selbst bedingt, ist eben von dem Prinzip eben dieses Geistes abhängig. Steht dieser Geist gar für den bösen Geist des Satans wird daraus eine implizit deterministische Schiene, im Endeffekt so, als würde die Newton'sche Physik als Weltformel wirken.


Abstrus. Ich entnehme hieraus, dass dir deine offenkundige Nähe zum Idealismus offenbar peinlich ist. Da werden Idealisten mal kurzerhand zu Deterministen umdefiniert. Und Augustinus zum "Vater der modernen Naturwissenschaft" (wie abwegig)...
In einer Philo-Prüfung wärst du damit glatt durchgefallen.

Heiner hat folgendes geschrieben:

Der "Gesetzemacher" ist Gott vielleicht im Deismus, der erst eine jüngere Erscheinung ist... Im älteren Gottesglauben kommen die Naturgesetze noch nicht in Konflikt mit dem freien Willen Gottes... Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften wurde dann der Gottesglaube zunehmend in die Defensive gedrängt, da sich Naturgesetze und göttliche Willkür schlecht miteinander vertragen.


Zitat:
Bei solchen Leuten wie Hoimar v. Ditfurth schon. Wenn "Gott" die Naturkonstanten machte, dann vereinbart sich das harmonisch.


Hoimar von Ditfurth war Deist und kein traditioneller Theist. So bestritt er die Möglichkeit von "Wundern". Damit ist die göttliche Willkür gerade ausgeschaltet:

Zitat:
H. von Ditfurth
Wenn mythologische Aussagen aber auf ihren bloßen Wortsinn reduziert werden, dann gerinnen sie … zum Aberglauben. Wir können … nicht in Abrede stellen, dass wir dieser Gefahr schon weitgehend erlegen sind. Von der anschaulich vorgestellten Himmelfahrt Christi, … von dem Glauben an angeblich historisch verbürgte Fälle des Außer-Kraft-Setzens von Naturgesetzen (als vermeintlich einzig überzeugende Beweise für die Existenz göttlicher Macht) … - die Möglichkeiten, den Gehalt alter Texte auf diese oder ähnliche Weise abergläubig misszuverstehen, sind allgegenwärtig. … Da sind dann allerdings Kollisionen mit der Naturwissenschaft ganz unausbleiblich. Denn in sämtlichen Fällen werden Zusammenhänge unterstellt, die allem widersprechen, was wir heute über die Natur und ihre Gesetze wissen.


Du verstehst nicht ein Wort.

Skeptiker

#938:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 18:18
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn wir doch alle streng und somit lückenlos und schmierölfrei durchdeterminiert sind, müssten du und Step doch eine reduktionistisch verifizierbare Formel anbieten können.

Neben der Tatsache, daß Determiniertheit keine Berechenbarkeit erzwingt (auf diesen Fehler wurdest Du ja schon mehrfach hingewiesen), ist die "Beweislage" ja gar nicht so schlecht:

Bekannte Elementarteilchen genügen der Schrödingergleichung.
Das Gehirn besteht aus bekannten Elementarteilchen.
Im Gehirn geht es weitestgehend dekohärent zu.
Daher sind die Abläufe im Gehirn im wesentlichen determiniert.

Man kann das - mit sehr gutem Faktenbeleg - als gültig bezeichnen, ohne genau zu wissen, wie Bewußtsein funktioniert. Wenn Du das nicht akzeptierst, mußt Du beweisen, daß eine der obigen Aussagen falsch ist.

#939: Re: Die alte Glaubenswelt unserer All-Deterministen Autor: Kival BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 18:20
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

In der Suche nach einer Weltformel kommt genau dieser Glaube nach der prinzipiellen (- ob praktisch oder nicht, sei mal dahin gestellt -) Berechenbarkeit aller Vorgänge bis in alle Ewigkeit zum Ausdruck. Und diese prinzipielle Berechenbarkeit von allem muss den Determinismus voraus setzen.


Eine Weltformel könnte auch indeterministisch sein.

#940: Re: Die alte Glaubenswelt unserer All-Deterministen Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 18:23
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

In der Suche nach einer Weltformel kommt genau dieser Glaube nach der prinzipiellen (- ob praktisch oder nicht, sei mal dahin gestellt -) Berechenbarkeit aller Vorgänge bis in alle Ewigkeit zum Ausdruck. Und diese prinzipielle Berechenbarkeit von allem muss den Determinismus voraus setzen.

Jedoch ist diese Voraussetzung eben nicht mehr als eine Voraussetzung oder ein Glaube oder ein Mythos wie immer man das nennen will.

Auf jeden Fall etwas vorwissenschaftliches ...-!
Ja sowie das Vorhandsein von Planetenbahnen etwas vorwissenschaftliches ist, und eine notwendige Vorraussetzung für eine Formel zur Berechnung von Planetenbahnen ist.
Allerdings bedingen Planetenbahnen an sich noch keine Berechenbarkeit, ebenso bedingt eine Determiniertheit noch keine Weltformel.

#941: Voraus-Setzungen sind Setzungen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 20:32
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Wenn wir doch alle streng und somit lückenlos und schmierölfrei durchdeterminiert sind, müssten du und Step doch eine reduktionistisch verifizierbare Formel anbieten können.

Neben der Tatsache, daß Determiniertheit keine Berechenbarkeit erzwingt (auf diesen Fehler wurdest Du ja schon mehrfach hingewiesen), ist die "Beweislage" ja gar nicht so schlecht:

Bekannte Elementarteilchen genügen der Schrödingergleichung.


von der es verschiedene Interpretationen gibt.

step hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn besteht aus bekannten Elementarteilchen.


Ah ja. Und was folgt daraus? Dass auch sie gehorsam sind der Schrödingergleichung? Nach welcher Interpola ... äh ... Interpretation?

step hat folgendes geschrieben:
Im Gehirn geht es weitestgehend dekohärent zu.


Wenn Du meinst.

step hat folgendes geschrieben:
Daher sind die Abläufe im Gehirn im wesentlichen determiniert.


Na, das geht jetzt aber ein bisschen hoppladihop.

step hat folgendes geschrieben:
Man kann das - mit sehr gutem Faktenbeleg - als gültig bezeichnen, ohne genau zu wissen, wie Bewußtsein funktioniert. Wenn Du das nicht akzeptierst, mußt Du beweisen, daß eine der obigen Aussagen falsch ist.


Man sollte lieber mal beweisen, dass alle zusammen etwas miteinander zu tun haben, Du Blitzmerker Du.

Skeptiker

#942: Re: Die alte Glaubenswelt unserer All-Deterministen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 20:39
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

In der Suche nach einer Weltformel kommt genau dieser Glaube nach der prinzipiellen (- ob praktisch oder nicht, sei mal dahin gestellt -) Berechenbarkeit aller Vorgänge bis in alle Ewigkeit zum Ausdruck. Und diese prinzipielle Berechenbarkeit von allem muss den Determinismus voraus setzen.


Eine Weltformel könnte auch indeterministisch sein.


Meinetwegen. Etwa so wie die Schrödingergleichung gemäß Bohr und Heisenberg.

Damit hätte man den Determinismus erledigt.

Ansonsten ist die Idee einer Weltformel blanker Unsinn.

Skeptiker

#943: Re: Voraus-Setzungen sind Setzungen Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 20:50
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn besteht aus bekannten Elementarteilchen.
Ah ja. Und was folgt daraus? Dass auch sie gehorsam sind der Schrödingergleichung? Nach welcher Interpola ... äh ... Interpretation?

Nach jeder.

#944: Vor-Wissenschaft Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 20:52
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

In der Suche nach einer Weltformel kommt genau dieser Glaube nach der prinzipiellen (- ob praktisch oder nicht, sei mal dahin gestellt -) Berechenbarkeit aller Vorgänge bis in alle Ewigkeit zum Ausdruck. Und diese prinzipielle Berechenbarkeit von allem muss den Determinismus voraus setzen.
Jedoch ist diese Voraussetzung eben nicht mehr als eine Voraussetzung oder ein Glaube oder ein Mythos wie immer man das nennen will.
Auf jeden Fall etwas vorwissenschaftliches ...-!

Ja sowie das Vorhandsein von Planetenbahnen etwas vorwissenschaftliches ist, und eine notwendige Vorraussetzung für eine Formel zur Berechnung von Planetenbahnen ist.


"Voraussetzung" meine ich hier im Sinne von logischer und nicht ontologischer Voraussetzung.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Allerdings bedingen Planetenbahnen an sich noch keine Berechenbarkeit, ebenso bedingt eine Determiniertheit noch keine Weltformel.


Das sah Augustinus genau so. Der brauchte auch keine Weltformel und kam trotzdem zur Annahme der Determiniertheit des Menschen.

"Der Mensch denkt, "Gott" bzw. "das Gesetz" lenkt."

Das ist die selbe Struktur. Und beides ist reine Metaphysik, reine Vor-Wissenschaft. Beides ist nicht begründet. Zwar wird hier groß "die Physik" ins Spiel gebracht. Bei genauerem Hinsehen handelt es sich jedoch um eine bestimmte Philosophie, sonst nix. Und dabei bleibt es.

Physiker, bleib bei deinen Leisten.

Skeptiker

#945: Re: Voraus-Setzungen sind Setzungen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 20:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn besteht aus bekannten Elementarteilchen.
Ah ja. Und was folgt daraus? Dass auch sie gehorsam sind der Schrödingergleichung? Nach welcher Interpola ... äh ... Interpretation?

Nach jeder.


Scheint etwas umstritten zu sein.

Skeptiker

#946:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 20:58
    —
Zitat:
Scheint etwas umstritten zu sein.


Mal schauen ob's noch so ist, wenn dich jemand erschießt. Mr. Green

Zitat:
Das sah Augustinus genau so.


Mal ne Frage. Hast du Augustinus eigentlich gelesen? Oder kennst du ihn nur durch den Rot-Filter?

Zitat:
Das ist die selbe Struktur.


Auch wenn ich immernoch nach einer logischen Begründung für "Indetermination = Willensfreiheit + Schuld + Verwantwortung" warte: Nein das ist sie nicht und selbst wenn's so wäre, dann hättest du nur einen Strohmann produziert. Im Hinterkopf eines Gottgläubigen Deterministen hängt immernoch ein "Soll" Zustand, dass ist bei einem sekulären Deterministen nicht so. Und das ist ein gewaltiger Unterschied, auch wenn du ihn nicht sehen willst/kannst. Mit dem Determinismus kann an sich keine Tyrannei, Obrigkeit, Gefügigkeit bez. Religion oder Staat begründet werden, auch wenn du angestrengt versucht hier irgendwelche Verbinungen aufzuzeigen.

#947: Re: Vor-Wissenschaft Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 06.05.2008, 22:00
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Ja sowie das Vorhandsein von Planetenbahnen etwas vorwissenschaftliches ist, und eine notwendige Vorraussetzung für eine Formel zur Berechnung von Planetenbahnen ist.

"Voraussetzung" meine ich hier im Sinne von logischer und nicht ontologischer Voraussetzung.
Die Existenz ist eine logische Vorraussetzung zur Berechenbarkeit.
Zitat:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Allerdings bedingen Planetenbahnen an sich noch keine Berechenbarkeit, ebenso bedingt eine Determiniertheit noch keine Weltformel.

Das sah Augustinus genau so.
Siehst du es nicht so? Hältst du Determiniertheit(zumindest bis zu einem gewissen Grade) nicht notwendig für eine Berechenbarkeit? Oder siehst du Determiniertheit als hinreichend für Berechenbarkeit?
Zitat:

Der brauchte auch keine Weltformel und kam trotzdem zur Annahme der Determiniertheit des Menschen.
Ja und? Was willst du mir damit sagen?
Ich habe nur das Argument: keine Weltformel, keine Determiniertheit entkräftet mehr nicht.
Zitat:

Das ist die selbe Struktur. Und beides ist reine Metaphysik, reine Vor-Wissenschaft.
Naja. Wie meinst du dies?
Mir scheinen viele Sachen als hinreichend deterministisch verifiziert. (So etwa dass ich wenn ich aus dem Fenster springe nach unten falle.)
Dies ist bereits keine Vorwissenschaft mehr. Der Determinismus (bei diesen Sachen) ist eine gute Erklärung, warum unsere Erwartungen und Formeln so gut erfüllt werden.
Es handelt sich hierbei um keinen vorwissenschaftlichen Determinismus.
Ob alles deterministisch ist, ist natürlich eine andere Frage.

#948:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 01:17
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:

Im Hinterkopf eines Gottgläubigen Deterministen hängt immernoch ein "Soll" Zustand, dass ist bei einem sekulären Deterministen nicht so. Und das ist ein gewaltiger Unterschied, auch wenn du ihn nicht sehen willst/kannst. Mit dem Determinismus kann an sich keine Tyrannei, Obrigkeit, Gefügigkeit bez. Religion oder Staat begründet werden, auch wenn du angestrengt versucht hier irgendwelche Verbinungen aufzuzeigen.


Das ist doch absolut unlogisch, ist das menschliche Denken strengstens determiniert, muss sich aus der Determinierung Tyrannei, Obrigkeit, Gefügigkeit, Reliogion und Staat begründen lassen.

Agnost

#949: Re: Vor-Wissenschaft Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 07:37
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:


Mir scheinen viele Sachen als hinreichend deterministisch verifiziert. (So etwa dass ich wenn ich aus dem Fenster springe nach unten falle.)
Dies ist bereits keine Vorwissenschaft mehr. Der Determinismus (bei diesen Sachen) ist eine gute Erklärung, warum unsere Erwartungen und Formeln so gut erfüllt werden.
Es handelt sich hierbei um keinen vorwissenschaftlichen Determinismus.
Ob alles deterministisch ist, ist natürlich eine andere Frage.


Korrekt. Ohne Determiniertheit wäre Wissenschaft gar nicht möglich.
In einem nichtdeterministischen Universum, in dem göttliche Willkür herrscht, ließen sich keine wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge beschreiben.

#950: Re: Vor-Wissenschaft Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 08:24
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:


Mir scheinen viele Sachen als hinreichend deterministisch verifiziert. (So etwa dass ich wenn ich aus dem Fenster springe nach unten falle.)
Dies ist bereits keine Vorwissenschaft mehr. Der Determinismus (bei diesen Sachen) ist eine gute Erklärung, warum unsere Erwartungen und Formeln so gut erfüllt werden.
Es handelt sich hierbei um keinen vorwissenschaftlichen Determinismus.
Ob alles deterministisch ist, ist natürlich eine andere Frage.


Korrekt. Ohne Determiniertheit wäre Wissenschaft gar nicht möglich.
In einem nichtdeterministischen Universum, in dem göttliche Willkür herrscht, ließen sich keine wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge beschreiben.


Komm doch mal von deinem lieben Gott runter.

Versuch endlich mal zu erklären wie die Formel für die "totale Determiniertheit" unseres Denkens aussehen könnte.

Wenn wir nämlich noch nicht mal einen "bedingt Freien Willen" haben, sollte es mit reduktionistischen Mitteln schon seit einigen Jahrzehnten möglich sein zumindest darzustellen, wie der Beweis ungefähr aussehen könnte.

Fakt ist, dass keine eurer Behauptungen ausschliessen kann, dass ich jeden Tag von neuem die Wahl habe, mit der Tramlinie 2 oder zuerst mit dem Bus 78 und mehrern S-Bahnlinien bis zum Bellevue in Zürich zu fahren. (Bus 67 und dann Tramline 9 ginge auch.)
Ich habe fast alle möglichen und sinnvollen Varianten schon gewählt. Ich hab zwar Präferenzen, aber meistens ist keine der Varianten für mich zwingend.
Es sind verschiedene aber eben gemäss Bieri keine "ganz verschiedenen" Möglichkeiten.
Da das Hirn keine "harte" und "starre" Maschine ist, sondern ein sich selbst formatierendes "weiches" und "flexibles" System ist, dass im Gegensatz zu Computern auch mit "ungefähren" und "unpräzisen" Informationen arbeiten kann, ist schlicht nicht ausschliessbar, dass es sich bis zur letztlichen Entscheidung mehrfach "umentscheiden" kann.

Agnost

#951: Re: Vor-Wissenschaft Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 08:45
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
[...]
Es sind verschiedene aber eben gemäss Bieri keine "ganz verschiedenen" Möglichkeiten.
Da das Hirn keine "harte" und "starre" Maschine ist, sondern ein sich selbst formatierendes "weiches" und "flexibles" System ist, dass im Gegensatz zu Computern auch mit "ungefähren" und "unpräzisen" Informationen arbeiten kann, ist schlicht nicht ausschliessbar, dass es sich bis zur letztlichen Entscheidung mehrfach "umentscheiden" kann.
Ich klinke mich hier wieder ein. Da bin ich wieder völlig mit Dir einig!

#952:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 09:27
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Das ist doch absolut unlogisch, ist das menschliche Denken strengstens determiniert, muss sich aus der Determinierung Tyrannei, Obrigkeit, Gefügigkeit, Reliogion und Staat begründen lassen.

Verwechsle eine Begründung nicht mit einer Erklärung.

#953:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 13:08
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Quelle von Willensentscheidungen liegt - experimentell nachweisbar - im Unbewussten. Also ist der aus dem Unbewussten resultierende Wille nicht an Bewusstsein gebunden.

Was ist der Unterschied zwischen einer "Willensentscheidung" und einer "Entscheidung"? Ist exakt dasselbe, nicht wahr? Also behauptest Du hier genau genommen, dass eine Entscheidung nicht an das Bewusstsein gebunden sei, oder?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Um es vielleicht noch einmal am Beispiel deutlich zu machen: Der Unterschied zwischen einem Schlafwandler, der nachts zum Kühlschrank geht und sich ein Glas Milch einschenkt, und einer wachen Person, die das Gleiche tut, ist nicht, dass die schlafwandelnde Person diese Handlung nicht wollte, die wache Person aber schon. Der Unterschied ist lediglich, dass der Schlafwandler seinen Willen nicht bewusst wahrnahm, während das bei der wachen Person der Fall war.

Also, wenn ich das richtig verstehe: der Wille ist etwas, das eine Person steuert und er liegt völlig außerhalb der bewussten Kontrolle der Person. Richtig?

Was ist dann der Unterschied zwischen einer zwangsgestörten Person und einer nicht zwangsgestörten Person? Dass die Erstere die wahre Realität viel besser erkennt als die Zweitere, nämlich dass wir bewusst gar nichts bewirken können, sondern nur an den Fäden eines geheimnisvollen "Willens" hängen?

Das Bewusstsein muss man sich also dann als reinen Beobachter vorstellen, der immer nur ohnmächtig zuschaut, was der Wille als nächstes entscheiden wird, nicht? Das Bewusstsein wäre demnach ein Epiphänomen, d.h.: ein auswirkungsloser, also nutzloser und verzichtbarer Zusatzeffekt des Willens.

Wenn es das Bewusstsein nicht gäbe, würde das, wenn es keinerlei Auswirkungen hat, demnach logischerweise absolut keinerlei Auswirkungen auf unsere Lebenstüchtigkeit und auch nicht auf unsere Geschichte haben. Nicht wahr?

#954: Kritiker erschießen? Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 13:36
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Scheint etwas umstritten zu sein.

Mal schauen ob's noch so ist, wenn dich jemand erschießt. Mr. Green


Das wird nichts ändern. Die Wahrheit setzt sich trotzdem durch. Cool

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das sah Augustinus genau so.

Mal ne Frage. Hast du Augustinus eigentlich gelesen? Oder kennst du ihn nur durch den Rot-Filter?


Ich kenne Sätze von Augustinus aus einigen Vorlesungen in 2 Semestern Philosophie. Kann mich daran aber nicht mehr erinnern und habe deshalb noch mal einiges quer gelesen.

Die Fähigkeit des schnellen und verständigen Quer-Lesen-Könnens ist eine wichtige Fähigkeit in der heutigen schweren Zeit der Informations-Überflutungs-Wellenfunktionen.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist die selbe Struktur.

Auch wenn ich immernoch nach einer logischen Begründung für "Indetermination = Willensfreiheit + Schuld + Verwantwortung" warte: Nein das ist sie nicht ...


So eine Begründung müssen Dir die geben, die so eine "Gleichung" aufstellen.

Schuld und Verantwortung begründe ich aus menschlichem Erkenntnisvermögen und Erfahrungswissen.

Aus einem blinden Indeterminismus folgt noch nicht besonders viel.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
... und selbst wenn's so wäre, dann hättest du nur einen Strohmann produziert. Im Hinterkopf eines Gottgläubigen Deterministen hängt immernoch ein "Soll" Zustand, dass ist bei einem sekulären Deterministen nicht so. Und das ist ein gewaltiger Unterschied, auch wenn du ihn nicht sehen willst/kannst.


Also. Jetzt muss ich mal erklären, worauf ich überhaupt hinaus will:

Meiner Ansicht nach steht die Annahme eines Schicksals, einer Prädestination und/oder eines Determinismus immer am Anfang.

Dann gab es im Laufe der menschlichen Geschichte verschiedene Begründungsversuche der Vorsehung:

- die religiöse mit Göttern, Geistern, Teufeln, Engeln und Dämonen.
- die biologistische/sozialdarwinistische
- die neurobiologischen Empirien, unterfüttert vom radikalen Konstruktivismus
- nun die physikalistisch-reduktionistische Theorie, die sich an die Quantenmechanik hängt und den Menschen für einen Schachcomputer hält.

Hinreichend oder auch nur wissenschaftlich ist dies alles nicht.

Gemeinsam ist aber all diesen philosophischen Versuchen, eine über allem stehende absolute Notwendigkeit zu deklarieren.

Wirklich wissenschaftliche Ansätze finden sich dagegen woanders. Siehe die Ausführungen und Hinweise von Agnost, Erwin, Robbe Pierre und last but not least anderen Teilnehmern.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Mit dem Determinismus kann an sich keine Tyrannei, Obrigkeit, Gefügigkeit bez. Religion oder Staat begründet werden, auch wenn du angestrengt versucht hier irgendwelche Verbinungen aufzuzeigen.


Wenn man Luther oder den Faschisten Nicolai nimmt, ist Deine Aussage geradezu krachend wiederlegt.

Also nimm endlich mal die Realität zu Kenntnis.

auch der religöse und idealistische "freie Wille" läuft - wie ich gezeigt habe - auf eine Gebundenheit an determiniert agierende Geisteswesen hinaus, selbst wenn davor eine 1-0-Entscheidung für Gut und Böse gestanden haben soll.

Etwas qualitativ völlig anderes ist dagegen das dialektische Verständnis einer Bedingtheit des Bewusstseins nicht einfach nur durch die Physiologie, sondern auch durch langfristige Lebens- und Entwicklungsbedingungen von Menschen, von Individuen.

Ich finde, nicht nur Roth & co. sind mit ihren Experimenten am philosohischen Wunschziel gescheitert. Der ganze Sachverhalt ist zu komplex und wichtig, um ihn solchen Schmalspurtheoretikern zu überlassen.

Skeptiker

#955: Re: Vor-Wissenschaft Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 13:56
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:

Ja sowie das Vorhandsein von Planetenbahnen etwas vorwissenschaftliches ist, und eine notwendige Vorraussetzung für eine Formel zur Berechnung von Planetenbahnen ist.

"Voraussetzung" meine ich hier im Sinne von logischer und nicht ontologischer Voraussetzung.

Die Existenz ist eine logische Vorraussetzung zur Berechenbarkeit.


1. Nein, Existenz ist keine voraussetzung für Berechenbarkeit. Auch Fantasieobjekte lassen sich berechnen.

2. Ich sprach in der Tat von Existenz und nicht von der Vorstellung von Existenz im Hinblick auf den Determinismus.

3. Im Praktischen Sinne müssen wir die objektiv und nicht bloß vorgestellte Existenz voraus setzen, etwa bei der Entwicklung von Technologien.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Allerdings bedingen Planetenbahnen an sich noch keine Berechenbarkeit, ebenso bedingt eine Determiniertheit noch keine Weltformel.

Das sah Augustinus genau so.

Siehst du es nicht so? Hältst du Determiniertheit(zumindest bis zu einem gewissen Grade) nicht notwendig für eine Berechenbarkeit? Oder siehst du Determiniertheit als hinreichend für Berechenbarkeit?


Ich halte Berechenbarkeit in Bezug auf die ganze Welt für ein falsches Paradigma. Wir können nicht alle zukünftigen Gesetzmäßigkeiten aus noch zukünftig entstehenden Strukturen kennen, denn sie existieren noch nicht, sind besten Falls als Potenzial in Unterstrukturen enthalten.

Was wir brauchen, sind qualitative Beziehungs- und Bewegungsgesetze, mit denen man Entwicklungstendenzen ergänzend zu exakten Teilberechnungen annähernd wiedergeben kann.

Wissenschaft ist mehr. Alles andere ist zu wenig.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Der brauchte auch keine Weltformel und kam trotzdem zur Annahme der Determiniertheit des Menschen.

Ja und? Was willst du mir damit sagen? Ich habe nur das Argument: keine Weltformel, keine Determiniertheit entkräftet mehr nicht.


Das brauchst Du nicht zu entkräften. Hier stimmen wir überein.

Wenn es eine All-Determination gäbe und keine Weltformel, die dies fassen könnte, wäre die Existenz ersterer dennoch möglich.

Wolf hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist die selbe Struktur. Und beides ist reine Metaphysik, reine Vor-Wissenschaft.

Naja. Wie meinst du dies?
Mir scheinen viele Sachen als hinreichend deterministisch verifiziert. (So etwa dass ich wenn ich aus dem Fenster springe nach unten falle.)
Dies ist bereits keine Vorwissenschaft mehr. Der Determinismus (bei diesen Sachen) ist eine gute Erklärung, warum unsere Erwartungen und Formeln so gut erfüllt werden.
Es handelt sich hierbei um keinen vorwissenschaftlichen Determinismus.
Ob alles deterministisch ist, ist natürlich eine andere Frage.


Stimme ich zu. Es gibt Dinge, die determiniert zu sein scheinen. Das habe ich oben ja auch geschrieben. An Heiner. Der das gar nicht mit bekommen hat.

Skeptiker

#956: Re: Vor-Wissenschaft Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 15:45
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
1. Nein, Existenz ist keine voraussetzung für Berechenbarkeit. Auch Fantasieobjekte lassen sich berechnen.
Wahrscheinlich lassen sich nur Fantasieobjekte berechnen! Alle Berechnungen beruhen doch auf vereinfachenden Annahmen!

#957: Re: Vor-Wissenschaft Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 15:54
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
1. Nein, Existenz ist keine voraussetzung für Berechenbarkeit. Auch Fantasieobjekte lassen sich berechnen.
Wahrscheinlich lassen sich nur Fantasieobjekte berechnen! Alle Berechnungen beruhen doch auf vereinfachenden Annahmen!


Hier leiten dich wohl deine Phantasmen etwas fehl

#958: Re: Vor-Wissenschaft Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 16:41
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
1. Nein, Existenz ist keine voraussetzung für Berechenbarkeit. Auch Fantasieobjekte lassen sich berechnen.
So wie denn?
Beispiel?
Zitat:
Ich halte Berechenbarkeit in Bezug auf die ganze Welt für ein falsches Paradigma. Wir können nicht alle zukünftigen Gesetzmäßigkeiten aus noch zukünftig entstehenden Strukturen kennen, denn sie existieren noch nicht, sind besten Falls als Potenzial in Unterstrukturen enthalten.
Sprichst du das Induktionsproblem an? Das gilt genauso für dafür, dass ich nach unten falle wenn ich aus dem Fenster springe.
Ich kann in deinem Sinn nicht wissen, ob ich wenn ich aus dem Fenster springe, nach unten falle.
Zitat:

Was wir brauchen, sind qualitative Beziehungs- und Bewegungsgesetze, mit denen man Entwicklungstendenzen ergänzend zu exakten Teilberechnungen annähernd wiedergeben kann.
Wobe exakte Berechnungen doch schöner wären, als bloße Entwicklungstendenzen und auch für diese Tendenzen gilt das von dir angesprochene Induktionsporblem. Wir können nicht von den heutigen Tendenzen auf eine zukünftige (logisch) schließen.
Zitat:

Wissenschaft ist mehr. Alles andere ist zu wenig.
Coca Cola ist mehr. Pepsi ist zu wenig.
Zitat:
Das brauchst Du nicht zu entkräften. Hier stimmen wir überein.

Wenn es eine All-Determination gäbe und keine Weltformel, die dies fassen könnte, wäre die Existenz ersterer dennoch möglich.
Gut.
Zitat:

Stimme ich zu. Es gibt Dinge, die determiniert zu sein scheinen. Das habe ich oben ja auch geschrieben. An Heiner. Der das gar nicht mit bekommen hat.
Ausgezeichnet.

#959: Re: Vor-Wissenschaft Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 16:43
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
1. Nein, Existenz ist keine voraussetzung für Berechenbarkeit. Auch Fantasieobjekte lassen sich berechnen.
Wahrscheinlich lassen sich nur Fantasieobjekte berechnen!

Mehr oder minder ist es so. Allerdings müssen diese Fantasieobjekte in dem Formalismus in den man rechnet existieren.

#960: Re: Vor-Wissenschaft Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 18:23
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
1. Nein, Existenz ist keine voraussetzung für Berechenbarkeit. Auch Fantasieobjekte lassen sich berechnen.
Wahrscheinlich lassen sich nur Fantasieobjekte berechnen!

Mehr oder minder ist es so. Allerdings müssen diese Fantasieobjekte in dem Formalismus in den man rechnet existieren.
Ich kann nur sagen: Alles denkbare ist real...

Im Ernst: Mathematik ist ja eine Erfindung des Menschen und nicht eine "gottgegebene" Wahrheit. Sobald man rechnet, befindet man sich in einer Fantasiewelt. Wenn man das Problem geschickt genug definiert und auch geschickt genug damit mathematisch umgeht, so kann diese Fantasieoperation durchaus etwas mit "handfesten" Objekten zu tun haben.

#961: der mensch hat einen freien willen Autor: charon1Wohnort: Basel BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 18:43
    —
"forscher widerlegen willensfreiheit" - das ist doch eine voreilige und falsche Schlussfolgerung! drittklassige mainstream-wissenschaft!
Die neuen bildgebenden Verfahren in der Neurobiologie sind zwar sehr interessant und eröffnen völlig neue Perspektiven, doch sollte man sie auch nicht überbewerten. Was haben sie schon zu bedeuten? Was können wir für Erkentnisse daraus gewinnen? Wenn wir mit dem Flugzeug eine Stadt überfliegen und helle Punkte sehen, so können wir ja auch nicht daraus schliessen, dass gerade dort "am meisten los" ist. Ês wäre eine oberflächliche Schlussfolgerung!
Dein Link ist tatsächlich nicht neu und geht sogar noch viel weiter zurück, bereits Thomas Hobbes bestritt die Willensfreiheit des Menschen. "der Mensch ist eine Maschiene"

Frage: Wenn ich nachher mit meiner Freundin essen gehe, soll ich dann der Bedienung im Restaurant sagen ich sei nicht fähig mich für eine Speisse zu entscheiden, da ich nämlich gar keinen eigenen Willen besitze? Soll ich der Bedienung sagen, dass ich warten würde bis mir "jemand" die Entscheidung abnimmt? Ist es nicht so, dass ich durch die Verweigerung meines freien Willens gerade dadurch dem freien Willen Ausdruck verschaffe?

#962: Re: der mensch hat einen freien willen Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 18:49
    —
charon1 hat folgendes geschrieben:
[...]
Ist es nicht so, dass ich durch die Verweigerung meines freien Willens gerade dadurch dem freien Willen Ausdruck verschaffe?
Genau! Das wurde hier auch immer ausgeklammert! Ich kann auch entscheiden, nicht zu entscheiden!

Auch mit dem Rest Deines Beitrages triffst Du den Nagel auf den Kopf...

#963: Re: der mensch hat einen freien willen Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 19:43
    —
charon1 hat folgendes geschrieben:
"forscher widerlegen willensfreiheit" - das ist doch eine voreilige und falsche Schlussfolgerung!

Es wurde ja hier auch schon klargestellt, daß das Experiment nicht die Freiheit des Willens widerlegt, sondern die Unbewußtheit der Entscheidung entgegen der Intuition zeigt.

charon1 hat folgendes geschrieben:
Frage: Wenn ich nachher mit meiner Freundin essen gehe, soll ich dann der Bedienung im Restaurant sagen ich sei nicht fähig mich für eine Speisse zu entscheiden, da ich nämlich gar keinen eigenen Willen besitze?

Du bist auch nicht gerade ein Freund der Genauigkeit, oder? Wer behauptet denn, daß der Mensch keinen Willen habe?

charon1 hat folgendes geschrieben:
Soll ich der Bedienung sagen, dass ich warten würde bis mir "jemand" die Entscheidung abnimmt?

Du wirst Ihr vermutlich ganz einfach das Essen nennen, auf das Du gerade am meisten Lust hast, oder was Dich sonst treibt.

charon1 hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht so, dass ich durch die Verweigerung meines freien Willens gerade dadurch dem freien Willen Ausdruck verschaffe?

Nein, dadurch zeigt sich, daß Deine Präferenzen gerade verhindern, daß Du Präferenzen äußerst.

Auch an Dich die Frage: Wie definierst Du "freier Wille"?
- Müssen in derselben Situation mehrere Möglichkeiten echt realisierbar sein?
- oder reicht es, wenn Du sie Dir vorstellen kannst?
- oder ...

#964: Re: Vor-Wissenschaft Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 19:44
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
1. Nein, Existenz ist keine voraussetzung für Berechenbarkeit. Auch Fantasieobjekte lassen sich berechnen.
Wahrscheinlich lassen sich nur Fantasieobjekte berechnen!

Mehr oder minder ist es so. Allerdings müssen diese Fantasieobjekte in dem Formalismus in den man rechnet existieren.
Ich kann nur sagen: Alles denkbare ist real...
Das halte ich für nicht sinnvoll.
Zitat:

Im Ernst: Mathematik ist ja eine Erfindung des Menschen und nicht eine "gottgegebene" Wahrheit.
Abgesehen von den natürlichen Zahlen, die hat der liebe Gott gemacht. zwinkern
Zitat:

Sobald man rechnet, befindet man sich in einer Fantasiewelt.
Ja, sehe ich ganz ähnlich.
Zitat:

Wenn man das Problem geschickt genug definiert und auch geschickt genug damit mathematisch umgeht, so kann diese Fantasieoperation durchaus etwas mit "handfesten" Objekten zu tun haben.
Ja. Aber Berechnen tut man Fantasieobjektie, die allerdings in unserer Fantasiewelt existieren müssen, wobei unsere Fantasiewelt ein Modell der wirklichen Welt (bzw Teilen davon) ist, wenn man etwas mit handfesten Objekten zu tun haben soll.

#965: Re: der mensch hat einen freien willen Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 19:51
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
charon1 hat folgendes geschrieben:
[...]
Ist es nicht so, dass ich durch die Verweigerung meines freien Willens gerade dadurch dem freien Willen Ausdruck verschaffe?
Genau! Das wurde hier auch immer ausgeklammert! Ich kann auch entscheiden, nicht zu entscheiden!

Das bringt uns nicht weiter.
Die Frage ist doch ob ich mich aus einem freien Willen heraus (nicht) entscheide oder ob ich aufgrund von Präferenzen mich (nicht) entscheide oder ich mich gar rein zufällig (nicht)entscheide.
Auch eine Entscheidung gegen eigenen Präferenzen bedingt keinen freien Willen, wenn andere stärkere Präferenzen diese Entscheidung verursachen.

#966:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 07.05.2008, 23:37
    —
Zitat:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Quelle von Willensentscheidungen liegt - experimentell nachweisbar - im Unbewussten. Also ist der aus dem Unbewussten resultierende Wille nicht an Bewusstsein gebunden.


Zitat:
Agent Provocateur
Was ist der Unterschied zwischen einer "Willensentscheidung" und einer "Entscheidung"? Ist exakt dasselbe, nicht wahr? Also behauptest Du hier genau genommen, dass eine Entscheidung nicht an das Bewusstsein gebunden sei, oder?


Ja, jedenfalls nicht zwingend. Obige Aussage war eine Replik auf die These, dass es ohne Bewusstsein keinen Willen geben könne. Darauf führte ich den Fall des Schlafwandelns an, um zu zeigen, dass Entscheidungen auch ganz ohne Bewusstseinsanteil ablaufen können. Selbstverständlich ließen sich noch zahlreiche weitere Fälle anführen (bspw. Routineentscheidungen beim Autofahren usw.). Die These ist damit widerlegt.

Zitat:


Also, wenn ich das richtig verstehe: der Wille ist etwas, das eine Person steuert

und er liegt völlig außerhalb der bewussten Kontrolle der Person. Richtig?


Das gilt jedenfalls für sämtliche Willensakte, in denen emotionale Anteile eine (entscheidende) Rolle spielen.
Der wesentliche Handlungsantrieb von Menschen ist es, Wohlbefinden zu suchen und Unbehagen zu vermeiden. Hiervon hängt der Wille entscheidend ab. Wenn du in einer Wahlsituation bist, wo du zwischen einer angenehmen und einer dir weniger angenehm erscheinenden Variante zu wählen hast, dann wirst du die angenehmere Variante wollen. Du kannst aber dann nicht bewusst „einen Schalter umlegen“, der dich die weniger angenehme Variante wollen lässt. (Übrigens sind hierzu Wahlsituationen, in denen es kurzfristig um In-Kaufnahme von Unlust geht, kein Gegenargument. Ein Student, der für eine Prüfung lernt und daher auf einen Kinobesuch verzichtet, tut dies deshalb, weil er die negativen Konsequenzen des Nichtlernens bedenkt. Er weiß, dass das Nichtlernen am Ende größere Unlust zur Folge hätte in Form schlecht oder nicht bestandener Prüfung. Insofern will er, wenn er sich fürs Lernen entscheidet, ebenfalls die ‚angenehmere‘ Variante, also die die, die mit seinen Präferenzen übereinstimmt.)

Eine andere Frage ist noch einmal, wie es mit Willensakten aussieht, in denen emotionale Anteile eine geringe oder keine Rolle spielen, dort, wo es um „kühl-rationale“ Entscheidungen geht. Naturgemäß ist hier das Bewusstsein dominant. Aber auch hier lässt sich nicht von einer Freiheit des Willens reden. Solche Entscheidungen folgen der Logik, und Logik ist deterministisch. (Von „einer bewussten Kontrolle des Willens“ kann man deshalb nicht reden, da die Logik „die Kontrolle“ ausübt, wenn man diese Formulierung denn unbedingt benutzen möchte.)

Zitat:

Was ist dann der Unterschied zwischen einer zwangsgestörten Person und einer nicht zwangsgestörten Person? Dass die Erstere die wahre Realität viel besser erkennt als die Zweitere, nämlich dass wir bewusst gar nichts bewirken können, sondern nur an den Fäden eines geheimnisvollen "Willens" hängen?



Der Wille ist nicht „geheimnisvoll“. Er ist deterministisch nachvollziehbar und erklärbar. Eine zwangsgestörte Person (wie bswp. auch ein Suchtkranker) muss besonders deutlich erleben, dass es nicht möglich ist, bewusst etwas anderes zu wollen als man will. Dass das bei nicht Zwanggestörten nicht so schmerzlich ins Bewusstsein dringt, liegt daran, dass dieser Umstand normalerweise bei der alltäglichen Lebenbewältigung keine Probleme bereitet; die Menschen erleben sich halt normalerweise im Einklang mit ihrem Willen.

Zum Rest äußere ich mich noch mal an anderer Stelle.

#967:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 00:33
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Quelle von Willensentscheidungen liegt - experimentell nachweisbar - im Unbewussten. [...]

Agent Provocateur hat folgendes geschrieben:
[...] Also behauptest Du hier genau genommen, dass eine Entscheidung nicht an das Bewusstsein gebunden sei, oder?

Ja, jedenfalls nicht zwingend. Obige Aussage war eine Replik auf die These, dass es ohne Bewusstsein keinen Willen geben könne.

Okay, dann habe ich das vielleicht falsch interpretiert. Ich hatte das so verstanden, als ob Du einen generellen Epiphänomenalismus vertreten würdest, ähnlich wie dieses hier:

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
In jüngster Zeit bestreiten renommierte Hirnforscher und Handlungspsychologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer die Existenz der menschlichen Willensfreiheit und stützen sich dabei auf neuere neurowissenschaftliche und handlungspsychologische Erkenntnisse der Hirnforschung. Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.

Die Frage hier wäre schlicht: werden nur die handlungsauslösenden Impulse von diesen unzugänglichen Hirnarealen gesteuert oder werden ebenso auch alle gedankenauslösenden Impulse von diesen Hirnarealen gesteuert und können also nach dieser Argumentation gleichfalls nicht kontrolliert werden? Wenn schon, denn schon. Und wenn Letzteres, dann ist das nun mal ein lupenreiner Epiphänomenalismus, mit allen Problemen, die dieser so mit sich bringt.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Agent Provocateur hat folgendes geschrieben:
Also, wenn ich das richtig verstehe: der Wille ist etwas, das eine Person steuert und er liegt völlig außerhalb der bewussten Kontrolle der Person. Richtig?

Das gilt jedenfalls für sämtliche Willensakte, in denen emotionale Anteile eine (entscheidende) Rolle spielen.
Der wesentliche Handlungsantrieb von Menschen ist es, Wohlbefinden zu suchen und Unbehagen zu vermeiden. Hiervon hängt der Wille entscheidend ab. Wenn du in einer Wahlsituation bist, wo du zwischen einer angenehmen und einer dir weniger angenehm erscheinenden Variante zu wählen hast, dann wirst du die angenehmere Variante wollen.
Du kannst aber dann nicht bewusst „einen Schalter umlegen“, der dich die weniger angenehme Variante wollen lässt. (Übrigens sind hierzu Wahlsituationen, in denen es kurzfristig um In-Kaufnahme von Unlust geht, kein Gegenargument. [...]

Naja, das halte ich für eine gewagte These, jedenfalls dann, wenn sie dazu dienen soll, generell das Verhalten von Menschen zu erklären. Und natürlich sind Beispiele, in denen gerade nicht das Wohlbefinden gewählt wird, geeignet, diese These zu widerlegen. Das wäre ja nicht nur der Student, der für eine Prüfung lernt, also eventuell nur sein momentanes Wohlbefinden für einen späteren Vorteil zurückstellt, das könnte zum Beispiel auch jemand sein, der unter Einsatz seines Lebens jemand anderen aus einem brennenden Haus rettet. Der sucht wohl kaum sein eigenes Wohlbefinden.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Eine andere Frage ist noch einmal, wie es mit Willensakten aussieht, in denen emotionale Anteile eine geringe oder keine Rolle spielen, dort, wo es um „kühl-rationale“ Entscheidungen geht. Naturgemäß ist hier das Bewusstsein dominant. Aber auch hier lässt sich nicht von einer Freiheit des Willens reden. Solche Entscheidungen folgen der Logik, und Logik ist deterministisch.

Wieso überhaupt sollte Determinismus Freiheit ausschließen? Kannst Du das begründen?

Heiner hat folgendes geschrieben:
(Von „einer bewussten Kontrolle des Willens“ kann man deshalb nicht reden, da die Logik „die Kontrolle“ ausübt, wenn man diese Formulierung denn unbedingt benutzen möchte.)

"Die Logik" ist ja wohl kaum eine von der Person unabhängige Entität, daher ist diese Formulierung Unsinn.

Oder meinst Du hier nur schlicht, dass man sich wegen bestimmter Gründe und deren Gewichtung für etwas bestimmtes entscheidet und etwas anderes verwirft? Wenn ja: wie auch sonst?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Agent Provocateur hat folgendes geschrieben:
Was ist dann der Unterschied zwischen einer zwangsgestörten Person und einer nicht zwangsgestörten Person? Dass die Erstere die wahre Realität viel besser erkennt als die Zweitere, nämlich dass wir bewusst gar nichts bewirken können, sondern nur an den Fäden eines geheimnisvollen "Willens" hängen?

Der Wille ist nicht „geheimnisvoll“. Er ist deterministisch nachvollziehbar und erklärbar. Eine zwangsgestörte Person (wie bswp. auch ein Suchtkranker) muss besonders deutlich erleben, dass es nicht möglich ist, bewusst etwas anderes zu wollen als man will. Dass das bei nicht Zwanggestörten nicht so schmerzlich ins Bewusstsein dringt, liegt daran, dass dieser Umstand normalerweise bei der alltäglichen Lebenbewältigung keine Probleme bereitet; die Menschen erleben sich halt normalerweise im Einklang mit ihrem Willen.

Aber der Wille ist immer als erstes da, man kann ihn nicht steuern / beeinflussen, sondern man kann sich nur entweder im Einklang damit fühlen oder nicht? Richtig?

#968: Re: Vor-Wissenschaft Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 01:22
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Abgesehen von den natürlichen Zahlen, die hat der liebe Gott gemacht. zwinkern
Nicht einmal die! Bis drei kann man angeboren zählen, ein paar vorverdrahtete (aus der Evolution entstandene) Konzepte für Addition und Subtraktion und Ordnen (bis drei!), was aber darüber hinaus geht ist schon menschliche Erfindung! Lies mal das Buch "Where Mathematics Comes From" von George Lakow und Rafael E. Núñez, Basic Books 2000, Zusammenfassung S. 94-96.

Edit:

In der Natur gibt es ja keine zwei völlig identische Objekte, die man "natürlich" abzählen kann. Plato hat zwar behauptet, dass es das Objekt "an sich" zuerst gebe, und erst dann seine Entsprechung in der Natur. Dass dies sicher nicht stimmt, wissen wir ja unterdessen. Man kann zwar Äpfel zählen, aber die Kategorie "Apfel" wurde erst mal vom Menschen kreiert. Kein Apfel ist identisch mit einem anderen. Apfel A plus Apfel B gibt in der Natur immer noch Äpfel A+B und nicht 2 Äpfel. Letzteres ist eine menschliche Abstraktion.

Vor rund 100 Jahren hat man nun entdeckt, dass es in der Natur tatsächlich identische, ununterscheidbare Objekte gibt: Die Elementarteilchen. Elektron A kann vom Elektron B nicht unterschieden werden. Elektronen kann man somit zählen? Richard P. Feynman vermutet dann aber, dass nicht einmal das stimmen muss: Vielleicht sehen wir dassselbe Elektron (und Antielektron - das Positron, welches ein in der Zeit rückwärts "wanderndes" Elektron sei) ständig immer wieder, indem es in der Zeit vor- und zurückwandert...

Wolf hat folgendes geschrieben:
Ja. Aber Berechnen tut man Fantasieobjektie, die allerdings in unserer Fantasiewelt existieren müssen, wobei unsere Fantasiewelt ein Modell der wirklichen Welt (bzw Teilen davon) ist, wenn man etwas mit handfesten Objekten zu tun haben soll.
Auch das muss nicht zwingend richtig sein: Die Mathematik beschäftigt sich doch auch oft mit rein mathematischen (sprich Fantasie-) Objekten! Es kann dann schon vorkommen, dass später entdeckt wird, dass etwas in der "wirklichen" Welt diesen geistigen Jonglierereien entspricht, muss aber nicht sein.

Zuletzt bearbeitet von PataPata am 08.05.2008, 08:20, insgesamt 4-mal bearbeitet

#969:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 01:28
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ich kann nur sagen: Alles denkbare ist real...
Das halte ich für nicht sinnvoll.
Ach Wolf! Du hast einfach keinen Sinn für die Realität des Absurden...
Edit: Oder die Absurdität des Realen...


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 08.05.2008, 07:44, insgesamt einmal bearbeitet

#970:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 01:38
    —
Fürs Absurde hast du auch keinen Sinn, Agnostiker. Sorry. Es gibt talentlose Menschen. Die Natur ist nicht fair.

#971:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 01:43
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Quelle von Willensentscheidungen liegt - experimentell nachweisbar - im Unbewussten. Also ist der aus dem Unbewussten resultierende Wille nicht an Bewusstsein gebunden.


Zitat:
Agent Provocateur
Was ist der Unterschied zwischen einer "Willensentscheidung" und einer "Entscheidung"? Ist exakt dasselbe, nicht wahr? Also behauptest Du hier genau genommen, dass eine Entscheidung nicht an das Bewusstsein gebunden sei, oder?


Ja, jedenfalls nicht zwingend. Obige Aussage war eine Replik auf die These, dass es ohne Bewusstsein keinen Willen geben könne. Darauf führte ich den Fall des Schlafwandelns an, um zu zeigen, dass Entscheidungen auch ganz ohne Bewusstseinsanteil ablaufen können. Selbstverständlich ließen sich noch zahlreiche weitere Fälle anführen (bspw. Routineentscheidungen beim Autofahren usw.). Die These ist damit widerlegt.

Finde ich nicht ganz stichhaltig! Und was ist mit dem Bewusstsein bevor die im Unterbewusstsein stattgefundene Entscheidung erfolgt? Der Schlafwandler würde doch nicht auf die Idee kommen, unbewusst im Eisschrank Milch zu suchen, wenn das Bewusstsein die Tatsache nicht ins Unbewusste programmiert hätte, dass im Eisschrank Milch zu finden sei! Ähnlich wie in Agnost's Beispiel von der sich öffnenden Skibindung: dem Unterbewusstsein würden doch keine Alternativmöglichkeiten offen stehen, wenn das Bewusstsein es nicht vorher vorbereitet hätte.

Also muss in der unbewussten Entscheidung das Bewusstsein mindestens eine vorhergehende Rolle gespielt haben. Ich vermute, dass man tatsächlich ohne Bewusstsein nicht von "Willen" sprechen kann, und ganz sicher nicht von freiem Willen.

Auch mit dem Rest Deines Beitrages bin ich nicht einverstanden! Jeden einzelnen Satz könnte man auseinandernehmen und begründet entkräften. Dafür bin ich aber heute nacht zu müde dazu und gehe ins Bett! Gute Nacht!

#972:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 02:22
    —
Sogar bei solchen "atavistischen" Regungen wie der Körperentleerung können wir uns entscheiden, ob wir es im Stehen oder Sitzen machen.

Auch ist die Behauptung, dass alle Handlungen die scheinbar oder offensichtlich eher "Emotional" statt "Intellektuell" gesteuert sind "unterbewusst" oder "unbewusst" entschieden werden ist nicht stringent.

Denn gerade darin zeigt sich ja z.Bsp. die grössere Impulskontrolle des "reifen" Hirnes gegenüber eines "pubertären" Hirnes.
Das "reife" Hirn kann die unmittelbare Lustbefriedigung viel besser unterdrücken, als das "pubertäre" Hirn und eine emotionale Befriedigung zugunsten einer intellektuell-sachlich begründeten Zurückhaltung hintenanstellen.

Ein Vinylschallplattensammler, um einen Menschen nahe am Suchtbereich zu skizzieren, ist dann zwanghaft, wenn er die Schallplatte kaufen muss, auch wenn er weiss, dass er mit dem Geld eigentlich die Steuern bezahlen sollte und mit Nichtbezahlung eine Pfändung riskiert.

Ein Vinylschallplattensammler, der es schafft, der extremen Versuchung so lange zu widerstehen, bis sein Kontostand einen Kauf komplikationsfrei möglich macht handelt bedingt frei.

Beiden Schallplattensammlern ist der emotionale Druck der ihrer Handlung vorausgeht sehr wohl bewusst.
Der "vernünftige" widersteht dem Druck solange, biss er dem Druck "vernünftig" nachgeben kann.
Zwischen dem ersten "initialen" Konsumverzicht bis zum letztlichen Konsum, hatte dieser "Vernünftige" mehrere Möglichkeiten zum Konsum. Er hat sich also über die ganze Periode hin bewusst entschieden den Konsumverzicht aufrecht zu halten.
Einen Kauf den man tätigen will, solange aufzuschieben bis er "problemlos" ist, ist ein Akt des "bedingt Freien Willens".

Das selbe gilt für einen Zigarettenraucher, der an einer Party nicht jedesmal mit auf den Balkon geht, wenn die Raucher wieder mal müssen, sondern bewusst wählt, dass er diese Zigarette wieder mal auslässt.
Wer diesen Zustand kennt, weiss dass das sehr oft ein ziemliche intensives Ringen im Hirn bedeutet.
Und es ist auch unbestritten, dass man dieses Ringen oft gegen die Sucht verliert.
Aber oftmal gewinnt man sie eben auch.

Agnost

#973:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 05:41
    —
Johann Caspar Lavater

http://de.wikipedia.org/wiki/Lavater

Zitat:
Bekannt wurde er durch seine "Physiognomischen Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe" (4 Bde., 1775-7Cool, in denen er Anleitung gab, verschiedene Charaktere anhand der Gesichtszüge und Körperformen zu erkennen.


Ein schönes Beispiel für einen theistischen christlichen Deterministen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Physiognomik

Auch das wurde jahrzehnelang als hochwissenschaftlich wahrgenommen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Graphologie

Heute noch bei vielen "Personalern" hochgeachtet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Phrenologie

Das ist was die Hirnbildlimacher momentan betreiben.

Agnost

#974:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 14:11
    —
Um auf einige Seitenaspekte des hiesigen Willenskrieges zurückzukommen ((freier) Willen bei Tieren, Quantenmechanische Aspekte, Mikrotubuli etc.) möchte ich hier auf die Lernfähigkeit des einzelligen Pantoffeltierchens (Paramecium) kommen. Diese Lernfähigkeit ist in einem relativ kürzlich erschienenen Artikel (2006) dokumentiert, inklusive Hinweise auf ältere und sehr alte Arbeiten (Anfangs letztes Jahrhundert).

Offenbar kann man Paramecien mit Elektroschocks belohnen (6.5 V DC mit 60 ms Dauer alle 0.5 Sekunden) - fragt mich nicht, was sie daran so schön finden... Diese Belohnungsmöglichkeit kann man dazu einsetzen, um die Pantoffeltierchen zu konditionieren. Dies wurde in der erwähnten Arbeit (mit allen notwendigen Kontrollgruppen - sehr sauber gemachte Arbeit!) dazu benutzt, dass sich die Paramecien bevorzugt an einem mit An- oder Abwesenheit von Licht gekenntzeichneten Ort aufhalten, wo sie diese Schock-Belohnung kontinuierlich erhielten - und das auch später, wenn kein weiterer Schock mehr abgegeben wurde. Eine klare operante Konditionierung mit Hell/Dunkel-Diskriminierung! Bisher das Markenzeichen einer höher entwickelten Spezies!

Wie kann ein Pantoffeltierchen, in welchem es kein Gehirn mit Nervenzellen gibt, eine Leistung erbringen, welche man üblicherweise nur einem hochentwickelten Nervensystem zubilligt? Was steckt in diesem Einzeller, das ihm eine recht markante Lernfähigkeit verleiht?

Eine Hypothese wären eben die Mikrotubuli. Diese erlauben dem Einzeller sich zu bewegen und sich zu vermehren. Die Mikrotubuli laufen im Zentrosom zusammen, einem relativ einfachen Organellum - ist das das Gehirn der Zelle, welche ihr Intelligenz verleiht? Diese Ur-Intelligenz wird wahrscheinlich schon Grundzüge jener "höherer" Organismen aufweisen: Die Funktion wird wohl schon im Einzeller auf ihr Gesamtsystem verteilt sein, eben auf das "Zytoskelett", welches u.a. aus Mikrotubuli besteht.

Jetzt muss man "nur" noch herausfinden, über welchen Mechanismen diese Intelligenz entstehen könnte. Qubits, wie in einem Quantencomputer? Wäre wohl ein vielversprechender Kandidat...

#975: Re: Vor-Wissenschaft Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 14:44
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Abgesehen von den natürlichen Zahlen, die hat der liebe Gott gemacht. zwinkern
Nicht einmal die! Bis drei kann man angeboren zählen, ein paar vorverdrahtete (aus der Evolution entstandene) Konzepte für Addition und Subtraktion und Ordnen (bis drei!), was aber darüber hinaus geht ist schon menschliche Erfindung! Lies mal das Buch "Where Mathematics Comes From" von George Lakow und Rafael E. Núñez, Basic Books 2000, Zusammenfassung S. 94-96.
Nimm doch nicht alles so bierernst.
Zitat:


Edit:

In der Natur gibt es ja keine zwei völlig identische Objekte, die man "natürlich" abzählen kann.
Weswegen sollte man nur völlig identische Objekte "natürlich" abzählen können?
Zitat:
Kein Apfel ist identisch mit einem anderen. Apfel A plus Apfel B gibt in der Natur immer noch Äpfel A+B und nicht 2 Äpfel.
Nein. Es gibt keinen Apfel A+B allerdings gibt es 2 Äpfel, nämlich Apfel A und Apfel B.
Zitat:
Vor rund 100 Jahren hat man nun entdeckt, dass es in der Natur tatsächlich identische, ununterscheidbare Objekte gibt: Die Elementarteilchen. Elektron A kann vom Elektron B nicht unterschieden werden. Elektronen kann man somit zählen?
Das dürfte es sowie es dasteht schwieriger machen.
Ich zähle in deinem Beispiel jedenfalls nur 1 Elektron, aber meintest du nicht zwei? Unterscheidbarkeit von Objekten ist eine wichtig um sie abzählen zu können.(Um zuwissen welche Objekte bereits gezählt worden sind und welche noch gezählt werden müssen.)
Zitat:

Wolf hat folgendes geschrieben:
Ja. Aber Berechnen tut man Fantasieobjektie, die allerdings in unserer Fantasiewelt existieren müssen, wobei unsere Fantasiewelt ein Modell der wirklichen Welt (bzw Teilen davon) ist, wenn man etwas mit handfesten Objekten zu tun haben soll.
Auch das muss nicht zwingend richtig sein: Die Mathematik beschäftigt sich doch auch oft mit rein mathematischen (sprich Fantasie-) Objekten!
Habe ich nie abgestritten.
Zitat:

Es kann dann schon vorkommen, dass später entdeckt wird, dass etwas in der "wirklichen" Welt diesen geistigen Jonglierereien entspricht, muss aber nicht sein.
Ja und? Ich habe nicht vorrausgesetzt, dass man weiß, dass es sich um Modell der wirklichen Welt handelt.

#976: Re: Vor-Wissenschaft Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 16:44
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
[...]
Wie man aus einem völligen Einiggehen eine kontroverse Replik konstruieren kann! Da bist Du Meister...

#977:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 18:22
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... das könnte zum Beispiel auch jemand sein, der unter Einsatz seines Lebens jemand anderen aus einem brennenden Haus rettet. Der sucht wohl kaum sein eigenes Wohlbefinden.

Wieso nicht? Er möchte abends noch in den Spiegel schauen können, sich nicht schuldig fühlen, als Held dastehen, was auch immer. Jedenfalls ist seine Handlung durch seine Präferenzen und die Situation komplett determiniert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso überhaupt sollte Determinismus Freiheit ausschließen?

Determiniertheit bedeutet, daß das Verhalten des Systems zu jedem Zeitpunkt vollständig naturgesetzlich mit dem Zustand zu einem vorherigen oder nachfolgenden Zeitpunkt zusammenhängt. Das bedeuetet, daß es für das Verhalten des Systems keinen Freiheitsgrad gibt. Und das bedeutet, daß das System in bezug auf sein Verhalten nicht frei ist (und zwar überhaupt nicht). Es spielt dabei keine Rolle, ob das System sich mehrere Verläufe vorstellen kann.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder meinst Du hier nur schlicht, dass man sich wegen bestimmter Gründe und deren Gewichtung für etwas bestimmtes entscheidet und etwas anderes verwirft? Wenn ja: wie auch sonst?

Daß andere Möglichkeiten Dir zurecht unsinnig oder unmöglich erscheinen, ist kein Argument.

Übrigens finde ich witzig, wie widersprüchlich Alltagssituation von den FW-Vertretern als besondere Beweise für den FW bezeichnet werden:
- Einer empfindet es als besonders "frei", wenn jemand gegen seine Präferenzen handelt.
- Der andere definiert Freiheit als den Fall, in dem man gemäß seiner Präferenzen handelt.

Ähnlich in der Diskussion über Willkür, die aus Sicht der Beobachter unverläßlich, aus Sicht des Handelnden womöglich besonders präferenznah (frei) ist.

Oder rationales Verhalten: Ist es besonders "frei" oder besonders berechenbar? Oder beides?

#978: Re: der mensch hat einen freien willen Autor: charon1Wohnort: Basel BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 20:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
charon1 hat folgendes geschrieben:
"forscher widerlegen willensfreiheit" - das ist doch eine voreilige und falsche Schlussfolgerung!

Es wurde ja hier auch schon klargestellt, daß das Experiment nicht die Freiheit des Willens widerlegt, sondern die Unbewußtheit der Entscheidung entgegen der Intuition zeigt.

charon1 hat folgendes geschrieben:
Frage: Wenn ich nachher mit meiner Freundin essen gehe, soll ich dann der Bedienung im Restaurant sagen ich sei nicht fähig mich für eine Speisse zu entscheiden, da ich nämlich gar keinen eigenen Willen besitze?

Du bist auch nicht gerade ein Freund der Genauigkeit, oder? Wer behauptet denn, daß der Mensch keinen Willen habe?

charon1 hat folgendes geschrieben:
Soll ich der Bedienung sagen, dass ich warten würde bis mir "jemand" die Entscheidung abnimmt?

Du wirst Ihr vermutlich ganz einfach das Essen nennen, auf das Du gerade am meisten Lust hast, oder was Dich sonst treibt.

charon1 hat folgendes geschrieben:
Ist es nicht so, dass ich durch die Verweigerung meines freien Willens gerade dadurch dem freien Willen Ausdruck verschaffe?

Nein, dadurch zeigt sich, daß Deine Präferenzen gerade verhindern, daß Du Präferenzen äußerst.

Auch an Dich die Frage: Wie definierst Du "freier Wille"?
- Müssen in derselben Situation mehrere Möglichkeiten echt realisierbar sein?
- oder reicht es, wenn Du sie Dir vorstellen kannst?
- oder ...


zum 1.Punkt: sicherlich geht der Entscheidung eine lange Kausalkette voraus welche grösstenteils unbewusst abläuft, doch zweifle ich an der Übermacht der Intuition über die Reflexion. Auch wenn das Bewusstsein nur der sichtbare Teil eines Eisbergs ist (wie Freud schön vergleicht), welcher von der viel grösseren "Masse" Unbewusstsein getragen wird, so erlebe ich ihn doch als oberste Instanz, als die eigentliche Entscheidungsgewalt.
Ich bin davon überzeugt, dass sich das Experiment bewusst verfälschen liesse, vorausgesetzt man wüsste mit welchen Gehirnaktivitäten man das übliche Schema in den bildgebenden Verfahren so stören kann, das es durch jene Aktivitäten "übertönt" wird. Würde das Experiment z.B. auch während dem Sex funktionieren? Was wäre wenn der eine darauf bestünde intensiv Musik zu hören um die Entscheidung in einem Zustand der Trance zu treffen?

zum 2.Punkt: Der Titel dieses Threads behauptet dies. O.K. es steht zwar "WillensFREIHEIT" geschrieben, doch gibt es denn so etwas wie "unfreien Willen" ? ist dies nicht ein Widerspruch? "Wille" kommt ja vom Verb "wollen"- doch unfreies "wollen" ist nicht mehr "wollen", sondern "müssen".

zum 3.Punkt: genau! und mich treiben bei jeder Entscheidung andere, individuelle Motive. Es wäre durchaus möglich sie mir alle bewusst zu machen, doch meistens unnötig.


zur Frage: wie gesagt Wille ist wollen, das Wort "frei" eigentlich nur ein unnötiger Zusatz welcher zum Pleonasmus führt!

#979:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 20:07
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Quelle von Willensentscheidungen liegt - experimentell nachweisbar - im Unbewussten. [...]

Agent Provocateur hat folgendes geschrieben:
[...] Also behauptest Du hier genau genommen, dass eine Entscheidung nicht an das Bewusstsein gebunden sei, oder?

Ja, jedenfalls nicht zwingend. Obige Aussage war eine Replik auf die These, dass es ohne Bewusstsein keinen Willen geben könne.

Okay, dann habe ich das vielleicht falsch interpretiert. Ich hatte das so verstanden, als ob Du einen generellen Epiphänomenalismus vertreten würdest, ähnlich wie dieses hier:


Der Vorwurf des Epiphänomenalismus an mich wie auch an Gerhard Roth ist Unsinn und Polemik. Der Epiphänomenalismus ist eine dualistische Position. Gerhard Roth vertritt (wie auch ich) die Position des Monismus. Mentale Phänomene dürfen ja gerade nicht abgetrennt von Hirnzuständen betrachtet werden.
Diese begleiten jene also nicht bloß, vielmehr sind die mentalen Phänomene in den Hirnzuständen bereits repräsentiert: Neuronale Prozesse sind Träger von Bedeutung (siehe dazu auch Roth).

Zitat:

Die Frage hier wäre schlicht: werden nur die handlungsauslösenden Impulse von diesen unzugänglichen Hirnarealen gesteuert oder werden ebenso auch alle gedankenauslösenden Impulse von diesen Hirnarealen gesteuert und können also nach dieser Argumentation gleichfalls nicht kontrolliert werden? Wenn schon, denn schon. Und wenn Letzteres, dann ist das nun mal ein lupenreiner Epiphänomenalismus, mit allen Problemen, die dieser so mit sich bringt.


Für die handlungsauslösende Funktion und die (die Handlungsintentionen umfassende) kognitive Funktion sind verschiedene Hirnareale zuständig. Für die bewusste Handlungsplanung ist der präfrontale und der hintere parietale Kortex zuständig. Entscheidend für die Auslösung von Handlungen sind die Basalganglien, die als unbewusstes Handlungsgedächtnis fungieren, sowie das limbische System als emotionales Gedächtnis; beide Areale arbeiten unbewusst. Was Roth an anderer Stelle betont, ist, dass für die Auslösung einer Willenshandlung die bewusste Handlungsintention nicht ausreicht; ob eine Handlung ausgeführt wird oder nicht, wird unbewusst entschieden; sowohl das Startsignal als auch das Endsignal für eine willentliche Handlung - also vom Entstehen von Wünschen und Absichten bis zur Ausführung der Tat - werden im unbewussten emotionalen Gedächtnis gegeben. Wer immer noch naiv für einen freien Willen Position ergreift, argumentiert somit gegen die Erkenntnisse der Hirnforschung.

Heiner hat folgendes geschrieben:

Das gilt jedenfalls für sämtliche Willensakte, in denen emotionale Anteile eine (entscheidende) Rolle spielen.
Der wesentliche Handlungsantrieb von Menschen ist es, Wohlbefinden zu suchen und Unbehagen zu vermeiden. Hiervon hängt der Wille entscheidend ab. Wenn du in einer Wahlsituation bist, wo du zwischen einer angenehmen und einer dir weniger angenehm erscheinenden Variante zu wählen hast, dann wirst du die angenehmere Variante wollen.


Zitat:
Naja, das halte ich für eine gewagte These, jedenfalls dann, wenn sie dazu dienen soll, generell das Verhalten von Menschen zu erklären. Und natürlich sind Beispiele, in denen gerade nicht das Wohlbefinden gewählt wird, geeignet, diese These zu widerlegen. Das wäre ja nicht nur der Student, der für eine Prüfung lernt, also eventuell nur sein momentanes Wohlbefinden für einen späteren Vorteil zurückstellt, das könnte zum Beispiel auch jemand sein, der unter Einsatz seines Lebens jemand anderen aus einem brennenden Haus rettet. Der sucht wohl kaum sein eigenes Wohlbefinden.


Das ist keine gewagte, sondern eine sehr gut begründbare These. Ich habe bereits dargestellt, dass für die Lust-Unlust-Kalkulation eine Zukunftskomponente dazukommen kann. Für jemanden, der einen Menschen aus einem brennenden Haus rettet, geht diese Kalkulation zugunsten des Wohlbefindens am Ende eben doch auf!

#980:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 20:17
    —
@step und Sinnesgenossen
Was habt Ihr eigentlich davon, hier so insistent darauf zu pochen, dass der freie Wille nicht existiert und dass völliger Determinismus all unser Handeln bestimmt? Wollt Ihr einfach recht behalten (eine nicht seltene Motivation) oder verfolgt Ihr ein bestimmtes Ziel? Ist dieses Ziel und der resultierende Argumentations-Zwang hier auch determiniert? Seit Ihr Sklaven irgendeiner Determinismus-Kirche? Ich habe einfach den Eindruck, Ihr seit zwangsneurotisch gegen einen freien Willen und ich frage mich warum...

#981:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 20:32
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
@step und Sinnesgenossen
Was habt Ihr eigentlich davon, hier so insistent darauf zu pochen, dass der freie Wille nicht existiert und dass völliger Determinismus all unser Handeln bestimmt? Wollt Ihr einfach recht behalten (eine nicht seltene Motivation) oder verfolgt Ihr ein bestimmtes Ziel? Ist dieses Ziel und der resultierende Argumentations-Zwang hier auch determiniert? Seit Ihr Sklaven irgendeiner Determinismus-Kirche? Ich habe einfach den Eindruck, Ihr seit zwangsneurotisch gegen einen freien Willen und ich frage mich warum...


Sie sind nicht gegen einen freien Willen, sie stellen nur fest, dass es einen freien Willen nicht gibt.

#982:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 20:43
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Sie sind nicht gegen einen freien Willen, sie stellen nur fest, dass es einen freien Willen nicht gibt.
Das kann nicht stimmen, denn man weiss noch viel zu wenig darüber, als dass man einen freien Willen derart kategorisch verneinen kann - pardon feststellen kann, dass es ihn nicht gibt...

#983: Re: der mensch hat einen freien willen Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 20:52
    —
charon1 hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wer behauptet denn, daß der Mensch keinen Willen habe?

Der Titel dieses Threads behauptet dies. O.K. es steht zwar "WillensFREIHEIT" geschrieben, doch gibt es denn so etwas wie "unfreien Willen" ? ist dies nicht ein Widerspruch? "Wille" kommt ja vom Verb "wollen"- doch unfreies "wollen" ist nicht mehr "wollen", sondern "müssen". ... zur Frage: wie gesagt Wille ist wollen, das Wort "frei" eigentlich nur ein unnötiger Zusatz welcher zum Pleonasmus führt!

Das halte ich für grundlegend falsch, im Gegenteil ist eher "unfrei" ein eigentlich unnötiger Zusatz, denn Wille ist in unserer Welt immer unfrei. Determiniertes (unfreies) Wollen ist sehrwohl möglich, es bedeutet, daß der Wille (die Präferenzen) naturgesetzlich bestimmt ist. Die meisten FW-Anhänger sehen das auch ein, sie halten den Willen immerhin dann für unfrei, wenn man jemand anmerkt, daß er getrieben ist.

#984:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 21:01
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Sie sind nicht gegen einen freien Willen, sie stellen nur fest, dass es einen freien Willen nicht gibt.
Das kann nicht stimmen, denn man weiss noch viel zu wenig darüber, als dass man einen freien Willen derart kategorisch verneinen kann - pardon feststellen kann, dass es ihn nicht gibt...


Doch, man weiß genug, das hat auch dieser Thread wieder einmal gezeigt. Nicht gelesen?

#985:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 21:06
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
@step und Sinnesgenossen
Was habt Ihr eigentlich davon, hier so insistent darauf zu pochen, dass der freie Wille nicht existiert und dass völliger Determinismus all unser Handeln bestimmt?

Ich argumentiere, pochen tut die Gegenseite zwinkern

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Wollt Ihr einfach recht behalten (eine nicht seltene Motivation) ...

Wie das halt in Diskussionen so ist: Ich bin überzeugt und diskutiere gerne. Und ich hasse "wir haben alle irgendwie recht und FFE".

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
... oder verfolgt Ihr ein bestimmtes Ziel?

Entmystifizierung, Aufklärung ...

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ist dieses Ziel und der resultierende Argumentations-Zwang hier auch determiniert?

Sicher.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Seit Ihr Sklaven irgendeiner Determinismus-Kirche?

Seid Ihr Götter? Oder Lottokugeln?

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ich habe einfach den Eindruck, Ihr seit zwangsneurotisch gegen einen freien Willen und ich frage mich warum...

Ich bitte Dich, was soll das denn? Ich finde, die FW-Anhänger reagieren viel psychotischer. Und nun?

#986:  Autor: Paul LaskerWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 21:27
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
@step und Sinnesgenossen
Was habt Ihr eigentlich davon, hier so insistent darauf zu pochen, dass der freie Wille nicht existiert und dass völliger Determinismus all unser Handeln bestimmt? Wollt Ihr einfach recht behalten (eine nicht seltene Motivation) oder verfolgt Ihr ein bestimmtes Ziel? Ist dieses Ziel und der resultierende Argumentations-Zwang hier auch determiniert? Seit Ihr Sklaven irgendeiner Determinismus-Kirche? Ich habe einfach den Eindruck, Ihr seit zwangsneurotisch gegen einen freien Willen und ich frage mich warum...


Sie sind nicht gegen einen freien Willen, sie stellen nur fest, dass es einen freien Willen nicht gibt.

Es mag sein, daß sie feststellen selber keinen freien Willen zu haben. Aber da sollen sie doch bitte andere außen vor lassen.

#987:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 21:35
    —
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Es mag sein, daß sie feststellen selber keinen freien Willen zu haben. Aber da sollen sie doch bitte andere außen vor lassen.

Unsere Argumente beziehen sich jedoch auch für FW-Anhänger. Wie auch bei anderen "naturalistischen Kränkungen" wird es noch sehr lange Leute geben, die an der Willensfreiheit festhalten, ebenso wie auch heute tatsächlich noch Leute an ein Leben nach dem Tode glauben.

#988:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 21:39
    —
step hat folgendes geschrieben:
Und nun?
Von mir aus folgere ich, dass mindestens Du nie lockerlassen wirst, weiter zu argumentieren, dass wir alle in Unfreiheit und Determinismus leben und das mit einer Sturheit, die seinesgleichen sucht (manchmal habe ich fast das Gefühl, es laufe da ein besonders geschickt gefaktes Computer-Programm ab). Ein Ziel nennst Du nicht (vielleicht willst Du einfach für Deine Handlungen nicht verantwortlich zeichnen - aber lassen wir das, ich finde ja sowieso, dass Verantwortung vor dem Willen - frei oder nicht - kommt und nicht umgekehrt) daher folgere ich zudem, dass es Dir ein besonderes Vergnügen bereitet, recht zu haben - oder eher in dieser Illusion zu schwelgen. Da es hoffnungslos ist, dass Du je nur um ein Jota diese Position verlassen wirst, erachte ich es als absolut unkreativ mit Dir über diese Frage weiter zu diskutieren. Die anderen mögen weitermachen, ich wünsche ihnen viel Glück...

#989:  Autor: Paul LaskerWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 21:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Es mag sein, daß sie feststellen selber keinen freien Willen zu haben. Aber da sollen sie doch bitte andere außen vor lassen.

Unsere Argumente beziehen sich jedoch auch für FW-Anhänger. Wie auch bei anderen "naturalistischen Kränkungen" wird es noch sehr lange Leute geben, die an der Willensfreiheit festhalten, ebenso wie auch heute tatsächlich noch Leute an ein Leben nach dem Tode glauben.

Es wird auch noch ziemlich lange Leute geben, die ihren freien Willen leugnen. Aber das dürfen sie ja auch. Winke - Winke

#990:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 21:58
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Von mir aus folgere ich, dass mindestens Du nie lockerlassen wirst, weiter zu argumentieren, dass wir alle in Unfreiheit und Determinismus leben ...

nie" ist übertrieben.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
... und das mit einer Sturheit, die seinesgleichen sucht (manchmal habe ich fast das Gefühl, es laufe da ein besonders geschickt gefaktes Computer-Programm ab).

Vielleicht wird dieser Eindruck dadurch verstärkt, daß ich versuche, sachlich zu bleiben, obwohl hier teilweise echte Dummschwätzer unterwegs sind.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ein Ziel nennst Du nicht ...

Lies nochmal nach, bitte.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
... daher folgere ich zudem, dass es Dir ein besonderes Vergnügen bereitet, recht zu haben

Das will ich nicht ganz leugnen.

Agnostiker hat folgendes geschrieben:
... Da es hoffnungslos ist, dass Du je nur um ein Jota diese Position verlassen wirst, erachte ich es als absolut unkreativ mit Dir über diese Frage weiter zu diskutieren. ...

Das Ziel einer Diskussion über Theorien ist ja nicht, einen Kompromiß zu finden. Ich verlasse meine Position, wenn ich ein gutes Argument dagegen lese oder meine Argumentation widerlegt wird.

#991:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:01
    —
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?

#992:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:14
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?
Gute Idee! Die Frage ist zu komplex, als dass auch in 3, 4 Monaten eine definitive Antwort darüber abgegeben werden kann. So lange, dass gewisse Protagonisten in dieser Diskussion eine absolutistische Haltung einnehmen (für oder dagegen, ich schliesse da keine extreme Position aus), und diese repetitiv hinunterbeten, ist eine Diskussion darüber einfach nicht mehr spannend. Einem chaotischen, selbstorganisierten System wie dem Gehirn (oder schon dem Pantoffeltierchen) kann auf diese Weise nicht näher gekommen werden...

#993:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:18
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?

So viel gleich?

Na gut. Ich könnte versuchen, nichts mehr zum W zu schreiben, solange kein Argument für seine F kommt. Obwohl - so lange halte ich das wohl nicht aus ...

#994:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:20
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?
Gute Idee! Die Frage ist zu komplex, als dass auch in 3, 4 Monaten eine definitive Antwort darüber abgegeben werden kann. So lange, dass gewisse Protagonisten in dieser Diskussion eine absolutistische Haltung einnehmen (für oder dagegen, ich schliesse da keine extreme Position aus), und diese repetitiv hinunterbeten, ist eine Diskussion darüber einfach nicht mehr spannend. Einem chaotischen, selbstorganisierten System wie dem Gehirn (oder schon dem Pantoffeltierchen) kann auf diese Weise nicht näher gekommen werden...


Wenn du zu stur bist, um zu merken, dass du argumentativ nichts entgegenzusetzen hast: Dein Problem.
Daran wird sich auch in 5 Jahren nichts ändern.

#995:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:26
    —
step hat folgendes geschrieben:
Das Ziel einer Diskussion über Theorien ist ja nicht, einen Kompromiß zu finden. Ich verlasse meine Position, wenn ich ein gutes Argument dagegen lese oder meine Argumentation widerlegt wird.
Nein, tust Du nicht! Ich glaube Deine Argumente sind schon oft widerlegt worden, nur Du willst das nicht einsehen. Ich will Dir ja nicht zu nahe treten, aber in Deiner Eigenschaft als "theor. Physiker" wirkst Du auf mich eher süffisant - "ach die armen Tröpfe da, die haben alle keine Ahnung, zum Glück bin ich da, um sie zu erhellen - wenn sie das nicht wollen, sind sie selber schuld" schimmert praktisch aus all Deinen Beiträgen...

#996:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:28
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Wenn du zu stur bist, um zu merken, dass du argumentativ nichts entgegenzusetzen hast: Dein Problem.
Daran wird sich auch in 5 Jahren nichts ändern.
Auch Dir will ich nicht zu nahe treten, aber Du scheinst von steps akademischem Titel ungemein beeindruckt zu sein...

#997:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:28
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Nein, tust Du nicht! Ich glaube Deine Argumente sind schon oft widerlegt worden


Bitte umgehend verlinken. Vielen Dank schonmal!

#998:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:29
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Wenn du zu stur bist, um zu merken, dass du argumentativ nichts entgegenzusetzen hast: Dein Problem.
Daran wird sich auch in 5 Jahren nichts ändern.
Auch Dir will ich nicht zu nahe treten, aber Du scheinst von steps akademischem Titel ungemein beeindruckt zu sein...


Du wirst dich wundern, aber mir ist steps Beruf oder Titel nicht bekannt...

#999:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:30
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ich glaube Deine Argumente sind schon oft widerlegt worden, nur Du willst das nicht einsehen.

Nicht glauben, zeigen! Und zwar nicht intuitionistisch, sondern naturwissenschaftlich nachvollziehbar.

#1000:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 22:52
    —
Wir befinden uns im Jahre 53 n. HS. Ganz FGH ist von den Deterministen
besetzt ...Ganz FGH? Nein! Eine von unbeugsamen Freidenkern bevölkerte
Community hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.
Und das Leben ist nicht leicht für die deterministischen Legionäre, die als Besatzung
in den befestigten Lagern Physik, Mathematik und Naturwissenschaft
liegen...
Na bei der Einheitserbsensuppe die es da gibt ... auch kein Wunder,
Ich rühr dann mal ein neues Fäßchen Zaubertrank an, koch aber auch nur mit Wasser.




step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... das könnte zum Beispiel auch jemand sein, der unter Einsatz seines Lebens jemand anderen aus einem brennenden Haus rettet. Der sucht wohl kaum sein eigenes Wohlbefinden.

Wieso nicht? Er möchte abends noch in den Spiegel schauen können, sich nicht schuldig fühlen, als Held dastehen, was auch immer. Jedenfalls ist seine Handlung durch seine Präferenzen und die Situation komplett determiniert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso überhaupt sollte Determinismus Freiheit ausschließen?

Determiniertheit bedeutet, daß das Verhalten des Systems zu jedem Zeitpunkt vollständig naturgesetzlich mit dem Zustand zu einem vorherigen oder nachfolgenden Zeitpunkt zusammenhängt. Das bedeuetet, daß es für das Verhalten des Systems keinen Freiheitsgrad gibt. Und das bedeutet, daß das System in bezug auf sein Verhalten nicht frei ist (und zwar überhaupt nicht). Es spielt dabei keine Rolle, ob das System sich mehrere Verläufe vorstellen kann.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder meinst Du hier nur schlicht, dass man sich wegen bestimmter Gründe und deren Gewichtung für etwas bestimmtes entscheidet und etwas anderes verwirft? Wenn ja: wie auch sonst?

Daß andere Möglichkeiten Dir zurecht unsinnig oder unmöglich erscheinen, ist kein Argument.

Übrigens finde ich witzig, wie widersprüchlich Alltagssituation von den FW-Vertretern als besondere Beweise für den FW bezeichnet werden:
- Einer empfindet es als besonders "frei", wenn jemand gegen seine Präferenzen handelt.
- Der andere definiert Freiheit als den Fall, in dem man gemäß seiner Präferenzen handelt.

Ähnlich in der Diskussion über Willkür, die aus Sicht der Beobachter unverläßlich, aus Sicht des Handelnden womöglich besonders präferenznah (frei) ist.

Oder rationales Verhalten: Ist es besonders "frei" oder besonders berechenbar? Oder beides?


tztztz
und ewig holt der Typ seinen Präferenzen Joker heraus.
Was wiederum nur ein sprachliches X ist, das er nur ungern erläutert, ich glaube ja - weil er das ned kann.
Weil das lustige am definieren ist ja, des is so deterministisch festlegend ... und da hat er wohl Angst nicht alles wesentliche in die Grundmenge aller Präferenzen einschließen zu können.

Präferenzen sind nun was eigentlich?
Wohl das was jemand meint zu wollen, weil er das nicht anderst erlernt hat.
Von wem hat ers denn erlernt? Nun natürlich von der Gesellschft die ihn umgibt.
Aha.. und woher kennt die Gesellschaft den nun die Präferenzen?
Natürlich von der Summe allen Wollens der Mitglieder der Gesellschaft.
Aso und die Mitglieder sind dann wieder die Individuen mit den Präferenzen?
Äh ja ... nein doch ... oooh!
ja ... nein ... doch ... oooh!


@diese Passage
Determiniertheit bedeutet, daß das Verhalten des Systems zu jedem Zeitpunkt vollständig naturgesetzlich mit dem Zustand zu einem vorherigen oder nachfolgenden Zeitpunkt zusammenhängt. Das bedeuetet, daß es für das Verhalten des Systems keinen Freiheitsgrad gibt. Und das bedeutet, daß das System in bezug auf sein Verhalten nicht frei ist (und zwar überhaupt nicht). Es spielt dabei keine Rolle, ob das System sich mehrere Verläufe vorstellen kann.

Nun das ist sozusagen der Weltanschauliche Schnittpunkt an dem alle Erklärversuche mehr oder weniger ins lehre laufen ... und zwar von beiden Seiten.
FW - nach meiner Lesart- will den DT ja auch gar ned ersetzen.

FW steht für die Initiative eine Änderung herbeizuführen.
DT steht dafür ein etabliertes System am laufen zu halten.

Änderungen der Präferenzen gehen daher von den Impulsgebenden Individuuen aus, wer wann wo warum wieso diese Neuen Impulse ins System abgibt, kann niemals nicht bestimmt = determiniert werden.

Determinsimus beschreibt daher reine Ablaufprozesse.
FW beschreibt Impulsänderungen.

Das Problem aller deterministischen Ansichten sind systemimanente Fehler die zu einem kaskadischen Sytemversagen führen würden, würden diese ned rechtzeitig von Individuuen antizipiert werden, die über ein reflexives Bewußtsein verfügen.

#1001:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 23:05
    —
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Sie sind nicht gegen einen freien Willen, sie stellen nur fest, dass es einen freien Willen nicht gibt.

Es mag sein, daß sie feststellen selber keinen freien Willen zu haben. Aber da sollen sie doch bitte andere außen vor lassen.


Das erinnert mich an die Argumentation von Kreationisten. Ein beliebter Spruch von Kreationisten gegenüber Evolutionsbiologen: "Sie stammen vielleicht vom Affen ab, ich aber nicht..." skeptisch

#1002:  Autor: Paul LaskerWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 23:14
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Sie sind nicht gegen einen freien Willen, sie stellen nur fest, dass es einen freien Willen nicht gibt.

Es mag sein, daß sie feststellen selber keinen freien Willen zu haben. Aber da sollen sie doch bitte andere außen vor lassen.


Das erinnert mich an die Argumentation von Kreationisten. Ein beliebter Spruch von Kreationisten gegenüber Evolutionsbiologen: "Sie stammen vielleicht vom Affen ab, ich aber nicht..." skeptisch

Sehr glücklich
Gut erkannt!

#1003:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 23:35
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

FW steht für die Initiative eine Änderung herbeizuführen.
DT steht dafür ein etabliertes System am laufen zu halten.

Änderungen der Präferenzen gehen daher von den Impulsgebenden Individuuen aus, wer wann wo warum wieso diese Neuen Impulse ins System abgibt, kann niemals nicht bestimmt = determiniert werden.

Determinsimus beschreibt daher reine Ablaufprozesse.
FW beschreibt Impulsänderungen.

Das Problem aller deterministischen Ansichten sind systemimanente Fehler die zu einem kaskadischen Sytemversagen führen würden, würden diese ned rechtzeitig von Individuuen antizipiert werden, die über ein reflexives Bewußtsein verfügen.


Arg. Du führst die gröbsten populären Vorurteile gegenüber dem DT an, die man so haben kann.

Stell dir mal vor, da liegt ein Blatt Papier auf dem Tisch, ja? So.
Plötzlich kommt ein Windstoß: ffffffffff. Und huch, das Blatt Papier fliegt vom Tisch und landet auf dem Boden.

Wo war jetzt eine nichtdeterministische "Impulsänderung", wie du das nennst, im Spiel, die zu dem neuen Zustand geführt hat...?

Merke: Deterministische Systeme sind nicht statisch. Selbstverständlich vollziehen sich in deterministischen Systemen laufend Änderungen. Einen freien Willen braucht es dazu gewiss nicht.


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 08.05.2008, 23:45, insgesamt einmal bearbeitet

#1004:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 23:44
    —
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Paul Lasker hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Sie sind nicht gegen einen freien Willen, sie stellen nur fest, dass es einen freien Willen nicht gibt.

Es mag sein, daß sie feststellen selber keinen freien Willen zu haben. Aber da sollen sie doch bitte andere außen vor lassen.


Das erinnert mich an die Argumentation von Kreationisten. Ein beliebter Spruch von Kreationisten gegenüber Evolutionsbiologen: "Sie stammen vielleicht vom Affen ab, ich aber nicht..." skeptisch

Sehr glücklich
Gut erkannt!


Weia, dann hab ich ja in deinem Fall sogar ins Schwarze getroffen. Traurig

#1005:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.05.2008, 23:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... das könnte zum Beispiel auch jemand sein, der unter Einsatz seines Lebens jemand anderen aus einem brennenden Haus rettet. Der sucht wohl kaum sein eigenes Wohlbefinden.

Wieso nicht? Er möchte abends noch in den Spiegel schauen können, sich nicht schuldig fühlen, als Held dastehen, was auch immer.

Hm, weiß nicht, das kommt mir irgendwie fishy vor. Mag sein, dass diese Gründe eine Rolle spielen, kann aber auch sein, dass nicht. Menschen haben mE die Fähigkeit dazu, andere Gründe als das eigene momentane Wohlbefinden für ihre Handlungen als wichtiger anzusehen. Ob sie immer so handeln, dass letztlich gesamt gesehen die Summe des Wohlbefindens nach ihrer Voraussicht positiv ist, mag eine Definitionssache sein. Ich bin da erst mal skeptisch und halte diese Ansicht für etwas zu simpel.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wieso überhaupt sollte Determinismus Freiheit ausschließen?

Determiniertheit bedeutet, daß das Verhalten des Systems zu jedem Zeitpunkt vollständig naturgesetzlich mit dem Zustand zu einem vorherigen oder nachfolgenden Zeitpunkt zusammenhängt. Das bedeuetet, daß es für das Verhalten des Systems keinen Freiheitsgrad gibt. Und das bedeutet, daß das System in bezug auf sein Verhalten nicht frei ist (und zwar überhaupt nicht). Es spielt dabei keine Rolle, ob das System sich mehrere Verläufe vorstellen kann.

Ja, genau da ist eben unser Dissens. Willensfreiheit bedeutet für mich, wie schon gesagt, die Fähigkeit des (normalen erwachsenen) Menschen, die eigenen Handlungen und die anderer zu reflektieren und darauf basierend sich auch über die eventuell gegebenen primären Triebe hinwegzusetzen. Um das zu können, ist ein gewisser Determinismus sogar unabdingbar, zum Beispiel in einer ausschließlich zufälligen Welt wäre diese Fähigkeit prinzipiell nicht möglich. Daher sehe ich immer noch keinen Gegensatz zwischen dieser Freiheit und einer ausschließlich naturgesetzlichen Welt. Für diese Fähigkeit ist natürlich die Simulation von eventuellen Verläufen bei bestimmten eventuellen Handlungen notwendig.

Anders gesagt: ich meine, es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen folgenden zwei hypothetischen Fällen: a) in China fällt ein Sack Reis um und erschlägt einen Menschen und b) ich entscheide mich dafür (ohne dazu gezwungen zu sein), einen Menschen zu töten. Mir scheint immer, dass Inkompatibilisten behaupten wollen, beide Fälle seien gleich zu bewerten, weil sie gleich determiniert seien. Ich meine das aber nicht: mit Fall a) habe ich nichts zu tun, für den toten Menschen in Fall b) bin jedoch mMn ich verantwortlich.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder meinst Du hier nur schlicht, dass man sich wegen bestimmter Gründe und deren Gewichtung für etwas bestimmtes entscheidet und etwas anderes verwirft? Wenn ja: wie auch sonst?

Daß andere Möglichkeiten Dir zurecht unsinnig oder unmöglich erscheinen, ist kein Argument.

Ich habe auch nicht behauptet, dass diese Frage ein Argument sei.

step hat folgendes geschrieben:
Übrigens finde ich witzig, wie widersprüchlich Alltagssituation von den FW-Vertretern als besondere Beweise für den FW bezeichnet werden:
- Einer empfindet es als besonders "frei", wenn jemand gegen seine Präferenzen handelt.
- Der andere definiert Freiheit als den Fall, in dem man gemäß seiner Präferenzen handelt.

Sind halt unterschiedliche Positionen. Und? Ich meine nicht, dass es irgendwie eine Verpflichtung für mich gäbe, eine mir fremde Position einzunehmen, nur weil Du sie hier als eine, nämlich die der "FW-Vertreter" hinstellst.

step hat folgendes geschrieben:
Oder rationales Verhalten: Ist es besonders "frei" oder besonders berechenbar? Oder beides?

In meinem Standpunkt ist ein Verhalten dann (graduell) frei, wenn es nicht (je weniger, desto freier) durch äußere oder innere Zwänge determiniert wurde.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 09.05.2008, 00:30, insgesamt einmal bearbeitet

#1006:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 00:14
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Okay, dann habe ich das vielleicht falsch interpretiert. Ich hatte das so verstanden, als ob Du einen generellen Epiphänomenalismus vertreten würdest, ähnlich wie dieses hier:

Der Vorwurf des Epiphänomenalismus an mich wie auch an Gerhard Roth ist Unsinn und Polemik.

Es war eine Frage, eine Annahme, keine Polemik und kein Vorwurf.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Epiphänomenalismus ist eine dualistische Position. Gerhard Roth vertritt (wie auch ich) die Position des Monismus. Mentale Phänomene dürfen ja gerade nicht abgetrennt von Hirnzuständen betrachtet werden.

Ja, exakt, so sehe ich das auch, denn ich bin ebenfalls ein Monist.

Wie würdest Du aber als Monist folgende Aussage bewerten: "Das Gehirn entscheidet für uns"? Klingt verdammt dualistisch für mich, so als ob das Gehirn etwas grundsätzlich verschiedenes von "uns" sei und außerdem ist es mMn ein Kategorienfehler, der mich als Monist verdammt stört.

Heiner hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage hier wäre schlicht: werden nur die handlungsauslösenden Impulse von diesen unzugänglichen Hirnarealen gesteuert oder werden ebenso auch alle gedankenauslösenden Impulse von diesen Hirnarealen gesteuert und können also nach dieser Argumentation gleichfalls nicht kontrolliert werden? Wenn schon, denn schon. Und wenn Letzteres, dann ist das nun mal ein lupenreiner Epiphänomenalismus, mit allen Problemen, die dieser so mit sich bringt.

Für die handlungsauslösende Funktion und die (die Handlungsintentionen umfassende) kognitive Funktion sind verschiedene Hirnareale zuständig. Für die bewusste Handlungsplanung ist der präfrontale und der hintere parietale Kortex zuständig. Entscheidend für die Auslösung von Handlungen sind die Basalganglien, die als unbewusstes Handlungsgedächtnis fungieren, sowie das limbische System als emotionales Gedächtnis; beide Areale arbeiten unbewusst. Was Roth an anderer Stelle betont, ist, dass für die Auslösung einer Willenshandlung die bewusste Handlungsintention nicht ausreicht; ob eine Handlung ausgeführt wird oder nicht, wird unbewusst entschieden; sowohl das Startsignal als auch das Endsignal für eine willentliche Handlung - also vom Entstehen von Wünschen und Absichten bis zur Ausführung der Tat - werden im unbewussten emotionalen Gedächtnis gegeben. Wer immer noch naiv für einen freien Willen Position ergreift, argumentiert somit gegen die Erkenntnisse der Hirnforschung.

Hm? Also, verstehe ich das richtig: die Gehirnforschung sagt, dass bewusste Gedanken und Überlegungen kontrolliert werden können (da sie in bestimmten Gehirnbereichen ablaufen), aber die Handlungen, die eine Person ausführt, prinzipiell nicht (weil sie in anderen Gehirnbereichen ablaufen)? Das wäre, wenn dem so wäre, etwas widersprüchlich, finde ich. Denn dann wären die Handlungen unabhängig von den Überlegungen und das würde uns doch sicher auffallen, oder? Oder können wir gar nichts erkennen? Und: es wäre eine Art von Epiphänomenalismus: unsere bewussten Gedanken und Überlegungen wären unabhängig von unseren Handlungen; sie hätten keine Auswirkungen auf unsere Handlungen.

Ist es nun das, was Du behaupten möchtest?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Für jemanden, der einen Menschen aus einem brennenden Haus rettet, geht diese Kalkulation zugunsten des Wohlbefindens am Ende eben doch auf!

Dazu habe ich oben schon etwas gesagt.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 09.05.2008, 01:02, insgesamt einmal bearbeitet

#1007:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 00:36
    —
Ein Blatt auf dem Tisch ist ja auch an sich kein soziales Konstrukt.

Sozialer Wandel kann von der Systemtheorie nicht beschrieben werden.
Naja, vielleicht gibbet da was aktuelleres, vor 10 jahren war das zumindest noch der Kasus Knacktus.

Aiso bitte ned bewußte Akteure mit, fallenden Blättern vergleichen.

Und auch sowas wie Innovation oder Kreativität, kann ich ned aus deterministischen Einheiten herleiten.
Wenn Änderungen am Gesamtsystem auftreten, diese im nachhinein als Systemeigenschaft zu beschreiben, kommt mir so vor wie die Leutz die immer hinterher schlau kommen:
Das hab ich gewußt.

Hey, ich erkenne das was DT-Systeme leisten können, ich gebe nur Hinweise wo sie versagen.
Ich würdige die Formgebenden Eigenschaften naturwissenschaftlicher Beschreibungen der Welt, daher weiß ich, daß ich nicht UNABHÄNGIG frei davon bin, allerdings habe ich volle gestalterische Freiheit,
nicht nur ich sondern auch im übrigen jedes kulturelle Phänomen ist gestalterisch frei.
Anders ist Geschichte auch nicht verstehbar.

DT fängt aber auch da erst an wo Form da ist, bzw da wo ich Kategorien bilde die in mathematisch naturwissenschaftlicher Sprache abbildbar sind.
Die Logik der Datenfresser ist dann wieder DT - aber die Methodik erweist sich vor allem in empirischen sozilawissenschaften immer wieder als äußerst tückisch und anfechtbar.
Da sind doch recht große Unterschiede in der Qualität der Mechanismen.
Vor allem weil natürlich auch nur die Untersuchungen publiziert werden, die Effekte zeigen konnten,
die Studien die keine Ergebnisse vorweisen sind nun mal ned so interessant.

anderst natürlich hier: Mathe: Form ist Funktion
aber schon in einem verwandten Bereich wirds eirig: Design: Form follows Funktion {lass des mal ned das Rokoko wissen}

Und obwohl ich echt große Achtung vor deinen Kalkulationskünsten hab, wundert es mich, das du vergessen hast, das die Formeln zuerst eine Leistung der Abstraktionsfähigkeit von Individuen waren, die eben nicht den geläufigen Systemen nacheiferten.
Man muß das natürlich nicht FW nennen, aber so zu tun als wären die dafür determiniert ist genauso ein Unsinn.
Heureka-Gefühle sollten dir doch auch geläufig sein.

Von Eric Richard Kandel gabs jüngst einen Artebeitrag über seine Forschung an Neuronen.
Gerade bei Lernprozeßen "knospen" Neuronen, bilden neue Füßchen die mit anderen Neuronen "brücken" bilden können ... diese "aha" Lerneffekte sind damit wirklich teils Zufalls teils willentlich gesteuert.
Zufällig weil welches mit welchem Neuron bei Aktivierung der Knospe noch nicht feststeht
Willentlich weil lernen so ein Motivationsdingens ist, wofür die DTler wiedermal keine Ahnung haben.
Deterministisch wirds dann erst, wenn die Brücke etabliert ist - erst jetzt kann überhaupt von Reiz-Reaktion Schemata ausgegangen werden. Oder nach der Hebbsche Lernregel
Es nützt dir halt scheiß wenig bei Nach heutigen Schätzungen besteht das menschliche Gehirn aus 100 Milliarden oder mehr Nervenzellen, wobei einige neuere Schätzungen sogar von 1 Billion (1.000.000.000.000) Nervenzellen ausgehen. nix alle statistisch möglichen Neuronenverknüpfungen berechenen zu können.

#1008:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 00:38
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ich glaube Deine Argumente sind schon oft widerlegt worden, nur Du willst das nicht einsehen.

Nicht glauben, zeigen! Und zwar nicht intuitionistisch, sondern naturwissenschaftlich nachvollziehbar.


Na ja, so richtig bewiesen hast du deinen Strengen Determinismus auch nicht.
Als grossen Anfangsdeterminator brauchste ja "exotische geschlossene Topographien" kurz nach dem Urknall.

Das riecht sehr metaphysisch und intuitiv.

Dann geht ihr, Strengen Deterministen davon aus, dass das was die Hirnbildlimaler behaupten bedingungslos stimmt.
Das deren Methoden viel zu primitiv und oberflächlich sind um ihre Behauptungen zu stützen wollt ihr noch nicht mal in Betracht ziehen.
Dabei belegen auch die neuesten Erkenntnisse zu viel verschriebenen bisher angeblich wirkungsvollen Psychopharmaka, dass die Hirnwissentastler hauptsächlich mit Scheuklappen durch die Nacht wandeln.
Eure naive Wissenschaftler-Gläubigkeit hat was rührendes.

Agnost

#1009:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 08:09
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Finde ich nicht ganz stichhaltig! Und was ist mit dem Bewusstsein bevor die im Unterbewusstsein stattgefundene Entscheidung erfolgt? Der Schlafwandler würde doch nicht auf die Idee kommen, unbewusst im Eisschrank Milch zu suchen, wenn das Bewusstsein die Tatsache nicht ins Unbewusste programmiert hätte, dass im Eisschrank Milch zu finden sei! Ähnlich wie in Agnost's Beispiel von der sich öffnenden Skibindung: dem Unterbewusstsein würden doch keine Alternativmöglichkeiten offen stehen, wenn das Bewusstsein es nicht vorher vorbereitet hätte.

Also muss in der unbewussten Entscheidung das Bewusstsein mindestens eine vorhergehende Rolle gespielt haben. Ich vermute, dass man tatsächlich ohne Bewusstsein nicht von "Willen" sprechen kann, und ganz sicher nicht von freiem Willen.


Wenn du das für einen trifftigen Einwand hältst, dann nimm halt den Fall des Säuglings. Ein Säugling hat auch noch kein entwickeltes Ich-Bewusstsein (das entwickelt sich erst später), hat aber gleichwohl einen Willen, den er lautstark äußern kann (Schreien=Ich will essen).
Aus meiner Sicht kann man jedem Wesen, das Handlungsantriebe hat (und seien es nur so basale wie den Hunger stillen usw.), einen Willen zusprechen. Das gilt natürlich auch für Tiere. Demnach habe auch niedere Tiere ohne ausgeprägtes Bewusstsein einen Willen.
Aus meiner Sicht ist der Wille dem Bewusstsein vorgängig (auch evolutionär).

#1010:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 08:44
    —
Begeben wir uns doch mal in eine Bereich der einerseits Mathematisch abstrahiert werden kann aber auch "unscharf" funktioniert.

Das Musikgehör und das Zurechthören von Tonleitern und ihren zu Grunde liegenden Stimmungen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stimmung_%28Musik%29

http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstufige_Stimmung

http://de.wikipedia.org/wiki/Reine_Stimmung

Obwohl die fürd das Pianoforte typische Gleichstufige Stimmung ausser der Oktave kein einziges weiteres harmonisches Interval kennt, sind wir fähig die sogenannt harmonischen Intervalle wie Quinte, grosse Terz, kleine Terz, grosse Sexte und kleine Sexte auch in dieser heute gebräuchlichsten Stimmung als harmonisch einzuordnen.

Hören wir in einem Streichquartett allerdings die reinen Intervalle in der Reinen Stimmung, sind wir weiterhin fähig auch diese als harmonisch stimmig wahrzunehmen.

Unser Hirn ist also fähig, reine ganzzahlige Verhältnisse und unreine irrationale Verhältnisse als ähnlich harmonisch wahr zu nehmen.

Unser Hirn ist also fähig mit "Slack"-Phänomenen umzugehen, absolut sauber determinierte Relationen sind nicht nötig, auch ungefähre Näherungen werden nicht nur toleriert und krampfhaft zurechtgehört, sondern problemlos akzeptiert und genossen.

Wenn wir dann noch einrechnen, dass unser Hirn aus weicher sich selbst immer wieder neu formender Masse besteht, die polyredundant organisiert ist, reduziert sich die Möglichkeit einer "Totalen Determiniertheit" auf ein sehr geringes Mass.

Die uns bekannte Welt beweisst auch weiters, dass nichts "Reines" und "Totales" ausserhalb der theoretischen Abstraktion existiert.
Aber auch in diesem Reich ist das nicht gesichert, da noch nicht mal die Mathematik eine in sich widerspruchsfreie Zone bildet.

Agnost

#1011:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 09:41
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Finde ich nicht ganz stichhaltig! Und was ist mit dem Bewusstsein bevor die im Unterbewusstsein stattgefundene Entscheidung erfolgt? Der Schlafwandler würde doch nicht auf die Idee kommen, unbewusst im Eisschrank Milch zu suchen, wenn das Bewusstsein die Tatsache nicht ins Unbewusste programmiert hätte, dass im Eisschrank Milch zu finden sei! Ähnlich wie in Agnost's Beispiel von der sich öffnenden Skibindung: dem Unterbewusstsein würden doch keine Alternativmöglichkeiten offen stehen, wenn das Bewusstsein es nicht vorher vorbereitet hätte.

Also muss in der unbewussten Entscheidung das Bewusstsein mindestens eine vorhergehende Rolle gespielt haben. Ich vermute, dass man tatsächlich ohne Bewusstsein nicht von "Willen" sprechen kann, und ganz sicher nicht von freiem Willen.


Wenn du das für einen trifftigen Einwand hältst, dann nimm halt den Fall des Säuglings. Ein Säugling hat auch noch kein entwickeltes Ich-Bewusstsein (das entwickelt sich erst später), hat aber gleichwohl einen Willen, den er lautstark äußern kann (Schreien=Ich will essen).
Aus meiner Sicht kann man jedem Wesen, das Handlungsantriebe hat (und seien es nur so basale wie den Hunger stillen usw.), einen Willen zusprechen. Das gilt natürlich auch für Tiere. Demnach habe auch niedere Tiere ohne ausgeprägtes Bewusstsein einen Willen.
Aus meiner Sicht ist der Wille dem Bewusstsein vorgängig (auch evolutionär).
Also jetzt ist es schon notwendig, ein klares "distinguo" anzumelden! Offenbar ist der Begriff "Willen" immer noch nicht genügend differenziert klargestellt worden. Wenn ein Säugling nach Nahrung schreit, ist das sicher nicht von irgendeinem Bewusstsein vorprogrammiert, sondern durch die Evolution festverdrahtet worden - gibt ja einen leicht einsehbaren Überlebensvorteil! Das aber als Argument einzusetzen, dass ein Schlafwandler wie ein schreiendes Kind im Kühlschrank nach Milch sucht ist - wie soll ich sagen - leicht einfältig...

Also, welche Arten von Willen kann man sich vorstellen? Ob sie dann in der Natur realisiert werden, darüber können wir ja diskutieren, aber bitte mit klaren Vorstellungen darüber, worum eigentlich debatiert wird.

"Vorverdrahteter Wille" wäre einer, obwohl ich finde, dass da der Begriff "Wille" etwas stark ausgedehnt worden ist. Vergleichbar mit dem Willen einer Ameise vielleicht, wobei ich der Ameise das Recht zu einem eigenen Willen ja nicht absprechen möchte.

"Antrainierter Wille" wäre eine andere Art von "Wille". Also durch Erziehung welcher Art auch immer Reflexe in einem Lebewesen (inklusive Mensch) aufzubauen, in bestimmten Situationen etwas spezifisches zu wollen. Dieser Wille ist sicher nicht vorverdrahtet, aber sicher auch nicht frei. Meist führen sie zu all den Knörzen, die man an sich und anderen beobachten kann. Man könnte dann aber weiter unterscheiden, dass ein Tennisspieler zuerst einmal bei sich die Motivation aufgebaut hat, gut Tennis zu spielen, und danach "aus freiem Willen" den Trainings-Anleitungen des Tennislehrers blind befolgt. Alle verschiedenen "Willens"-Varianten sind hier denkbar und mit Beispielen illustrierbar.

"Bewusster Wille" würde einen solchen beschreiben, der sich nach eingehenden Überlegungen äussern kann. Dieser kann wiederum verschiedene Varianten umfassen, wie eine bewusste Willensvorbereitung und eine unbewusste Willensäusserung (wäre vielleicht der Fall des Nachtwandlers) oder eine unbewusste Willensvorbereitung (beeinflusst durch verschiedenste Umweltsbedingungen) und eine bewusste Willensäusserung (d.h. eine Entscheidung unter bewusster Berücksichtigung aller vorhergehenden und zu erwartenden Faktoren).

"Freier Wille" wäre dann die Krönung des Ganzen. Dieser würde wahrscheinlich alles, was ich vorher beschrieben habe, umfassen und weiter dem Individuum noch die Freiheit zugestehen, "willkürlich" zu entscheiden.

Hier werden alle Willens-Kategorien bunt durcheinandergewürfelt und quer gegeneinander ausgespielt. Die Debatte hat schon lange keinen rationalen Charakter mehr...

EDIT: Am einfachsten ist es natürlich, wenn man dem ganzen Willenskomplex einen rein deterministischen Charakter unterjubelt. Dann ist alles dasselbe - d.h. alles ist vorbestimmt und kausal determiniert. Schöne einfache Welt...

#1012:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 09:57
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:

Finde ich nicht ganz stichhaltig! Und was ist mit dem Bewusstsein bevor die im Unterbewusstsein stattgefundene Entscheidung erfolgt? Der Schlafwandler würde doch nicht auf die Idee kommen, unbewusst im Eisschrank Milch zu suchen, wenn das Bewusstsein die Tatsache nicht ins Unbewusste programmiert hätte, dass im Eisschrank Milch zu finden sei! Ähnlich wie in Agnost's Beispiel von der sich öffnenden Skibindung: dem Unterbewusstsein würden doch keine Alternativmöglichkeiten offen stehen, wenn das Bewusstsein es nicht vorher vorbereitet hätte.

Also muss in der unbewussten Entscheidung das Bewusstsein mindestens eine vorhergehende Rolle gespielt haben. Ich vermute, dass man tatsächlich ohne Bewusstsein nicht von "Willen" sprechen kann, und ganz sicher nicht von freiem Willen.


Wenn du das für einen trifftigen Einwand hältst, dann nimm halt den Fall des Säuglings. Ein Säugling hat auch noch kein entwickeltes Ich-Bewusstsein (das entwickelt sich erst später), hat aber gleichwohl einen Willen, den er lautstark äußern kann (Schreien=Ich will essen).
Aus meiner Sicht kann man jedem Wesen, das Handlungsantriebe hat (und seien es nur so basale wie den Hunger stillen usw.), einen Willen zusprechen. Das gilt natürlich auch für Tiere. Demnach habe auch niedere Tiere ohne ausgeprägtes Bewusstsein einen Willen.
Aus meiner Sicht ist der Wille dem Bewusstsein vorgängig (auch evolutionär).


Mr. Green tit fot tat
wenn ich ausm Impuls ein sozio relativiertes konstrukt mach,
darfst du natürlich auch Wille zu Instinkt machen und bewußtes auf reine Sensorik reduzieren ...

überzeugen tust du mich dennoch nicht.
Weil menschliches Bewußtsein, im Sinne von ausgereiftem Selbstbewußtsein eben nicht in die geschlossene Systematik der stofflichen Realitäten paßt.

Ihr mogelt euch da immer wieder vorbei.
Bewußtsein ist Fakt - kann aber nur immateriell erklärt werden.
Der Trick ist nun, das einfach dem Determinismus dazuzuschlagen und jeder Konkretisierung aus dem Weg zu gehen.

Da muß dann der FW-Vertreter sowas sagen wie reflexives Bewußtsein, was natürlich genaugenommen eine Dopplung ist.

Diese zwei unsehligen Begriffe sind sowas von unnütz, keines kann von sich aus irgendetwas wirklich erklären.
Während zu früheren Zeiten der FW maßlos überhöht wurde, scheinen nun die DTler nicht mehr zu wissen wo der Geltungsbereich der Annahmen aufhört.

#1013:  Autor: Paul LaskerWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 10:06
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Weia, dann hab ich ja in deinem Fall sogar ins Schwarze getroffen. Traurig

Was ist denn daran so schlimm? Warum denn der da ---> Traurig
Frage Frage Frage

Ein Mißverständnis?

#1014:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 10:23
    —
Nehmen wir mal an, es gäbe keine Willensfreiheit. Welche gesellschaftliche Konsequenz ermitteln eigentlich diese Wissenschaftler, welche die sonstigen Verfechter dieser Vorstellung?
Das mal darstellen.

#1015:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 10:30
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Begeben wir uns doch mal in eine Bereich der einerseits Mathematisch abstrahiert werden kann aber auch "unscharf" funktioniert.

Das Musikgehör und das Zurechthören von Tonleitern und ihren zu Grunde liegenden Stimmungen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stimmung_%28Musik%29

http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstufige_Stimmung

http://de.wikipedia.org/wiki/Reine_Stimmung

Obwohl die fürd das Pianoforte typische Gleichstufige Stimmung ausser der Oktave kein einziges weiteres harmonisches Interval kennt, sind wir fähig die sogenannt harmonischen Intervalle wie Quinte, grosse Terz, kleine Terz, grosse Sexte und kleine Sexte auch in dieser heute gebräuchlichsten Stimmung als harmonisch einzuordnen.

Hören wir in einem Streichquartett allerdings die reinen Intervalle in der Reinen Stimmung, sind wir weiterhin fähig auch diese als harmonisch stimmig wahrzunehmen.

Unser Hirn ist also fähig, reine ganzzahlige Verhältnisse und unreine irrationale Verhältnisse als ähnlich harmonisch wahr zu nehmen.

Unser Hirn ist also fähig mit "Slack"-Phänomenen umzugehen, absolut sauber determinierte Relationen sind nicht nötig, auch ungefähre Näherungen werden nicht nur toleriert und krampfhaft zurechtgehört, sondern problemlos akzeptiert und genossen.

Wenn wir dann noch einrechnen, dass unser Hirn aus weicher sich selbst immer wieder neu formender Masse besteht, die polyredundant organisiert ist, reduziert sich die Möglichkeit einer "Totalen Determiniertheit" auf ein sehr geringes Mass.

Die uns bekannte Welt beweisst auch weiters, dass nichts "Reines" und "Totales" ausserhalb der theoretischen Abstraktion existiert.
Aber auch in diesem Reich ist das nicht gesichert, da noch nicht mal die Mathematik eine in sich widerspruchsfreie Zone bildet.

Agnost


Ich will von den "Strengen Deterministen" lesen, warum unser Hirn fähig ist,

http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstufige_Stimmung

http://de.wikipedia.org/wiki/Reine_Stimmung

sowohl die Reine Rationale Stimmung wie auch die Irrationale unreine Gleichstufige Stimmung als "harmonisch" stimmig empfinden kann.

Welche Determination erlaubt es uns beide als "stimmig" zu empfinden?

Agnost

#1016:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 10:50
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob sie immer so handeln, dass letztlich gesamt gesehen die Summe des Wohlbefindens nach ihrer Voraussicht positiv ist, ...

Der Meinung bin auch ich keineswegs, schließlich werden viele Handlungen unbewußt gesteuert. Manche Leute beherrschen sogar die Kunst, andere Menschen für ihr eigenes Wohlbefinden handeln zu lassen. Hier ging es mir nur darum, daß im Falle einer altruistischen Tat präferenzbasiertes Handeln nicht ausgeschlossen ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Willensfreiheit bedeutet für mich, wie schon gesagt, die Fähigkeit des (normalen erwachsenen) Menschen, die eigenen Handlungen und die anderer zu reflektieren und darauf basierend sich auch über die eventuell gegebenen primären Triebe hinwegzusetzen. Um das zu können, ist ein gewisser Determinismus sogar unabdingbar, zum Beispiel in einer ausschließlich zufälligen Welt wäre diese Fähigkeit prinzipiell nicht möglich. Daher sehe ich immer noch keinen Gegensatz zwischen dieser Freiheit und einer ausschließlich naturgesetzlichen Welt. Für diese Fähigkeit ist natürlich die Simulation von eventuellen Verläufen bei bestimmten eventuellen Handlungen notwendig.

Das sehe ich ebenso, außer daß ich darin keinerlei "Freiheit" sehe, sondern den von Dir beschriebenen Prozeß als "Willensbildung", "präferenzbasiertes Handeln" oder ähnlich bezeichnen würde. In der Tat liegt kein Widerspruch zwischen dem von Dir beschriebenen Prozeß und der Determiniertheit, da Du ja im Gegensatz zu einigen anderen FW-Vertretern hier keine echten Möglichkeiten behauptest. Für mich kommt ein gewisser Widerspruch in Deiner Haltung erst durch die Benutzung des Wortes "frei" zustande.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Anders gesagt: ich meine, es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen folgenden zwei hypothetischen Fällen: a) in China fällt ein Sack Reis um und erschlägt einen Menschen und b) ich entscheide mich dafür (ohne dazu gezwungen zu sein), einen Menschen zu töten. Mir scheint immer, dass Inkompatibilisten behaupten wollen, beide Fälle seien gleich zu bewerten, weil sie gleich determiniert seien. Ich meine das aber nicht: mit Fall a) habe ich nichts zu tun, für den toten Menschen in Fall b) bin jedoch mMn ich verantwortlich.

Beide Fälle sind zunächst gleich zu bewerten in bezug auf ihre Determiniertheit. Sie unterscheiden sich dadurch, daß ein Mensch ein soziales Wesen ist: Sein Entscheidungsprozeß ist komplexer als der des Sacks, er besitzt eine weitere Schnittstelle zu dessen Beeinflussung (Erziehung, Kommunikation, Moral, ...), und daher weisen wir ihm Verantwortung zu: Wir erwarten normgerechtes Verhalten von ihm (wir erwarten auch vom Reissack, daß er stehenbleibt), und zusätzlich wissen wir, daß seine Bewertungsinstanz zu einer gewissen Simulation und Abwägung fähig ist, und wir erwarten, daß dies determiniert in unserem Sinne geschieht. Aus kulturellen bzw. psychologistischen Gründen überladen wir diesen Zusammenhang dann noch, indem wir Verantwortung, Schuld usw. wie Eigenschaften des Menschen deuten.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Übrigens finde ich witzig, wie widersprüchlich Alltagssituation von den FW-Vertretern als besondere Beweise für den FW bezeichnet werden:
- Einer empfindet es als besonders "frei", wenn jemand gegen seine Präferenzen handelt.
- Der andere definiert Freiheit als den Fall, in dem man gemäß seiner Präferenzen handelt.

Sind halt unterschiedliche Positionen. Und? Ich meine nicht, dass es irgendwie eine Verpflichtung für mich gäbe, eine mir fremde Position einzunehmen, nur weil Du sie hier als eine, nämlich die der "FW-Vertreter" hinstellst.

Ich habe sie ja gerade nicht als eine, sondern als mehrere (widersprüchliche) Positionen hingestellt. Mir geht es nicht darum, daß Du sie annimmst, eher frage ich mich, warum Du nicht zwischendurch mal eine der offensichtlich unsinnigen FW-Positionen kritisierst. Es entsteht sonst der Eindruck, daß es Dir nur darum geht, daß man am FW festhält, egal was man darunter versteht oder wie unsinnig man das begründet.

Deine Position hat ja immerhin den Vorteil, daß sie nicht gleich physikalisch widerlegbar ist, denn sie beschreibt (anders als die meisten FW-Vertreter hier) im Prinzip gar keine Friheit, sondern "nur" einen Bewertungsvorgang und daraus resultierenden Handlungsimpuls, also etwas komplett Kausales. Wir streiten uns also nur um das Wort "frei", und dann vielleicht über praktische Ethik wie in der Strafrechtsdiskussion.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Oder rationales Verhalten: Ist es besonders "frei" oder besonders berechenbar? Oder beides?

In meinem Standpunkt ist ein Verhalten dann (graduell) frei, wenn es nicht (je weniger, desto freier) durch äußere oder innere Zwänge determiniert wurde.

Und wie ist das nun bei rationalem Verhalten? Also z.B. jemand betrachtet "kühl" verschiedene Varianten und entscheidet sich dann für die nachvollziehbar günstigste? Ist es ein (innerner, äußerer) Zwang, daß die günstigste Vaiante berechenbar ist?

#1017:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 10:51
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir mal an, es gäbe keine Willensfreiheit. Welche gesellschaftliche Konsequenz ermitteln eigentlich diese Wissenschaftler, welche die sonstigen Verfechter dieser Vorstellung? Das mal darstellen.

Wurde schon ausführlich diskutiert, insbesondere mögl. Konsequenzen für Schuldprinzip und Strafrecht.

#1018:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 11:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob sie immer so handeln, dass letztlich gesamt gesehen die Summe des Wohlbefindens nach ihrer Voraussicht positiv ist, ...

Der Meinung bin auch ich keineswegs, schließlich werden viele Handlungen unbewußt gesteuert. Manche Leute beherrschen sogar die Kunst, andere Menschen für ihr eigenes Wohlbefinden handeln zu lassen. Hier ging es mir nur darum, daß im Falle einer altruistischen Tat präferenzbasiertes Handeln nicht ausgeschlossen ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Willensfreiheit bedeutet für mich, wie schon gesagt, die Fähigkeit des (normalen erwachsenen) Menschen, die eigenen Handlungen und die anderer zu reflektieren und darauf basierend sich auch über die eventuell gegebenen primären Triebe hinwegzusetzen. Um das zu können, ist ein gewisser Determinismus sogar unabdingbar, zum Beispiel in einer ausschließlich zufälligen Welt wäre diese Fähigkeit prinzipiell nicht möglich. Daher sehe ich immer noch keinen Gegensatz zwischen dieser Freiheit und einer ausschließlich naturgesetzlichen Welt. Für diese Fähigkeit ist natürlich die Simulation von eventuellen Verläufen bei bestimmten eventuellen Handlungen notwendig.

Das sehe ich ebenso, außer daß ich darin keinerlei "Freiheit" sehe, sondern den von Dir beschriebenen Prozeß als "Willensbildung", "präferenzbasiertes Handeln" oder ähnlich bezeichnen würde. In der Tat liegt kein Widerspruch zwischen dem von Dir beschriebenen Prozeß und der Determiniertheit, da Du ja im Gegensatz zu einigen anderen FW-Vertretern hier keine echten Möglichkeiten behauptest. Für mich kommt ein gewisser Widerspruch in Deiner Haltung erst durch die Benutzung des Wortes "frei" zustande.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Anders gesagt: ich meine, es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen folgenden zwei hypothetischen Fällen: a) in China fällt ein Sack Reis um und erschlägt einen Menschen und b) ich entscheide mich dafür (ohne dazu gezwungen zu sein), einen Menschen zu töten. Mir scheint immer, dass Inkompatibilisten behaupten wollen, beide Fälle seien gleich zu bewerten, weil sie gleich determiniert seien. Ich meine das aber nicht: mit Fall a) habe ich nichts zu tun, für den toten Menschen in Fall b) bin jedoch mMn ich verantwortlich.

Beide Fälle sind zunächst gleich zu bewerten in bezug auf ihre Determiniertheit. Sie unterscheiden sich dadurch, daß ein Mensch ein soziales Wesen ist: Sein Entscheidungsprozeß ist komplexer als der des Sacks, er besitzt eine weitere Schnittstelle zu dessen Beeinflussung (Erziehung, Kommunikation, Moral, ...), und daher weisen wir ihm Verantwortung zu: Wir erwarten normgerechtes Verhalten von ihm (wir erwarten auch vom Reissack, daß er stehenbleibt), und zusätzlich wissen wir, daß seine Bewertungsinstanz zu einer gewissen Simulation und Abwägung fähig ist, und wir erwarten, daß dies determiniert in unserem Sinne geschieht. Aus kulturellen bzw. psychologistischen Gründen überladen wir diesen Zusammenhang dann noch, indem wir Verantwortung, Schuld usw. wie Eigenschaften des Menschen deuten.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Übrigens finde ich witzig, wie widersprüchlich Alltagssituation von den FW-Vertretern als besondere Beweise für den FW bezeichnet werden:
- Einer empfindet es als besonders "frei", wenn jemand gegen seine Präferenzen handelt.
- Der andere definiert Freiheit als den Fall, in dem man gemäß seiner Präferenzen handelt.

Sind halt unterschiedliche Positionen. Und? Ich meine nicht, dass es irgendwie eine Verpflichtung für mich gäbe, eine mir fremde Position einzunehmen, nur weil Du sie hier als eine, nämlich die der "FW-Vertreter" hinstellst.

Ich habe sie ja gerade nicht als eine, sondern als mehrere (widersprüchliche) Positionen hingestellt. Mir geht es nicht darum, daß Du sie annimmst, eher frage ich mich, warum Du nicht zwischendurch mal eine der offensichtlich unsinnigen FW-Positionen kritisierst. Es entsteht sonst der Eindruck, daß es Dir nur darum geht, daß man am FW festhält, egal was man darunter versteht oder wie unsinnig man das begründet.

Deine Position hat ja immerhin den Vorteil, daß sie nicht gleich physikalisch widerlegbar ist, denn sie beschreibt (anders als die meisten FW-Vertreter hier) im Prinzip gar keine Friheit, sondern "nur" einen Bewertungsvorgang und daraus resultierenden Handlungsimpuls, also etwas komplett Kausales. Wir streiten uns also nur um das Wort "frei", und dann vielleicht über praktische Ethik wie in der Strafrechtsdiskussion.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Oder rationales Verhalten: Ist es besonders "frei" oder besonders berechenbar? Oder beides?

In meinem Standpunkt ist ein Verhalten dann (graduell) frei, wenn es nicht (je weniger, desto freier) durch äußere oder innere Zwänge determiniert wurde.

Und wie ist das nun bei rationalem Verhalten? Also z.B. jemand betrachtet "kühl" verschiedene Varianten und entscheidet sich dann für die nachvollziehbar günstigste? Ist es ein (innerner, äußerer) Zwang, daß die günstigste Vaiante berechenbar ist?


Und womit widerspricht das nun der Position des "bedingt Freien Willens"

Wir können nicht tun, was wir nicht tun können, aber wir können sehr wohl tun was wir können tun und das ist in vielen Situationen mehr als nur eine Handlungsmöglichkeit.

Und auch du streitest nicht ab, dass wir um die diversen Handlungmöglichkeiten wissen.

Was spricht also dagegen, dass wir bis vor der finalen Entscheidung nicht abwägen, was wir nun aus den verscheidenen Alternativen wollen?

Glaubst du, dass wir so eng determiniert sind wie ein Computer?

Agnost

#1019:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 11:23
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Und womit widerspricht das nun der Position des "bedingt Freien Willens"

Was genau? Du zitierst einen ganzen post und dann so eine Frage.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Wir können nicht tun, was wir nicht tun können, aber wir können sehr wohl tun was wir können tun ...

Soweit richtig (und trivial).

Agnost hat folgendes geschrieben:
... und das ist in vielen Situationen mehr als nur eine Handlungsmöglichkeit.

Nein, es kann aus physikalischen Gründen nur eine sein.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Und auch du streitest nicht ab, dass wir um die diversen Handlungmöglichkeiten wissen.

Wir können uns oft verschiedene Abläufe vorstellen (!), die wir alle für realisierbar halten, weil wir gewohnt sind, daß sie in ähnlichen Situationen so eintreten. Unsere Simualtionsfähigkeit ist zu schwach, als daß wir sie als unphysikalisch erkennen würden.
Also: mehrere Zukünfte vorstellen: ja. echte Möglichkeiten: nein.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Was spricht also dagegen, dass wir bis vor der finalen Entscheidung nicht abwägen, was wir nun aus den verscheidenen Alternativen wollen?

Gar nichts spricht dagegen. Nur ist diese Abwägung nicht frei, sondern determiniert.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Glaubst du, dass wir so eng determiniert sind wie ein Computer?

Wir gehorchen derselben Physik.

#1020:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 11:34
    —
Step wir können vor der roten Ampel stehen bleiben oder nicht.

Diese Handlungsalternativen sind da.

Wir können auch zuerst warten und dann doch rübergehen.

Aber geh doch mal auf mein Musikbeispiel ein.

Als Pythagoräer müsstest du mir doch erklären können, warum under Ohr in der Lage ist, sowohl die "Reine" Stimmung, wie auch die "Gleichstufige Stimmung" als "Funktionsharmonisch Richtig" zu erkennen.

Was hat dieser "Slack-Effekt" für eine Auswirkung auf unser Denken?

Agnost

#1021:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 12:00
    —
Bei bloßer Determiniertheit würde sich sehr wenig Neues einstellen, der Kreativität wären enge Grenzen gesetzt. Im Großen und Ganzen wäre dann alles ein ewiger Kreislauf, eine ständige Wiederholung.

#1022:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 12:26
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Bei bloßer Determiniertheit würde sich sehr wenig Neues einstellen, der Kreativität wären enge Grenzen gesetzt. Im Großen und Ganzen wäre dann alles ein ewiger Kreislauf, eine ständige Wiederholung.

Nein, wieso? Die infragestehenden Systeme erlauben die Emergenz sehr komplexer Phänomene wie etwa die Enstehung von Galaxien und einer Erde mit Wetter aus vielen einfachen Kräften und Elementarteilchen. Warum soll nicht auch Bewußtsein und Kreativität entstehen?

Ich kann Dir nicht sagen, wie das genau geht, denn so weit ist die Forschung noch nicht. Sicher ist nur, daß es im wesentlichen determiniert abläuft.

#1023:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 12:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Bei bloßer Determiniertheit würde sich sehr wenig Neues einstellen, der Kreativität wären enge Grenzen gesetzt. Im Großen und Ganzen wäre dann alles ein ewiger Kreislauf, eine ständige Wiederholung.

Nein, wieso? Die infragestehenden Systeme erlauben die Emergenz sehr komplexer Phänomene wie etwa die Enstehung von Galaxien und einer Erde mit Wetter aus vielen einfachen Kräften und Elementarteilchen. Warum soll nicht auch Bewußtsein und Kreativität entstehen?

Ich kann Dir nicht sagen, wie das genau geht, denn so weit ist die Forschung noch nicht. Sicher ist nur, daß es im wesentlichen determiniert abläuft.


Aber so könnte auch "bedingt Freier Willen" entstehen.

Das unser Denken und unsere Exitenz weitgehend determiniert sins zweifelt kaum ein denker User in diesem Forum an.

Nur dass wir "totat" determiniert sind, dagegen streubt sich unser "empirisches" Wissen, und ich denke auch empirisch begründet.

Agnost

A

#1024:  Autor: Achiever BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 12:36
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Bei bloßer Determiniertheit würde sich sehr wenig Neues einstellen, der Kreativität wären enge Grenzen gesetzt. Im Großen und Ganzen wäre dann alles ein ewiger Kreislauf, eine ständige Wiederholung.


Auch die Evolution ist determiniert. Dennoch dreht sie sich nicht im Kreis!

Nach diesem (Evolutions-)Muster könnten neue "kreative" Gedanken und Ideen (einschl. zahlreicher Varianten davon) entstehen, ohne dass ein "Freier Wille" oder sonst ein "intelligenter" Entscheider dafür notwendig wäre. Ich kann mir kein Wesen vorstellen, weder Mensch noch "Gott", welches dazu fähig wäre etwas völlig Neues zu erschaffen/kreieren ohne dabei ausschliesslich auf das bereits Vorhandene zurückzugreifen.

Kreativität wird überbewertet.

#1025:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 12:38
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?


Das geht nur, wenn es denn "bedingt Freien Willen" gibt.

Agnost

#1026:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 12:45
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Aber so könnte auch "bedingt Freier Willen" entstehen.

Nur unfreier (determinierter) Freier Wille. Manche Kompatibilisten sind sich dessen bewußt und nennen den unfreien FreienWillen "bedingt Freier Wille", damit es besser klingt. Andere verstehen unter "bedingt FW" dagegen einen Willen, der zumindest in einigen wenigen Situation echt frei ist. Diese Sorte bFW ist aber unphysikalisch.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Das unser Denken und unsere Exitenz weitgehend determiniert sins zweifelt kaum ein denker User in diesem Forum an. Nur dass wir "totat" determiniert sind, dagegen streubt sich unser "empirisches" Wissen, und ich denke auch empirisch begründet.

Dagegen sträubt sich nicht unser empirisches Wissen, sondern unsere Intuition. Ähnlich schwer ist es auch, die Leute zu überzeugen, daß die Zeit nicht "fließt" oder daß die Wahrscheinlichkeit beim Ziegenproblem 2/3 ist.

#1027:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 12:46
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?
Das geht nur, wenn es denn "bedingt Freien Willen" gibt.

Falsch! Es geht auch, wenn der Ablauf so determiniert ist.

#1028:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:01
    —
@ Skeptiker:

Zitat:
Ich kenne Sätze von Augustinus aus einigen Vorlesungen in 2 Semestern Philosophie. Kann mich daran aber nicht mehr erinnern und habe deshalb noch mal einiges quer gelesen.

Die Fähigkeit des schnellen und verständigen Quer-Lesen-Könnens ist eine wichtige Fähigkeit in der heutigen schweren Zeit der Informations-Überflutungs-Wellenfunktionen.


Noch wichtiger ist die Fähigkeit des langsamen und genauen Lesens, wenn man sich zu einem Thema äußern möchte.

Zitat:
Aus einem blinden Indeterminismus folgt noch nicht besonders viel.


Korrekt.

Zitat:
Meiner Ansicht nach steht die Annahme eines Schicksals, einer Prädestination und/oder eines Determinismus immer am Anfang.

Dann gab es im Laufe der menschlichen Geschichte verschiedene Begründungsversuche der Vorsehung:

- die religiöse mit Göttern, Geistern, Teufeln, Engeln und Dämonen.
- die biologistische/sozialdarwinistische
- die neurobiologischen Empirien, unterfüttert vom radikalen Konstruktivismus
- nun die physikalistisch-reduktionistische Theorie, die sich an die Quantenmechanik hängt und den Menschen für einen Schachcomputer hält.

Hinreichend oder auch nur wissenschaftlich ist dies alles nicht.


Ja. Nur scheinst du zu übersehen, dass alles was nach deinem fetten "dann" folgt, nicht zwingend mit dem in Verbindung steht, was davor steht...

Zitat:
Gemeinsam ist aber all diesen philosophischen Versuchen, eine über allem stehende absolute Notwendigkeit zu deklarieren.


Aus obigen Grunde vollkommen irrelevant.

Zitat:
Wenn man Luther oder den Faschisten Nicolai nimmt, ist Deine Aussage geradezu krachend wiederlegt.


Nochmal: Wo begründet der Herr Luther oder der Faschist Nicolai (der übrigens eine vollkommen falsche Vorstellung von dem Einfluss der Gene auf den Menschen hat...) an sich logisch ausgehend von dem Determinismus eine "oberste Notwendigkeit" ohne dabei einen naturalistischen Fehlschluss zu begehen? Begriffe in einem Satz nennen kann jeder, aber einen wircklich stringenten Zusammenhang aufzuzeigen, ist wieder etwas ganz anderes. Ich kann auch die "Menschenwürde" mit der "Gottesebenbildschaft" "begründen", nur halt eben nicht wircklich logisch...

Zitat:
Also nimm endlich mal die Realität zu Kenntnis.


Mir scheint, dass ich sie nicht nur zur Kenntis nehme, sondern auch versuche sie differenziert zu betrachten.

Zitat:
Etwas qualitativ völlig anderes ist dagegen das dialektische Verständnis einer Bedingtheit des Bewusstseins nicht einfach nur durch die Physiologie, sondern auch durch langfristige Lebens- und Entwicklungsbedingungen von Menschen, von Individuen.


Da gebe ich dir prinzipiell recht, auch wenn ich der Ansicht bin, dass der Mensch sich natürlich nur von seiner Physiologie ausgehend entwickeln kann (Fliegen wirst du nicht lernen z.b...). Nur steht diese Annahme noch nicht einmal im Widerspruch zur Annahme des Determinismuses.

Zitat:
Ich finde, nicht nur Roth & co. sind mit ihren Experimenten am philosohischen Wunschziel gescheitert. Der ganze Sachverhalt ist zu komplex und wichtig, um ihn solchen Schmalspurtheoretikern zu überlassen.


Schonmal auf die Idee gekommen, dass Roth und Co. unter "Willensfreiheit" das Gleiche verstehen, wie du unter dem "religiösen und idealistischen freien Willen"?

#1029:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:15
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?
Das geht nur, wenn es denn "bedingt Freien Willen" gibt.

Falsch! Es geht auch, wenn der Ablauf so determiniert ist.


Mooment!
Können wir nach Deiner Auffassung jetzt entscheiden, ob wir eine Pause einlegen oder nicht?

#1030:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:22
    —
Zitat:
Können wir nach Deiner Auffassung jetzt entscheiden, ob wir eine Pause einlegen oder nicht?



Das ist doch so schwer nicht: Du bist dir der Alternativen bewusst. Entscheiden tust du dich nur für eine, der Prozess, der dahintersteck, mag er nun länger oder kürzer sein, ist durchaus nicht "frei" und wenn doch, würde ich mir Sorgen um deine Zurechnungsfähigkeit machen, in dem Sinne nämlich, dass deine Entscheidungen rein zufällig geschehen...

Bzw. "Unfrei" fühlen würdest du dich dann wenn dir jemand die Entscheidung die du im Endeffekt triffst verwehrt, oder eventuell auch dann, wenn von vornerein nur eine Option für dich offen steht, sogar vllt auch dann, wenn es die wäre die du im Endeffekt nehmen würdest, weil man dir gar nicht erst das Recht zugesteht, dir darüber Gedanken zu machen. Man weiss ja durchaus nicht, wohin einen ein Denkprozess, wenn er ersteinmal anfängt, auch trägt.

Das alles setzt in keinster Weise einen Indeterminimus voraus.

#1031:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:28
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Können wir nach Deiner Auffassung jetzt entscheiden, ob wir eine Pause einlegen oder nicht?



Das ist doch so schwer nicht: Du bist dir der Alternativen bewusst. Entscheiden tust du dich nur für eine, der Prozess, der dahintersteck, mag er nun länger oder kürzer sein, ist durchaus nicht "frei" und wenn doch, würde ich mir Sorgen um deine Zurechnungsfähigkeit machen, in dem Sinne nämlich, dass deine Entscheidungen rein zufällig geschehen...

Bzw. "Unfrei" fühlen würdest du dich dann wenn dir jemand die Entscheidung die du im Endeffekt triffst verwehrt, oder eventuell auch dann, wenn von vornerein nur eine Option für dich offen steht, sogar vllt auch dann, wenn es die wäre die du im Endeffekt nehmen würdest, weil man dir gar nicht erst das Recht zugesteht, dir darüber Gedanken zu machen. Man weiss ja durchaus nicht, wohin einen ein Denkprozess, wenn er ersteinmal anfängt, auch trägt.

Das alles setzt in keinster Weise einen Indeterminimus voraus.


Können wir uns jetzt entscheiden ob wir eine Pause einlegen oder nicht?

Lebensweltlich:
[x] Ja (allgemeiner Konsens - behaupte ich mal)
[ ] Nein

Objektiv:
[ ] Ja
[ ] Nein
?

Was ist Deine Auffassung?

#1032:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:34
    —
Zitat:
Können wir uns jetzt entscheiden ob wir eine Pause einlegen oder nicht?

Lebensweltlich:
[x] Ja (allgemeiner Konsens - behaupte ich mal)
[ ] Nein

Objektiv:
[ ] Ja
[ ] Nein
?

Was ist Deine Auffassung?


Ich denke meine Auffassung wird im obigen Beitrag klar genug. Der Punkt ist nämlich, dass ich Schwierigkeiten habe, zu verstehen was du konkret unter "wir" versehst. Selbstverständlich entscheidet unser "Selbst", der Punkt ist nur, dass "wir" unser Selbst ja nicht selbst ausgesucht haben...dementsprechend würde ich zu objektiv "Nein" tendieren, allerdings halte ich diese Annahme gar nicht für schrecklich, sondern eher für banal, denn was bedeutet schon "objektiv"...
Ich glaube nämlich, dass "Entscheidung" nur ein Wort ist, das wir für etwas verwenden, das am Ende eines Prozesses steht. Deswegen verstehe ich auch gar nicht, was genau du dir unter einer "objektiven" Entscheidung genau vorstellen würdest.

#1033:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:45
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Willensfreiheit bedeutet für mich, wie schon gesagt, die Fähigkeit des (normalen erwachsenen) Menschen, die eigenen Handlungen und die anderer zu reflektieren und darauf basierend sich auch über die eventuell gegebenen primären Triebe hinwegzusetzen. Um das zu können, ist ein gewisser Determinismus sogar unabdingbar, zum Beispiel in einer ausschließlich zufälligen Welt wäre diese Fähigkeit prinzipiell nicht möglich. Daher sehe ich immer noch keinen Gegensatz zwischen dieser Freiheit und einer ausschließlich naturgesetzlichen Welt. Für diese Fähigkeit ist natürlich die Simulation von eventuellen Verläufen bei bestimmten eventuellen Handlungen notwendig.

Das sehe ich ebenso, außer daß ich darin keinerlei "Freiheit" sehe, sondern den von Dir beschriebenen Prozeß als "Willensbildung", "präferenzbasiertes Handeln" oder ähnlich bezeichnen würde. In der Tat liegt kein Widerspruch zwischen dem von Dir beschriebenen Prozeß und der Determiniertheit, da Du ja im Gegensatz zu einigen anderen FW-Vertretern hier keine echten Möglichkeiten behauptest. Für mich kommt ein gewisser Widerspruch in Deiner Haltung erst durch die Benutzung des Wortes "frei" zustande.

Hm, das wundert mich, dass Du hier einfach so zustimmst. Denn die Behauptungen der Hirnforscher gehen normalerweise weiter, sie behaupten nämlich, man habe keine bewusste Kontrolle über seine Handlungen (was natürlich Unsinn ist). Siehe auch mein Zitat von oben.

Und ja: wir haben offensichtlich einen Dissens darüber, was wir als "frei" ansehen. Dieser Dissens kann aber ganz einfach gelöst werden, indem wir zwei Begriffe dafür verwenden: frei(step) und frei(AP).

step hat folgendes geschrieben:
Beide Fälle sind zunächst gleich zu bewerten in bezug auf ihre Determiniertheit. Sie unterscheiden sich dadurch, daß ein Mensch ein soziales Wesen ist: Sein Entscheidungsprozeß ist komplexer als der des Sacks, er besitzt eine weitere Schnittstelle zu dessen Beeinflussung (Erziehung, Kommunikation, Moral, ...), und daher weisen wir ihm Verantwortung zu: Wir erwarten normgerechtes Verhalten von ihm (wir erwarten auch vom Reissack, daß er stehenbleibt), und zusätzlich wissen wir, daß seine Bewertungsinstanz zu einer gewissen Simulation und Abwägung fähig ist, und wir erwarten, daß dies determiniert in unserem Sinne geschieht. Aus kulturellen bzw. psychologistischen Gründen überladen wir diesen Zusammenhang dann noch, indem wir Verantwortung, Schuld usw. wie Eigenschaften des Menschen deuten.

Hm, diese "Überladung" scheint ein ganz wesentlicher und abzulehnender Punkt für Dich zu sein, mir ist jedoch nicht klar, wieso.

Erwachsene Menschen sind mAn (normalerweise) dazu in der Lage, ihre Handlungen zu überdenken und zu steuern und daher ist mE gegen unsere heutigen Kategorien von Verantwortung und Schuld nichts (grundsätzlich) einzuwenden. Wäre dem nicht so, könnten also zum Beispiel Handlungen gar nicht bewusst gesteuert werden, dann wären diese Kategorien grundsätzlich falsch. Und darum dreht sich mE letztlich diese Diskussion.

Ob man das nun "frei" nennt oder nicht, spielt dabei jedoch überhaupt keine Rolle, es kommt nicht auf die Bezeichnung an.

step hat folgendes geschrieben:
Deine Position hat ja immerhin den Vorteil, daß sie nicht gleich physikalisch widerlegbar ist, denn sie beschreibt (anders als die meisten FW-Vertreter hier) im Prinzip gar keine Friheit, sondern "nur" einen Bewertungsvorgang und daraus resultierenden Handlungsimpuls, also etwas komplett Kausales. Wir streiten uns also nur um das Wort "frei", und dann vielleicht über praktische Ethik wie in der Strafrechtsdiskussion.

Wir sollten uns aber nicht über Worte streiten, das bringt nichts.

Wir sollten uns lieber über Argumente unterhalten. Unbestritten scheint für viele hier das Argument "Determinismus und Freiheit sind unvereinbar" intuitiv richtig zu sein (zum Beispiel für Agnost und Peter H.). Tatsächlich ist das mE aber kein gutes Argument ("intuition pump"). Wir müssten uns zumindest mal über die eigentlichen Argumente für den Inkompatibilismus unterhalten, z.B. über das "Kausalketten-Argument" und das "Konsequenz-Argument" (siehe ebenfalls dort).

Genau genommen basieren beide Argumente auf der Feststellung, dass es nicht möglich ist, sich selber neu zu erschaffen (was notwendig für "frei(step)" wäre), was von mir absolut unbestritten ist.

Nur will ich nicht so recht einsehen, wieso das Auswirkungen auf unsere Kategorien "Verantwortung" und "Schuld" haben sollte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Oder rationales Verhalten: Ist es besonders "frei" oder besonders berechenbar? Oder beides?

In meinem Standpunkt ist ein Verhalten dann (graduell) frei, wenn es nicht (je weniger, desto freier) durch äußere oder innere Zwänge determiniert wurde.

Und wie ist das nun bei rationalem Verhalten? Also z.B. jemand betrachtet "kühl" verschiedene Varianten und entscheidet sich dann für die nachvollziehbar günstigste? Ist es ein (innerner, äußerer) Zwang, daß die günstigste Vaiante berechenbar ist?

Nein, natürlich nicht, wieso sollte es Zwang sein?


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 09.05.2008, 13:47, insgesamt einmal bearbeitet

#1034:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:45
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
[...]allerdings halte ich diese Annahme gar nicht für schrecklich[...]


Da stimmen wir überein, solange wir im Elfenbeinturm bleiben und nicht der Fehler begangen wird, daß aus der spekulativen metaphysischen Unfreiheit die Sinnlosigkeit des lebensweltlichen, politischen, gesellschaftlichen Freiheitsbegriffs abgeleitet wird. Solange nicht behauptet wird, das Dürfen wird überflüssig, da es kein Können gibt.

#1035:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:50
    —
Ich bin überzeugt, dass es keine halbwegs logische Argumentationskette gibt, die einen "lebensweltlichen" Freiheitsbegriff, irgendwie "nichtig" machen würde. Also ich will niemanden sehen, der mir verbietet das zu tun, was ich will.

#1036:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:56
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Ich bin überzeugt, dass es keine halbwegs logische Argumentationskette gibt, die einen "lebensweltlichen" Freiheitsbegriff, irgendwie "nichtig" machen würde. [...]

Doch, das gibt es meiner Einschätzung nach leider.

#1037:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 13:59
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Ich bin überzeugt, dass es keine halbwegs logische Argumentationskette gibt, die einen "lebensweltlichen" Freiheitsbegriff, irgendwie "nichtig" machen würde. [...]

Doch, das gibt es meiner Einschätzung nach leider.


Dann ist deine Einschätzung halt falsch. Damit kann ich leben. Mr. Green

#1038:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 14:07
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Step wir können vor der roten Ampel stehen bleiben oder nicht.

Diese Handlungsalternativen sind da.

Wir können auch zuerst warten und dann doch rübergehen.


Was ein Outing. Du fängst die ganze Diskussion noch einmal bei NULL an. Du hast offenbar NICHTS begriffen.

#1039:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 15:10
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(...)
Genau genommen basieren beide Argumente auf der Feststellung, dass es nicht möglich ist, sich selber neu zu erschaffen (was notwendig für "frei(step)" wäre), was von mir absolut unbestritten ist.
(...)


http://deposit.d-nb.de/cgi-bin/dokserv?id=3034277&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm hat folgendes geschrieben:
Die bewussten und unbewussten Erinnerungen an sie waren ausschlaggebend für seine mit dem Nobelpreis gekrönten Forschungen über die Eigenschaften und Leistungen des Gedächtnisses an der Schnittstelle zwischen Medizin und Biologie. Ausgehend von Untersuchungen an Meeresschnecken konnte er Zusammenhänge zwischen Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis nachweisen und entdeckte, dass mit der Bildung des Langzeitgedächtnisses immer auch eine anatomische Veränderung einhergeht – eine Erkenntnis, die unter anderem Anlass zur Hoffnung auf ein Medikament gegen Altersvergesslichkeit oder Alzheimer gibt.


aktives und bewußtes lernen läßt da aber anderes vermuten.

#1040:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 15:21
    —
Ich habe Peter Bieris "Das Handwerk der Freiheit" zu lesen begonnen. Das reine intellektuelle Vergnügen! Man merkt sofort, dass Bieri nicht ein simpler Naturwissenschaftler ist, der die Welt durch die Reduktionsbrille anschaut (ich hätte einige Müsterchen über solche zu erzählen - ihre Selbstsicherheit ist oft umgekehrt proportional zu ihrer Kompetenz).

Schon im Prolog beschreibt er das eigentliche fundamentale Dilemma, in welches wir uns begeben, wenn wir über die Freiheit des Willens nachdenken - ein Dilemma, welches die Debatte hier zwar widerspiegelt, aber so nie wirklich klargestellt wurde. Dabei wäre das wohl die Grundlage jeder einigermassen vernünftigen Diskussion.

Ich versuche das hier kurz einmal darzustellen, ohne den ganzen 11-seitigen Prolog abzutippen.

Bieri beginnt darzulegen, dass wir die Welt als verständlich ansehen, d.h. wir streben dazu zu wissen, warum etwas geschieht. (Meine Interpretation: Dies hat sicher auch einen praktischen Sinn, da im Verstehen der Welt sicher ein Überlebensvorteil steckt. Wenn man ein Phänomen versteht, dann kann man voraussehen, wie es sich verhalten wird und man kann es zu seinem Vorteil beeinflussen.) Daher sehen wir ein, dass alles gesetzmässig miteinander verknüpft ist, nur dann meinen wir, es zu verstehen. Und nur so können wir planvoll handeln. Wir postulieren daher einen strengen Zusammenhang zwischen Bedingung, Gesetzmässigkeit und Verstehen - wenn einer dieser Begriffe fehlen würde, gingen uns auch die anderen beiden verloren.

Diese Überlegung führt dazu, dass wir erkennen, dass die Vergangenheit in einer verständlichen Welt eine einzige, eindeutig bestimmte Zukunft festlegt. Das für diese Idee geprägte Wort "Determinismus" will Bieri meiden, da es gedanklich nichts Neues beitrage und es wegen seines "stählernen Klanges eine Aura von unheilvollen Assoziationen, die nur stören" habe (S. 16/17).

Diese Überlegungen haben den Charakter des Selbstverständlichen, meint Bieri, weil sie nur "die Welt draussen" betreffe. Sobald man sich aber auch als Teil der Welt betrachte, dann würden die Probleme beginnen. Er skizziert den Inhalt von Dostojewskis Roman "Verbrechen und Strafe" (war früher einmal "Schuld und Sühne", tönte für mich eigentlich faszinierenderweise unheilvoller...), um Gesetzmässigkeiten und mögliche Freiheiten im menschlichen Verhalten zu illustrieren. Dabei ist es möglich, alles unter dem Gesichtspunkt der Gesetzmässigkeit zu interpretieren: "Unser Leben ist eine Linie auf der Oberfläche der Erde, die zu beschreiben uns die Natur befielt und von der wir keinen Augenblick abzuweichen vermögen" zitiert er Baron d'Holbach (S.19).

Dann begibt er sich auf die andere Seite: "Die Perspektive von innen, in der wir nicht der Vergangenheit, sondern der Gegenwart und Zukunft zugewandt sind. Da sehen die Dinge ganz anders aus. Da ist uns keine Linie vorgezeichnet. Ganz im Gegenteil, es macht unsere Freiheit aus, dass wir in ganz unterschiedliche Richtungen gehen können. Die Linie unseres Handelns hat eine Vielfalt möglicher Verzweigungen. Wir können überlegen, bevor wir etwas tun, und in diesem Überlegen zeigt sich ein Spielraum verschiedener Möglichkeiten, zwischen denen wir wählen können." ... "Wenn schon zum voraus feststünde, was ich tun werde: Was hätte es dann für einen Sinn, darüber nachzudenken, was ich tun will? Es ist aus dieser Perspektive unmöglich, mir vorzustellen, ich hätte keine Wahl. Das verstiesse gegen die Logik der Innenperspektive und widerspräche meiner manifesten, unbezweifelbaren Erfahrung der Freiheit. Zu dieser Erfahrung nämlich gehört, dass ich der Urheber meines Tuns bin und nicht ein Wesen, das als blosser Spielball des Weltgeschehens eine zuvor gezogene Weltlinie entlanggeführt wird."(S. 19/20).

Das gelte auch, wenn aus dieser Perspektive auf die eigene Vergangenheit zurückgeblickt werde. In jedem Moment hatte ich die Wahl und die Freiheit der Entscheidung. Dasselbe gelte auch für Raskolnikov aus "Verbrechen und Strafe". Auch er hätte sich an jedem Moment anders entscheiden können und war Urheber seines Tuns. Bieri geht dann kurz auf die Idee der Verantwortung ein und unsere unterschiedliche Sicht und Beurteilung auf einen Raskolnikov, der einerseits streng nach Gesetzmässigkeiten oder anderseits nach freiem Willen gehandelt haben könnte.

Dann stellt er diese beiden Gesichtspunkte einander nebeneinander. Dabei macht er nicht den Fehler, sich sein Leben zu vereinfachen, und die eine oder andere Position als die richtige darzustellen (wie gewisse Leute dies hier tun). Nein, er zeigt knallhart, in welchem fundamentalen Kontrast diese Sichtweisen einander widersprechen und doch beide "richtig" sind. "Beide Gedankengänge besitzen ihre eigene Schlüssigkeit, und keinem haftet die Willkürlichkeit eines blossen Gedankenspieles an. Weder die Idee einer verständlichen Welt noch die Idee des freien, verantwortlichen Tuns sind Ideen, die wir einfach aufgeben können - nicht einmal, wenn wir gedanklich unter Druck geraten. Das ist nicht deshalb so, weil wir sie beide sehr mögen. Es ist ernster: Obwohl sie sich widersprechen, brauchen wir beide, um uns und unsere Stellung in der Welt zu artikulieren."(S. 22)

Dann versucht er sie gegeneinander auszuspielen. Behauptet man, dass man in seinem Tun frei sei, dann impliziert man, dass es keine Bedingungen gibt, die unsere Handlungen festlegen. Daraus folgt, dass wir keinen Motiven folgen und daher unser Handeln vollständig zufällig ist (das hat step auch einmal im Zusammenhang mit der Annahme eines "Quantenhirns" gesagt). Solche Taten sind absolut unverständlich. Umgekehrt, wenn all unser Handeln aus Bedingungen entspringt, dann kann man nicht mehr von Willen sprechen. (Mein Kommentar: Bieri versteht unter "Willen" offenbar etwas, das nicht seiner Freiheit vollständig beraubt ist. Ein Automaton hat keinen Willen! Dem kann ich nur beipflichten! Ein fest verdrahteter Reflex kann nur als degenerierter Wille verstanden werden, so wie null auch als Zahl angesehen werden kann, aber keine positive Quantität bezeichnet.) "...Idee des Willens: Seine Bedingtheit droht, ihm die Freiheit und damit den Charakter echten Wollens zu nehmen; seine Unbedingtheit macht ihn zu einem unverständlichen, entfremdeten Willen, dessen pure Zufälligkeit auch nicht der Idee der Freiheit entspricht. Die für unser Selbstverständnis grundlegenden Ideen des Handelns und Wollens, die so vertraut sind und so klar schienen, entpuppen sich als in sich unstimmige Ideen. Und unstimmige Ideen sind keine Ideen." (S.23/24).

Er besteht auf der Wichtigkeit dieses Dilemmas für uns selbst: "Wenn wir feststellen, dass wir, begrifflich gesehen, die Verständlichkeit von Tun und Wollen mit ihrer Unfreiheit bezahlen und die Freiheit mit Selbstentfremdung, so ist das mehr als eine belästigende oder belustigende Irritation. Die Entdeckung bedeutet eine Verwirrung, die das Gleichgewicht der Gefühle in Gefahr bringt. Wir empfanden uns als Teil der Natur und gleichzeitig als frei und verantwortlich, und nun stellt sich heraus, dass die beiden Dinge nicht zusammengehen, wobei es unmöglich scheint, das eine für das andere zu opfern."(S.24)

Dann schreibt er "Treten wir einen Schritt zurück. Ist der Widerspruch im Denken, der sich aufgetan hat, etwas, das wir einfach anerkennen müssen?" Als "wesentliche Unstimmigkeit?" (S. 25) Die Unstimmigkeit sei ja durch unser Denken erst entstanden. Kann unser Denken sie dann auch bereinigen? Oder ist es dessen unfähig? Eine Auflösung von jenseits unseres Denkens her würden wir wohl kaum verstehen. Ein Irrgarten innerhalb eines weiteren Irrgartens...

Wir könnten "das Ganze natürlich einfach vergessen und weitermachen wie bisher" (S.26). Aber z.B ein Richter, der beginnt darüber nachzudenken, kann sich der Frage nicht mehr entziehen. "Man lebt nicht gut mit dem Gefühl, gerade über die wichtigsten Dinge keine Klarheit zu besitzen."

Bieri meint, dass die Philosophie eine Antwort zu geben vermag - diese erwarte ich nun von den drei Teilen des Buches:

I. Bedingte Freiheit
II. Unbedingte Freiheit
III. Angeeignete Freiheit.

Ich empfinde diesen Prolog als eindrückliche Darstellung des Grundproblemes. Schon daraus sollte eigentlich erkennbar sein, dass die Lösung - falls es wirklich eine gibt - ganz sicher nicht in der Beharrung auf dem einen oder anderen Standpunkt liegen kann, sondern in einer Synthese der beiden Standpunkte zu finden ist (hier bin ich echt gewillt, einen dialektischen Standpunkt einzunehmen). Vielleicht werde ich beim weiteren Lesen von Bieris Buch etwas darüber berichten.

#1041:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 15:35
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Epiphänomenalismus ist eine dualistische Position. Gerhard Roth vertritt (wie auch ich) die Position des Monismus. Mentale Phänomene dürfen ja gerade nicht abgetrennt von Hirnzuständen betrachtet werden.

Zitat:
AgentProvocateur
Ja, exakt, so sehe ich das auch, denn ich bin ebenfalls ein Monist.

Wie würdest Du aber als Monist folgende Aussage bewerten: "Das Gehirn entscheidet für uns"? Klingt verdammt dualistisch für mich, so als ob das Gehirn etwas grundsätzlich verschiedenes von "uns" sei und außerdem ist es mMn ein Kategorienfehler, der mich als Monist verdammt stört.


Zu dem Satz "das Gehirn entscheidet für mich": Ich finde die Formulierung auch nicht ganz glücklich. Wenn man etwas Richtiges aussagen will, müsste man präziser vielleicht so formulieren: "Unbewusst arbeitende Gehirnareale entscheiden, und nicht das bewusste (!) Ich." Damit äquivalent ist der Satz: "Ich entscheide, aber unbewusst." Es gilt also festzuhalten, dass die unbewussten Anteile zum Ich dazugehören und es konstituieren: Es sind ja meine (!) Erfahrungen, die im Gedächtnis gespeichert sind und auf die bei den unbewussten Entscheidungen zurückgegriffen wird. Nur deshalb erleben wir uns nicht als fremdbestimmt, auch wenn Willensentscheidungen letzten Endes unbewusst getroffen werden (also, von den entsprechenden Gehirnarealen).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Hm? Also, verstehe ich das richtig: die Gehirnforschung sagt, dass bewusste Gedanken und Überlegungen kontrolliert werden können (da sie in bestimmten Gehirnbereichen ablaufen), aber die Handlungen, die eine Person ausführt, prinzipiell nicht (weil sie in anderen Gehirnbereichen ablaufen)?


Hm, ja schon, aber...

Zitat:
Das wäre, wenn dem so wäre, etwas widersprüchlich, finde ich. Denn dann wären die Handlungen unabhängig von den Überlegungen und das würde uns doch sicher auffallen, oder? Oder können wir gar nichts erkennen? Und: es wäre eine Art von Epiphänomenalismus: unsere bewussten Gedanken und Überlegungen wären unabhängig von unseren Handlungen; sie hätten keine Auswirkungen auf unsere Handlungen.


das folgt daraus nicht zwingend: Die Überlegungen können, müssen aber nicht unabhängig von den Handlungen sein. Und: Im Fall der Unabhängigkeit voneinander kann dies der Person auffallen bzw. bewusst werden, muss es aber nicht. Hier sind verschiedene Fälle zu unterscheiden.
Was immer gleich bleibt, ist das Schema: Handlungsabsichten gelangen aus dem Unbewussten(limbisches System) ins Bewusstsein (Präfrontalkortex), im Unbewussten (limbisches System) wird das Signal für die Ausführung der Handlung gegeben.

a) Die Überlegungen sind "passgenau" zur Handlung:

Handlungsmotive a und b gelangen ins Bewusstsein. Motiv b ist stärker. Ich bin mir dessen bewusst und entscheide mich für Handlung gemäß Motiv b. Unbewusst wird das Signal an den motorischen Kortex zur Handlungsausführung (Muskelkontraktion) gemäß Motiv b) gegeben.

b.1) Die bewussten Überlegungen und die Handlung (genauer: die unbewussten Handlungsabsichten) sind divergent. Die Divergenz wird der Person nicht bewusst.

Das umfasst alle Fälle, wo es sich um Rationalisierung von Handlungsabsichten handelt. Beispiel: Motiv a drängt zur Handlungsausführung. Ins Bewusstsein gelangt aber Motiv b. Ich entscheide mich für Handlung gemäß Motiv b. Unbewusst wird das Signal zur Handlungsausführung gemäß Motiv a gegeben. Die Divergenz zwischen bewusstem und unbewusstem Motiv wird mir nicht bewusst: Meine Selbsttäuschung ist perfekt. (Konkrete Beispiel dazu kann sich jeder selbst hinzudenken).

b.2) Die bewussten Überlegungen und die Handlung (genauer: die unbewussten Handlungsabsichten) sind divergent. Die Divergenz wird der Person bewusst.

Hier ein konkretes Beispiel: Ein Mann sitzt in der Kneipe. Er denkt sich: "So, jetzt musst du nach Hause gehen, dein Schatz wartet zu Hause auf dich" - und bleibt sitzen. Die Zeit verstreicht. "So, jetzt aber, auf", denkt sich der Mann - und bleibt weiter sitzen.
Seine Handlung konterkariert seine bewussten Überlegungen. Er mag sich dessen bewusst sein, indem er zu sich sagt: "Du hast ja Nerven, alter Junge, du weißt doch genau, dass du jetzt nach Hause gehen müsstest, und trotzdem bleibst du sitzen..." zwinkern

An solchen Alltagsbeispielen kann man sehen, dass aus einem bloßen Gedanken noch nicht zwingend ein Handlungsimpuls erwächst: Der Handlungsimpuls wird eben nicht bewusst, sondern unbewusst gegeben. Insofern ist es gar nicht so spektakulär, was die Hirnforschung entdeckt hat - jeder kann es mit eigenen Erfahrungen unterfüttern.

#1042:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 15:43
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Wir sind mal wieder am Tiepfunkt der Diskussion angekommen. Können wir dann mal wieder 3, 4 Monate Pause machen, ehe es wieder von vorn losgeht?
Das geht nur, wenn es denn "bedingt Freien Willen" gibt.
Falsch! Es geht auch, wenn der Ablauf so determiniert ist.
Mooment! Können wir nach Deiner Auffassung jetzt entscheiden, ob wir eine Pause einlegen oder nicht?

Die Umstände und Präferenzen bestimmen, wie es in uns entscheidet.

#1043:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 16:19
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... die Behauptungen der Hirnforscher gehen normalerweise weiter, sie behaupten nämlich, man habe keine bewusste Kontrolle über seine Handlungen (was natürlich Unsinn ist).

Beim Thema bewußt/unbewußt traue ich mir derzeit kein endgültiges Urteil zu. Aus meiner Sicht sprechen die Experimente zumindest dafür, daß einige Handlungen, deren Steuerung bisher als bewußt angenommen wurde, bereits unterbewußt initiiert werden. Ob das aber bei moralischen Abwägungen, rationalen Betrachtungen usw. auch der Fall ist, darf man bezweifeln.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und ja: wir haben offensichtlich einen Dissens darüber, was wir als "frei" ansehen. Dieser Dissens kann aber ganz einfach gelöst werden, indem wir zwei Begriffe dafür verwenden: frei(step) und frei(AP).

Das funktioniert zwischen uns, aber das kollektive Bewußtsein asoziiert bei "frei" etwas, das es mE verbietet, frei(AP) noch frei zu nennen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... und zusätzlich wissen wir, daß seine Bewertungsinstanz zu einer gewissen Simulation und Abwägung fähig ist, und wir erwarten, daß dies determiniert in unserem Sinne geschieht. Aus kulturellen bzw. psychologistischen Gründen überladen wir diesen Zusammenhang dann noch, indem wir Verantwortung, Schuld usw. wie Eigenschaften des Menschen deuten.

Hm, diese "Überladung" scheint ein ganz wesentlicher und abzulehnender Punkt für Dich zu sein, mir ist jedoch nicht klar, wieso.

Weil er dazu führt, daß die Ursachenkette verdrängt und der Mensch als "freier Verursacher" angesehen wird. Das wiederum macht es offensichtlich leichter, auch seine Bestrafung irrational zu überhöhen, also ohne eine rationale Begründung auf ein Ziel hin. Vielleicht hat dies sogar mal einen (unreflektierten) Nutzen gehabt, ähnlich wie andere uns heute inhuman erscheinende Praktiken.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir sollten uns aber nicht über Worte streiten, das bringt nichts.

Es sei denn, die Assoziationen, die Worte tragen, werden dann an anderer Stelle als implizite Legitimation verwendet.

So klingt die Begründung "A wird bestraft, weil er sich frei(AP) für einen Normverstoß entschieden hat" intuitiv nachvollziehbar. Übersetzt man aber frei(AP), so klingt es schon deutlich weniger suggestiv:

"A wird bestraft, weil seine determinierten Präferenzen einen Normverstoß verursachten".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir müssten uns zumindest mal über die eigentlichen Argumente für den Inkompatibilismus unterhalten, z.B. über das "Kausalketten-Argument" und das "Konsequenz-Argument" (siehe ebenfalls dort).

Ja. Mich überzeugen aber die Gegenargumente zu keinem der beiden. Bzw. den dort genannten Einwand zum Konsequenzargument verstehe ich gar nicht. Meines Erchatens kann man gegen beide Argumente (die ja auch hier schon gebracht wurden und eng verwandt sind) nur metaphysische Positionen einnehmen oder die Kausalität widerlegen, außer man versucht es mit semantische Wortverdrehungen, à la

"FW ist, daß der Fuchs den Hasen hätte fangen können, wenn er nicht hätte sch... müssen."

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und wie ist das nun bei rationalem Verhalten? Also z.B. jemand betrachtet "kühl" verschiedene Varianten und entscheidet sich dann für die nachvollziehbar günstigste? Ist es ein (innerner, äußerer) Zwang, daß die günstigste Vaiante berechenbar ist?

Nein, natürlich nicht, wieso sollte es Zwang sein?

Aha. Du verstehst also unter Zwang nicht, daß etwas unausweichlich so abläuft (was ja hier der Fall wäre), sondern vermutlich wenn jemand spürt, daß etwas gegen seine Präferenzen geschieht. Oder?

#1044:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 16:28
    —
@ agnostiker:

Bieri hat folgendes geschrieben:
"Weder die Idee einer verständlichen Welt noch die Idee des freien, verantwortlichen Tuns sind Ideen, die wir einfach aufgeben können - nicht einmal, wenn wir gedanklich unter Druck geraten. Das ist nicht deshalb so, weil wir sie beide sehr mögen. Es ist ernster: Obwohl sie sich widersprechen, brauchen wir beide, um uns und unsere Stellung in der Welt zu artikulieren."(S. 22)

Ja, so kenne ich Bieri, und das ist auch das einzige "Argument", das mir bisher in seinen Schriften begegnet ist: "Wir können den intuitionistischen und widersprüchlichen Glauben an die Willensfreiheit nicht aufgeben, weil wir sie so brauchen". Er redet ewig lang drumherum, und zum Schluß kommt eine letztlich ungemein platte Verwechslung von Wunsch und Wirklichkeit.

Man bemerkt die Armseligkeit dieser Argumentation, wenn man statt der Freiheit des Willens einen anderen widersprüchlichen Glauben einsetzt, etwa den Glauben an ein Leben nach dem Tod. Exakt so wie Bieri argumentieren einige moderne Theologen:

"Wir brauchen die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tode, nicht nur, weil wir sie so mögen. Es ist ernster: Obwohl sie widersprüchlich ist, brauchen wir sie, um uns und unsere Stellung in der Welt zu artikulieren."

#1045:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 16:31
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Ich bin überzeugt, dass es keine halbwegs logische Argumentationskette gibt, die einen "lebensweltlichen" Freiheitsbegriff, irgendwie "nichtig" machen würde. [...]

Doch, das gibt es meiner Einschätzung nach leider.


Das dräuet und dunkelt auch an meinem Horizont.


step hat folgendes geschrieben:
Aha. Du verstehst also unter Zwang nicht, daß etwas unausweichlich so abläuft (was ja hier der Fall wäre), sondern vermutlich wenn jemand spürt, daß etwas gegen seine Präferenzen geschieht. Oder?


"Naturgesetzlichkeit <=> zwanghafter Entscheidungsablauf"

Kommt dir das nicht mittlerweile doof vor?

#1046:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:08
    —
Zitat:
Bieri:
Umgekehrt, wenn all unser Handeln aus Bedingungen entspringt, dann kann man nicht mehr von Willen sprechen. (Mein Kommentar: Bieri versteht unter "Willen" offenbar etwas, das nicht seiner Freiheit vollständig beraubt ist. Ein Automaton hat keinen Willen! Dem kann ich nur beipflichten! Ein fest verdrahteter Reflex kann nur als degenerierter Wille verstanden werden, so wie null auch als Zahl angesehen werden kann, aber keine positive Quantität bezeichnet.) "...Idee des Willens: Seine Bedingtheit droht, ihm die Freiheit und damit den Charakter echten Wollens zu nehmen


Erwischt. Leicht zu durchschauender argumentativer Trick: Man definiert Wille einfach so, dass es am Ende "passt" - ein unfreier, bedingter Wille ist kein "echter" Wille, ergo muss eine Freiheit des Willens existieren, sonst gäbe es keinen Willen.
Mama mia. Traurig
@Agnostiker: Dennoch danke für den aufschlussreichen Einblick in Bieris Argumentation.
Sein Buch werde ich dann wohl nicht lesen. Sehr glücklich

#1047:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:17
    —
step hat folgendes geschrieben:
@ agnostiker:

Bieri hat folgendes geschrieben:
"Weder die Idee einer verständlichen Welt noch die Idee des freien, verantwortlichen Tuns sind Ideen, die wir einfach aufgeben können - nicht einmal, wenn wir gedanklich unter Druck geraten. Das ist nicht deshalb so, weil wir sie beide sehr mögen. Es ist ernster: Obwohl sie sich widersprechen, brauchen wir beide, um uns und unsere Stellung in der Welt zu artikulieren."(S. 22)

Ja, so kenne ich Bieri, und das ist auch das einzige "Argument", das mir bisher in seinen Schriften begegnet ist: "Wir können den intuitionistischen und widersprüchlichen Glauben an die Willensfreiheit nicht aufgeben, weil wir sie so brauchen". Er redet ewig lang drumherum, und zum Schluß kommt eine letztlich ungemein platte Verwechslung von Wunsch und Wirklichkeit.

Man bemerkt die Armseligkeit dieser Argumentation, wenn man statt der Freiheit des Willens einen anderen widersprüchlichen Glauben einsetzt, etwa den Glauben an ein Leben nach dem Tod. Exakt so wie Bieri argumentieren einige moderne Theologen:

"Wir brauchen die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tode, nicht nur, weil wir sie so mögen. Es ist ernster: Obwohl sie widersprüchlich ist, brauchen wir sie, um uns und unsere Stellung in der Welt zu artikulieren."
Schon klar, dass Du Dich genau auf diesen Satz stürzest! Ich fand selbst, dass die Verben "brauchen" und "artikulieren" hier zu subjektiv und allzu schwach sind - immerhin zeigt er sich auch als sensibler Mensch im Gegensatz zu Dir. Daraus schliessen zu wollen, dass sich das Dilemma nur auf eine "platte Verwechslung von Wunsch und Wirklichkeit" reduziert, einen solchen Fehlschluss kannst nur Du machen. Und das mit einem Leben nach dem Tod gleichzusetzen ist nicht nur logisch falsch (es handelt sich ja um ein diesseitiges Dilemma) sondern fast schon geschmacklos.

Aber ich habe mir ja vorgenommen, mit Dir nicht mehr zu argumentieren - mit einem determinierten Intellekt kann man das ja wohl auch nicht. Und jene, welche Dir blind folgen wollen, kann und will ich auch nicht auf meine Seite ziehen. Das Thema interessiert mich aber weiterhin stark, ich glaube, da ist noch viel zu entdecken. Wenn Du hie und da einen stimulierenden Widerstand gegen die weitere Entwicklung synthetischer Gedanken äusserst, soll mir das recht sein. Dann musst Du Dir aber etwas mehr Mühe geben.

#1048:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:20
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Also, welche Arten von Willen kann man sich vorstellen? Ob sie dann in der Natur realisiert werden, darüber können wir ja diskutieren, aber bitte mit klaren Vorstellungen darüber, worum eigentlich debatiert wird.

"Vorverdrahteter Wille" wäre einer, obwohl ich finde, dass da der Begriff "Wille" etwas stark ausgedehnt worden ist. Vergleichbar mit dem Willen einer Ameise vielleicht, wobei ich der Ameise das Recht zu einem eigenen Willen ja nicht absprechen möchte.

"Antrainierter Wille" wäre eine andere Art von "Wille". ...

"Bewusster Wille" würde einen solchen beschreiben, der sich nach eingehenden Überlegungen äussern kann. ...

"Freier Wille" wäre dann die Krönung des Ganzen. Dieser würde wahrscheinlich alles, was ich vorher beschrieben habe, umfassen und weiter dem Individuum noch die Freiheit zugestehen, "willkürlich" zu entscheiden.

Hier werden alle Willens-Kategorien bunt durcheinandergewürfelt und quer gegeneinander ausgespielt. Die Debatte hat schon lange keinen rationalen Charakter mehr...

EDIT: Am einfachsten ist es natürlich, wenn man dem ganzen Willenskomplex einen rein deterministischen Charakter unterjubelt. Dann ist alles dasselbe - d.h. alles ist vorbestimmt und kausal determiniert. Schöne einfache Welt...


Wir sind uns also einig, dass es neben einem bewussten Willen auch einen vor-bewussten Willen geben kann? Somit ist die Formulierun "bewusstes Wollen" kein Pleonasmus, sondern eine Abgrenzung gegenüber dem "unbewussten Wollen"...
Die Behauptung wäre also vom Tisch, dass es Wille ohne Bewusstsein nicht geben kann.

#1049:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:22
    —
@Heiner:

nehmen wir uns doch einfach noch einmal den weiter oben von mir verlinkten Textausschnitt vor:

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
In jüngster Zeit bestreiten renommierte Hirnforscher und Handlungspsychologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer die Existenz der menschlichen Willensfreiheit und stützen sich dabei auf neuere neurowissenschaftliche und handlungspsychologische Erkenntnisse der Hirnforschung. Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.

Wie man hier auf das "folglich" kommt, ist mir nicht klar, aber sei es erst einmal darum. Nehmen wir also an, dass Menschen ihre Handlungen nicht bewusst kontrollieren könnten, was bedeutet, dass Gedanken und Überlegungen keinen Einfluss auf die Handlungen hätten. Es könnte zwar nun irgendwie ganz zufällig sein, dass die Handlungen oft in Übereinstimmung mit den bewussten Überlegungen geschehen, aber eine solche Annahme wäre irgendwie unbefriedigend und ziemlich esoterisch, findest Du nicht? Warum sollte man das annehmen, wenn man keinen Grund dafür sähe?

Fragen wir uns jetzt einmal, was zum Beispiel Handlungen sind:

- die Durchführung von wissenschaftlichen Experimenten zur Hirnforschung
- die Veröffentlichung von Ergebnissen dieser Experimente
- die Teilnahme an Podiumsdiskussionen, die diese Experimente behandeln

Und nun nehmen wir einfach mal an, dieser Wissenschaftler schriebe ein Buch und er hätte keine bewusste Kontrolle über seine Handlungen (und schreiben ist wohl eine Handlung). Was genau wäre nun der Grund für mich, anzunehmen, dass ein solch unbewusst geschriebenes Buch aufgrund von unbewusst durchgeführten Experimenten einen Nutzen für mein Bewusstsein haben sollte (ich gehe hier davon aus, dass das Lesen dieses Buches eine bewusste Aktion ist)? Welchen Nutzen hätte überhaupt noch das Bewusstsein, wenn es völlig unabhängig von den ausgeführten Handlungen wäre und warum überhaupt wäre es notwendig oder auch nur im Geringsten nützlich für mich, etwas verstehen zu können, wenn eh nur mein Unbewusstes handelt und mein Bewusstsein ein auswirkungsloses Anhängsel wäre? Und warum sollte mein Unbewusstes, das eigentlich und auschließlich Handelnde, sich die Mühe machen, mir richtige Informationen zukommen zu lassen? Warum lässt es mein Bewusstsein nicht irgend etwas völlig Beliebiges glauben, wenn es gleichzeitig die Fähigkeit dazu hat, mir eine völlige Plausibilität dessen zu suggerieren?

Wenn man annimmt, (was ich tue), dass Bewusstsein und das Unbewusste verzahnt sind und beides zusammen eine Einheit bildet, (das Bewusstsein eben kein ein überflüssiges Anhängsel ist), dann stellt sich das Problem nicht mehr, allerdings muss man die obige Aussage im Zitat als gar grausam gräßlichen Bullshit bezeichnen.

Leider trifft man auf Schritt und Tritt auf diesen pseudowissenschaftlichen Unfug. Oben das Zitat zum Beispiel steht im Wikipedia-Artikel an prominenter Stelle, mit eigener Überschrift.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 09.05.2008, 17:24, insgesamt einmal bearbeitet

#1050:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:23
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Bieri:
Umgekehrt, wenn all unser Handeln aus Bedingungen entspringt, dann kann man nicht mehr von Willen sprechen. (Mein Kommentar: Bieri versteht unter "Willen" offenbar etwas, das nicht seiner Freiheit vollständig beraubt ist. Ein Automaton hat keinen Willen! Dem kann ich nur beipflichten! Ein fest verdrahteter Reflex kann nur als degenerierter Wille verstanden werden, so wie null auch als Zahl angesehen werden kann, aber keine positive Quantität bezeichnet.) "...Idee des Willens: Seine Bedingtheit droht, ihm die Freiheit und damit den Charakter echten Wollens zu nehmen


Erwischt. Leicht zu durchschauender argumentativer Trick: Man definiert Wille einfach so, dass es am Ende "passt" - ein unfreier, bedingter Wille ist kein "echter" Wille, ergo muss eine Freiheit des Willens existieren, sonst gäbe es keinen Willen.
Mama mia. Traurig
@Agnostiker: Dennoch danke für den aufschlussreichen Einblick in Bieris Argumentation.
Sein Buch werde ich dann wohl nicht lesen. Sehr glücklich
Deine Entscheidung! Den Fehlschluss, Willen so zu definieren dass es "passt" macht aber nicht Bieri und jene, welche die Realität eines Willens akzeptieren, sondern eben die Deterministen. Sie nehmen einfach die degenerierte Version des Willensbegriffes (jene des Automatons) und dann ist für sie alles in Butter. Diese Art "Wille" existiert schon auch, aber sie verdient den Namen Wille nicht!

EDIT: Worum es dann geht, ist die Frage, ob es den nicht degenerierten Willen gibt oder nicht. Diese ist noch nicht beantwortet, da bin ich einverstanden. Ich habe aber ja nur den Prolog hier skizziert, und nicht das ganze Buch!


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 09.05.2008, 17:27, insgesamt 2-mal bearbeitet

#1051:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:25
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ja, so kenne ich Bieri, und das ist auch das einzige "Argument", das mir bisher in seinen Schriften begegnet ist: "Wir können den intuitionistischen und widersprüchlichen Glauben an die Willensfreiheit nicht aufgeben, weil wir sie so brauchen". Er redet ewig lang drumherum, und zum Schluß kommt eine letztlich ungemein platte Verwechslung von Wunsch und Wirklichkeit.

Schon klar, dass Du Dich genau auf diesen Satz stürzest! Ich fand selbst, dass die Verben "brauchen" und "artikulieren" hier zu subjektiv und allzu schwach sind - immerhin zeigt er sich auch als sensibler Mensch im Gegensatz zu Dir.


Geschockt

#1052:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:29
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ja, so kenne ich Bieri, und das ist auch das einzige "Argument", das mir bisher in seinen Schriften begegnet ist: "Wir können den intuitionistischen und widersprüchlichen Glauben an die Willensfreiheit nicht aufgeben, weil wir sie so brauchen". Er redet ewig lang drumherum, und zum Schluß kommt eine letztlich ungemein platte Verwechslung von Wunsch und Wirklichkeit.

Schon klar, dass Du Dich genau auf diesen Satz stürzest! Ich fand selbst, dass die Verben "brauchen" und "artikulieren" hier zu subjektiv und allzu schwach sind - immerhin zeigt er sich auch als sensibler Mensch im Gegensatz zu Dir.


Geschockt
Brauchst nicht so zu kucken! Gehören subjektive Empfindungen etwa nicht zu unserer Realität? Bestehen wir etwa einfach aus reduktionistischen Formeln?

#1053:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:39
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Deine Entscheidung! Den Fehlschluss, Willen so zu definieren dass es "passt" macht aber nicht Bieri und jene, welche die Realität eines Willens akzeptieren, sondern eben die Deterministen. Sie nehmen einfach die degenerierte Version des Willensbegriffes (jene des Automatons) und dann ist für sie alles in Butter. Diese Art "Wille" existiert schon auch, aber sie verdient den Namen Wille nicht!

EDIT: Worum es dann geht, ist die Frage, ob es den nicht degenerierten Willen gibt oder nicht. Diese ist noch nicht beantwortet, da bin ich einverstanden. Ich habe aber ja nur den Prolog hier skizziert, und nicht das ganze Buch!


Es ist ja nicht nur der "Automaton-Wille", dem der Status des Willens damit abgesprochen wird, sondern z.B. auch Willensregungen , die ganz offenkundig durch grundlegende physische Bedürfnisse bedingt sind. Z.B. der Wille eines Hungernden, etwas zu Essen zu bekommen.
Der Herr Philosoph würde sich gegenüber dem Hungernden wie folgt äußern: "Dein Wille ist eine degenerierte Version des Wollens. Deine Art von Wollen verdient den Namen Wille nicht!"
Ernsthaft: Könnte eine Wollen "echter" sein als das Wollen eines Hungernden, ungeachtet seiner Bedingtheit?

Der Herr Bieri konstruiert doch nur eine akademisch-philosophische Version des Wollens, eines Wollens, das mit "allem Irdischen" nicht behaftet ist und irgendwo im Ideen-Raum vor sich hin existiert...

#1054:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:47
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir sollten uns aber nicht über Worte streiten, das bringt nichts.

Es sei denn, die Assoziationen, die Worte tragen, werden dann an anderer Stelle als implizite Legitimation verwendet.

So klingt die Begründung "A wird bestraft, weil er sich frei(AP) für einen Normverstoß entschieden hat" intuitiv nachvollziehbar. Übersetzt man aber frei(AP), so klingt es schon deutlich weniger suggestiv:

"A wird bestraft, weil seine determinierten Präferenzen einen Normverstoß verursachten".

Ich würde beides nicht sagen. MAn ist eine notwendige (jedoch keine hinreichende) Bedingung dafür, jemanden zu bestrafen, folgende: er hat wissentlich und absichtlich ohne wesentliche äußere und innere Zwang einen Normverstoß begangen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir müssten uns zumindest mal über die eigentlichen Argumente für den Inkompatibilismus unterhalten, z.B. über das "Kausalketten-Argument" und das "Konsequenz-Argument" (siehe ebenfalls dort).

Ja. Mich überzeugen aber die Gegenargumente zu keinem der beiden. Bzw. den dort genannten Einwand zum Konsequenzargument verstehe ich gar nicht. Meines Erchatens kann man gegen beide Argumente (die ja auch hier schon gebracht wurden und eng verwandt sind) nur metaphysische Positionen einnehmen oder die Kausalität widerlegen, außer man versucht es mit semantische Wortverdrehungen, à la

"FW ist, daß der Fuchs den Hasen hätte fangen können, wenn er nicht hätte sch... müssen."

Verstehe, Du willst gar nicht argumentieren, Du willst nur sagen, dass Du es so siehst, weil Du es so siehst. Macht ja auch nix, ich sehe es halt anders und das war's dann.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und wie ist das nun bei rationalem Verhalten? Also z.B. jemand betrachtet "kühl" verschiedene Varianten und entscheidet sich dann für die nachvollziehbar günstigste? Ist es ein (innerner, äußerer) Zwang, daß die günstigste Vaiante berechenbar ist?

Nein, natürlich nicht, wieso sollte es Zwang sein?

Aha. Du verstehst also unter Zwang nicht, daß etwas unausweichlich so abläuft (was ja hier der Fall wäre), sondern vermutlich wenn jemand spürt, daß etwas gegen seine Präferenzen geschieht. Oder?

Ja, natürlich, wenn jemand etwas tun muss, was er nicht tun will: das ist Zwang. Wenn ich aber die Wahl habe zwischen 10 € und 1.000 € und mich für die 1.000 € entscheide, dann ist das kein Zwang, auch dann nicht, wenn das leicht vorhersehbar war und wenn alle anderen sich ebenso entscheiden würden.

#1055:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 17:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
@ agnostiker:

Bieri hat folgendes geschrieben:
"Weder die Idee einer verständlichen Welt noch die Idee des freien, verantwortlichen Tuns sind Ideen, die wir einfach aufgeben können - nicht einmal, wenn wir gedanklich unter Druck geraten. Das ist nicht deshalb so, weil wir sie beide sehr mögen. Es ist ernster: Obwohl sie sich widersprechen, brauchen wir beide, um uns und unsere Stellung in der Welt zu artikulieren."(S. 22)

Ja, so kenne ich Bieri, und das ist auch das einzige "Argument", das mir bisher in seinen Schriften begegnet ist: "Wir können den intuitionistischen und widersprüchlichen Glauben an die Willensfreiheit nicht aufgeben, weil wir sie so brauchen". [...] eine letztlich ungemein platte Verwechslung von Wunsch und Wirklichkeit [...] die Armseligkeit dieser Argumentation [...] Exakt so wie Bieri argumentieren einige moderne Theologen: [...]

Du hast das Argument nicht verstanden und Deine Diffamierungen gehen völlig am Kern der Sache vorbei.

Ich stimme hier zwar mit Bieri nicht völlig überein, denn ich denke ja gar nicht, dass sich beide Ansichten widersprechen, mAn sind es Ansichten auf unterschiedlichen Ebenen, die man nicht vermischen kann und die auf jeweils ihrer Ebene ihre Berechtigung haben und dort richtig sind.

Aber ich stimme mit ihm überein, dass es uns gar nicht möglich ist, unsere subjektive Sichtweise von uns selber und von Anderen als eigenständig handelnde Subjekte gegen einen objektiven (vermeintlich besseren) Standpunkt einzutauschen, in dem wir nur Fähnchen im Wind wären.

#1056:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 18:02
    —
step hat folgendes geschrieben:
"A wird bestraft, weil seine determinierten Präferenzen einen Normverstoß verursachten".


Hier geht es nicht um Einzelfallgerechtigkeit. Die Strafe wurde erhoben, um As Präferenz im Vorab günstig zu beeinflussen.

#1057:  Autor: Lukrez BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 19:33
    —
Keine Kränkung - keine Krise. Konsequenzen der Hirnforschung für unser Selbstverständnis
Philosophie im Palais - Der philosophische Garten 19.03.2008
Vortrag von Prof. Michael Pauen:
http://www.stuttgart.de/stadtbuecherei/druck/audio/philosophie/philosophie_audio.htm

Der Anfang des Vortrags ist recht gut.
Wir erleben individuelle Selbstbestimmungt als Freiheit - diese ist determiniert, aber nicht von außerhalb fremdbestimmt.

Wie er dann am Ende Forschungsergebnisse interpretiert und die Kurve zur Willensfreiheit hinbiegt ist (für mich zumindest) höherer Blödsinn.

Wenn unterschiedliche Instanzen des Gehirns sich gegenseitig kontrollieren hat das doch nichts mit Freiheit zu tun!
Purer veralteter Cartesianismus: Das Obermännchen im Gehirn kontrolliert die Untermännchen.
Es läuft zwar bei den Untermännchen alles determiniert ab, aber am Schluss fällt dann das Obermännchen die gültige Entscheidung. Lachen

#1058:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 19:46
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Aber so könnte auch "bedingt Freier Willen" entstehen.

Nur unfreier (determinierter) Freier Wille. Manche Kompatibilisten sind sich dessen bewußt und nennen den unfreien FreienWillen "bedingt Freier Wille", damit es besser klingt. Andere verstehen unter "bedingt FW" dagegen einen Willen, der zumindest in einigen wenigen Situation echt frei ist. Diese Sorte bFW ist aber unphysikalisch.

Agnost hat folgendes geschrieben:
Das unser Denken und unsere Exitenz weitgehend determiniert sins zweifelt kaum ein denker User in diesem Forum an. Nur dass wir "totat" determiniert sind, dagegen streubt sich unser "empirisches" Wissen, und ich denke auch empirisch begründet.

Dagegen sträubt sich nicht unser empirisches Wissen, sondern unsere Intuition. Ähnlich schwer ist es auch, die Leute zu überzeugen, daß die Zeit nicht "fließt" oder daß die Wahrscheinlichkeit beim Ziegenproblem 2/3 ist.


Nein, Step unser empirisches Wissen sagt uns, das "total reine Lösungen" in der Realität nicht vorkommen.
Wir wissen nicht nur Intuitiv, dass Fehler immer wieder passieren und dass die Reaktionen auf Fehler immer wieder sehr verschieden sind.
Warum aber in einer "total determinierten Welt" so viele Fehler passieren, ist sicher durch keine Formel definiert.

Erklär uns lieber mal, warum wir "unreine" Ratios in musikalischen Leitern als harmonisch wahrnehmen können, obwohl sie das nicht wirklich sind.
Warum kann unser Hirn relativ gut mit "Ungenauigkeiten" so rechnen als ob etwas genau wäre.

Agnost

#1059:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 19:50
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Begeben wir uns doch mal in eine Bereich der einerseits Mathematisch abstrahiert werden kann aber auch "unscharf" funktioniert.

Das Musikgehör und das Zurechthören von Tonleitern und ihren zu Grunde liegenden Stimmungen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stimmung_%28Musik%29

http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstufige_Stimmung

http://de.wikipedia.org/wiki/Reine_Stimmung

Obwohl die fürd das Pianoforte typische Gleichstufige Stimmung ausser der Oktave kein einziges weiteres harmonisches Interval kennt, sind wir fähig die sogenannt harmonischen Intervalle wie Quinte, grosse Terz, kleine Terz, grosse Sexte und kleine Sexte auch in dieser heute gebräuchlichsten Stimmung als harmonisch einzuordnen.

Hören wir in einem Streichquartett allerdings die reinen Intervalle in der Reinen Stimmung, sind wir weiterhin fähig auch diese als harmonisch stimmig wahrzunehmen.

Unser Hirn ist also fähig, reine ganzzahlige Verhältnisse und unreine irrationale Verhältnisse als ähnlich harmonisch wahr zu nehmen.

Unser Hirn ist also fähig mit "Slack"-Phänomenen umzugehen, absolut sauber determinierte Relationen sind nicht nötig, auch ungefähre Näherungen werden nicht nur toleriert und krampfhaft zurechtgehört, sondern problemlos akzeptiert und genossen.

Wenn wir dann noch einrechnen, dass unser Hirn aus weicher sich selbst immer wieder neu formender Masse besteht, die polyredundant organisiert ist, reduziert sich die Möglichkeit einer "Totalen Determiniertheit" auf ein sehr geringes Mass.

Die uns bekannte Welt beweisst auch weiters, dass nichts "Reines" und "Totales" ausserhalb der theoretischen Abstraktion existiert.
Aber auch in diesem Reich ist das nicht gesichert, da noch nicht mal die Mathematik eine in sich widerspruchsfreie Zone bildet.

Agnost


Ich will von den "Strengen Deterministen" lesen, warum unser Hirn fähig ist,

http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstufige_Stimmung

http://de.wikipedia.org/wiki/Reine_Stimmung

sowohl die Reine Rationale Stimmung wie auch die Irrationale unreine Gleichstufige Stimmung als "harmonisch" stimmig empfinden kann.

Welche Determination erlaubt es uns beide als "stimmig" zu empfinden?

Agnost


Wären wir "streng determiniert" würde uns die Fähigkeit abgehen verschiedene Schwingungen als Funktionsharmonisch "identisch" zurecht zu hören.

Agnost

#1060:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 20:08
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:

Warum aber in einer "total determinierten Welt" so viele Fehler passieren, ist sicher durch keine Formel definiert.


Zitat:
Warum kann unser Hirn relativ gut mit "Ungenauigkeiten" so rechnen als ob etwas genau wäre.


Du kannst das nicht auseinanderhalten. hätte ich nicht gedacht. Die 'Determiniertheit' hat nichts direkt mit unserer Fähigkeit, zu 'determinieren' zu tun.

#1061: Die philosophische Geschichte des Determinismus Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 21:23
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich kenne Sätze von Augustinus aus einigen Vorlesungen in 2 Semestern Philosophie. Kann mich daran aber nicht mehr erinnern und habe deshalb noch mal einiges quer gelesen. Die Fähigkeit des schnellen und verständigen Quer-Lesen-Könnens ist eine wichtige Fähigkeit in der heutigen schweren Zeit der Informations-Überflutungs-Wellenfunktionen.

Noch wichtiger ist die Fähigkeit des langsamen und genauen Lesens, wenn man sich zu einem Thema äußern möchte.


Sicher, sicher. Das ist ja auch sonst meine Art. Und Augustinus lesen heisst den Urvater des Determinismus lesen. Insofern bekenne ich mich schuldig. Schamane in Aktion

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Meiner Ansicht nach steht die Annahme eines Schicksals, einer Prädestination und/oder eines Determinismus immer am Anfang.
Dann gab es im Laufe der menschlichen Geschichte verschiedene Begründungsversuche der Vorsehung:
- die religiöse mit Göttern, Geistern, Teufeln, Engeln und Dämonen.
- die biologistische/sozialdarwinistische
- die neurobiologischen Empirien, unterfüttert vom radikalen Konstruktivismus
- nun die physikalistisch-reduktionistische Theorie, die sich an die Quantenmechanik hängt und den Menschen für einen Schachcomputer hält.
Hinreichend oder auch nur wissenschaftlich ist dies alles nicht.

Ja. Nur scheinst du zu übersehen, dass alles was nach deinem fetten "dann" folgt, nicht zwingend mit dem in Verbindung steht, was davor steht...


Ich halte es vielmehr für unübersehbar, dass es eine philosophische Geschichte des Determinismus gibt. Man könnte es aber auch anders formulieren, wenn man denn die Kontinuität dieser Idee anfechten möchte: Die Idee des All-Determinismus taucht in der aufgezeichneten Geschichte des menschlichen Denkens immer wieder auf und immer mit neuen Begründungen. Diese stehen oben hinter den Spiegelstrichen.

Determinismus hieß natürlich früher nicht so. Da sagte man "Schicksal" oder "Vorsehung". Aber was ändert das?

Der neueste Schrei ist die im Gehirn gültige Schrödingergleichung, weil wegen der vielen Kleinteilchen für die selbige eben nun mal zuständig sei und basta!

Und wenn das nicht reicht, dann werden eben mal kurz soft-begriffliche Anleihen aus der Motivationstheorie gemacht und physikalisch umgemodelt. man war dann nicht bloß "motiviert". Nein, man war "determiniert", etwas zu tun. q.e.d. freakteach

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn man Luther oder den Faschisten Nicolai nimmt, ist Deine Aussage geradezu krachend wiederlegt.

Nochmal: Wo begründet der Herr Luther oder der Faschist Nicolai (der übrigens eine vollkommen falsche Vorstellung von dem Einfluss der Gene auf den Menschen hat...) an sich logisch ausgehend von dem Determinismus eine "oberste Notwendigkeit" ohne dabei einen naturalistischen Fehlschluss zu begehen? Begriffe in einem Satz nennen kann jeder, aber einen wircklich stringenten Zusammenhang aufzuzeigen, ist wieder etwas ganz anderes. Ich kann auch die "Menschenwürde" mit der "Gottesebenbildschaft" "begründen", nur halt eben nicht wircklich logisch...


Erstens stehen die Faschisten in der geistigen Tradition des "säkularisierten" Christentums a là Luther und Calvin und nachfolgender Philosophen, weshalb sie auf eigene Begründungen verzichten, so wie auch "Herr" Nicolai.

Zweitens beziehen sich Luther und Calvin auf die Theologie des Augustinus, so dass hier schon so etwas wie ein durchgehender philosophischer Faden existiert.

Warum nun die Faschisten ein Interesse an dieser deterministischen Denkweise hatten? Nun, vielleicht geht es ihnen darum, "das Böse", welches eben dem zu folge unverbesserlich ist hier auf Erden zu vernichten.

Dass dies nur Vorwände für dahinter liegende politische Ziele sind, braucht nicht erwähnt zu werden.

Immer ist der angebliche "innere Zwang zum Bösen" die Grundlage für härteste Verfolgung gewesen. Es wurde stets proklamiert, dass es das "Wesen" der Bösewichter sei, so zu sein wie sie (angeblich) sind und dass dieses "Wesen" schädlich sei für das große Ganze.

Also die beste Grundlage für Hetze aller Art und für härteste Strafen.

Da brauchen wir auch nicht lange rumzureden. So ist die Empirie.

Auch die Bushisten, welche angeblich einer Christenfraktion angehören, welche den "freien Willen" predigt, streut eine Propaganda von der Ausrottung des "Bösen" und begründet damit Krieg und Folter heute. Denn der "böse Moslem" (oder so) ist ja nicht frei. Nein, er ist vom (deterministischen!) "Bösen" besessen, besitzt sich also selbst nicht.

Im Christentum kommt der souveräne menschliche freie Wille entweder gar nicht vor, oder nur als autoritärer äußerer Zwang, Gewalt oder - wenn alles nichts hilft - als Vernichtung.

"Kill, kill, kill"

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Etwas qualitativ völlig anderes ist dagegen das dialektische Verständnis einer Bedingtheit des Bewusstseins nicht einfach nur durch die Physiologie, sondern auch durch langfristige Lebens- und Entwicklungsbedingungen von Menschen, von Individuen.

Da gebe ich dir prinzipiell recht, auch wenn ich der Ansicht bin, dass der Mensch sich natürlich nur von seiner Physiologie ausgehend entwickeln kann (Fliegen wirst du nicht lernen z.b...). Nur steht diese Annahme noch nicht einmal im Widerspruch zur Annahme des Determinismuses.


Der Mensch und sein Denken haben die besondere Eigenschaft, Realitäten zu erkennen und unterschiedliche Strategien erst einmal zu simulieren, bevor sie angegangen werden.

Es geht dann beim Handeln nicht einfach nur um Handeln allein. Diese Sichtweise wäre zu isoliert.

Handeln ist immer eingebettet in Gesamtstrategien, genau gesagt: Optimierungsstrategien.

Insofern ist das simulative Verarbeiten von Erkenntnissen, Erfahrungen, Abschätzungen, usw. durch das Gesamtsystem Mensch Teil von Problemlösestrategien, die wiederum real auf die Welt zurück wirken und neue Strategie-Suchprozesse in Gang setzen.

Das alles setzt aber entsprechende Bedingungen voraus:

- Freiheit von äußerer (und innerer) Not
- Zeit
- Gesundheit
- Ressourcen
- etc.

Im übrigen finde ich Bieris Unterscheidungen verschiedener Willensqualitäten interessant.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich finde, nicht nur Roth & co. sind mit ihren Experimenten am philosohischen Wunschziel gescheitert. Der ganze Sachverhalt ist zu komplex und wichtig, um ihn solchen Schmalspurtheoretikern zu überlassen.

Schonmal auf die Idee gekommen, dass Roth und Co. unter "Willensfreiheit" das Gleiche verstehen, wie du unter dem "religiösen und idealistischen freien Willen"?


Ich will diese Leute ja gar nicht unterschätzen. Ich habe sogar den Eindruck, sie wissen selber um die Grenzen der Interpretierbarkeit ihrer Experimente. Der Typ hat so seine Macken

Skeptiker

#1062:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 21:53
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
@Heiner:

nehmen wir uns doch einfach noch einmal den weiter oben von mir verlinkten Textausschnitt vor:

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
In jüngster Zeit bestreiten renommierte Hirnforscher und Handlungspsychologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer die Existenz der menschlichen Willensfreiheit und stützen sich dabei auf neuere neurowissenschaftliche und handlungspsychologische Erkenntnisse der Hirnforschung. Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.

Wie man hier auf das "folglich" kommt, ist mir nicht klar, aber sei es erst einmal darum. Nehmen wir also an, dass Menschen ihre Handlungen nicht bewusst kontrollieren könnten, was bedeutet, dass Gedanken und Überlegungen keinen Einfluss auf die Handlungen hätten. Es könnte zwar nun irgendwie ganz zufällig sein, dass die Handlungen oft in Übereinstimmung mit den bewussten Überlegungen geschehen, aber eine solche Annahme wäre irgendwie unbefriedigend und ziemlich esoterisch, findest Du nicht? Warum sollte man das annehmen, wenn man keinen Grund dafür sähe?


Im vorherigen Beitrag habe ich das bereits zu erklären versucht. Weinen
Der Zusammenhang zwischen den bewussten Absichten und den Handlungen ist mindestens dadurch garantiert, dass diese Absichten aus dem Unbewussten kommen und das Unbewusste die Handlungen auch wieder auslöst. Insofern schließt sich der Kreis wieder, wenn es zur Handlungsausführung kommt. Dieser Zusammenhang ist also nicht "rein zufällig".

Die Aussage "die handlungsauslösenden Impulse sind der bewussten Kontrolle entzogen" ist zunächst einmal so richtig, nämlich bezogen auf eine konkrete Handlung. Es bleibt richtig, dass die letzte Entscheidung darüber, ob eine Handlung ausgeführt wird, unbewusst gefällt wird.
Die Aussage ist allenfalls insofern leicht verkürzend, als eine langfristige Einflussnahme von Überlegungen auf Handlungen möglich ist.
Jede Handlung in Verbindung mit Absichten und Überlegungen hinterlässt nämlich Spuren im Unbewussten, sprich im Gedächtnis. Menschen werden also nicht von einem dunklen, bösen unbewussten Etwas, das statisch bleibt, mechanisch gesteuert: Die Erfahrungen, die wir handelnd machen, wirken auf das Unbewusste zurück. Es sind UNSERE Erfahrungen, die im Gedächtnis gespeichert werden und die uns bei jeweils folgenden Handlungen in unserer Planung bestimmen und die uns dabei zur Verfügung stehen.

Als Essenz kann man festhalten, dass die Hirnforschung gezeigt hat, wie Handlungen nicht ablaufen: Nämlich nicht so, dass da ein CHEF, das bewusste Ich, sagt: So, Beine, jetzt bewegt euch, damit ich zum Kiosk gelange usw. Vielmehr so, dass der Weg der Handlungsauslösung über den Zwischenweg des unbewussten Erfahrungsgedächtnisses geht.

Den folgenden Teil deiner Ausführungen fasse ich eher als Polemik auf. Hier tust du so, als würden Hirnforscher behaupten, Bücher würden unbewusst geschrieben usw... Tststs.



Zitat:
Welchen Nutzen hätte überhaupt noch das Bewusstsein, wenn es völlig unabhängig von den ausgeführten Handlungen wäre und warum überhaupt wäre es notwendig oder auch nur im Geringsten nützlich für mich, etwas verstehen zu können, wenn eh nur mein Unbewusstes handelt und mein Bewusstsein ein auswirkungsloses Anhängsel wäre?


Es ist ja kein Anhängsel, siehe oben. Zur Untermauerung meiner obigen Ausführungen machen wir an dieser Stelle jetzt mal einen Test, du musst aber mitmachen. zwinkern

Denke bitte den Satz: "Ich will sogleich meine Koffer packen und in die USA auswandern."

So, hast du? Und nicht gemogelt?

Warum bist du immer noch da? Weil dieser bloße Gedanke offenbar nicht die Kraft hatte, eine Handlung auszulösen. Dein Unbewusstes hat nicht mitgespielt.
Diese Gedanke hat nichts mit deinen Motiven und Erfahrungen, mit deiner persönlichen Geschichte zu tun.

Warum bei der Handlungsauslösung der Weg über das Unbewusste läuft, sollte damit deutlich werden. Dieser Weg garantiert, dass Handlungen sinnvoll in das Erfahrungsgedächtnis eingebettet werden, dass sich Handlungen nicht chaotisch vollziehen. Das wäre dann der Fall, wenn aus jedem Tagtraum ein realer Handlungsimpuls werden könnte.

Zitat:
Und warum sollte mein Unbewusstes, das eigentlich und auschließlich Handelnde, sich die Mühe machen, mir richtige Informationen zukommen zu lassen? Warum lässt es mein Bewusstsein nicht irgend etwas völlig Beliebiges glauben, wenn es gleichzeitig die Fähigkeit dazu hat, mir eine völlige Plausibilität dessen zu suggerieren?


Ich denke, dass uns unser Unbewusstes sehr häufig Streiche spielt. Häufig enthält es uns unsere wahren Absichten vor usw. Das hat ja die Psychoanalyse alles schon gezeigt.

#1063:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 22:20
    —
sorry
aber das Unbewußte ist integraler Bestandteil der Persönlichkeit aller Psychanalytischen Traditionen.

Du aber hast eine stofflich-materielle Umdeutung des Unbewußten vorgenommen, so daß sie in deine physikalisch determinierte Welt paßt und so auch etwas vom Bewußten getrennt Eigenständiges sein kann.
Kann man machen, muß man aber nicht.

Im übrigen hab ich bereits vor gefühlten 1000 Seiten erklärt, das FW als ein rein ideeles Konstrukt gesehen werden sollte.
Und auch wenn es für die Materialisten wohl schwer nachvollziehbar ist - emergente Phänomene erzeugen neue emergente Eigenschaften.
Wie anders willst du denn die Ideengeschichte der Menschheit auch erklären?

Wir handeln eben nicht nur nach Schema F, sondern eben auch nach Idealen, bzw konstruieren diese in unseren Theorien über die Wirklichkeit..
Was auch sehr gut funzt.

#1064:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 22:39
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:


Du aber hast eine stofflich-materielle Umdeutung des Unbewußten vorgenommen, so daß sie in deine physikalisch determinierte Welt paßt und so auch etwas vom Bewußten getrennt Eigenständiges sein kann.


"Stofflich-materiell" sowieso, idealistische Philosophien mag ich nämlich gar nicht.

Zitat:

Wir handeln eben nicht nur nach Schema F, sondern eben auch nach Idealen, bzw konstruieren diese in unseren Theorien über die Wirklichkeit..
Was auch sehr gut funzt.


Stimmt ja. Nur sind diese "idealen Konstrukte" (heißen sie nun Gott, Freiheit oder Unsterblichkeit) nichts Gottgebenes, nichts an sich Seiendes.
Das sind Überbauphänomene, die sich auf eine materielle Basis zurückführen lassen, genau genommen auf die materielle Basis des Gehirns.

#1065:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 22:54
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:


Du aber hast eine stofflich-materielle Umdeutung des Unbewußten vorgenommen, so daß sie in deine physikalisch determinierte Welt paßt und so auch etwas vom Bewußten getrennt Eigenständiges sein kann.


"Stofflich-materiell" sowieso, idealistische Philosophien mag ich nämlich gar nicht.



Doch, doch, du stehst auf Schopenhauer.

Agnost

#1066:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 22:57
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:


Du aber hast eine stofflich-materielle Umdeutung des Unbewußten vorgenommen, so daß sie in deine physikalisch determinierte Welt paßt und so auch etwas vom Bewußten getrennt Eigenständiges sein kann.


"Stofflich-materiell" sowieso, idealistische Philosophien mag ich nämlich gar nicht.

Zitat:

Wir handeln eben nicht nur nach Schema F, sondern eben auch nach Idealen, bzw konstruieren diese in unseren Theorien über die Wirklichkeit..
Was auch sehr gut funzt.


Stimmt ja. Nur sind diese "idealen Konstrukte" (heißen sie nun Gott, Freiheit oder Unsterblichkeit) nichts Gottgebenes, nichts an sich Seiendes.
Das sind Überbauphänomene, die sich auf eine materielle Basis zurückführen lassen, genau genommen auf die materielle Basis des Gehirns.


ja,
das ist das was du glaubst.
bzw durch die Blume erklärst du eben alle anderen Wissenschaften ausser Physik zu reiner Illusion.

Im übrigen unterschlägst du bspw.
Allgemeine Eigenschaften von Emergenzen:
- Irreduzibilität
- Unvorhersagbarkeit
- Kontextbedingungen

oder in deinen Worten "Überbauphänomene".

Es zählt was funzt.
Im übrigen würde mich dann doch mal die Leistungsfähigkeit physikalischer Formelsprache interessieren.
Bist du ganz sicher, das du mehr als nur berechnen kannst, nämlich auch erklären und interpretieren ..
oops das sind ja schon wieder überbauphänomenale Abstraktioneigenschaften.

#1067:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 09.05.2008, 23:05
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:

Warum aber in einer "total determinierten Welt" so viele Fehler passieren, ist sicher durch keine Formel definiert.


Zitat:
Warum kann unser Hirn relativ gut mit "Ungenauigkeiten" so rechnen als ob etwas genau wäre.


Du kannst das nicht auseinanderhalten. hätte ich nicht gedacht. Die 'Determiniertheit' hat nichts direkt mit unserer Fähigkeit, zu 'determinieren' zu tun.


Wenn wir total determiniert sind hängt alles direkt miteinander zusammen.

Aber wie erklärt sich bitteschön, dass in einer total determinierten Welt sich Leben gerade nicht aus "reinen Verbindungen und Verknüpfungen" ergiebt, sondern aus ziemlich "schmutzigen"?

Warum funktioniert sowas "unsauberes" wie die Marktwirtschaft besser als die saubere Planwirtschaft.

Nirgends funktionieren total durchdeklinierte Systeme besser als Systeme mit "Slack".
Aber gerade unser Hirn, das aus seher weicher Masse und relativ wucheriger Form besteht, soll total durchgearbeitet sein?

Agnost

#1068:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 03:18
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Der Zusammenhang zwischen den bewussten Absichten und den Handlungen ist mindestens dadurch garantiert, dass diese Absichten aus dem Unbewussten kommen und das Unbewusste die Handlungen auch wieder auslöst.

Hm? Ein sinnvoller Zusammenhang zwischen bewussten Absichten und Handlungen und dem Bewusstsein auf der anderen Seite besteht, weil alles vom Unbewussten gesteuert wird?

Was für eine merkwürdige, seltsame, beim besten Willen nicht nachvollziehbare Argumentation soll das denn sein?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Aussage "die handlungsauslösenden Impulse sind der bewussten Kontrolle entzogen" ist zunächst einmal so richtig, nämlich bezogen auf eine konkrete Handlung. Es bleibt richtig, dass die letzte Entscheidung darüber, ob eine Handlung ausgeführt wird, unbewusst gefällt wird.

Die "letzte" Entscheidung? Also watt nu? Können nun Handlungen unter der Kontrolle des Bewusstseins stattfinden oder können sie es nicht?

Wenn Ersteres, dann ist folgender Satz schlicht falsch:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
[...] Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.


Heiner hat folgendes geschrieben:
Als Essenz kann man festhalten, dass die Hirnforschung gezeigt hat, wie Handlungen nicht ablaufen: Nämlich nicht so, dass da ein CHEF, das bewusste Ich, sagt: So, Beine, jetzt bewegt euch, damit ich zum Kiosk gelange usw. Vielmehr so, dass der Weg der Handlungsauslösung über den Zwischenweg des unbewussten Erfahrungsgedächtnisses geht.

Das steht da aber nicht. Dort ist gemeint: "Unsere Handlungen können vom Bewusstsein nicht kontrolliert werden."

Was aber nun mal schlicht bedeutet, dass, wenn ich zum Kiosk gehen sollte, dies nicht von meinem Bewusstsein kontrolliert werden kann.

Sollte eigentlich nicht so schwer zu verstehen sein.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Den folgenden Teil deiner Ausführungen fasse ich eher als Polemik auf. Hier tust du so, als würden Hirnforscher behaupten, Bücher würden unbewusst geschrieben usw... Tststs.

Keine Polemik!, nur ganz einfache Logik!

Es gibt zwei Möglichkeiten:

a) das Schreiben von Büchern ist keine Handlung, daher trifft der obige Satz auf das Schreiben von Büchern nicht zu
b) das Schreiben von Büchern ist eine Handlung -> wenn Handlungen vom Bewusstsein nicht kontrolliert werden können, dann folgt daraus, dass auch diese Handlung (das Schreiben von Büchern) nicht bewusst kontrolliert werden kann

Kann ebenfalls nicht so schwer zu verstehen sein, ist nämlich ganz einfach.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zur Untermauerung meiner obigen Ausführungen machen wir an dieser Stelle jetzt mal einen Test, du musst aber mitmachen. zwinkern

Denke bitte den Satz: "Ich will sogleich meine Koffer packen und in die USA auswandern."

So, hast du? Und nicht gemogelt?

Warum bist du immer noch da? Weil dieser bloße Gedanke offenbar nicht die Kraft hatte, eine Handlung auszulösen. Dein Unbewusstes hat nicht mitgespielt.
Diese Gedanke hat nichts mit deinen Motiven und Erfahrungen, mit deiner persönlichen Geschichte zu tun.

Genau. Es ist nicht mein Gedanke, es ist Dein Gedanke. Dieser Dein Gedanke beeinflusst mich aber nicht. Warum sollte er auch? Wenn Du geschrieben hättest: "Ich will mir ein Loch ins Knie bohren und Senf reinfüllen", meinst Du im Ernst, dass ich das dann deswegen wollte?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Warum bei der Handlungsauslösung der Weg über das Unbewusste läuft, sollte damit deutlich werden. Dieser Weg garantiert, dass Handlungen sinnvoll in das Erfahrungsgedächtnis eingebettet werden, dass sich Handlungen nicht chaotisch vollziehen. Das wäre dann der Fall, wenn aus jedem Tagtraum ein realer Handlungsimpuls werden könnte.

Mein Unbewusstes ist, wie schon gesagt, ein Teil von mir. Wieso überhaupt sollte ich es als etwas Getrenntes von mir ansehen müssen? Das ist mir völlig und absolut und unverständlicherweise und nicht nachvollziehbar unklar.

Und wieso sollte aus irgendwas folgen, dass ich meine Handlungen nicht bewusst kontrollieren könnte, dass diese also immer außerhalb meiner Kontrolle ablaufen würden?

Heiner hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Und warum sollte mein Unbewusstes, das eigentlich und auschließlich Handelnde, sich die Mühe machen, mir richtige Informationen zukommen zu lassen? Warum lässt es mein Bewusstsein nicht irgend etwas völlig Beliebiges glauben, wenn es gleichzeitig die Fähigkeit dazu hat, mir eine völlige Plausibilität dessen zu suggerieren?

Ich denke, dass uns unser Unbewusstes sehr häufig Streiche spielt. Häufig enthält es uns unsere wahren Absichten vor usw. Das hat ja die Psychoanalyse alles schon gezeigt.

So what?

Die Behauptung oben jedoch ist eine Weitergehende als das, die Behauptung beruht darauf, dass das Bewusstsein überhaupt keine Kontrolle über die eigenen Handlungen haben kann.

#1069:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 08:27
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Es ist ja nicht nur der "Automaton-Wille", dem der Status des Willens damit abgesprochen wird, sondern z.B. auch Willensregungen , die ganz offenkundig durch grundlegende physische Bedürfnisse bedingt sind. Z.B. der Wille eines Hungernden, etwas zu Essen zu bekommen.
Der Herr Philosoph würde sich gegenüber dem Hungernden wie folgt äußern: "Dein Wille ist eine degenerierte Version des Wollens. Deine Art von Wollen verdient den Namen Wille nicht!"
Ernsthaft: Könnte eine Wollen "echter" sein als das Wollen eines Hungernden, ungeachtet seiner Bedingtheit?

Der Herr Bieri konstruiert doch nur eine akademisch-philosophische Version des Wollens, eines Wollens, das mit "allem Irdischen" nicht behaftet ist und irgendwo im Ideen-Raum vor sich hin existiert...
Und was für schwammige Begriffe Du einsetzest: "Willensregungen" - was ist das? Eine letzte Zuckung im Hirn eines Verhungernden? Der "Herr Philosoph" würde dann vielleicht sagen, dies sei kein Wille, sondern ein Wunsch, ein Wille führe nämlich zu einer Tat - er definiert seine Begriffe nämlich viel klarer als alle hier zusammen.

Und wenn Du den Begriff "degenerierter Wille" Bieri zuordnest, dann täuschst Du Dich gewaltig. Der kommt von mir! Ich habe diesen Teil auch ganz klar als von mir stammende Bemerkung und Interpretation gekenntzeichnet! Und wenn Du meinst, dass sich Bieri in einem virtuellen Ideen-Raum befindet, dann lies das Buch, das ist viel konkreter und realitätsbezogener als alles, was Du bis jetzt hier beigetragen hast.

Ist das der Stil, der hier gepflegt werden sollte? Einfach aus der Luft gegriffene Anschuldigungen an einen Autor publizieren, den man nicht gelesen hat, und versuchen ihn lächerlich zu machen? Ich frage mich immer noch, was die eigentliche Motivation von Euch Hard-Core Deterministen ist, sich so stur zu verhalten. Habt Ihr eine missionarische Aufgabe? Das ist doch schon lange keine vernünftige Debatte mehr...

Wenn man dem hier so zuschaut, dann könnte man fast meinen, dass sollte die Demonstration sein, dass ein dialektischer Prozess schlichtwegs unmöglich ist. Versucht man aus zwei gegensätzlichen Thesen eine Synthese zu bilden (und das ist ganz klar mein Wunsch hier) dann wird man immer daran scheitern, dass die Vertreter einer der beiden Grundthesen unverrückbar auf ihrem Standpunkt beharren und alle anderen, die versuchen nur ein Stück davon abzuweichen, mit grosskotzigem Gehabe ins Lächerliche zu ziehen. Echt penibel...

EDIT und PS: Ich habe meine Formulierung und das Original im Buch nochmals verglichen. Vielleicht war ich Bieri in meiner verkürzten Version nicht ganz gerecht, was Dein Entrüsten vielleicht ausgelöst hat. Daher will ich diesen Teil hier noch wörtlich zitieren. Also meine Sätze
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Behauptet man, dass man in seinem Tun frei sei, dann impliziert man, dass es keine Bedingungen gibt, die unsere Handlungen festlegen. Daraus folgt, dass wir keinen Motiven folgen und daher unser Handeln vollständig zufällig ist. Solche Taten sind absolut unverständlich. Umgekehrt, wenn all unser Handeln aus Bedingungen entspringt, dann kann man nicht mehr von Willen sprechen."
war die Zusammenfassung folgender Sätze:
Bieri hat folgendes geschrieben:
Wir sind in einem Dilemma: Wenn wir unser Handeln bestimmt sein lassen durch Motive, so erfüllt es die eine Bedingung für ein Handeln, aber weil es ein festgelegtes Handeln ist, ist es kein freies Handeln und erfüllt damit die andere Bedingung für ein Handeln nicht. Wenn es umgekehrt kein durch Motive festgelegtes Handeln ist, ist ihm die Freiheit nicht genommen, und es könnte in diesem Sinne ein Handeln sein; da es dann aber ein rein zufälliges, unverständliches Geschehen wäre, erfüllt es die andere Bedingung für ein Handeln nicht. Wir bekommen also in keinem Sinne eine stimmige Idee von Handeln. (S.23)

Bieri (was dann am Beginn des ersten Teiles erst richtig klar wird) sieht eine Kette von Umständen, um ein "Handeln" zu definieren: Zuerst besteht ein Wunsch (ein grundlegendes Bedürfnis, wie Hunger, oder ein aus innerem Antrieb generierter Wunsch, wie Klavier spielen zu können), welcher zu einem Willen führen kann, welcher dann seinerseits Handeln generiert. Die "Bedingungen für ein Handeln", welche im Zitat erwähnt sind, sind einerseits, dass es begründet und verständlich ist, anderseits, dass Wahlmöglichkeiten offen sind, aus welchen der Wille wählen kann. Meine Zusammenfassung: Ist das Handeln durch Motive bestimmt, dann ist es begründbar und verständlich, dann kann der zugrundeliegende Wille aber nicht aus Wahlmöglichkeiten wählen. Liegt das Handeln aber einem freien Willen zugrunde, welcher zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen kann, dann ist es unbegründbar und unverständlich. Ich hoffe, jetzt ist es klarer.


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 10.05.2008, 09:25, insgesamt einmal bearbeitet

#1070:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 08:34
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Warum kann unser Hirn relativ gut mit "Ungenauigkeiten" so rechnen als ob etwas genau wäre.
Was ist denn Deine Meinung zu Deiner Frage hier?

#1071:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 10:21
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Warum kann unser Hirn relativ gut mit "Ungenauigkeiten" so rechnen als ob etwas genau wäre.
Was ist denn Deine Meinung zu Deiner Frage hier?


Weil unser Hirn polyredundant organisiert ist.

Weil zwischen unseren Synapsen nicht nur "Strom oder kein Strom", Chemikalien oder keine Chemikalien fliessen, sondern verschiedene Mengen von Strom, verschiedene Mengen von Chemikalien fliessen, weil Information über verschiedene Wege weitergeleitet werden.

Wen wir ein Pianokonzert direkt nach einem Streichquartett hören, dann wird uns der drastische Wechsel der Stimmungsysteme "störend" bewusst, aber trotzdem werden wir C-Dur in beiden Systemen empfinden können.

Unser ganzes Leben funktioniert dann am besten wenn die Fehlertoleranz "robust" ist.
Sind wir in der Lage auf Fehler umgehend angemessen zu reagieren, auch als Improvisation bekannt, dann wird unser Leben einfacher.
Improvisierte Entscheidungen können aber nicht darauf warten, bis sich in unserem Unterbewusstsein eine Spannung aufbaut, die sich in einer Handlung entlädt.
Wir müssen uns bewusst entscheiden, ob wir den Fehler aufgreifen und inkorperieren, in einfach ignorieren und als "Ballast" mittragen oder aber zurück auf Feld 1 gehen um beim zweiten Versuch den Fehler zu vermeiden.

In der Wahl zwischen diesen 3 Strategien sind wir nur bedingt frei, denn wenn ein der 3 Handlungsalternativen in der Situation "ganz anders" ist, können wir diese nicht umsetzen.
Aber jede Alternative, die nicht "ganz anders" ist, kann aufgrund unseres polyredundant organisierten Hirnes evaluiert werden.
Und dann bewusst gewählt werden.

Wären wir streng Determiniert würden wir bei jedem Fehler, bei jeder ungenauen Information wie ein alter Flipperkasten "tilten".

Agnost

#1072:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 10:42
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
[...]
Wären wir streng Determiniert würden wir bei jedem Fehler, bei jeder ungenauen Information wie ein alter Flipperkasten "tilten".

Interessanter Gedanke! Fehlertoleranz ist ja in der ganzen Biologie ein charakteristisches Merkmal. Genetik, Evolution, Lernverhalten, Perzeption und auch in dem, was Du beschreibst.

Ich würde anderseits aber behaupten, dass Fehler auch notwendig für biologische Prozesse sind: Die Evolution basiert ja darauf (Mutationen) und auch die Flexibilität des Lernverhaltens. Wenn sich ein für eine Aufgabe gut trainiertes Tier sich perfekt verhalten würde, dann würde es ja sein Verhalten nicht mehr anpassen, wenn man das Verstärkungsprogramm so ändern würde, dass das ursprüngliche Verhalten zwar immer noch zu gleichviel Verstärkern führt, aber ein anderes bessere Resultate ergeben könnte. Fehler sind hier notwendig, um sich an neue Umweltsgegebenheiten optimieren zu können.

Ich bin mir nicht sicher, dass diese Überlegungen ein schlagender Beweis gegen den Determinismus sind. Step und Heiner werden sie sicher im Fluge zerreissen - mit ihren simplifizierenden und simplistischen Annahmen bringen sie das immer wieder fertig...

#1073:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 11:01
    —
Step, traut sich ja an "Spatzung" und "Slack" gar nicht ran.

Es wäre ihm gar nicht streng genug.

Heiner als Marxist muss sich ja gegen Skeptiker den anderen Marxisten im Forum behaupten.

Lustig ist, dass Heiner das Bewusstsein als Ueberbau zum Unterbewusstsein oder Unbewusstsein auffasst.

Eine ziemlich "idealistische Konstruktion" für einen Materialisten.

Agnost

#1074:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 11:18
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Step, traut sich ja an "Spatzung" und "Slack" gar nicht ran.
Ihm ja nicht sagen, dass damit einfach Spielraum gemeint ist - er würde es dann in Freiheitsgrad übersetzen... Cool

#1075:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 11:55
    —
Zitat:
...mit ihren simplifizierenden und simplistischen Annahmen bringen sie das immer wieder fertig...

deshalb verflacht die Diskussion auch inhaltlich und dreht sich nur mehr "im Kreis" zwinkern

@heiner
Zitat:
Zur Untermauerung meiner obigen Ausführungen machen wir an dieser Stelle jetzt mal einen Test, du musst aber mitmachen.

Denke bitte den Satz: "Ich will sogleich meine Koffer packen und in die USA auswandern."

So, hast du? Und nicht gemogelt?

Warum bist du immer noch da?

köstlicher "Test" Lachen

Das der bewußte Denkprozess nicht eine unmittelbare Handlungsauslösung bewirkt ist nun wirklich eine totale Trivialität - allerdings ebenso trivial, wie der Umstand, daß das Ergebnis eines bewußten Denkprozesses sehrwohl Auslöser (also Ursache) für nachfolgende (zT. sicher unbewußt im Handlungsablauf gesteuerte) Handlungen sein kann.

Erwin

#1076:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 12:59
    —
Step kann immer wieder behaupten, dass alles determiniert ist, weil er vom Resultat auf die Vergangenheit schliesst.

"Wir sind hier, wo wir sind weil die Ursprungsdetermination das zulässt."

Aber wo er zurückschreckt ist ein Versuch, darzustellen wie die Usrprungsdetermination aussehen könnte.

Einmal wagte er von "geschlosssenen Topographien" kurz nach dem Urknall zu sprechen, aber weil er weiss, dass der Urknall eine gelehrte Spekulation ist, genauso wie die Idee einer "geschlossenen Topographie", will er kein zweites mal in diese "Metaphysiche Falle" laufen.

Sein Determinismus ähnelt nämlich der Vorstellung von "Intelligent Design".

Das weiss er auch, aber an "Intelligent Design" glaubt er nicht. Will er auch aus "bedingt Freien Willen" auch nicht glauben.

Im Grunde genommen ist er ein "materialistischer Bhuddist" der da denkt:

Keine Ursache ohne Wirkung.

Aber er will sich um die Ur-Sache und die Ur-Wirkung drücken.

Sein Determinismus ist verleugnete Metaphysik

Agnost

#1077:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 13:06
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Das der bewußte Denkprozess nicht eine unmittelbare Handlungsauslösung bewirkt ist nun wirklich eine totale Trivialität - allerdings ebenso trivial, wie der Umstand, daß das Ergebnis eines bewußten Denkprozesses sehrwohl Auslöser (also Ursache) für nachfolgende (zT. sicher unbewußt im Handlungsablauf gesteuerte) Handlungen sein kann.
Ich glaube, in diesem Fragenkomplex ist eigentlich nichts trivial. Das aber nur als Randbemerkung.

Bieri (sorry, ich bin eben am lesen seines Buches, darum zitiere ich ihn so gerne...) stellt das so dar. Zuunterst in der Kette, die zum Handeln führen kann, stehen die Wünsche. Das mögen auch die von Dir genannten "bewussten Denkprozesse" sein, wie eben der spielerische Wunsch nach Amerika auszuwandern. Solche Wünsche können realistisch und unter Abwägung mit anderen Aspekten einer möglichen Umwandlung über den Willen in eine Handlung lohnenswert sein, dann könnte das Individuum die weitere Kette über Willen und Handeln iniziieren. Eine solche Kette könnte natürlich sehr komplex werden, wie der ganze Vorgang des Packens (was nehme ich mit, was lasse ich hier, wieviel Platz hat es in den mir zur Verfügung stehenden Koffern, wieviel von ihnen kann ich als Gepäck am Flughafen abgeben etc.). Im anderen Fall bleibt es im "Wunschstadium", wobei man in Tagträumen sich immer noch vorstellen könnte, wie wäre es wenn...

Bieri geht darauf sehr detailliert ein und gibt viele Beispiele. Eines wäre, dass man sich wohl wünschen kann, in Mailand einer Opernaufführung beizuwohnen und dies auch über Willen und Handeln sich erfüllen kann, es aber für die allermeisten sehr schwierig ist, den Wunsch, auf der Bühne der Mailänder Scala eine Arie zu singen, in eine Handlung umzusetzen und ein solcher wohl kaum jemals in einen Willen eingespiesen würde.

#1078:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 21:48
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:


Wenn wir total determiniert sind hängt alles direkt miteinander zusammen.


Was meinst du mit direkt? In Ereigniszusammenhängen zu denken ist eine alltagstaugliche Kategorie, aber völlig unphysikalisch.

Zitat:
Aber wie erklärt sich bitteschön, dass in einer total determinierten Welt sich Leben gerade nicht aus "reinen Verbindungen und Verknüpfungen" ergiebt, sondern aus ziemlich "schmutzigen"?


Du assoziierst hier Unvorhersehbarkeit mit Schmutz. Das ist fein, aber mit dem Magen gedacht oder mit einer Niere oder der Milz.

Alles, was die Deterministen machen, ist von der Konsistenz der Naturgesetze auszugehen. Das läuft darauf hinaus, dass Dinge als vorausberechenbar anzusehen sind. Die Behauptung des Deterministmus ist nicht als magische Formel anzusehen, die Einblicke in die Zukunft ermöglicht.

Zitat:
Warum funktioniert sowas "unsauberes" wie die Marktwirtschaft besser als die saubere Planwirtschaft.


Weil der Planungsaufwand zu hoch ist und die Motivation für das einzelne, kommunistische Zahnrädchen in den Keller plumpst.

Zitat:
Nirgends funktionieren total durchdeklinierte Systeme besser als Systeme mit "Slack".


Das stimmt nicht. Je besser die Organisation, desto besser das System. Allerdings kann eine unüberschaubare Selbstorganisation u.U. effektiver sein, als somancher Plan.

Zitat:
Aber gerade unser Hirn, das aus seher weicher Masse und relativ wucheriger Form besteht, soll total durchgearbeitet sein?


Es ist egal, ob es irgendwie chaotisch aussieht. Das war jetzt wieder ein Magen-Gedanke. Es ist in all seiner Wabbeligkeit naturwissenschaftlich erklärbar.

#1079:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 22:42
    —
Mir ist aufgefallen, dass ich die Debatte mittlerweile nicht mehr verstehe.

Und zwar verstehe ich die Attacken gegen den Determinismus nicht.
Ich deute es so, dass diejenigen, die hier den DT attackieren, keine kompatibilistischen FW-Vertreter sind, sondern Libertarier.

Ich möchte gerne wissen, mit wem ich hier eigentlich diskutiere.

Also alles Libertarier, die einen unbedingten freien Willen vertreten, woll? skeptisch

#1080:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 22:55
    —
step hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
The importance of quantum decoherence in brain processes (M Tegmark 2000, quant-ph/9907009, Phys. Rev. E 61, 4194-4206) und Why the brain is probably not a quantum computer (M Tegmark 2000, Information Sciences 128, 155-179)
Tegmark ... schreibt ja korrekt: "the brain is probably not a quantum computer" und man kann auch Hameroff's Antwort und Tegmarks lapidare Antwort nachlesen. Alles noch offen...

Nein, es ist nicht offen. Hameroff's Antwort ist physikalisch unbefriedigend, und Tegmarks Widerlegung ist korrekt. Ich habe das Paper gelesen und verstanden. Ich verlange nicht, daß Du das glaubst, bin aber (als theor. Physiker) inhaltlich überzeugt.
So, ich habe jetzt Tegmarks Paper auch gelesen - es lag übrigens schon seit einiger Zeit auf meiner Festplatte herum und ich hatte es einfach vergessen. Ob ich es bis ins letzte Detail verstanden habe, möchte ich jetzt nicht behaupten. Ich habe nicht alle Rechnungen nachgeprüft, da vertraue ich Tegmark. Aber Tegmarks Argumente sind ja nicht sehr kompliziert.

Über das Paper an sich habe ich folgenden Kommentar: Ich frage mich, warum er diesen Umweg über die drei Systeme (Subjekt, Objekt, Umwelt) überhaupt gemacht hat, er verwendet diese später ja knapp implizit und ist eigentlich Grundwissen in jeder quantenmechanischen Arbeit. In der Diskussion macht er einen in meiner Sicht sehr erratischen Diskurs über diese Systeme, den ich ehrlich gesagt als quantenmechanisches Geschwafel halte und nichts mit der Frage nach Quantencomputern im Zytoskelet zu tun hat. Wollte er noch etwas populärwissenschaftlich sein? Für mich war das nicht unbedingt eine vertrauensschaffende Aktion. Zudem frage ich mich, warum er denn die Nervenzelle mit ihrem Axon überhaupt auch als mögliches Quantensystem mit Möglichkeit eines Superpositions-Zustandes Aktionspotential-Nicht-Aktionspotential untersucht hat. Eine solche steht ja nicht zur Debatte. Auch nicht unbedingt vertrauenserweckend (es bleiben dann die sehr kurzen Dekohärenz-Zeiten von 10^-20 s im Gedächtnis des Lesers).

Konzentrieren wir uns auf seine Untersuchung der Mikrotubuli. Da kommt er auf eine Zeit von 10^-13 s, also schon viel näher an Penroses Annahme von 0.5 * 10^-10 s. Tegmark vergleicht seine Zeiten mit jenen von den verschiedenen Arbeiten eines Autorenpaares N. Mavromatos und D. V. Nanopoulos, die offenbar mit Quantengravität operieren - eine Theorie, die noch weit entfernt von gesichert ist - die eine sehr geringe Dekohärenz-Kapazität hat und auf Zeiten in der Grössenordnung von 1 s kommen. Am Schluss wird dann aber von einer Verringerung der Zeiten von 6-7 Grössenordnungen geschrieben. Alles etwas konfus!

In der Diskussion wird es noch erratischer. Da vergleicht Tegmark seine berechneten sehr kurzen Zeiten mit jenen von kognitiven Prozessen, die - wen wundert's - sehr viel langsamer ablaufen. Diese vergleichen sich natürlich eher mit den Zeiten von feuernden Neuronen. Na und? Das bezweifelt ja auch niemand! Nur hat das mit der Sache nichts zu tun. Penrose nimmt ja an, dass in den Mikrotubuli so etwas wie ein Quantencomputer realisiert ist, der an sich unabhängig vom Neuron wirkt, in welchem er sich befindet. Seine Rechengeschwindigkeit kann ja so hoch sein, wie sie will - wir haben unterdessen ja auch Gigaherz Prozessoren und das wird noch schneller werden! Nur das Rechenresultat wird dann über einen noch unbekannten Mechanismus an die restliche Zelle abgeliefert, die die erhaltene Information relativ langsam an eine andere Zelle weitergibt, wo sie wiederum in einem anderen Quantencomputer in einer anderen Zelle weiterverarbeitet werden kann. Dadurch wird die Rechenkapazität des Gehirns insgesamt extrem gesteigert.

Ich mag ja Max Tegmark sehr, er ist ein sympatischer Kerl, seine Publikationen über Multiple Universen sind gut geschrieben und regen zum Nachdenken an. Hier hat er aber keine Glanzleistung abgeliefert! In meinen Augen hat er einfach Penroses Modell nicht verstanden.

Ich habe übrigens an Roger Penrose einen Mail geschickt, in welchem ich ihn frage, was er von dieser Entwicklung um seine Grundidee hält - er ist merkwürdig still diesbezüglich. Wer weiss, vielleicht wird er mir antworten...


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 10.05.2008, 23:17, insgesamt einmal bearbeitet

#1081:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 23:10
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Es ist ja nicht nur der "Automaton-Wille", dem der Status des Willens damit abgesprochen wird, sondern z.B. auch Willensregungen , die ganz offenkundig durch grundlegende physische Bedürfnisse bedingt sind. Z.B. der Wille eines Hungernden, etwas zu Essen zu bekommen.
Der Herr Philosoph würde sich gegenüber dem Hungernden wie folgt äußern: "Dein Wille ist eine degenerierte Version des Wollens. Deine Art von Wollen verdient den Namen Wille nicht!"
Ernsthaft: Könnte eine Wollen "echter" sein als das Wollen eines Hungernden, ungeachtet seiner Bedingtheit?

Der Herr Bieri konstruiert doch nur eine akademisch-philosophische Version des Wollens, eines Wollens, das mit "allem Irdischen" nicht behaftet ist und irgendwo im Ideen-Raum vor sich hin existiert...
Und was für schwammige Begriffe Du einsetzest: "Willensregungen" - was ist das? Eine letzte Zuckung im Hirn eines Verhungernden? Der "Herr Philosoph" würde dann vielleicht sagen, dies sei kein Wille, sondern ein Wunsch, ein Wille führe nämlich zu einer Tat - er definiert seine Begriffe nämlich viel klarer als alle hier zusammen.


Schön, dann nimm den Fall des Hungernden, der nicht nur den Wunsch nach Essen hat, sondern den Willen, loszugehen und sich Essen zu besorgen.
Du würdest ja dann - für mich nicht nachvollziehbar - von einem degenerierten Willen sprechen.
Dass Bieri dies so nicht sieht sondern deine eigene Auffassung ist, beruhigt mich ja schon wieder.

Zitat:
EDIT und PS: Ich habe meine Formulierung und das Original im Buch nochmals verglichen. Vielleicht war ich Bieri in meiner verkürzten Version nicht ganz gerecht, was Dein Entrüsten vielleicht ausgelöst hat. Daher will ich diesen Teil hier noch wörtlich zitieren. Also meine Sätze
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Behauptet man, dass man in seinem Tun frei sei, dann impliziert man, dass es keine Bedingungen gibt, die unsere Handlungen festlegen. Daraus folgt, dass wir keinen Motiven folgen und daher unser Handeln vollständig zufällig ist. Solche Taten sind absolut unverständlich. Umgekehrt, wenn all unser Handeln aus Bedingungen entspringt, dann kann man nicht mehr von Willen sprechen."
war die Zusammenfassung folgender Sätze:

Bieri
Wir sind in einem Dilemma: Wenn wir unser Handeln bestimmt sein lassen durch Motive, so erfüllt es die eine Bedingung für ein Handeln, aber weil es ein festgelegtes Handeln ist, ist es kein freies Handeln und erfüllt damit die andere Bedingung für ein Handeln nicht. Wenn es umgekehrt kein durch Motive festgelegtes Handeln ist, ist ihm die Freiheit nicht genommen, und es könnte in diesem Sinne ein Handeln sein; da es dann aber ein rein zufälliges, unverständliches Geschehen wäre, erfüllt es die andere Bedingung für ein Handeln nicht. Wir bekommen also in keinem Sinne eine stimmige Idee von Handeln. (S.23)


Also Bieri nennt 2 Bedingungen für Handlungen: Sie müssen frei sein und sie müssen motiviert sein.
Mein Vorwurf bleibt bestehen: Die Freiheit wird schon in die Prämissen gelegt. Damit wird das Dilemma selber geschaffen, das dann philosophisch - tata - nur kompatibilistisch gelöst werden kann.

#1082:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 23:37
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Also Bieri nennt 2 Bedingungen für Handlungen: Sie müssen frei sein und sie müssen motiviert sein. Mein Vorwurf bleibt bestehen: Die Freiheit wird schon in die Prämissen gelegt. Damit wird das Dilemma selber geschaffen, das dann philosophisch - tata - nur kompatibilistisch gelöst werden kann.
Nicht ganz: Ich habe es am Schluss meines Beitrages zusammengefasst:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Meine Zusammenfassung: Ist das Handeln durch Motive bestimmt, dann ist es begründbar und verständlich, dann kann der zugrundeliegende Wille aber nicht aus Wahlmöglichkeiten wählen. Liegt das Handeln aber einem Willen zugrunde, welcher zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen kann, dann ist es unbegründbar und unverständlich. Ich hoffe, jetzt ist es klarer.
Noch kürzer? Also:

- Wenn das Handeln rein bedingt ist hat man keine Wahlmöglichkeiten;
- hat man nur Wahlmöglichkeiten ist das Handeln unbegründbar und unverständlich.

Ich hoffe Du bezweifelst nicht, dass man sowohl sein Handeln verstehen kann als auch Wahlmöglichkeiten hat - oder doch? Und dann geraten wir eben in ein Dilemma. Von Freiheit ist da noch gar nicht die Rede - nur steckt sie halt eben schon im Begriff der "Wahlmöglichkeit"

In einem dialektischen Prozess ist es natürlich immer das einfachste, die These oder die Antithese zu verneinen und die andere zur Synthese zu erheben. Das nennt man "einem Dilemma ausweichen" - oder einfach verneinen, dass es eines gibt. Das, was Du versuchst, ist mir zu beweisen, dass es beim Handeln keine Wahlmöglichkeiten gibt. Und das glaubst Du ja wohl selbst nicht.


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 10.05.2008, 23:38, insgesamt einmal bearbeitet

#1083:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 23:38
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Mir ist aufgefallen, dass ich die Debatte mittlerweile nicht mehr verstehe.

Und zwar verstehe ich die Attacken gegen den Determinismus nicht.
Ich deute es so, dass diejenigen, die hier den DT attackieren, keine kompatibilistischen FW-Vertreter sind, sondern Libertarier.

Ich möchte gerne wissen, mit wem ich hier eigentlich diskutiere.

Also alles Libertarier, die einen unbedingten freien Willen vertreten, woll? skeptisch


Dieses Reizthema ist die Inkorporation des Chaos. Jeder Thread, den es erschafft, ist ein Blick in den grellbunten Abgrund des Wahnsinns Lachen

#1084:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 23:40
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Mir ist aufgefallen, dass ich die Debatte mittlerweile nicht mehr verstehe.

Und zwar verstehe ich die Attacken gegen den Determinismus nicht.
Ich deute es so, dass diejenigen, die hier den DT attackieren, keine kompatibilistischen FW-Vertreter sind, sondern Libertarier.

Ich möchte gerne wissen, mit wem ich hier eigentlich diskutiere.

Also alles Libertarier, die einen unbedingten freien Willen vertreten, woll? skeptisch
Wie wär's mit Pataphysikern?

EDIT: Dein Problem ist - wie Du knallhart hier beweist - dass Du nur schwarz oder weiss denken kannst. Wenn man den puren Determinismus attakiert, dann muss man ja sicher ein Vertreter des puren Libertanismus sein! Ist doch logisch! Wie sagte Bush? Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!

#1085:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 10.05.2008, 23:52
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Mir ist aufgefallen, dass ich die Debatte mittlerweile nicht mehr verstehe.

Und zwar verstehe ich die Attacken gegen den Determinismus nicht.
Ich deute es so, dass diejenigen, die hier den DT attackieren, keine kompatibilistischen FW-Vertreter sind, sondern Libertarier.

Ich möchte gerne wissen, mit wem ich hier eigentlich diskutiere.

Also alles Libertarier, die einen unbedingten freien Willen vertreten, woll? skeptisch


Och nein Weinen haben wir den total Determinierten in die Verwirrung gestürzt, weil wir dem Menschen innerhalb enger determinierter Grenzen ein klein bisschen Wahlfreiheit zugestehen?

Ich glaube du weisst gar nicht was kompatibel bedeutet.


Du kannst nur in "entweder oder" Kategorien denken.

Agnost

#1086:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 01:11
    —
Wahlfreiheit hätte doch noch nicht mal was mit Undeterminiertheit qua Wabbeligkeit des Hirns zu tun.

#1087:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 01:28
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Wahlfreiheit hätte doch noch nicht mal was mit Undeterminiertheit qua Wabbeligkeit des Hirns zu tun.


Du könntest sicher konkreter wenn du wollen wolltest. Oder bist du so determiniert?

Agnost

#1088:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 02:39
    —
Ich war determiniert unkonkret zu sein, obwohl ich das Potential hätte auch konkreter zu sein.

Es wabbelt das Hirn...

#1089:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 02:42
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Ich war determiniert unkonkret zu sein, obwohl ich das Potential hätte auch konkreter zu sein.

Es wabbelt das Hirn...


Dann hoffe ich, dass dein blumenkohlförmiger Grützekuchen noch was an Erkenntnis erwackelt.

Agnost

#1090:  Autor: Argáiþ BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 02:59
    —
nein, das wabbelt jetzt ins Bett...

#1091:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 04:06
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
nein, das wabbelt jetzt ins Bett...


Freiwillig Frage

Agnost

#1092:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 08:08
    —
Argaith hat folgendes geschrieben:
Dieses Reizthema ist die Inkorporation des Chaos. Jeder Thread, den es erschafft, ist ein Blick in den grellbunten Abgrund des Wahnsinns Lachen
So ist eben die Natur: Chaotisch! Es ist nur jener, der meint, dass man sie in schwarze und weisse, wohlgeordnete Kästchen einordnen kann, der beim Anblick ihrer Grellbuntheit wahnsinnig wird...

#1093: Überbau? Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 11:51
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:


Du aber hast eine stofflich-materielle Umdeutung des Unbewußten vorgenommen, so daß sie in deine physikalisch determinierte Welt paßt und so auch etwas vom Bewußten getrennt Eigenständiges sein kann.


"Stofflich-materiell" sowieso, idealistische Philosophien mag ich nämlich gar nicht.

Zitat:

Wir handeln eben nicht nur nach Schema F, sondern eben auch nach Idealen, bzw konstruieren diese in unseren Theorien über die Wirklichkeit..
Was auch sehr gut funzt.


Stimmt ja. Nur sind diese "idealen Konstrukte" (heißen sie nun Gott, Freiheit oder Unsterblichkeit) nichts Gottgebenes, nichts an sich Seiendes.
Das sind Überbauphänomene, die sich auf eine materielle Basis zurückführen lassen, genau genommen auf die materielle Basis des Gehirns.


Au weia! Du verhunzt auch jeden Begriff.

Was Du hier wieder verwechselst ist die materielle Voraussetzung des Denkens (Gehirnstrukturen) mit dem Vorgang und gar den Inhalten des Denkens selber.

Und dann nennst Du diese Verwechslung "Materialismus".

Ich glaube, irgendwie hakt's. Du selbst bist doch der lebende Beweis dafür, dass es mit der materiellen Voraussetzung des Denkens allein nicht getan ist. Böse

Skeptiker

#1094:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 12:55
    —
Zitat:
AgentProvocateur
Die "letzte" Entscheidung? Also watt nu? Können nun Handlungen unter der Kontrolle des Bewusstseins stattfinden oder können sie es nicht?

... Was aber nun mal schlicht bedeutet, dass, wenn ich zum Kiosk gehen sollte, dies nicht von meinem Bewusstsein kontrolliert werden kann.

Sollte eigentlich nicht so schwer zu verstehen sein.

... Keine Polemik!, nur ganz einfache Logik!

Es gibt zwei Möglichkeiten:

a) das Schreiben von Büchern ist keine Handlung, daher trifft der obige Satz auf das Schreiben von Büchern nicht zu
b) das Schreiben von Büchern ist eine Handlung -> wenn Handlungen vom Bewusstsein nicht kontrolliert werden können, dann folgt daraus, dass auch diese Handlung (das Schreiben von Büchern) nicht bewusst kontrolliert werden kann

Kann ebenfalls nicht so schwer zu verstehen sein, ist nämlich ganz einfach.


Du musst halt differenzieren. Die Tatsache, dass Handlungen durch bewusste Überlegungen nicht direkt "kontrolliert" werden können, heißt nicht, dass Handlungen überhaupt nicht durch bewusste Überlegungen beeinflusst werden können. Ich hatte dies auch, zumindest skizzenhaft, begründet.
Im übrigen halte ich es beim gegenwärtigen Standpunkt der Debatte für wenig sinnvoll, neurowissenschaftliche Modelle der Verhaltenssteuerung zu diskutieren, wenn offenbar Grundlegenderes noch nicht ansatzweise geklärt ist, wie man leider feststellen muss.


Heiner hat folgendes geschrieben:
Zur Untermauerung meiner obigen Ausführungen machen wir an dieser Stelle jetzt mal einen Test, du musst aber mitmachen. zwinkern

Denke bitte den Satz: "Ich will sogleich meine Koffer packen und in die USA auswandern."

So, hast du? Und nicht gemogelt?

Warum bist du immer noch da? Weil dieser bloße Gedanke offenbar nicht die Kraft hatte, eine Handlung auszulösen. Dein Unbewusstes hat nicht mitgespielt.
Diese Gedanke hat nichts mit deinen Motiven und Erfahrungen, mit deiner persönlichen Geschichte zu tun.

Zitat:
Genau. Es ist nicht mein Gedanke, es ist Dein Gedanke. Dieser Dein Gedanke beeinflusst mich aber nicht. Warum sollte er auch? Wenn Du geschrieben hättest: "Ich will mir ein Loch ins Knie bohren und Senf reinfüllen", meinst Du im Ernst, dass ich das dann deswegen wollte?


Exakt. Dieser Gedanke hat mit deiner Person, genauer mit deinen Bedürfnissen, Motiven, Erfahrungen nichts zu tun. Daher kann dieser Gedanke bei dir auch nicht handlungsaktiv werden.

Die Tatsache, dass du nicht die Freiheit besitzt, diesen Gedanken in eine Handlung münden zu lassen, ist gerade der Grund dafür, warum du dich subjektiv frei fühlen kannst, zumal dies nur dann gegeben ist, wenn du in Übereinstimmung mit deiner Person (also mit deinen Präferenzen usw.) handeltst.

#1095:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 13:04
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:

Im übrigen halte ich es beim gegenwärtigen Standpunkt der Debatte für wenig sinnvoll, neurowissenschaftliche Modelle der Verhaltenssteuerung zu diskutieren, wenn offenbar Grundlegenderes noch nicht ansatzweise geklärt ist, wie man leider feststellen muss.


Also nur weil du erst jetzt merkst, dass der "bedingt Freie Wille" des Kompatibalismus keine Euphemismus für "Totale Vorbestimmung" darstellt, willst du keine neurowissenschaftliche Modell der Verhaltenssteuerung diskutieren?

Dass deine Bieri Lektüre falsch war, darauf wurdest du schon vor langem hingewiesen, dass deine Determiniertheit, besser die Hingabe zu deinem Glauben, es erst jezt erlaubte dies zu merken, ändert aber an den Modellen nix.
Wenn du welche hast, dann mal her damit.

Agnost

#1096:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 13:08
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Im übrigen halte ich es beim gegenwärtigen Standpunkt der Debatte für wenig sinnvoll, neurowissenschaftliche Modelle der Verhaltenssteuerung zu diskutieren, wenn offenbar Grundlegenderes noch nicht ansatzweise geklärt ist, wie man leider feststellen muss.
Hey Heiner! Ich kann's nicht glauben! Da sind wir uns endlich völlig einig! Was wir hier machen ist doch reine Spekulation auf der Basis von einigen sehr eingeschränkt gültigen Experimenten und Messungen.

Kann mir eigentlich jemand sagen, wie die Arbeit, auf welcher dieser Thread fusst, genau abgelaufen ist? Der Spiege-Artikel ist nicht mehr auf dem Netz und ich mag mich nicht erinnern, dass dort eine Quellenangabe vorhanden war...

#1097:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 13:47
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Ich möchte gerne wissen, mit wem ich hier eigentlich diskutiere.

Also alles Libertarier, die einen unbedingten freien Willen vertreten, woll? skeptisch
Wie wär's mit Pataphysikern?

EDIT: Dein Problem ist - wie Du knallhart hier beweist - dass Du nur schwarz oder weiss denken kannst. Wenn man den puren Determinismus attakiert, dann muss man ja sicher ein Vertreter des puren Libertanismus sein! Ist doch logisch! Wie sagte Bush? Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!


Kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Logik. (Hier muss ich leider noch einmal den Stand Null der Diskussion referieren. Traurig ) Logisch gibt es genau 3 Grundpositionen, die man zum Problem der Willensfreiheit einnehmen kann:

1. Inkompatibilistischer Determinismus: kein freier Wille, Wille determiniert
2. Inkompatibilistischer Indeterminismus: freier Wille, Wille nicht determiniert
3. Kompatibilistischer Determinismus: freier Wille, Wille determiniert.

Dabei ist anzumerken, dass 3. eine Synthese aus 1. und 2. darstellt.

Was du in deiner "Synthese-Wut" offenbar versuchst, ist, eine 4. Position aus 2. und 3. zu synthetisieren: ein bisschen Libertarismus, ein bisschen Kompatibilismus. Das ist nun wirklich eine Gaga-Position, die so übrigens von keinem Theoretiker vertreten wird.

Damit stoßen wir auf das Grundproblem der hiesigen Diskussion: Die FW-Vertreter sind entweder nicht willens oder nicht fähig, sich konsistent entweder der 2. oder der 3. Position zuzuordnen.
Womöglich sind sie deshalb dazu nicht in der Lage, weil sie den Willensfreiheit-Diskurs gar nicht richtig kennen und sich deshalb in diesem auch nicht sinvoll verorten können. Sie verstehen also ihre eigene Position nicht.

Festzuhalten bleibt: Wer gegen den Determinismus argumentiert - und der Determinismus ist hier der zentrale Angriffspunkt bei vielen - tut dies nur aus dem Grund, da er einen Begriff von Willensfreiheit wie unter 2. zu retten versucht, nämlich den libertären Begriff. Solche Vertreter fahnden deshalb nach "Kausallücken", um in diese Lücke den unbedingten Willen stoßen zu lassen, also die handelnde Person als "unverursachter Verursacher, der unter identischen Bedingungen verschieden handeln kann".

Zu diesen Vertretern rechne ich zweifelsfrei Skeptiker und Agnost, die die libertäre Position vertreten. Also keine Kompatibilisten!!! (Ein Kompatibilist hat nämlich kein Problem mit dem Determinismus!)

Noch einmal ausdrücklich auch an dich die Frage, Agnostiker: Bist du Kompatibilist oder Libertärer?!

Und bitte ausnahmsweise kein wischiwaschi!

#1098:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 13:50
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Kann mir eigentlich jemand sagen, wie die Arbeit, auf welcher dieser Thread fusst, genau abgelaufen ist? Der Spiege-Artikel ist nicht mehr auf dem Netz und ich mag mich nicht erinnern, dass dort eine Quellenangabe vorhanden war...


http://wissen.spiegel.de/wissen/resultset.html?suchbegriff=haynes

http://wissen.spiegel.de/wissen/resultset.html?suchbegriff=libet

Empfehlen würde ich Dir aber folgenden Beitrag in der ZEIT:

http://images.zeit.de/text/2008/17/Freier-Wille

#1099:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 13:55
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Du musst halt differenzieren. Die Tatsache, dass Handlungen durch bewusste Überlegungen nicht direkt "kontrolliert" werden können, heißt nicht, dass Handlungen überhaupt nicht durch bewusste Überlegungen beeinflusst werden können.

Sind wir uns also einig, dass dieses Zitat in seinem Zusammenhang falsch und irreführend ist Frage :

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
In jüngster Zeit bestreiten renommierte Hirnforscher und Handlungspsychologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer die Existenz der menschlichen Willensfreiheit und stützen sich dabei auf neuere neurowissenschaftliche und handlungspsychologische Erkenntnisse der Hirnforschung. Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.

Was interessieren überhaupt die "handlungsauslösenden Impulse"? Wenn jemand eine Handlung vorher bewusst formulieren und dann umsetzen kann (und das wird ja wohl hoffentlich nicht bestritten - denn sonst wäre auch wissenschaftliche Arbeit kaum möglich), dann kann man mE mit Fug und Recht sagen, er könne diese Handlung bewusst kontrollieren. Und dazu ist es keineswegs notwendig, dass er auch jede Muskelkontraktion im Einzelnen bewusst steuert.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Tatsache, dass du nicht die Freiheit besitzt, diesen Gedanken in eine Handlung münden zu lassen, ist gerade der Grund dafür, warum du dich subjektiv frei fühlen kannst, zumal dies nur dann gegeben ist, wenn du in Übereinstimmung mit deiner Person (also mit deinen Präferenzen usw.) handeltst.

Ich besitze die Freiheit, Dinge, die ich nicht will, abzulehnen. Könnte ich das nicht, dann wäre ich nicht frei.

#1100:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 17:42
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Logik.
Was ist Logik anderes als Schwarz-Weiß-Denken? Schwarz = 0 = falsch; Weiß = 1 = wahr. Vielleicht hilft Dir die Fuzzy-Logik weiter...
Zitat:
Noch einmal ausdrücklich auch an dich die Frage, Agnostiker: Bist du Kompatibilist oder Libertärer?!
Und bitte ausnahmsweise kein wischiwaschi!
Pataphysiker! Ich bin kein Käfer für Deine Sammlung in der Vitrine...

#1101:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 18:32
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
http://wissen.spiegel.de/wissen/resultset.html?suchbegriff=haynes
Ja, wenn man weiss, dass die Arbeit von Haynes stammt, kann man suchen gehen...
Zitat:
http://wissen.spiegel.de/wissen/resultset.html?suchbegriff=libet
OK, in 60% der Fälle konnte bis 10 s vorher vorausgesagt werden welcher von zwei Knöpfen gedrückt würden. Das war sicher signifikant, sonst wäre sein Paper ja nicht publiziert worden. Man sollte jedoch bedenken, dass die Wahrscheinlichkeit einen der zwei Knöpfe zu drücken 50% ist. Dann ist diese Leistung nicht mehr so schwerwiegend einzuschätzen. In 40% der Fälle hat sich der Proband vielleicht willentlich umentschieden? Oder sonstwie war er bis kurz vorher unenschlossen...

Das erinnert mich an die Tatsache, dass man mit 70% Wahrscheinlichkeit voraussagen kann, dass morgen dasselbe Wetter ist, wie heute. Unterdessen ist die Trefferwahrscheinlichkeit der Wettervorhersage vielleicht auf 80 - 85% gestiegen? Sicher eine beachtliche Leistung!

Zitat:
Empfehlen würde ich Dir aber folgenden Beitrag in der ZEIT:
http://images.zeit.de/text/2008/17/Freier-Wille
Muss ich zuerst noch lesen...

#1102:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 20:34
    —
das beste dazu hat step geliefert:
Zitat:
Das, was Du versuchst, ist mir zu beweisen, dass es beim Handeln keine Wahlmöglichkeiten gibt. Und das glaubst Du ja wohl selbst nicht.

der (im linearen, bewußten Denkprozess - vgl. die Werke von de Bono) vorgestellte Wahlmöglichkeiten anerkannt hat, dann aber von einer Nicht-Realisierbarkeit aller Wahlmöglichkeiten bis auf eine - klarerweise nicht durch etwas wie "freien Willen" determinierte - ausgeht. Jaja, die Unitärität der Zeitentwicklung........ Sehr glücklich

@heiner
Zitat:
Damit stoßen wir auf das Grundproblem der hiesigen Diskussion ...

das liegt bei dir aber eher in der schablonenhaften, simplifizierenden Kategorisierung (bzw. Wiederkäuen von entsprechenden Kategorisierungen), die aber den Effekten, die bei komplexen, selbstorganisierenden Systemen auftreten nicht gerecht werden.

Auf entsprechende (systemtheoretische, mathematische u.a.) Modelle, auf welche ich an anderer Stelle zur Genüge hingewiesen habe und die allesamt nahelegen, daß sich in komplexen Systemen "Freiheitsgrade" durch das Element des Zufalls ergeben (müssen), wird "zu Gunsten" der eigenen simplen "Determiniertheit" lieber erst gar nicht eingegangen zwinkern

Erwin

#1103:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 11.05.2008, 20:40
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
OK, in 60% der Fälle konnte bis 10 s vorher vorausgesagt werden welcher von zwei Knöpfen gedrückt würden. Das war sicher signifikant, sonst wäre sein Paper ja nicht publiziert worden. Man sollte jedoch bedenken, dass die Wahrscheinlichkeit einen der zwei Knöpfe zu drücken 50% ist. Dann ist diese Leistung nicht mehr so schwerwiegend einzuschätzen. In 40% der Fälle hat sich der Proband vielleicht willentlich umentschieden? Oder sonstwie war er bis kurz vorher unenschlossen...

Es ist, wie es ist.
Die Diskussion beginnt mit der -wie der Thread-Titel bereits zeigt, bisweilen fantasiegeladen- Interpretation des Experiments. ; )

#1104:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 01:01
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Ich möchte gerne wissen, mit wem ich hier eigentlich diskutiere.

Also alles Libertarier, die einen unbedingten freien Willen vertreten, woll? skeptisch
Wie wär's mit Pataphysikern?

EDIT: Dein Problem ist - wie Du knallhart hier beweist - dass Du nur schwarz oder weiss denken kannst. Wenn man den puren Determinismus attakiert, dann muss man ja sicher ein Vertreter des puren Libertanismus sein! Ist doch logisch! Wie sagte Bush? Wer nicht für mich ist, ist gegen mich!


Kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Logik. (Hier muss ich leider noch einmal den Stand Null der Diskussion referieren. Traurig ) Logisch gibt es genau 3 Grundpositionen, die man zum Problem der Willensfreiheit einnehmen kann:

1. Inkompatibilistischer Determinismus: kein freier Wille, Wille determiniert
2. Inkompatibilistischer Indeterminismus: freier Wille, Wille nicht determiniert
3. Kompatibilistischer Determinismus: freier Wille, Wille determiniert.

Dabei ist anzumerken, dass 3. eine Synthese aus 1. und 2. darstellt.

Was du in deiner "Synthese-Wut" offenbar versuchst, ist, eine 4. Position aus 2. und 3. zu synthetisieren: ein bisschen Libertarismus, ein bisschen Kompatibilismus. Das ist nun wirklich eine Gaga-Position, die so übrigens von keinem Theoretiker vertreten wird.

Damit stoßen wir auf das Grundproblem der hiesigen Diskussion: Die FW-Vertreter sind entweder nicht willens oder nicht fähig, sich konsistent entweder der 2. oder der 3. Position zuzuordnen.
Womöglich sind sie deshalb dazu nicht in der Lage, weil sie den Willensfreiheit-Diskurs gar nicht richtig kennen und sich deshalb in diesem auch nicht sinvoll verorten können. Sie verstehen also ihre eigene Position nicht.

Festzuhalten bleibt: Wer gegen den Determinismus argumentiert - und der Determinismus ist hier der zentrale Angriffspunkt bei vielen - tut dies nur aus dem Grund, da er einen Begriff von Willensfreiheit wie unter 2. zu retten versucht, nämlich den libertären Begriff. Solche Vertreter fahnden deshalb nach "Kausallücken", um in diese Lücke den unbedingten Willen stoßen zu lassen, also die handelnde Person als "unverursachter Verursacher, der unter identischen Bedingungen verschieden handeln kann".

Zu diesen Vertretern rechne ich zweifelsfrei Skeptiker und Agnost, die die libertäre Position vertreten. Also keine Kompatibilisten!!! (Ein Kompatibilist hat nämlich kein Problem mit dem Determinismus!)

Noch einmal ausdrücklich auch an dich die Frage, Agnostiker: Bist du Kompatibilist oder Libertärer?!

Und bitte ausnahmsweise kein wischiwaschi!


Heiner das ist doch alles ziemlich wir.

Wenn es "bedingt Freien Willen gibt ", dann können wir inerhalb enger Grenzen "bedingt Frei Wählen", diese Bedingungen sind determiniert.

Wenn ich libertär wäre, wäre auch Bieri libertär.

Auch ich bin der Meinung, dass wir nicht zwischen zwei "ganz anderen" Möglichkeiten auswählen können.
Aber ich bin der Meinung, dass wir vor der roten Ampel stehen, wenn keine Verkehr weit und breit zu sehen ist, als Fussgänger jeden Sekundenbruchteil bis die Ampel auf Grün schwappt entscheiden können ob wir nun bei Rot über die Strasse wollen oder nicht.
Was wir kaum können ist uns plötzlich so zu entscheiden, dass wir umkehren und nach Hause gehen,
statt wie gewollt die Strasse zu überqueren.
Und es gibt meines Erachtens keinen zwingenden Determinierungsmechanismus, der mir diese Wahl nicht erlaubt.
Denn wenn ich bei "abwesendem" Autoverkehr bei Rot über die Strasse gehe, mache ich nicht etwas gänzlich anderes als wenn ich auf Grün warte und dann rüber gehe.

Agnost

#1105:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 06:14
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Logik.
Was ist Logik anderes als Schwarz-Weiß-Denken? Schwarz = 0 = falsch; Weiß = 1 = wahr. Vielleicht hilft Dir die Fuzzy-Logik weiter...
Zitat:
Noch einmal ausdrücklich auch an dich die Frage, Agnostiker: Bist du Kompatibilist oder Libertärer?!
Und bitte ausnahmsweise kein wischiwaschi!
Pataphysiker! Ich bin kein Käfer für Deine Sammlung in der Vitrine...


Du kannst ja gerne Diskursregeln ignorieren und dich über sie hinwegsetzen.
Nur ist eine sinnvolle Diskussion - nämlich mit Nicht-Pataphysikern - dann nicht mehr möglich.

#1106:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 06:24
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Logik.
Was ist Logik anderes als Schwarz-Weiß-Denken? Schwarz = 0 = falsch; Weiß = 1 = wahr. Vielleicht hilft Dir die Fuzzy-Logik weiter...
Zitat:
Noch einmal ausdrücklich auch an dich die Frage, Agnostiker: Bist du Kompatibilist oder Libertärer?!
Und bitte ausnahmsweise kein wischiwaschi!
Pataphysiker! Ich bin kein Käfer für Deine Sammlung in der Vitrine...


Du kannst ja gerne Diskursregeln ignorieren und dich über sie hinwegsetzen.
Nur ist eine sinnvolle Diskussion - nämlich mit Nicht-Pataphysikern - dann nicht mehr möglich.


Du setzt dich ja auch konstant über Diskursregeln hinweg.

Du qualifizierst echte Kompaibilisten als Libertäre, weil sie keine Pseudo-Kompatibilisten sind, kannst das aber gar nicht begründen.

Weisst du, liefere doch endlich mal einen Anfangsversuch, wie die totale Determination entstand und wie sie sich nie im Geäst ihrer "Tochter-Funktionen" verwusselte.

Irgendwann müsst ihr doch mal einen Anfang machen, irgendwann müsst ihr mal Butter bei die Fische tun tun.

Agnost

#1107:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 06:27
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Logik.
Was ist Logik anderes als Schwarz-Weiß-Denken? Schwarz = 0 = falsch; Weiß = 1 = wahr. Vielleicht hilft Dir die Fuzzy-Logik weiter...
Zitat:
Noch einmal ausdrücklich auch an dich die Frage, Agnostiker: Bist du Kompatibilist oder Libertärer?!
Und bitte ausnahmsweise kein wischiwaschi!
Pataphysiker! Ich bin kein Käfer für Deine Sammlung in der Vitrine...


Du kannst ja gerne Diskursregeln ignorieren und dich über sie hinwegsetzen.
Nur ist eine sinnvolle Diskussion - nämlich mit Nicht-Pataphysikern - dann nicht mehr möglich.
Aha! Und ein sturer Determinist (ohne irgenwelchem Toleranzzusatz) kann halt auch nur mit seinesgleichen diskutieren. Ich behalte mir einfach die Freiheit vor, an irgend einem Punkt einer Diskussion auch einen bisher noch nicht in Betracht gezogenen Aspekt heranzuziehen, der vielleicht alles in ein neues Licht bringt. Diese Freiheit gibst Du Dir aber nicht. Du hältst Dich eben an "Diskursregeln" - von Dir aufgestellten etwa?

Und? Hat Dich die Fuzzy-Logik noch nicht weiter gebracht?

#1108:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 06:51
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
OK, in 60% der Fälle konnte bis 10 s vorher vorausgesagt werden welcher von zwei Knöpfen gedrückt würden. Das war sicher signifikant, sonst wäre sein Paper ja nicht publiziert worden. Man sollte jedoch bedenken, dass die Wahrscheinlichkeit einen der zwei Knöpfe zu drücken 50% ist. Dann ist diese Leistung nicht mehr so schwerwiegend einzuschätzen. In 40% der Fälle hat sich der Proband vielleicht willentlich umentschieden? Oder sonstwie war er bis kurz vorher unenschlossen...

Es ist, wie es ist.
Die Diskussion beginnt mit der -wie der Thread-Titel bereits zeigt, bisweilen fantasiegeladen- Interpretation des Experiments. ; )
Wenn man die Versuchsanordnung genau betrachtet, kommt man vielleicht auf interessante Aspekte darüber, was sie überhaupt aussagen kann. Da liegt man doch in einem modernen fMRI-Tunnel und hat vor sich einen Bildschirm, in dem zufällig Buchstaben erscheinen und an der linken und rechten Hand einen Knopf, den man drücken kann. Die Aufgabe ist, irgendmal einen der beiden Knöpfe zu drücken und zu deklarieren, bei welchem der Buchstaben die Entscheidung bewusst gefallen ist, welchen Knopf ich drücken werde. Offenbar hat es überhaupt keine Konsequenz, welcher Knopf gedrückt wird. Also eine total "willkürliche" Entscheidung - die kann man dann noch frei nennen, wenn man denn so will.

In Bieris Dilemma ist die Situation also klar auf der Seite einer unverständlichen, unbegründbaren Handlung. Würde man mich fragen "warum hast Du nicht den linken Knopf gedrückt, sondern den rechten", ich wüsste wirklich nicht, was ich antworten sollte. Hätte der Knopfdruck irgend eine Wirkung, dann könnte ich auf diese Frage vielleicht eine Antwort finden, so aber nicht.

Was kann man in einer solchen Situation eigentlich tun? Kann man sich irgendwelche künstlichen Wünsche kreieren, welche eine Willen erzeugen und eine Handlung auslösen? Sicher nicht. Was kann man somit tun? Es dem "Zufall überlassen"! Und, wie macht man so etwas am besten, als Mensch? Na, wie wohl? Klar, man überlässt es dem Unbewussten! Man versucht krampfhaft (offenbar mindestens in 60% der Fälle) das Bewusstsein auszuschalten in der Entscheidung darüber, welchen Knopf ich drücken werde. Es ist dann nicht erstaunlich, dass nach getaner Arbeit des Unterbewusstseins, das Bewusstsein erst relativ spät erfährt, welche Entscheidung nun getroffen worden ist!

Es bleibt nun aber wirklich die Frage, inwiefern diese Versuchsanordnung etwas mit der Frage über Determinismus und freiem Willen zu tun hat...

#1109:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 06:55
    —
Zitat:
Noch einmal ausdrücklich auch an dich die Frage, Agnostiker: Bist du Kompatibilist oder Libertärer?!

Und bitte ausnahmsweise kein wischiwaschi!

Zitat:
Agnost:

Heiner das ist doch alles ziemlich wir.

Wenn es "bedingt Freien Willen gibt ", dann können wir inerhalb enger Grenzen "bedingt Frei Wählen", diese Bedingungen sind determiniert.

Wenn ich libertär wäre, wäre auch Bieri libertär.


Bieri ist in der Tat nicht libertär, sondern Kompatibilist, du aber hast dich längst in eine libertäre Ecke argumentiert, genauso wie die meisten anderen FW-Vertreter hier, die sich fälschlicherweise auf Bieri berufen.

Damit das noch mal für alle klar ist: Bieri ist Determinist.

Zitat:
Eine wesentliche Gemeinsamkeit der Theorien von Schopenhauer und Bieri ist das deterministische Weltbild, das beide vertreten. Beide glauben, dass Ereignisse, aber auch menschliche Handlungen grundsätzlich kausal determiniert sind. Der größte Unterschied besteht darin, dass Bieri davon ausgeht, dass Freiheit und Determinismus miteinander vereinbar sind, ...
http://www.diplom.de/db_diplomarbeiten/diplomarbeiten8915.html


Mach dir bitte mal das Fettgedruckte klar: Laut Bieri sind Handlungen grundsätzlich - ohne Ausnahme - kausal determiniert!!!

Wer also wie du und Skeptiker meint, den Determinismus unter Beschuss nehmen zu müssen und gleizeitig glaubt, er könne sich auf Bieri berufen, dokumentiert damit nur, dass er nichts verstanden hat. Ihr habt euch längst als Libertäre geoutet und euch dabei ein kompatibilistisches Mäntelchen umgehängt.


Zitat:
Auch ich bin der Meinung, dass wir nicht zwischen zwei "ganz anderen" Möglichkeiten auswählen können.
Aber ich bin der Meinung, dass wir vor der roten Ampel stehen, wenn keine Verkehr weit und breit zu sehen ist, als Fussgänger jeden Sekundenbruchteil bis die Ampel auf Grün schwappt entscheiden können ob wir nun bei Rot über die Strasse wollen oder nicht.
Was wir kaum können ist uns plötzlich so zu entscheiden, dass wir umkehren und nach Hause gehen,
statt wie gewollt die Strasse zu überqueren.
Und es gibt meines Erachtens keinen zwingenden Determinierungsmechanismus, der mir diese Wahl nicht erlaubt.


Was für ein Unsinn: Wenn Willenshandlungen kausal determiniert sind, dann sind sie das immer (siehe Bieri: grundsätzlich, ohne Ausnahme)!
Es ist dabei egal, ob du vor der Ampel stehst oder bei der Aldi an der Kasse oder an der Bartheke oder oder...
Dass du meinst, bestimmte Willenshandlungen von der kausalen Determiniertheit ausnehmen zu können, ist pure Willkür, nicht im Ansatz logisch begründet, sondern eine rein intuitionistische Annahme deinerseits. (Hat dir die "Erkenntnis", dass just im Fall des Wartens vor der roten Ampel deine Handlung gerade mal nicht determiniert ist, etwa der Heilige Geist persönlich eingegeben??)

Fazit: Wenn du glaubst, dass es tatsächlich Klassen von Handlungen gibt, bei denen du als unverursachter Verursacher handeltst, der nicht von vorauslaufenden Bedingungen abhängt, dann

- hast du den Boden des Determinismus verlassen
- kannst du dich somit nicht mehr auf Bieri berufen
- musst du dich als Libertärer outen
- darfst du nicht mehr unter dem Deckmantel des Kompatibilisten argumentieren
- musst du dir eine neue Argumentationsstrategie überlegen, mit der du hier vom FW überzeugen willst.


Zuletzt bearbeitet von Heiner am 12.05.2008, 07:04, insgesamt einmal bearbeitet

#1110:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 07:04
    —
Agnostiker,

Das ist ja das Problem der Bildligeber, sie können gar keine Messungen beibringen, in denen eine "Wahlsituation" im realen Leben vorliegt.

Die meisten Entscheidungen treffen wir im Spannungsfeld Lust vs. Vernunft, wobei "ungenau" ist wie weit eine Lustvariante unvernünftig ist oder einfach nur ein bisschen Unvernünftiger. Genauso ist es "ungenau" wie lustlos die Vernunftsvariante ist oder ob sie nicht doch auch ein bisschen lustig sein kann.

Wass ich auch ausschliesse ist, dass wir "ganz" anders entscheiden können.

Ich bin mir sicher, Heiner könnten sich den "Bieri" mal besorgen, damit er nicht nur Singer im Kopf hat, er aber wird wohl annehmen, dass er diese Freiheit nicht hat, da er engstens (total) determiniert ist.

Wenn er denn so wissenschaftlich wäre, wie er hofft, dass er determiniert sei, sollte ihm aber seine Determinierung erlauben das Buch zu lesen.

Agnost

#1111:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 07:20
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Laut Bieri sind Handlungen grundsätzlich - ohne Ausnahme - kausal determiniert!!!

Wer also wie du und Skeptiker meint, den Determinismus unter Beschuss nehmen zu müssen und gleizeitig glaubt, er könne sich auf Bieri berufen, dokumentiert damit nur, dass er nichts verstanden hat. Ihr habt euch längst als Libertäre geoutet und euch dabei ein kompatibilistisches Mäntelchen umgehängt.
Ich reihe mich jetzt unter jene, die Du explizit in Deine Vitrine aufgepinnt hast und unter Beschuss nimmst (mich erachtest Du ja jetzt als Pataphysiker sowieso als Spinner - soll mir recht sein...). Ich wehre mich vehement gegen jene Deterministen, die nichts anderes sehen, als ihren Determinismus - und ich glaube da gehörst Du dazu - oder nicht? Ich glaube nicht, dass irgendeiner in Deiner Kollektion je behauptet hätte, dass Handlungen unbegründbar seien und nicht ihre tieferen Antriebe besässen. Also keiner hat je eine Form von Determinismus bestritten. Wogegen wir uns wehren ist die monistische Behauptung, alles lasse sich auf Gründe zurückführen, auch die Gründe, und beim Übrigbleiben von mehr als einer Wahlmöglichkeit, die an sich gleichbegründbar sind, auch eine determinierte Entscheidung fallen müsse.

Zitat:
Fazit: Wenn du glaubst, dass es tatsächlich Klassen von Handlungen gibt, bei denen du als unverursachter Verursacher handeltst, der nicht von vorauslaufenden Bedingungen abhängt, dann

- hast du den Boden des Determinismus verlassen
- kannst du dich somit nicht mehr auf Bieri berufen
- musst du dich als Libertärer outen
- darfst du nicht mehr unter dem Deckmantel des Kompatibilisten argumentieren
- musst du dir eine neue Argumentationsstrategie überlegen, mit der du hier vom FW überzeugen willst.
Schön! Jetzt wissen wir endlich, was wir zu tun haben Herr Lehrer! freakteach Da sind allzuviele "du kannst nicht", "du musst" und "du darfst nicht" aufgezählt, als dass Dich ein Pataphysiker noch ernst nehmen kann...

Zuletzt bearbeitet von PataPata am 12.05.2008, 11:21, insgesamt einmal bearbeitet

#1112:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 08:00
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Laut Bieri sind Handlungen grundsätzlich - ohne Ausnahme - kausal determiniert!!!

Wer also wie du und Skeptiker meint, den Determinismus unter Beschuss nehmen zu müssen und gleizeitig glaubt, er könne sich auf Bieri berufen, dokumentiert damit nur, dass er nichts verstanden hat. Ihr habt euch längst als Libertäre geoutet und euch dabei ein kompatibilistisches Mäntelchen umgehängt.
Ich reihe ich jetzt unter jene, die Du explizit in Deine Vitrine aufgepinnt hast und unter Beschuss nimmst (mich erachtest Du ja jetzt als Pataphysiker sowieso als Spinner - soll mir recht sein...). Ich wehre mich vehement gegen jene Deterministen, die nichts anderes sehen, als ihren Determinismus - und ich glaube da gehörst Du dazu - oder nicht?


Dass ich Determinist bin, ist kein Geheimnis. Entweder man ist Determinist oder man ist es
nicht. Etwas dazwischen gibt es nicht.

Zitat:
Ich glaube nicht, dass irgendeiner in Deiner Kollektion je behauptet hätte, dass Handlungen unbegründbar seien und nicht ihre tieferen Antriebe besässen. Also keiner hat je eine Form von Determinismus bestritten.


Wie bitte??! "Keiner hat je eine Form von Determinismus bestritten?!" Hast du die Elaborate
von Skeptiker nicht gelesen, der den Determinismus als Teufelszeug anprangert?
Oder wie es mit Agnost, der glaubt, dass bestimmte Handlungen nicht determiniert sind?

Die Gültigkeit des Determinismus wird hier permanent bestritten!

Zitat:
Wogegen wir uns wehren ist die monistische Behauptung, alles lasse sich auf Gründe zurückführen, auch die Gründe, und beim Übrigbleiben von mehr als einer Wahlmöglichkeit, die an sich gleichbegründbar sind, auch eine determinierte Entscheidung fallen müsse.


Damit behauptest also auch du, dass es Handlungen gibt, die nicht determiniert sind?
Dass der Handelnde in manchen Fällen "unverursachter Verursacher" sein kann?

Als Determinist wirst du dich dann nicht bezeichnen können (obwohl du das ja auch nicht tust, obwohl du ja behauptest, den Determinismus nicht zu bestreiten, obwohl du dich ja auf den Deterministen Bieri berufst... skeptisch )

Wie gesagt, wenn menschliches Handeln determiniert ist, dann gilt das ohne Ausnahme.
Sollte es echte Kausallücken im Handeln geben, wird auch der Determinismus unhaltbar.
Genau darauf laufen eure Argumentationsbemühungen hinaus: Ihr versucht, genau solche Kausallücken aufzuspüren, um die Gültigkeit des Determinismus widerlegen zu können.
An dieser Stelle erweist ihr euch als Libertäre.

Was mich an eurer Argumentation besonders stört, ist die Tatsache, dass ihr glaubt, die Fälle, in denen Handlungen scheinbar nicht determiniert sind, ganz genau angeben zu können (hier die von dir beschriebene Wahlsituation!).

Zitat:
Fazit: Wenn du glaubst, dass es tatsächlich Klassen von Handlungen gibt, bei denen du als unverursachter Verursacher handeltst, der nicht von vorauslaufenden Bedingungen abhängt, dann

- hast du den Boden des Determinismus verlassen
- kannst du dich somit nicht mehr auf Bieri berufen
- musst du dich als Libertärer outen
- darfst du nicht mehr unter dem Deckmantel des Kompatibilisten argumentieren
- musst du dir eine neue Argumentationsstrategie überlegen, mit der du hier vom FW überzeugen willst.
Zitat:
Schön! Jetzt wissen wir endlich, was wir zu tun haben Herr Lehrer! freakteach Da sind allzuviele "du kannst nicht", "du musst" und "du darfst nicht" aufgezählt, als dass Dich ein Pataphysiker noch ernst nehmen kann...


Das Mindeste, was man erwarten kann, ist, sich nicht auf falsche Gewährsleute zu berufen.
Den Determinismus zu attackieren und sich auf Bieri zu berufen geht wirklich nicht.

Im übrigen bin ich gerne bereit auch mit Libertären zu diskutieren. Nur was ich nicht mag, ist mit Leuten zu dikutieren, die unter falscher Flagge segeln.

#1113:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 08:27
    —
Heiner,

Ich hab dich schon mal gefragt, ob du glaubst, dass der "Begriff" "bedingt Freier Wille" ein Euphemismus für "Unfreiwiligkeit" ist.

Determininert und Total und/oder Eng Determiniert sind nicht das gleiche.

Ich hab dir doch die Bedeutung des Wortes "ganz" in Bieris Text erklärt.
Wenn Bieri für dich ein Kompatibilist ist, bin ich es auch.
"Bedingt Freier Wille" und Determinierung schliessen sich für einen Kompatibilisten nicht aus.
Aber "Bedingt Freier Wille" ist kein anderes Wort für "Unfreiwilligkeit".

Das sollte doch sogar dir einleuchten.

Und bevor du so tust, als ob du wüsstest was Bieri wirklich meint, tu es doch endlich lesen tun das Buch.

Das nennt man "Intellektuelle Redlichkeit".

Agnost

#1114:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 11:28
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Heiner,

Ich hab dich schon mal gefragt, ob du glaubst, dass der "Begriff" "bedingt Freier Wille" ein Euphemismus für "Unfreiwiligkeit" ist.


Der "bedingt freie Wille" ist ein Euphemismus für den unfreien Willen.

Zitat:
Determininert und Total und/oder Eng Determiniert sind nicht das gleiche.


Doch!

Ein kausalgesetzlich determiniertes System erlaubt keine Lücken und schon gar nicht solche,
die du nach Belieben bestimmst, weil es dir in den Kram passt.

Genauso könntest du behaupten: Das Handeln ist nur in der Weite nicht determiniert, in engen Grenzen ist es determiniert.

Warum dir diese Aussage vielleicht weniger plausibel als deine eigene erscheinen mag, liegt daran, dass es dir rein intuitiv so erscheint. Objektiv unbegründet und inkonsistent sind beide Aussagen.


Zitat:
Ich hab dir doch die Bedeutung des Wortes "ganz" in Bieris Text erklärt.
Wenn Bieri für dich ein Kompatibilist ist, bin ich es auch.


Bieri ist Determinist, du bist kein Determinist, das ist der entscheidende Unterschied.

Was du mit deinem stereotyp vorgebrachten Ampel-Beispiel zu "beweisen" versuchst, ist, dass es Fälle gibt, wo Handeln "echt undeterminiert" ist. Ein Kompatibilist würde so niemals argumentieren.

#1115:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 11:49
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Dass ich Determinist bin, ist kein Geheimnis. Entweder man ist Determinist oder man ist es nicht. Etwas dazwischen gibt es nicht.
Das ist eben schwarz-weiss-Denken, etwas das Du einmal bestritten hast. Du nennst es Logik. Wer beweist, dass 0-1-Logik unser Leben und den Rest der Natur bestimmt? Solche Logik führt eben zu Bieris Dilemma! Eine Zusammenfassung einer Diplomarbeit von Susanne Schultz, die Du vielleicht per Google gefunden hast, heranzuziehen, um mir zu "beweisen", dass Bieri ein reiner Determinist ist, ist das nicht etwas dürftig?
Zitat:
Wie bitte??! "Keiner hat je eine Form von Determinismus bestritten?!" Hast du die Elaborate
von Skeptiker nicht gelesen, der den Determinismus als Teufelszeug anprangert?
Oder wie es mit Agnost, der glaubt, dass bestimmte Handlungen nicht determiniert sind?
Für die anderen will ich nicht schreiben. Hier habe ich immerhin davon geschrieben, dass der freie Wille eine starke Illusion sein könnte, und bis jetzt hat mir da Bieri nicht widersprochen. Da räume ich immerhin ein, dass tatsächlich alles in irgendeiner Form "determiniert" sein könnte, dass wir aber der Illusion der Freiheit unserer Handlungen nicht entgehen können. Damit Du Dir darunter etwas vorstellen kannst, vergleiche es mit der Zeit, die wahrscheinlich auch "nur" eine Illusion ist - kannst Du Dich der Zeit aber entziehen?

#1116:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 13:15
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Hier habe ich immerhin davon geschrieben, dass der freie Wille eine starke Illusion sein könnte, und bis jetzt hat mir da Bieri nicht widersprochen. Da räume ich immerhin ein, dass tatsächlich alles in irgendeiner Form "determiniert" sein könnte, dass wir aber der Illusion der Freiheit unserer Handlungen nicht entgehen können. Damit Du Dir darunter etwas vorstellen kannst, vergleiche es mit der Zeit, die wahrscheinlich auch "nur" eine Illusion ist - kannst Du Dich der Zeit aber entziehen?


Nun, wenn wir uns darauf einigen können, dass menschl. Handeln grundsätzlich determiniert ist und der freie Wille eine (von mir aus auch: "starke") Illusion, dann sind wir sicherlich einen Schritt vorangekommen.

(Dass wir die Illusion der Willensfreiheit brauchen, würde ich allerdings in meinem Fall doch ausschließen.)

#1117:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 14:41
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
(Dass wir die Illusion der Willensfreiheit brauchen, würde ich allerdings in meinem Fall doch ausschließen.)
Das ist dann eben die (schwache) Gegen-Illusion Deinerseits!

#1118:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 17:00
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Heiner,

Ich hab dich schon mal gefragt, ob du glaubst, dass der "Begriff" "bedingt Freier Wille" ein Euphemismus für "Unfreiwiligkeit" ist.


Der "bedingt freie Wille" ist ein Euphemismus für den unfreien Willen.

Zitat:
Determininert und Total und/oder Eng Determiniert sind nicht das gleiche.


Doch!

Ein kausalgesetzlich determiniertes System erlaubt keine Lücken und schon gar nicht solche,
die du nach Belieben bestimmst, weil es dir in den Kram passt.

Genauso könntest du behaupten: Das Handeln ist nur in der Weite nicht determiniert, in engen Grenzen ist es determiniert.

Warum dir diese Aussage vielleicht weniger plausibel als deine eigene erscheinen mag, liegt daran, dass es dir rein intuitiv so erscheint. Objektiv unbegründet und inkonsistent sind beide Aussagen.


Zitat:
Ich hab dir doch die Bedeutung des Wortes "ganz" in Bieris Text erklärt.
Wenn Bieri für dich ein Kompatibilist ist, bin ich es auch.


Bieri ist Determinist, du bist kein Determinist, das ist der entscheidende Unterschied.

Was du mit deinem stereotyp vorgebrachten Ampel-Beispiel zu "beweisen" versuchst, ist, dass es Fälle gibt, wo Handeln "echt undeterminiert" ist. Ein Kompatibilist würde so niemals argumentieren.


Heiner das ist Quatsch:

Die Ampel steht dort wo sie steht (determiniert), ich will rüber (determiniert), es herrscht in dem Moment kein Verkehr (determiniert), sie steht auf rot (determininer), ich bin in der Lage wahr zu nehmen, dass ich trotz Rot rüber könnte (habe Augen/auch determiniert), stehen bleiben oder gehen widersprechen keiner physikalischen Gesetzmässigkeit und stehen nicht im Widerspruch zu den vorangegangenen Handlungen,
Stehen bleiben oder rübergehen sind keine "ganz" anderen Handlungen.

Bieri ist als Kompatibilist Determinist, aber er glaubt an den bedingt Freien Willen, d.h. es gibt freie Willensentscheidung in engen Grenzen.

Das sich Fuzzy-Logik, Spatzung, Unsauberkeit und "Slack" mir Determiniertheit beissen musst du beweisen und nicht nur beschwätzen können.
Damit ein System determiniert ist, muss es weder eng noch total determiniert sein.

Wenn etwas eng und/oder total determiniert ist/wäre müsste der Beweis für diese determiniertheit relativ einfach zu führen sein.

Aber weder du noch Step wagt auch nur einen Ansatz dazu, auch nur eine Formel für die enge/totale Determinierung unseres Hirnes, also einem Teilsystem, zu präsentieren.

Es ist ein bisschen billig auf die Lendenschürze andere zu zeigen, wenn man nur nen Schamstrick an hat.

Und lies endlich den Bieri selbst.

Agnost

#1119:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 18:58
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Hier habe ich immerhin davon geschrieben, dass der freie Wille eine starke Illusion sein könnte, und bis jetzt hat mir da Bieri nicht widersprochen. Da räume ich immerhin ein, dass tatsächlich alles in irgendeiner Form "determiniert" sein könnte, dass wir aber der Illusion der Freiheit unserer Handlungen nicht entgehen können. Damit Du Dir darunter etwas vorstellen kannst, vergleiche es mit der Zeit, die wahrscheinlich auch "nur" eine Illusion ist - kannst Du Dich der Zeit aber entziehen?


Nun, wenn wir uns darauf einigen können, dass menschl. Handeln grundsätzlich determiniert ist und der freie Wille eine (von mir aus auch: "starke") Illusion, dann sind wir sicherlich einen Schritt vorangekommen.

(Dass wir die Illusion der Willensfreiheit brauchen, würde ich allerdings in meinem Fall doch ausschließen.)
Ich komme eben von einer Physiotherapie inkl. osteopathische und andere "angenehme" Techniken. Da ist mir noch eine weitere starke Illusion eingefallen: Der Schmerz. Es ist ja klar, dass der Schmerz eine Illusion ist, oder? Aber dass sie stark ist, das weiss ich spätestens seit vor zwei Stunden. Klar, man kann den Schmerz per Schmerzmittel dämpfen oder eliminieren, oder eine Querschnittlähmung haben - das zeigt ja eben, dass es eine Illusion ist.

Etwas weiteres ist mir durch den Kopf gegangen. Du behauptest, dass Du die Illusion des freien Willens nicht verspürst. Das ist für mich, wie wenn ich nicht realisieren würde, dass die Zeit vergeht, oder ich keinen Schmerz mehr empfinden würde. Wie fühlt sich das an, vollständig determiniert zu sein? Was hat für Dich das für Konsequenzen in Deinem Leben? Ich kann mir das persönlich nicht vorstellen!

#1120:  Autor: Mr.Manescu BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 19:28
    —
www.fhuisken.de/Hirnforschung06.rtf

Schon gelesen, Leute?

#1121:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 19:58
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:


Etwas weiteres ist mir durch den Kopf gegangen. Du behauptest, dass Du die Illusion des freien Willens nicht verspürst. Das ist für mich, wie wenn ich nicht realisieren würde, dass die Zeit vergeht, oder ich keinen Schmerz mehr empfinden würde. Wie fühlt sich das an, vollständig determiniert zu sein? Was hat für Dich das für Konsequenzen in Deinem Leben? Ich kann mir das persönlich nicht vorstellen!


Ob ich determiniert bin oder frei, darüber denke ich nicht bewusst nach. Das spielt für mein bewusstes Erleben keine Rolle. Beispiel: Ich habe eben in der TV-Zeitschrift geblättert und einen Film ausgewählt, den ich heute schauen werde. Dabei standen 3 Filme in der engeren Wahl.
Im Moment des Auswählens war der Gedanke an Determiniertheit in keiner Weise präsent.
Ich war ja mit anderen Dingen beschäftigt...

Wenn ich jetzt darüber nachdenke und mir klar mache, dass meine Entscheidung mit Notwendigkeit so ausgefallen ist, ist das ein gutes Gefühl. Es ist das Gefühl, mit sich im Einklang zu sein und die Dinge so geschehen zu lassen, wie sie geschehen.

Umgekehrt kenne ich sehr wohl den Gedanken: "Was wäre, wenn...? Hätte ich nicht auch so...?" Solche Gedanken hatte ich vor allem zu der Zeit, wo ich naiv-unreflektiert noch an Wahlfreiheit geglaubt habe (ich war früher übrigens auch religiös, nebenbei bemerkt...)
Solche Gedanken habe ich immer sehr negativ und belastend erlebt.

Das Gefühl der Determiniertheit ist dagegen ein gutes Gefühl, das Gefühl, so sein zu können/dürfen, wie man ist.

#1122:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 21:26
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:

Wenn ich jetzt darüber nachdenke und mir klar mache, dass meine Entscheidung mit Notwendigkeit so ausgefallen ist, ist das ein gutes Gefühl. Es ist das Gefühl, mit sich im Einklang zu sein und die Dinge so geschehen zu lassen, wie sie geschehen.

Umgekehrt kenne ich sehr wohl den Gedanken: "Was wäre, wenn...? Hätte ich nicht auch so...?" Solche Gedanken hatte ich vor allem zu der Zeit, wo ich naiv-unreflektiert noch an Wahlfreiheit geglaubt habe (ich war früher übrigens auch religiös, nebenbei bemerkt...)
Solche Gedanken habe ich immer sehr negativ und belastend erlebt.

Das Gefühl der Determiniertheit ist dagegen ein gutes Gefühl, das Gefühl, so sein zu können/dürfen, wie man ist.


Eben du hast einen religiösen Freiheits-Glauben durch einen mechaninstischen Glauben ersetzt.
Deine Gefühlbeschreibung erinnert aber sehr an widergeborenene calvinistische Christen, die sich befreit fühlen dass sie ihre Freiheit vor Gott aufgegeben haben.

Erinnert mich an den Funk-Soul Song von Bonnie Pointer (ja von den Pointer Sisters), "Free me from my Freedom" (Handcuf me, tie me too a tree).
Hat die Kraft einer Gospelhymne und die Sängerin scheint in dieser Fantasie der Unfreiheit lustvoll auf zu gehen.

Bedingt Freier Wille erzögt eben auch Selbstverantwortung und die wiederum funzt besser mit Selbstdisziplin.

Als Eng-Determinierter wartet man einfach auf die Befehle vom Prof, vom Chef oder vom Unbewussten.

Und da liegt ja das niedliche: du hattest 3 Sendungen zur Auswahl aber du hast schon wieder an was anderes gedacht, sagst du als du dich entschieden hast.
Vieleicht hat ja auch dein Unbewusstes Unterbewusstsein für dich frei entschieden, das kannst du ja logischerweise gar nicht ausschliessen.

Nein Heiner, du machst dir was vor.

Wenn ich vor der Entscheidung stehe, warum ich nun Al Green, Otis Reding oder
Stevie Wonder auflege, dann geniesse ich das Abwägen, es macht Spass, ich kann ja auch die Vinyl-LP wieder runternehmen und doch den anderen auflegen.

Meine Determination ist es offensichtlich, solche "nicht ganz anderen" Wahlen zu geniessen, während deine Determinierung auf Autoritäts-Sucht schliessen lassen könnte.

Denn eines ist ja klar, meine Vergangenheit (Determinierung) lässt eine "bedingt Freie Wahl" zwischen diesen 3 Supersängern zu.
(Was natürlich nicht gienge:
Stattdessen Genesis hören, das geht nicht, so frei bin ich zum Glück nicht //liebe GenesishörerInnen in diesem Forum: Schlechter Musikgeschmack ist kein Beweis für mangelnden Durchblick in anderen wichtigen Fragen, man kann also tatsächlich Genesis gut finden und ein ordentlicher Mensch sein.)

Agnost

#1123:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.05.2008, 22:04
    —
Mr.Manescu hat folgendes geschrieben:
www.fhuisken.de/Hirnforschung06.rtf

Schon gelesen, Leute?

Sehr polemisch und sehr scharfsinnig.

Gewisse Behauptungen von Hirnforschern führen sich selbst ad absurdum. Aber darüber darf hier nicht diskutiert werden, das würde ja das nicht nachvollziehbare heilige Dogma, Menschen könnten sich selber nicht steuern, es werde alles durch dem Bewusstsein nicht zugängliche Vorgänge gesteuert, denen wir hilflos ausgeliefert seien, ankratzen. Lieber behauptet man, alle Leute seien Libertarier und greift dann ausschließlich libertäre Positionen an.

Freerk Huisken - Hirnforschung hat folgendes geschrieben:
[Das] Gefühl des Willensentschlusses (ist) nicht die eigentliche Ursache für eine Handlung, sondern eine Begleitempfindung, die auftritt, nachdem corticale Prozesse begonnen haben.... Die Autonomie des menschlichen Handelns ist nicht im subjektiv empfundenen Willensakt begründet, sondern in der Fähigkeit des Gehirns, aus innerem Antrieb Handlungen durchzuführen.” (Roth, Das Gehirn..., S.309ff) (vgl. auch Teil 2.3.2.)

Freerk Huisken - Hirnforschung hat folgendes geschrieben:
Das Paradoxon, das diese Theorie auszeichnet, bestätigt den ersten Befund. Es verhält sich in der Tat so, dass – wie der US-Sprachphilosoph D.Davidson festgestellt hat - die Autoren ihr Wissen gar nicht besitzen könnten, wenn es denn richtig wäre. Man sollte sich einmal vor Augen führen, in welchem Verhältnis das theoretische – aber auch alltägliche – Treiben der genannten HFer zu ihrer Theorie steht. Da halten sie Vorlesungen, schreiben Bücher, korrigieren alte Ansichten, fahren auf Kongresse, streiten mit Kollegen über ihre Theorien, bringen sie den Studenten bei, verkünden deren praktische Bedeutsamkeit etc. Die Frage, woher sie eigentlich Kenntnis von den Gesetzmäßigkeiten des Gehirns haben, woher sie ihr - doch wohl von ihnen selbst für zutreffend gehaltenes – Wissen über Neuronenaktivitäten beziehen, wenn sie sich doch, folgt man einmal ihrer Theorie, als ein mit Verstand und Vorwissen ausgerüstetes, streitbares, um Wahrheit ringendes Forschersubjekt theoretisch aus dem Verkehr gezogen haben. Als Erkenntnis könnten sie diese Urteile danach gar nicht gewonnen haben, denn Erkenntnis setzt nun einmal voraus, dass ein Wissenschaftlersubjekt sich seinem Gegenstand, dem Objekt seiner Erkenntnis, willentlich widmet. Er macht sich seine Gedanken über das Gehirn, stellt über es Hypothesen auf, überprüft diese, korrigiert Annahmen und er-setzt sie durch andere, bis er zu der Auffassung gelangt ist, dass er alle Erscheinungen des Objekts in einen triftigen Zusammenhang gebracht, mithin die Sache erkannt hat; kurz: er betreibt wissenschaftliche Arbeit, eine Fülle geistiger Aktivitäten, bei denen er mit Willen und Bewusstsein dabei ist.


Bingo und versenkt.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 13.05.2008, 00:17, insgesamt einmal bearbeitet

#1124:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 00:14
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Heiner hat folgendes geschrieben:
Wenn ich jetzt darüber nachdenke und mir klar mache, dass meine Entscheidung mit Notwendigkeit so ausgefallen ist, ist das ein gutes Gefühl. Es ist das Gefühl, mit sich im Einklang zu sein und die Dinge so geschehen zu lassen, wie sie geschehen.
Nun, das ist eigentlich im Einklang mit dem, was Bieri schreibt. Nur er interpretiert das etwas anders:
Peter Bieri hat folgendes geschrieben:
Wenn die Abhängigkeit von äusseren Umständen dafür sorgt, dass ein Wille ein bestimmter Wille ist, so sorgt die Abhängigkeit von inneren Umständen dafür, dass es ein Wille ist, der jemandem zugehört. Ein völlig ungebundener Wille wäre niemandes Wille und also kein Wille.
[...]
Und so ist die Begrenzung unseres Wollens durch etwas, was vorausgeht, wiederum kein Hindernis für die Freiheit, sondern deren Voraussetzung.
Er sieht somit die Freiheit durch die Begrenzung bedingt. Erst durch Begrenzung entsteht Freiheit. Das ist nicht einmal paradox! Völlig bedingungslose Freiheit ist keine Freiheit mehr, weil ohne Begrenztheit kein Wille entstehen kann. Ist das einigermassen klar?
Heiner hat folgendes geschrieben:
Umgekehrt kenne ich sehr wohl den Gedanken: "Was wäre, wenn...? Hätte ich nicht auch so...?" Solche Gedanken hatte ich vor allem zu der Zeit, wo ich naiv-unreflektiert noch an Wahlfreiheit geglaubt habe (ich war früher übrigens auch religiös, nebenbei bemerkt...)
Solche Gedanken habe ich immer sehr negativ und belastend erlebt.
Ja, Freiheit kann schon auch belastend sein, da gehe ich einig mit Dir. Besonders, wenn man meint, aus ihr entstehe Verantwortung. Ich persönlich glaube das nicht - Bieri schon. Wie schon früher gesagt, glaube ich, dass die Verantwortung durch die reine Existenz existiert - aber die sollte niemanden belasten. Daraus kann keine Schuld entstehen. Existenz per se kann ja nicht schuldig sein...
Zitat:
Das Gefühl der Determiniertheit ist dagegen ein gutes Gefühl, das Gefühl, so sein zu können/dürfen, wie man ist.
Dieses Gefühl kannst Du aber auch in Freiheit haben. Aber ich weiss was Du meinst. Phasenweise hatte ich auch einen "Vorbestimmtheits-Fimmel", der mich nach Zeichen suchen liess, in welche Richtung mein Leben weitergehen soll.

In Agnosts Lieblingsfall von der roten Ampel reagierte ich folgendermassen: Normalerweise waren in Zürich für mich die Ampeln immer grün. Das war einfach so. Ich fing an Statistik zu machen und kam nur auf etwa 5% der Fälle, in welcher die Ampel rot war (das funktionierte lustigerweise nur als Fussgänger, mit dem Auto erschien es mir eher umgekehrt zu funktionieren - das waren aber die berüchtigten roten Wellen von Zürich). Ich begann es dann als sehr ernst zu nehmen, wenn mal eine Ampel auf rot stand. Ich ging nicht bei Rot rüber, sondern wählte einfach einen anderen Weg - dort wo die Ampel grün war. Interessanterweise machte ich bei einer solchen Wegänderung sehr oft interessante Begegnungen oder Entdeckungen.

Ich dachte dann, dass das ganze Leben so funktionieren müsse und hielt mich daran - bis ich die unangenehme Erfahrung machen musste, dass das zwar zu Beginn eines Weges gut funktioniert, aber immer schlussendlich in eine Sackgasse führt. Als ich nach einigen solchen Erfahrungen die Sache aufgab, waren auf einmal die Ampeln nicht mehr immer grün...

Vielleicht habe ich deshalb eine gewisse Aversion gegen den Determinismus - er führt in Sackgassen. Ich denke, es ist immer noch besser, seinen Grips hervorzuholen und sich zu fragen, was man eigentlich selber will. Und wenn es mehrere Dinge sind, dann soll man frei darüber entscheiden. Dann hat man die Sackgasse selber gewählt und kann niemand anderen und auch dem Schicksal oder was auch immer unser Leben determiniert die Schuld abwälzen.

#1125:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 00:38
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Freerk Huisken - Hirnforschung hat folgendes geschrieben:
[...] Als Erkenntnis könnten sie diese Urteile danach gar nicht gewonnen haben, denn Erkenntnis setzt nun einmal voraus, dass ein Wissenschaftlersubjekt sich seinem Gegenstand, dem Objekt seiner Erkenntnis, willentlich widmet. Er macht sich seine Gedanken über das Gehirn, stellt über es Hypothesen auf, überprüft diese, korrigiert Annahmen und er-setzt sie durch andere, bis er zu der Auffassung gelangt ist, dass er alle Erscheinungen des Objekts in einen triftigen Zusammenhang gebracht, mithin die Sache erkannt hat; kurz: er betreibt wissenschaftliche Arbeit, eine Fülle geistiger Aktivitäten, bei denen er mit Willen und Bewusstsein dabei ist.


Bingo und versenkt.

Verständnisfrage: Was hat das mit der Frage nach der Freiheit des Willens zu tun? Ich verstehe Huiskens hier zitierte These folgendermaßen: Das Vorhandensein von Wille und Bewusstsein ist eine Voraussetzung für das Funktionieren von Wissenschaft. Das ist so richtig wie trivial. Ob der Wille, der dafür sorgt, dass man sich seiner Forschungstätigkeit widmet, frei ist oder nicht, scheint mir für das Funktionieren von Wissenschaft dagegen völlig unerheblich zu sein. Benötigt wird für Wissenschaft also ein Wille, aber kein freier Wille. Daher sehe ich das von Huisken behauptete Paradoxon nicht.

#1126:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 00:51
    —
Ja, die Roten Ampeln sind mein Lieblingsbeispiel, denn Zürich ist eine sehr gut organisierte kleine Weltstadt.

Der protestantische Puritanismus ist dort entstanden, Lenin starte seine Fart nach Leningrad dort (mit schweizerischer Hilfe).

Die Trambahn funktioniert, die S-Bahn funktioniert, die Wasserversorgung funktioniert planmässig.

Zürich ist eine Hochburg der Marktwirtschaft, in der die Planwirtschaftlichen Subsystem relativ gut funktionieren.

Die Fussgängerampeln stehen meist richtig und trotzdem kommt es eben immer wieder vor, dass man bei Rot dasteht und kein Autoverkehr weit und breit gegen einen Gesetzesverstoss spricht.

Das gibt mir die schöne "bedingte Freiheit" manchmal bei Rot rüber zu gehen.

Das wiederum steigert meine Toleranz gegenüber anderen Menschen, die ab und zu an und für sich sinnvolle Gesetze übertreten, weil sie im Moment nicht notwendig sind obwohl sie nicht unsinnig sind.

Und manchmal bleib ich bei Rot einfach stehen, obwohl kein Auto in der Nähe ist, einfach nur weil ich weiss, dass die Ampel an diesem Ort systemisch Vernünftig ist.
Und dann geh ich wieder mal rüber, weil es Spass macht eine sinnvolles Gesetz zu übertreten, weil das einzige Risiko eine Ordnungsbusse ist.

Natürlich würde ich alles versuchen um den "Schmierlappen" (vulgo Bullen) davon zu überzeugen, dass er mir die Busse erlässt, aber wenn er sie mir nicht erlässt, akzeptiere ich dass als seine berufsbedingte Determinierung.

Auch "bedingte Freiheit" ist nicht total Gratis.

Manchmal kostet sie eben ein "Knöllchen".

Agnost

#1127:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 00:51
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Verständnisfrage: Was hat das mit der Frage nach der Freiheit des Willens zu tun? Ich verstehe Huiskens hier zitierte These folgendermaßen: Das Vorhandensein von Wille und Bewusstsein ist eine Voraussetzung für das Funktionieren von Wissenschaft. Das ist so richtig wie trivial. Ob der Wille, der dafür sorgt, dass man sich seiner Forschungstätigkeit widmet, frei ist oder nicht, scheint mir für das Funktionieren von Wissenschaft dagegen völlig unerheblich zu sein. Benötigt wird für Wissenschaft also ein Wille aber kein freier Wille. Daher sehe ich das von Huisken behauptete Paradoxon nicht.

Steht doch da. Das Zitat von Roth. Schulterzucken

Gewisse Gehirnforscher behaupten, sie hätten die Willensfreiheit dadurch widerlegt, dass sie herausgefunden hätten, dass bewusste Entscheidungen unsere Handlungen nicht beeinflussen könnten. Falls dem so wäre, dann könnten wir in der Tat nichts bewusst steuern. Leider ergibt sich dann aber auch das von Huisken dargestellte Paradoxon, d.h. man kann nun mal nicht bewusst herausfinden, dass man bewusst nichts herausfinden kann, denn das ist paradox, selbstwidersprüchlich, sich selbst aufhebend.

Siehe zu dieser Auffassung auch das Zitat aus der Wikipedia, zu dem sich auch noch niemand äußern wollte:

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
In jüngster Zeit bestreiten renommierte Hirnforscher und Handlungspsychologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer die Existenz der menschlichen Willensfreiheit und stützen sich dabei auf neuere neurowissenschaftliche und handlungspsychologische Erkenntnisse der Hirnforschung. Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.


Schulterzucken

Siehe auch Huisken dort.

Schulterzucken

Ich weiß, dass sich die Diskussion im Folgenden wieder um libertäre Ansichten drehen wird. Argumente werden hier niemals berücksichtigt, die könnten ja die liebgewordene Meinung ändern. Alles wie gehabt. Es behauptet zwar niemand, dass es eine unbedingte Willensfreiheit gäbe, aber das ist egal. Ist halt eine so schön einfach anzugreifende Position.

Schulterzucken

Edit: Könnte mir ja egal sein, ist es auch, solange es nur um die unbedingte Willensfreiheit geht, denn die halte ich von Vorneherein für logisch unmöglich, dazu brauche ich keine neue wissenschaftliche Erkenntnisse.

Ist mir aber nicht mehr egal, wenn behauptet wird und das wird es hier, damit sei die Autonomie des Menschen gleich mit erledigt, was aber merkwürdigerweise nie begründet wird. Und ich mag nun mal Begründungen ganz gerne.

Und was die Auswirkungen dieser angeblichen Ergebnisse der Hirnforschung angeht, bin ich zwar nicht ganz so pessimistisch wie Huisken, aber besonders fröhlich stimmt mich dieser unwissenschaftliche Quark auch nicht, der hier im FGH immer wieder wie ein Glaubensbekenntnis heruntergebetet wird.

#1128:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 09:07
    —
@tapuak
Zitat:

Benötigt wird für Wissenschaft also ein Wille, aber kein freier Wille.

Ob "Wille" oder "freier Wille" ist eigentlich egal, denn, wie auch andere schon geschrieben haben, besteht die Freiheit sowieso nur in willentlichen Wahlmöglichkeiten innerhalb von (äusseren, "determinierten") Beschränktheiten. Absolute Freiheit ist Illusion.

Ein (streng) determinierter Wille, kann sinnvoll gar nicht als solcher bezeichnet werden, denn dann hätten auch Schachcomputer einen Willen zu siegen, bzw. künstliche neuronale Netzwerke den Willen Muster zu erkennen etc. etc ...

Erwin

#1129:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 09:35
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
@tapuak
Zitat:

Benötigt wird für Wissenschaft also ein Wille, aber kein freier Wille.

Ob "Wille" oder "freier Wille" ist eigentlich egal, denn, wie auch andere schon geschrieben haben, besteht die Freiheit sowieso nur in willentlichen Wahlmöglichkeiten innerhalb von (äusseren, "determinierten") Beschränktheiten. Absolute Freiheit ist Illusion.

Ein (streng) determinierter Wille, kann sinnvoll gar nicht als solcher bezeichnet werden, denn dann hätten auch Schachcomputer einen Willen zu siegen, bzw. künstliche neuronale Netzwerke den Willen Muster zu erkennen etc. etc ...

Erwin

Das nannte ich dann eben "degenerierter Wille". Gemäss strengem Determinismus gibt es eben nur einen solchen "Willen", wobei nicht nur äussere, sondern auch innere Beschränktheiten diesen "Willen" bestimmen. Da es (gemäss Determinismus) nur solchen "Willen" geben kann und keinen anderen "freien", darf der strenge Determinismus theoretisch schon das Konzept "Wille" in dieser Weise für sich beanspruchen. Nur, wie sollen wir uns dann noch verstehen, wenn eine These so streng ist, dass sie nur dann funktioniert, wenn alle Phänomene so definiert werden, dass sie in ihr Schema passen?

Das verrückte ist ja, dass die Deterministen, die eine solche Definitionsparade fertigbringen, den anderen, flexibleren Theoretikern vorwerfen, sie täten die Definitionen so zurechtbiegen, dass sie in ihr Konzept passen. Wir haben es wieder einmal mit einer knalligen Projektion zu tun...

#1130:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 09:57
    —
Zitat:
Wir haben es wieder einmal mit einer knalligen Projektion zu tun...

empfinde ich ähnlich. Ich sehe sowieso ziemliche Parallelen zwischen "Gottgläubigkeit" und (persönlich als Weiterentwicklung gesehenem) "missionarischem" Atheismus nebst strenger "Determinations-Gläubigkeit".

Erwin

#1131:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 10:08
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wir haben es wieder einmal mit einer knalligen Projektion zu tun...

empfinde ich ähnlich. Ich sehe sowieso ziemliche Parallelen zwischen "Gottgläubigkeit" und (persönlich als Weiterentwicklung gesehenem) "missionarischem" Atheismus nebst strenger "Determinations-Gläubigkeit".

Erwin
Ende Diskussion?

#1132:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 10:16
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ende Diskussion?

ganz wie du willst Lachen

#1133:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 11:10
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Ende Diskussion?

ganz wie du willst Lachen
Lachen
Spass beiseite - es bringt doch wirklich nichts, wenn man sich bei einer Diskussion nicht mal auf Definitionen einigen kann. Dann geht es nur noch um einen Meinungsaustausch und der kann ja eine Zeit lang ganz interessant sein, bringt aber niemanden weiter, wenn man einen Konsens nicht mal wünscht. Dann wird es wirklich nur noch ein Glaubenskrieg.

Man könnte natürlich die Diskussionsebene vollständig verlagern und sich fragen, was die Konsequenzen der einen oder anderen Position sein könnten. Es war einmal hier die Rede davon, dass die deutschen Nazis zu dem wurden, was sie waren, weil die Bedingungen so waren, dass sie so werden mussten. In der Hauptsache wurden sie von Hitler dazu verleitet. Ich fragte dann nach, was denn Hitler dazu brachte, das Volk zu verleiten. Die erwartete Antwort war: "Die Umstände und sein Charakter". Verkürzt könnte man dann sagen, Hitler war durch seine Vorgeschichte und das Volk dazu verleitet - oder stark ausgedrückt - gezwungen worden, das Volk ins Verderben zu verführen. Irgendwie riecht das nach Zirkelschluss - neben dem unendlichen Regress auch kein hervorragendes Argument.

Waren also weder das Volk noch sein Führer noch die restliche Führungscrew überhaupt an etwas in dieser Geschichte persönlich beteiligt? Es waren ja alle determiniert dazu! Alle Kriegsverbrecher bringen immer wieder das Unschuldsargument "ich befolgte ja nur Befehle". Kann man nun zusätzlich einfach sagen, "mir war halt durch die Umstände keine andere Wahl möglich"? Und das in existenzieller Weise und nicht nur, weil mich jemand gezwungen hat. Ich kann dann auch sagen "oh ja, ich hatte Freude am töten, aber das war so, weil mich die Umstände dazu gebracht hatten, ich selbst kann nichts dafür".

Irgendwie komme ich jetzt trotzdem in das Konzept der fehlenden "Verantwortung" hinein, als Folge des Determinismus. Ich denke aber, dass die "Verantwortung" zuerst kommt und der freie Wille als Folge davon und als Verneinung eines starren Determinismus - aber dieser Gedanke ist auch in mir noch etwas konfus, da muss ich noch etwas darüber nachdenken...

#1134:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 12:16
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Spass beiseite ...

Dann noch ein paar persönliche Anmerkungen zum Thema: Ich finde erst das Wissen um die (unbestrittene und systemisch wissenschaftlich bekannte) starke Musterbildung unseres Hirns, sowie systemtheoretische Erkenntnisse, wie (jetzt nicht bzgl. neuronalen Messungen o.ä.) unser Hirn wahrnehmungspsychologisch "arbeitet", sowie daraus die Erkenntnis, daß jene tatsächlichen Freiheitsgrade, die unser "Denkapparat" qua des Willens bietet, erst genutzt werden können, wenn man sich der andererseits vorhandenen (determinierenden) "Bedingtheiten" bewußt ist, lassen mich zu einem "Gegner" jenes hier anzutreffenden simplen, strengen Determinismus werden.

Ich sehe keinen persönlichen "Fortschritt" darin, statt an "Gott" an den (im weitesten Sinne) "Laplaceschen Dämon" zu glauben, wiewohl ich die "psychologische Beruhigung" nachvollziehen kann, die der Abgabe der Eigenverantwortlichkeit, insbesondere in Hinsicht auf Zweifel in Bezug auf "so sein dürfen, wie man nun mal ist", innewohnen kann.

Allerdings halte ich das "Rezept" für ein nachhaltig nicht geeignetes, bzw. mit unangenehmen (dogmatischen bis sogar fanatischen) Nebenwirkungen behaftetes - ähnlich wie auch strenger "Gott"glaube.

Erwin

#1135:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 12:25
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
[...]Ich sehe keinen persönlichen "Fortschritt" darin, statt an "Gott" an den (im weitesten Sinne) "Laplaceschen Dämon" zu glauben, wiewohl ich die "psychologische Beruhigung" nachvollziehen kann, die der Abgabe der Eigenverantwortlichkeit, insbesondere in Hinsicht auf Zweifel in Bezug auf "so sein dürfen, wie man nun mal ist", innewohnen kann.

Allerdings halte ich das "Rezept" für ein nachhaltig nicht geeignetes, bzw. mit unangenehmen (dogmatischen bis sogar fanatischen) Nebenwirkungen behaftetes - ähnlich wie auch strenger "Gott"glaube.
Sollte wohl jetzt jemand ein Buch schreiben mit dem Titel "Determinismuswahn"?

#1136:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 12:46
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
[...]Ich sehe keinen persönlichen "Fortschritt" darin, statt an "Gott" an den (im weitesten Sinne) "Laplaceschen Dämon" zu glauben, wiewohl ich die "psychologische Beruhigung" nachvollziehen kann, die der Abgabe der Eigenverantwortlichkeit, insbesondere in Hinsicht auf Zweifel in Bezug auf "so sein dürfen, wie man nun mal ist", innewohnen kann.

Allerdings halte ich das "Rezept" für ein nachhaltig nicht geeignetes, bzw. mit unangenehmen (dogmatischen bis sogar fanatischen) Nebenwirkungen behaftetes - ähnlich wie auch strenger "Gott"glaube.
Sollte wohl jetzt jemand ein Buch schreiben mit dem Titel "Determinismuswahn"?


Ja und dabei die frappante Aehnlichkeit zu einigen Buddhistischen und Hinduistischen Ideologien darlegen.

Da gibt es doch diesen dänischen Hinduisten der in Europa so erfolgreich eine Tibetische Schule propagiert und doch allen ernstes in Betracht zieht, dass die europäischen Juden durch ihr Karma für den Holocaust determiniert waren.

Aber wisst ihr einen "Step" könnt ihr in einem Internet-Forum nicht so einfach von seinem strengen Determinismus abbringen, dafür müsste schon eine "echte" längere Disputation stattfinden.

Warum:

Wenn man wie "Step" hier in diesem Forum seine Position in diversen Threads "behauptet", dann macht er das wie wir es mit unseren "Lieblings-Positionen" tun.
Von ihm zu verlangen, dass er jetzt endlich mal einsichtig würde, wäre dasselbe, wie wenn er von uns Einsicht verlangen würde.

Was man aber von "Step" und "Heiner" verlangen darf, ist dass sie die Kompatibilistischen Positionen aus erster Hand lesen und nicht vorgekäut durch Anhänger der "strengen Determination".
Es mutet schon seltsam unwissenschaftlich an, dass die beiden über Bieri spekulieren ohne dessen diesbezügliches Hauptwerk jemals gelesen zu haben.

Das erinnert mich an gewisse "Wirtschaftsphilosophen" die von notwendiger Globalisierung schwätzen, gleichzeitig Karl Marx als totalen Scharlatan abtun und nicht merken, dass genau der beschrieb warum es höchstwahrscheinlich so kommen wird.
Wenn man dann fragt, woher sie denn ihr Wissen über Marx haben, dann erfährt man, dass sie das von ihrem Prof und dem seinen Ergebenen.
Dabei lassen sich die Schwächen Marxens auch im Selbststudium ergründen, aber diese Leistung erbringen die auch nicht.
Auch diese "Wissenschaftler" beziehen ihr "Wissen" über andere Theorien aus 2., 3. oder gar 4. Hand.

Agnost

#1137:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 13:07
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Aber wisst ihr einen "Step" könnt ihr in einem Internet-Forum nicht so einfach von seinem strengen Determinismus abbringen, dafür müsste schon eine "echte" längere Disputation stattfinden.
Wenn Du schon step erwähnst - was ist eigentlich aus ihm geworden? Ich habe schon lange nichts mehr von ihm gelesen! Hat er aufgegeben? Ist er in den Ferien? Sonstwie hoch beschäftigt?

#1138:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 13:12
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnost hat folgendes geschrieben:
Aber wisst ihr einen "Step" könnt ihr in einem Internet-Forum nicht so einfach von seinem strengen Determinismus abbringen, dafür müsste schon eine "echte" längere Disputation stattfinden.
Wenn Du schon step erwähnst - was ist eigentlich aus ihm geworden? Ich habe schon lange nichts mehr von ihm gelesen! Hat er aufgegeben? Ist er in den Ferien? Sonstwie hoch beschäftigt?


Kann doch gut sein, dass er im Pfingsturlaub sitzt und seine "Freiheit" vom Forum geniesst.

Oder dass ihm wieder aufgefallen ist, was er schon mal viel weiter vorne im Thread anmerkte:

Dass er ja etliches zu dem Thema schon in 3 oder 4 anderen Threads zu dem Thema geäussert hat.

Agnost

#1139:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 13:18
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Kann doch gut sein, dass er im Pfingsturlaub sitzt und seine "Freiheit" vom Forum geniesst.
Stimmt! War ja Pfingsten! Hab' ich glatt verpasst... Cool

#1140:  Autor: Mr.Manescu BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 14:19
    —
AgentProvokateur, das hier fänd ich interessanter.
Der Erfundene Erklärungsnotstand, das Scheinproblem.
Zitat:
Zitat:


Den Willen bzw. das Wollen getrennt von dem, was ihn erst zum Willen macht, zu ermitteln, ist nicht nur ein falsches Anliegen, es zeigt nicht nur das vollständige Desinteresse für den gewählten Gegenstand, sondern führt darüber hinaus zielstrebig und dem psychologischen Denken verhaftet, das sich mit ähnlichen Fiktionen herumschlägt , zur Suche nach einer In-stanz, die dafür verantwortlich gemacht werden kann – der Typ, der für sein frei ermitteltes willentliches Handeln seine Gründe hat, kann es nun nach Roth&Co. ja schon nicht mehr sein. Die Wissenschaftler beschäftigt also anlässlich einer kundgegebenen Absicht - „Ich will ins Kino gehen!“ -, die absurde Frage: Wie kann der Mensch (das) wollen?, um gleich weiter zu fragen: Was ist für das Wollen verantwortlich?, und für diese Frage nur zwei, gleichermaßen falsche Antwortalternativen zuzulassen, von denen die eine dann gar nicht weiter in Betracht kommt: Es kann nur der freie Wille sein oder das Gehirn, das den Willen determiniert. Der freie Wille, der bei den Hirnphilosophen ja der gänzliche leere Wille ist , kommt nicht in Betracht, weil - siehe oben – Wille und Ausführung schon mal auseinander treten, der Mensch seine Ankündigung, ins Kino zu gehen, nicht wahrmacht. Folglich ist es das natürliche Ge-hirn, das dem Menschen seinen Willen diktiert. Und es irritiert diese Hirnforscher nicht im Mindesten, wenn ihnen etwa der Filmfreund, der seinen Entschluss zum Kinobesuch nicht umgesetzt hat, dies lapidar damit begründet, er habe auf dem Weg zum Kino einen Freund getroffen, der ihm vom Filmbesuch dringend abgeraten hat, weswegen er sich dann ent-schlossen habe, mit dem Freund eine Kneipe aufzusuchen……

Im Ausgangspunkt ihres wissenschaftlichen Treibens findet sich kein offenes Problem, über das neu und gründlich nachgedacht werden müsste. Ihr Ausgangspunkt ist bereits ihr End-punkt. Eindeutig steht bei ihnen das Verhältnis von Erklärung und zu erklärendem Sachver-halt “auf dem Kopf”. Die genannten Fälle sollen nicht erklärt werden, sondern gleich die Plausibilität ihres Urteils über die geistige Versklavung nachweisen. Das, was als erklä-rungswürdig vorgestellt wird, taugt umgekehrt – also zirkulär – nur dazu, die Stimmigkeit der längst feststehenden, einzig zulässigen Erklärung zu bebildern. Mit korrekter Wissenschaft hat diese HF, soviel lässt sich jetzt schon festhalten, nichts zu tun. Schon ihr Ausgangspunkt – der erfundene Erklärungsnotstand - macht deutlich, dass im Lichte eines für sie unumstößli-chen Zusammenhangs alle möglichen Sachverhalte gedeutet werden. Es steht zu erwarten, dass die Theorie deswegen auch weiterer Prüfung nicht standhält.

www.fhuisken.de/Hirnforschung06.rtf

Zuletzt bearbeitet von Mr.Manescu am 13.05.2008, 14:37, insgesamt 4-mal bearbeitet

#1141:  Autor: Mr.Manescu BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 14:23
    —
Freerk Huisken - Hirnforschung:
Zitat:
2.3.1. Fehler
Die Fehler der Theorie basieren alle auf der falschen Bestimmung des Verhältnisses von Verstand und Gehirn, von Geist und Natur. Das Credo der HFer und ihr wichtigstes Argument lautet, dass jede geistige Aktivität als(!) Neuronenaktivität messbar ist. Nun handelt es sich dabei nicht um ein Argument, sondern um eine empirische Feststellung. So wird es wohl sein. Das haben Neurophysiologen wohl hinreichend nachgewiesen. Verdrahtet man das Gehirn, dann gibt’s immer irgendwelche Ausschläge in den Messgeräten, wenn die Versuchspersonen zu bestimmten Aktivitäten aufgefordert werden. Für die HFer stellt diese Feststellung jedoch ein Argument und zwar ein falsches dar. Sie behaupten nämlich, damit den Nachweis erbracht zu haben, dass die Neuronenaktivität die Wirklichkeit und damit die Ursache jeder geistigen Aktivität ist. Ihr Fehlschluss lautet: Weil jedes geistige Ereignis als Neuronenaktivität in bestimmten Sektoren des Gehirns mit physikalischen Methoden messbar ist, deshalb sind sie auch die Quelle jeder geistigen Tätigkeit, und – weitergehend - deshalb ist der “Geist ein phy-sikalischer Zustand”. Aus dem Umstand, dass sich das eine, der geistige Vorgang, als etwas ganz anderes, als neuronales Ereignis messen lässt, schließen sie erstens auf die Identität von beidem und erklären zweitens die gemessenen Hirnströme zur Ursache für einen bloß “einge-bildeten” Geist.



www.fhuisken.de/Hirnforschung06.rtf


Zuletzt bearbeitet von Mr.Manescu am 13.05.2008, 14:37, insgesamt einmal bearbeitet

#1142:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 14:28
    —
@Mr.Manescu
Schiebst Du bitte Links nach und achtest auf die Länge der Zitate? Das erste Zitat ist mir zu umfangreich.

#1143:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 14:33
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich weiß, dass sich die Diskussion im Folgenden wieder um libertäre Ansichten drehen wird. Argumente werden hier niemals berücksichtigt, die könnten ja die liebgewordene Meinung ändern. Alles wie gehabt. Es behauptet zwar niemand, dass es eine unbedingte Willensfreiheit gäbe, aber das ist egal. Ist halt eine so schön einfach anzugreifende Position.


Du machst genau dasselbe: Du greifst diese blödsinnige Position an, die auf die Bewußtheit abstellt. Dumm nur, dass sich diese hier kaum einer zu eigen macht zwinkern

Deine Position wird übrigens nicht klar, da du nicht in der Lage warst, sie zu verbalisieren. Du musst dich daher nicht wundern, dass du keine für dich zufriedenstellende Reaktion erhälst.

#1144:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 14:38
    —
@Mr.Manescu

Herzlichen Dank! : )

#1145:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 15:12
    —
@ Skeptiker:

Zitat:
Ich halte es vielmehr für unübersehbar, dass es eine philosophische Geschichte des Determinismus gibt. Man könnte es aber auch anders formulieren, wenn man denn die Kontinuität dieser Idee anfechten möchte: Die Idee des All-Determinismus taucht in der aufgezeichneten Geschichte des menschlichen Denkens immer wieder auf und immer mit neuen Begründungen. Diese stehen oben hinter den Spiegelstrichen.

Determinismus hieß natürlich früher nicht so. Da sagte man "Schicksal" oder "Vorsehung". Aber was ändert das?


Was interessiert mich die "philosophische" Geschichte einer Betrachtungsweise, wenn ca 95% des diesbezüglichen Stoffes "Schrott" ist und noch nichteinmal wircklich begründet warum z.b. aus der Annahme des Determinismuses konkret irgendetwas für den Menschen folgert (bez. seines "Sein-sollens").

Es ist ja nett, dass du dich auf die Dummschwätzerei massiv überschätzter Philosophasten wie Augustinus und Luther beziehst...aber damit wirst du nicht gegen einen Determinismus an sich, argumentieren können.

Zitat:
Erstens stehen die Faschisten in der geistigen Tradition des "säkularisierten" Christentums a là Luther und Calvin und nachfolgender Philosophen, weshalb sie auf eigene Begründungen verzichten, so wie auch "Herr" Nicolai.

Zweitens beziehen sich Luther und Calvin auf die Theologie des Augustinus, so dass hier schon so etwas wie ein durchgehender philosophischer Faden existiert.


Ja und? Möchtest du wissen, wie der Darwinismus sich gesellschaftlich am meisten "ausgeschlagen" hat? Ja genau, als Sozialdarwinismus. Und der ist Unsinn. Macht das den Darwinismus irgendwie "falsch"? Selbst wenn dem so wäre - was ich ja als Laie auf dem Gebiet nicht ausschließen kann - dann doch nicht deshalb, weil iegendwelche geistig beschränken "Philosophen" mit einem Sozialdarwinismus aufmarschiert sind...

Zitat:
Dass dies nur Vorwände für dahinter liegende politische Ziele sind, braucht nicht erwähnt zu werden.


Korrekt. Und sie begründen sich nicht wircklich auf einem Determismus. Was soll denn schon bitte konkret für ein "Sollen" folgern, wenn ich annehme, dass durchweg alles was der Mensch tut irgendwo bedingt ist...Nichts folgert daraus...

Zitat:
Immer ist der angebliche "innere Zwang zum Bösen" die Grundlage für härteste Verfolgung gewesen.


Wobei halt einfach diverse Veranlagungen schlicht als "Böse" gesetzt werden...naiv eben. Abgesehen davon, habe ich dich schonmal darauf aufmerskam gemacht, dass einer solchen Denkweise vorallem ein falsches Bild von Vererbung, bzw. Genetik vorausläuft. Theoretisch kann nämlich auch ein Roboter "lernfähig" sein...

Zitat:
Also die beste Grundlage für Hetze aller Art und für härteste Strafen.


Was der Determinsmus? Nein. Die seltsamen Philosophien des Calvin und Co.? Ja.

Zitat:
Da brauchen wir auch nicht lange rumzureden. So ist die Empirie.


Soweit so banal.

Zitat:
Auch die Bushisten, welche angeblich einer Christenfraktion angehören, welche den "freien Willen" predigt, streut eine Propaganda von der Ausrottung des "Bösen" und begründet damit Krieg und Folter heute. Denn der "böse Moslem" (oder so) ist ja nicht frei. Nein, er ist vom (deterministischen!) "Bösen" besessen, besitzt sich also selbst nicht.


Bei der Gelgenheit solltest du auch mal bedenken, dass das Gegenteil, nämlich die Annahme der Mensch sei irgendwie "frei" als Grundlage für eine durchaus grausame Rechtsprechung sein kann. Denn schließlich hat sich der Kinderschänder dann freiwillig(!) zum Bösen bekannt (z.b.) Das kann für einen entsprechend gepolten Menschen durchaus besonders schlimm sein, schlimmer, als wenn er es detiminiert "getan hätte".

Zitat:
Der Mensch und sein Denken haben die besondere Eigenschaft, Realitäten zu erkennen und unterschiedliche Strategien erst einmal zu simulieren, bevor sie angegangen werden.

Es geht dann beim Handeln nicht einfach nur um Handeln allein. Diese Sichtweise wäre zu isoliert.

Handeln ist immer eingebettet in Gesamtstrategien, genau gesagt: Optimierungsstrategien.

Insofern ist das simulative Verarbeiten von Erkenntnissen, Erfahrungen, Abschätzungen, usw. durch das Gesamtsystem Mensch Teil von Problemlösestrategien, die wiederum real auf die Welt zurück wirken und neue Strategie-Suchprozesse in Gang setzen.

Das alles setzt aber entsprechende Bedingungen voraus:

- Freiheit von äußerer (und innerer) Not
- Zeit
- Gesundheit
- Ressourcen
- etc.


Schöne Geschichte. Was hat das jetzt mit dem Determinismus zu tun? Wird der irgendwie durch diesen Absatzt in besonderer Weise angegriffen?

#1146:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 16:18
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich weiß, dass sich die Diskussion im Folgenden wieder um libertäre Ansichten drehen wird. Argumente werden hier niemals berücksichtigt, die könnten ja die liebgewordene Meinung ändern. Alles wie gehabt. Es behauptet zwar niemand, dass es eine unbedingte Willensfreiheit gäbe, aber das ist egal. Ist halt eine so schön einfach anzugreifende Position.

Du machst genau dasselbe: Du greifst diese blödsinnige Position an, die auf die Bewußtheit abstellt. Dumm nur, dass sich diese hier kaum einer zu eigen macht zwinkern

Oh, wenn sich hier alle einig sind, dass das eine blödsinnige Position ist, dann werde ich mit Sicherheit nicht mehr darauf herumreiten, dann können wir das sehr gerne abhaken.

Dumm vielleicht nur, dass dieser Thread genau von dieser Position handelt, siehe den Threadtitel und das Eröffnungs-Posting.

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Deine Position wird übrigens nicht klar, da du nicht in der Lage warst, sie zu verbalisieren. Du musst dich daher nicht wundern, dass du keine für dich zufriedenstellende Reaktion erhälst.

Oh, das habe ich mehrfach getan.

Meine Position ist: der Mensch hat die Fähigkeit dazu, abzuwägen, Möglichkeiten durchzuspielen, zu bewerten, zu argumentieren und nach Gründen zu handeln. Daraus folgt eine gewisse Autonomie, der Mensch ist also ein handelndes Subjekt und nicht nur durch äußere Gegebenheiten determiniert.

#1147:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 16:29
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Position ist: der Mensch hat die Fähigkeit dazu, abzuwägen, Möglichkeiten durchzuspielen, zu bewerten, zu argumentieren und nach Gründen zu handeln. Daraus folgt eine gewisse Autonomie, der Mensch ist also ein handelndes Subjekt und nicht nur durch äußere Gegebenheiten determiniert.


Jep.

#1148:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 16:34
    —
Zitat:
Daraus folgt eine gewisse Autonomie


Aus der wiederum an sich gar nichts folgt. Außerdem würde ich sagen, dass es nur dann Sinn macht von "Autonomie" zu reden, wenn man sich damit ausschließlich auf den als eigen empfundenen Willen bezieht...nicht auf dessen Entsteheungsprozess. Denn der ist doch auch bedingt, oder?

Zitat:
...der Mensch ist also ein handelndes Subjekt und nicht nur durch äußere Gegebenheiten determiniert.


Stimmt. Da sind nämlich noch die inneren "Gegebenheiten".

#1149:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 16:47
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:


Meine Position ist: der Mensch hat die Fähigkeit dazu, abzuwägen, Möglichkeiten durchzuspielen, zu bewerten, zu argumentieren und nach Gründen zu handeln. Daraus folgt eine gewisse Autonomie, der Mensch ist also ein handelndes Subjekt und nicht nur durch äußere Gegebenheiten determiniert.


Als Determinist kann ich das so unterschreiben.

Und warum noch mal hast du etwas gegen den Determinismus?

#1150:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 17:40
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Dumm vielleicht nur, dass dieser Thread genau von dieser Position handelt, siehe den Threadtitel und das Eröffnungs-Posting.


Dumm ist das allerhöchstens für den Threadersteller.

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:

Meine Position ist: der Mensch hat die Fähigkeit dazu, abzuwägen, Möglichkeiten durchzuspielen, zu bewerten, zu argumentieren und nach Gründen zu handeln. Daraus folgt eine gewisse Autonomie...


Es wird doch erst interessant, wenn du begründest, warum daraus eine "gewisse Autonomie" folgt und was diese ausmacht!

#1151:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 17:41
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:

Stimmt. Da sind nämlich noch die inneren "Gegebenheiten".


Welche sind das?

#1152:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 17:48
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:

Stimmt. Da sind nämlich noch die inneren "Gegebenheiten".


Welche sind das?


Deine Gene z.b.

#1153:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 18:28
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:

Stimmt. Da sind nämlich noch die inneren "Gegebenheiten".


Welche sind das?


Deine Gene z.b.


z.B? Was denn noch?

#1154:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 18:33
    —
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Außerdem würde ich sagen, dass es nur dann Sinn macht von "Autonomie" zu reden, wenn man sich damit ausschließlich auf den als eigen empfundenen Willen bezieht...nicht auf dessen Entsteheungsprozess. Denn der ist doch auch bedingt, oder?

Alles ist bedingt.

Fragt sich nur, durch was bedingt. Wenn Du hier meinen solltest, der Entstehungsprozess des Willens / der Entscheidungsprozess sei durch völlig nicht beeinflussbare Faktoren bedingt, dann haben wir einen Dissens.

#1155:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 18:37
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Position ist: der Mensch hat die Fähigkeit dazu, abzuwägen, Möglichkeiten durchzuspielen, zu bewerten, zu argumentieren und nach Gründen zu handeln. Daraus folgt eine gewisse Autonomie...

Es wird doch erst interessant, wenn du begründest, warum daraus eine "gewisse Autonomie" folgt und was diese ausmacht!

Autonomie bedeutet nun mal die Fähigkeit zur Selbststeuerung, Selbstständigkeit, zur Fähigkeit, sich selber Gesetze zu geben, d.h. "Autonomie" ist gewissermaßen die Zusammenfassung dieser und der obigen Fähigkeiten, die ich beim Menschen sehe.

#1156:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 18:55
    —
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Johnnyboy hat folgendes geschrieben:

Stimmt. Da sind nämlich noch die inneren "Gegebenheiten".


Welche sind das?


Deine Gene z.b.


z.B? Was denn noch?


Naja, dein Gehrin kann ja theoretisch durch äußere Einwirkung (ev. gewaltsamer Art) so verändert bzw. beschädigt worden sein, dass es nicht mehr ganz nach dem ursprünglichen genetischem Plan funktioniert. zwinkern
Dann wäre deine "innere Bedingtheit" nicht mehr ganz auf deine Gene zurückzuführen. Mr. Green


Zuletzt bearbeitet von Johnnyboy am 13.05.2008, 19:32, insgesamt einmal bearbeitet

#1157:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 19:26
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

... zur Fähigkeit, sich selber Gesetze zu geben


Was ist damit gemeint?

#1158:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 21:41
    —
Zitat:
www.fhuisken.de/Hirnforschung06.rtf


Was für ein kruder Text. Unkenntnis gepaart mit Diffamierung.


Mr.Manescu hat folgendes geschrieben:
Freerk Huisken - Hirnforschung:
Ihr Fehlschluss lautet: Weil jedes geistige Ereignis als Neuronenaktivität in bestimmten Sektoren des Gehirns mit physikalischen Methoden messbar ist, deshalb sind sie auch die Quelle jeder geistigen Tätigkeit, und – weitergehend - deshalb ist der “Geist ein phy-sikalischer Zustand”.



Eine beweiskräftige Widerlegung dieser Position gelingt Huisken nicht.

Dass aus einer monistischen Position heraus die Willensfreiheit negiert werden muss, ist ja richtig.

Im Folgenden nimmt Husiken implizit Bezug auf die dualistische Position, indem er auf "mentale Verursachung" anspielt.
Dort schreibt er:

Aber nicht nur Chemie (z.B. Koffein), sondern auch geistiges Interesse kann diese Wirkung haben (gemeint ist Erzeugung von Aufmerksamkeit).

Hier setzt H. eigenständige geistige Qualitäten voraus, die von physikalisch-chemischen Prozessen losgelöst sind.

Huisken wirft den HF Ungenauigkeiten und mangelnde Reflektierheit vor, er selber macht aber in keiner Weise seine eigenen Denkvoraussetzungen deutlich, die offenbar in einem Leib-Seele-Dualismus liegen.

Man könnte sich die Mühe machen und jeden seiner Sätze zerpflücken.

So wirft H. den Hirnforschern vor, sie würden dem Menschen die Fähigkeit zu Verstandestätigkeiten absprechen usw. - wirklich krude.

#1159:  Autor: JohnnyboyWohnort: Babylon BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 21:57
    —
@ AP:

Zitat:
Autonomie bedeutet nun mal die Fähigkeit zur Selbststeuerung...


Ich bin der Ansicht, dass das "Selbst" das "Ich" steuert und nicht umgekehrt.

#1160:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 22:14
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Er sieht somit die Freiheit durch die Begrenzung bedingt. Erst durch Begrenzung entsteht Freiheit. Das ist nicht einmal paradox! Völlig bedingungslose Freiheit ist keine Freiheit mehr, weil ohne Begrenztheit kein Wille entstehen kann. Ist das einigermassen klar?


Bieris Argumentation habe ich so weit nachvollzogen. Allerdings überzeugt sich mich immer noch nicht.
Wie gesagt, ist der Vorteil von Bieri, dass er Determiniertheit nicht einfach leugnet, sondern ernst nimmt. Der Rest ist allerdings Rhetorik, nämlich der Versuch, den Begriff der Freiheit für den Willen begrifflich zu retten.

#1161:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 22:52
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Bieris Argumentation habe ich so weit nachvollzogen. Allerdings überzeugt sich mich immer noch nicht.
Wie gesagt, ist der Vorteil von Bieri, dass er Determiniertheit nicht einfach leugnet, sondern ernst nimmt. Der Rest ist allerdings Rhetorik, nämlich der Versuch, den Begriff der Freiheit für den Willen begrifflich zu retten.
Ich habe Peter Bieri einen Mail geschickt und ihn eingeladen, sich hier zu äussern. Ich habe das Gefühl, ich verstehe, was er schreibt, und sei mit ihm einverstanden. Aber für ihn zu schreiben, dazu fühle ich mich (noch) nicht berufen. Wer weiss, vielleicht lässt er sich dazu überzeugen...

#1162:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 22:57
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Huisken wirft den HF Ungenauigkeiten und mangelnde Reflektierheit vor, er selber macht aber in keiner Weise seine eigenen Denkvoraussetzungen deutlich, die offenbar in einem Leib-Seele-Dualismus liegen.

Man könnte sich die Mühe machen und jeden seiner Sätze zerpflücken.

Du hast kein Argument und kannst das nicht zerpflücken. Dir bleibt nur der misslungene Versuch einer Diffamierung. Huisken aber hat Argumente, sehr gute Argumente. Das ist der Unterschied.

Heiner hat folgendes geschrieben:
So wirft H. den Hirnforschern vor, sie würden dem Menschen die Fähigkeit zu Verstandestätigkeiten absprechen usw. - wirklich krude.

Ja, das ist wirklich krude, aber nicht von Huisken, sondern von Roth:

Huisken hat folgendes geschrieben:
Die Befunde der Bremer Hirnforschung lauten in Kurzfassung folgendermaßen: Nicht die Menschen bestimmen ihre Zwecke, versuchen sie durchzusetzen, scheitern allzu häufig und legen sich ihr Scheitern an gesellschaftlichen Hindernissen als Segen oder Sachzwang zurecht, sondern das natürliche Gehirn soll es sein, das all dies für sie leistet. Denn das Gehirn, dieses Naturstück aus Nerven, Blut, Fettgewebe etc. besitzt, laut Roth, die Fähigkeit, "aus innerem Antrieb Handlungen durchzuführen" (310). Der Mensch dagegen bildet sich seine Willensfreiheit nur ein, ist darin selbst nur "Konstrukt eines (ihm) unzugänglichen realen Gehirns" (331). In unserem Denken, Wollen und Tun sind wir, so wird hier behauptet, nur Anhängsel von Naturvorgängen und unsere Vorstellung von geistiger Autonomie ist selbst pure Fiktion. Der Geist ist durch biologische Vorgänge determiniert, sagt Roth. Deswegen könne man auch nicht auf Einsicht setzen, wenn es um Prozesse der "Verhaltensänderung" - damit meint Roth die Erziehung - geht, deswegen sei der gute Vorsatz, gültige Erkenntnisse zu ermitteln, nicht zu halten und deswegen stellt sich schließlich die Frage, ob man das bewusste Ich von Menschen für ihre Taten verantwortlich machen kann, wo diese doch das Werk des Gehirns, also das Werk biologischer Prozesse seien.

Das nenne ich Dualismus - hier der Mensch und dort sein Gehirn, das von ihm unbeeinflusst seine Bahn zieht. Sehr glücklich

#1163:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 23:01
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Bieris Argumentation habe ich so weit nachvollzogen. Allerdings überzeugt sich mich immer noch nicht.
Wie gesagt, ist der Vorteil von Bieri, dass er Determiniertheit nicht einfach leugnet, sondern ernst nimmt. Der Rest ist allerdings Rhetorik, nämlich der Versuch, den Begriff der Freiheit für den Willen begrifflich zu retten.
Ich habe Peter Bieri einen Mail geschickt und ihn eingeladen, sich hier zu äussern. Ich habe das Gefühl, ich verstehe, was er schreibt, und sei mit ihm einverstanden. Aber für ihn zu schreiben, dazu fühle ich mich (noch) nicht berufen. Wer weiss, vielleicht lässt er sich dazu überzeugen...


Sehr schön. Vielleicht kann ein Admin ja auch mal Wolf Singer hierin einladen. Hihi.
zwinkern

#1164:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 23:06
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Sehr schön. Vielleicht kann ein Admin ja auch mal Wolf Singer hierin einladen. Hihi. zwinkern
Wäre spannend, wenn beide dabei wären... Cool

#1165:  Autor: Lukrez BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 23:14
    —
Zitat:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
In jüngster Zeit bestreiten renommierte Hirnforscher und Handlungspsychologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer die Existenz der menschlichen Willensfreiheit und stützen sich dabei auf neuere neurowissenschaftliche und handlungspsychologische Erkenntnisse der Hirnforschung. Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.

Das Bewusstsein wird also nicht von Gehirnarealen gesteuert?
Also ist es das berühmte cartesianische Obermännchen mit der Oberaufseherfunktion? Auf den Arm nehmen
Die Wiederentdeckung der unsterblichen Seele und des Leib - Seele Dualismus?
"Cogito ergo sum" ist doch wirklich ausgemachter Blödsinn...
Wer soll nun eigentlich frei sein? Der Wille kann es doch wirklich nicht sein - meint ihr etwa das angeblich steuernde Ichbewusstsein?
Aber auch das ist doch schon eine Produktion des Gehirns!
"Es" denkt und beglückt uns mit unserem Ich sowie der Illusion eines freien Willens.

#1166:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 23:37
    —
Lukrez hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
In jüngster Zeit bestreiten renommierte Hirnforscher und Handlungspsychologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer die Existenz der menschlichen Willensfreiheit und stützen sich dabei auf neuere neurowissenschaftliche und handlungspsychologische Erkenntnisse der Hirnforschung. Ihrer Einschätzung nach werden die handlungsauslösenden Impulse weitgehend von Hirnarealen gesteuert, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind und folglich von ihm auch nicht kontrolliert werden können.

Das Bewusstsein wird also nicht von Gehirnarealen gesteuert?

Nein, in einer monistischen Sichtweise nicht, dort kann es keine Einbahnstraßenbeziehung zwischen von Dir hier anscheinend postulierten grundsätzlich getrennten Entititäten Gehirn und Bewusstsein geben, dort ist das Bewusstsein bestimmte Gehirnprozesse, also wäre es völlig unsinnig, zu sagen "das eine" würde "das andere" steuern.

Wann wird endlich dieser unsägliche nicht auszurottende Kategorienfehler mal auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen?

Du könntest höchstens sagen: das Bewusstsein wird vom Unbewussten gesteuert. Willst Du das?

Lukrez hat folgendes geschrieben:
Wer soll nun eigentlich frei sein? Der Wille kann es doch wirklich nicht sein - meint ihr etwa das angeblich steuernde Ichbewusstsein?
Aber auch das ist doch schon eine Produktion des Gehirns!
"Es" denkt und beglückt uns mit unserem Ich sowie der Illusion eines freien Willens.

Der Mensch als Ganzes, als handelndes Subjekt ist (bedingt und in Grenzen) frei in dem, was er will und tut.

#1167:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 13.05.2008, 23:41
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Heiner hat folgendes geschrieben:
So wirft H. den Hirnforschern vor, sie würden dem Menschen die Fähigkeit zu Verstandestätigkeiten absprechen usw. - wirklich krude.

Ja, das ist wirklich krude, aber nicht von Huisken, sondern von Roth:

Huisken hat folgendes geschrieben:
Die Befunde der Bremer Hirnforschung lauten in Kurzfassung folgendermaßen: Nicht die Menschen bestimmen ihre Zwecke, versuchen sie durchzusetzen, scheitern allzu häufig und legen sich ihr Scheitern an gesellschaftlichen Hindernissen als Segen oder Sachzwang zurecht, sondern das natürliche Gehirn soll es sein, das all dies für sie leistet. Denn das Gehirn, dieses Naturstück aus Nerven, Blut, Fettgewebe etc. besitzt, laut Roth, die Fähigkeit, "aus innerem Antrieb Handlungen durchzuführen" (310). Der Mensch dagegen bildet sich seine Willensfreiheit nur ein, ist darin selbst nur "Konstrukt eines (ihm) unzugänglichen realen Gehirns" (331). In unserem Denken, Wollen und Tun sind wir, so wird hier behauptet, nur Anhängsel von Naturvorgängen und unsere Vorstellung von geistiger Autonomie ist selbst pure Fiktion. Der Geist ist durch biologische Vorgänge determiniert, sagt Roth. Deswegen könne man auch nicht auf Einsicht setzen, wenn es um Prozesse der "Verhaltensänderung" - damit meint Roth die Erziehung - geht, deswegen sei der gute Vorsatz, gültige Erkenntnisse zu ermitteln, nicht zu halten und deswegen stellt sich schließlich die Frage, ob man das bewusste Ich von Menschen für ihre Taten verantwortlich machen kann, wo diese doch das Werk des Gehirns, also das Werk biologischer Prozesse seien.

Das nenne ich Dualismus - hier der Mensch und dort sein Gehirn, das von ihm unbeeinflusst seine Bahn zieht. Sehr glücklich


Das Meiste von dem, was H. hier schreibt, legt er den Hirnforschern in den Mund. Er baut laufend Strohmänner auf, mit denen er sich dann "argumentativ" auseinandersetzt.
Die Dilemmata, die H. in der HF zu erblicken meint, produziert er laufend selbst, weil er unfähig ist, von seinem impliziten Leib-Seele-Dualismus abzusehen.
Allein schon die Formulierung "die HF sehen das Denken als bloßes Anhängsel von Naturvorgängen" ist Unsinn: Das Denken ist ein "Naturvorgang". Insofern ist das Denken auch den Naturgesetzen (also kausaler Determinierung) unterworfen. Schwierigkeiten damit kann nur haben, wer eine eigenständige "Welt des Geistigen" annimmt, wer also Dualist ist.
Statt die gegnerische Position zu verzerren und zu diffamieren, sollte H. lieber mal seine eigene implizit dualistische Position explizit machen und darlegen, wie er sich denn das Verhältnis zwischen der eigenständigen geistigen Welt und dem Gehirn vorstellt.

Zitat:
Huisken
Was bedeutet dieser Befund? Ob der Mensch beschließt, Hirnforscher oder Politiker zu werden, ob er sich ein Fahrrad, eine Panzerkompanie oder ein Forschungslabor mit Primaten zulegt, ob er CDUSPDDVU wählt oder vom Wählen nichts hält, nie hat er - laut Roth - dafür seine Gründe, die er - und mögen sie nun richtig oder falsch sein - vertritt,


Schon wieder Quark. Nirgendwo behauptet Roth, dass Menschen für ihr Handeln keine Gründe haben. Roth spricht sogar davon, dass

Zitat:
die assoziativen Netzwerke der Großhirnrinde [...] auf Gründe ausgelegt sind, nicht auf Ursachen.
G. Roth: "Willensfreiheit und Schuldfähigkeit"


Mir scheint, H. hat Roth gar nicht im Original rezipiert, sondern zimmert sich seinen Pappkameraden zurecht, wie er ihn braucht.

#1168:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 00:47
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Bieris Argumentation habe ich so weit nachvollzogen. Allerdings überzeugt sich mich immer noch nicht.
Wie gesagt, ist der Vorteil von Bieri, dass er Determiniertheit nicht einfach leugnet, sondern ernst nimmt. Der Rest ist allerdings Rhetorik, nämlich der Versuch, den Begriff der Freiheit für den Willen begrifflich zu retten.
Ich habe Peter Bieri einen Mail geschickt und ihn eingeladen, sich hier zu äussern. Ich habe das Gefühl, ich verstehe, was er schreibt, und sei mit ihm einverstanden. Aber für ihn zu schreiben, dazu fühle ich mich (noch) nicht berufen. Wer weiss, vielleicht lässt er sich dazu überzeugen...


Ja, das wäre lustig.

Agnost

#1169:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 01:13
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Das Meiste von dem, was H. hier schreibt, legt er den Hirnforschern in den Mund. Er baut laufend Strohmänner auf, mit denen er sich dann "argumentativ" auseinandersetzt.

Alter FGH-Trick: Argumente ignorieren und laut "Strohmann, Strohmann!" rufen.

Gerhard Roth, Fühlen, Denken, Handeln, S. 453: hat folgendes geschrieben:
Die subjektiv empfundene Freiheit des Wünschens, Planens und Wollens sowie des aktuellen Willensaktes ist eine Illusion. Der Mensch fühlt sich frei, wenn er tun kann, was er zuvor wollte. Unsere bewussten Wünsche, Absichten und unser Wille stehen aber unter Kontrolle des unbewussten Erfahrungsgedächtnisses, wobei in komplexen Entscheidungssituationen der bewussten Analyse dessen, was "Sache ist", eine große Bedeutung zukommt. Was aber letztendlich getan wird, entscheidet das limbische System.
Gerhard Roth, Fühlen, Denken, Handeln, S. 453:
Das Gefühl des freien Willensaktes entsteht, nachdem limbische Strukturen und Funktionen bereits festgelegt haben, was zu tun ist. Wille und das Gefühl der subjektiven Willensfreiheit dienen der Selbst-Zuschreibung des Ich, ohne die eine komplexe Handlungsplanung nicht möglich ist.
Gerhard Roth, Fühlen, Denken, Handeln, S. 442:
Dieser Willensakt tritt in der Tat auf, nachdem das Gehirn bereits entschieden hat, welche Bewegung es ausführen will.


Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Dilemmata, die H. in der HF zu erblicken meint, produziert er laufend selbst, weil er unfähig ist, von seinem impliziten Leib-Seele-Dualismus abzusehen.

Alter FGH-Trick: Argumente ignorieren und den Argumentgeber diffamieren (Hint: selbst wenn Huisken ein Dualist wäre, würde das nichts an der Gültigkeit seiner Argumente ändern.)

Heiner hat folgendes geschrieben:
Allein schon die Formulierung "die HF sehen das Denken als bloßes Anhängsel von Naturvorgängen" ist Unsinn: Das Denken ist ein "Naturvorgang". Insofern ist das Denken auch den Naturgesetzen (also kausaler Determinierung) unterworfen. Schwierigkeiten damit kann nur haben, wer eine eigenständige "Welt des Geistigen" annimmt, wer also Dualist ist.

Das ist schlicht Unsinn. Du hast das entweder nicht verstanden oder Du wolltest es nicht verstehen: wenn jemand behauptet, die physikalischen Vorgänge im Gehirn seien das einzig Wesentliche und Wahre und das Mentale sei durch diese Vorgänge verursacht und irgendwie ein irrelevantes Epiphänomen, dann ist das 1) ein Dualismus und kein Monismus und 2) ist das eine Aussage, die sich automatisch selber in einem kleinen Logik-Wölkchen auflösen muss, wie Huisken sehr schön dargestellt hat.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Statt die gegnerische Position zu verzerren und zu diffamieren, sollte H. lieber mal seine eigene implizit dualistische Position explizit machen und darlegen, wie er sich denn das Verhältnis zwischen der eigenständigen geistigen Welt und dem Gehirn vorstellt.

Alter FGH-Trick: Argumente ignorieren und laut zu rufen: "Du musst erst dies und jenes".

Heiner hat folgendes geschrieben:
Schon wieder Quark. Nirgendwo behauptet Roth, dass Menschen für ihr Handeln keine Gründe haben. Roth spricht sogar davon, dass

Zitat:
die assoziativen Netzwerke der Großhirnrinde [...] auf Gründe ausgelegt sind, nicht auf Ursachen.
G. Roth: "Willensfreiheit und Schuldfähigkeit"

Mir scheint, H. hat Roth gar nicht im Original rezipiert, sondern zimmert sich seinen Pappkameraden zurecht, wie er ihn braucht.


Gerhard Roth, Fühlen, Denken, Handeln, S. 445: hat folgendes geschrieben:
Der Eindruck schließlich, dass wir Menschen aus Gründen statt aus Ursachen handeln, hat mit der Tatsache zu tun, dass uns die eigentlichen Antriebe unseres Handelns nicht zugänglich sind. Gründe sind Ursachen, die uns sinnvoll, d.h. im Einklang mit unseren Intentionen erscheinen, deren kausale Ursprünge uns aber nicht einsichtig sind und die wir uns deshalb selbst zuschreiben. Es ist diese Selbstzuschreibung, die uns das Gefühl, etwas frei zu wollen, vermittelt.

#1170:  Autor: Heiner BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 09:05
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Das Meiste von dem, was H. hier schreibt, legt er den Hirnforschern in den Mund. Er baut laufend Strohmänner auf, mit denen er sich dann "argumentativ" auseinandersetzt.

Alter FGH-Trick: Argumente ignorieren und laut "Strohmann, Strohmann!" rufen.

[quote="Gerhard Roth, Fühlen, Denken, Handeln, S. 453:"]Die subjektiv empfundene Freiheit des Wünschens, Planens und Wollens sowie des aktuellen Willensaktes ist eine Illusion. Der Mensch fühlt sich frei, wenn er tun kann, was er zuvor wollte. Unsere bewussten Wünsche, Absichten und unser Wille stehen aber unter Kontrolle des unbewussten Erfahrungsgedächtnisses, wobei in komplexen Entscheidungssituationen der bewussten Analyse dessen, was "Sache ist", eine große Bedeutung zukommt. Was aber letztendlich getan wird, entscheidet das limbische System.


Ja, das ist Roth im Original. Hält man Huisken dagegen, fällt auf, wie er verzerrt. Man beachte bswp. das Fettgedruckte - Verstandestätigkeiten spielen laut Roth in Handlungssituationen eine große Rolle - und halte H.'s Behauptung dagegen, die HF würden dem Menschen die Fähigkeit zu Verstandestätigkeiten absprechen:

Zitat:
Huisken:
Sie (die HF) benutzen ihren Verstand, um sich über eine Theorie zu verständigen, die behauptet, dass eben dies gar nicht möglich sei, weil es eine verständige Auseinandersetzung gar nicht geben kann.


Hierin erblickt H. das Paradox der neurophilosophischen Position, weshalb er sie als widerlegt betrachtet - ein Paradox, das er selbst geschaffen hat. In diesem Stil argumentiert er fortwährend.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Die Dilemmata, die H. in der HF zu erblicken meint, produziert er laufend selbst, weil er unfähig ist, von seinem impliziten Leib-Seele-Dualismus abzusehen.

Zitat:
Alter FGH-Trick: Argumente ignorieren und den Argumentgeber diffamieren (Hint: selbst wenn Huisken ein Dualist wäre, würde das nichts an der Gültigkeit seiner Argumente ändern.)


Wenn H. Dualist ist, dann steht und fällt die Gültigkeit seiner "Argumente" (aber wo sind die eigentlich zu finden?) mit der Gültigkeit der dualistischen Position.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Allein schon die Formulierung "die HF sehen das Denken als bloßes Anhängsel von Naturvorgängen" ist Unsinn: Das Denken ist ein "Naturvorgang". Insofern ist das Denken auch den Naturgesetzen (also kausaler Determinierung) unterworfen. Schwierigkeiten damit kann nur haben, wer eine eigenständige "Welt des Geistigen" annimmt, wer also Dualist ist.

Zitat:
Das ist schlicht Unsinn. Du hast das entweder nicht verstanden oder Du wolltest es nicht verstehen: wenn jemand behauptet, die physikalischen Vorgänge im Gehirn seien das einzig Wesentliche und Wahre und das Mentale sei durch diese Vorgänge verursacht und irgendwie ein irrelevantes Epiphänomen, dann ist das 1) ein Dualismus und kein Monismus und 2) ist das eine Aussage, die sich automatisch selber in einem kleinen Logik-Wölkchen auflösen muss, wie Huisken sehr schön dargestellt hat.


Und genau die Behauptung, das Mentale sei ein "irrelevantes Epiphänomen", wird von Roth et. al. nicht getätigt, sondern ist eine Unterstellung von Husiken und anderen Antinaturalisten. Ein Strohmann halt.
Hierzu Roth:

Zitat:

Im Klartext: Es gibt in der menschlichen Großhirnrinde Aktivitätszustände, die Repräsentationen von Handlungsintentionen und Handlungsbegründungen sind in dem Sinne, dass ihre Aktivierung in uns entsprechende subjektive Empfindungen hervorruft und ihre Zerstörung solche Empfindungen verhindert. Da es das Merkmal dieser Zustände ist, Intentionen zu repräsentieren, kann man die subjektiven Erlebniszustände auch nicht zu Epiphänomenen erklären. (!!!) Wenn ich den intentionalen Gehalt der Hirnzustände störe, störe ich das neuronale Geschehen, und umgekehrt.

An anderer Stelle schreibt Roth:
Gehirne verarbeiten Bedeutungen und nicht bloße Erregungen. Erregungen sind das, was Hirnforscher registrieren; das bedeutet aber nicht, dass man als Hirnforscher die Illusion haben muss, diese Erregungen seien das Eigentliche oder einzig Gegebene, nur weil man Bedeutungen nicht direkt messen, sondern erschließen kann.
G. Roth: Willensfreiheit und Schuldfähigkeit


Fazit: Mentale Zustände sind laut Roth keine Epiphänomene. Semantisches ist kein bloßes (irrelevantes) "Anhängsel" von Hirnzuständen, sondern ist den Hirnzuständen inhärent.

Damit bricht dann auch die ganze Argumentation H.s gegen Roth zusammen, die auf falschen Unterstellungen aufruht.

Heiner hat folgendes geschrieben:
Schon wieder Quark. Nirgendwo behauptet Roth, dass Menschen für ihr Handeln keine Gründe haben. Roth spricht sogar davon, dass

Zitat:
die assoziativen Netzwerke der Großhirnrinde [...] auf Gründe ausgelegt sind, nicht auf Ursachen.
G. Roth: "Willensfreiheit und Schuldfähigkeit"

Mir scheint, H. hat Roth gar nicht im Original rezipiert, sondern zimmert sich seinen Pappkameraden zurecht, wie er ihn braucht.


Gerhard Roth, Fühlen, Denken, Handeln, S. 445: hat folgendes geschrieben:
Der Eindruck schließlich, dass wir Menschen aus Gründen statt aus Ursachen handeln, hat mit der Tatsache zu tun, dass uns die eigentlichen Antriebe unseres Handelns nicht zugänglich sind. Gründe sind Ursachen, die uns sinnvoll, d.h. im Einklang mit unseren Intentionen erscheinen, deren kausale Ursprünge uns aber nicht einsichtig sind und die wir uns deshalb selbst zuschreiben. Es ist diese Selbstzuschreibung, die uns das Gefühl, etwas frei zu wollen, vermittelt.


Ja, und, wo ist jetzt der Widerspruch? Wo behauptet Roth, dass keine Gründe beim menschlichen Handeln existieren? Was er feststellt, ist lediglich, dass "Gründe Ursachen sind": Mit anderen worten, das, was wir als (geistige) "Gründe" in unserem Handeln erfahren, sind letztlich (physisch wirkende) Ursachen. "Gründe" sind nur die Innenperspektive dessen, was in der Außenperspektive als Ursachen wirkt.

#1171:  Autor: Mr.Manescu BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 09:57
    —
Mein limbisches System hat in Absprache mit meinen Gehirn sich dazu entschlossen, mich das hier schreiben zu lassen.
Ich hab versucht mich zu wehren, aber "es" war stärker. Argh! Komplett von der Rolle

#1172:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 10:09
    —
Aktuell habe ich den freien Wunsch, den millionsten Beitrag im FGH abzuliefern. Dazu habe ich in mir einen bedingten Willen aufgebaut, dies auch zu erreichen. Ich beobachte seit einiger Zeit, wie der Zähler stetig auf die magische Zahl zuläuft, und ziele auf den richtigen Moment (instrumenteller Wille). Zudem habe ich vorbereitende Handlungen durchgeführt, indem ich jetzt diesen Beitrag schreibe, den ich dann von meinem Unterbewusstsein (limbischen System) gesteuert im richtigen Moment abschicke. Mal sehen, ob es klappt...

PS: Aha! Jetzt weiss ich wie's wirklich ist! Es gibt tatsächlich keinen freien Willen, es gibt nur freie Wünsche...

#1173:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 10:10
    —
verdammt! Um einen verpasst!

#1174:  Autor: jdfWohnort: Nekropole E|B BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 10:17
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
verdammt! Um einen verpasst!


#1175:  Autor: jdfWohnort: Nekropole E|B BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 10:17
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
verdammt! Um einen verpasst!

Trösterchen

#1176:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 10:27
    —
jdf hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
verdammt! Um einen verpasst!

Trösterchen
Danke jdf, habe das bitter nötig! Das tut guuuuuut!

#1177:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 15:04
    —
Schön, "die" Forscher widerlegen von mir aus auch die Willensfreiheit. Die Relevanz dieser Feststellung kommt der Auswirkung der Pflastersteine auf die Rotation der Erde jedoch ziemlich nahe. Mit anderen Worten, das alles hat keinen Nährwert.

#1178:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.05.2008, 15:18
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
jdf hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
verdammt! Um einen verpasst!

Trösterchen
Danke jdf, habe das bitter nötig! Das tut guuuuuut!
Immerhin habe ich den ersten Beitrag der zweiten Million geschrieben - auch nicht von schlechten Eltern... Cool

#1179:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.05.2008, 01:03
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
jdf hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
verdammt! Um einen verpasst!

Trösterchen
Danke jdf, habe das bitter nötig! Das tut guuuuuut!
Immerhin habe ich den ersten Beitrag der zweiten Million geschrieben - auch nicht von schlechten Eltern... Cool


Und "nicht ganz anders" als der letzte der ersten Million.

Oder willst du mir da widersprechen Frage zwinkern zynisches Grinsen Lachen

Agnost

#1180:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 15.05.2008, 01:14
    —
Schwanger ist die Frau oder sie ist nicht, das steht ausser Frage, aber Determination ist nicht wie Schwangerschaft.

Man ist auch dann determiniert, wenn man nicht "total" determiniert ist.

Das Problem der "engen Deterministen" ist, dass sie Determination mit Schwangerschaft gleichsetzen.

Agnost

#1181:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 15.05.2008, 09:32
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Schwanger ist die Frau oder sie ist nicht, das steht ausser Frage, aber Determination ist nicht wie Schwangerschaft.
Man ist auch dann determiniert, wenn man nicht "total" determiniert ist.
Das Problem der "engen Deterministen" ist, dass sie Determination mit Schwangerschaft gleichsetzen.
Und sogar eine Schwangerschaft kann abgebrochen werden...

#1182:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 07:05
    —
Ein schönes, kompaktes Interview von Gerd Scobel mit Wolf Singer - gestern Abend in 3sat ausgestrahlt - kann da angesehen werden. Ein guter Satz war auf die Frage Scobels, warum man denn den Eindruck habe, dass ein "Ich" das ganze lenke: "Der Chef entsteht aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Instrumente...". Also, das Bewusstsein ist das Resultat der Aktivität verschiedenster Neuronengruppen im Gehirn.

Den Willen (oder die freien Wünsche nach meiner neuesten Erkenntnis) müsste man sich dann wohl auch so vorstellen. Ein Wunsch entsteht durch das Zusammenspiel verschiedenster Hirninstrumente, in welchen durchaus z.B. das olfaktorische System eine Rolle spielen kann, das visuelle, das taktile, das Bewegungskoordinations-System im Kleinhirn etc. Er wäre sozusagen ein Modell des gewünschten Ereignisses. Vielleicht hat die Vorstellung des Fusion Mans hier meinen Wunsch in meinem Hirn entstehen lassen, so wie Rossy einmal zu fliegen und dazu alle in Frage kommenden Systeme im Hirn erregt und so eine wunschhafte Vorstellung eines solchen Fluges im "Bewusstsein" entstehen lassen - d.h. es ist ein "Flugbewusstsein" dadurch entstanden. Dieses kann dann so plastisch werden, dass das Hirn nach einem Weg sucht, dieses Modell Wirklichkeit werden zu lassen, also der Wille entsteht, es zu realisieren.

Die Freiheit des Wünschens liegt dann darin, dass man ein solches Modell entstehen lässt oder nicht - je nach dem Vergnügen- oder Abwehrgefühl das daraus entstehen kann. Sie liegt auch darin, ob man zulässt, dass daraus ein Wille entstehen kann. Dabei sind durchaus Elemente meiner Vorgeschichte enthalten. Ich denke nicht, dass Wolf Singer etwas gegen eine solche Interpretation unserer Freiheit haben könnte...

#1183:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 09:53
    —
Im Spätkapitalismus wird den subkortikalen Bereichen eine zu große Bedeutung beigemessen. dem Cortex wird zusehens seine Bedeutung abgesprochen. Das limbische System feiert hingegen "fröhliche Urständ", in dem es in seiner Bedeutung aufgebläht wird. Klar, je irrationaler dieses System, desto geringer fällt die Wertschätzung der Hirnrinde aus. Dies ist von den Herrschenden auch erwünscht, denn eines sollen die Massen nicht: bewußt Denken!
Wie lautete der Leitspruch Freuds?: "Wo Es ist, soll Ich sein"! Das Ich sitzt bevorzugt, unter Anteilnahme anderer Hirnareale, im Cortex!!

#1184:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 11:46
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Das Ich sitzt bevorzugt, unter Anteilnahme anderer Hirnareale, im Cortex!!
Sicher! Nur ist der Cortex ein ziemlich grosser Teil des Hirns! Wo genau dort sollte sich das Ich denn befinden?

#1185:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 12:46
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Nur ist der Cortex ein ziemlich grosser Teil des Hirns! Wo genau dort sollte sich das Ich denn befinden?


Lokalisierung sinnlos, es reicht die Feststellung, dass via Hirnrinde massgeblich erfolgt.

#1186:  Autor: MonadWohnort: München BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 12:56
    —
Also, 7 Sekunden sind doch etwas popelig.. das geht noch locker unter Latenzzeit, wenn man bedenkt, dass man auch mindestens eine Sekunde braucht, bis irgendwelche sensorischen Reize im Gehirn angekommen sind.

#1187:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 12:56
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Nur ist der Cortex ein ziemlich grosser Teil des Hirns! Wo genau dort sollte sich das Ich denn befinden?


Lokalisierung sinnlos, es reicht die Feststellung, dass via Hirnrinde massgeblich erfolgt.
Ich stelle also fest, dass Du prinzipiell Wolf Singers Vision zustimmst...

#1188:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 13:04
    —
Singer ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet.

#1189:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 13:19
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Singer ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet.
Anbeten

#1190:  Autor: MonadWohnort: München BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 13:31
    —
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Singer ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet.

Na, wir werden doch nicht plötzlich den Göttern in weiß Glauben schenken? Mit den Augen rollen

Naja, zugegeben.. immerhin ist es nicht Psychologie - da wird nämlich nur gelogen, was die Tinte hergibt ^^

#1191:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 13:58
    —
Apropos Tinte...

Ich meine da jetzt Silberbromid,
Jawohl Silberbromid, eine zu unrecht wenig berücksichtigte Substanz.

Viele Betrachungen der Welt können URSÄCHLICH und ursprünglich bis auf das vorhanden sein oder fehlen von Silberbromid zurückgeführt werden.

Silberbromid hat folgendes geschrieben:
zur Erklärung:
Silberbromid ist eine chemische Verbindung des Silbers, die zu den Bromiden zählt. Es ist eine viel verwendete Chemikalie die unter Lichteinfall zerfällt.
Das Salz wird in kleinen Kristallbröckchen in eine Gelatineschicht (o.ä. Substanzen) eingelagert. Wenn auf diese Licht fällt, zersetzt sich das Silberbromid in seine elementaren Bestandteile - Silber und Brom. Die belichteten Kristalle heben sich vom Hintergrund dadurch ab, dass das Silber schwarz erscheint.
Es färbt sich im Licht rasch dunkel infolge Silber-Abscheidung.


So sind nachfolgende Beisspiele, die URSÄCHLICH auf die reine Reaktionsfreundlichkeit des Silberbromids zurückzuführen und dementsprechend zu würdigen.
Die Wahrnehmung des gezeigten sind natürlich nichts als Illusion und optische Täuschung - haben daher mit Verlaub nicht den geringsten Bezug zum realen stofflich materiellem, weil im Grunde es ja doch nur Eigenschaften des Silberbromids sind.

Unicef-Fotos des Jahres 2007

World Press Photo

Bilder des Jahres: Skurriles aus 2004

Das GEO Foto des Jahres 2007

oh paraphrasiertes Neuron
Das ist so richtig und wahr, wie wenn Neuronen etwas ursprünglich wollen oder erzeugen, es mag ja stimmen - aber der gezogene Schluß ist ein trügerischer.
Es bedeutet nichts und erklärt nichts was sich uns als soziale Wirklichkeit vorkommt.
Es beschreibt nur.

#1192:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 14:12
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Apropos Tinte...
[...]
oh paraphrasiertes Neuron
Das ist so richtig und wahr, wie wenn Neuronen etwas ursprünglich wollen oder erzeugen, es mag ja stimmen - aber der gezogene Schluß ist ein trügerischer.
Es bedeutet nichts und erklärt nichts was sich uns als soziale Wirklichkeit vorkommt.
Es beschreibt nur.
Smilie Ist so schön absurd Dein Beitrag!

#1193:  Autor: Tassilo BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 14:14
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Apropos Tinte...
[...]
oh paraphrasiertes Neuron
Das ist so richtig und wahr, wie wenn Neuronen etwas ursprünglich wollen oder erzeugen, es mag ja stimmen - aber der gezogene Schluß ist ein trügerischer.
Es bedeutet nichts und erklärt nichts was sich uns als soziale Wirklichkeit vorkommt.
Es beschreibt nur.
Smilie Ist so schön absurd Dein Beitrag!

Moderne Kunst?

#1194:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 14:22
    —
Tassilo hat folgendes geschrieben:
Moderne Kunst?
A propos! Ist die moderne Kunst inklusive Surrealismus und anderes Freakout nicht auch ein Indiz für die Freiheit des Hirns? Einfach so mal allgemein gesprochen, ohne auf die Details einzugehen...

#1195:  Autor: Peter H. BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 18:51
    —
Surrealismus ist um Einiges interessanter als die meist kleckernd daherkommende abstrakte Kunst.

#1196:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 16.05.2008, 22:37
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Apropos Tinte...
[...]
oh paraphrasiertes Neuron
Das ist so richtig und wahr, wie wenn Neuronen etwas ursprünglich wollen oder erzeugen, es mag ja stimmen - aber der gezogene Schluß ist ein trügerischer.
Es bedeutet nichts und erklärt nichts was sich uns als soziale Wirklichkeit vorkommt.
Es beschreibt nur.
Smilie Ist so schön absurd Dein Beitrag!


*FG* Mr. Green *FG* donköh (sounds engl. like dunkey)

höh moment mal, warum quotest denn dann ausgerechnet den Teil, den ich ernst mein?
Suspekt
des war doch der Versuch den backstep (sounds simlilar to backstab) zum thema zu schaffen ... Motzen


im übrigen bin ich zwar kein Pataphysiker, sondern ganz Pata Pata
das hat den Vorteil das zum Denken auch noch die Bewegung dazukommt, man soll doch beweglich bleiben.


#1197:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 00:01
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Tassilo hat folgendes geschrieben:
Moderne Kunst?
A propos! Ist die moderne Kunst inklusive Surrealismus und anderes Freakout nicht auch ein Indiz für die Freiheit des Hirns? Einfach so mal allgemein gesprochen, ohne auf die Details einzugehen...


Die Eng Determinierten würden es wohl eher als Entropie bezeichnen.

Es ist einfacher den Senf äh die Farbe aus der Tube zu kwetschen als in wieder rein zu kwetschen.

Agnost

#1198:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 01:24
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
im übrigen bin ich zwar kein Pataphysiker, sondern ganz Pata Pata
das hat den Vorteil das zum Denken auch noch die Bewegung dazukommt, man soll doch beweglich bleiben.
Es lebe die PataPataPhysik! Showdance (nicht ganz das, ich weiss - wer entwickelt einen PataPata Smiley?)

#1199:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 09:11
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Tassilo hat folgendes geschrieben:
Moderne Kunst?
A propos! Ist die moderne Kunst inklusive Surrealismus und anderes Freakout nicht auch ein Indiz für die Freiheit des Hirns? Einfach so mal allgemein gesprochen, ohne auf die Details einzugehen...
Die Eng Determinierten würden es wohl eher als Entropie bezeichnen.
Es ist einfacher den Senf äh die Farbe aus der Tube zu kwetschen als in wieder rein zu kwetschen.
Peter H. hat folgendes geschrieben:
Surrealismus ist um Einiges interessanter als die meist kleckernd daherkommende abstrakte Kunst.
Ich sehe - Ihr seit offenbar alle Kunstbanausen... Mit den Augen rollen

#1200:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 09:15
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
höh moment mal, warum quotest denn dann ausgerechnet den Teil, den ich ernst mein?
Suspekt
des war doch der Versuch den backstep (sounds simlilar to backstab) zum thema zu schaffen ... Motzen
Jaaa - ist Absurdität denn etwa unernst?

#1201:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 09:26
    —
Hihihi
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Es lebe die PataPataPhysik! ...


btw.: weiß her irgend jemand etwas über die streng geheime Dadaphysik ?

#1202:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 10:08
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
btw.: weiß her irgend jemand etwas über die streng geheime Dadaphysik ?
Also, ich kann es nicht beweisen, aber ich vermute, dass der Dadaismus aus der Pataphysik entsprungen ist. Aber die Pataphysik umfasst ja sowieso ALLES, somit entspringt alles von der Pataphysik, auch DADA.

Nichts ist geheim im Dada, auch Du bist Dada, auch wenn Du das nicht willst.

Persönlich habe ich einen engen Bezug zu Dada, schon dadurch, dass ich mehrere Male am Entstehungsort von Dada gewohnt habe (Zürcher Niederdorf). Meine Tochter, Schauspielerin in Paris, hat einmal dort "Le coeur à gaz" von Tristan Tzsara aufgeführt und ist damit auch nach Zürich gekommen u.a. im Cabaret Voltaire - heute ein exklusiver Hype-Club. Sogar an ihrem Hochzeitstag in Paris gab es mit der ganzen Blase Familie und Freunde eine öffentliche Aufführung unter Einbezug des Bräutigams.

Eindeutig ist, dass der Surrealismus aus dem Geiste von Dada entstanden ist, und dadurch alles explizit Absurde in der Kunst. Dada ist somit die realististe Kunstform überhaupt! Dada entsteht täglich immer wieder neu und ist somit unsterblich.


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 17.05.2008, 11:27, insgesamt einmal bearbeitet

#1203:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 10:41
    —
Und ein paar 100 Meter weiter oben als DaDa lebte Lenin und speiste Lenin in der Oepfelkammer.

Und zwar zur selben Zeit.

Aber mal Zürich zur "bedingen Freiheit"

Wer will im Ernst glauben, das wir "Total" determiniert sind?

Agnost

#1204:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 11:18
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Und ein paar 100 Meter weiter oben als DaDa lebte Lenin und speiste Lenin in der Oepfelkammer. Und zwar zur selben Zeit.
*schwelg*
Ich wohnte mal in der Predigergasse (unter Glockengebimmel!) neben dem Restaurant (wie hiess es doch gleich?) wo sich Lenin auch gerne aufhielt - ein Hauch von Freiheit?? Ich denke, auch Lenin hat etwas von Dada mitgekriegt und nach Russland gebracht...

#1205:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 11:30
    —
Agnost hat folgendes geschrieben:
Aber mal Zürich zur "bedingen Freiheit"
Wer will im Ernst glauben, das wir "Total" determiniert sind?
Solange die Ampeln in Zürich auch mal auf Rot stehen fühle ich mich frei...

#1206:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 11:46
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Nichts ist geheim im Dada, auch Du bist Dada, auch wenn Du das nicht willst.


Dada ist kein Platz für so was kreativ, surreales wie "Dada" in meinem limbischen System ! Ich fühle ganz deutlich die kausalverkettete, deter<s>step</s>minierte Unitarität meiner Zeitentwicklung ... zynisches Grinsen

Erwin

#1207:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 11:56
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Nichts ist geheim im Dada, auch Du bist Dada, auch wenn Du das nicht willst.
Dada ist kein Platz für so was kreativ, surreales wie "Dada" in meinem limbischen System ! Ich fühle ganz deutlich die kausalverkettete, deter<s>step</s>minierte Unitarität meiner Zeitentwicklung ... zynisches Grinsen
Ooch - da unterschätzest Du aber Dein limbisches System! Ich denke, die ganze Kreativität kommt aus ihm! Wolf Singer (und step) hat das nur noch nicht herausgefunden...

EDIT: Hmm - ich glaube ich habe Dir verquert herum geantwortet, aber auch das ist dada...


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 17.05.2008, 12:54, insgesamt einmal bearbeitet

#1208:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.05.2008, 12:04
    —
NeoDada:
Cabaret Voltaire hat folgendes geschrieben:
ANNEXION DES BODENSEES

Mit der Extrafahrt auf dem Butterschiff MS „Reichenau“ zur Insel Mainau und zum Zentrum des Bodensees annektieren und besetzen Wir, die Königreiche von Elgaland-Vargaland, die gesamte Oberfläche des Bodensees inklusive Überlinger See, Zeller See, Gnadensee, Untersee und die Insel Mainau, ehemals Teil der Schweiz, Deutschlands, Österreichs und von Elgaland-Vargaland.
Hat starke pataphysische Züge!
Weitere Infos dada!
Gugusdada!
Nicolas Hayek jr CEO Swatch Dada
etc.

#1209:  Autor: Agnost BeitragVerfasst am: 19.05.2008, 10:50
    —
Agnostiker hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
btw.: weiß her irgend jemand etwas über die streng geheime Dadaphysik ?
Also, ich kann es nicht beweisen, aber ich vermute, dass der Dadaismus aus der Pataphysik entsprungen ist. Aber die Pataphysik umfasst ja sowieso ALLES, somit entspringt alles von der Pataphysik, auch DADA.

Nichts ist geheim im Dada, auch Du bist Dada, auch wenn Du das nicht willst.

Persönlich habe ich einen engen Bezug zu Dada, schon dadurch, dass ich mehrere Male am Entstehungsort von Dada gewohnt habe (Zürcher Niederdorf). Meine Tochter, Schauspielerin in Paris, hat einmal dort "Le coeur à gaz" von Tristan Tzsara aufgeführt und ist damit auch nach Zürich gekommen u.a. im Cabaret Voltaire - heute ein exklusiver Hype-Club. Sogar an ihrem Hochzeitstag in Paris gab es mit der ganzen Blase Familie und Freunde eine öffentliche Aufführung unter Einbezug des Bräutigams.

Eindeutig ist, dass der Surrealismus aus dem Geiste von Dada entstanden ist, und dadurch alles explizit Absurde in der Kunst. Dada ist somit die realististe Kunstform überhaupt! Dada entsteht täglich immer wieder neu und ist somit unsterblich.


Google mal unter Urban Gwerder Hotcha und Hot Ratz Times.

Das wäre sicher spannend für dich.

Agnost

#1210:  Autor: göttertodWohnort: Freiburg BeitragVerfasst am: 08.05.2009, 22:00
    —
Ich habe diesen Thread gewählt, da er am meisten Antworten vieler verschiedener User hat.

Aber es gibt ja auch noch:
http://freigeisterhaus.de/viewforum.php?f=7
http://freigeisterhaus.de/viewforum.php?f=8
http://freigeisterhaus.de/viewforum.php?f=10

und es gibt bestimmt noch viele andere.

Ein weiterer neuer Aspekt gegen den Freien Willen ist diese Nachricht:

http://www.newscientist.com/article/dn17092-possible-site-of-free-will-found-in-brain.html

Zitat:
Possible site of free will found in brain

* 19:00 07 May 2009 by Ewen Callaway

Free will, or at least the place where we decide to act, is sited in a part of the brain called the parietal cortex, new research suggests.

...

'Ground breaking'

Patrick Haggard, a neuroscientist at University College London, says the experiment breaks ground because it pinpoints volition to a specific part of the brain, allowing scientists to experimentally control it.

"That's extremely interesting, because up to now it has been very difficult for neuroscientists to deal with the idea of intentions or wishes or will," he says.

However, Haggard says no one should be surprised that the experience of volition can be liked to specific brain areas. "I can't think of any way you can have conscious experience other than as a result of neurons in your brain firing."

Journal reference: Science (DOI: 10.1126/science.1169896)

#1211:  Autor: Uriziel BeitragVerfasst am: 13.05.2009, 19:59
    —
Kommt irgendwie drauf an, wie man Willensfreiheit definiert...

#1212:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 11:13
    —
göttertod hat folgendes geschrieben:

Zitat:
...
Patrick Haggard, a neuroscientist at University College London, says the experiment breaks ground because it pinpoints volition to a specific part of the brain, allowing scientists to experimentally control it.
...
Aha, man will also den freien Willen steuern können - wie frei ist er dann noch ? Mit den Augen rollen

#1213:  Autor: Dissonanz BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 13:02
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
göttertod hat folgendes geschrieben:

Zitat:
...
Patrick Haggard, a neuroscientist at University College London, says the experiment breaks ground because it pinpoints volition to a specific part of the brain, allowing scientists to experimentally control it.
...
Aha, man will also den freien Willen steuern können - wie frei ist er dann noch ? Mit den Augen rollen


Garnicht. Und ist das nicht genau die Aussage die getroffen wurde?

#1214:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 18:35
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Aha, man will also den freien Willen steuern können - wie frei ist er dann noch ? Mit den Augen rollen

Gar nicht. Und wenn man ihn nicht steuern kann, auch nicht! In dem zitierten Satz geht es aber um die Steuerung des Gehirns, also um die Beeinflussung, welchen Willen es produziert.

#1215:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 19:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Aha, man will also den freien Willen steuern können - wie frei ist er dann noch ? Mit den Augen rollen

Gar nicht. Und wenn man ihn nicht steuern kann, auch nicht! In dem zitierten Satz geht es aber um die Steuerung des Gehirns, also um die Beeinflussung, welchen Willen es produziert.


Das gesteuerte (?) Gehirn wäre demnach von nichtgesteuerten (?) Gehirnen frei (?) steuerbar?

Wenn es möglich ist, etwas frei - und das kann nur heissen: erfolgreich zielgerichtet - zu steuern, egal, ob das ein Gehirn ist oder sonst was, dann ist der (erfolgreich) steuernder Wille frei - nämlich frei darin, zu seinem Ziel gelangen.

Und etwas anderes kann Freiheit ja auch ohnehin nicht sein. Eine Freiheit, die nicht an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls Beliebigkeit, aber keine Freiheit.

Skeptiker

#1216:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 20:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn es möglich ist, etwas frei - und das kann nur heissen: erfolgreich zielgerichtet - zu steuern, ... dann ist der (erfolgreich) steuernder Wille frei - nämlich frei darin, zu seinem Ziel gelangen.

So wird es gern kompatibilistisch definiert. Und wenn man nun dieses Ziel induziert, z.B. durch Biologie, Kultur, Erziehung, Werbung oder eben durch neuronale Stimulation? Nach Deiner Definition wäre der Wille dann ja immer noch frei, da er "erfolgreich zielgerichtet steuert".

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Freiheit, die nicht an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls Beliebigkeit, aber keine Freiheit.

Ja. Und eine Freiheit, die an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls kausale Determination, aber keine Freiheit. zwinkern

#1217:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 20:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn es möglich ist, etwas frei - und das kann nur heissen: erfolgreich zielgerichtet - zu steuern, ... dann ist der (erfolgreich) steuernder Wille frei - nämlich frei darin, zu seinem Ziel gelangen.

So wird es gern kompatibilistisch definiert. Und wenn man nun dieses Ziel induziert, z.B. durch Biologie, Kultur, Erziehung, Werbung oder eben durch neuronale Stimulation? Nach Deiner Definition wäre der Wille dann ja immer noch frei, da er "erfolgreich zielgerichtet steuert".

Es kommt darauf an, inwieweit das Subjekt seine Ziele selber bestimmen kann. Eine Erziehung zu einem unmündigen Menschen z.B. schränkt das massiv ein; eine neuronale Stimulation, die unbemerkt erfolgt, verhindert es komplett. Im letzteren Falle würde man den Menschen wohl als ferngesteuert ansehen und somit als gänzlich unfrei.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Freiheit, die nicht an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls Beliebigkeit, aber keine Freiheit.

Ja. Und eine Freiheit, die an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls kausale Determination, aber keine Freiheit. zwinkern

Woraus logischerweise folgt: Inkompatibilisten haben keine plausible Definition von Freiheit. Sie können "Freiheit" und das, was sie darunter verstehen, überhaupt nicht konsistent darlegen.

#1218:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 21:14
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn es möglich ist, etwas frei - und das kann nur heissen: erfolgreich zielgerichtet - zu steuern, ... dann ist der (erfolgreich) steuernder Wille frei - nämlich frei darin, zu seinem Ziel gelangen.
So wird es gern kompatibilistisch definiert. Und wenn man nun dieses Ziel induziert, z.B. durch Biologie, Kultur, Erziehung, Werbung oder eben durch neuronale Stimulation? Nach Deiner Definition wäre der Wille dann ja immer noch frei, da er "erfolgreich zielgerichtet steuert".
Es kommt darauf an, inwieweit das Subjekt seine Ziele selber bestimmen kann.

Ich weiß, daß Du das so siehst, aber Skeptiker hatte diesen Aspekt nicht mal erwähnt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine Erziehung zu einem unmündigen Menschen z.B. schränkt das massiv ein; eine neuronale Stimulation, die unbemerkt erfolgt, verhindert es komplett. Im letzteren Falle würde man den Menschen wohl als ferngesteuert ansehen und somit als gänzlich unfrei.

Und was ist mit Deinen Umgangsformen, Deiner Kleidung, Deiner Sprache, oder Deinen sexuellen Vorlieben? Das alles "sieht man" im allgemeinen nicht als "ferngesteuert" an, ist es aber letztlich doch.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Freiheit, die nicht an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls Beliebigkeit, aber keine Freiheit.
Ja. Und eine Freiheit, die an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls kausale Determination, aber keine Freiheit. zwinkern
Woraus logischerweise folgt: Inkompatibilisten haben keine plausible Definition von Freiheit. Sie können "Freiheit" und das, was sie darunter verstehen, überhaupt nicht konsistent darlegen.

Nur daß die Art von "Freiheit", die der Inkompatibilist meint, nach meiner Ansicht nicht der Fall ist, bedeutet noch nicht, daß ich "Freiheit" nicht definieren kann. Denn ich könnte einerseits Freiheit im Sinne mehrerer physikalisch möglicher Zukünfte des Gesamtsystems in einer Bewertungssituation definieren. Das wäre plausibel, aber mE eben physikalisch nicht der Fall. Oder ich kann "Freiheit" immer als die Abwesenheit von etwas Bestimmtem definieren. Also z.B. "Freiheit von akuten, äußeren Zwängen", "Freiheit von Unwissen" oder "Freiheit von Krankheit". In diesem Fall würde ich aber lieber von "Abwesenheit von ..." sprechen.

Übrigens scheint mir der von Dir erhobene Vorwurf nichts Schlimmes: So habe ich etwa als Atheist auch keine plausible Definition für "(übernatürlicher) Gott".

#1219:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 21:49
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
So wird es gern kompatibilistisch definiert. Und wenn man nun dieses Ziel induziert, z.B. durch Biologie, Kultur, Erziehung, Werbung oder eben durch neuronale Stimulation? Nach Deiner Definition wäre der Wille dann ja immer noch frei, da er "erfolgreich zielgerichtet steuert".
Es kommt darauf an, inwieweit das Subjekt seine Ziele selber bestimmen kann.

Ich weiß, daß Du das so siehst, aber Skeptiker hatte diesen Aspekt nicht mal erwähnt.

Mag sein, aber gemeint hat er es sehr wohl. Nehme ich jedenfalls an.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine Erziehung zu einem unmündigen Menschen z.B. schränkt das massiv ein; eine neuronale Stimulation, die unbemerkt erfolgt, verhindert es komplett. Im letzteren Falle würde man den Menschen wohl als ferngesteuert ansehen und somit als gänzlich unfrei.

Und was ist mit Deinen Umgangsformen, Deiner Kleidung, Deiner Sprache, oder Deinen sexuellen Vorlieben? Das alles "sieht man" im allgemeinen nicht als "ferngesteuert" an, ist es aber letztlich doch.

Es gibt dabei durchaus einen Unterschiede zum Beispiel zwischen einem eingebauten Fernsteuerungsmechanismus in meinem Gehirn, mit dem ich von jemandem komplett gesteuert würde und den genetischen / Umwelteinflüssen, die letztlich für meine jetzige Existenz unabdingbar sind. Es ist sicher unstrittig, d.h. ich bin mir absolut sicher, dass ich hierbei eine ganz überwältigende Zustimmung finden könnte: wenn ich komplett ferngesteuert bin, also keine Kontrolle habe, dann bin ich auch komplett unfrei. Habe ich jedoch die Fähigkeit, meine Entscheidungen zu überdenken, sie festzulegen und zu ändern, dann bin ich diesbezüglich freier.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Woraus logischerweise folgt: Inkompatibilisten haben keine plausible Definition von Freiheit. Sie können "Freiheit" und das, was sie darunter verstehen, überhaupt nicht konsistent darlegen.

Nur daß die Art von "Freiheit", die der Inkompatibilist meint, nach meiner Ansicht nicht der Fall ist, bedeutet noch nicht, daß ich "Freiheit" nicht definieren kann. Denn ich könnte einerseits Freiheit im Sinne mehrerer physikalisch möglicher Zukünfte des Gesamtsystems in einer Bewertungssituation definieren. Das wäre plausibel, aber mE eben physikalisch nicht der Fall.

Das finde ich überhaupt nicht plausibel. Mehrere physikalische Zukünfte stellen noch keine Freiheit dar, es ist mAn wesentlich und notwendig, dass ich bestimmen kann, welche Entscheidung ich treffe. Und wenn mir das möglich ist, dann ist es mAn völlig unnötig, dass es daneben noch mehrere andere zusätzliche Zukünfte geben kann, es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.

step hat folgendes geschrieben:
Oder ich kann "Freiheit" immer als die Abwesenheit von etwas Bestimmtem definieren. Also z.B. "Freiheit von akuten, äußeren Zwängen", "Freiheit von Unwissen" oder "Freiheit von Krankheit". In diesem Fall würde ich aber lieber von "Abwesenheit von ..." sprechen.

Das Erstere wäre noch keine Entscheidungsfreiheit in meinem Sinne, "Freiheit von Unwissen" hört sich seltsam an (ich würde das "Wissen" nennen) und "Freiheit von Krankheit" würde ich Gesundheit nennen.

step hat folgendes geschrieben:
Übrigens scheint mir der von Dir erhobene Vorwurf nichts Schlimmes: So habe ich etwa als Atheist auch keine plausible Definition für "(übernatürlicher) Gott".

Wenn man keine Definition von "Freiheit" vertritt, dem Begriff also keine Bedeutung zuordnen kann, dann kann man darüber auch nichts aussagen. Das Gleiche gilt für "Gott".

#1220:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 21:55
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn es möglich ist, etwas frei - und das kann nur heissen: erfolgreich zielgerichtet - zu steuern, ... dann ist der (erfolgreich) steuernder Wille frei - nämlich frei darin, zu seinem Ziel gelangen.
So wird es gern kompatibilistisch definiert. Und wenn man nun dieses Ziel induziert, z.B. durch Biologie, Kultur, Erziehung, Werbung oder eben durch neuronale Stimulation? Nach Deiner Definition wäre der Wille dann ja immer noch frei, da er "erfolgreich zielgerichtet steuert".
Es kommt darauf an, inwieweit das Subjekt seine Ziele selber bestimmen kann.

Ich weiß, daß Du das so siehst, aber Skeptiker hatte diesen Aspekt nicht mal erwähnt.


Weil ich der Ansicht bin, dass es darauf im Prinzip nicht (- siehe dazu weiter unten! -) ankommt. Unabhängig davon, ob ein Wesen seine Ziele selber bestimmen kann, ist er dann frei, wenn er über die Bedingungen, Mittel und Methoden verfügt, um diese Ziele zu verwirklichen. Und selbst, wenn das Wesen nur einen einzigen "Weg" zu seinem Ziel wählen und beschreiten kann, so ist es trotzdem frei.

Unfrei dagegen wäre dieses Wesen, wenn es zig verschiedene Mittel wählen und real beschreiten könnte, von denen aber kein einziges zu seinem begehrten Ziel führen würde.

Somit ist gerade die Gebundenheit an Bedürfnisse und Ziele nicht nur kein Widerspruch zur Freiheit des Wollens, sondern geradezu eine absolut notwendige Bedingung. (Es muss sich um ein Subjekt handeln, das da frei ist und nicht um ein herum schwirrendes, wunschloses Teilchen!)

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn es möglich ist, etwas frei - und das kann nur heissen: erfolgreich zielgerichtet - zu steuern, ... dann ist der (erfolgreich) steuernder Wille frei - nämlich frei darin, zu seinem Ziel gelangen.

So wird es gern kompatibilistisch definiert. Und wenn man nun dieses Ziel induziert, z.B. durch Biologie, Kultur, Erziehung, Werbung oder eben durch neuronale Stimulation? Nach Deiner Definition wäre der Wille dann ja immer noch frei, da er "erfolgreich zielgerichtet steuert".


Natürliche Bedürfnisse bedingen keine Unfreiheit, sondern im Gegenteil ist deren Befriedigung die materielle Bedingung für Leben. Je entfremdeter die Bedürfnisse werden und wegführen von den unerlässlichen Lebensbedürfnissen, desto minderwertiger, ja schädlicher ist die Freiheit, welche mit dem Erreichen der damit verknüpften Ziele verbunden ist.

Man nennt das auch Entfremdung. Deshalb ist nicht die Determiniertheit der Bedürfnisse der Grund, weshalb eine erfolgreiche Zielerfüllung unfrei ist, sondern der Grad des lebensfördernden Charakters und der Nichtentfremdung jener Bedürfnisse.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Freiheit, die nicht an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls Beliebigkeit, aber keine Freiheit.

Ja. Und eine Freiheit, die an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls kausale Determination, aber keine Freiheit. zwinkern


Das stimmt nicht. Keine Freiheit ist, wenn es nur ein gewünschtes Ziel zur Befriedigung eines bestimmten Bedürfnisses gibt, dieses eine Ziel jedoch versperrt ist. Etwa, wenn jemand Luft braucht, jedoch keine Luft zum Atmen hat. Ein Mensch, der dagegen atmen kann, ist doch wohl kaum als unfrei zu bezeichnen, bezogen auf das Bedürfnis der Sauerstoffversorgung. Ganz im Gegenteil ...-!

Skeptiker

#1221:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:06
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Es kommt darauf an, inwieweit das Subjekt seine Ziele selber bestimmen kann.

Ich weiß, daß Du das so siehst, aber Skeptiker hatte diesen Aspekt nicht mal erwähnt.

Weil ich der Ansicht bin, dass es darauf im Prinzip nicht (- siehe dazu weiter unten! -) ankommt. Unabhängig davon, ob ein Wesen seine Ziele selber bestimmen kann, ist er dann frei, wenn er über die Bedingungen, Mittel und Methoden verfügt, um diese Ziele zu verwirklichen.

Das wäre aber dann lediglich Handlungsfreiheit. Wenn ich ein genialer Erfinder wäre, der Dir per Fernbedienung beliebige Ziele (meine Ziele) einspeisen könnte, ohne dass Du das merkst, dann hättest Du keine Entscheidungsfreiheit mehr (nach meiner Auffassung von Entscheidungsfreiheit).

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein Mensch, der dagegen atmen kann, ist doch wohl kaum als unfrei zu bezeichnen, bezogen auf das Bedürfnis der Sauerstoffversorgung.

Naja, man könnte jetzt Haare spalten und sagen, der Mensch sei nicht frei, auf das Atmen zu verzichten. Oder seine sexuelle Ausrichtung selber zu bestimmen. Was zwar stimmt, aber unwesentlich ist und daher bei der Frage nach Freiheit keine Rolle spielt.

#1222:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:19
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Woraus logischerweise folgt: Inkompatibilisten haben keine plausible Definition von Freiheit. Sie können "Freiheit" und das, was sie darunter verstehen, überhaupt nicht konsistent darlegen.

Nur daß die Art von "Freiheit", die der Inkompatibilist meint, nach meiner Ansicht nicht der Fall ist, bedeutet noch nicht, daß ich "Freiheit" nicht definieren kann. Denn ich könnte einerseits Freiheit im Sinne mehrerer physikalisch möglicher Zukünfte des Gesamtsystems in einer Bewertungssituation definieren. Das wäre plausibel, aber mE eben physikalisch nicht der Fall.

Das finde ich überhaupt nicht plausibel. Mehrere physikalische Zukünfte stellen noch keine Freiheit dar, es ist mAn wesentlich und notwendig, dass ich bestimmen kann, welche Entscheidung ich treffe. Und wenn mir das möglich ist, dann ist es mAn völlig unnötig, dass es daneben noch mehrere andere zusätzliche Zukünfte geben kann, es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.


Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.

#1223:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:24
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mehrere physikalische Zukünfte stellen noch keine Freiheit dar, es ist mAn wesentlich und notwendig, dass ich bestimmen kann, welche Entscheidung ich treffe. Und wenn mir das möglich ist, dann ist es mAn völlig unnötig, dass es daneben noch mehrere andere zusätzliche Zukünfte geben kann, es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.

Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.

Dann haben wir dabei eben auch einen Dissens. Ich bin meiner Auffassung nach genau dann frei, wenn ich die (meine) Zukunft bestimmen kann (Entscheidungsfreiheit) und so handeln kann, dass die von mir gewünschte Zukunft eintritt (Handlungsfreiheit).

Warum sollte es daneben noch zusätzliche mögliche Zukünfte geben sollen? Warum wäre nur dann meine (Entscheidungs- und Handlungs-) Freiheit gewährleistet?

#1224:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:34
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Es kommt darauf an, inwieweit das Subjekt seine Ziele selber bestimmen kann.

Ich weiß, daß Du das so siehst, aber Skeptiker hatte diesen Aspekt nicht mal erwähnt.

Weil ich der Ansicht bin, dass es darauf im Prinzip nicht (- siehe dazu weiter unten! -) ankommt. Unabhängig davon, ob ein Wesen seine Ziele selber bestimmen kann, ist er dann frei, wenn er über die Bedingungen, Mittel und Methoden verfügt, um diese Ziele zu verwirklichen.

Das wäre aber dann lediglich Handlungsfreiheit. Wenn ich ein genialer Erfinder wäre, der Dir per Fernbedienung beliebige Ziele (meine Ziele) einspeisen könnte, ohne dass Du das merkst, dann hättest Du keine Entscheidungsfreiheit mehr (nach meiner Auffassung von Entscheidungsfreiheit).

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein Mensch, der dagegen atmen kann, ist doch wohl kaum als unfrei zu bezeichnen, bezogen auf das Bedürfnis der Sauerstoffversorgung.

Naja, man könnte jetzt Haare spalten und sagen, der Mensch sei nicht frei, auf das Atmen zu verzichten. Oder seine sexuelle Ausrichtung selber zu bestimmen. Was zwar stimmt, aber unwesentlich ist und daher bei der Frage nach Freiheit keine Rolle spielt.


Im Prinzip ist das ja meine Aussage. Ein bedürftiges Wesen ist dann frei, wenn es bekommt, was es braucht. (Um es mal kurz und prägnant zu formulieren.) Ob es nun darüber entscheiden kann, was es braucht, ist identisch mit der Frage, ob es Sinn macht, sich einen neuen Körper zu bauen (mit anderen Bedürfnissen).

Und zu den ferngesteuerten Bedürfnissen, welche ebenfalls die eigene Entscheidungsfähigkeit einschränken: Das ist ja vielfach Realität und ich habe das mit dem Begriff der Entfremdung bezeichnet. Wenn plötzlich ein Mensch auf die Idee kommt, sich nur noch von Gras ernähren zu müssen, weil er sich vorstellt, eine Kuh zu sein, dann wäre es eine Loslösung vom "Determinismus" der natürlichen Lebensbedürfnisse. Hält man es auch noch für Freiheit, sich von den natürlichen Lebensbedürfnissen lossagen zu können, so ist dies identisch mit der Freiheit des Irrenhäuslers.

Deswegen hat der Begriff Freiheit die in einem gewissen Rahmen determinierenden Lebensbedürfnisse zur Voraussetzung. Fehlen diese Determinanten, so sprechen wir nicht von Freiheit (- im Sinne von Zielerreichung! -), sondern von beliebigen, aber völlig bedeutungs- und sinnlosen Spielräumen.

Skeptiker

#1225:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:45
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mehrere physikalische Zukünfte stellen noch keine Freiheit dar, es ist mAn wesentlich und notwendig, dass ich bestimmen kann, welche Entscheidung ich treffe. Und wenn mir das möglich ist, dann ist es mAn völlig unnötig, dass es daneben noch mehrere andere zusätzliche Zukünfte geben kann, es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.

Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.

Dann haben wir dabei eben auch einen Dissens. Ich bin meiner Auffassung nach genau dann frei, wenn ich die (meine) Zukunft bestimmen kann (Entscheidungsfreiheit) und so handeln kann, dass die von mir gewünschte Zukunft eintritt (Handlungsfreiheit).

Warum sollte es daneben noch zusätzliche mögliche Zukünfte geben sollen? Warum wäre nur dann meine (Entscheidungs- und Handlungs-) Freiheit gewährleistet?

Das behaupte ich mit meiner Formulierung nicht. Meine Formulierung ist eigentlich ein Versuch, den definitorischen Streit um den Begriff Freiheit aus der Determinismus vs. Indeterminismus - Diskussion rauszunehmen, indem ein eindeutiges Ausschlusskriterium für Freiheit vorgeschlagen wird. Daß wir unterschiedliche Modelle von der Zukunft haben, ist ja nun mal Fakt. Wenn man die Realisierung aller Modelle (bis auf eines) ausschließen kann, wird Die Zukunft eines Menschen voraussagbar, auch für Dritte. Und zwingend.
Diese Definition scheint mir die Frage nach "Möglichkeit", oder nach der Realisierbarkeit der Zukunft selber zu umgehen. Wer mit dieser Definition einverstanden wäre, stünde in der Pflicht zu erklären, warum die Realisierung aller bis auf eine Zukunft ausgeschlossen ist, so er denn Determinist ist.

#1226:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:46
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Woraus logischerweise folgt: Inkompatibilisten haben keine plausible Definition von Freiheit. Sie können "Freiheit" und das, was sie darunter verstehen, überhaupt nicht konsistent darlegen.

Nur daß die Art von "Freiheit", die der Inkompatibilist meint, nach meiner Ansicht nicht der Fall ist, bedeutet noch nicht, daß ich "Freiheit" nicht definieren kann. Denn ich könnte einerseits Freiheit im Sinne mehrerer physikalisch möglicher Zukünfte des Gesamtsystems in einer Bewertungssituation definieren. Das wäre plausibel, aber mE eben physikalisch nicht der Fall.

Das finde ich überhaupt nicht plausibel. Mehrere physikalische Zukünfte stellen noch keine Freiheit dar, es ist mAn wesentlich und notwendig, dass ich bestimmen kann, welche Entscheidung ich treffe. Und wenn mir das möglich ist, dann ist es mAn völlig unnötig, dass es daneben noch mehrere andere zusätzliche Zukünfte geben kann, es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.


Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.


Also, wenn ich auf einem dünnen, schwankenden Seil zwischen zwei Hochhäusern ballanciere und alle Schritte links und rechts vom Seil ausschließe, so dass nur die eine Schrittrichtung übrig bleibt, dann ist die Diskussion der untenstehenden Zuschauer über die Freiheit des Artisten ausgeschlossen.

Und lauthals fordern sie den Ballancierer auf, doch einmal so richtig frei zu sein und nicht immer nur eine einzige Möglichkeit zu wählen ...-

Skeptiker

#1227:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:54
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Woraus logischerweise folgt: Inkompatibilisten haben keine plausible Definition von Freiheit. Sie können "Freiheit" und das, was sie darunter verstehen, überhaupt nicht konsistent darlegen.

Nur daß die Art von "Freiheit", die der Inkompatibilist meint, nach meiner Ansicht nicht der Fall ist, bedeutet noch nicht, daß ich "Freiheit" nicht definieren kann. Denn ich könnte einerseits Freiheit im Sinne mehrerer physikalisch möglicher Zukünfte des Gesamtsystems in einer Bewertungssituation definieren. Das wäre plausibel, aber mE eben physikalisch nicht der Fall.

Das finde ich überhaupt nicht plausibel. Mehrere physikalische Zukünfte stellen noch keine Freiheit dar, es ist mAn wesentlich und notwendig, dass ich bestimmen kann, welche Entscheidung ich treffe. Und wenn mir das möglich ist, dann ist es mAn völlig unnötig, dass es daneben noch mehrere andere zusätzliche Zukünfte geben kann, es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.


Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.


Also, wenn ich auf einem dünnen, schwankenden Seil zwischen zwei Hochhäusern ballanciere und alle Schritte links und rechts vom Seil ausschließe, so dass nur die eine Schrittrichtung übrig bleibt, dann ist die Diskussion der untenstehenden Zuschauer über die Freiheit des Artisten ausgeschlossen.

Und lauthals fordern sie den Ballancierer auf, doch einmal so richtig frei zu sein und nicht immer nur eine einzige Möglichkeit zu wählen ...-

Skeptiker


Darauf könnte man auf Verschiedene Arten antworten. Wenn es der Wunsch des Hochseilartisten wäre, in diesem Moment einen Suizid zu begehen, aber wir seine real werdende Zukunft kennen würden, so daß die Realisierung seines Wunsches ausgeschlossen ist, dann könnte man zu recht von Unfreiheit sprechen, denke ich. Diese Aussage beinhaltet übrigens kein Urteil über den Vorgang selber.

#1228:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 22:54
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Im Prinzip ist das ja meine Aussage. Ein bedürftiges Wesen ist dann frei, wenn es bekommt, was es braucht. (Um es mal kurz und prägnant zu formulieren.) Ob es nun darüber entscheiden kann, was es braucht, ist identisch mit der Frage, ob es Sinn macht, sich einen neuen Körper zu bauen (mit anderen Bedürfnissen).

Und zu den ferngesteuerten Bedürfnissen, welche ebenfalls die eigene Entscheidungsfähigkeit einschränken: Das ist ja vielfach Realität und ich habe das mit dem Begriff der Entfremdung bezeichnet. Wenn plötzlich ein Mensch auf die Idee kommt, sich nur noch von Gras ernähren zu müssen, weil er sich vorstellt, eine Kuh zu sein, dann wäre es eine Loslösung vom "Determinismus" der natürlichen Lebensbedürfnisse. Hält man es auch noch für Freiheit, sich von den natürlichen Lebensbedürfnissen lossagen zu können, so ist dies identisch mit der Freiheit des Irrenhäuslers.

Deswegen hat der Begriff Freiheit die in einem gewissen Rahmen determinierenden Lebensbedürfnisse zur Voraussetzung. Fehlen diese Determinanten, so sprechen wir nicht von Freiheit (- im Sinne von Zielerreichung! -), sondern von beliebigen, aber völlig bedeutungs- und sinnlosen Spielräumen.

Hm, naja, unser Dissens ist nicht so furchtbar groß, ich stimme im Wesentlichen zu, aber so ganz richtig gefällt mir das auch nicht. Besonders nicht das fett markierte.

Grundlegende Bedürfnisse sind ein Teil von mir, das ist richtig und ich will diese ja gar nicht loswerden und genau deswegen können sie keine Freiheitsbeschränkung bedeuten. Sie sind ein notwendiger Bestandteil von dem, was mich ausmacht.

Aber so, wie Du es darstellst, kommt es für mich ein bisschen so rüber, als ob alles schon festgelegt sei, so, als ob die Bedürfnisse alles weitere bestimmen würden (mag aber sein, dass ich das missinterpretiere). Und das meine ich eben nicht, ich denke, jeder Mensch mit Entscheidungsfreiheit hat aufgrund seiner Reflexionsmöglichkeiten die Fähigkeit, seinen Weg und auch seine Ziele zu bestimmen / zu ändern. Die Bedürfnisse / die Lebensumstände / die eigene Geschichte sind dabei lediglich der Rahmen, der aber eben nicht alles vorherbestimmt / auf eine einzige Art festlegt.

#1229:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 23:08
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.

Wenn aber nur die eine Zukunft möglich ist, die ich auswähle, wozwischen wähle ich dann?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... "Freiheit von Unwissen" hört sich seltsam an (ich würde das "Wissen" nennen) und "Freiheit von Krankheit" würde ich Gesundheit nennen.

Eben. Und eine Handlung "frei von Zwängen" würde ich eher als "präferenzgemäße" Handlung bezeichnen. Natürlich kann man sagen, das sind nur Worte, und "frei" wäre sogar OK für mich, wenn darunter nicht eben doch meist etwas Anderes (letzt-autonomes) verstanden würde als bei Deiner eher "sozialen" Definition.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
So habe ich etwa als Atheist auch keine plausible Definition für "(übernatürlicher) Gott".
Wenn man keine Definition von "Freiheit" vertritt, dem Begriff also keine Bedeutung zuordnen kann, dann kann man darüber auch nichts aussagen. Das Gleiche gilt für "Gott".

Richtig, und gerade deswegen ist es mir wichtig, daß "Willensfreiheit" seine unplausible, intuitive, metaphysische "Bedeutung" verliert und genau gesagt und verstanden wird, was damit gemeint ist und was nicht.

#1230:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 23:09
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und lauthals fordern sie den Ballancierer auf, doch einmal so richtig frei zu sein und nicht immer nur eine einzige Möglichkeit zu wählen ...-

Hab zuerst "Ballancer" gelesen ... Lachen

#1231:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 23:21
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.

Dann haben wir dabei eben auch einen Dissens. Ich bin meiner Auffassung nach genau dann frei, wenn ich die (meine) Zukunft bestimmen kann (Entscheidungsfreiheit) und so handeln kann, dass die von mir gewünschte Zukunft eintritt (Handlungsfreiheit).

Warum sollte es daneben noch zusätzliche mögliche Zukünfte geben sollen? Warum wäre nur dann meine (Entscheidungs- und Handlungs-) Freiheit gewährleistet?

Das behaupte ich mit meiner Formulierung nicht. Meine Formulierung ist eigentlich ein Versuch, den definitorischen Streit um den Begriff Freiheit aus der Determinismus vs. Indeterminismus - Diskussion rauszunehmen, indem ein eindeutiges Ausschlusskriterium für Freiheit vorgeschlagen wird.

Das verstehe ich noch nicht. Was ist denn Dein eindeutiges Ausschlusskriterium für Freiheit?

Es kann nur eine Zukunft für uns geben. Und, ja, dabei ist es vollkommen unerheblich, ob der Determinismus oder (teilweiser) Indeterminismus wahr ist. Das gilt für beide Ansichten gleichermaßen. Und weil das so ist, wird die Frage nach mehreren Zukünften automatisch unerheblich. Es kann nur die Frage nach der Möglichkeit der individuellen Beeinflussung der Zukunft bleiben.

zelig hat folgendes geschrieben:
Daß wir unterschiedliche Modelle von der Zukunft haben, ist ja nun mal Fakt. Wenn man die Realisierung aller Modelle (bis auf eines) ausschließen kann, wird Die Zukunft eines Menschen voraussagbar, auch für Dritte. Und zwingend.

Aber nein, so ist das nicht, das hatten wir doch auch schon. Ich kann meine Zukunft prinzipiell nicht selber kennen.

Ein Dritter könnte sie eventuell kennen. Aber das ist unwesentlich, bzw. wüsste ich nicht, wieso das meiner Entscheidungsfreiheit widersprechen würde.

zelig hat folgendes geschrieben:
Diese Definition scheint mir die Frage nach "Möglichkeit", oder nach der Realisierbarkeit der Zukunft selber zu umgehen. Wer mit dieser Definition einverstanden wäre, stünde in der Pflicht zu erklären, warum die Realisierung aller bis auf eine Zukunft ausgeschlossen ist, so er denn Determinist ist.

Ich bin kein Determinist, ich bin Agnostiker bezüglich dieser (philosophischen und mAn letztlich nicht beantwortbaren) Frage. Aber dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass es nur eine einzige Zukunft für mich geben wird.

Für mich lauten die Fragen also lediglich: kann ich meine Ziele und Auffassungen überdenken und revidieren? Habe ich die Fähigkeit, meine Lebensumstände zu erkennen und zu bewerten? Kann ich Einschränkungen, Begrenzungen, Gegebenheiten erkennen und mich damit beschäftigen und diese bei meinen Entscheidungen berücksichtigen? Kann ich meine gefassten Entscheidungen in die Tat umsetzen?

Jedoch die Frage: könnte ich denn ebenso das tun, wofür ich mich letztlich nicht entscheide? kommt mir bei der Frage nach meiner Freiheit vollkommen unwesentlich vor.

#1232:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 23:32
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.

Wenn aber nur die eine Zukunft möglich ist, die ich auswähle, wozwischen wähle ich dann?

Du wählst zwischen den von Dir simulierten Zukünften.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... "Freiheit von Unwissen" hört sich seltsam an (ich würde das "Wissen" nennen) und "Freiheit von Krankheit" würde ich Gesundheit nennen.

Eben. Und eine Handlung "frei von Zwängen" würde ich eher als "präferenzgemäße" Handlung bezeichnen. Natürlich kann man sagen, das sind nur Worte, und "frei" wäre sogar OK für mich, wenn darunter nicht eben doch meist etwas Anderes (letzt-autonomes) verstanden würde als bei Deiner eher "sozialen" Definition.

Es kommt mir aber darauf an, wie die Präferenz entstanden ist. Denn darauf muss man, falls man von "Entscheidungsfreiheit" sprechen will, einen Einfluss haben können. Das kehrst Du mit Deiner Bezeichnung hier einfach unter den Teppich, das erscheint Dir wohl irgendwie unwesentlich, das ist es aber mAn ganz und gar nicht. Hätte ein Dritter die direkte Kontrolle über alle meine Präferenzen, dann wäre ich in meiner Sicht unfrei. In Deiner Ansicht spielt das aber anscheinend keinerlei Rolle.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
So habe ich etwa als Atheist auch keine plausible Definition für "(übernatürlicher) Gott".

Wenn man keine Definition von "Freiheit" vertritt, dem Begriff also keine Bedeutung zuordnen kann, dann kann man darüber auch nichts aussagen. Das Gleiche gilt für "Gott".

Richtig, und gerade deswegen ist es mir wichtig, daß "Willensfreiheit" seine unplausible, intuitive, metaphysische "Bedeutung" verliert und genau gesagt und verstanden wird, was damit gemeint ist und was nicht.

Mir ist es auch recht, wenn wir es "Entscheidungsfreiheit" nennen.

#1233:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 23:34
    —
step hat folgendes geschrieben:
So habe ich etwa als Atheist auch keine plausible Definition für "(übernatürlicher) Gott".
Mein lieber deterministischer Step. Ich habe da eine grundsätzliche Frage an Dich: Wenn du Deine logischen Überlegungen ins Unendliche treibst (ich glaube das wird infiniter Regress genannt und ist auch die Grundlage eines sogenannten "Gottesbeweises") kommst Du dann nicht in die unbequeme Lage (als Atheist), dass es irgendwann eine "Urkausalität" gibt die man als (natürlichen oder übernatürlichen) Gott bezeichnen kann ?

#1234:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 08.07.2009, 23:53
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
...
Deswegen hat der Begriff Freiheit die in einem gewissen Rahmen determinierenden Lebensbedürfnisse zur Voraussetzung. Fehlen diese Determinanten, so sprechen wir nicht von Freiheit (- im Sinne von Zielerreichung! -), sondern von beliebigen, aber völlig bedeutungs- und sinnlosen Spielräumen.
Das nennt man dann eben "bedingte Freiheit". Ich hatte einmal das Bild eines Neutrons oder Protons vor Augen. Die darin enthaltenen Quarks besitzen völlige Bewegungsfreiheit so lange sie sich im Innern des Hadrons befinden. Versuchen sie aber an die Grenze zu stossen, erfahren sie eine unüberwindbare Barriere.

Weiter ist sowieso alles an sich bedeutungs- und sinnlos. Nur das Subjekt kann Bedeutung und Sinn generieren (frei und beliebig).

#1235:  Autor: L.E.N.Wohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 09:42
    —
ich bin der meinung, ich habe eine durch biologische, soziale und umwelteinflüsse begrenzte willensfreiheit. diese differenzierung ist mE sehr wichtig, denn ansonsten vermischt man sie ständig in diskussionen.
man kann mE die willensfreiheit nur im bereich der sozialen und umwelteinflüsse erweitern, aber die biologischen (noch?) nicht.

#1236:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 10:02
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
... kommst Du dann nicht in die unbequeme Lage (als Atheist), dass es irgendwann eine "Urkausalität" gibt die man als (natürlichen oder übernatürlichen) Gott bezeichnen kann ?

Nein, in diese Lage käme man nur mit der Annahme, daß Zeitordnung, Kausalität usw. absolute Prinzipien sind, die auch für exotische Verhältnisse und für die Welt als Ganzes gelten. Auf dieser falschen (oder zumindest unbelegten) Annahme basieren viele intuitive Philosophien, etwa der primum-movens Gedanke oder der Schöpferkult.

#1237:  Autor: nocquae BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 11:46
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und etwas anderes kann Freiheit ja auch ohnehin nicht sein. Eine Freiheit, die nicht an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls Beliebigkeit, aber keine Freiheit.

Das Thema ist Willensfreiheit. Wie legst du denn die Ziele fest, die du zu erreichen gedenkst?

#1238: bedingte Freiheit eines Subjekts Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 12:05
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
...
Deswegen hat der Begriff Freiheit die in einem gewissen Rahmen determinierenden Lebensbedürfnisse zur Voraussetzung. Fehlen diese Determinanten, so sprechen wir nicht von Freiheit (- im Sinne von Zielerreichung! -), sondern von beliebigen, aber völlig bedeutungs- und sinnlosen Spielräumen.
Das nennt man dann eben "bedingte Freiheit". Ich hatte einmal das Bild eines Neutrons oder Protons vor Augen. Die darin enthaltenen Quarks besitzen völlige Bewegungsfreiheit so lange sie sich im Innern des Hadrons befinden. Versuchen sie aber an die Grenze zu stossen, erfahren sie eine unüberwindbare Barriere.

Weiter ist sowieso alles an sich bedeutungs- und sinnlos. Nur das Subjekt kann Bedeutung und Sinn generieren (frei und beliebig).


Bedingte Freiheit, richtig! Davon habe ich immer gesprochen.

Und Freiheit muss man streng von Beliebigkeit unterscheiden, weil eben jener Begriff nur Sinn hat, wenn ein Subjekt vorhanden ist.

Skeptiker

#1239: Erkenntnis mindestens einer zielführenden Möglichkeit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 12:12
    —
NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und etwas anderes kann Freiheit ja auch ohnehin nicht sein. Eine Freiheit, die nicht an ein gewünschtes Ziel gebunden ist, ist bestenfalls Beliebigkeit, aber keine Freiheit.

Das Thema ist Willensfreiheit. Wie legst du denn die Ziele fest, die du zu erreichen gedenkst?


Überhaupt nicht. Wille und Ziele sind gegeben, wobei Ziele im Plural stehen.

Freiheit von Subjekten (- auch hier ist der Plural möglich! -) setzt Erkenntnis der verschiedenen Wege voraus, die nach Rom führen. Ist davon mindestens ein Weg gangbar, dann ist Freiheit verwirklicht.

Sind gar mehrere zielführend Wege möglich, so kann man zwischen diesen würfeln. Aber je nach Wahl verändern sich wiederum andere Bedingungen. Dies wiederum als Erkenntnis mit einbezogen, kann sich wiederum die Entscheidung ändern.

Skeptiker

#1240:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 12:15
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und lauthals fordern sie den Ballancierer auf, doch einmal so richtig frei zu sein und nicht immer nur eine einzige Möglichkeit zu wählen ...-

Hab zuerst "Ballancer" gelesen ... Lachen


Der Ballancierer vermeidet sowohl Fehltritte als auch Fehlbegriffe.

Skeptiker

#1241:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 12:30
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Im Prinzip ist das ja meine Aussage. Ein bedürftiges Wesen ist dann frei, wenn es bekommt, was es braucht. (Um es mal kurz und prägnant zu formulieren.) Ob es nun darüber entscheiden kann, was es braucht, ist identisch mit der Frage, ob es Sinn macht, sich einen neuen Körper zu bauen (mit anderen Bedürfnissen).

Und zu den ferngesteuerten Bedürfnissen, welche ebenfalls die eigene Entscheidungsfähigkeit einschränken: Das ist ja vielfach Realität und ich habe das mit dem Begriff der Entfremdung bezeichnet. Wenn plötzlich ein Mensch auf die Idee kommt, sich nur noch von Gras ernähren zu müssen, weil er sich vorstellt, eine Kuh zu sein, dann wäre es eine Loslösung vom "Determinismus" der natürlichen Lebensbedürfnisse. Hält man es auch noch für Freiheit, sich von den natürlichen Lebensbedürfnissen lossagen zu können, so ist dies identisch mit der Freiheit des Irrenhäuslers.

Deswegen hat der Begriff Freiheit die in einem gewissen Rahmen determinierenden Lebensbedürfnisse zur Voraussetzung. Fehlen diese Determinanten, so sprechen wir nicht von Freiheit (- im Sinne von Zielerreichung! -), sondern von beliebigen, aber völlig bedeutungs- und sinnlosen Spielräumen.

Hm, naja, unser Dissens ist nicht so furchtbar groß, ich stimme im Wesentlichen zu, aber so ganz richtig gefällt mir das auch nicht. Besonders nicht das fett markierte.

Grundlegende Bedürfnisse sind ein Teil von mir, das ist richtig und ich will diese ja gar nicht loswerden und genau deswegen können sie keine Freiheitsbeschränkung bedeuten. Sie sind ein notwendiger Bestandteil von dem, was mich ausmacht.

Aber so, wie Du es darstellst, kommt es für mich ein bisschen so rüber, als ob alles schon festgelegt sei, so, als ob die Bedürfnisse alles weitere bestimmen würden (mag aber sein, dass ich das missinterpretiere). Und das meine ich eben nicht, ich denke, jeder Mensch mit Entscheidungsfreiheit hat aufgrund seiner Reflexionsmöglichkeiten die Fähigkeit, seinen Weg und auch seine Ziele zu bestimmen / zu ändern. Die Bedürfnisse / die Lebensumstände / die eigene Geschichte sind dabei lediglich der Rahmen, der aber eben nicht alles vorherbestimmt / auf eine einzige Art festlegt.


Es gibt das Bedürfnis, sich zu ernähren. Das ist an sich fix, etwa der Bedarf nach Eiweiß.

Wie man dieses Bedürfnis deckt, ist nicht festgelegt. auch der persönliche Geschmack lässt verschiedene Möglichkeiten offen und selbst ein Mahl, welches nicht den Vorlieben entspricht, deckt u.U. den Bedarf an Nährstoffen vollständig.

Entscheidend ist auch hier, dass mindestens eine realistische Möglichkeit besteht, seinen Hunger zu stillen. Gibt es sozusagen mal angenommen, 3 in jeder Hinsicht gleichwertige aber nicht gleiche, reale Möglichkeiten sein Bedürfnis nach Nahrung zu stillen, so könnte die Auswahl zufällig sein. Die würde die Freiheit als solche zumindest subjektiv erweitern. Objektiv wäre es das selbe: Das Individuum ernährt sich hinreichend und hat die Freiheit dazu.

Die zusätzliche Wahlfreiheit innerhalb der Wahlfreiheit ist überflüssig, um Freiheit als solche zu diagnostizieren.

Skeptiker

#1242:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 12:37
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Woraus logischerweise folgt: Inkompatibilisten haben keine plausible Definition von Freiheit. Sie können "Freiheit" und das, was sie darunter verstehen, überhaupt nicht konsistent darlegen.

Nur daß die Art von "Freiheit", die der Inkompatibilist meint, nach meiner Ansicht nicht der Fall ist, bedeutet noch nicht, daß ich "Freiheit" nicht definieren kann. Denn ich könnte einerseits Freiheit im Sinne mehrerer physikalisch möglicher Zukünfte des Gesamtsystems in einer Bewertungssituation definieren. Das wäre plausibel, aber mE eben physikalisch nicht der Fall.

Das finde ich überhaupt nicht plausibel. Mehrere physikalische Zukünfte stellen noch keine Freiheit dar, es ist mAn wesentlich und notwendig, dass ich bestimmen kann, welche Entscheidung ich treffe. Und wenn mir das möglich ist, dann ist es mAn völlig unnötig, dass es daneben noch mehrere andere zusätzliche Zukünfte geben kann, es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.


Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.


Also, wenn ich auf einem dünnen, schwankenden Seil zwischen zwei Hochhäusern ballanciere und alle Schritte links und rechts vom Seil ausschließe, so dass nur die eine Schrittrichtung übrig bleibt, dann ist die Diskussion der untenstehenden Zuschauer über die Freiheit des Artisten ausgeschlossen.

Und lauthals fordern sie den Ballancierer auf, doch einmal so richtig frei zu sein und nicht immer nur eine einzige Möglichkeit zu wählen ...-

Skeptiker


Darauf könnte man auf Verschiedene Arten antworten. Wenn es der Wunsch des Hochseilartisten wäre, in diesem Moment einen Suizid zu begehen, aber wir seine real werdende Zukunft kennen würden, so daß die Realisierung seines Wunsches ausgeschlossen ist, dann könnte man zu recht von Unfreiheit sprechen, denke ich. Diese Aussage beinhaltet übrigens kein Urteil über den Vorgang selber.


Ja gut, das wäre eine andere Interpretation; man könnte auch an so etwas wie Patientenverfügung denken.

Mein Argument war nur, dass durch den Ausschluss von (sinnlosen) Optionen, also die Verringerung der Wahlvielfalt, die Freiheit zu seinem Ziel zu gelangen, erhöht werden kann.

Intuitiv meint man aber, dass Freiheit immer mit mehr Wahlmöglichkeiten zu tun haben muss. Dabei wird m.E. übersehen, dass es schon darum geht, welchen Inhalt die verschiedenen Optionen in Bezug zu den Wünschen und Zielen haben.

Wahlfreiheit an sich hat keinen Wert, sondern Wert haben nur solche Optionen, die auch den Bedürfnissen entsprechen.

Skeptiker

#1243: Determinismus oder autoritäre gesellschaftliche Kontrolle? Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 13:03
    —
Aber an sich steckt hinter dem ganzen Determinismus-Geplärre von step die heimliche Fantasie der Determination und autoritären Kontrolle des Individuums bzw. seines Denkens und Entscheidens durch die herrschende Gesellschaft. Das wird durch seinen Physikalismus nur verdeckt. Beleg gefällig? voilà:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1283160#1283160

Skeptiker

#1244:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 13:42
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... es muss nur diejenige Zukunft möglich sein können, die ich auswähle.
Wenn aber nur die eine Zukunft möglich ist, die ich auswähle, wozwischen wähle ich dann?
Du wählst zwischen den von Dir simulierten Zukünften.

Genau! Die "Wahlfreiheit" liegt also sozusagen im (determinierten) Vergleich vorgestellter Zukünfte mit (determinierten) Präferenzen, und die "Handlungsfreiheit" darin, daß der Verlauf nach der Entscheidung hinreichend realistisch eingeschätzt wird.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es kommt mir aber darauf an, wie die Präferenz entstanden ist. Denn darauf muss man, falls man von "Entscheidungsfreiheit" sprechen will, einen Einfluss haben können. Das kehrst Du mit Deiner Bezeichnung hier einfach unter den Teppich, das erscheint Dir wohl irgendwie unwesentlich, das ist es aber mAn ganz und gar nicht.

Ich habe versucht Beispiele zu nennen, in denen Präferenzen intuitiv als "selbstbestimmt" empfunden werden, obwohl sie es eigentlich nicht sind. Etwa geschmackliche Präferenzen oder moralische Bewertungen.

Natürlich gibt es graduelle Unterschiede, ob die Präferenz eher direkt von außen konditioniert wurde, ob sie über viele Jahrtausende biologisch oder kulturell evolvierte oder ob sie durch jahrelanges Rationalisieren und Umherwälzen in der persönlichen Abwägung geprägt ist. Du ziehst da halt eine prinzipielle Grenze, weil Du gewissermaßen die "Person" als autonomes soziales Atom ansiehst. Das macht es einfacher in der Zuweisung von Verantwortung, kehrt aber andererseits wiederum die deterministischen Prägungsaspekte unter den Teppich.

Ich finde Deinen Ansatz wie gesagt durchaus konsistent, solange man sich der Mechanismen hinter der Entsheidungsfindung bewußt ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
So habe ich etwa als Atheist auch keine plausible Definition für "(übernatürlicher) Gott".
Wenn man keine Definition von "Freiheit" vertritt, dem Begriff also keine Bedeutung zuordnen kann, dann kann man darüber auch nichts aussagen. Das Gleiche gilt für "Gott".
Richtig, und gerade deswegen ist es mir wichtig, daß "Willensfreiheit" seine unplausible, intuitive, metaphysische "Bedeutung" verliert und genau gesagt und verstanden wird, was damit gemeint ist und was nicht.
Mir ist es auch recht, wenn wir es "Entscheidungsfreiheit" nennen.

Wie wäre es mit "Entscheidungsfähigkeit"?

#1245:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 14:22
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.

Dann haben wir dabei eben auch einen Dissens. Ich bin meiner Auffassung nach genau dann frei, wenn ich die (meine) Zukunft bestimmen kann (Entscheidungsfreiheit) und so handeln kann, dass die von mir gewünschte Zukunft eintritt (Handlungsfreiheit).

Warum sollte es daneben noch zusätzliche mögliche Zukünfte geben sollen? Warum wäre nur dann meine (Entscheidungs- und Handlungs-) Freiheit gewährleistet?

Das behaupte ich mit meiner Formulierung nicht. Meine Formulierung ist eigentlich ein Versuch, den definitorischen Streit um den Begriff Freiheit aus der Determinismus vs. Indeterminismus - Diskussion rauszunehmen, indem ein eindeutiges Ausschlusskriterium für Freiheit vorgeschlagen wird.

Das verstehe ich noch nicht. Was ist denn Dein eindeutiges Ausschlusskriterium für Freiheit?[...]

Ich verstehe die Frage nicht, weil ich dachte, das (gefettete) Kriterium sei eindeutig.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Es kann nur eine Zukunft für uns geben. Und, ja, dabei ist es vollkommen unerheblich, ob der Determinismus oder (teilweiser) Indeterminismus wahr ist. Das gilt für beide Ansichten gleichermaßen. Und weil das so ist, wird die Frage nach mehreren Zukünften automatisch unerheblich.

Ich verstehe den Einwand nicht, weil meine Formulierung gar nichts über die (Un)Möglichkeit multipler Zukunften aussagt. Ich muss nämlich erhlich zugeben, daß mich das Nachdenken über Forken- und Dosenmodelle bisschen meschugge gemacht hat. Ich bleibe doch mit meiner Formulierung ganz in der Gegenwart. Wir haben unterschiedliche Modelle der Zukunft. Das ist keine Metaphysik oder so. Ich sage, dann, wenn ein Prinzip die Realisierung mindestens aller (konkreten) Zukunften bis auf eine ausschließt, dann ist derjenige, der noch nicht weiss, welche der unterschiedlichen Modelle der Zukunft er realisieren will, unfrei. Jegliche Arten von Freiheitsgraden wären danach ausgeschlossen. Es sei denn, jemand hält das Fügen in ein vorgegebenes Schicksal für ausreichend, um darin sowas wie Freiheit zu sehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

zelig hat folgendes geschrieben:
Daß wir unterschiedliche Modelle von der Zukunft haben, ist ja nun mal Fakt. Wenn man die Realisierung aller Modelle (bis auf eines) ausschließen kann, wird Die Zukunft eines Menschen voraussagbar, auch für Dritte. Und zwingend.

Aber nein, so ist das nicht, das hatten wir doch auch schon. Ich kann meine Zukunft prinzipiell nicht selber kennen.

Ein Dritter könnte sie eventuell kennen. Aber das ist unwesentlich, bzw. wüsste ich nicht, wieso das meiner Entscheidungsfreiheit widersprechen würde.


Ich kann darin keinen Einwand gegen die Formulierung erkennen. Vielleicht bin ich auch ein bisschen doof. Aber dennoch möchte ich zu dem Punkt sagen, daß es mir die Rolle, die die Kommunikation in dieser Frage spielt, Rätsel aufgibt. Das scheint mir irgendwie wichtig zu sein, ob die Zukunft mitgeteilt wird. Und wenn sie mitgeteilt wird, und danach doch unausweichlich wäre, dann wäre das für mich ein sicheres Kriterium für die Abwesenheit von Freiheit. Ich bin ja, wie Du auch, glaube ich, der Meinung, daß diese Möglichkeit nicht existiert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

zelig hat folgendes geschrieben:
Diese Definition scheint mir die Frage nach "Möglichkeit", oder nach der Realisierbarkeit der Zukunft selber zu umgehen. Wer mit dieser Definition einverstanden wäre, stünde in der Pflicht zu erklären, warum die Realisierung aller bis auf eine Zukunft ausgeschlossen ist, so er denn Determinist ist.

Ich bin kein Determinist, ich bin Agnostiker bezüglich dieser (philosophischen und mAn letztlich nicht beantwortbaren) Frage. Aber dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass es nur eine einzige Zukunft für mich geben wird.[...]

Ja, ich glaube, ich kann deinen Standpuinkt ungefähr einordnen. Ich kann nur nochmal sagen, daß ich gar nicht auf die Frage eingehe, ob es mehrere oder nur eine Zukunft gibt. Das verwirrt mich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Für mich lauten die Fragen also lediglich: kann ich meine Ziele und Auffassungen überdenken und revidieren? Habe ich die Fähigkeit, meine Lebensumstände zu erkennen und zu bewerten? Kann ich Einschränkungen, Begrenzungen, Gegebenheiten erkennen und mich damit beschäftigen und diese bei meinen Entscheidungen berücksichtigen? Kann ich meine gefassten Entscheidungen in die Tat umsetzen?


OK, ich glaube, das verstehe ich. Aber mein Einwand dagegen ist, daß dies eine lebensweltliche Freiheit zulässt, die real gar nicht existiert. Aber die Evidenz der lebensweltlichen Freiheit bestreitet hier glaube ich sowieso niemand. Auch step nicht, wenn ich das richtig sehe.
Mich interessiert aber die Frage, ob ich zu dem Zeitpunkt, an dem ich mich noch nicht für die Realisierung eines von verschiedenen Modellen entschieden habe, prinzipiell die Entscheidung noch offen ist. Wenn ich mich nicht entscheiden kann, ob ich lieber Marie oder Luise heiraten will, und jemand könnte mir sagen, daß er weiss (also nicht "vermutet" oder "ahnt"), ich werde mich für Luise entscheiden, dann würde ich Freiheit in dieser Angelegenheit ausschließen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Jedoch die Frage: könnte ich denn ebenso das tun, wofür ich mich letztlich nicht entscheide? kommt mir bei der Frage nach meiner Freiheit vollkommen unwesentlich vor.

Wäre das für Dich immer noch unwesentlich, wenn Dir jemand sagen könnte, wofür Du Dich nicht entscheiden wirst?

#1246:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 14:25
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... kommst Du dann nicht in die unbequeme Lage (als Atheist), dass es irgendwann eine "Urkausalität" gibt die man als (natürlichen oder übernatürlichen) Gott bezeichnen kann ?

Nein, in diese Lage käme man nur mit der Annahme, daß Zeitordnung, Kausalität usw. absolute Prinzipien sind, die auch für exotische Verhältnisse und für die Welt als Ganzes gelten. Auf dieser falschen (oder zumindest unbelegten) Annahme basieren viele intuitive Philosophien, etwa der primum-movens Gedanke oder der Schöpferkult.
Am Kopf kratzen Das musst Du mir schon genauer erklären ! Du sagst also, dass Zeitordnung, Kausalität usw. keine absoluten Prinzipien sind ? Wie kannst Du dann an einen absoluten Determinismus glauben ? Was sind nach Dir die Ausnahmen absoluter Zeitordnung, Kausalität usw. ?

#1247: Re: Erkenntnis mindestens einer zielführenden Möglichkeit Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 14:45
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wille und Ziele sind gegeben, wobei Ziele im Plural stehen.
Meinst Du tatsächlich, dass bezüglich Wille und Ziele keine Freiheit existiert, nur für den Weg, diese zu erreichen ? Es gibt ja Leute, die behaupten, dass alles, was von Menschen getan wird, rein durch den Fortpflanzungstrieb motiviert ist (z.B. Ideen à la "Das egoistische Gen"). Erfolg im Beruf wird nur angestrebt um dem anderen Geschlecht zu gefallen und dadurch die Chancen zu erhöhen, Kinder zu zeugen etc. Ist so was Dein Hintergedanke ?

#1248: Re: Erkenntnis mindestens einer zielführenden Möglichkeit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 15:26
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wille und Ziele sind gegeben, wobei Ziele im Plural stehen.
Meinst Du tatsächlich, dass bezüglich Wille und Ziele keine Freiheit existiert, nur für den Weg, diese zu erreichen ? Es gibt ja Leute, die behaupten, dass alles, was von Menschen getan wird, rein durch den Fortpflanzungstrieb motiviert ist (z.B. Ideen à la "Das egoistische Gen"). Erfolg im Beruf wird nur angestrebt um dem anderen Geschlecht zu gefallen und dadurch die Chancen zu erhöhen, Kinder zu zeugen etc. Ist so was Dein Hintergedanke ?


Ich meine, dass der Mensch lebende Materie ist, die nur dadurch im materiellen Stoffwechsel mit der Welt leben kann, indem lebenswichtige Bedürfnisse regelmäßig befriedigt werden. Dabei kann man auch an die Bedürfnispyramide von Maslow denken. Und diesen inhärenten Bedürfnissen entsprechen bestimmte Triebe, Wünsche und Bestrebungen auf der einen Seite und bestimmte Spektren von Zielkonstallationen auf der anderen Seite. Das ist ja beim Insekt nicht anders, nur dass dieses eher automatisch agiert und reagiert und höhere Lebewesen wie der Mensch der Erkenntnis verschiedener möglicher Zielkonstallationen und der Mittel dorthin fähig ist und so seine Aktionen und Reaktionen doch planmäßiger, systematischer durchführen kann bis zur Entwicklung völlig neuer Strategien, welche die Freiheitsgrade immer weiter erhöhen können.

Sind die Bedürfnisse und Triebe des Menschen unabänderlich? Ich nannte eine theoretische Möglichkeit, auch die menschlichen Bedürfnisse zu ändern: Durch die Umgestaltung des eigenen Körpers. aber das ist science fiction ...-

Skeptiker

#1249:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 17:49
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Mein Argument war nur, dass durch den Ausschluss von (sinnlosen) Optionen, also die Verringerung der Wahlvielfalt, die Freiheit zu seinem Ziel zu gelangen, erhöht werden kann.

Intuitiv meint man aber, dass Freiheit immer mit mehr Wahlmöglichkeiten zu tun haben muss.


Mein Freiheitsbegriff im Kontext dieser Diskussion ist unabhängig von der Anzahl der Alternativen. Die Anzahl der Alternativen spielt überhaupt keine Rolle für die Frage, ob Freiheit existiert.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dabei wird m.E. übersehen, dass es schon darum geht, welchen Inhalt die verschiedenen Optionen in Bezug zu den Wünschen und Zielen haben.


Im Kontext dieser Diskussion spielt diese Frage meines Erachtens keine Rolle.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Wahlfreiheit an sich hat keinen Wert, sondern Wert haben nur solche Optionen, die auch den Bedürfnissen entsprechen.

Skeptiker


Das finde ich sogar ein bisschen gefährlich. Wenn wir eine Instanz befürworten würden, die autorisiert wäre, den Wert einer Entscheidung abzuwägen, ggfs gegen den Willen des Betroffenen, dann hätte das eher einen freiheitsbeschränkenden Charakter. In autoritären Gesellschaften werden repressive Verhältnisse ja auch gerne so begründet. Das muss ich leider ablehnen. Allerdings berührt das nicht die Auseinandersetzung um den Freiheitsbegriff in der Diskussion über den Determinismus.

#1250:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 19:12
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... kommst Du dann nicht in die unbequeme Lage (als Atheist), dass es irgendwann eine "Urkausalität" gibt die man als (natürlichen oder übernatürlichen) Gott bezeichnen kann ?

Nein, in diese Lage käme man nur mit der Annahme, daß Zeitordnung, Kausalität usw. absolute Prinzipien sind, die auch für exotische Verhältnisse und für die Welt als Ganzes gelten. Auf dieser falschen (oder zumindest unbelegten) Annahme basieren viele intuitive Philosophien, etwa der primum-movens Gedanke oder der Schöpferkult.
Am Kopf kratzen Das musst Du mir schon genauer erklären ! Du sagst also, dass Zeitordnung, Kausalität usw. keine absoluten Prinzipien sind ?

Genau. Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Wie kannst Du dann an einen absoluten Determinismus glauben ?

Unsere mesokosmische Welt ist - empirisch gut bestätigt - komplett determiniert (je nach Interpretation mit etwas absolutem Zufall). Über die Verhältnisse in Schwarzen Löchern, Urknällen, anderen Universen usw. kann und muß ich idZ keine AUssage machen.

#1251:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 21:09
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich bleibe doch mit meiner Formulierung ganz in der Gegenwart. Wir haben unterschiedliche Modelle der Zukunft. Das ist keine Metaphysik oder so. Ich sage, dann, wenn ein Prinzip die Realisierung mindestens aller (konkreten) Zukunften bis auf eine ausschließt, dann ist derjenige, der noch nicht weiss, welche der unterschiedlichen Modelle der Zukunft er realisieren will, unfrei. Jegliche Arten von Freiheitsgraden wären danach ausgeschlossen. Es sei denn, jemand hält das Fügen in ein vorgegebenes Schicksal für ausreichend, um darin sowas wie Freiheit zu sehen.

Es ist richtig, dass mein Modell der Zukunft nur die Realisierung einer bestimmten Zukunft zulässt, nämlich die, die sich ereignen wird. Es gibt in meinem Modell keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft: so wie es nur eine Vergangenheit gibt, wird es auch nur eine Zukunft geben. Wenn man von "Gegenwart" redet, dann wird damit ein Standpunkt bezogen auf ein Subjekt gemeint, also zwingend ein subjektiver Standpunkt.

Der subjektive Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft ist nun, dass die Zukunft von mir beeinflusst werden kann, die Vergangenheit kann jedoch jetzt nicht mehr (also im Nachhinein) von mir beeinflusst werden.

Mir ist nur nicht klar, wieso und inwiefern dieses Modell (zu dem ich noch nicht einmal eine Alternative denken kann) Deiner Ansicht nach Freiheit ausschließen sollte. Nach meiner Auffassung bin ich nämlich genau dann (mehr oder weniger) frei, wenn ich die Zukunft (mehr oder weniger) bestimmen kann.

Dass es nur eine Zukunft geben wird, ist keineswegs gleichbedeutend mit "Schicksal". Schicksal ist nach meiner Auffassung etwas nur dann, wenn es mir zustößt ohne dass ich die Möglichkeit habe, es zu beeinflussen / zu steuern.

zelig hat folgendes geschrieben:
Das scheint mir irgendwie wichtig zu sein, ob die Zukunft mitgeteilt wird. Und wenn sie mitgeteilt wird, und danach doch unausweichlich wäre, dann wäre das für mich ein sicheres Kriterium für die Abwesenheit von Freiheit. Ich bin ja, wie Du auch, glaube ich, der Meinung, daß diese Möglichkeit nicht existiert.

Ja, das wäre Abwesenheit von Freiheit und, ja, diese Möglichkeit existiert mAn nicht.

zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für mich lauten die Fragen also lediglich: kann ich meine Ziele und Auffassungen überdenken und revidieren? Habe ich die Fähigkeit, meine Lebensumstände zu erkennen und zu bewerten? Kann ich Einschränkungen, Begrenzungen, Gegebenheiten erkennen und mich damit beschäftigen und diese bei meinen Entscheidungen berücksichtigen? Kann ich meine gefassten Entscheidungen in die Tat umsetzen?

OK, ich glaube, das verstehe ich. Aber mein Einwand dagegen ist, daß dies eine lebensweltliche Freiheit zulässt, die real gar nicht existiert. Aber die Evidenz der lebensweltlichen Freiheit bestreitet hier glaube ich sowieso niemand. Auch step nicht, wenn ich das richtig sehe.

Das verwirrt mich jetzt ziemlich. Niemand bestreitet etwas, was aber "real nicht existiert"? Was meinst Du mit Letzterem?

zelig hat folgendes geschrieben:
Mich interessiert aber die Frage, ob ich zu dem Zeitpunkt, an dem ich mich noch nicht für die Realisierung eines von verschiedenen Modellen entschieden habe, prinzipiell die Entscheidung noch offen ist. Wenn ich mich nicht entscheiden kann, ob ich lieber Marie oder Luise heiraten will, und jemand könnte mir sagen, daß er weiss (also nicht "vermutet" oder "ahnt"), ich werde mich für Luise entscheiden, dann würde ich Freiheit in dieser Angelegenheit ausschließen.

Niemand kann Dir mit Sicherheit sagen, was Du tun wirst, auch in einer total determinierten Welt nicht. Falls das gleichbedeutend mit "prinzipiell offen" ist, dann ist die Zukunft offen. Falls "prinzipiell offen" etwas anderes bedeutet, dann verstehe ich nicht, was.

zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jedoch die Frage: könnte ich denn ebenso das tun, wofür ich mich letztlich nicht entscheide? kommt mir bei der Frage nach meiner Freiheit vollkommen unwesentlich vor.

Wäre das für Dich immer noch unwesentlich, wenn Dir jemand sagen könnte, wofür Du Dich nicht entscheiden wirst?

Auch das kann mir niemand sagen. Prinzipiell nicht. Und es wenn mir jemand doch sagen könnte, dann wäre ich unfrei.

Ich hoffe, wir reden nicht zu sehr aneinander vorbei. Aber ehrlich gesagt habe ich Deinen Standpunkt noch nicht so richtig verstanden.

#1252:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 09.07.2009, 22:50
    —
step hat folgendes geschrieben:
Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.
Beispiele, bitte !
step hat folgendes geschrieben:
Unsere mesokosmische Welt ist - empirisch gut bestätigt - komplett determiniert (je nach Interpretation mit etwas absolutem Zufall). Über die Verhältnisse in Schwarzen Löchern, Urknällen, anderen Universen usw. kann und muß ich idZ keine AUssage machen.
Du hüpfst da zwischen Ebenen umher. Beim "Gottesbeweis" nimmst Du die akausale Mikroebene, auch wenn es eher die Meso- oder Makroebene betrifft, und beim Determinismus lässt Du nur die Mesoebene zu...

#1253:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 07:14
    —
step hat folgendes geschrieben:
Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.

Alles, was Du erkennst, war schon vor Deiner Erkenntnis da. Auch Deine Eltern waren vor Dir da.

Gruß von Leila*

#1254:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 11:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wie wäre es mit "Entscheidungsfähigkeit"?


Wie wäre es mit "Zielerreichungsfreiheit"? Winken

Skeptiker

#1255:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 13:04
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.
Alles, was Du erkennst, war schon vor Deiner Erkenntnis da. Auch Deine Eltern waren vor Dir da.

- Gegenbeispiel: Ich berechne (und erkenne), wann die nächste Sonnenfinsternis stattfindet.

- Im Fall meiner Eltern und dergleichen haben wir tatsächlich klassische Kausalität (mit entsprechender Zeitordnung). Das heißt aber nicht, daß dies auch in exotischeren Situationen der Fall sein muß. Diese Frage ist derzeit noch offen. Und diese Offenheit reicht aus, um Patas Argument zu entkräften, ich müsse an eine Urkausalität glauben.

#1256:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 13:13
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.
Beispiele, bitte !

Die Topologie der Raumzeit, bestimmte mikroskopische Vorgänge in der Nähe des Urknalls, Verhältnisse in Schwarzen Löchern großer Masse ...

PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Unsere mesokosmische Welt ist - empirisch gut bestätigt - komplett determiniert (je nach Interpretation mit etwas absolutem Zufall). Über die Verhältnisse in Schwarzen Löchern, Urknällen, anderen Universen usw. kann und muß ich idZ keine AUssage machen.
Du hüpfst da zwischen Ebenen umher. Beim "Gottesbeweis" nimmst Du die akausale Mikroebene, ...

Das scheint Dir nur so, weil Deine Fragen bzw. Behauptungen hin- und herhüpfen. Wenn jemand behauptest, Gott greife heute in unsere Welt ein, nehme ich als Gegenbeweis die besten Theorien für unseren Alltag (Quantenphysik). Wenn Du behauptest, ich müsse an einen Urverursacher glauben, reicht das nicht mal aus, sondern ich muß tatsächlich mit der Begrenzung der Kausalität argumentieren.

PataPata hat folgendes geschrieben:
... und beim Determinismus lässt Du nur die Mesoebene zu.

Stimmt nicht, das gilt nur beim klassischen Determinismus. Beim Argumentieren gegen die KI und vor allem gegen einen wesentlichen Einfluss der QM auf Entscheidungen muß ich quantenphysikalisch argumentieren.

#1257:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 14:01
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.
Beispiele, bitte !
Die Topologie der Raumzeit, bestimmte mikroskopische Vorgänge in der Nähe des Urknalls, Verhältnisse in Schwarzen Löchern großer Masse ...
Könntest Du diese Beispiele näher erläutern, bitte ! Besonders in Bezug auf die Ungültigkeit eines Urverursachers.
PataPata hat folgendes geschrieben:
Du hüpfst da zwischen Ebenen umher. Beim "Gottesbeweis" nimmst Du die akausale Mikroebene, ...
step hat folgendes geschrieben:
Das scheint Dir nur so, weil Deine Fragen bzw. Behauptungen hin- und herhüpfen. Wenn jemand behauptet, Gott greife heute in unsere Welt ein, nehme ich als Gegenbeweis die besten Theorien für unseren Alltag (Quantenphysik). Wenn Du behauptest, ich müsse an einen Urverursacher glauben, reicht das nicht mal aus, sondern ich muß tatsächlich mit der Begrenzung der Kausalität argumentieren.
Simmt nicht, ich habe Dir nur eine einzige Frage gestellt, jene nach dem Urverursacher. Ich hüpfe nicht, ich bleibe bei dieser Frage. (Falls ich dann Zusatzfragen habe, kommt es daher, weil Du umherhüpfst und ich den Zusammenhang nicht mehr verstehe.)

Das Argument der begrenzten Kausalität ist aber sehr fadenscheinig, besonders dass Du darauf beharrst, dass die Welt determiniert ist. Wenn sie determiniert ist, dann ist die Kausalität unbeschränkt. Wenn es dann Spezialfälle gibt, wo die zeitlich geordnete Kausalität nicht mehr gilt, dann muss der absolute Determinismus aufgehoben sein.
PataPata hat folgendes geschrieben:
... und beim Determinismus lässt Du nur die Mesoebene zu.
step hat folgendes geschrieben:
Stimmt nicht, das gilt nur beim klassischen Determinismus. Beim Argumentieren gegen die KI und vor allem gegen einen wesentlichen Einfluss der QM auf Entscheidungen muß ich quantenphysikalisch argumentieren.
Was ist bei Dir KI ? Zur Auswahl: KI. (QM ist Quantenmechanik, das weiss ich.)

#1258:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 14:54
    —
step hat folgendes geschrieben:
Gegenbeispiel: Ich berechne (und erkenne), wann die nächste Sonnenfinsternis stattfindet.

Das ist kein Gegenbeispiel. Deine Berechnung geht dem Resultat voraus, ist demnach Spekulation. Du mußt die nächste Sonnenfinsternis abwarten.

Gruß von Leila*

#1259:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 15:02
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Gegenbeispiel: Ich berechne (und erkenne), wann die nächste Sonnenfinsternis stattfindet.

Das ist kein Gegenbeispiel. Deine Berechnung geht dem Resultat voraus, ist demnach Spekulation. Du mußt die nächste Sonnenfinsternis abwarten.

Gruß von Leila*


Das tatsächliche Ereignis bestätigt die bereits vorhandene und zutreffende Erkenntnis in diesem Fall lediglich.

#1260:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 15:15
    —
Noseman hat folgendes geschrieben:
Das tatsächliche Ereignis bestätigt die bereits vorhandene und zutreffende Erkenntnis in diesem Fall lediglich.


Das stimmt nicht. Die Erkenntnis folgt dem vorausberechneten Ereignis. Erst nach dem Ereignis kann man sagen, ob die Berechnung falsch oder richtig war. Die Erkenntnis hinkt allem hinterher.

Gruß von Leila*

#1261:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 15:23
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
Das tatsächliche Ereignis bestätigt die bereits vorhandene und zutreffende Erkenntnis in diesem Fall lediglich.


Das stimmt nicht. Die Erkenntnis folgt dem vorausberechneten Ereignis. Erst nach dem Ereignis kann man sagen, ob die Berechnung falsch oder richtig war. Die Erkenntnis hinkt allem hinterher.

Gruß von Leila*



Und wieso meinst Du das zu wissen?

Man kann natürlich, Fallibilismus oder Sokrates anerkennend, nicht wirklich behaupten, etwas wirklich zu wissen. Aber dass ich von der Kassiererin einen Cent wiederkriege, wenn ich was für 99 Cent kaufe und einen Euro hingebe "weiss" ich schon im voraus.

"Meine" Berechnung ist da ziemlich sicher richtig, fraglich ist lediglich, ob es auch die der Kassiererin bzw. ihrer Kasse ebenfalls sein wird. Ist aber auhc noch nie passiert, und wenn wäre es eben wie gesagt nicht meiner mangelhaften Erkenntnis darüber, was unsere Währung angeht, sondern anderen Ereignissen geschuldet..

#1262:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 15:47
    —
An Noseman:

Nicht umsonst setztest Du das Wörtchen „weiß“ zwischen Anführungszeichen. Ein Mathematiker (ich weiß nicht mehr welcher) meinte, daß jede Berechnung eine Wahrscheinlichkeitsrechnung sei.

Im Zusammenhang mit der von vielen behaupteten Willensfreiheit sage ich, daß die Ohnmacht ihr am besten widerspricht.

Gruß von Leila*

#1263:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 15:50
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
An Noseman:

Nicht umsonst setztest Du das Wörtchen „weiß“ zwischen Anführungszeichen. Ein Mathematiker (ich weiß nicht mehr welcher) meinte, daß jede Berechnung eine Wahrscheinlichkeitsrechnung sei.

Im Zusammenhang mit der von vielen behaupteten Willensfreiheit sage ich, daß die Ohnmacht ihr am besten widerspricht.

Gruß von Leila*


Nun ja. So betrachtet gibt es dann aber überhaupt keine Erkenntnis, auch keine, die "hinterherhinkt".

#1264:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 16:10
    —
Noseman hat folgendes geschrieben:
Nun ja. So betrachtet gibt es dann aber überhaupt keine Erkenntnis, auch keine, die "hinterherhinkt".

Das dem Menschen eigene Abstraktionsvermögen ermöglicht ihm die Idealisierung. In Wirklichkeit ist der Schnitt‚punkt‘ zweier Geraden immer eine Fläche, da die Geraden zwei Ausdehnungen haben. Dennoch können wir uns einen idealen Schnittpunkt vorstellen: theoretisch, von der Wirklichkeit abgesehen. Dieses Vorstellungsvermögen selbst ist aber Wirklichkeit.

Gruß von Leila*

#1265:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 16:17
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
Nun ja. So betrachtet gibt es dann aber überhaupt keine Erkenntnis, auch keine, die "hinterherhinkt".

Das dem Menschen eigene Abstraktionsvermögen ermöglicht ihm die Idealisierung. In Wirklichkeit ist der Schnitt‚punkt‘ zweier Geraden immer eine Fläche, da die Geraden zwei Ausdehnungen haben. Dennoch können wir uns einen idealen Schnittpunkt vorstellen: theoretisch, von der Wirklichkeit abgesehen. Dieses Vorstellungsvermögen selbst ist aber Wirklichkeit.

Gruß von Leila*


Nicht schlecht. Die Mathematiker und Philosophen dieses Forums werden (wahrscheinlich zu Recht) daran einiges bekritteln zu haben, aber mir gefällt es, vor allem wie Du es sagst (davon könnten sich nämlich besagte potentielle Kritiker mal eine Scheibe abschneiden Mit den Augen rollen ).

#1266:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 18:13
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Gegenbeispiel: Ich berechne (und erkenne), wann die nächste Sonnenfinsternis stattfindet.
Das ist kein Gegenbeispiel. Deine Berechnung geht dem Resultat voraus, ist demnach Spekulation. Du mußt die nächste Sonnenfinsternis abwarten.

Da protestiere ich.

- Absolutes Wissen gibt es überhaupt nicht, auch nicht "nachher".
- Durch die empirisch bestätigte Voraussagequalität guter Theorien ist es hinreichend legitimiert, sie als "Wissen" oder "Erkenntnis" zu bezeichnen.

Würdest Du wirklich ernsthaft bezweifeln, daß es sich bei meiner Vorausberechnung der Sonnenfinsternis (und der hinreichend genauen Gültigkeit der Naturgesetze) um Wissen handelt, so würdest Du dagegen wetten.

#1267:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 18:49
    —
step hat folgendes geschrieben:
Da protestiere ich.

Das macht unser Gespräch spannend!

hat folgendes geschrieben:
Absolutes Wissen gibt es überhaupt nicht, auch nicht „nachher“.

Zustimmung! Alles Wissen ist bedingt, durch was auch immer.

hat folgendes geschrieben:
Durch die empirisch bestätigte Voraussagequalität guter Theorien ist es hinreichend legitimiert, sie als „Wissen“ oder „Erkenntnis“ zu bezeichnen.

Ich vermute, Du verwechselst Wissenschaft mit Wahrsagerei und Hellseherei. Wäre die „hinreichende Legitimation“ in bezug auf Vorhaben gegeben, dann wären die Weltraumerkundungen keinen Risiken unterworfen. Der Mensch wäre in seinem Handeln unfehlbar. Nun gibt es aber „Materialschwächen“ ebenso wie Denkfehler.

hat folgendes geschrieben:
Würdest Du wirklich ernsthaft bezweifeln, daß es sich bei meiner Vorausberechnung der Sonnenfinsternis (und der hinreichend genauen Gültigkeit der Naturgesetze) um Wissen handelt, so würdest Du dagegen wetten.

Darauf wette ich, indem ich meinen intellektuelle Ruf aufs Spiel setze. Sämtliche Naturgesetze sind veränderlich und haben keine immerwährende Gültigkeit. Ein Beispiel: Irgendwann, behauptet man, verlöscht die Sonne.

Gruß von Leila

#1268:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 19:49
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:

Darauf wette ich, indem ich meinen intellektuelle Ruf aufs Spiel setze. Sämtliche Naturgesetze sind veränderlich und haben keine immerwährende Gültigkeit. Ein Beispiel: Irgendwann, behauptet man, verlöscht die Sonne.

Gruß von Leila

Welches Naturgesetz ändert sich dadurch?

#1269:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 20:03
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Welches Naturgesetz ändert sich dadurch?

Die vier Jahreszeiten auf der Erde zum Beispiel. Man denke sich die Sonne weg: dann kann man sich die Denkenden auch gleich wegdenken.

Gruß von Leila*

#1270:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 20:15
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Durch die empirisch bestätigte Voraussagequalität guter Theorien ist es hinreichend legitimiert, sie als „Wissen“ oder „Erkenntnis“ zu bezeichnen.
Ich vermute, Du verwechselst Wissenschaft mit Wahrsagerei und Hellseherei.

Ich rede von überprüfbaren Voraussagen.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Wäre die „hinreichende Legitimation“ in bezug auf Vorhaben gegeben, dann wären die Weltraumerkundungen keinen Risiken unterworfen. Der Mensch wäre in seinem Handeln unfehlbar. Nun gibt es aber „Materialschwächen“ ebenso wie Denkfehler.

Klar, unter komplexen Randbedingungen können Voraussagen schlecht sein. Ist hier aber irrelevant. Ich hätte gerne dargelegt, was konkret Dich an meiner Voraussage der Sonnenfinsternis zweifeln läßt.

El Ali hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Würdest Du wirklich ernsthaft bezweifeln, daß es sich bei meiner Vorausberechnung der Sonnenfinsternis (und der hinreichend genauen Gültigkeit der Naturgesetze) um Wissen handelt, so würdest Du dagegen wetten.
Darauf wette ich, indem ich meinen intellektuelle Ruf aufs Spiel setze. Sämtliche Naturgesetze sind veränderlich und haben keine immerwährende Gültigkeit. Ein Beispiel: Irgendwann, behauptet man, verlöscht die Sonne.

Ich wette, daß sich die Naturgesetze in den nächsten Wochen so wenig ändern, daß es am 22.Juli zu einer totalen Sonnenfinsternis kommt. Wettest Du dagegen? Falls ja: mit welchem Einsatz? Ist Dein intellektueller Ruf außerhalb des Gebietes orientalischer Poesie satisfaktionsfähig?

Noch eine Frage zum Schluß: Worin genau unterscheidet sich Deines Erachtens das "Wissen" vor der Sonnenfinsternis von dem "Wissen" nach der Sonnenfinsternis?

#1271:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 20:45
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Welches Naturgesetz ändert sich dadurch?

Die vier Jahreszeiten auf der Erde zum Beispiel. Man denke sich die Sonne weg: dann kann man sich die Denkenden auch gleich wegdenken.

Gruß von Leila*

Lachen

#1272:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 20:55
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Welches Naturgesetz ändert sich dadurch?
Die vier Jahreszeiten auf der Erde zum Beispiel.

Woher weißt Du das? Ist doch noch gar nicht passiert ...

#1273:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 21:01
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich rede von überprüfbaren Voraussagen.

Lieber Step!

Du unterliegst einem Grundirrtum.

  • Stelle Dir eine Zeitachse vor: a — b — c …
  • a, b und c seien Zeitpunkte.
  • Du befindest Dich an Position a und prognostizierst ein Ereignis x, das – nach irgendwelchen Berechnungen – zum von Dir noch fernen, also künftigen Zeitpunkt b geschehen soll.
  • Ob sich x, wie vorausberechnet, ereignet, kannst Du frühestens zum Zeitpunkt c feststellen, also im Nachhinein.


Gruß von Leila*

#1274:  Autor: WolfWohnort: Zuhause BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 21:05
    —
Also wettest du gegen Step?

#1275:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 21:16
    —
Wolf hat folgendes geschrieben:
Also wettest du gegen Step?

Warum sollte ich nicht? Überprüfbar ist nur bereits Geschehenes.

Gruß von Leila*

#1276:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 21:16
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Du unterliegst einem Grundirrtum.

  • Stelle Dir eine Zeitachse vor: a — b — c …
  • a, b und c seien Zeitpunkte.
  • Du befindest Dich an Position a und prognostizierst ein Ereignis x, das – nach irgendwelchen Berechnungen – zum von Dir noch fernen, also künftigen Zeitpunkt b geschehen soll.
  • Ob sich x, wie vorausberechnet, ereignet, kannst Du frühestens zum Zeitpunkt c feststellen, also im Nachhinein.


1. Nein: Wenn meine Theorie gut ist, dann ist meine Voraussage bei a mit dem Ereignis bei b naturgesetzlich verbunden - auch wenn sie es nicht im klassischen Sinne verursacht.

2. Wenn Du recht hättest, könntest Du auch zum Zeitpunkt c das Ereignis nicht feststellen, denn auch Deine nachträgliche Wahrnehmung wäre der von Dir genannten Einschränkung unterworfen.

3. Es besteht eine weitaus weniger triviale Asymmetrie zwischen Vergangenheit und Zukunft, als Du denkst. Aber das würde hier zu weit führen.

#1277:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 21:17
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Also wettest du gegen Step?

Warum sollte ich nicht? Überprüfbar ist nur bereits Geschehenes.

Was genau müßte im Falle der Sonnenfinsternis eintreten, damit Du die Wette veloren gibst?

#1278:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 22:18
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
(...)
Darauf wette ich, indem ich meinen intellektuelle Ruf aufs Spiel setze. Sämtliche Naturgesetze sind veränderlich und haben keine immerwährende Gültigkeit. Ein Beispiel: Irgendwann, behauptet man, verlöscht die Sonne.

Gruß von Leila


Liebe Leila*
Bist du dir sicher, daß du noch klar zwischen Eigenschaften und Fähigkeiten trennst?

Obwohl, eigentlich werd ich schon den lieben langen Tag dieses Gefühl ned los, daß die Begriffe - die Beschreibungen der Forscher was sie zu manipulieren meinen, sehr undeutlich sind.
Wird hier Wille, für eine Eigenschaft oder eher für eine Fähigkeit gehalten?

#1279:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 22:58
    —
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

Liebe Leila*
Bist du dir sicher, daß du noch klar zwischen Eigenschaften und Fähigkeiten trennst?

Ganz sicher.

hat folgendes geschrieben:
Obwohl, eigentlich werd ich schon den lieben langen Tag dieses Gefühl ned los, daß die Begriffe - die Beschreibungen der Forscher was sie zu manipulieren meinen, sehr undeutlich sind.
Wird hier Wille, für eine Eigenschaft oder eher für eine Fähigkeit gehalten?

Jene, die den freien Willen postulieren, verstehen unter ihm eine Fähigkeit (deren Nachweis zu erbringen sie nicht in der Lage sind). Sie stehen auf verlorenem Posten, vermögen dies aber nicht einzugestehen. Wäre dem anders, dann würde ihnen ihr gesamtes Weltbild als Trugbild erscheinen. Ihre Denkart ist falsch und krank.

Du selbst begehst den Fehler, Eigenschaft mit dem Vermögen zu verwechseln. Wie gut, daß wir uns der deutschen Sprache bedienen können, um miteinander zu philosophieren!

Also: Eine Eigenschaft des männlichen Pfaus ist sein farbenprächtiges Gefieder; sein Vermögen aber ist, es zu einem beeindruckenden Rad zu schlagen. Nun sage ich Dir, daß jene, die den freien Willen zu behaupten versuchen, auf dem Holzweg sind. Ihr Pfad ist morsch, und sie selbst haben nur Böses im Sinn.

Gruß von Leila*

#1280:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 23:07
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Nun sage ich Dir, daß jene, die den freien Willen zu behaupten versuchen, auf dem Holzweg sind. Ihr Pfad ist morsch, und sie selbst haben nur Böses im Sinn.

Inwiefern haben sie Deiner Ansicht nach Böses im Sinn?

#1281:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 23:27
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]Nach meiner Auffassung bin ich nämlich genau dann (mehr oder weniger) frei, wenn ich die Zukunft (mehr oder weniger) bestimmen kann.

Entschuldige bitte, wenn ich im Moment nur auf diesen einen Punkt eingehe. Was bedeutet in diesem Zusammenhang genau "bestimmen"? Auf lebensweltliche Verhältnisse übertragen, könnten wir uns ein Szenario ausdenken:
Ein Mensch, der auf einer Insel geboren wird, von der er nicht weiß, daß sie eine Gefangeneninsel ist. Und er weiß auch nicht, daß die Insel in 3 Seemeilen entfernung von Minen umgeben ist. Wäre der nach Deiner Definition frei, da er seine Zukunft mehr oder weniger bestimmen kann? Und wäre er erst unfrei nach Deiner Definition, in dem Moment, wo er versucht diese für ihn zuvor unbekannte Linie zu kreuzen? Vielleicht kann er nicht schwimmen. Vielleicht hat er Angst vor Wasser. Vielleicht kommt er nie auf die Idee, die Insel zu verlassen, weil sie ihm so gut gefällt. Das wären alles dekbare Gründe, die wir durchdeklinieren könnten. Wichtig ist nur der Umstand, daß wir Aussenstehenden von der Tatsache wissen, daß die Insel vermint ist. Ist der Inselbewohner frei nach Deiner Definition?

#1282:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 23:38
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

Liebe Leila*
Bist du dir sicher, daß du noch klar zwischen Eigenschaften und Fähigkeiten trennst?

Ganz sicher.


Dass die Sonne verlöschen soll, ließe sich aber noch mit Naturgesetzen, die auch tatsächlich solche sind, nämlich unveränderlich wären, begründen. Das belegt nicht die Ewigkeit der Naturgesetze, die bezweifle ich in gewisser Weise auch, aber machen erklärungsbedürftig, was uns dein Bespiel dazu sagen soll.

#1283:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.07.2009, 23:53
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zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]Nach meiner Auffassung bin ich nämlich genau dann (mehr oder weniger) frei, wenn ich die Zukunft (mehr oder weniger) bestimmen kann.

Entschuldige bitte, wenn ich im Moment nur auf diesen einen Punkt eingehe. Was bedeutet in diesem Zusammenhang genau "bestimmen"? Auf lebensweltliche Verhältnisse übertragen, könnten wir uns ein Szenario ausdenken:
Ein Mensch, der auf einer Insel geboren wird, von der er nicht weiß, daß sie eine Gefangeneninsel ist. Und er weiß auch nicht, daß die Insel in 3 Seemeilen entfernung von Minen umgeben ist. Wäre der nach Deiner Definition frei, da er seine Zukunft mehr oder weniger bestimmen kann? Und wäre er erst unfrei nach Deiner Definition, in dem Moment, wo er versucht diese für ihn zuvor unbekannte Linie zu kreuzen? Vielleicht kann er nicht schwimmen. Vielleicht hat er Angst vor Wasser. Vielleicht kommt er nie auf die Idee, die Insel zu verlassen, weil sie ihm so gut gefällt. Das wären alles dekbare Gründe, die wir durchdeklinieren könnten. Wichtig ist nur der Umstand, daß wir Aussenstehenden von der Tatsache wissen, daß die Insel vermint ist. Ist der Inselbewohner frei nach Deiner Definition?

Nach meinem Verständnis ist Freiheit nichts Binäres. Die Frage also: "ist dieser Mensch frei oder nicht?" kann ich so nicht beantworten, sie ergibt nämlich in meiner Sicht keinen Sinn, denn Freiheit ist für mich immer etwas Graduelles, jemand kann also nur mehr oder weniger frei sein. Dabei gibt es niemals (kann es prinzipiell nicht geben) absolute Freiheit. Man kann also immer seine Freiheit steigern und zwar dadurch, dass man mehr erkennt, Gegebenheiten, Begrenzungen, seine eigenen Motive usw. Und jemand ist auch nie völlig unfrei, bzw. eventuell nur dann, wenn er alle seine Denkfähigkeiten eingebüsst hätte.

Dabei möchte ich auch immer gerne zwischen Entscheidungsfreiheit (hat die Fähigkeit, möglichst viele Umstände zu erkennen und diese abzuwägen) und Handlungsfreiheit (kann seine Entscheidungen in die Tat umsetzen) unterscheiden. Nur wenn beides zusammen gegeben ist, ist jemand frei.

Wenn der Mann im Beispiel also über die Verminung der Insel nichts weiß, dann schränkt das seine Entscheidungsfreiheit ein, denn ihm fehlt Wissen. Seine Handlungsfreiheit wäre jedoch nicht eingeschränkt, wenn er nie den Wunsch hätte die Insel zu verlassen. Wenn er den Wunsch hätte, aber nicht schwimmen könnte, dann wäre seine Handlungsfreiheit durch dieses Unvermögen eingeschränkt.

Wenn wir uns jetzt mal vorstellen, der Mann wäre auf der Insel glücklich, er verspürte nie den Wunsch, die Insel zu verlassen, er hätte dort alles, was er brauchte, ein erfülltes Leben, dann würde ich ihn als ziemlich frei ansehen. Die Minen wären dann keine Einschränkung für ihn, nicht mehr als für mich mein Unvermögen, den nächsten Stern anzufliegen.

#1284:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 00:22
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Inwiefern haben sie Deiner Ansicht nach Böses im Sinn?

Schaue, wie ich es sehe, lieber Agent Provocateur, ich zeige es Dir: Unterstelle ich (anders als unbegründet kann ich das nicht tun) einem Menschen einen freien Willen, dann kann ich ihn für all sein Tun und Lassen verantwortlich machen. Hier sehe ich den Ursprung aller Perversion, den Anfang des Zynismus. Die Behaupter des freien Willens sagen z.B.: Einjeder sei seines Glückes Schmied. Ja, so frage ich: was soll das Wort „Glück“ in der Behauptung? Würde man darüber sich einig werden, daß der Mensch einen Willen hat, aber keinen freien, dann würde das gesamte Rechtssystem in sich zusammenfallen. Niemand könnte mehr verantwortlich gemacht werden für seine Taten (oder Missetaten). Diese These halten übrigens jene aufrecht, die am freien Willen festhalten, solange sie selbst nicht in Zugzwang geraten: die Religiösen. Als letzte Ausflucht aus ihrer geistigen Wirrnis dachten sie sich die Erbsünde aus – womit sie sich selbst widersprechen.

Gruß von Leila*

#1285:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 00:25
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:

Jene, die den freien Willen postulieren, verstehen unter ihm eine Fähigkeit (deren Nachweis zu erbringen sie nicht in der Lage sind). Sie stehen auf verlorenem Posten, vermögen dies aber nicht einzugestehen. Wäre dem anders, dann würde ihnen ihr gesamtes Weltbild als Trugbild erscheinen. Ihre Denkart ist falsch und krank.
...
Nun sage ich Dir, daß jene, die den freien Willen zu behaupten versuchen, auf dem Holzweg sind. Ihr Pfad ist morsch, und sie selbst haben nur Böses im Sinn.

Gruß von Leila*
Liebe Leila, ich finde Du nimmst Deinen hübschen Mund recht voll. Ich "glaube" an einen bedingt freien Willen. Also ist meine Denkart falsch und krank. Mein Pfad ist morsch und ich habe nur Böses im Sinn. Endlich sagt mir jemand die WAHRHEIT. Kannst Du auch begründen, warum das so ist ? Gruss PataPata

#1286:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 00:29
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PataPata hat folgendes geschrieben:
...
Lieber step. Ich hab Dir heute Nachmittag ein paar Fragen gestellt. Sind sie Dir zu dumm, um sie zu beantworten ?

#1287:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 00:39
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El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Inwiefern haben sie Deiner Ansicht nach Böses im Sinn?

Schaue, wie ich es sehe, lieber Agent Provocateur, ich zeige es Dir: Unterstelle ich (anders als unbegründet kann ich das nicht tun) einem Menschen einen freien Willen, dann kann ich ihn für all sein Tun und Lassen verantwortlich machen. Hier sehe ich den Ursprung aller Perversion, den Anfang des Zynismus. Die Behaupter des freien Willens sagen z.B.: Einjeder sei seines Glückes Schmied.

Okay, Du verstehst wohl unter Willensfreiheit etwas anderes als ich, anscheinend etwas Absolutes, die Auffassung, dass es bedeuten müsse, jemand könne sich von Grund auf selber erschaffen. Stimmt's?

El Ali hat folgendes geschrieben:
Diese These halten übrigens jene aufrecht, die am freien Willen festhalten, solange sie selbst nicht in Zugzwang geraten: die Religiösen. Als letzte Ausflucht aus ihrer geistigen Wirrnis dachten sie sich die Erbsünde aus – womit sie sich selbst widersprechen.

Im Islam zum Beispiel sind, soviel ich weiß, Prädestinationslehren aka "Kismet" weit verbreitet. Auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, wenn man meint, jede Situation, in die man komme und alles, was einem zustoße, sei von Gott so gewollt und daher "verdient", nicht?

#1288:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 00:51
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PataPata hat folgendes geschrieben:
Liebe Leila, ich finde Du nimmst Deinen hübschen Mund recht voll. Ich "glaube" an einen bedingt freien Willen. Also ist meine Denkart falsch und krank. Mein Pfad ist morsch und ich habe nur Böses im Sinn. Endlich sagt mir jemand die WAHRHEIT. Kannst Du auch begründen, warum das so ist ? Gruss PataPata

Lieber PataPata!

Ich bitte Dich, nicht anzüglich zu werden und Dich in die Sache zu vertiefen. – Der freie Wille ist tatsächlich eine Glaubenssache, etwas, das oft behauptet, nie bewiesen, aber oft widerlegt wurde.

Ja, ich kann begründen, daß des Menschen Wille nicht frei ist. Ich bin eine Tochter der Wüste und gebe Dir ein Gleichnis. Aus meinen Aphorismen (auf deutsch):

„Es ist nicht sicher, ob du bekommst, was du willst: Denn die Armut des Geistes ist groß unter den Menschen – höchst selten werden Geschenke gemacht. Auch ist nicht sicher, ob du dir nehmen kannst, was du willst: Denn wie mancher schon wollte die Wüste durchwandern und liegt an ihrem Rande begraben!“

Gruß von Leila*

#1289:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 01:01
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El Ali hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

Liebe Leila*
Bist du dir sicher, daß du noch klar zwischen Eigenschaften und Fähigkeiten trennst?

Ganz sicher.

hat folgendes geschrieben:
Obwohl, eigentlich werd ich schon den lieben langen Tag dieses Gefühl ned los, daß die Begriffe - die Beschreibungen der Forscher was sie zu manipulieren meinen, sehr undeutlich sind.
Wird hier Wille, für eine Eigenschaft oder eher für eine Fähigkeit gehalten?

Jene, die den freien Willen postulieren, verstehen unter ihm eine Fähigkeit (deren Nachweis zu erbringen sie nicht in der Lage sind). Sie stehen auf verlorenem Posten, vermögen dies aber nicht einzugestehen. Wäre dem anders, dann würde ihnen ihr gesamtes Weltbild als Trugbild erscheinen. Ihre Denkart ist falsch und krank.

Du selbst begehst den Fehler, Eigenschaft mit dem Vermögen zu verwechseln. Wie gut, daß wir uns der deutschen Sprache bedienen können, um miteinander zu philosophieren!

Also: Eine Eigenschaft des männlichen Pfaus ist sein farbenprächtiges Gefieder; sein Vermögen aber ist, es zu einem beeindruckenden Rad zu schlagen. Nun sage ich Dir, daß jene, die den freien Willen zu behaupten versuchen, auf dem Holzweg sind. Ihr Pfad ist morsch, und sie selbst haben nur Böses im Sinn.

Gruß von Leila*


Dein deutsch ist in jedem Fall das poetischere Ich liebe es...
aber ich hab ja meine immerhin eine Sammlung geflügelter Worte:
„Wahre Philosophie lehrt Handeln, nicht Reden!“ Seneca

Witzigerweise, oder wars determinierter Zufall bin ich heut über den Berkeley gestolpert
Berkeley hat folgendes geschrieben:
, dass die Welt nichts anderes als ein Phänomen des menschlichen Bewusstseins ist, ist eine Konsequenz seiner Überlegungen, dass die Welt abhängig ist von ihrem Beobachter. Auch damit scheint er Aussagen der Quantentheorie vorwegzunehmen. Hiervon ist Berkeley jedoch weit entfernt: Die Ideen, an denen wir dank unserer Seele teilhaben, sind nach seiner Auffassung auf den göttlichen Geist zurückzuführen. „Die ganze Natur um uns herum und unser ganzes Dasein ruhen in Gott. Er ist die alleinige Ursache.“ So ist Gott auch nicht der Schöpfer des newtonschen „Uhrwerks“, das auch ohne Gott funktioniert und das letztlich zum Werden eines (z. B.) Baumes geführt hat, sondern unsere Wahrnehmung eines Baumes ist eine Idee, die der Geist Gottes in uns hervorgerufen hat. Dieser „Baum“ existiert, auch wenn niemand da ist, der ihn wahrnehmen kann – eben weil Gott (immer) da ist.

behauptest du nicht ähnliches Am Kopf kratzen
bzw. genau das Gegenteil: wenn niemand den Baum umfallen hört - ist nichts umgefallen - dito Sonnen.

was mich dann wieder an das Lütz´sche Futurum II erinnert.
"Es wird sein, wenn die Sonne verlischt, waren wir davor hier zusammen gewesen."
Wenn aber niemand mehr da ist, der diesen Satz denken kann, wie kann er dann wahr bleiben = bewiesen werden.

Die Idee der Wirklichkeit muß nicht bestätigt werden, es ist eigentlich irrelevant ob die Idee die Wirklichkeit komplett abbildet.
Die Annahmen die wir über die Eigenschaften der Natur haben, müssenß nicht für die Ewigkeit gelten - sie müssen nur funktionieren und zwar jetzt.

Ich habe einen Handlungsspielraum, weil die Fähigkeit einen Willen zu haben, neue - auch nicht verhersehbare! - Möglichkeiten freischaltet.

#1290:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 01:26
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Im Islam zum Beispiel sind, soviel ich weiß, Prädestinationslehren aka „Kismet“ weit verbreitet. Auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, wenn man meint, jede Situation, in die man komme und alles, was einem zustoße, sei von Gott so gewollt und daher „verdient“, nicht?


Lieber Agent Provocateur!

Ich bin eine Agnostikerin. Mit der Religion (oder den Religionen) beschäftige ich mich nur deshalb, weil mich andere mit ihr beschäftigen – widerwillig. Allzuviel meiner Lebenszeit mußte ich – gezwungenermaßen – mich mit ihr oder mit ihnen beschäftigen. Der freie Wille ist ein Witz, über den ich nicht lachen kann. Weder habe ich mich selbst geboren, noch mein Elternhaus gewählt. Ich merkte eines Tages, daß ich bin – existiere – bei irgendwelchen Leuten, irgendwo. Dies werde ich eines Tages wieder vergessen, ob ich will oder nicht.

Gruß von Leila*

#1291:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 02:05
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Lieber Robbe Piere,

Hab Dank für Dein frisches grünes Lorbeerblatt! Der Zufall will es, daß ich noch einige Blättchen Blattgold übrig habe, um es recht zum Glänzen zu bringen. Von Seneca komme ich – Berkeley munter überspringend – gleich zu meinem Liebling: zu Schopenhauer. Dieser sagte in seinem Traktat „Zur Metaphysik des Schönen“, § 223:

„Der ‚Kampf des Menschen mit dem Schicksal‘, welchen unsere faden, hohlen, verblasenen und ekelhaft süsslichen modernen Ästhetiker seit etwan fünfzig Jahren wohl einstimmig als das allgemeine Thema des Trauerspiels aufstellen, hat zu seiner Voraussetzung die Freiheit des Willens, diese Marotte aller Ignoranten, und dazu wohl noch den kategorischen Imperativ, dessen moralische Zwecke oder Befehle dem Schicksale zum Trotz nun durchgesetzt werden sollen; woran denn die besagten Herren ihre Erbauung finden.“

Eigentlich wollte ich keines andern Menschen Worte wiedergeben, um meinen Gedanken Halt zu verleihen, denn die Argumente gegen den freien Willen, welche mir einfielen, übertreffen sämtliche mir von andern bekannten.

Dich herzlich grüßend

Leila*

#1292:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 02:25
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El Ali hat folgendes geschrieben:
[...] Schopenhauer. Dieser sagte in seinem Traktat „Zur Metaphysik des Schönen“, § 223:

„Der ‚Kampf des Menschen mit dem Schicksal‘, welchen unsere faden, hohlen, verblasenen und ekelhaft süsslichen modernen Ästhetiker seit etwan fünfzig Jahren wohl einstimmig als das allgemeine Thema des Trauerspiels aufstellen, hat zu seiner Voraussetzung die Freiheit des Willens, diese Marotte aller Ignoranten, und dazu wohl noch den kategorischen Imperativ, dessen moralische Zwecke oder Befehle dem Schicksale zum Trotz nun durchgesetzt werden sollen; woran denn die besagten Herren ihre Erbauung finden.“

Eigentlich wollte ich keines andern Menschen Worte wiedergeben, um meinen Gedanken Halt zu verleihen, denn die Argumente gegen den freien Willen, welche mir einfielen, übertreffen sämtliche mir von andern bekannten.

In diesem Zitat des ehrwürdigen Schopenhauer ist aber leider kein Argument zu finden. Aber immerhin ist er dabei emotional ziemlich engagiert, es scheint ihm da durchaus etwas am Herzen zu liegen. zwinkern

#1293:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 02:30
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An Robbe Piere:

„Wenn niemand den Baum umfallen hört – ist nichts umgefallen […]“

Hierauf gehe ich gesondert ein: Nein, aber niemand bemerkte es. Es ist nicht einmal feststellbar, ob ein Baum umfiel. Es könnte aber sein, daß dennoch ein Baum umfiel, ohne daß wir es bemerkten. Haben (oder besser: hätten) wir Kenntnis von Baumbestand, dann müßten wir Förster sein, pflichtbewußt und stets aufmerksam. Die deutsche Philosophie ist zum Forsthaus Falkenau verkommen – oder zu einem ekelhaften Puppentheater.

Gruß von Leila*

#1294:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 02:53
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In diesem Zitat des ehrwürdigen Schopenhauer ist aber leider kein Argument zu finden. Aber immerhin ist er dabei emotional ziemlich engagiert, es scheint ihm da durchaus etwas am Herzen zu liegen. zwinkern


Ich setze (unbegründet) Deine Kenntnis der Schopenhauerschen Schrift „Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“ voraus, inklusive seines Hauptwerks von der „Welt als Wille und Vorstellung“. Allüberall bestreitet er die Freiheit des Willens, mit Worten, die seinesgleichen suchen. Wer seine Werke intus hat und präsent, wie ich, der erkennt in ihnen noch eine Scheu und Scham. Laß’ mich, Lieber, Einstein zitieren:

„Ich weiß ehrlich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, daß ich irgend etwas will; aber was das mit Freiheit zu tun hat, kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich spüre, daß ich meine Pfeife anzünden will und tue das auch; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden? Was liegt hinter dem Willensakt, daß ich meine Pfeife anzünden will? Ein anderer Willensakt? Schopenhauer hat einmal gesagt: ‚Der Mensch kann was er will; er kann aber nicht wollen was er will.‘“
Abraham Pais: „Ich vertraue auf Intuition. Der andere Albert Einstein.“, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin, Oxford, S. 176

Gruß von Leila*

#1295:  Autor: evohumWohnort: Rheingau BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 03:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
Wolf hat folgendes geschrieben:
Also wettest du gegen Step?

Warum sollte ich nicht? Überprüfbar ist nur bereits Geschehenes.

Was genau müßte im Falle der Sonnenfinsternis eintreten, damit Du die Wette veloren gibst?

Hi step, die Frage ist noch nicht beantwortet, oder?

Sei's d'rum, ich hatte mich vor einiger Zeit entschlossen (m.E. "frei", aber unbewusst gesteuert durch meine Disposition und Sozialisation), dem Spektakel SoFi am 22.7. beizuwohnen - auch, um Deine Voraussage zum Zeitpunkt 'b' (oder extrapoliert schon etwas vorher) zu be- bzw. zu widerlegen. zwinkern
Werde u.U. hier davon berichten.

evohum grüßt!


Apropos meine Signatur: "Der Humanismus, der Gott ausschließt, ist ein unmenschlicher Humanismus." Papst Benedikt XVI, 29.06.2009

#1296:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 06:27
    —
evohum hat folgendes geschrieben:

Hi step, die Frage ist noch nicht beantwortet, oder?

Sei's d'rum […]

Die Frage beantwortete ich wie folgt: Überprüfbar ist nur bereits Geschehenes.

Oder sollte es komplizierter sein? Ich mache es noch einfacher: Es ging um die Richtigkeit der Voraussage eines Ereignisses (der Vorkommnis einer Sonnenfinsternis zu einem im vornherein bestimmten Zeitpunkt). Die Erfahrung lehrt uns, daß sie mit ziemlich hoher Sicherheit wie berechnet eintritt. Aber: Eines Tages verlöscht die Sonne! Und vorher passiert noch allerhand.

Ein Beispiel aus dem Alltag. Du fertigtest einen Prägestempel an. Wie oft kannst Du mit ihm prägen (oder drucken), bis er abgestumpft ist? Tausendmal? Eine Million oder eine Milliarde mal? Bevor Du wettest, würdest Du den Stempel ausprobieren, nicht wahr? Mein Hausverstand aber sagt mir: unmöglich unzählige Male. Schon aus physikalischen Gründen sind Voraussagen mit Vorsicht zu genießen. Legt man aber Wert auf intellektuelle Hygiene, dann muß einem das gedankliche Konstrukt des freien Willens ziemlich schmutzig vorkommen, beinahe wie eine Religion, bei der noch nicht sicher ist, ob sie aus dem Sumpf herauskommt oder in ihm versinkt.

Gruß von Leila*

#1297:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 11:00
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El Ali hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was genau müßte im Falle der Sonnenfinsternis eintreten, damit Du die Wette veloren gibst?
evohum hat folgendes geschrieben:
Hi step, die Frage ist noch nicht beantwortet, oder? ...
Die Frage beantwortete ich wie folgt: Überprüfbar ist nur bereits Geschehenes.

Erstens war das keine Antwort auf meine Frage. Zweitens deute ich das jetzt mal so, daß Du einsiehst, daß meine Voraussage so gut ist, daß Du nicht dagegen wetten würdest. Und zwar weil Du weißt, daß sie auf empirisch überprüften Zusammenhängen (Naturesetzen) basiert.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Oder sollte es komplizierter sein? Ich mache es noch einfacher: Es ging um die Richtigkeit der Voraussage eines Ereignisses (der Vorkommnis einer Sonnenfinsternis zu einem im vornherein bestimmten Zeitpunkt). Die Erfahrung lehrt uns, daß sie mit ziemlich hoher Sicherheit wie berechnet eintritt.

Ja, und genau das ist Wissen. Niemand spricht hier von absoluter Wahrheit oder ähnlichem. Wissen ist das, was zu guten überprüfbaren Voraussagen befähigt.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Aber: Eines Tages verlöscht die Sonne!

Woher weißt Du das? Hast Du es "überprüft" oder sagt Dir es Dein "Hausverstand"?

El Ali hat folgendes geschrieben:
Ein Beispiel aus dem Alltag. Du fertigtest einen Prägestempel an. Wie oft kannst Du mit ihm prägen (oder drucken), bis er abgestumpft ist? Tausendmal? Eine Million oder eine Milliarde mal? Bevor Du wettest, würdest Du den Stempel ausprobieren, nicht wahr?

Genau. Noch besser wäre eine Theorie über die Änderung des Abnutzungsgrades pro Druckvorgang, die zuvor an vergleichbaren STempeln überprüft wurde. Ich habe dann wissen und kann eine Voraussage machen, ohne das Ergebnis für diesen Stempel abzuwarten. Ebenso bei der Sonnenfinsternis.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Mein Hausverstand aber sagt mir: unmöglich unzählige Male. Schon aus physikalischen Gründen sind Voraussagen mit Vorsicht zu genießen.

Vor allem zeigt die Physik, daß Hausverstand-Voraussagen mit Vorsicht zu genießen sind.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Legt man aber Wert auf intellektuelle Hygiene, dann muß einem das gedankliche Konstrukt des freien Willens ziemlich schmutzig vorkommen, beinahe wie eine Religion, bei der noch nicht sicher ist, ob sie aus dem Sumpf herauskommt oder in ihm versinkt.

In dem Punkt sind wir uns einig. Übrigens ist auch da physikalisches Wissen kontraintuitiv, jedenfalls bei Menschen abendländischer Prägung.

Ich wüßte jetzt aber schon noch gern von Dir, wie Du die Qualität des Wissens beurteilst, das in einer guten Theorie steckt. Etwa daß jemand aufgrund der Gravitation der Erde herunterfällt, wenn er aus dem Fenster springt.

#1298:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 13:15
    —
Lieber Step!

Du liest meine Sätze sehr genau, drehst einen jeden um und zerpflückst ihn Wort für Wort; wie ein wackerer Kaufmann, der auf dem Marktplatz Handel betreibt. Darum zolle ich Dir meinen Respekt. Ich vermute, daß Du dieses Bekenntnis nicht als Bestechung auffaßt, da Du, wie ich vermeine, nicht nur zu Deinem Eigennutz unterwegs bist. Es wäre mir aber lieb gewesen, wenn in Deiner Entgegnung eine Redewendung gefehlt hätte, nämlich diese: „jedenfalls bei Menschen abendländischer Prägung“. Ich kaufe und zahle mit der an den meisten Orten geltenden und gültigen Münze: mit der Redlichkeit. Als Verkäuferin erwarte ich auch solche, um irgendwann handelseinig zu werden. Die von mir lobpreisend angebotene Ware lasse ich herunterhandeln, doch die Währung, d.i. die Redlichkeit, bewahre ich.

Meine Abschweifung zur Physik war ein Fehler, und jeder, der mich kennt, hätte mir vorhersagen können, daß mich die Sonne auf meinem Flug zu ihr hin verbrennt.

Nun sollten wir, um Schopenhauer und Einstein in Frieden ruhen zu lassen, doch eines klären: Behauptungen müssen überprüft werden. Das Überprüfen aber (oder das Verifizieren) kann stets nur im Nachhinein geschehen. Sind wir in diesem Punkte einig?

Um die Existenz oder Inexistenz der freien Willens zu diskutieren, begebe ich mich auf die mir vertraute Plattform der Soziologie. Ich fange demnach mit einer Platitüde an, die keine ist, obschon sie auf vielen Kalendern als Tagesmotto prangt: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Von wem diese Weisheit stammt, erweckt nicht meine Anteilnahme.

Der freie Wille (in Anbetracht des soeben geschriebenen Spruches): Was sollte man von ihm halten, z.B. als physisch Behinderter?

Wie Du siehst, lieber Step, auf keines Deiner andern Gegenargumente gehe ich ein, da mir meine Argumente selbst dumm vorkommen.

Dich ganz herzlich grüßend

Leila*

#1299:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 13:45
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El Ali hat folgendes geschrieben:
Lieber Step!

Du liest meine Sätze sehr genau, drehst einen jeden um und zerpflückst ihn Wort für Wort; wie ein wackerer Kaufmann, der auf dem Marktplatz Handel betreibt. Darum zolle ich Dir meinen Respekt. Ich vermute, daß Du dieses Bekenntnis nicht als Bestechung auffaßt, da Du, wie ich vermeine, nicht nur zu Deinem Eigennutz unterwegs bist. Es wäre mir aber lieb gewesen, wenn in Deiner Entgegnung eine Redewendung gefehlt hätte, nämlich diese: „jedenfalls bei Menschen abendländischer Prägung“. Ich kaufe und zahle mit der an den meisten Orten geltenden und gültigen Münze: mit der Redlichkeit. Als Verkäuferin erwarte ich auch solche, um irgendwann handelseinig zu werden. Die von mir lobpreisend angebotene Ware lasse ich herunterhandeln, doch die Währung, d.i. die Redlichkeit, bewahre ich.

Meine Abschweifung zur Physik war ein Fehler, und jeder, der mich kennt, hätte mir vorhersagen können, daß mich die Sonne auf meinem Flug zu ihr hin verbrennt.

Nun sollten wir, um Schopenhauer und Einstein in Frieden ruhen zu lassen, doch eines klären: Behauptungen müssen überprüft werden. Das Überprüfen aber (oder das Verifizieren) kann stets nur im Nachhinein geschehen. Sind wir in diesem Punkte einig?

Um die Existenz oder Inexistenz der freien Willens zu diskutieren, begebe ich mich auf die mir vertraute Plattform der Soziologie. Ich fange demnach mit einer Platitüde an, die keine ist, obschon sie auf vielen Kalendern als Tagesmotto prangt: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Von wem diese Weisheit stammt, erweckt nicht meine Anteilnahme.

Der freie Wille (in Anbetracht des soeben geschriebenen Spruches): Was sollte man von ihm halten, z.B. als physisch Behinderter?

Wie Du siehst, lieber Step, auf keines Deiner andern Gegenargumente gehe ich ein, da mir meine Argumente selbst dumm vorkommen.

Dich ganz herzlich grüßend

Leila*


Schopenhauer, Calvin, Laplace, Newton. Das ist die politisch-philosophisch-physikalistische Grundlage sowohl der determinationstheoretischen als auch der ordnungspolitischen Fantasien unseres überaus geschätzten Forumsteilnehmers step.

Wissenschaft spielt da weniger eine Rolle, bestenfalls die zweite Geige.

Skeptiker

#1300:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 13:55
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El Ali hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Liebe Leila, ich finde Du nimmst Deinen hübschen Mund recht voll. Ich "glaube" an einen bedingt freien Willen. Also ist meine Denkart falsch und krank. Mein Pfad ist morsch und ich habe nur Böses im Sinn. Endlich sagt mir jemand die WAHRHEIT. Kannst Du auch begründen, warum das so ist ? Gruss PataPata

Lieber PataPata!

Ich bitte Dich, nicht anzüglich zu werden und Dich in die Sache zu vertiefen.
Anzüglich ? Geschockt Ich wollte höflich bleiben - ich hätte ja schreiben können, dass Du Dein böses Maul voll nimmst...
El Ali hat folgendes geschrieben:
Der freie Wille ist tatsächlich eine Glaubenssache, etwas, das oft behauptet, nie bewiesen, aber oft widerlegt wurde.
Nein, widerlegt wurde er nie. Bewiesen auch nicht. Sonst würden wir hier nicht weiter diskutieren.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Ja, ich kann begründen, daß des Menschen Wille nicht frei ist. Ich bin eine Tochter der Wüste und gebe Dir ein Gleichnis. Aus meinen Aphorismen (auf deutsch):

„Es ist nicht sicher, ob du bekommst, was du willst: Denn die Armut des Geistes ist groß unter den Menschen – höchst selten werden Geschenke gemacht. Auch ist nicht sicher, ob du dir nehmen kannst, was du willst: Denn wie mancher schon wollte die Wüste durchwandern und liegt an ihrem Rande begraben!“

Gruß von Leila*
Ich wollte eigentlich nicht eine Begründung, warum der Mensch keinen freien Willen hat (was Du mit Deinem poetischen Zitat auch nicht begründen konntest) sondern ich wollte wissen, warum meine Denkart krank ist und ich nur Böses im Sinn habe.

#1301:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 14:00
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El Ali hat folgendes geschrieben:
Es wäre mir aber lieb gewesen, wenn in Deiner Entgegnung eine Redewendung gefehlt hätte, nämlich diese: „jedenfalls bei Menschen abendländischer Prägung“. Ich kaufe und zahle mit der an den meisten Orten geltenden und gültigen Münze: mit der Redlichkeit. Als Verkäuferin erwarte ich auch solche, um irgendwann handelseinig zu werden. Die von mir lobpreisend angebotene Ware lasse ich herunterhandeln, doch die Währung, d.i. die Redlichkeit, bewahre ich.

Hmm .. ich verstehe nicht, was Dich daran stört und was das mit Redlichkeit zu tun hat. Mein Gedanke dabei war, daß die intuitive Vorstellung, bei Entscheidungen wirklich autonom zwischen echten Alternativen wählen zu können, nicht nur in unserer traditionell schlechten Kenntnis der Gehirnvorgänge und der Physik liegt, sondern auch einen kulturellen Hintergrund hat. Das "Abendland" wurde viele Jahrhunderte von einer Religion dominiert, in der Schuld und Sünde (und damit echt freier Wille) zentrale Bedeutung haben.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Meine Abschweifung zur Physik war ein Fehler, und jeder, der mich kennt, hätte mir vorhersagen können, daß mich die Sonne auf meinem Flug zu ihr hin verbrennt.

Schön, daß Du den Leuten, die Dich kennen, in diesem Punkt echte Vorhersagekraft zutraust. zwinkern

El Ali hat folgendes geschrieben:
Nun sollten wir, um Schopenhauer und Einstein in Frieden ruhen zu lassen, doch eines klären: Behauptungen müssen überprüft werden. Das Überprüfen aber (oder das Verifizieren) kann stets nur im Nachhinein geschehen. Sind wir in diesem Punkte einig?

Klar doch. Wobei das zu überprüfende Ereignis dennoch in der Vergangenheit liegen kann. Und wie gesagt: Was eine "Überprüfung" epistemologisch überhaupt ist, das ist eine schwierige Frage. Das liegt daran, daß DU in den Überprüfungsprozeß selbst wiederum grundlegendere Theorien unhinterfragt hineinsteckst, z.B. daß uns unsere Wahrnehmung nicht täuscht.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Um die Existenz oder Inexistenz der freien Willens zu diskutieren, begebe ich mich auf die mir vertraute Plattform der Soziologie. Ich fange demnach mit einer Platitüde an, die keine ist, obschon sie auf vielen Kalendern als Tagesmotto prangt: „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ Von wem diese Weisheit stammt, erweckt nicht meine Anteilnahme. Der freie Wille (in Anbetracht des soeben geschriebenen Spruches): Was sollte man von ihm halten, z.B. als physisch Behinderter?

Mir gefällt der Spruch ebensowenig wie Dir. Der wahre Kern ist wohl, daß eine aktive, positive Einstellung die eigene Situation zuweilen verbessern oder zumindest erträglicher machen kann. In seiner ganzen Pauschalität muß der Spruch allerdings zynisch erscheinen, umsomehr als er manchmal sogar mißbraucht wird, um sich nicht mit den Problemen Anderer zu belasten.

#1302:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 14:03
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
...
Schopenhauer, Calvin, Laplace, Newton. Das ist die politisch-philosophisch-physikalistische Grundlage sowohl der determinationstheoretischen als auch der ordnungspolitischen Fantasien unseres überaus geschätzten Forumsteilnehmers step. Wissenschaft spielt da weniger eine Rolle, bestenfalls die zweite Geige.

Mir reicht es jetzt langsam mit Deinen Unterstellungen.

#1303: Auswahl oder Abwahl? - sowohl als auch! Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 14:07
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mein Argument war nur, dass durch den Ausschluss von (sinnlosen) Optionen, also die Verringerung der Wahlvielfalt, die Freiheit zu seinem Ziel zu gelangen, erhöht werden kann.

Intuitiv meint man aber, dass Freiheit immer mit mehr Wahlmöglichkeiten zu tun haben muss.


Mein Freiheitsbegriff im Kontext dieser Diskussion ist unabhängig von der Anzahl der Alternativen. Die Anzahl der Alternativen spielt überhaupt keine Rolle für die Frage, ob Freiheit existiert.


Und warum hast Du dann folgendes geschrieben?

zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.


Betonst Du damit nicht, dass Freiheit für Dich mit der Anzahl der Alternativen zusammenhängt?

zelig hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dabei wird m.E. übersehen, dass es schon darum geht, welchen Inhalt die verschiedenen Optionen in Bezug zu den Wünschen und Zielen haben.


Im Kontext dieser Diskussion spielt diese Frage meines Erachtens keine Rolle.


Auch der qualitative Inhalt der Alternativen ist Dir neben deren Quantität egal?

zelig hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wahlfreiheit an sich hat keinen Wert, sondern Wert haben nur solche Optionen, die auch den Bedürfnissen entsprechen.


Das finde ich sogar ein bisschen gefährlich. Wenn wir eine Instanz befürworten würden, die autorisiert wäre, den Wert einer Entscheidung abzuwägen, ggfs gegen den Willen des Betroffenen, dann hätte das eher einen freiheitsbeschränkenden Charakter. In autoritären Gesellschaften werden repressive Verhältnisse ja auch gerne so begründet. Das muss ich leider ablehnen. Allerdings berührt das nicht die Auseinandersetzung um den Freiheitsbegriff in der Diskussion über den Determinismus.


So meinte ich das eigentlich nicht, dass den Menschen ihr Wille ausgetrieben wird. Ein freies Individuum oder auch eine freie Gesellschaft können und sollten aber zur sichereren Erreichung ihrer Ziele genau die Optionen unmöglich machen, die für sie unerwünscht wären.

Das scheinbar Paradoxe wäre dann, dass durch die Verringerung der (Wahl-)Freiheit, die Freiheit (zu den gewünschten Zielen) nicht ab- sondern zunehmen würde. Und das liegt am qualitativen Inhalt der unerwünschten und negierten Optionen.

Mein Argument ist ja, dass Freiheit nicht Beliebigkeit meinen kann, wenn sie als Frieheit gelten soll, was ja gerade Bedürfnisse, Wille und Bewusstsein ebenso beinhaltet wie bestimmte Ziele. Und daraus folgt, dass die Diskussion um Willens-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit an der Sache vorbei geht. Wenn jemand in einem dunklen Verließ sitzt und niemand ihn hört, dann mögen sein Wille, sein Handeln, sein Entscheiden - hypothetisch - noch so frei sein. Sein Ziel wird er nie erreichen.

Deswegen schlage ich einerseits vor, stattdessen von Zielerreichungsfreiheit zu sprechen, wenn es um (höhere) Tiere und Menschen geht.

Und zweitens rege ich an, darüber nachzudenken, ob nicht die Evolution der Erkenntnis so etwas ist, wie ein Optimierungs- und Höherentwicklungsprozess, bei dem nicht nur Notwendigkeit, sondern auch Zufall eine Rolle spielen und als Pointe den Grad der bewussten Erkenntnis verschiedener, mehr oder weniger optimaler Optionen tendenziell erhöhen, so dass bestimmte Optionen quasi erst (vor dem Bewusstsein, aber damit auch objektiv!) *geschaffen* werden.

Die Frucht der Erkenntnis mit ihren spezifischen Gesetzmäßigkeiten ...-

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 11.07.2009, 14:11, insgesamt 2-mal bearbeitet

#1304:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 14:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
...
Schopenhauer, Calvin, Laplace, Newton. Das ist die politisch-philosophisch-physikalistische Grundlage sowohl der determinationstheoretischen als auch der ordnungspolitischen Fantasien unseres überaus geschätzten Forumsteilnehmers step. Wissenschaft spielt da weniger eine Rolle, bestenfalls die zweite Geige.

Mir reicht es jetzt langsam mit Deinen Unterstellungen.


Wieso? Ich habe mich auf Deine eigenen Worte berufen. (s.o.)

Skeptiker

#1305:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 14:24
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.
Beispiele, bitte !
Die Topologie der Raumzeit, bestimmte mikroskopische Vorgänge in der Nähe des Urknalls, Verhältnisse in Schwarzen Löchern großer Masse ...
Könntest Du diese Beispiele näher erläutern, bitte ! Besonders in Bezug auf die Ungültigkeit eines Urverursachers.

OK, ich nehme das erste: Wenn Du modellhaft auf das Gesamtuniversum blickst, und wir mal annehmen, daß es mathematisch-physikalisch einer Gruppe entspricht, die durch eine noch zu findende GUT bestimmt ist. Die dazugehörende Raumzeittopologie könnte im Großen oder auch im Kleinen geschlossen sein. In bezug auf ihre Gesamtheit wäre es dann sinnlos oder zumindest nicht zwingend, von einer Gesamt-Ursache zu sprechen, da Kausalität u.a. bestimmte Anforderungen an die zeitlich eindeutige Einbettung des Anfangs- und Endzustandes stellt, die hier nicht gegeben wären.

PataPata hat folgendes geschrieben:
... ich habe Dir nur eine einzige Frage gestellt, jene nach dem Urverursacher. Ich hüpfe nicht, ich bleibe bei dieser Frage. (Falls ich dann Zusatzfragen habe, kommt es daher, weil Du umherhüpfst und ich den Zusammenhang nicht mehr verstehe.)

Na gut, einigen wir uns darauf, daß ich umherhüpfe und Du den Zusammenhang nicht verstehst.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Das Argument der begrenzten Kausalität ist aber sehr fadenscheinig, besonders dass Du darauf beharrst, dass die Welt determiniert ist. Wenn sie determiniert ist, dann ist die Kausalität unbeschränkt. Wenn es dann Spezialfälle gibt, wo die zeitlich geordnete Kausalität nicht mehr gilt, dann muss der absolute Determinismus aufgehoben sein.

- Ich beharre nicht auf einer kompletten Determinierung, sondern behaupte sie nur für die multiversale Interpretation desjenigen Teiles der Welt, der sich mit der momentan bekannten Physik beschreiben läßt. Das reicht in diesem Zusammenhang (Freier Wille etc.) völlig aus.

- Kannst Du aufzeigen, inwiefern aus einem in der kompletten Welt gültigen Determinismus folgen würde, daß es einen äußeren Verursacher geben muß?

PataPata hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... und beim Determinismus lässt Du nur die Mesoebene zu.
step hat folgendes geschrieben:
Stimmt nicht, das gilt nur beim klassischen Determinismus. Beim Argumentieren gegen die KI und vor allem gegen einen wesentlichen Einfluss der QM auf Entscheidungen muß ich quantenphysikalisch argumentieren.
Was ist bei Dir KI ?

Kopenhagener Interpretation.

#1306:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 14:26
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Überprüfbar ist nur bereits Geschehenes.

Wie überprüfst Du denn, ob am 1. August 2008 eine Sonnenfinsternis stattgefunden hat?

#1307:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 14:26
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
...
Schopenhauer, Calvin, Laplace, Newton. Das ist die politisch-philosophisch-physikalistische Grundlage sowohl der determinationstheoretischen als auch der ordnungspolitischen Fantasien unseres überaus geschätzten Forumsteilnehmers step. Wissenschaft spielt da weniger eine Rolle, bestenfalls die zweite Geige.
Mir reicht es jetzt langsam mit Deinen Unterstellungen.
Wieso? Ich habe mich auf Deine eigenen Worte berufen. (s.o.)

- Habe ich irgendwo einen der genannten Philosophen als Grundlage angeführt oder auch nur genutzt?

- Habe ich nicht immer versucht, wissenschaftlich zu argumentieren und weniger politisch? Nehmen wir etwa Dich zum Vergleich ...

#1308: Re: Auswahl oder Abwahl? - sowohl als auch! Autor: zelig BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 15:20
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mein Argument war nur, dass durch den Ausschluss von (sinnlosen) Optionen, also die Verringerung der Wahlvielfalt, die Freiheit zu seinem Ziel zu gelangen, erhöht werden kann.

Intuitiv meint man aber, dass Freiheit immer mit mehr Wahlmöglichkeiten zu tun haben muss.


Mein Freiheitsbegriff im Kontext dieser Diskussion ist unabhängig von der Anzahl der Alternativen. Die Anzahl der Alternativen spielt überhaupt keine Rolle für die Frage, ob Freiheit existiert.


Und warum hast Du dann folgendes geschrieben?

zelig hat folgendes geschrieben:
Wenn von unterschiedlichen Modellen der Zukunft die Realisierung aller bis auf eine ausgeschlossen ist, genau dann ist Freiheit im Kontext dieser Diskussion ausgeschlossen.


Betonst Du damit nicht, dass Freiheit für Dich mit der Anzahl der Alternativen zusammenhängt?


Nein. Ich sage, daß die Existenz einer Alternative eine notwendige Bedingung für meinen Freiheitsbegriff darstellt.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dabei wird m.E. übersehen, dass es schon darum geht, welchen Inhalt die verschiedenen Optionen in Bezug zu den Wünschen und Zielen haben.


Im Kontext dieser Diskussion spielt diese Frage meines Erachtens keine Rolle.


Auch der qualitative Inhalt der Alternativen ist Dir neben deren Quantität egal?


Sie ist mir nicht gleichgültig. Ich sage, muss eine Grundbedingung für die Möglichkeit von Freiheit überhaupt erst existieren (um diese Frage geht es im Kontext dieser Diskussion). Das Urteil über eine Option ist erst gar nicht möglich, wenn sie nicht existiert.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wahlfreiheit an sich hat keinen Wert, sondern Wert haben nur solche Optionen, die auch den Bedürfnissen entsprechen.


Das finde ich sogar ein bisschen gefährlich. Wenn wir eine Instanz befürworten würden, die autorisiert wäre, den Wert einer Entscheidung abzuwägen, ggfs gegen den Willen des Betroffenen, dann hätte das eher einen freiheitsbeschränkenden Charakter. In autoritären Gesellschaften werden repressive Verhältnisse ja auch gerne so begründet. Das muss ich leider ablehnen. Allerdings berührt das nicht die Auseinandersetzung um den Freiheitsbegriff in der Diskussion über den Determinismus.


So meinte ich das eigentlich nicht, dass den Menschen ihr Wille ausgetrieben wird. Ein freies Individuum oder auch eine freie Gesellschaft können und sollten aber zur sichereren Erreichung ihrer Ziele genau die Optionen unmöglich machen, die für sie unerwünscht wären.

Das scheinbar Paradoxe wäre dann, dass durch die Verringerung der (Wahl-)Freiheit, die Freiheit (zu den gewünschten Zielen) nicht ab- sondern zunehmen würde. Und das liegt am qualitativen Inhalt der unerwünschten und negierten Optionen.

Mein Argument ist ja, dass Freiheit nicht Beliebigkeit meinen kann, wenn sie als Frieheit gelten soll, was ja gerade Bedürfnisse, Wille und Bewusstsein ebenso beinhaltet wie bestimmte Ziele. Und daraus folgt, dass die Diskussion um Willens-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit an der Sache vorbei geht. Wenn jemand in einem dunklen Verließ sitzt und niemand ihn hört, dann mögen sein Wille, sein Handeln, sein Entscheiden - hypothetisch - noch so frei sein. Sein Ziel wird er nie erreichen.

Deswegen schlage ich einerseits vor, stattdessen von Zielerreichungsfreiheit zu sprechen, wenn es um (höhere) Tiere und Menschen geht.

Und zweitens rege ich an, darüber nachzudenken, ob nicht die Evolution der Erkenntnis so etwas ist, wie ein Optimierungs- und Höherentwicklungsprozess, bei dem nicht nur Notwendigkeit, sondern auch Zufall eine Rolle spielen und als Pointe den Grad der bewussten Erkenntnis verschiedener, mehr oder weniger optimaler Optionen tendenziell erhöhen, so dass bestimmte Optionen quasi erst (vor dem Bewusstsein, aber damit auch objektiv!) *geschaffen* werden.

Die Frucht der Erkenntnis mit ihren spezifischen Gesetzmäßigkeiten ...-

Skeptiker


OK, ok. Das kann alles der Fall sein (ich habe sicher zu einigen Punkten abweichende Meinungen). Aber das ist alles rein lebensweltlich (step nennt das de Mesokosmos). Solange wir lebensweltlich argumentieren, stellen sich die Dissensen (richtiger Plural?) ganz anders dar, als im Rahmen wissenschafts- und erkenntnistheoretischer Diskussionen. Mein Insel-Szenario ist eigentlich eine Metapher.

#1309:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 15:32
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...]Nach meiner Auffassung bin ich nämlich genau dann (mehr oder weniger) frei, wenn ich die Zukunft (mehr oder weniger) bestimmen kann.

Entschuldige bitte, wenn ich im Moment nur auf diesen einen Punkt eingehe. Was bedeutet in diesem Zusammenhang genau "bestimmen"? Auf lebensweltliche Verhältnisse übertragen, könnten wir uns ein Szenario ausdenken:
Ein Mensch, der auf einer Insel geboren wird, von der er nicht weiß, daß sie eine Gefangeneninsel ist. Und er weiß auch nicht, daß die Insel in 3 Seemeilen entfernung von Minen umgeben ist. Wäre der nach Deiner Definition frei, da er seine Zukunft mehr oder weniger bestimmen kann? Und wäre er erst unfrei nach Deiner Definition, in dem Moment, wo er versucht diese für ihn zuvor unbekannte Linie zu kreuzen? Vielleicht kann er nicht schwimmen. Vielleicht hat er Angst vor Wasser. Vielleicht kommt er nie auf die Idee, die Insel zu verlassen, weil sie ihm so gut gefällt. Das wären alles dekbare Gründe, die wir durchdeklinieren könnten. Wichtig ist nur der Umstand, daß wir Aussenstehenden von der Tatsache wissen, daß die Insel vermint ist. Ist der Inselbewohner frei nach Deiner Definition?

Nach meinem Verständnis ist Freiheit nichts Binäres. Die Frage also: "ist dieser Mensch frei oder nicht?" kann ich so nicht beantworten, sie ergibt nämlich in meiner Sicht keinen Sinn, denn Freiheit ist für mich immer etwas Graduelles, jemand kann also nur mehr oder weniger frei sein. Dabei gibt es niemals (kann es prinzipiell nicht geben) absolute Freiheit. Man kann also immer seine Freiheit steigern und zwar dadurch, dass man mehr erkennt, Gegebenheiten, Begrenzungen, seine eigenen Motive usw. Und jemand ist auch nie völlig unfrei, bzw. eventuell nur dann, wenn er alle seine Denkfähigkeiten eingebüsst hätte.


Selbstverständlich. Es gibt unterschiedliche Freiheitsgrade. Da haben wir gar keinen Dissens. Aber das hat doch gar nichts mit dem Umstand zu tun, daß wir Kriterien dafür finden können, die Anwesenheit von Freiheit auszuschließen.


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Dabei möchte ich auch immer gerne zwischen Entscheidungsfreiheit (hat die Fähigkeit, möglichst viele Umstände zu erkennen und diese abzuwägen) und Handlungsfreiheit (kann seine Entscheidungen in die Tat umsetzen) unterscheiden. Nur wenn beides zusammen gegeben ist, ist jemand frei.

Wenn der Mann im Beispiel also über die Verminung der Insel nichts weiß, dann schränkt das seine Entscheidungsfreiheit ein, denn ihm fehlt Wissen. Seine Handlungsfreiheit wäre jedoch nicht eingeschränkt, wenn er nie den Wunsch hätte die Insel zu verlassen. Wenn er den Wunsch hätte, aber nicht schwimmen könnte, dann wäre seine Handlungsfreiheit durch dieses Unvermögen eingeschränkt.


Sehr gut. Da haben wir einen Dissens, denke ich. Wenn ich als Aussenstehender Wissen über die Verminung dieser Insel habe, dann ist es für meinen Freiheitsbegriff eine zwingende Folge, daß er in Bezug auf die 3-Meilen-Zone objektiv unfrei ist. In dieser Metapher wäre der Determinist jemand, der der Standpunkt einnimt, zu wissen, daß die Insel gleich am Uferrand vermint ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Wenn wir uns jetzt mal vorstellen, der Mann wäre auf der Insel glücklich, er verspürte nie den Wunsch, die Insel zu verlassen, er hätte dort alles, was er brauchte, ein erfülltes Leben, dann würde ich ihn als ziemlich frei ansehen. Die Minen wären dann keine Einschränkung für ihn, nicht mehr als für mich mein Unvermögen, den nächsten Stern anzufliegen.


Nein. So ist das nicht. Das völlig erfüllte Leben eines glücklichen Sklaven (metaphorisch gemeint), der von seiner Sklavenschaft nichts weiß, ist nach meinem Dafürhalten dennoch nicht frei.

#1310:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 15:54
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
Überprüfbar ist nur bereits Geschehenes.

Wie überprüfst Du denn, ob am 1. August 2008 eine Sonnenfinsternis stattgefunden hat?


Du, lieber Einsiedler, hast mich auf dem falschen Bein erwischt, und mir mit einer einfachen Frage meine Unwissenheit offenbart. Sollte es mir gelungen sein, Dich eine Weile lang zu unterhalten, dann teile mir dies bitte mit. – Ja, das alles ist gelogen, oder wenn ich es so sagen darf: improvisiert. – Wieviele Schweizerfranken verdiente ein Arbeiter anno 1960 pro Stunde? Wie lange arbeitete er pro Tag? Wie viel Zeit benötigte er, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen? – Solche und ähnliche Dinge erforschte ich. Die Frage des freien Willens stellte sich mir damals nicht.

Was ich Dir damit sagen will, frage ich Dich: Würdest Du die Ergebnisse meiner umfangreichen Untersuchungen für wahr halten?

Gruß von Leila*

#1311:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 15:55
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn der Mann im Beispiel also über die Verminung der Insel nichts weiß, dann schränkt das seine Entscheidungsfreiheit ein, denn ihm fehlt Wissen. Seine Handlungsfreiheit wäre jedoch nicht eingeschränkt, wenn er nie den Wunsch hätte die Insel zu verlassen. Wenn er den Wunsch hätte, aber nicht schwimmen könnte, dann wäre seine Handlungsfreiheit durch dieses Unvermögen eingeschränkt.

Sehr gut. Da haben wir einen Dissens, denke ich. Wenn ich als Aussenstehender Wissen über die Verminung dieser Insel habe, dann ist es für meinen Freiheitsbegriff eine zwingende Folge, daß er in Bezug auf die 3-Meilen-Zone objektiv unfrei ist.

Ich sehe keinen Dissens. Eben das habe ich doch auch gesagt, oder etwa nicht?

zelig hat folgendes geschrieben:
In dieser Metapher wäre der Determinist jemand, der der Standpunkt einnimt, zu wissen, daß die Insel gleich am Uferrand vermint ist.

Diese Analogie verstehe ich nicht. Meinst Du jetzt den Außenstehenden oder den Mann auf der Insel?

zelig hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn wir uns jetzt mal vorstellen, der Mann wäre auf der Insel glücklich, er verspürte nie den Wunsch, die Insel zu verlassen, er hätte dort alles, was er brauchte, ein erfülltes Leben, dann würde ich ihn als ziemlich frei ansehen. Die Minen wären dann keine Einschränkung für ihn, nicht mehr als für mich mein Unvermögen, den nächsten Stern anzufliegen.

Nein. So ist das nicht. Das völlig erfüllte Leben eines glücklichen Sklaven (metaphorisch gemeint), der von seiner Sklavenschaft nichts weiß, ist nach meinem Dafürhalten dennoch nicht frei.

Na gut, das verstehe ich auch nicht, vor allem deswegen, weil wir uns doch einig sind dabei, dass Freiheit immer etwas Graduelles sein muss. Metaphorisch gesprochen sind wir deswegen alle Sklaven (egal, ob glücklich oder nicht), denn wir können unsere Lebensumstände niemals bis ins Kleinste durchschauen. Es gibt daher für uns alle irgendwo solche Minen, von denen wir bislang nichts wissen, die wir aber vielleicht irgendwann mal entdecken. Und dann gibt es wahrscheinlich immer noch andere unbekannte Minen. Das bedeutet aber in meiner Ansicht nicht, dass wir nicht frei seien.

#1312:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 16:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Mir reicht es jetzt langsam mit Deinen Unterstellungen.

Step betrachte ich als einen mir ebenbürtigen Gesprächspartner. Dies mußte ich sagen (weil ich es nicht verheimlichen konnte).

Gruß von Leila*

#1313:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 18:04
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
...Wieviele Schweizerfranken verdiente ein Arbeiter anno 1960 pro Stunde? Wie lange arbeitete er pro Tag? Wie viel Zeit benötigte er, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen? – Solche und ähnliche Dinge erforschte ich. Die Frage des freien Willens stellte sich mir damals nicht.
Warum hast Du solche Sachen erforscht ? Wer oder was hat Dich dazu gezwungen ? Oder hast Du das nicht etwa freiwillig getan ?

#1314:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 20:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nicht alles muß durch etwas verursacht sein, das zeitlich davor liegt.
Beispiele, bitte !
Die Topologie der Raumzeit, bestimmte mikroskopische Vorgänge in der Nähe des Urknalls, Verhältnisse in Schwarzen Löchern großer Masse ...
Könntest Du diese Beispiele näher erläutern, bitte ! Besonders in Bezug auf die Ungültigkeit eines Urverursachers.

OK, ich nehme das erste: Wenn Du modellhaft auf das Gesamtuniversum blickst, und wir mal annehmen, daß es mathematisch-physikalisch einer Gruppe entspricht, die durch eine noch zu findende GUT bestimmt ist. Die dazugehörende Raumzeittopologie könnte im Großen oder auch im Kleinen geschlossen sein. In bezug auf ihre Gesamtheit wäre es dann sinnlos oder zumindest nicht zwingend, von einer Gesamt-Ursache zu sprechen, da Kausalität u.a. bestimmte Anforderungen an die zeitlich eindeutige Einbettung des Anfangs- und Endzustandes stellt, die hier nicht gegeben wären.
Das sind recht viele Annahmen. Es ist auch durchaus möglich - sogar wahrscheinlich - dass die Raumzeittopologie offen oder flach ist. Dann hat schon dieses Beispiel keine Gültigkeit in dieser Frage.
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Das Argument der begrenzten Kausalität ist aber sehr fadenscheinig, besonders dass Du darauf beharrst, dass die Welt determiniert ist. Wenn sie determiniert ist, dann ist die Kausalität unbeschränkt. Wenn es dann Spezialfälle gibt, wo die zeitlich geordnete Kausalität nicht mehr gilt, dann muss der absolute Determinismus aufgehoben sein.
- Ich beharre nicht auf einer kompletten Determinierung, sondern behaupte sie nur für die multiversale Interpretation desjenigen Teiles der Welt, der sich mit der momentan bekannten Physik beschreiben läßt. Das reicht in diesem Zusammenhang (Freier Wille etc.) völlig aus.
Das tönt einfach danach, dass Du ganz nach Belieben das oder was anderes als Kriterium nimmst. Wenn es sich um die Betrachtung des freien Willens handelt, dann ist alles determiniert. Wenn es um einen Urverursacher handelt, dann ist es auf einmal nicht mehr. Die Ebenen Mikro-, Meso- und Makro- sind nicht klar abgegrenzt, besonders wenn Du Dich auf die Kopenhagener Deutung berufst:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
"Gemäß der Kopenhagener Interpretation ist der Wahrscheinlichkeitscharakter quantentheoretischer Vorhersagen nicht Ausdruck der Unvollkommenheit der Theorie, sondern des prinzipiell nicht-deterministischen Charakters von Naturvorgängen."
Aber auch eine multiversale Interpretation schliesst eine Form des freien Willens nicht aus.
step hat folgendes geschrieben:
- Kannst Du aufzeigen, inwiefern aus einem in der kompletten Welt gültigen Determinismus folgen würde, daß es einen äußeren Verursacher geben muß?
Ach, der klassische kausale Gottesbeweis von Aristoteles mit der Kritik
Zitat:
Der Geltungsbereich des Kausalitätsprinzips ("Alles hat eine Ursache") ist umstritten; z.B. kann dieser auf innerweltliche Ereignisse eingeschränkt verstanden werden; auch kann das Prinzip variiert werden (z.B. "Jede Wirkung oder "alles Kontingente" hat eine Ursache". Dies würde aber nicht das Argument retten, sondern zirkulär machen. Lehnt man das Prinzip aus unabhängigen Gründen ganz ab, scheitert das Argument ohnehin. Ein Motiv dafür könne sein: Verschiedene (makroskopische) Systeme zeigten unter bestimmten Bedingungen "spontan" ohne Auslöser auftretende Phänomene, Strukturen oder Entitäten (Selbstorganisation, Strukturbildungprozesse, Emergenz). Diese Entitäten könnten wiederum die Grundbausteine für übergeordnete Strukturen bilden. Dies mache es denkbar, dass nicht alles auf eine erste Ursache zurückgeht.
Man könnte auch umgekehrt argumentieren, dass, wenn es keinen Gott als Urverursacher gibt, dann kann das Kausalitätsprinzip nicht in jedem Fall streng gelten, und das auf allen Ebenen(Mikro-, Meso und Makro).
PataPata hat folgendes geschrieben:
... und beim Determinismus lässt Du nur die Mesoebene zu.
step hat folgendes geschrieben:
Stimmt nicht, das gilt nur beim klassischen Determinismus. Beim Argumentieren gegen die KI und vor allem gegen einen wesentlichen Einfluss der QM auf Entscheidungen muß ich quantenphysikalisch argumentieren.
Schon wieder einmal so und einmal anders, wie's beliebt. Was nennst Du eigentlich "klassischer Determinismus"?

#1315:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 22:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
...
Schopenhauer, Calvin, Laplace, Newton. Das ist die politisch-philosophisch-physikalistische Grundlage sowohl der determinationstheoretischen als auch der ordnungspolitischen Fantasien unseres überaus geschätzten Forumsteilnehmers step. Wissenschaft spielt da weniger eine Rolle, bestenfalls die zweite Geige.
Mir reicht es jetzt langsam mit Deinen Unterstellungen.
Wieso? Ich habe mich auf Deine eigenen Worte berufen. (s.o.)

- Habe ich irgendwo einen der genannten Philosophen als Grundlage angeführt oder auch nur genutzt?


Bewusst und explizit nicht. Aber unsere kleine Leila*, genannt "El Ali" hat Dir gezeigt, woher Deine Gedankentraditionen kommen. Und ich möchte sogar noch einen draufsetzen: Die Idee des Determinismus ist religiöser Herkunft, auch wenn einige religiöse Richtungen glauben, dass "Gott" - obwohl er es könnte! - nicht alles festlegt. Der Determinismus-Glaube von Calvin und Luther beruht jedoch auf derselben Grundlage: "Gott" legt alles fest, weil er alles festlegen kann. Andere religiöse Richtungen unterstützen zumindest diese "göttliche" Allmacht.

Oder anders gesagt: Wenn es "Gott" nicht gefällt, dass der Mensch frei ist, dann ist der Mensch auch nicht frei, Basta!

Dass in einigen philosophischen Theorien bürgerlicher Wissenschaftler die angeblichen Naturgesetze die Rolle "göttlicher" Setzungen übernehmen, ist lediglich eine Verschleierung gleicher philosophischer Grundlagen. Mit Wissenschaft hat das wenig zu tun. Die Physik gibt diese Schlussfolgerungen eines Welt-Determinismus auch gar nicht her, sondern ist *lediglich* Teil des gesamten Wissenschaftssystems insgesamt und will insofern sorgfältig interpretiert werden, in Kommunikation mit allen anderen Wissenschaften.

Die Physik hat nicht die Möglichkeit, alle Entwicklungsgsetze - z.B. die der Erkenntnis - zu beschreiben. Und die fixe Idee, dass etwas, für das keine physikalische Formel existiert auch als Realität nicht existiert, ist schon etwas lächerlich.

step hat folgendes geschrieben:
- Habe ich nicht immer versucht, wissenschaftlich zu argumentieren und weniger politisch? Nehmen wir etwa Dich zum Vergleich ...


Einen politischen Charakter nehmen solche physikalistischen Philosophien spätestens dann an, wenn "der Gesellschaft" plötzlich die Freiheit (!) zugestanden wird, Individuen erfolgreich "präventiv zu behandeln", was wohl ein anderer Ausdruck für Gehirnwäsche ist. Wohlgemerkt: In Deiner (steps) Vision ist dieses Ziel für das Subjekt (?) namens Gesellschaft völlig frei auswählbar und auch erreichbar, was wohl meiner Kategorie der Zielerreichungsfreiheit entsprechen würde.

Nur dem Individuum wird eine solche Freiheit ausgehend vom Willen hin zu einem bestimmen Ziel nicht zugestanden, ja als Illusion hingestellt.

Wie das?

Das ist unlogisch. Wenn ersteres ginge, so ginge auch zweiteres, oder gar nichts von beiden.

Wenn Du Wissenschaftler sein willst und nicht nur Fachidiot, dann sollte Dir zuallererst die elementarste Logik vertraut sein, da Du Dich sonst in heikle Widersprüche verstrickst, die - wie ich meine - nur politisch motiviert sein können.

Skeptiker

#1316:  Autor: narziss BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 22:59
    —
Mir sind ja viele politische Wissenschaften bekannt - aber wie sieht die apolitische Physik aus?

#1317:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 11.07.2009, 23:42
    —
Aus dem Tagebuch eines Wahnsinnigen

Montag. – Ausgestattet mit einem freien Willen, harhar, sitze ich im Luftschutzkeller und fühle mich wie Superman. Zwar tauge ich zu nichts; trotzdem träume ich unter Tage von einer steilen Karriere: Wie ich – ohne jemals einen Teller gewaschen zu haben – Millionär wurde … Robert Crumb könnte mich zeichnen, Frank Zappa besingen.

Die mir angeborene Scheu verhinderte bisher, kein öffentliches Ärgernis zu werden. Schon komisch das. Seitdem mich Bertrand Jérôme De Vallier – ich heiße bloß Franz Kurz – einen Motherfucker nannte, habe ich keinen Bock mehr auf Mami. Mit ziemlicher Sicherheit bin ich erblich belastet von Seiten meines Alten. Nachdem mir die Muttermilch verleidete, wurde ich mit Nutella und Ovomaltine ernährt. Darum schaue ich so leichenblaß wie Ziegenbutter aus.

Meine Freundin müßte Mercedes heißen, unbedingt aber deutschstämmig sein, so, wie ich, und blond wie Barbie. Urdeutsch und einheimisch noch dazu. – Ach du große Scheiße! Was meine Lieblingsbücher sind oder seien? So dumm kann nur ein Lehrer fragen. „The Catcher in the Rye“, logo. Und natürlich „Die neuen Leiden des jungen W.“

So. Nun muß ich noch schnell meine Hausaufgabe erledigen. Da ich deutscher Wertarbeit blindes Vertrauen schenke, handle ich das mir aufgetragene Thema kurz ab (nomen est omen): Niemand wird mich richten! Denn darüber, ob die Unzurechnungsfähigkeit dem freien Willen entspricht oder ein Milderungsgrund für was auch immer sei, muß erst noch nachgedacht werden. Irgendwann nehme ich mir die Zeit dazu. Bevor es dazu zu spät ist.

#1318:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 00:39
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PataPata hat folgendes geschrieben:
Warum hast Du solche Sachen erforscht ? Wer oder was hat Dich dazu gezwungen ? Oder hast Du das nicht etwa freiwillig getan ?

Ich weiß es nicht, PataPata. Seit jeher fühlte ich mich bedrängt, gezogen und gestoßen. Die von mir aus dem Dunklen ans Licht gebrachten Erkenntnisse trugen nichts zur Erheiterung bei. Ich tue und tat alles unter Zwang. Solange mein Herz klopft, denke, rede und schreibe ich. Was mir gerade einfällt, das sage ich. Wählerisch sollen andere sein. Im Laufe der Zeit eignete ich mir ein derart großes Wissen an, daß ich mir jede Dummheit erlauben kann.

Ob sich jemand dafür interessiert, wieviele Schweizerfranken ein Arbeiter im Monat anno soundso verdiente, und wieviele ein Fabrikherr, dies interessierte mich nicht. Mir ging es allein um den Sachverhalt. Mich wunderte, weshalb Menschen Menschen unverdienterweise dienen. Die Frage „arm und reich“ trieb mich um. An die Freiwilligkeit dachte ich nicht einen Augenblick lang – angesichts der vielen Zwänge.

Warum schreibe ich in diesem Forum und in andern Foren? Ich stehe ja nicht unter Publikationszwang. Freiwillig mit Bestimmheit nicht. Das ist sicher.

Gruß von Leila*

#1319: Die Freiheit des Nichtwollens Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 02:19
    —
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Du kannst wohl schlecht "Nein" sagen, oder ?

()

#1320:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 08:58
    —
Hallo Tso Wang!

„Die Freiheit des Nichtwollens“ liefert mir das schlagendste Argument gegen den freien Willen: das mangelnde Können bzw. Unvermögen.

Gruß von Leila*

#1321:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 09:21
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Habe ich irgendwo einen der genannten Philosophen als Grundlage angeführt oder auch nur genutzt?
Bewusst und explizit nicht. Aber unsere kleine Leila*, genannt "El Ali" hat Dir gezeigt, woher Deine Gedankentraditionen kommen. Und ich möchte sogar noch einen draufsetzen: Die Idee des Determinismus ist religiöser Herkunft, auch wenn einige religiöse Richtungen glauben, dass "Gott" - obwohl er es könnte! - nicht alles festlegt. Der Determinismus-Glaube von Calvin und Luther beruht jedoch auf derselben Grundlage: "Gott" legt alles fest, weil er alles festlegen kann. Andere religiöse Richtungen unterstützen zumindest diese "göttliche" Allmacht.

Du fackelst einen Riesen-Strohmann ab. Mir ist sowas von egal, welche Theologen Deterministen waren und welche nicht.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Physik hat nicht die Möglichkeit, alle Entwicklungsgsetze - z.B. die der Erkenntnis - zu beschreiben.

Auch das ist irrelevant. Es reicht, daß alle Wirkungen letztlich physikalisch sind, daß also alle Theorien anderer Wissenschaften dem nicht widersprechen dürfen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Habe ich nicht immer versucht, wissenschaftlich zu argumentieren und weniger politisch? Nehmen wir etwa Dich zum Vergleich ...
Einen politischen Charakter nehmen solche physikalistischen Philosophien spätestens dann an, ...

Es it mir egal, ob sie "einen politischen Charakter annehmen", mich interessieren Fakten, und ich bin nicht bereit, sie zu verbiegen, nur damit Deine politische Richtung herauskommt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Nur dem Individuum wird eine solche Freiheit ausgehend vom Willen hin zu einem bestimmen Ziel nicht zugestanden, ja als Illusion hingestellt.

Das Individuum hat individuelle Interessen, die es in eine Konsensfindung einbringen kann.

#1322:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 09:38
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Die dazugehörende Raumzeittopologie könnte im Großen oder auch im Kleinen geschlossen sein. In bezug auf ihre Gesamtheit wäre es dann sinnlos oder zumindest nicht zwingend, von einer Gesamt-Ursache zu sprechen, da Kausalität u.a. bestimmte Anforderungen an die zeitlich eindeutige Einbettung des Anfangs- und Endzustandes stellt, die hier nicht gegeben wären.
Das sind recht viele Annahmen. Es ist auch durchaus möglich - sogar wahrscheinlich - dass die Raumzeittopologie offen oder flach ist. Dann hat schon dieses Beispiel keine Gültigkeit in dieser Frage.

Na und? Für meine Widerlegung Deiner Behauptung, ich müsse an einen Erstverursacher glauben, reicht völlig aus, daß es so sein könnte, wie ich geschrieben hbe.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Das tönt einfach danach, dass Du ganz nach Belieben das oder was anderes als Kriterium nimmst. Wenn es sich um die Betrachtung des freien Willens handelt, dann ist alles determiniert.

Nein, ich habe schon x-mal erklärt, warum man in diesem Fall diese Näherung machen kann.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Wenn es um einen Urverursacher handelt, dann ist es auf einmal nicht mehr. Die Ebenen Mikro-, Meso- und Makro- sind nicht klar abgegrenzt, ...

Ich habe nicht behauptet, daß sie klar abgegrenzt seien.

PataPata hat folgendes geschrieben:
... besonders wenn Du Dich auf die Kopenhagener Deutung berufst:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
"Gemäß der Kopenhagener Interpretation ist der Wahrscheinlichkeitscharakter quantentheoretischer Vorhersagen nicht Ausdruck der Unvollkommenheit der Theorie, sondern des prinzipiell nicht-deterministischen Charakters von Naturvorgängen."

Der echte Zufall der Kopenhagener Deutung würde zwar gegen den Determinismus sprechen, nicht aber für einen Erstverursacher.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Aber auch eine multiversale Interpretation schliesst eine Form des freien Willens nicht aus.

"eine Form" - naja, man kann "freier Wille" einfach sehr weit fassen, so daß selbt ein komplett determinierter Wille noch "im soziologischen Sinne" frei ist, oder ähnlich.

PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Kannst Du aufzeigen, inwiefern aus einem in der kompletten Welt gültigen Determinismus folgen würde, daß es einen äußeren Verursacher geben muß?
Ach, der klassische kausale Gottesbeweis von Aristoteles mit der Kritik
Zitat:
... Dies mache es denkbar, dass nicht alles auf eine erste Ursache zurückgeht.

Ja, genau. Damit ist Dene Behauptung doch stark angeschossen, oder? Warum machst Du sie überhaupt, wenn Du schon weißt, daß sie widerlegt ist?

PataPata hat folgendes geschrieben:
Man könnte auch umgekehrt argumentieren, dass, wenn es keinen Gott als Urverursacher gibt, dann kann das Kausalitätsprinzip nicht in jedem Fall streng gelten, und das auf allen Ebenen(Mikro-, Meso und Makro).

Klar, und ich habe auch gar nicht behauptet, daß das Kausalitätsprinzip streng (also z.B. auch außerhalb der Welt) gelte.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Was nennst Du eigentlich "klassischer Determinismus"?

Naturgesetze, in denen der quantenmechanische Zufall der Kopenhagener Deutung vernachlässigt werden kann, z.B. aufgrund der überwiegenden Dekohärenz.

#1323:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 10:05
    —
B* (ich schreibe seinen Vornamen nicht aus, da er äußerst selten ist) war ein angeberischer Junge. Ich war ein mutiges Mädchen. „Ich könnte“, behauptete er, „über diesen Graben springen.“ „Dann spring doch!“ ermunterte ich ihn. „Ach, ich habe heute keine Lust dazu“, sagte er. Ich nahm Anlauf und sprang zu seinem Erstaunen über den Graben.

Eine lange Zeit bewunderte ich ihn für nichts und wieder nichts. Einmal ließ uns mein böser Großvater um die Wette rennen. Da ich, im Gegensatz zum plumpen B*, leicht wie eine Gazelle war, gewann ich den Wettlauf. Als er am Ziel ankam, keuchte er, schnappte nach Luft und sagte, nachdem er sich beruhigt hatte: „Ich hätte dich überholen können!“ „Warum tatest du es nicht?“ fragte ich ihn. „Weil ich nicht wollte“, antwortete er. „Warum nicht?“ fragte ich ihn. „Weil man nicht mit Mädchen um die Wette laufen soll“, erklärte er mir siegesbewußt. Noch heute sehe ich auf seinem Haupt den inzwischen verwelkten eingebildeten Lorbeerkranz.

#1324:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 10:10
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Hallo Tso Wang!

„Die Freiheit des Nichtwollens“ liefert mir das schlagendste Argument gegen den freien Willen: das mangelnde Können bzw. Unvermögen.

Gruß von Leila*


.

Wie meinst Du das?

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#1325:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 10:13
    —
Ein Genealoge fand heraus, daß die Behaupter des freien Willens ein Elternpaar zu gemeinsamen Vorfahren haben: den Baron von Münchhausen und seine Haushälterin.

#1326:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 10:22
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wie meinst Du das? ()

Lieber Chinese, die Sonntagsschule ist längst aus.

Gruß von Leila*

#1327:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 10:52
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wie meinst Du das? ()

Lieber Chinese, die Sonntagsschule ist längst aus.

Gruß von Leila*


.

Na, siehst Du. Du nutzt Dein Veto-Recht. Du kannst also doch "nein" sagen.

()

#1328:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 10:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Habe ich irgendwo einen der genannten Philosophen als Grundlage angeführt oder auch nur genutzt?
Bewusst und explizit nicht. Aber unsere kleine Leila*, genannt "El Ali" hat Dir gezeigt, woher Deine Gedankentraditionen kommen. Und ich möchte sogar noch einen draufsetzen: Die Idee des Determinismus ist religiöser Herkunft, auch wenn einige religiöse Richtungen glauben, dass "Gott" - obwohl er es könnte! - nicht alles festlegt. Der Determinismus-Glaube von Calvin und Luther beruht jedoch auf derselben Grundlage: "Gott" legt alles fest, weil er alles festlegen kann. Andere religiöse Richtungen unterstützen zumindest diese "göttliche" Allmacht.

Du fackelst einen Riesen-Strohmann ab. Mir ist sowas von egal, welche Theologen Deterministen waren und welche nicht.


Oh, das sollte Dir nicht egal sein, step. Vielmehr sollte auch der Physiker wissen, wann er die Grenze zur Philosophie überschreitet. Viele Physiker scheinen das nicht zu wissen oder nicht wahrhaben zu wollen. Ich weise nur mal darauf hin, wieviel unterschiedliche Interpretationen es innerhalb einiger pyhsikalischer Forschungsergebnisse geben kann. Die Frage stellt sich für mich hier durchaus streng. Ich will wissen, welche Interpretation richtig ist und welche falsch. Einige Physiker begnügen sich jedoch damit, ihre Philosophie der Physik aufzudrücken, so als würde sich die Welt darum kümmern, was für eine private Meinung sie über die Welt haben. Beispiel: "Ich glaube nicht, dass Gott würfelt." (Albert Einstein). Wen interessieren denn solche religiösen Glaubenssätze? "Gott" vielleicht. Die Natur nicht. denn diese würfelt, "Gott" ist zu blöd dazu. Vielleicht hat er auch keine Würfel.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Physik hat nicht die Möglichkeit, alle Entwicklungsgsetze - z.B. die der Erkenntnis - zu beschreiben.

Auch das ist irrelevant. Es reicht, daß alle Wirkungen letztlich physikalisch sind, daß also alle Theorien anderer Wissenschaften dem nicht widersprechen dürfen.


Was soll denn das heissen, alle Wirkungen sind letztlich "physikalisch"? Das kann man so einfach daher sagen. Aber das Phänomen der Erkenntnis ist äußerst verzwickt und das liegt nicht nur an der Definitionslust diverser Erkenntnistheoretiker. Wenn es nämlich so etwas gibt, wie eine "Evolution der Erkenntnis", dann muss man überlegen, welche Analogien man evtl, dafür ansetzen muss und welche sich verbieten, weil nicht zutreffend.

Du schreibst, dass "alle Theorien anderer Wissenschaften" der Physik nicht widersprechen dürfen. wäre es nicht korrekter zu schreiben, dass sie (allen?/einigen?/welchen?) "Theorien der Physik" nicht widersprechen dürfen? Oder gibt es keine Theorien in der Physik noch dazu unterschiedliche?

Es ist ein verzweifelter Versuch, sich in die "reine Empirie" zu flüchten, so als wenn diese sich selbst richtig interpretieren könnte. Dieser Positivismus ist letzten Endes hilflos.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Habe ich nicht immer versucht, wissenschaftlich zu argumentieren und weniger politisch? Nehmen wir etwa Dich zum Vergleich ...
Einen politischen Charakter nehmen solche physikalistischen Philosophien spätestens dann an, ...

Es it mir egal, ob sie "einen politischen Charakter annehmen", mich interessieren Fakten, und ich bin nicht bereit, sie zu verbiegen, nur damit Deine politische Richtung herauskommt.


Wie gesagt: "Fakten" müssen erst richtig interpretiert und verstanden werden. Es kann nicht sein, dass die Physik dafür missbraucht wird, um alte religiös-philosophische Hüte zu restaurieren.

Sigmund Freud hat analog dazu den Begriff der "Rationalisierung" verwendet, um zu beschreiben, dass eigentlich irrationale Antriebe nachträglich mit pseudo-rationalen Begründungen gerechtfertigt werden.

Es gibt einen mitunter politisch motivierten Wunsch, überall Ordnung und Kausalität zu finden, um die Welt zu kontrollieren und zu durchschauen und die Angst vor Unordnung, Chaos und Kontrollverlust zu bannen. Das hat auch mit einem politischen Konservatismus zu tun bzw. ist zumndest damit kompatibel. Früher hiess das: "göttliche Ordnung".

Nun ist die aber durch modernste wissenschaftlicher Erkennntisse (- und nicht nur in der Physik! -) ziemlich empfindlich erschüttert, diese "göttliche Ordnung" des alten Mechanikers Newton und des alten Dämonenbändigers Laplace.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Nur dem Individuum wird eine solche Freiheit ausgehend vom Willen hin zu einem bestimmen Ziel nicht zugestanden, ja als Illusion hingestellt.

Das Individuum hat individuelle Interessen, die es in eine Konsensfindung einbringen kann.


Ach so. Na dann ist ja gut. Cool

Skeptiker

#1329:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 11:45
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Ein Genealoge fand heraus, daß die Behaupter des freien Willens ein Elternpaar zu gemeinsamen Vorfahren haben: den Baron von Münchhausen und seine Haushälterin.


Sehr glücklich
In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage an Dich liebe Leila.
Als ursprünglicher Vertreter des freien Willens habe ich mich bereits in einer früheren Diskussion hier,
Steps Argumentation nicht wiederlegend entziehen können und tendiere daher inzwischen eher dazu
die "Welt" (mit eventuell wenigen Ausnahmen) als vollständig determiniert zu akzeptieren.

Wenn dem aber so wäre, dann müßte man doch aber akzeptieren das eine vollständige (eventuell
wissenschaftlich belegbare) Determination nichts anderes ist, als das was früher -> Schicksal genannt
wurde - oder?

#1330:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 12:14
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich will wissen, welche Interpretation richtig ist und welche falsch.


Schön und gut. Wie gedenkst du das anzustellen?

#1331:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 12:16
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Es kann nicht sein, dass die Physik dafür missbraucht wird, um alte religiös-philosophische Hüte zu restaurieren.


Es kann nicht sein, was poltischer Sicht nicht sein darf? Smilie
Ehrlich gesagt finde ich die Akzeptanz von "schicksalhafter" Determination gar nicht so
sehr religös. Haben nicht vielmer die monotheistischen Religionen versucht die Menschen
anzuhalten sich mittels umfangreichen Regelwerken der Determination entgegen zu stellen
um daraus folgend neue vereinfachte und dadurch beherrschbare Determinationskontexte zu
provozieren?
Zunächstmal behinhalten doch die Regeln z.B. des Christentums klare Zwänge sich gegen
die Determination zu verhalten. (was m.E. die Ursache dafür sein kann, das sie von den
"Gläubigen" gar nicht bzw. nur teilweise befolgt werden können.)

Zitat:

Es gibt einen mitunter politisch motivierten Wunsch, überall Ordnung und Kausalität zu finden, um die Welt zu kontrollieren und zu durchschauen und die Angst vor Unordnung, Chaos und Kontrollverlust zu bannen.


Naja - vollständige Determination wäre ja oberflächlich das völlige Chaos. Im Grunde zwar
trotzdem auch eine systematische Struktur, welche aber ob ihrer hochauflösenden komplexen
Dezentraliserung weder vollständig durchschaut - noch daraus folgend wirklich beherrscht werden kann.

Dem Wunsch sie zu beherrschen - ohne sie durchschauen zu können/müssen - dürften
doch eher die Struktur vereinfachende Bestrebungen geschuldet sein. Wie z.B. das Etablieren
hirachischer Strukturen oder auch die Ablehnung des marktwirtschaftlichen "Chaos" Smilie

Zitat:

Das hat auch mit einem politischen Konservatismus zu tun bzw. ist zumndest damit kompatibel. Früher hiess das: "göttliche Ordnung".


Eigentlich nicht - "göttliche Ordnung" und auch jede andere Art von poltischen Konservatismus,
vertreten doch gerade - die "chaotische" Determination sortierende Strukturen,
welche die Determination - zwanghaft - so strukturieren das sie wenigstens begrenzt
berechen- und damit beherrschbar werden.
Das dies regelmäßig nicht vollständig und/oder nicht in der gewünschten Richtung funktioniert,
spricht doch eher für das Vorhandensein selbstregulierender determinierter Strukturen,
welche dem Regulierungsanspruch jeglicher Art von "Beherrschern" entgegen wirken.

#1332:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 12:25
    —
AXO hat folgendes geschrieben:


Wenn dem aber so wäre, dann müßte man doch aber akzeptieren das eine vollständige (eventuell
wissenschaftlich belegbare) Determination nichts anderes ist, als das was früher -> Schicksal genannt
wurde - oder?



.

Determinismus = Fatalismus ? Sehr interessant. Melde mich heute abend nochmal.

Ich schwinge mich erstmal noch ein wenig auf's Rad und gucke dann den
anderen ein wenig zu.

()

#1333:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 12:30
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du fackelst einen Riesen-Strohmann ab. Mir ist sowas von egal, welche Theologen Deterministen waren und welche nicht.
Oh, das sollte Dir nicht egal sein, step. Vielmehr sollte auch der Physiker wissen, wann er die Grenze zur Philosophie überschreitet.

Und umgekehrt. Viele einstmals theologischen Fragen wurden zu philosophischen und sind inzwischen physikalische. Zum Beispiel die nach Determinismus und Kausalität.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Viele Physiker scheinen das nicht zu wissen oder nicht wahrhaben zu wollen. Ich weise nur mal darauf hin, wieviel unterschiedliche Interpretationen es innerhalb einiger pyhsikalischer Forschungsergebnisse geben kann.

Im Gegensatz zur Philosophie hat die Physik überhaupt überprüfbare Ergebnisse.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Frage stellt sich für mich hier durchaus streng. Ich will wissen, welche Interpretation richtig ist und welche falsch. Einige Physiker begnügen sich jedoch damit, ihre Philosophie der Physik aufzudrücken, so als würde sich die Welt darum kümmern, was für eine private Meinung sie über die Welt haben. Beispiel: "Ich glaube nicht, dass Gott würfelt." (Albert Einstein). Wen interessieren denn solche religiösen Glaubenssätze?

Der Wissenschaftler sollte möglichst deutlich unterscheiden zwischen guten, überprüfbaren Theorien, Hypothesen, und privater Metaphysik.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du schreibst, dass "alle Theorien anderer Wissenschaften" der Physik nicht widersprechen dürfen. wäre es nicht korrekter zu schreiben, dass sie (allen?/einigen?/welchen?) "Theorien der Physik" nicht widersprechen dürfen?

Ja, natürlich. Allen gut überprüften.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es kann nicht sein, dass die Physik dafür missbraucht wird, um alte religiös-philosophische Hüte zu restaurieren.

Strohmann: Ich mißbrauche die Physik nicht, schon gar nicht zu diesem Zweck.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sigmund Freud hat analog dazu den Begriff der "Rationalisierung" verwendet, um zu beschreiben, dass eigentlich irrationale Antriebe nachträglich mit pseudo-rationalen Begründungen gerechtfertigt werden.

Das kenne ich aus Religion, Kommunismus u.ä., weniger aus der Naturwissenschaft.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es gibt einen mitunter politisch motivierten Wunsch, überall Ordnung und Kausalität zu finden, um die Welt zu kontrollieren und zu durchschauen und die Angst vor Unordnung, Chaos und Kontrollverlust zu bannen. Das hat auch mit einem politischen Konservatismus zu tun bzw. ist zumndest damit kompatibel. Früher hiess das: "göttliche Ordnung".

Irrelevant: Naturwissenschaftliche Theorien funktionieren unabhängig von konservativen Einstellungen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nun ist die aber durch modernste wissenschaftlicher Erkennntisse (- und nicht nur in der Physik! -) ziemlich empfindlich erschüttert, ...

Strohmann: Welche MEINER Behauptungen sind durch "modernste wissenschaftlicher Erkennntisse" "ziemlich empfindlich erschüttert"?

#1334:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 12:42
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Ehrlich gesagt finde ich die Akzeptanz von "schicksalhafter" Determination gar nicht so sehr religös. ...

Determinationsglaube war z.B. im Christentum je nach Ära mal vorherrschend, mal verboten. Die heute vorherrschende Interpretation verwischt die deterministischen Aspekte (z.B. Gottes Wirken, seine Allmacht u.ä.) und stellt Schuldfähigkeit und freien Willen in den Vordergrund, siehe z.B. ballancer hier im Forum.

AXO hat folgendes geschrieben:
... und tendiere daher inzwischen eher dazu die "Welt" (mit eventuell wenigen Ausnahmen) als vollständig determiniert zu akzeptieren. Wenn dem aber so wäre, dann müßte man doch aber akzeptieren das eine vollständige (eventuell wissenschaftlich belegbare) Determination nichts anderes ist, als das was früher -> Schicksal genannt wurde - oder?

Fatalismus hat aber einige Aspekte, die über eine bloße naturgesetzliche Determiniertheit hinausgehen:
- Vorherbestimmung, also die Vorstellung, jemand oder etwas wüßte alles vorher oder habe es gar geplant
- Indifferenz, also die Haltung, wenn alles bestimmt sei, mache es keinen Sinn, sich zu engagieren usw.

Wissenschaftlich betrachtet bedeutet vollständige naturgesetzliche Determiniertheit nicht mal vollständige Berechenbarkeit. Auch die beiden o.g. Aspekte folgen nicht zwangsläufig.

#1335:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 14:46
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Als ursprünglicher Vertreter des freien Willens habe ich mich bereits in einer früheren Diskussion hier, Steps Argumentation nicht wiederlegend entziehen können […]

Lieber Axo!

Wie könnte man etwas widerlegen, das zwar oft behauptet, aber niemals bewiesen wurde? Der freie Wille ist ein frommer Wunsch. Wer ihn sich einbildet, fühlt sich allmächtig, als wäre er ein Ebenbild des von ihm ebenfalls eingebildeten Gottes. Um Dir eine Vorstellung von meiner intellektuellen Rechtschaffenheit zu geben, lege ich ein Geständnis ab, das zugleich ein Bekenntnis ist: Ich weiß und kann nicht alles.

Die alltägliche Praxis liefert uns genügend Beispiele, anhand welcher die Sinnlosigkeit bzw. Unmöglichkeit des freien Willens aufgezeigt werden kann. Nehmen wir z.B. die in der schönen Schweiz geltende Niederlassungsfreiheit. Ich sage zu einem armen Schlucker: Laß Dich ruhig im Bruderholz oder am Zürichberg nieder! Dort stehen noch Villen zum Kauf bereit.

Gruß von Leila*

#1336:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 15:01
    —
step hat folgendes geschrieben:
Die heute vorherrschende Interpretation verwischt die deterministischen Aspekte (z.B. Gottes Wirken, seine Allmacht u.ä.)


War nicht eigentlich schon die Behauptung eines personifizierten Gottes,
welcher die Determination aktiv hervorruft/beeinflußt -> anti-deterministisch?

und resultiert nicht eben das...
Zitat:
und stellt Schuldfähigkeit und freien Willen in den Vordergrund, siehe z.B. ballancer hier im Forum.


... aus eben diesem antideterminierten Gottesbild?



Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
... und tendiere daher inzwischen eher dazu die "Welt" (mit eventuell wenigen Ausnahmen) als vollständig determiniert zu akzeptieren. Wenn dem aber so wäre, dann müßte man doch aber akzeptieren das eine vollständige (eventuell wissenschaftlich belegbare) Determination nichts anderes ist, als das was früher -> Schicksal genannt wurde - oder?

Fatalismus hat aber einige Aspekte, die über eine bloße naturgesetzliche Determiniertheit hinausgehen:
- Vorherbestimmung, also die Vorstellung, jemand oder etwas wüßte alles vorher oder habe es gar geplant


Für Fatalismus ist aber doch eine das Schicksal planende und ordnende dem Schicksal
übergeordnete Instanz nicht notwendig - oder?
Sollten nicht vielleicht vielmehr die Götter als "Hilfe" dienen das Schicksal/die Determination zu veranschaulichen,
bzw. letztlich "der Gott" es/sie im kompletten wiederspiegeln?


Zitat:

- Indifferenz, also die Haltung, wenn alles bestimmt sei, mache es keinen Sinn, sich zu engagieren usw.


Naja - ich finde das gerade religöse Regelwerke einen klaren versuch darstellen die Determination/das Schicksal
aktiv zu beeinflussen, indem man die Individuen mittels der Regeln synchronisert um
aus deren Interaktionen eine gerichtete Determination zu erzeugen.
Im Grunde stellt das doch eine Ablehnung von Fatalismus dar.
(völlig ohne Wertung natürlich welche Richtung provoziert werden soll/inwiefern die
synchronsierte Interaktion mit der Determinantion nicht ausreichend harmoniert um
wie gewünscht zu funktionieren/ welche Determination letztlich aus der Disharmonie erfolgt ist usw.)

Zitat:

Wissenschaftlich betrachtet bedeutet vollständige naturgesetzliche Determiniertheit nicht mal vollständige Berechenbarkeit. Auch die beiden o.g. Aspekte folgen nicht zwangsläufig.


Gibt es eine wissenschaftliche Argumentation für die Nichtberechenbarkeit
oder ist sie lediglich der Vielzahl der Variablen und daraus folgend der
praktischen Unmöglichkeit die Berechnung durchzuführen geschuldet?

Wo ich jedenfalls einen Unterschied zwischen Determinismus und Fatalismus sehe ist
gerade der Aspekt das ja die Determination schon durch gerichtetes Engagement
aktiv "positiv" beeinflußbar ist (also durchaus im Sinne religöser und nichtreligöser Versuche dazu),
wärend fatalistisches "hinnehmen" des Schicksals eher zu passiver "negativer" Beeinflussung tendiert.
(positiv und negativ jeweils nur im Sinne der gewünschten Richtung ohne diesbezüglicher Wertung)

Klar käme auch da wieder die Frage ins Spiel ob gerichtetes Engagement ebenfalls wieder vollständig
determiniert hervorgerufen wird/wurde - ebenso wie passive Hinnahme im Grunde vollständig
determiniert verursacht sein müßte.
Ob also ein "Wendepunkt" von der einen in die andere Tendenz ebenfalls determiniert ist,
oder aber doch irgendwo ein Fünkchen freier Wille der Zünder für den Wendepunkt sein muß.
Wie schon Leila gegenüber erwähnt - tendiere ich selbst inzwischen dazu mir die Sache auch ohne
freien Willen - sozusagen als deterministischen Automatismus erklären zu können.

#1337:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 15:48
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die heute vorherrschende Interpretation verwischt die deterministischen Aspekte (z.B. Gottes Wirken, seine Allmacht u.ä.)
War nicht eigentlich schon die Behauptung eines personifizierten Gottes, welcher die Determination aktiv hervorruft/beeinflußt -> anti-deterministisch?

Logisch war das Ganze sowieso nicht, aber gerade ein anthropomorpher Gott unterlag je nach Zeitgeist den Naturgesetzen oder stand frei über ihnen.

AXO hat folgendes geschrieben:
und resultiert nicht eben das...
step hat folgendes geschrieben:
und stellt Schuldfähigkeit und freien Willen in den Vordergrund, siehe z.B. ballancer hier im Forum.


... aus eben diesem antideterminierten Gottesbild?

Ich vermute eher, das resultiert irgendwie aus dem gesellschaftlichen Status des Individuums. In einer Gesellschaft, in der die Religion ihre Verbindlichkeit nicht primär machtpolitisch gewinnt, ist es opportun, den Gewissens- und Schuldaspekt im "freien" Individuum zu verankern. Damit ist das Individuum "frei", sich konform zu verhalten.

Ist aber glaube ich nicht einfach zu beantworten, vieles in der Religion ist auch einfach steingewordener Unsinn.

AXO hat folgendes geschrieben:
Für Fatalismus ist aber doch eine das Schicksal planende und ordnende dem Schicksal übergeordnete Instanz nicht notwendig - oder?

Notwendig vielleicht nicht, wird aber meist so asoziiert.

AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Indifferenz, also die Haltung, wenn alles bestimmt sei, mache es keinen Sinn, sich zu engagieren usw.
Naja - ich finde das gerade religöse Regelwerke einen klaren versuch darstellen die Determination/das Schicksal aktiv zu beeinflussen, indem man die Individuen mittels der Regeln synchronisert um aus deren Interaktionen eine gerichtete Determination zu erzeugen.

Das mag die "hidden agenda" bei manchen Religionen sein.

AXO hat folgendes geschrieben:
Gibt es eine wissenschaftliche Argumentation für die Nichtberechenbarkeit oder ist sie lediglich der Vielzahl der Variablen und daraus folgend der praktischen Unmöglichkeit die Berechnung durchzuführen geschuldet?

Beides. Die (Quanten-)Physik scheint die einfachste Simulation ihrer selbst zu sein, und es sieht so aus, als sei die wahrnehmbare Welt hinreichend gut mathematisch zu modellieren, so daß naheliegt, daß man bei kompletter Betrachtung des Systems auch an prinzipielle Beschränkungen wie etwa das Gödelsche Unvollständigkeitstheorem stößt. Und drittens gibt es bereits in unserem Universum Raumzeitbereiche, über die wir (wg. der Relativitätstheorie) prinzipiell niemals Informationen erhalten können. Das ist meines Wissens der Stand der Diskussion, aber alles noch ziemlich spekulativ.

AXO hat folgendes geschrieben:
Wo ich jedenfalls einen Unterschied zwischen Determinismus und Fatalismus sehe ist gerade der Aspekt das ja die Determination schon durch gerichtetes Engagement aktiv "positiv" beeinflußbar ist (also durchaus im Sinne religöser und nichtreligöser Versuche dazu), ...

Ja, Entscheidungen, Beeinflussung usw. wird durch Determinierung ja nicht ausgeschlossen, sondern läuft eben nur selbst determiniert ab.

AXO hat folgendes geschrieben:
... wärend fatalistisches "hinnehmen" des Schicksals eher zu passiver "negativer" Beeinflussung tendiert. (positiv und negativ jeweils nur im Sinne der gewünschten Richtung ohne diesbezüglicher Wertung)

Das ähnelt ja meinem zweiten Punkt vorhin.

AXO hat folgendes geschrieben:
Ob also ein "Wendepunkt" von der einen in die andere Tendenz ebenfalls determiniert ist, oder aber doch irgendwo ein Fünkchen freier Wille der Zünder für den Wendepunkt sein muß. Wie schon Leila gegenüber erwähnt - tendiere ich selbst inzwischen dazu mir die Sache auch ohne freien Willen - sozusagen als deterministischen Automatismus erklären zu können.

Dann sind wir uns da ja einig.

#1338:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 16:12
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Als ursprünglicher Vertreter des freien Willens habe ich mich bereits in einer früheren Diskussion hier, Steps Argumentation nicht wiederlegend entziehen können […]

Lieber Axo!

Wie könnte man etwas widerlegen, das zwar oft behauptet, aber niemals bewiesen wurde? Der freie Wille ist ein frommer Wunsch. Wer ihn sich einbildet, fühlt sich allmächtig, als wäre er ein Ebenbild des von ihm ebenfalls eingebildeten Gottes. Um Dir eine Vorstellung von meiner intellektuellen Rechtschaffenheit zu geben, lege ich ein Geständnis ab, das zugleich ein Bekenntnis ist: Ich weiß und kann nicht alles.

Die alltägliche Praxis liefert uns genügend Beispiele, anhand welcher die Sinnlosigkeit bzw. Unmöglichkeit des freien Willens aufgezeigt werden kann. Nehmen wir z.B. die in der schönen Schweiz geltende Niederlassungsfreiheit. Ich sage zu einem armen Schlucker: Laß Dich ruhig im Bruderholz oder am Zürichberg nieder! Dort stehen noch Villen zum Kauf bereit.

Gruß von Leila*


*smile* eine determinierte relative "Unmöglichkeit" sich des "freien Willens" zu bedienen,
belegt doch aber nicht seine grundsätzliche Unmöglichkeit zwinkern

Wie gesagt bin ich ja halb und halb bereits bereit die Scheinbarkeit des freien Willens als
ebenfalls determiniert anzuerkennen
und wollte eigentlich wissen ob Du den daraus resultierenden Umkehrschluß
-> Existenz von "unentrinnbarem" Schicksal akzeptierst.

#1339:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 16:41
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es kann nicht sein, dass die Physik dafür missbraucht wird, um alte religiös-philosophische Hüte zu restaurieren.

Strohmann: Ich mißbrauche die Physik nicht, schon gar nicht zu diesem Zweck.


Es ist nach meinen Informationen nicht seriös, die Physik als Kronzeugen für einen Determinismus der - wie schreibst Du? - "wahrnehmbaren" Welt aufzuführen. Nirgendwo hat die Physik bisher so einen grundsätzlichen Determinismus belegt oder gar eine Art "Weltformel" für irgendwelche weiterführenden "Berechnungen" entwickelt. Und ich nehme an, das weisst Du auch sehr gut. Warum also Dein Beharren auf dem Laplace'schen Dämon?

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sigmund Freud hat analog dazu den Begriff der "Rationalisierung" verwendet, um zu beschreiben, dass eigentlich irrationale Antriebe nachträglich mit pseudo-rationalen Begründungen gerechtfertigt werden.

Das kenne ich aus Religion, Kommunismus u.ä., weniger aus der Naturwissenschaft.


Ich erinnere nur an den Machismus oder an verzweifelte Versuche von Blohm, durch Zusatzvariablen den deterministischen Charakter des Mikrokosmos zu retten. Auch Einsteins Sträuben gegen den objektiven Zufall fällt in diese Kategorie. Des weiteren denke man an unglaubliche Verrenkungen auf dem Gebiet der Evolutonsforschung. All das wurde auch immer ideologisch benutzt, um alte Weltbilder zu bewahren und zu rechtfertigen. Auch der Fall Galileo Galilei zeigt, wozu auch die Physik immer wieder missbraucht wurde. Und man kann noch weiter gehen, etwa in den Bereich der medizinischen Forschung.

Auch die jüngsten "Gehirnforschungen", mit denen die Determiniertheit der menschlichen Entscheidungen belegt werden sollte, gehören zu diesem breit publizierten Mainstream der Vorherbestimmtheit allen Seins.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es gibt einen mitunter politisch motivierten Wunsch, überall Ordnung und Kausalität zu finden, um die Welt zu kontrollieren und zu durchschauen und die Angst vor Unordnung, Chaos und Kontrollverlust zu bannen. Das hat auch mit einem politischen Konservatismus zu tun bzw. ist zumndest damit kompatibel. Früher hiess das: "göttliche Ordnung".

Irrelevant: Naturwissenschaftliche Theorien funktionieren unabhängig von konservativen Einstellungen.


Dann sollten sich solche naturwissenschaftlichen Theoretiker aber auch politischer Vorschläge mit verbrämten physikalischen "Argumenten" enthalten. Denn auf politischem Gebiet "funktionieren" solche Theorien nicht, zumal es gar keine naturwissenschaftlichen, sondern philosophisch-politische sind.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nun ist die aber durch modernste wissenschaftlicher Erkennntisse (- und nicht nur in der Physik! -) ziemlich empfindlich erschüttert, ...

Strohmann: Welche MEINER Behauptungen sind durch "modernste wissenschaftlicher Erkennntisse" "ziemlich empfindlich erschüttert"?


Nehmen wir doch mal die moderne genetische Forschung. Ich glaube nicht, dass bestimmte Mutationen sich durch eine Deiner Weltformeln berechnen lassen ...- Sehr glücklich

Skeptiker

#1340:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 17:01
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
[…] Existenz von „unentrinnbarem“ Schicksal akzeptierst.

Nichts als das, lieber Axo, sogar ohne Anführungszeichen.

Gruß von Leila*

#1341:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 17:38
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die heute vorherrschende Interpretation verwischt die deterministischen Aspekte (z.B. Gottes Wirken, seine Allmacht u.ä.)
War nicht eigentlich schon die Behauptung eines personifizierten Gottes, welcher die Determination aktiv hervorruft/beeinflußt -> anti-deterministisch?

Logisch war das Ganze sowieso nicht, aber gerade ein anthropomorpher Gott unterlag je nach Zeitgeist den Naturgesetzen oder stand frei über ihnen.


Unlogisch scheint mir das allerdings nicht - sofern man Menschen dazu bringen will
(zu welchem Zweck und Ziel auch immer) einig - mehr oder minder synchronisiert also - ein
gemeinsames Ziel zu verfolgen - sich also zielführend determiniert zu verhalten,
dürfte es unausweichlich sein, sie vom Glauben an eine uneingschränkten Zwangsläufigkeit
der bestehenden Determination abzubringen.
Obamas "yes we can" dürfte z.B. so ein Versuch sein - oder eben auch in erheblich komplexeren
Umfang das etablieren einer Religion welche über allgemeinverbindliche Regeln, Symbole und Rituale
die zuvor bestehende Determination durch die damit verbundene begrenzt einheitliche Richtung
der Interaktion einer Menschengruppe zielgerichtet zu verändert. So in etwas als würde Obama ein
Gesetz erlassen täglich 3x "Yes wie can" in Richtung Washington zu "beten" - was ja im Grunde nichts
weiter als eine ständige gegenseitige Bestätigung wäre das man der aktuellen Determination nicht
völlig unterworfen ist und, sofern der Glauben daran sich in der täglichen Interaktion niederschlägt,
zur tatsächlichen Veränderung des entsprechenden Determinationskomplexes führen würde,
was ohne diese richtungsgebende Struktur (unterstellt) nicht der Fall gewesen wäre.

Zitat:


AXO hat folgendes geschrieben:
und resultiert nicht eben das...
step hat folgendes geschrieben:
und stellt Schuldfähigkeit und freien Willen in den Vordergrund, siehe z.B. ballancer hier im Forum.


... aus eben diesem antideterminierten Gottesbild?

Ich vermute eher, das resultiert irgendwie aus dem gesellschaftlichen Status des Individuums. In einer Gesellschaft, in der die Religion ihre Verbindlichkeit nicht primär machtpolitisch gewinnt, ist es opportun, den Gewissens- und Schuldaspekt im "freien" Individuum zu verankern. Damit ist das Individuum "frei", sich konform zu verhalten.


Das schon - nur müßte sich ja die heutige Stellung des Individums deterministisch in die
Vergangenheit zurück führen lassen und dort ist in unserer Vergangenheit nunmal das
monotheistische Gottesbild von nicht unerheblichen Einfluß auf die gesellschaftliche Determination.
Im Grunde hat ja auch das Christentum von Anfang an an die "Eigenverantwortung" des
Individums appelliert - sich so und so zu verhalten - damit aus dem synchronisierten Verhalten aller,
die gewünschte gesellschaftliche Determinierung entsteht.
Zwischenzeitliche Zwangsmaßnahmen mag man dahingehend interpretieren, das die Individuen/ manche Individuen sich nicht regelkonform verhalten haben/determiniert verhalten konnten,
und man dementsprechend das gewünschte Ziel "in Gefahr" und sich "genötigt" sah die Richtung
entsprechend zwangsweise zu korregieren. (wo ich persönlich auch den Punkt sehe an dem
ursprünglich zwanglos angelegte Determinationsbeinflussung endet und sich der Anspruch in sein
Gegenteil verkehrt, weil durch Zwangsmaßnahmen wiederrum konträre Determinationskomplexe
in Gang gesetzt werden, welche letztlich zur Zerstörung der gewünschten Struktur führen.
Lax ausgedrückt -> als das Christentum seinen unrühmlichen "Höhepunkt" in europaweiter Herrschaft
"feierte", legte es genau damit bereits den Zünder für seine eigene Zersetzung und letztliche Vernichtung.
Ursprünglich hingegen hatte sich ja die christliche Religion zwangslos interaktiv geformt und
inzwischen/derzeit hat man wohl alle Hoffnungen auf das gewünschte Ziel mehr oder minder fahren lassen Mr. Green
Die nahezu völlige Abwesenheit von Schicksalsdenken und die breite Akzeptanz fast uneingeschtänkter
Eigenverantwortlichkeit führe ich dementsprechend allerdings doch auf die christlich geprägte
Tradition unserer Kultur zurück.


Zitat:

Ist aber glaube ich nicht einfach zu beantworten, vieles in der Religion ist auch einfach steingewordener Unsinn.


naja (als in einem Land in welchem Religion keine nennenswerte gesellschaftliche Rolle
gespielt hat) gebürtiger Atheist, fehlts mir an der nötigen erfahrungsbedingter Aversion
gegenüber allem Religösen um ein militanter Atheist zu sein. Von daher nähere ich
mich Religonen in der Betrachtung aus relativ neutraler Position die einerseits gelten
lässt das sich völliger Unsinn nicht n paar 1000 Jahre etabliert hätte und
die andererseits keinerlei Sinn drin sieht sich persönlich dran zu beteiligen - egal wie
sinnig einiges davon bei neutraler Betrachtung erscheinen mag.
kurz -> entsprechend obiger These hat die Religion entweder ihren Zweck erfüllt
oder aber sie hat sich an ihrem Zweck vorbeientwickelt. Beides kein Grund also
selbst dabei mitzumachen oder dabei zu bleiben wenn man reingeboren sein sollte.

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Für Fatalismus ist aber doch eine das Schicksal planende und ordnende dem Schicksal übergeordnete Instanz nicht notwendig - oder?

Notwendig vielleicht nicht, wird aber meist so asoziiert.


ja - deswegen wollte ich den Begriff Fatalismus eigentlich auch vermeiden weil der
Begriff Schicksal deutlich neutraler belegt ist und ich irgend ne Art von ismus eh nicht
draus stricken wollte.

Zitat:


AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Indifferenz, also die Haltung, wenn alles bestimmt sei, mache es keinen Sinn, sich zu engagieren usw.
Naja - ich finde das gerade religöse Regelwerke einen klaren versuch darstellen die Determination/das Schicksal aktiv zu beeinflussen, indem man die Individuen mittels der Regeln synchronisert um aus deren Interaktionen eine gerichtete Determination zu erzeugen.

Das mag die "hidden agenda" bei manchen Religionen sein.


oder auch nur die "vergessene" Agenda

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Gibt es eine wissenschaftliche Argumentation für die Nichtberechenbarkeit oder ist sie lediglich der Vielzahl der Variablen und daraus folgend der praktischen Unmöglichkeit die Berechnung durchzuführen geschuldet?

Beides. Die (Quanten-)Physik scheint die einfachste Simulation ihrer selbst zu sein, und es sieht so aus, als sei die wahrnehmbare Welt hinreichend gut mathematisch zu modellieren, so daß naheliegt, daß man bei kompletter Betrachtung des Systems auch an prinzipielle Beschränkungen wie etwa das Gödelsche Unvollständigkeitstheorem stößt. Und drittens gibt es bereits in unserem Universum Raumzeitbereiche, über die wir (wg. der Relativitätstheorie) prinzipiell niemals Informationen erhalten können. Das ist meines Wissens der Stand der Diskussion, aber alles noch ziemlich spekulativ.


oki - für pauschalere Berechnung außerhalb des "extremen" Mircro-/Macrokosmos,
innerhalb von Determinationskomplexen also in welchen aufgrund längerfristig gleichbleibender
Interaktion mit "über-/untergeordneten" Strukturen die entsprechenden Bezugsparameter stabil sind,
wäre das aktuelle Determinationsmodell aber ausreichend (?).


Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Wo ich jedenfalls einen Unterschied zwischen Determinismus und Fatalismus sehe ist gerade der Aspekt das ja die Determination schon durch gerichtetes Engagement aktiv "positiv" beeinflußbar ist (also durchaus im Sinne religöser und nichtreligöser Versuche dazu), ...

Ja, Entscheidungen, Beeinflussung usw. wird durch Determinierung ja nicht ausgeschlossen, sondern läuft eben nur selbst determiniert ab.


eben - wobei Determinierung Beeinflussung überhaupt erst möglich und Entscheidungen nötig macht.

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
... wärend fatalistisches "hinnehmen" des Schicksals eher zu passiver "negativer" Beeinflussung tendiert. (positiv und negativ jeweils nur im Sinne der gewünschten Richtung ohne diesbezüglicher Wertung)

Das ähnelt ja meinem zweiten Punkt vorhin.


jepp - ich wollte nur versuchen eine halbwegs schlüssige Abgrenzung zum Fatalismus darzustellen.

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
Ob also ein "Wendepunkt" von der einen in die andere Tendenz ebenfalls determiniert ist, oder aber doch irgendwo ein Fünkchen freier Wille der Zünder für den Wendepunkt sein muß. Wie schon Leila gegenüber erwähnt - tendiere ich selbst inzwischen dazu mir die Sache auch ohne freien Willen - sozusagen als deterministischen Automatismus erklären zu können.

Dann sind wir uns da ja einig.


Bezüglich der Grundlagen denke ich schon - bezüglich der Dimension der daraus möglichen
Ableitungen vermutlich eher nicht Sehr glücklich


Zuletzt bearbeitet von AXO am 12.07.2009, 18:28, insgesamt 3-mal bearbeitet

#1342:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 17:46
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
[…] Existenz von „unentrinnbarem“ Schicksal akzeptierst.

Nichts als das, lieber Axo, sogar ohne Anführungszeichen.

Gruß von Leila*


Danke für die Antwort liebe Leila *smile*
Leitet sich daraus aber nicht eine relative Prognostizierbarkeit von Zukunft ab?
Wenn man die Kausalität als nahezu zwangsläufig erachtet, dann ist doch eine
relativ festgelegte, aus der aktuellen Determination kausal resultierende Zukunft
ebenso zwangsläufig - in gegenwärtigen Sinne also bereits konstruktiv veranlagt.
Nur weder bekannt noch detailiert berechenbar - nichts desto trotz aber "existent"

#1343:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 17:56
    —
Sag mal Skeptiker...
ich habe den Verdacht das Deine Abneigung gegen Determination politisch motiviert ist Smilie

aber
step hat folgendes geschrieben:

AXO hat folgendes geschrieben:
Ob also ein "Wendepunkt" von der einen in die andere Tendenz ebenfalls determiniert ist, oder aber doch irgendwo ein Fünkchen freier Wille der Zünder für den Wendepunkt sein muß. Wie schon Leila gegenüber erwähnt - tendiere ich selbst inzwischen dazu mir die Sache auch ohne freien Willen - sozusagen als deterministischen Automatismus erklären zu können.

Dann sind wir uns da ja einig.


wozu braucht ein Revolutionär einen freien Willen, wenn eventuell die Revolution
samt Ort und Zeitpunkt determiniert "veranlagt" ist?
Ich mein - warum sollte man den "Lauf der Dinge" freiwillig erzwingen, wenn
man dadurch ihren zwangsläufigen Verlauf eventuell sogar verzögern würde?
Determination ist doch nichts wodurch die Gegenwart manifestiert wird, sondern
lediglich die Erklärung warum die Gegenwart ist wie sie ist und außerdem die
aus der Gegenwart resultierende Dynamik in die Zukunft Schulterzucken

#1344:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 18:19
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Leitet sich daraus aber nicht eine relative Prognostizierbarkeit von Zukunft ab? Wenn man die Kausalität als nahezu zwangsläufig erachtet, dann ist doch eine
relativ festgelegte, aus der aktuellen Determination kausal resultierende Zukunft
ebenso zwangsläufig - in gegenwärtigen Sinne also bereits konstruktiv veranlagt.
Nur weder bekannt noch detailiert berechenbar - nichts desto trotz aber „existent“

Was alles was und wie bestimmt, kann kein Mensch vorhersagen; und was alles was wie bestimmte, läßt sich im nachhinein nicht feststellen. Mit dieser Tatsache müssen wir leben. Manche bedauern sie und stiften zum Trost eine Religion, andere gründen eine Bank und erhoffen sich einen erklecklichen Gewinn. Dumme Anleger, Gläubige wie Gläubiger, sind ja nicht allzu selten.

Gruß von Leila*

#1345:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 18:22
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist nach meinen Informationen nicht seriös, die Physik als Kronzeugen für einen Determinismus der - wie schreibst Du? - "wahrnehmbaren" Welt aufzuführen.

Nach meinen Informationen ist es seriös, die Physik als Kronzeugen dafür anzuführen, daß alle für Entscheidungen wesentlichen Prozesse, die in unserem Gehirn und in unserer näheren Umgebung ablaufen, den 4 fundamentalen Wechselwirkungen in ihrer heute bekannten Form gehorchen. Das reicht aus, um das Fällen von Entscheidungen auf Determinismus - und je nach Interpretation einen Schuß echten Zufall - zurückzuführen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Warum also Dein Beharren auf dem Laplace'schen Dämon?

Schon wieder ein Strohmann. Du wütest.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sigmund Freud hat analog dazu den Begriff der "Rationalisierung" verwendet, um zu beschreiben, dass eigentlich irrationale Antriebe nachträglich mit pseudo-rationalen Begründungen gerechtfertigt werden.

Das kenne ich aus Religion, Kommunismus u.ä., weniger aus der Naturwissenschaft.
Ich erinnere nur an den Machismus oder an verzweifelte Versuche von Blohm, ...

Wer?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... durch Zusatzvariablen den deterministischen Charakter des Mikrokosmos zu retten.

David Bohms (falls Du den meinst) Skepsis gegenüber der Kopenhagener Deutung war wohlbegründet! Ich habe hier im Forum schon ausführlich dargelegt, warum die Kopenhagener Deutung bis heute von vielen Physikern (und auch von mir) als unzureichend angesehen wird. Daß Bohms Lösung falsch war, ist eine andere Geschichte, so ist halt die Naturwissenschaft. Daß Bohms oder Einsteins Skepsis allerdings politisch motiviert gewesen sein soll, höre ich zum ersten Mal. Kannst Du das belegen?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Irrelevant: Naturwissenschaftliche Theorien funktionieren unabhängig von konservativen Einstellungen.
Dann sollten sich solche naturwissenschaftlichen Theoretiker aber auch politischer Vorschläge mit verbrämten physikalischen "Argumenten" enthalten. Denn auf politischem Gebiet "funktionieren" solche Theorien nicht, zumal es gar keine naturwissenschaftlichen, sondern philosophisch-politische sind.

So ein Quatsch. Entweder sind die Argumente / Theorien gut und die Folgerungen daraus schlüssig, oder sie sind es nicht. Du mußt selbst dagegen argumentieren, und zwar mit Fakten und Konkurrenztheorien, und nicht einfach nur sinistre Motive unterstellen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nun ist die aber durch modernste wissenschaftlicher Erkennntisse (- und nicht nur in der Physik! -) ziemlich empfindlich erschüttert, ...
Strohmann: Welche MEINER Behauptungen sind durch "modernste wissenschaftlicher Erkennntisse" "ziemlich empfindlich erschüttert"?
Nehmen wir doch mal die moderne genetische Forschung. Ich glaube nicht, dass bestimmte Mutationen sich durch eine Deiner Weltformeln berechnen lassen ...

Und gleich noch ein Strohmann: Wie oft habe ich schon den Unterschied zwischen Determination und Berechenbarkeit erklärt?

#1346:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 18:48
    —
An Axo noch ein Wort zur Vorhersagbarkeit:

Ich halte einen Stein in der rechten Hand und lasse ihn los. Vorher behaupte ich, daß der Stein, wenn ich ihn loslasse, auf die Erde fallen wird. Du siehst also den Stein fallen, wie von mir vorhergesagt. Und? was schließt Du daraus? Vorher hätte mich ja der Schlag treffen können und ich wäre tot umgefallen, oder nicht? Mit solchen Problemen mögen sich die Wissenschaftler der NASA beschäftigen, deren Raketen doch hin und wieder explodieren.

Was aber um Himmels willen verleitete mich, Dir diese Zeilen zu schreiben? Wenn die Spatzen anfangen wie die Nachtigallen zu singen und diese freiwillig das Zwitschern erlernen, dann werde ich klüger sein als heute.

Dich herzlich grüßend

Leila*

#1347:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 18:52
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Leitet sich daraus aber nicht eine relative Prognostizierbarkeit von Zukunft ab? Wenn man die Kausalität als nahezu zwangsläufig erachtet, dann ist doch eine
relativ festgelegte, aus der aktuellen Determination kausal resultierende Zukunft
ebenso zwangsläufig - in gegenwärtigen Sinne also bereits konstruktiv veranlagt.
Nur weder bekannt noch detailiert berechenbar - nichts desto trotz aber „existent“

Was alles was und wie bestimmt, kann kein Mensch vorhersagen; und was alles was wie bestimmte, läßt sich im nachhinein nicht feststellen. Mit dieser Tatsache müssen wir leben. Manche bedauern sie und stiften zum Trost eine Religion, andere gründen eine Bank und erhoffen sich einen erklecklichen Gewinn. Dumme Anleger, Gläubige wie Gläubiger, sind ja nicht allzu selten.

Gruß von Leila*


Smilie Das die kein Mensch vorhersagen kann stelle ich ja gar nicht in Abrede.
Aber das ein Bild im verborgenen liegt wo es niemals ein Mensch zu Gesicht bekommt,
bedeutet ja nicht das es deshalb nicht trotzdem existert zwinkern
Was allerdings die rückwertige Betrachtung anbelangt würde ich nicht von einer völligen
Unmöglichkeit der nachträglichen Bestimmung der Faktoren die zu einer bestimmten
Entwicklung führten ausgehen.
In der Begrenzung meines individuelles Leben z.B. lässt sich das für mich relativ lückenlos
nachvollziehen, wobei sich natürlich die Faktoren mit zunehmender Entfernung in der Tiefe
der Determination verlieren.
Soll heißen -> ich kann wohl nachvollziehen welchen direkten Einfluß Parson XY auf meine
persönliche Entwicklung hatte - und begrenzt auch noch welchen interaktiven Einflüssen
diese Person dabei unterlegen war und das außerdem in einen "übergeordneten" Determinationskontext
wie z.B. gesellschaftliche Rahmenbedingungen usw. setzen.
Einer erheblich weiter verzweigten Betrachtung entziehen sich aber logischerweise mangels
persönlicher Kenntnis die Faktoren und selbst bei Kenntnis würde das irgendwann auch die
menschliche "Rechenleistung" und/oder die Kompelxizität das menschliche Vorstellungsvermögen
überfordern.
Allerdings kann ich sagen das sich diesbezüglich rückwertiges Training auch durchaus auf
zukunftsgerichtete Prognosefähigkeit auswirkt - welche aber natürlich ebenso wie die
Rückwärtsbetrachtung in Tiefe, Auflösung und Zeitferne durch die Zahl/Kenntnis der Faktoren
und die Komplexizität begrenzt sind.

Das Religion wie Bank von daher nur Trost und Gewinnstreben gewesen sind
mag ich aus dieser Erfahrung heraus jedenfalls nicht vorbehaltlos unterschreiben Smilie
Bestimmte Parameter so zu setzen, das sie in der Folge zu einer zwangsläufigen
und zielgerichteten Entwicklung führen müssen, ist durchaus möglich und im Grunde
auch erheblich einfacher als bestehende Determination zu prognostizieren.

#1348:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:04
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
An Axo noch ein Wort zur Vorhersagbarkeit:

Ich halte einen Stein in der rechten Hand und lasse ihn los. Vorher behaupte ich, daß der Stein, wenn ich ihn loslasse, auf die Erde fallen wird. Du siehst also den Stein fallen, wie von mir vorhergesagt. Und? was schließt Du daraus? Vorher hätte mich ja der Schlag treffen können und ich wäre tot umgefallen, oder nicht?


Der Stein würde trotzdem/erst recht fallen Mr. Green
Was anderes wäre wenn Du den Stein trotz Ankündigung nicht fallen lassen
und damit den Beweis schuldig bleiben würdest zwinkern
An dieser Ecke der Determination sehe ich übrigens vielleicht auch noch einen klitzekleinen Platz
für Freiwilligkeit -> die Freiwilligkeit etwas absolut, völlig verrücktes zu tun, was zumindest in
der oberflächlichen Wahrnehmung als scheinbar außerhalb jedes determinierten Kontextes steht,
genau deswegen ironischerweise als -> "zwanghaft" interpretiert wird, im Grunde aber ein
Ausdruck völliger Zwanglosigkeit ist.
Allerdings bin ich inzwischen nicht mehr sicher ob das wirklich freiwillig wäre/ist oder lediglich
nicht wahrnehmbaren Determinationsfaktoren unterliegt.

Zitat:
Mit solchen Problemen mögen sich die Wissenschaftler der NASA beschäftigen, deren Raketen doch hin und wieder explodieren.


na das ist doch nun wirklich nicht schwer zu erklären. Die hochkomplexe Realität entzieht sich
einfach jeden noch so umfangreichen Berechnungsversuchen -> alle Faktoren einzubeziehen
ist nicht möglich - von daher werden wir vor schlimmen wie guten Überraschungen wohl
glücklicherweise nie gefeit bleiben zwinkern


Zitat:

Was aber um Himmels willen verleitete mich, Dir diese Zeilen zu schreiben? Wenn die Spatzen anfangen wie die Nachtigallen zu singen und diese freiwillig das Zwitschern erlernen, dann werde ich klüger sein als heute.

Dich herzlich grüßend

Leila*


Was aber würde es Dir helfen so klug zu sein? Ein komplett erklär- und prognostizierbares Dasein
wäre doch an Langweiligkeit nicht zu übertreffen - oder?

ebenso herzliche Grüße
AXO

#1349:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:09
    —
Du warst mir ein guter Gesprächspartner, lieber Axo. Mehr als das, was ich Dir bereits geschrieben habe, kann ich Dir nicht schreiben. Mir sind die Argumente gegen den freien Willen ausgegangen. Nur eine Bosheit, die ich in Gedanken beging, teile ich Dir noch mit. Ein alter Bekannter, mit dem ich vor langer Zeit über den freien Willen stritt, bat mich einst um Geld. — Nein, ich behalte doch lieber für mich, was ich damals dachte.

Mit einem freundlichen Gruß

Leila*

#1350:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:18
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
An dieser Ecke der Determination sehe ich übrigens vielleicht auch noch einen klitzekleinen Platz für Freiwilligkeit -> die Freiwilligkeit etwas absolut, völlig verrücktes zu tun, was zumindest in der oberflächlichen Wahrnehmung als scheinbar außerhalb jedes determinierten Kontextes steht, genau deswegen ironischerweise als -> "zwanghaft" interpretiert wird, im Grunde aber ein Ausdruck völliger Zwanglosigkeit ist.

Den Fall haben wir hier im Forum schon mal diskutiert, und zwar indem eine Entscheidung künstlich an ein Quantenzufallsereignis gekoppelt wird.

Das Problem dabei ist: Wenn irgendwelche wesentlichen menschlichen Entscheidungen diesen Randomisierungsgrad hätten, dann gäbe es uns längst nicht mehr. Menschliche Entscheidungen müssen (meist) verläßlich sein. Verläßlich ist nur ein anderes Wort für determiniert, und durch Evolution, Kultur, Erziehung und Gruppendruck wird erreicht (determiniert), daß die Verläßlichkeit gerade dort gegeben ist, wo wir je nach Kultur wichtige moralische Werte verorten. Wenn man mal im Geiste durchgeht, bei wievielen solcher Situationen man keine starken Zwänge empfindet, sondern die Entscheidung als freiwillig, als präferiert empfindet, so fällt auf, daß es die meisten sind.

Um mal ein krasses Beispiel zu nennen: Die wenigsten Eltern empfinden es als äußeren oder inneren Zwang, die Kinder anderer Eltern bei Gefahr zu schützen. Sie meinen, sie tun das freiwillig. In Wirklichkeit tun sie es entweder instinktiv, aus Pflichtgefühl, oder (vermutlich eine Minderheit) weil die Begründung sie überzeugt. Selbst bei denen überzeugt die Begründung vor allem deshalb, weil sie so evolviert und erzogen sind, weil sie ihren Werten entspricht.

#1351:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:21
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Du warst mir ein guter Gesprächspartner, lieber Axo. Mehr als das, was ich Dir bereits geschrieben habe, kann ich Dir nicht schreiben. Mir sind die Argumente gegen den freien Willen ausgegangen. Nur eine Bosheit, die ich in Gedanken beging, teile ich Dir noch mit. Ein alter Bekannter, mit dem ich vor langer Zeit über den freien Willen stritt, bat mich einst um Geld. — Nein, ich behalte doch lieber für mich, was ich damals dachte.

Mit einem freundlichen Gruß

Leila*


man sagt ja -> "die Gedanken sind frei" - Vielleicht erscheint ja Freiwilligkeit auch nur abwesend
weil unseren Gedanken nur die gesellschaftlich determinierten Taten folgen und Gedanken die
damit nicht konform gehen höchsten ausgesprochen werden und oft noch nichtmal das.
Wobei letztlich diese Gedanken wohl auch wieder einer "Pralleldetermination" unterliegen,
welche lediglich ob determinierter Sachzwänge nicht reale Determination werden Smilie

Du warst ebenfalls eine gute Gesprächspartnerin und mir gegenüber mußt du eigentlich
keine Argumente gegen freien Willen suchen. Es entspricht durchaus meinen Erfahrungen
das die Determination für mich "arbeiten" zu lassen erheblich stressfreier und zielführender
ist als stets und ständig zu versuchen ihr meinen Willen aufzuzwingen.
Man braucht dazu eigentlich eine gehörige Portion Geduld und ein hohes Maß an Ignoranz
gegenüber einem notorisch ungeduldigem Umfeld Smilie

Ich bedanke mich für die Unterhaltung und wünsche einen angenehmen Abend
AXO

#1352:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:31
    —
Ich möchte an dieser Stelle höflich darauf hinweisen, dass "freiwillig" im üblichen Sinne normalerweise keineswegs bedeutet, dass eine Entscheidung / Handlung (zum Beispiel die, Kinder vor Gefahr zu schützen) völlig ohne Gründe erfolge oder dass die Gründe / Umstände komplett selber hergestellt wurden.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass "freier Wille" und "Determinismus" keine Gegensätze sein müssen.

Und drittens: "freier Wille" bedeutet auch nicht unbedingt, dass man sich selber "from scratch" erschaffen können muss.

Da sollte man doch des Weiteren ein bisschen aufpassen, von wegen Strohmännern und so.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

#1353:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
An dieser Ecke der Determination sehe ich übrigens vielleicht auch noch einen klitzekleinen Platz für Freiwilligkeit -> die Freiwilligkeit etwas absolut, völlig verrücktes zu tun, was zumindest in der oberflächlichen Wahrnehmung als scheinbar außerhalb jedes determinierten Kontextes steht, genau deswegen ironischerweise als -> "zwanghaft" interpretiert wird, im Grunde aber ein Ausdruck völliger Zwanglosigkeit ist.

Den Fall haben wir hier im Forum schon mal diskutiert, und zwar indem eine Entscheidung künstlich an ein Quantenzufallsereignis gekoppelt wird.

Das Problem dabei ist: Wenn irgendwelche wesentlichen menschlichen Entscheidungen diesen Randomisierungsgrad hätten, dann gäbe es uns längst nicht mehr. Menschliche Entscheidungen müssen (meist) verläßlich sein. Verläßlich ist nur ein anderes Wort für determiniert, und durch Evolution, Kultur, Erziehung und Gruppendruck wird erreicht (determiniert), daß die Verläßlichkeit gerade dort gegeben ist, wo wir je nach Kultur wichtige moralische Werte verorten. Wenn man mal im Geiste durchgeht, bei wievielen solcher Situationen man keine starken Zwänge empfindet, sondern die Entscheidung als freiwillig, als präferiert empfindet, so fällt auf, daß es die meisten sind.

Um mal ein krasses Beispiel zu nennen: Die wenigsten Eltern empfinden es als äußeren oder inneren Zwang, die Kinder anderer Eltern bei Gefahr zu schützen. Sie meinen, sie tun das freiwillig. In Wirklichkeit tun sie es entweder instinktiv, aus Pflichtgefühl, oder (vermutlich eine Minderheit) weil die Begründung sie überzeugt. Selbst bei denen überzeugt die Begründung vor allem deshalb, weil sie so evolviert und erzogen sind, weil sie ihren Werten entspricht.


ja - das sehe ich ein und würde ich so auch komplett unterschreiben.
Allerdings liegt in dieser interaktiven "Aneinanderorientierung" aber auch eine
gefährliche Fehlerquelle begründet, welche z.B. m.E. maßgeblich für die Finanzkrise
verantwortlich ist.
Auf diese Weise kann aufgrund der interaktiven Gerichtetheit auch ein komplettes System
kippen und sich erst auf niedrigem Komplexizitätslevel wieder stablisieren.
Gerade in diesem Zusammenhang sehe ich oben erwähnte "Verrücktheiten", welche der
aktuell wahrgenommenen Determination scheinbar komplett wiedersprechen als möglicherweise
"heilsame Mutationen" an.
z.B. kann man ja das Jesus unterstellte Verhalten als seinerzeit teileweise völlig durchgeknallt
interpretieren. (hier und heute würde der Typ in der Klapse landen, damals kam er ans Kreuz).
Das aber gerade diese Durchgeknalltheit eine determinierte Entwicklung ausgelöst hat
(und das selbst wen die Story nur erfunden gewesen sein mag), welche die bis dato "programmierte"
Determination zunächst unterwandert und in der Folge zumindest teilweise abgelöst hat
ist (völlig ohne Wertung) aber nicht wirklich anzweifelbar.
Im Grunde hat das Christentum die im Niedergang befindliche gesellschaftliche Determination
des römischen Reiches nahtlos und fließend abgelöst.
Die Seltenheit solcher Entwicklungs"sprünge" (ebenfalls ohne Wertung ihrer Qualität) wiederlegt
nicht die grundsätzliche Möglichkeit dazu und die historische Realität belegt im Grunde auch
in kleinerem Maßstab den extremen Einfluß Einzelner/kleinster Gruppen auf die zukünftige
gesellschaftliche Interaktion.

könnte da am Ursprung nicht ein Fünkchen freier Wille im Spiel sein sich der aktuellen Determination
komplett und ohne Rücksicht auf den eigenen Kontext darin zu wiedersetzen?
oder - wahrscheinlicher -> war die Durchgeknalltheit eines Jesus oder jedes anderen aus dem Kontext
der Betrachtung jeweils aktueller Determination scheinbaren "Idioten" auch wieder determiniert -> zwangsläufig?


Zuletzt bearbeitet von AXO am 12.07.2009, 19:42, insgesamt 3-mal bearbeitet

#1354:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:38
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[…]

Ganz besonders gefällt mir Dein Avatar! Das mußte ich Dir sagen.

Gruß von Leila*

#1355:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:49
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[…]

Ganz besonders gefällt mir Dein Avatar! Das mußte ich Dir sagen.

Vielen Dank.

Aber warum "musstest" Du das sagen? Wolltest Du es nicht sagen? Sind das nicht oft Gegensätze: "wollen" und "müssen"? Wenn ich z.B. ins Kino gehen will und das auch tue, "muss" ich dann ins Kino gehen? Oder wenn mir jemand die Pistole an die Schläfe hält und mich zwingt, ihm meine Geldbörse zu geben, will ich das dann auch? Gibt es gar keinen Unterschied zum Beispiel dazu, wenn ich einem Bettler einen Euro gebe? Alles derselbe Zwang, alles dieselbe fehlende Freiwilligkeit, da die gar nicht existieren kann?

#1356:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:52
    —
step hat folgendes geschrieben:
Nach meinen Informationen ist es seriös, die Physik als Kronzeugen dafür anzuführen, daß alle für Entscheidungen wesentlichen Prozesse, die in unserem Gehirn und in unserer näheren Umgebung ablaufen, den 4 fundamentalen Wechselwirkungen in ihrer heute bekannten Form gehorchen. Das reicht aus, um das Fällen von Entscheidungen auf Determinismus - und je nach Interpretation einen Schuß echten Zufall - zurückzuführen.


Nur handelt es sich nicht bloß um einzelne Gehirne ohne Sinne und ohne menschliche Kommunikation, sondern diese Gehirne bilden so etwas ab wie eine Kultur, eine sich u.U. höher entwickelnde Kultur. Deswegen spreche ich von "Evolution der Erkenntnis" realisierbarer, objektiver Möglichkeiten. Da haben wir einen entscheidenden Dissenz.

Bei Menschen im Unterschied zu Insekten ist offensichtlich eine weitergehende Erkenntnis und Reflektion von Bedürfnissen und Zielen vorhanden. Ich spreche deshalb nicht von "Willensfreiheit", die ich auch eher in Frage stelle, sondern von Zielerreichungsfreiheit. Der Schuß Zufall ist bestenfalls Beliiebigkeit, keine Freiheit im eigentlichen Sinne.

Die Frage wäre jetzt, ob es Zufallsanteile der Erkenntnis gibt. Wenn ja, dann kann man hier nicht mehr von Determiniertheit und auch nicht von Unfreiheit sprechen.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich erinnere nur an den Machismus oder an verzweifelte Versuche von Blohm, ...

Wer?

... durch Zusatzvariablen den deterministischen Charakter des Mikrokosmos zu retten.

David Bohms (falls Du den meinst) ...


Nein, ich meine David Bohm.

step hat folgendes geschrieben:
... Skepsis gegenüber der Kopenhagener Deutung war wohlbegründet! Ich habe hier im Forum schon ausführlich dargelegt, warum die Kopenhagener Deutung bis heute von vielen Physikern (und auch von mir) als unzureichend angesehen wird. Daß Bohms Lösung falsch war, ist eine andere Geschichte, so ist halt die Naturwissenschaft. Daß Bohms oder Einsteins Skepsis allerdings politisch motiviert gewesen sein soll, höre ich zum ersten Mal. Kannst Du das belegen?


Also Bohm war - wie der Link zeigt - Esoteriker, Einstein war Christ. Das zeigt jeweils eine gewisse philosophische Disposition. Interessanter Weise wurden aber auch beiden sozialistische Tendenzen nachgesagt, bei Einstein natürlich ganz besonders ausgeprägt, aber auch Bohm geriet offenbar in die Fänge der McCarthy-Inquisitoren.

Trotzdem halte ich den Determinismus für eine religiöse Tradition, insofern, als dass es um die Unterwerfung unter starre Gesetzmäßigkeiten geht. (Selbst bei solchen Leuten wie Ballancer, die jedoch vorher eine 1-0-Wahl zwischen "göttlichem" und "teuflischem" Gesetz vorschalten. Mit einer "Freiheit des Willens" hat so eine "Wahl" nichts zu tun.)

Damit geht wahrscheinlich auch die Abneigung vieler an sich brillanter Wissenschaftler gegen die Rolle des Zufalls und die Überbetonung der Notwendigkeiten einher. Der Biologe Ernst Mayr hat dies jedenfalls auch mal so ähnlich festgestellt.

Aber sowohl bei der Höherentwicklung der Kultur als auch der Lebewesen spielt der Zufall eine genau so entscheidende Rolle wie die Notwendigkeit. Der Faktor Zufall verunmöglicht aber die Berechnung und Voraussage der Entwicklung insgesamt.

So konnte man das zu Zeiten Newtons oder Laplaces noch nicht sehen. Heute kann man das so sehen und zwar gut begründet.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir doch mal die moderne genetische Forschung. Ich glaube nicht, dass bestimmte Mutationen sich durch eine Deiner Weltformeln berechnen lassen ...

Und gleich noch ein Strohmann: Wie oft habe ich schon den Unterschied zwischen Determination und Berechenbarkeit erklärt?


Mutationen repräsentieren den Zufall, welcher die Evolution nicht nur unberechenbar, sondern auch indeterministisch macht. Zwar erzeugen die gesamten Entwicklungsbedingungen Tendenzen. Aber sie erzeugen keine feste Determination. So auch im Bereich der gesellschaftlichen Entwicklung.

Skeptiker

#1357:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 19:57
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
... Auf diese Weise kann aufgrund der interaktiven Gerichtetheit auch ein komplettes System kippen und sich erst auf niedrigem Komplexizitätslevel wieder stablisieren.

Das ist richtig, und man bezeichnet es als "deterministisches Chaos" (sic!).

AXO hat folgendes geschrieben:
... Das aber gerade diese Durchgeknalltheit eine determinierte Entwicklung ausgelöst hat ..., welche die bis dato "programmierte"
Determination zunächst unterwandert und in der Folge zumindest teilweise abgelöst hat ist (völlig ohne Wertung) aber nicht wirklich anzweifelbar.

Naja, wenn irgendwo ein Kernreaktor explodiert, könnte das auch "die bis dato programmierte Determination ... unterwandern".

AXO hat folgendes geschrieben:
könnte da am Ursprung nicht ein Fünkchen freier Wille im Spiel sein sich der aktuellen Determination komplett und ohne Rücksicht auf den eigenen Kontext darin zu wiedersetzen?

Nein, die Beispiele zeigen kein Argument für den Freien Willen, sondern nur die Instabilität mancher determinierten Systeme, teilweise auch die Tatsache, daß bewußte Wesen zuweilen berechnen (können), wie diese Instabilität kippen kann.

#1358:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 20:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
... Auf diese Weise kann aufgrund der interaktiven Gerichtetheit auch ein komplettes System kippen und sich erst auf niedrigem Komplexizitätslevel wieder stablisieren.

Das ist richtig, und man bezeichnet es als "deterministisches Chaos" (sic!).


naja - chaotisch würde ich das nicht nennen. Die Determinantion entwickelt oder besser
implodiert ja auch da entsprechend kausaler Interaktion - nur eben nicht mehr
innerhalb des bis dato gebräuchlichen Prognosemodells. Einerseits erfährt die Interaktion
durch den Zusammenbrauch eine erhebliche Beschleunigung - andererseits fehlt dem
Betrachter das notwendige Denkmodell die Ereignisse in Echtzeit zu bewerten.
Sieht also chaotisch aus - ist es aber nicht wirklich Smilie


Zitat:


AXO hat folgendes geschrieben:
... Das aber gerade diese Durchgeknalltheit eine determinierte Entwicklung ausgelöst hat ..., welche die bis dato "programmierte"
Determination zunächst unterwandert und in der Folge zumindest teilweise abgelöst hat ist (völlig ohne Wertung) aber nicht wirklich anzweifelbar.

Naja, wenn irgendwo ein Kernreaktor explodiert, könnte das auch "die bis dato programmierte Determination ... unterwandern".


keine Frage - nur könnte man menschlichen Initiatoren zielführende Absicht unterstellen - dem
Kernreaktor jedoch nicht Smilie

Zitat:


AXO hat folgendes geschrieben:
könnte da am Ursprung nicht ein Fünkchen freier Wille im Spiel sein sich der aktuellen Determination komplett und ohne Rücksicht auf den eigenen Kontext darin zu wiedersetzen?

Nein, die Beispiele zeigen kein Argument für den Freien Willen, sondern nur die Instabilität mancher determinierten Systeme, teilweise auch die Tatsache, daß bewußte Wesen zuweilen berechnen (können), wie diese Instabilität kippen kann.


Könnte das Argument für die Freiwilligkeit bewußten Agierens nicht an dem Punkt gegeben sein,
wo vormaliger Anspruch und spätere Entwicklung sich deckt?
"Verrücktheit" inklusive verifizierbarer Ansage der späteren Auswirkung also?

#1359:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 20:29
    —
An den Agent Provocateur:

Das Wollen, für sich selbst genommen, ist bedeutungslos; etwa einem aufgeladenen Akkumulator zu vergleichen, der in kein Gerät paßt. Dagegen halte ich das Können für sehr bedeutsam, obschon es doch sehr beschränkt ist. Was vermögen wir Menschen denn? Daß Müssen halte ich für einen klaren Fall. Wir Lebendigen haben Hunger und Durst, wir müssen essen und trinken, um nicht zu verhungern und zu verdursten.

Die Behaupter des freien Willens füllen die Trommel des Lebens mit lauter Nieten. Davon aber leben sie gut – als Priester und Philosophen in Staatsdiensten. Ihre Kunst besteht darin, andere glauben zu machen, das Leben wäre keine Lotterie.

Gruß von Leila*

#1360: Gebratene Tauben auf dem Silberteller Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 20:40
    —
.

Ist Verbitterung Ausdruck des "Freien Willens" oder von "Determiniertheit" ?

()

#1361:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 20:49
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Daß Müssen halte ich für einen klaren Fall. Wir Lebendigen haben Hunger und Durst, wir müssen essen und trinken, um nicht zu verhungern und zu verdursten.

Ich möchte meine obige Frage nochmal an einem anderen Beispiel verdeutlichen.

Nehmen wir mal zwei gleichaltrige Jungs. Beide sind 20 Jahre alt. Der eine ist ein Sportmuffel, er ist gerade bei der Bundeswehr und muss morgen einen 5000m-Lauf absolvieren. Was er keineswegs gerne tun wird. Der andere ist ein begeisterter Läufer, er möchte morgen ebenfalls einen 5000m-Lauf absolvieren, aber aus eigenem Entschluss. Beide laufen also morgen eine 5000m-Strecke. Müssen nun beide Deiner Auffassung nach gleichermaßen müssen?

#1362: Re: Gebratene Tauben auf dem Silberteller Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 20:51
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ist Verbitterung Ausdruck des "Freien Willens" oder von "Determiniertheit" ?

Warum ist "Freier Wille" und "Determiniertheit" überhaupt ein Gegensatz? Kannst Du das begründen?

#1363:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 20:55
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Ich spreche deshalb nicht von "Willensfreiheit", die ich auch eher in Frage stelle, sondern von Zielerreichungsfreiheit.

"Zielerreichungsfähigkeit" träfe es besser.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
David Bohms [das nennt man übrigens Genitiv] Skepsis gegenüber der Kopenhagener Deutung war wohlbegründet! ... Daß Bohms oder Einsteins Skepsis allerdings politisch motiviert gewesen sein soll, höre ich zum ersten Mal. Kannst Du das belegen?
Also Bohm war - wie der Link zeigt - Esoteriker, Einstein war Christ. Das zeigt jeweils eine gewisse philosophische Disposition.

So ein Quatsch. Meines Wissens schrieb Einstein in einem Brief 1954:

"Das Wort Gottes ist für mich nicht mehr, als der Ausdruck und das Produkt menschlicher Schwächen. Die Bibel ist eine Sammlung ehrbarer, aber dennoch primitiver Legenden, welche doch ganz schön kindisch sind. Keine Interpretation, wie feinsinnig sie auch sein mag, kann das (für mich) ändern.“...

Zudem ist seine und Bohms philosophische "Disposition" völlig unerheblich. Du hattest behauptet, Bohms und Einsteins Skepsis seien politisch motiviert gewesen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir doch mal die moderne genetische Forschung. Ich glaube nicht, dass bestimmte Mutationen sich durch eine Deiner Weltformeln berechnen lassen ...
Und gleich noch ein Strohmann: Wie oft habe ich schon den Unterschied zwischen Determination und Berechenbarkeit erklärt?
Mutationen repräsentieren den Zufall, welcher die Evolution nicht nur unberechenbar, sondern auch indeterministisch macht.

Das gilt erstens nur für die Kopenhagener Deutung, zweitens ist es für den "freien Willen" irrelevant.

#1364:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 20:57
    —
An Axo:

Der eine wird (von der Bundeswehr) zum Laufen gezwungen, der andere von seinem Ehrgeiz.

Gruß von Leila*

#1365:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:00
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir mal zwei gleichaltrige Jungs. Beide sind 20 Jahre alt. Der eine ist ein Sportmuffel, er ist gerade bei der Bundeswehr und muss morgen einen 5000m-Lauf absolvieren. Was er keineswegs gerne tun wird. Der andere ist ein begeisterter Läufer, er möchte morgen ebenfalls einen 5000m-Lauf absolvieren, aber aus eigenem Entschluss. Beide laufen also morgen eine 5000m-Strecke. Müssen nun beide Deiner Auffassung nach gleichermaßen müssen?

Ich möchte die Frage auch beantworten:

- Beide wollen laufen und entscheiden sich dafür, wenn auch aus verschiedenen Gründen.
- Beide "müssen" laufen, weil die Umstände sie so determinieren, auch wenn es sich um teilweise unterschiedliche Determinatoren handelt
- Der eine fühlt sich besser, weil seine Präferenz aktuell dem äußeren Zwang entspricht.
- Vielleicht fühlt er sich auch freier.

#1366:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:01
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Der eine wird (von der Bundeswehr) zum Laufen gezwungen, der andere von seinem Ehrgeiz.

Also beides gleichermaßen Zwang. Auch gleich zu bewerten? Ist es also egal, ob man von sich selber zu etwas gezwungen wird oder von jemandem Dritten?

Gibt es eigentlich Deiner Meinung nach etwas, was kein Zwang ist?

#1367:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:04
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Trotzdem halte ich den Determinismus für eine religiöse Tradition, insofern, als dass es um die Unterwerfung unter starre Gesetzmäßigkeiten geht.


Selbst wenn es so wäre, sagte das nichts über die Korrektheit der Annahme aus. Eigentlich bist du doch hier derjenige, der politisch argumentiert.

#1368:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:04
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich Deiner Meinung nach etwas, was kein Zwang ist?

Nur, weil Dich, lieber Agent Provocateur, meine Antwort wunder nimmt: Nein.

Gruß von Leila*

#1369:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:07
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich möchte die Frage auch beantworten:

- Beide wollen laufen und entscheiden sich dafür, wenn auch aus verschiedenen Gründen.
- Beide "müssen" laufen, weil die Umstände sie so determinieren, auch wenn es sich um teilweise unterschiedliche Determinatoren handelt
- Der eine fühlt sich besser, weil seine Präferenz aktuell dem äußeren Zwang entspricht.
- Vielleicht fühlt er sich auch freier.

Naja, der eine will eigentlich nicht laufen. Er muss es tun, um nicht noch unangenehmeren Sanktionen ausgesetzt zu werden. Seine Entscheidung kann aber keineswegs "freiwillig" genannt werden, ebensowenig wie meine Entscheidung, einem Angreifer mit Pistole meinen Geldbeutel zu überlassen. Der andere unterliegt mE weder einem äußeren noch einem inneren Zwang. Er tut es freiwillig. Und er fühlt sich nicht nur freier, er ist es meiner Auffassung nach objektiv auch, ganz einfach deswegen, weil er keinen (äußeren oder inneren) Zwängen unterliegt.

#1370:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:09
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Gibt es eigentlich Deiner Meinung nach etwas, was kein Zwang ist?

Nur, weil Dich, lieber Agent Provocateur, meine Antwort wunder nimmt: Nein.

Das habe ich mir schon gedacht. Aber meine andere Frage finde ich interessanter: würdest Du, wenn also alles Zwang ist, jede Art von Zwang gleich bewerten wollen? Wenn nein: wie unterscheidest Du dabei?

#1371:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:13
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und er fühlt sich nicht nur freier, er ist es meiner Auffassung nach objektiv auch, ganz einfach deswegen, weil er keinen (äußeren oder inneren) Zwängen unterliegt.

Das siehst Du nur deshalb so, weil Du ausgebildete Präferenzen (oder Ehrgeiz, wie Leila schreibt) nicht "Zwänge" nennen magst.

Für mich besteht der Unterschied vor allem in der psychosozialen Funktion. Wenn der Zwang etwa durch andere Menschen ausgeübt wird, fühlt man sich eher entwürdigt, als wenn der Zwang durch eine eigene Präferenz entsteht.

#1372:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:17
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und er fühlt sich nicht nur freier, er ist es meiner Auffassung nach objektiv auch, ganz einfach deswegen, weil er keinen (äußeren oder inneren) Zwängen unterliegt.

Das siehst Du nur deshalb so, weil Du ausgebildete Präferenzen (oder Ehrgeiz, wie Leila schreibt) nicht "Zwänge" nennen magst.

Naja, ehrlich gesagt bin ich mir ziemlich sicher, dass diese meine Auffassung von "Zwang" der gängigen Auffassung entspricht.

step hat folgendes geschrieben:
Für mich besteht der Unterschied vor allem in der psychosozialen Funktion. Wenn der Zwang etwa durch andere Menschen ausgeübt wird, fühlt man sich eher entwürdigt, als wenn der Zwang durch eine eigene Präferenz entsteht.

Man fühlt sich zwar so, ist es aber in Wirklichkeit nicht? Das Gefühl ist objektiv falsch? Oder was willst Du damit sagen?

#1373:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:33
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[…] Aber meine andere Frage finde ich interessanter: würdest Du, wenn also alles Zwang ist, jede Art von Zwang gleich bewerten wollen? Wenn nein: wie unterscheidest Du dabei?

Ich bitte Dich um Entschuldigung. Über manche Dinge muß ich ziemlich lange nachdenken, bevor ich etwas zu ihnen sagen kann. Unter Vorbehalt teile ich Dir folgendes mit: Ich unterscheide zwischen inneren und äußeren Zwängen. – Jesus, Maria und Josef! was soll ich jetzt noch sagen? Am liebsten wäre mir, Du würdest mich eine dumme Kuh nennen und ich könnte danach gemütlich vor mich hin grasen.

Zu den inneren Zwängen zähle ich zum Beispiel den von mir oben erwähnten Durst und Hunger; zu den äußeren die unverfrorene Anmaßung der Steuerbehörde.

Gruß von Leila zwinkern

#1374:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:37
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ist Verbitterung Ausdruck des "Freien Willens" oder von "Determiniertheit" ?

Warum ist "Freier Wille" und "Determiniertheit" überhaupt ein Gegensatz? Kannst Du das begründen?


.

Schau Dir doch die Gegensätze an in den Postings.
Ich sehe das auch etwas anders.
Ich wollte darüber mit El Ali diskutieren (Stichwort "Vetorrecht", wozu auch innere und äußere Betrachtungen gehören), bekam aber dahingehend ein Veto von ihr. Das akzeptiere ich.

()

#1375:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:40
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
[…] Ich wollte darüber mit El Ali diskutieren (Stichwort "Vetorrecht"), bekam aber dahingehend ein Veto von ihr. Das akzeptiere ich.

Hallo Chinese!

Nur damit Du es weißt: ich verstand kein einziges Wort von Dir.

Gruß von Leila*

#1376:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:45
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[…] Aber meine andere Frage finde ich interessanter: würdest Du, wenn also alles Zwang ist, jede Art von Zwang gleich bewerten wollen? Wenn nein: wie unterscheidest Du dabei?

[...] Unter Vorbehalt teile ich Dir folgendes mit: Ich unterscheide zwischen inneren und äußeren Zwängen. – Jesus, Maria und Josef! was soll ich jetzt noch sagen? Am liebsten wäre mir, Du würdest mich eine dumme Kuh nennen und ich könnte danach gemütlich vor mich hin grasen.

Das kann ich leider nicht tun, dazu zwingt mich meine gute Selbst-Erziehung. Bzw. meine mir selbst auferlegte und dadurch erzwungene Freiwilligkeit.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Zu den inneren Zwängen zähle ich zum Beispiel den von mir oben erwähnten Durst und Hunger; zu den äußeren die unverfrorene Anmaßung der Steuerbehörde.

Durst und Hunger sind keine Zwänge, es sind lediglich gegebene Lebensumstände, die ich dann befriedigen muss, wenn ich überleben will. Wenn ich das nicht will, dann kann ich verhungern und verdursten. Alte Leute, die nicht mehr leben wollen, verhungern und verdursten in der Tat oft.

Unter einem inneren Zwang verstehe ich zum Beispiel Drogenabhängigkeit, die man loswerden möchte, es aber nicht schafft. Daher finde ich übrigens das Zitat von Einstein auch immer so lustig, weil es sich eben genau darauf bezieht, bei ihm auf Nikotinabhängigkeit. Diese kann ein Fluch sein, davon kommt man schwer los, selbst wenn man es noch so sehr will. Schafft man es nicht, dann wäre nach meiner Auffassung der freie Wille dann tatsächlich der Unterlegene.

Aber nach diesem kleinen Geplaudere nochmal meine Frage: würdest Du Zwänge unterschiedlich gewichten wollen (schlimmer - weniger schlimm)? Hinge diese Bewertung von "innerlich" - "äußerlich" ab (wenn ja: inwiefern) oder von noch etwas anderem?

#1377:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 21:56
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Naja, ehrlich gesagt bin ich mir ziemlich sicher, dass diese meine Auffassung von "Zwang" der gängigen Auffassung entspricht.

Sehe ich ebenso. Die Mehrheit glaubt auch an den freien Willen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Für mich besteht der Unterschied vor allem in der psychosozialen Funktion. Wenn der Zwang etwa durch andere Menschen ausgeübt wird, fühlt man sich eher entwürdigt, als wenn der Zwang durch eine eigene Präferenz entsteht.
Man fühlt sich zwar so, ist es aber in Wirklichkeit nicht? Das Gefühl ist objektiv falsch? Oder was willst Du damit sagen?

Bestimmte Determinanten werden eben als unangenehmer empfunden als andere. Die nennen wir dann "Zwänge" und fühlen uns "unfrei", oder Andere bezeichnen uns dann so. Mir geht es also darum, daß die Determiniertheit zwar die Willensfreiheit widerlegt, es aber dennoch sinnvoll sein kann, die unangenehmeren Determinanten anders zu behandeln als die angenehmen.

#1378:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Naja, ehrlich gesagt bin ich mir ziemlich sicher, dass diese meine Auffassung von "Zwang" der gängigen Auffassung entspricht.

Sehe ich ebenso. Die Mehrheit glaubt auch an den freien Willen.

Ersetze halt in meinem Satz das letzte "Auffassung" mit "Definition". Wenn jemand gerne und mit Begeisterung läuft / malt / Rätsel löst etc., dann sieht man es normalerweise nicht als Zwang an, wenn er eben das tut. Du kannst das gerne anders sehen und als "Zwang" bezeichnen, aber Du bräuchtest schlicht einen guten Grund dafür, warum Du die allgemeine Definition / das allgemeine Verständnis ablehnst.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Für mich besteht der Unterschied vor allem in der psychosozialen Funktion. Wenn der Zwang etwa durch andere Menschen ausgeübt wird, fühlt man sich eher entwürdigt, als wenn der Zwang durch eine eigene Präferenz entsteht.
Man fühlt sich zwar so, ist es aber in Wirklichkeit nicht? Das Gefühl ist objektiv falsch? Oder was willst Du damit sagen?

Bestimmte Determinanten werden eben als unangenehmer empfunden als andere. Die nennen wir dann "Zwänge" und fühlen uns "unfrei", oder Andere bezeichnen uns dann so. Mir geht es also darum, daß die Determiniertheit zwar die Willensfreiheit widerlegt, es aber dennoch sinnvoll sein kann, die unangenehmeren Determinanten anders zu behandeln als die angenehmen.

Na gut, aber wieso sollten wir dann eigentlich unsere üblichen Bezeichnungen ändern, die ja eben dazu da sind, diesen Unterschied deutlich zu machen? Wenn man alles gleich nennen möchte, dann verwischt man die Unterschiede. Wenn alles "Zwang" ist, dann gibt es logischerweise keinen Unterschied mehr. Du widersprichst Dir doch hier selber. Oder Du entwirfst eine neue Sprache, die missliebige Ausdrücke eliminiert, aber dennoch unterschiedliche Bezeichnungen beinhaltet. Aber wieso sollte man das tun? Was ist der Sinn und Zweck dessen, was genau ist das Ziel dabei? Den Leuten klar zu machen, dass sie alles hinnehmen müssen was passiert, weil alles Schicksal, Kismet ist? Ihnen klar zu machen, dass sie selber keine Einfluss auf ihre Lebensumstände haben? Weil nämlich alles determiniert ist? Und falls ja: wieso folgte das eigentlich daraus? Wo ist die Begründung, die Argumentation dafür?

#1379:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:18
    —
Allgemeines zur Determination:

Zwei einander gleichende Kugeln liegen zu meinen Füßen. Welche sollte ich aufheben? Ich wähle die rechte, da ich Rechtshändlerin bin. Nun ist die eine Kugel golden, die andere silbern. Ich bücke mich nach der goldenen, da ich weiß, daß Gold mehr Wert hat als Silber. Irgendetwas, das sich nicht immer genau bestimmen läßt, leitet meine Handlungen an, verleitet mich zum Handeln. Ein freier Wille würde das in meiner Brust brennende Verlangen ersticken und mein Herz zum Stillstand bringen, oder mich gar zur Verzweiflung.

Ich stand einst in Diensten einer sehr reichen Frau. Alle mußten ihr zu Willen sein: der Chauffeur, der Gärtner, die Sekretärin (ich), der Hofmeister und viele andere. Eines Tages beauftragte sich mich, ihr Reiseprospekte zu besorgen. „Bringen sie mir bitte sämtliche!“ Ich legte ihr mindestens 100 Stück auf den Tisch. Sie konnte und konnte sich einfach nicht für ein Reiseziel entscheiden. Sie war schon in Rußland und in China; sie kannte Inseln, deren Namen ich noch nie gehört hatte. „Wissen sie was?“, sagte sie zu mir: „Dieses Jahr verreise ich nicht!“

#1380: Vetorecht Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:21
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
[…] Ich wollte darüber mit El Ali diskutieren (Stichwort "Vetorrecht"), bekam aber dahingehend ein Veto von ihr. Das akzeptiere ich.

Hallo Chinese!

Nur damit Du es weißt: ich verstand kein einziges Wort von Dir.

Gruß von Leila*



.

Deshalb hat der 'Typ aus der Sonntagsschule' ja auch nen Link gesetzt (des besseren Verständnisses wegen).

()

#1381:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:26
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Allgemeines zur Determination:

Zwei einander gleichende Kugeln liegen zu meinen Füßen. Welche sollte ich aufheben? Ich wähle die rechte, da ich Rechtshändlerin bin. Nun ist die eine Kugel golden, die andere silbern. Ich bücke mich nach der goldenen, da ich weiß, daß Gold mehr Wert hat als Silber. Irgendetwas, das sich nicht immer genau bestimmen läßt, leitet meine Handlungen an, verleitet mich zum Handeln.

Manchmal denke ich, die ganze Diskussion rankt sich um zwei unterschiedliche Weltbilder / Lebenseinstellungen: die eine sieht sich selber als Getriebenen der Umstände, unfähig, eigene Entscheidungen zu treffen. Alles ist nur Schicksal, Kismet; alles, was passiert, stößt einem nur zu, man hat selber keinerlei Einfluss. Die andere sieht sich selber als handelndes Subjekt, mit der Fähigkeit dazu, die Zukunft zu beeinflussen und zwar aufgrund der eigenen Überlegungen / Erkenntnisse / Schlussfolgerungen.

Objektiv gesehen mögen beide Einstellungen ihre Berechtigung haben, es mag hierbei kein objektives "diese ist richtig" und "diese ist falsch" geben. Aber subjektiv gesehen neige ich zu der Letzteren. Ich sehe mich nicht gerne als umhergestoßenen Spielball des Schicksals.

Vielleicht letztlich einfach Geschmackssache, wie man es sehen will.

#1382:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:29
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Durst und Hunger sind keine Zwänge […]

Somit trennen uns Lichtjahre. – Dennoch möge Dich mein freundlicher Gruß erreichen.

Also hoffend

Leila*

#1383:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:30
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Ich spreche deshalb nicht von "Willensfreiheit", die ich auch eher in Frage stelle, sondern von Zielerreichungsfreiheit.

"Zielerreichungsfähigkeit" träfe es besser.


Gut, dass Du das auch so siehst.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
David Bohms [das nennt man übrigens Genitiv] Skepsis gegenüber der Kopenhagener Deutung war wohlbegründet! ... Daß Bohms oder Einsteins Skepsis allerdings politisch motiviert gewesen sein soll, höre ich zum ersten Mal. Kannst Du das belegen?
Also Bohm war - wie der Link zeigt - Esoteriker, Einstein war Christ. Das zeigt jeweils eine gewisse philosophische Disposition.

So ein Quatsch. Meines Wissens schrieb Einstein in einem Brief 1954:

"Das Wort Gottes ist für mich nicht mehr, als der Ausdruck und das Produkt menschlicher Schwächen. Die Bibel ist eine Sammlung ehrbarer, aber dennoch primitiver Legenden, welche doch ganz schön kindisch sind. Keine Interpretation, wie feinsinnig sie auch sein mag, kann das (für mich) ändern.“...


Dass Einstein Christ war, wurde hier und da behauptet und ich las auch entsprechende Zitate, z.B.:
"Wissenschaft ohne Religion ist leer. Religion ohne Wissenschaft ist blind."
Und dann dieser Spruch von einem "Gott", der nicht würfelt.
Ich nehme an, religiöse Erziehung und dann Emanzipation von der Religion bis hin zum Atheismus.

mea culpa.

step hat folgendes geschrieben:
Zudem ist seine und Bohms philosophische "Disposition" völlig unerheblich. Du hattest behauptet, Bohms und Einsteins Skepsis seien politisch motiviert gewesen.


Ich hatte den beiden keine direkt politischen Motive unterstellt, sondern das Festhalten an überkommenen Weltbildern, was eher in den Bereich Philosohie fällt:

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich erinnere nur an den Machismus oder an verzweifelte Versuche von Blohm, durch Zusatzvariablen den deterministischen Charakter des Mikrokosmos zu retten. Auch Einsteins Sträuben gegen den objektiven Zufall fällt in diese Kategorie. Des weiteren denke man an unglaubliche Verrenkungen auf dem Gebiet der Evolutonsforschung. All das wurde auch immer ideologisch benutzt, um alte Weltbilder zu bewahren und zu rechtfertigen.


Die Elimination des objektiven Zufalls zugunsten determinierender Gesetze ist eine alte Marotte der meisten Religionen, ob bewusst oder unbewusst. Dem neuesten Stand in der Physik und Biologie entspricht dies nicht mehr.

Auch Marx spricht zwar von der primären Rolle des materiellen Seins vor dem Bewusstsein (dem Denken), jedoch nicht im Sinne einer absoluten Determination, sondern im Sinne einer allgemeinen Tendenz. (Er erwähnt als Gegentendenz z.B. die Entfremdung, das "falsche Bewusstsein", usw.)

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir doch mal die moderne genetische Forschung. Ich glaube nicht, dass bestimmte Mutationen sich durch eine Deiner Weltformeln berechnen lassen ...
Und gleich noch ein Strohmann: Wie oft habe ich schon den Unterschied zwischen Determination und Berechenbarkeit erklärt?
Mutationen repräsentieren den Zufall, welcher die Evolution nicht nur unberechenbar, sondern auch indeterministisch macht.

Das gilt erstens nur für die Kopenhagener Deutung, zweitens ist es für den "freien Willen" irrelevant.


Der Zufall der Mutationen schafft zusammen mit den deterministischen Gesetzmäßigkeiten sicher keine "Freiheit des Willens", jedoch u.U. die Grundlagen einer Entwicklung der Erkenntnisfähigkeit, der Sprache, der Fähigkeit, Werkzeuge herzustellen, usw. So entstehen auch durch den Zufall neue Freiheiten, welche als neue Optionen vor das Bewusstsein des Menschen treten.

Insofern gehört der "Würfel Gottes" - sehr zum Ärgernis von Einstein, Bohm und anderer physikalischer Philosphen - als unverzichtbater Bestandteil der Welterklärung dazu. Und diese ist dadurch - auch auf der uns erkennbaren Ebene - nicht deterministisch und nicht nur nicht berechenbar.

Ob der Mensch nun durch seine evolutionär und gesellschaftlich gewachsenen Erkenntnis- und Produktionsfähigkeiten freier geworden ist? Nun, prinzipiell schon, aber ...- Mit den Augen rollen

Skeptiker

#1384:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:42
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Durst und Hunger sind keine Zwänge […]

Somit trennen uns Lichtjahre.

Inwiefern?

Was ist eigentlich genau Deine Einstellung? Alle Menschen sind nur Spielbälle des Schicksals? Man muss alles einfach so hinnehmen und es wäre vermessen, sich gegen sein Schicksal aufzulehnen? Weil eh alles Zwang ist und daher alles gleich unausweichlich? Weil das Schicksal letztlich am besten weiß, was für alle gut ist und wir eh gar nichts tun können, weil immer gleichermaßen unter Zwang stehend? Ist es das? Wenn nein: was eigentlich?

#1385:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:47
    —
Den Willen, und mit ihm das Wollen, bestreite ich nicht. Den freien Willen dagegen vehement. Das Konstrukt „freier Wille“ mußte ja aus einem kranken Hirn geboren werden. Was nützt einem Eingekerkerten sein freier Wille? Das Wollen ist bei Kindern oft ein Wünschen. Manche Kinder werden aber niemals erwachsen. Das kann ich nicht ändern, auch wenn ich es wollte.

#1386:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:56
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Was nützt einem Eingekerkerten sein freier Wille?

Nicht viel, denn es mangelt ihm an Handlungsfreiheit. Wäre er nicht eingekerkert, dann nützte sie ihm jedoch meiner Meinung nach sehr viel, so er überhaupt an sie glaubte, denn dann würde er sich nicht so leicht von anderen, die an ein unausweichliches Schicksal glauben, einreden lassen, er müsse sich einfach so und ohne das zu Hinterfragen in sein Schicksal fügen. Ein Schicksalsgläubiger würde das aber vielleicht anders sehen.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Das Wollen ist bei Kindern oft ein Wünschen. Manche Kinder werden aber niemals erwachsen. Das kann ich nicht ändern, auch wenn ich es wollte.

"Freier Wille" bedeutet mE aber nicht, dass man auch alles tun kann, was man will. Unsere Handlungsfreiheit ist unzweifelhaft in vieler Weise eingeschränkt. Wollte ich mich jetzt aus eigener Kraft in die Lüfte erheben, dann müsste es bei diesem Wollen bleiben, die Umsetzung bliebe mir verwehrt.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 12.07.2009, 22:58, insgesamt einmal bearbeitet

#1387:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 22:58
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Trotzdem halte ich den Determinismus für eine religiöse Tradition, insofern, als dass es um die Unterwerfung unter starre Gesetzmäßigkeiten geht.


Selbst wenn es so wäre, sagte das nichts über die Korrektheit der Annahme aus.


Die Gewohnheit, über sich absolute deterministische Gesetze zu sehen, ist weniger eine Frage der inhaltlichen Korrektheit. Es ist ein eingeübtes Verhalten.

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Eigentlich bist du doch hier derjenige, der politisch argumentiert.


Meine Kritik war mehr philosophiekritisch, glaube ich. (Ich nannte Schopenhauer, Calvin, Laplace) Meine wirklich politische Kritik bezog sich auf einen anderen Punkt:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1282783#1282783

Skeptiker

#1388:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 23:04
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Trotzdem halte ich den Determinismus für eine religiöse Tradition, insofern, als dass es um die Unterwerfung unter starre Gesetzmäßigkeiten geht.


Selbst wenn es so wäre, sagte das nichts über die Korrektheit der Annahme aus.


Die Gewohnheit, über sich absolute deterministische Gesetze zu sehen, ist weniger eine Frage der inhaltlichen Korrektheit. Es ist ein eingeübtes Verhalten.


Es kann sich um ein religiöses Paradigma handeln und dennoch korrekt sein. Mehr wollte ich nicht sagen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Eigentlich bist du doch hier derjenige, der politisch argumentiert.


Meine Kritik war mehr philosophiekritisch, glaube ich. (Ich nannte Schopenhauer, Calvin, Laplace) Meine wirklich politische Kritik bezog sich auf einen anderen Punkt:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1282783#1282783

Skeptiker


Dann habe ich obiges Zitat vielleicht fälschlich als Argument gegen den Determinismus interpretiert.

#1389:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 23:22
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
Daß Müssen halte ich für einen klaren Fall. Wir Lebendigen haben Hunger und Durst, wir müssen essen und trinken, um nicht zu verhungern und zu verdursten.

Ich möchte meine obige Frage nochmal an einem anderen Beispiel verdeutlichen.

Nehmen wir mal zwei gleichaltrige Jungs. Beide sind 20 Jahre alt. Der eine ist ein Sportmuffel, er ist gerade bei der Bundeswehr und muss morgen einen 5000m-Lauf absolvieren. Was er keineswegs gerne tun wird. Der andere ist ein begeisterter Läufer, er möchte morgen ebenfalls einen 5000m-Lauf absolvieren, aber aus eigenem Entschluss. Beide laufen also morgen eine 5000m-Strecke. Müssen nun beide Deiner Auffassung nach gleichermaßen müssen?



.

Beide haben einen freien Willen, ein Veto einzulegen. Sie müssen ja nicht laufen, allerdings dann mit den Konsequenzen leben (die schlimmsten Konsequenzen haben mutige Verweigerer in Diktaturen erlebt, die ihr Vetorecht als Mensch bis zuletzt demonstriert haben).

In diesem Fall (Bundeswehr) hat der Letzte keinerlei Probleme mit dauernden Vetos. Er kann befreit auflaufen, er "läßt" laufen. Ersterer hat Probleme durch dauernde Störfeuer seines "Unlust-Vetos".

Die hauptsächlichsten Mißverständnisse in Punkto Freier Wille werden m.E. durch die Getrennheit von bewußten Prozessen (sehr begrenzte Rechenleistung: Bandbreite etwa 50-80 bit/s) und unbewußten (hohe Rechenleistung: Bandbreite etwa 10 000 000 bit/s) verursacht.
Da die meisten sich offenbar lediglich als "Bewußtheit" betrachten, sehen sie sich als "Opfer" des unbewußten Teils ihrer Selbst, das mit der Außenwelt aufgrund seiner Bandbreite viel innigeren Kontakt hat und durch ständige Handlungsimpulse auf das Bewußtsein einwirkt.
Das Bewußtsein kann diese Handlungsimpulse selbst nicht initiieren, aber sie durch sog. Vetos abbrechen.

Das gilt allerdings nicht für Handlungsimpulse, die schnell vonstatten gehen. Beispiel: Das Hochschrecken von einem Stuhl, auf dem eine Heftzwecke liegt. In solchen Fällen wird der "freie Wille des Bewußtseins" einfach über Bord geworfen, das Unbewußte übernimmt das Kommando und man springt "automatisch" hoch.

Es kommt nun auf die Betrachtungsweise an. Ist das Unbewußte nun ein Teil von mir oder betrachte ich es als etwas völlig Fremdes, das mich in "seiner" Gewalt hat.

()

#1390:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.07.2009, 23:37
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Die hauptsächlichsten Mißverständnisse in Punkto Freier Wille werden m.E. durch die Getrennheit von bewußten Prozessen (sehr begrenzte Rechenleistung: Bandbreite etwa 50-80 bit/s) und unbewußten (hohe Rechenleistung: Bandbreite etwa 10 000 000 bit/s) verursacht. [...] Es kommt nun auf die Betrachtungsweise an. Ist das Unbewußte nun ein Teil von mir oder betrachte ich es als etwas völlig Fremdes, das mich in "seiner" Gewalt hat.

Ja, so ist es, bzw. so sehe ich das auch. Mir ist natürlich ob meiner Auffassung völlig unklar, wie man sein Unbewusstes als etwas Fremdes / Außenstehendes / von sich Getrenntes ansehen kann. Aber nun gut, wie ganz oben schon gesagt: das ist letztlich lediglich eine andere Betrachtungsweise als die meinige. Kann ich zwar überhaupt nicht nachvollziehen, aber akzeptieren tue ich sie dennoch.

Fragt sich nun halt, wieso ich meine Betrachtungsweise verwerfen soll, wieso also die entgegengesetzte objektiv besser sein soll und was letztlich daraus folgen sollte.

Ist die andere Anschauung nicht zwingend / gibt es keine plausiblen Argumente dafür und / oder sollte daraus nichts folgen sollen, haben wir uns nur mal eben unsere unterschiedlichen Weltbilder dargelegt. Was ja auch immer wieder was Schönes ist.

#1391:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 13:58
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Ein freier Wille würde das in meiner Brust brennende Verlangen ersticken und mein Herz zum Stillstand bringen, oder mich gar zur Verzweiflung.


Stimmt - völlig ohne determinierte Präferenzen gäbe es keine Entscheidungsgrundlage bei
uneingeschränkter Entscheidungsfreiheit und(!) - notwendigkeit = völlige Handlungsunfähigkeit.
Verzweiflung dürfte die richtige Umschreibung für diesen (Ur-)Zustand sein.


Zitat:
„Wissen sie was?“, sagte sie zu mir: „Dieses Jahr verreise ich nicht!“


Ihr Reichtum ermöglicht ihr erheblich mehr "Freiheitsgrade" als üblicherweise möglich.
Je größer die Freiheit umso mehr Entscheidungsmöglichkeiten umso schwerer die Entscheidung.
An so einem "Nullpunkt" hilft nur -> "irgendeine" Entscheidung treffen um die Determination
wieder in Gang zu setzen. Aber auch diese Entscheidung dürfte determiniert sein.
Vom Vetorecht Gebrauch machen wie das die alte Dame tat, muß bei konsequenter Anwendung
zum völligen Stillstand führen weil es die persönliche Determination sukzessive reduziert.
Sie hat damit also im Grunde ihr Entscheidungsproblem vergrößert anstatt gelöst.

#1392: Determinismus und Nichtdeterminismus Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 15:30
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Trotzdem halte ich den Determinismus für eine religiöse Tradition, insofern, als dass es um die Unterwerfung unter starre Gesetzmäßigkeiten geht.


Selbst wenn es so wäre, sagte das nichts über die Korrektheit der Annahme aus.


Die Gewohnheit, über sich absolute deterministische Gesetze zu sehen, ist weniger eine Frage der inhaltlichen Korrektheit. Es ist ein eingeübtes Verhalten.


Es kann sich um ein religiöses Paradigma handeln und dennoch korrekt sein. Mehr wollte ich nicht sagen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Eigentlich bist du doch hier derjenige, der politisch argumentiert.


Meine Kritik war mehr philosophiekritisch, glaube ich. (Ich nannte Schopenhauer, Calvin, Laplace) Meine wirklich politische Kritik bezog sich auf einen anderen Punkt:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1282783#1282783


Dann habe ich obiges Zitat vielleicht fälschlich als Argument gegen den Determinismus interpretiert.


Die Argumente gegen den Determinismus sind andere gewesen. Es könnte ja in der Tat sein, dass viele Religionen zufällig auch mal Recht haben. Trotzdem geht es in der Religion vor allem darum, den Menschen unter das "göttliche" Gesetz zu bringen und ihm die Vergeblichkeit seines eigenen Erkennens, Kommunizierens und Wiederstehens zu suggerieren. Als das Christentum in Europa seine direkte Herrschafts-Funktion verlor, nahmen einige bürgerliche Wissenschaftler jene Grundphilosophie aus der Religion mit und postulierten z.B. den berühmten Dämon, der alles berechnen könnte, weil im Prinzip alles determiniert sei.

Erst später kamen dann physikalisch und biologisch begründete Zweifel an diesem Determinismus auf und es gab wiederum Versuche, diesen wissenschaftlich begründeten Zweifel wieder aus der Welt zui schaffen.

Das ist nicht gelungen und nun haben wir den Salat. Nun sprechen wir von Quantentheorie und Mutationen, die mit einer prinzipiellen Determination - auch in der Meso- und Makrowelt! - nicht mehr kompatibel sind. Es ist völlig klar, dass schon die Evolution der natürlichen Arten ein dialektisches Zusammenspiel zwischen Zufall und Notwendiigkeit ist. Aber selbst in der Biologie wird der Zufall oft einfach übersehen, seine Bedeutung herunter gespielt. Auch das womöglich aus (unbewusst) neoreligiösen Gründen.

Deshalb zitiere ich mal ein paar Passagen vom berühmten Biologen Ernst Mayr:

Zitat:
Netzeitung: Dadurch, dass nur das sehr Unvorteilhafte eliminiert wird, bleibt viel Platz für Vielfalt. Schon das klingt wenig deterministisch. Sie gehen aber in Ihrem Buch noch einen Schritt weiter.

Mayr: Ja. Der Zufall spielt eine große Rolle in der Evolution. Das ist auch ein Unterschied zwischen Dawkins und Gould.
Gould hat sehr stark die Rolle des Zufalls betont, und da stimme ich vollkommen mit ihm überein. Wenn nur die ‚Un-Fitten’ eliminiert werden, kann der Zufall unendlich viel tun bei all den Individuen, die da noch übrig sind. Das sind jene, die - auch wenn sie nicht die Allerfittesten ihrer Population sind - doch über die Runden kommen und sich fortpflanzen. All das, was uns an evolutionären Entwicklungen überraschend vorkommt, waren ursprünglich solche Genotypen, die durch Zufall überlebten. Gould hat das in seinem meiner Meinung nach besten Buch, „Wonderful Life“ sehr gut beschrieben. Dort zeigt er, dass die unglaubliche Variabilität in diesen frühen Faunen durch Zufall entstanden ist. Und welche von diesen Formen überlebten, war wiederum Zufall, denn da gab es immer so und so viele, die ungefähr gleich gut waren.

Netzeitung: Zu einem anderen Thema. Sie haben den Kreationismus bereits angesprochen. In den USA, dem Land, in dem Sie leben, lehnen etwa 50 Prozent der Bevölkerung die Evolutionslehre, trotz aller fossilen und experimentellen Indizien, ab.

Mayr: Das wird sich auch nicht ändern. Ein Kollege von mir von der University of California in Riverside gibt einen Evolutionskurs. Vor der ersten Vorlesung verteilt er einen Fragebogen. Dort müssen die Studenten ankreuzen, ob sie an Evolution glauben, oder ob sie glauben, dass jedes Wort in der Bibel wahr ist. Drei Monate lang bringt er diesen Studenten die moderne Evolutionslehre bei. Sie müssen Arbeiten schreiben, eine Prüfung darüber ablegen. Und am Schluss verteilt er genau den selben Fragebogen erneut. Was sich herausstellte war, dass die Studenten trotz ihrer Teilnahme an dem Kurs ihre Meinung nicht änderten. Wer vorher gesagt hatte, er würde wortwörtlich an alles in der Bibel glauben, tat das auch nach dem Kurs noch. Das religiöse Brainwashing, wenn es früh genug in der Jugend gemacht wird, sitzt offenbar unglaublich fest.

Netzeitung: Haben Sie eine Idee, wie man christliche Religion und Evolutionslehre versöhnen könnte.

Mayr: Nein. Der Kreationismus ist einfach ein Märchen. Und wie kann man ein Märchen mit Wissenschaft vereinbaren? Deshalb habe ich in meinem Buch die Beweise für die Evolutionslehre nur sehr komprimiert dargestellt. Es hat ja gar keinen Zweck, das immer wieder zu tun. Es ist schon hundertmal sehr gut gemacht worden. Die Kreationisten lesen das, und es beeindruckt sie überhaupt nicht. Es ist wie Wasser, das man auf den Rücken einer Ente schüttet, es perlt einfach ab.


http://www.netzeitung.de/wissenschaft/243542.html


Der Grund für die Ablehnung der Evolutionstheorie durch neoreligiöse Menschen ist übrigens wiederum die Rolle des Zufalls. Dieser wird diffamiert als "blinder Zufall", usw.

Dabei kommt es doch auf das Zusammenspiel zwischen sprunghaften, nicht determinierten und kontinuierlichen, determinierten Entwicklungen an. Beides existiert: Der Nichtdeterminismus als auch der Determinismus.

Skeptiker

#1393:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 16:24
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Einen politischen Charakter nehmen solche physikalistischen Philosophien spätestens dann an, wenn "der Gesellschaft" plötzlich die Freiheit (!) zugestanden wird, Individuen erfolgreich "präventiv zu behandeln", was wohl ein anderer Ausdruck für Gehirnwäsche ist. Wohlgemerkt: In Deiner (steps) Vision ist dieses Ziel für das Subjekt (?) namens Gesellschaft völlig frei auswählbar und auch erreichbar, was wohl meiner Kategorie der Zielerreichungsfreiheit entsprechen würde.

Nur dem Individuum wird eine solche Freiheit ausgehend vom Willen hin zu einem bestimmen Ziel nicht zugestanden, ja als Illusion hingestellt.

Wie das?

Das ist unlogisch. Wenn ersteres ginge, so ginge auch zweiteres, oder gar nichts von beiden.

Wenn Du Wissenschaftler sein willst und nicht nur Fachidiot, dann sollte Dir zuallererst die elementarste Logik vertraut sein, da Du Dich sonst in heikle Widersprüche verstrickst, die - wie ich meine - nur politisch motiviert sein können.

Skeptiker
Daumen hoch!

#1394:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 16:27
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Aus dem Tagebuch eines Wahnsinnigen

Montag. – Ausgestattet mit einem freien Willen, harhar, sitze ich im Luftschutzkeller und fühle mich wie Superman. Zwar tauge ich zu nichts; trotzdem träume ich unter Tage von einer steilen Karriere: Wie ich – ohne jemals einen Teller gewaschen zu haben – Millionär wurde … Robert Crumb könnte mich zeichnen, Frank Zappa besingen.

Die mir angeborene Scheu verhinderte bisher, kein öffentliches Ärgernis zu werden. Schon komisch das. Seitdem mich Bertrand Jérôme De Vallier – ich heiße bloß Franz Kurz – einen Motherfucker nannte, habe ich keinen Bock mehr auf Mami. Mit ziemlicher Sicherheit bin ich erblich belastet von Seiten meines Alten. Nachdem mir die Muttermilch verleidete, wurde ich mit Nutella und Ovomaltine ernährt. Darum schaue ich so leichenblaß wie Ziegenbutter aus.

Meine Freundin müßte Mercedes heißen, unbedingt aber deutschstämmig sein, so, wie ich, und blond wie Barbie. Urdeutsch und einheimisch noch dazu. – Ach du große Scheiße! Was meine Lieblingsbücher sind oder seien? So dumm kann nur ein Lehrer fragen. „The Catcher in the Rye“, logo. Und natürlich „Die neuen Leiden des jungen W.“

So. Nun muß ich noch schnell meine Hausaufgabe erledigen. Da ich deutscher Wertarbeit blindes Vertrauen schenke, handle ich das mir aufgetragene Thema kurz ab (nomen est omen): Niemand wird mich richten! Denn darüber, ob die Unzurechnungsfähigkeit dem freien Willen entspricht oder ein Milderungsgrund für was auch immer sei, muß erst noch nachgedacht werden. Irgendwann nehme ich mir die Zeit dazu. Bevor es dazu zu spät ist.
Mit den Augen rollen Ich nenne das Polemik...

#1395:  Autor: Zoff BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 16:33
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
Aus dem Tagebuch eines Wahnsinnigen

Montag. – Ausgestattet mit einem freien Willen, harhar, sitze ich im Luftschutzkeller und fühle mich wie Superman. Zwar tauge ich zu nichts; trotzdem träume ich unter Tage von einer steilen Karriere: Wie ich – ohne jemals einen Teller gewaschen zu haben – Millionär wurde … Robert Crumb könnte mich zeichnen, Frank Zappa besingen.

Die mir angeborene Scheu verhinderte bisher, kein öffentliches Ärgernis zu werden. Schon komisch das. Seitdem mich Bertrand Jérôme De Vallier – ich heiße bloß Franz Kurz – einen Motherfucker nannte, habe ich keinen Bock mehr auf Mami. Mit ziemlicher Sicherheit bin ich erblich belastet von Seiten meines Alten. Nachdem mir die Muttermilch verleidete, wurde ich mit Nutella und Ovomaltine ernährt. Darum schaue ich so leichenblaß wie Ziegenbutter aus.

Meine Freundin müßte Mercedes heißen, unbedingt aber deutschstämmig sein, so, wie ich, und blond wie Barbie. Urdeutsch und einheimisch noch dazu. – Ach du große Scheiße! Was meine Lieblingsbücher sind oder seien? So dumm kann nur ein Lehrer fragen. „The Catcher in the Rye“, logo. Und natürlich „Die neuen Leiden des jungen W.“

So. Nun muß ich noch schnell meine Hausaufgabe erledigen. Da ich deutscher Wertarbeit blindes Vertrauen schenke, handle ich das mir aufgetragene Thema kurz ab (nomen est omen): Niemand wird mich richten! Denn darüber, ob die Unzurechnungsfähigkeit dem freien Willen entspricht oder ein Milderungsgrund für was auch immer sei, muß erst noch nachgedacht werden. Irgendwann nehme ich mir die Zeit dazu. Bevor es dazu zu spät ist.
Mit den Augen rollen Ich nenne das Polemik...


Eher Literatur ohne Quellenangabe. Mit den Augen rollen

#1396:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 16:43
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
... An die Freiwilligkeit dachte ich nicht einen Augenblick lang – angesichts der vielen Zwänge.

Warum schreibe ich in diesem Forum und in andern Foren? Ich stehe ja nicht unter Publikationszwang. Freiwillig mit Bestimmheit nicht. Das ist sicher.

Gruß von Leila*
Leidest Du unter einer Zwangsneurose ?

Seit ich mich vor 13 Jahren frei geschaufelt habe von alle Zwängen fühle ich mich weitgehend frei. Natürlich kann ich nichts tun, was meine Fähigkeiten übersteigt, oder was die Physik verbietet, aber ansonsten tue und lasse ich was mir beliebt. Ich bin geschieden und lebe allein, somit muss ich mich nach niemanden richten. Meine Kinder sehe ich dann, wenn es mir behagt (und das ist übrigens recht oft). Meinen Tag richte ich mir ein wie es kommt ganz nach Lust und Laune und das jeden Tag neu. Das einzige, was ich tun muss, ist essen und schlafen, der Rest ist frei...

Wer eine solche Freiheit nicht erlebt hat, kann sie sich gar nicht vorstellen. Dass der freie Wille nicht existiert ist dann eine logische Folgerung...

#1397:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:07
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Meinen Tag richte ich mir ein wie es kommt ganz nach Lust und Laune und das jeden Tag neu. Das einzige, was ich tun muss, ist essen und schlafen, der Rest ist frei...


und das Geld um dabei zu überleben erhälst Du determiniert in Form von Pension direkt aus
Deiner vergangenen Determination als zwanghafter Determinant und das auch nur weil
es ebenso zwanghafte Determinanten auch heute gibt, welche dieses Geld für Dich mit erarbeiten.
Und weil man Geld nicht essen kann, gibst Du es auch heute determiniert aus.


Zitat:

Wer eine solche Freiheit nicht erlebt hat, kann sie sich gar nicht vorstellen. Dass der freie Wille nicht existiert ist dann eine logische Folgerung...


Ich lebe auch eine relative Freiheit - muß allerdings für meinen Lebensunterhalt selbst sorgen
und unterliege trotz relativ hoher individueller Entscheidungsfreiheit -> trotzdem der Determination.

Mir scheint das Deine Freiheit Dich um Deinen Lebensunterhalt nicht kümmern zu müssen,
Dir eine Determinationsfreiheit suggeriert, welche aber lediglich die Abwesenheit von Sachzwängen
ist und selbst das längst nicht vollständig -> notwendigkeit zu essen, trinken, dach übern Kopf und, und, und.
Du bist lediglich (determiniert) den wesentlichsten gesellschaftlichen Sachzwang los und meinst darob gleich von
jeglicher Determination frei zu sein Mit den Augen rollen

edit.: Ich kann auch "völlig frei" entscheiden ob ich heute arbeite oder frei mache - ich kann auch "völlig frei" entscheiden
ob ich Tags oder Nachts arbeite - oder ob ich 4Wochen spontan gar nicht arbeite.

Aber all diese (und noch viel mehr) "völlig freien" Entscheidungen die ich täglich treffen kann aber auch treffen -> muß,
beeinflussen direkt die mich umgebende Determination und wenn ich ne Weile "völlig frei"
entscheide überhaupt nicht zu arbeiten - hab ich irgendwann kein Geld mehr und die Kunden
würden mir wegen fortgesetzter Unzuverlässigkeit ebenfalls weg laufen.
Dann wärs wegen fortgesetzter "völlig freier" Entscheidung ratz fatz aus mit meinem sehr schönen
relativ freien Leben und ich müßte mich wieder in erheblich extremere Zwänge begeben
um zu überleben.

Abwesenheit von Zwängen ist zum einen die Maximierung des Entscheidungszwanges
und hat zum anderen absolut nichts mit einer eventuellen Abwesenheit von Determination zu tun.
Das ist lediglich angenehmer als zwanghafte Determination - aber mehr auch nicht
und für nichtmal so wenige - nichtmal das.


Zuletzt bearbeitet von AXO am 13.07.2009, 17:21, insgesamt 4-mal bearbeitet

#1398:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:10
    —
step hat folgendes geschrieben:
"eine Form" - naja, man kann "freier Wille" einfach sehr weit fassen, so daß selbt ein komplett determinierter Wille noch "im soziologischen Sinne" frei ist, oder ähnlich.


Wir diskutieren wieder einmal aneinander vorbei. Ich empfinde es mühsam, über die Existenz des freien Willens zu diskutieren anstatt über seine Form, Beschränkungen und Fähigkeiten. Bis jetzt hat mich noch kein Argument überzeugt, dass der freie Wille nicht existiert, auch Deine Argumente nicht.

Vielleicht müsste man einen neuen Thread eröffnen, in welchem alle Beiträge jener, die nicht an den Freien Willen glauben, ignoriert werden...

#1399:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:20
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bestimmte Determinanten werden eben als unangenehmer empfunden als andere. Die nennen wir dann "Zwänge" und fühlen uns "unfrei", oder Andere bezeichnen uns dann so. Mir geht es also darum, daß die Determiniertheit zwar die Willensfreiheit widerlegt, es aber dennoch sinnvoll sein kann, die unangenehmeren Determinanten anders zu behandeln als die angenehmen.

Na gut, aber wieso sollten wir dann eigentlich unsere üblichen Bezeichnungen ändern, die ja eben dazu da sind, diesen Unterschied deutlich zu machen?

Eine exaktere Ausdrucksweise könnte deutlicher machen, daß dem Unterschied im Zwangsgefühl im Gegensatz zur Intuition kein Unterschied in der Determination entspricht.

Letztlich geht es mir nicht um Worte, sondern um die Botschaften / Modelle, die dahinter stehen, und dere Folgen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was ist der Sinn und Zweck dessen, was genau ist das Ziel dabei? Den Leuten klar zu machen, dass sie alles hinnehmen müssen was passiert, weil alles Schicksal, Kismet ist? Ihnen klar zu machen, dass sie selber keine Einfluss auf ihre Lebensumstände haben? Weil nämlich alles determiniert ist?

Warum unterstellst Du mir diesen unwürdigen psychologischen Fehlschluß eigentlich immer wieder, obwohl ich noch nie Anlaß dazu gegeben habe? Ich habe schon mehrfach erklärt, daß Menschen sehrwohl Entscheidungen treffen und damit etwas verändern. Aus der Einsicht der Determination folgt in keiner Weise Resignation oder Passivität.

#1400:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:27
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Ich lebe auch eine relative Freiheit - muß allerdings für meinen Lebensunterhalt selbst sorgen
und unterliege trotz relativ hoher individueller Entscheidungsfreiheit -> trotzdem der Determination.

Mir scheint das Deine Freiheit Dich um Deinen Lebensunterhalt nicht kümmern zu müssen,
Dir eine Determinationsfreiheit suggeriert, welche aber lediglich die Abwesenheit von Sachzwängen
ist und selbst das längst nicht vollständig -> notwendigkeit zu essen, trinken, dach übern Kopf und, und, und.
Du bist lediglich (determiniert) den wesentlichsten gesellschaftlichen Sachzwang los und meinst darob gleich von
jeglicher Determination frei zu sein Mit den Augen rollen
Mit den Augen rollen Und weil wir essen, trinken, wohnen und, und, und müssen, meinst Du dass wir in anderen Belangen auch nicht frei sein können ? Bedingte Freiheit, sagt Dir das was ?

#1401:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:28
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Wir diskutieren wieder einmal aneinander vorbei. Ich empfinde es mühsam, über die Existenz des freien Willens zu diskutieren anstatt über seine Form, Beschränkungen und Fähigkeiten.

Warum tust Du es dann?

PataPata hat folgendes geschrieben:
Bis jetzt hat mich noch kein Argument überzeugt, dass der freie Wille nicht existiert, auch Deine Argumente nicht.

Damit muß ich leben.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Vielleicht müsste man einen neuen Thread eröffnen, in welchem alle Beiträge jener, die nicht an den Freien Willen glauben, ignoriert werden...

Nur zu, Ihr könnt auch eine Werbeagentur beauftragen oder im Vatikan tagen ...

#1402:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:32
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich habe schon mehrfach erklärt, daß Menschen sehrwohl Entscheidungen treffen und damit etwas verändern. Aus der Einsicht der Determination folgt in keiner Weise Resignation oder Passivität.


Eben - gerade die Determination ermöglicht überhaupt erst Einflußnahme.
Unterm Strich ist es einen jeden Menschen eigene Entscheidung Determination passiv
"über sich ergehen zu lassen" oder aber sie aktiv zu beeinflussen Schulterzucken
Aber gerade weil diese Entscheidung vermutlich eben auch nicht frei ist - gibts halt Menschen
die hauptsächlich in die eine Richtung und welche die hauptsächlich in die andre Richtung tendieren.

#1403:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:36
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Bedingte Freiheit, sagt Dir das was ?


Ja das sagt mir was -> Freiheit unter (determinierten)Bedingungen Mr. Green
Im Wesentlichen also die determiniert bedingte Freiheit die Determination aktiv zu beeinflussen,
anstatt passiv ertragen zu müssen.
Weil aber auch das grundsätzlich und ausnahmslos an Bedinungen geknüpft ist,
ist auch dabei keine Entscheidung -> FREI und die Entscheidung dazu schon gleich gar nicht zwinkern

Dich mußte es - ebenso wie mich- erst psychisch und/oder körperlich aushebeln bis
"Wir" in der Lage waren "uns" für relative Zwanglosigkeit zu entscheiden.
Was daran wäre nicht determiniert?


Zuletzt bearbeitet von AXO am 13.07.2009, 17:41, insgesamt einmal bearbeitet

#1404:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:40
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Leidest Du unter einer Zwangsneurose ?

Wir, mein Mann, ich und unsere Partner sind ‚selbständige‘ Kleinunternehmer, d.h. wir hängen von Aufträgen ab, von Bauherrschaften und Handwerkern.

Das allermeiste in meinem Leben kommt wir wie Zufall vor, Fügung oder Schicksal.

Gruß von Leila*

#1405:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 17:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bestimmte Determinanten werden eben als unangenehmer empfunden als andere. Die nennen wir dann "Zwänge" und fühlen uns "unfrei", oder Andere bezeichnen uns dann so. Mir geht es also darum, daß die Determiniertheit zwar die Willensfreiheit widerlegt, es aber dennoch sinnvoll sein kann, die unangenehmeren Determinanten anders zu behandeln als die angenehmen.

Na gut, aber wieso sollten wir dann eigentlich unsere üblichen Bezeichnungen ändern, die ja eben dazu da sind, diesen Unterschied deutlich zu machen?

Eine exaktere Ausdrucksweise könnte deutlicher machen, daß dem Unterschied im Zwangsgefühl im Gegensatz zur Intuition kein Unterschied in der Determination entspricht.

Zwang hat für mich aber nichts mit Determination zu tun. "Zwang" und "freiwillig" sind Gegensätze, die sich darauf beziehen, inwieweit jemand das tun kann, was er will oder inwieweit er daran gehindert (durch äußere oder innere Zwänge) wird. Es ist einfach für mich ein himmelweiter Unterschied, ob ich z.B. selber Sex haben will oder ob mich jemand zum Sex zwingt. Es erscheint mir absurd, diesen Unterschied unter den Teppich kehren zu wollen, indem man alles gleichermaßen "Zwang" nennt. Dabei spielt es keine Rolle, dass ich mir zum Beispiel meine sexuelle Orientierung nicht selber habe auswählen können.

Welche Ausdrucksweise schlägst Du eigentlich vor?

step hat folgendes geschrieben:
Letztlich geht es mir nicht um Worte, sondern um die Botschaften / Modelle, die dahinter stehen, und dere Folgen.

Welche sind das?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was ist der Sinn und Zweck dessen, was genau ist das Ziel dabei? Den Leuten klar zu machen, dass sie alles hinnehmen müssen was passiert, weil alles Schicksal, Kismet ist? Ihnen klar zu machen, dass sie selber keine Einfluss auf ihre Lebensumstände haben? Weil nämlich alles determiniert ist?

Warum unterstellst Du mir diesen unwürdigen psychologischen Fehlschluß eigentlich immer wieder, obwohl ich noch nie Anlaß dazu gegeben habe? Ich habe schon mehrfach erklärt, daß Menschen sehrwohl Entscheidungen treffen und damit etwas verändern. Aus der Einsicht der Determination folgt in keiner Weise Resignation oder Passivität.

Resignation oder Passivität habe ich auch nicht genannt, es scheint mir eher darauf hinauszulaufen, dass sich andere einer bestimmten Weltsicht, die als die einzig wahre proklamiert wird, unterwerfen sollen. Was aber ebenso ein Fehlschluss wäre, denn, egal wie die Wirklichkeit beschaffen ist, das gilt dann für alle Menschen gleichermaßen. Wenn Menschen keine autonomen Subjekte sind, die ihre Handlungen selbstverantwortlich steuern können, dann erübrigen sich moralische Forderungen automatisch, die sind dann sinnlos.

In einem Diskurs bleibt letztlich gar nichts anderes übrig, als den anderen als moralischen Agenten anzusehen.

Es sei denn, man hielte sich selber für befugt, über den anderen zu bestimmen, weil man die einzige Wahrheit kennte. Aber das wäre dann ja kein Diskurs mehr.
---------------
Edit: unfertigen Satz korrigiert


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 13.07.2009, 18:06, insgesamt einmal bearbeitet

#1406:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:01
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Leidest Du unter einer Zwangsneurose ?

Wir, mein Mann, ich und unsere Partner sind ‚selbständige‘ Kleinunternehmer, d.h. wir hängen von Aufträgen ab, von Bauherrschaften und Handwerkern.

Das allermeiste in meinem Leben kommt wir wie Zufall vor, Fügung oder Schicksal.

Gruß von Leila*


ich bin auch selbstständiger Kleinunternehmer - allerdings mit dem Bestreben die Abhängigkeiten
auf maximal erforderliches Minimum zu reduzieren - woraus (determiniert) zwangsläufig folgt,
das die erhöhte (als relativ frei empfundene) Unabhängigkeit mit einer entsprechenden
Reduktion des materiellen Lebensstandartes einher geht - die ich aber im akzeptablen
Verhältnis zur Unabhängigkeit für diese gern in Kauf nehme.
Ich hab das "Experiment" auch früher schonmal erheblich weiter getrieben und kann
bestätigen das nur der materiell maximal Arme der maximal Unabhängige ist.
"Freiheit ist nur ein anderes Wort für nichts mehr zu verlieren haben" - kann ich in
vollem Umfang bestätigen. Allerdings stellt man sich damit auch maximal außerhalb
der Gesellschaft und ist als determiniert sehr geselliger Mensch, determiniert gezwungen
sich mindestens minimal zu integrieren -> auch DAS hab ich aus der Erkenntnis heraus
gern gemacht, auch wenns aus der vormaligen Position heraus sehr, sehr schwer war wieder dort
hinzukommen wo ich jetzt bin.
Und mit jedem Schritt zur tieferen Integration - steigern sich die Abhängigkeiten proportional
zum Einkommen.

Bei all dem sollte vor allem Agnostiker nicht außer acht lassen das diese beschriebenen
empfundenen Freiheiten und Unfreiheiten nichts weiter als die gesellschaftliche
Determination betreffen und das selbst der komplett ausgestiegene asketische Erimit
nichts desto trotz nur einem winzigen Komplex innerhalb der Determination entronnen,
aber deshalb keinesweges frei von Determination ist - von seinen kompletten gesellschafltichen
Lebenserfahrungspaket, welches jegliche Art von Entscheidung beeinflusst nicht zu reden.


der von Dir liebe Leila angesprochene -> Zufall jedoch ist mir dabei noch auf keinem von allen meinen Wegen begegnet zwinkern
Wenn ich heute "zufällig" einen alten Bekannten wieder treffe - den ich schon Jahre nicht gesehen habe,
dann doch nur weil sowohl er als auch ich uns jeweils determiniert zwangsläufig zur selben
Zeit am selben Ort getroffen haben -> von Zufall keine Spur
und wenn ich auf dem Weg zu diesem Ort unterwegs ne Reifenpanne habe weil ich determiniert
zwangsläufig über den einzigen Nagel weit und breit gefahren bin, dann würde ich ihn dadurch
determiniert zwangsläufig verfehlen = das Ereignis, welches eventuell gravierenden Einfluss auf
unser beider zukünftige Determination haben könnte -> würde determiniert nicht statt finden,
weil ich nicht zur entsprechenden Zeit am entsprechenden Ort bin Schulterzucken

ich seh da nirgendwo Raum für Zufall


Zuletzt bearbeitet von AXO am 13.07.2009, 18:09, insgesamt einmal bearbeitet

#1407:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:03
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Was daran wäre nicht determiniert?

Wenn "Freiheit" und "Determination" Gegensätze sein sollen, dann müsste das begründet werden können. Einfach so aus sich heraus selbstverständlich ist das nämlich nicht.

Frage: wäre Deiner Ansicht nach jemand frei, der Entscheidungen träfe, die von nichts abhingen, die also einfach so, willkürlich und auch für ihn unvorsehbar einträten?

Und wenn das für Dich keine Freiheit darstellen würde: was ist eigentlich für Dich Freiheit?

#1408:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:09
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Leidest Du unter einer Zwangsneurose ?

Wir, mein Mann, ich und unsere Partner sind ‚selbständige‘ Kleinunternehmer, d.h. wir hängen von Aufträgen ab, von Bauherrschaften und Handwerkern.

Das allermeiste in meinem Leben kommt wir wie Zufall vor, Fügung oder Schicksal.

Gruß von Leila*


Das hat das Kleinbürgertum so an sich.

Mach Dir nichts draus.

Skeptiker

#1409:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:21
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn ich heute „zufällig“ einen alten Bekannten wieder treffe - den ich schon Jahre nicht gesehen habe, dann doch nur weil sowohl er als auch ich uns jeweils determiniert zwangsläufig zur selben Zeit am selben Ort getroffen haben -> von Zufall keine Spur […]

Wie auch immer. Ich kann nicht alles erklären, und selbst wenn ich es könnte, wäre ich zu faul dazu. Anstatt jedesmal bei Adam und Eva zu beginnen, sage ich ganz einfach Zufall. Daß alles irgendwie durch irgendetwas bedingt ist, ist mir schon klar.

Gruß von Leila*

#1410: Raum für Zufall Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:26
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Leidest Du unter einer Zwangsneurose ?

Wir, mein Mann, ich und unsere Partner sind ‚selbständige‘ Kleinunternehmer, d.h. wir hängen von Aufträgen ab, von Bauherrschaften und Handwerkern.

Das allermeiste in meinem Leben kommt wir wie Zufall vor, Fügung oder Schicksal.

Gruß von Leila*


ich bin auch selbstständiger Kleinunternehmer - allerdings mit dem Bestreben die Abhängigkeiten
auf maximal erforderliches Minimum zu reduzieren - woraus (determiniert) zwangsläufig folgt,
das die erhöhte (als relativ frei empfundene) Unabhängigkeit mit einer entsprechenden
Reduktion des materiellen Lebensstandartes einher geht - die ich aber im akzeptablen
Verhältnis zur Unabhängigkeit für diese gern in Kauf nehme.
Ich hab das "Experiment" auch früher schonmal erheblich weiter getrieben und kann
bestätigen das nur der materiell maximal Arme der maximal Unabhängige ist.
"Freiheit ist nur ein anderes Wort für nichts mehr zu verlieren haben" - kann ich in
vollem Umfang bestätigen. Allerdings stellt man sich damit auch maximal außerhalb
der Gesellschaft und ist als determiniert sehr geselliger Mensch, determiniert gezwungen
sich mindestens minimal zu integrieren -> auch DAS hab ich aus der Erkenntnis heraus
gern gemacht, auch wenns aus der vormaligen Position heraus sehr, sehr schwer war wieder dort
hinzukommen wo ich jetzt bin.
Und mit jedem Schritt zur tieferen Integration - steigern sich die Abhängigkeiten proportional
zum Einkommen.

Bei all dem sollte vor allem Agnostiker nicht außer acht lassen das diese beschriebenen
empfundenen Freiheiten und Unfreiheiten nichts weiter als die gesellschaftliche
Determination betreffen und das selbst der komplett ausgestiegene asketische Erimit
nichts desto trotz nur einem winzigen Komplex innerhalb der Determination entronnen,
aber deshalb keinesweges frei von Determination ist - von seinen kompletten gesellschafltichen
Lebenserfahrungspaket, welches jegliche Art von Entscheidung beeinflusst nicht zu reden.


der von Dir liebe Leila angesprochene -> Zufall jedoch ist mir dabei noch auf keinem von allen meinen Wegen begegnet zwinkern
Wenn ich heute "zufällig" einen alten Bekannten wieder treffe - den ich schon Jahre nicht gesehen habe,
dann doch nur weil sowohl er als auch ich uns jeweils determiniert zwangsläufig zur selben
Zeit am selben Ort getroffen haben -> von Zufall keine Spur
und wenn ich auf dem Weg zu diesem Ort unterwegs ne Reifenpanne habe weil ich determiniert
zwangsläufig über den einzigen Nagel weit und breit gefahren bin, dann würde ich ihn dadurch
determiniert zwangsläufig verfehlen = das Ereignis, welches eventuell gravierenden Einfluss auf
unser beider zukünftige Determination haben könnte -> würde determiniert nicht statt finden,
weil ich nicht zur entsprechenden Zeit am entsprechenden Ort bin Schulterzucken

ich seh da nirgendwo Raum für Zufall


AXO, du hast Deinen Lebenslauf hier bereits unzählige Male gepostet. Es ist nicht nötig, das immer wieder zu tun. Das ist mal interessant, jedoch sollte so eine Diskussion auch ein wenig vom Abstraktionsvermögen unterschiedlicher Situationen leben, da sonst jeder aus seinem Erdloch heraus "argumentiert" und das für die Welt selber hält, so wie man damals dachte, eine regionale Überschwemmung wäre die von "Gott" gesandte Sintflut.

"Abhängigkeiten" sind auf der anderen Seite so was von allgemein und nichtssagend, dass damit eine präzise Diskussion wohl kaum zu führen sein wird. Welche Abhängigkeiten? Wer von wem und was? Der Kleinproduzent von der Nachfrage? Oma Piepenbrink von ihrem Arzt? Der Drogensüchtige von seinem Dealer?

Du siehst hier nirgendwo Raum für Zufall, hast Du geschrieben. Das ist ja interessant, weil wieder äußerst subjektiv. Schließlich ist Wahrheit keine Meinungssache und die Welt interessiert sich nicht für das, was wir über sie denken.

Im übrigen ist der Zufall etwas, was in der Bibelbabbel, glaube ich, nur an einer einzigen Stelle vorkommt. Hier kam er mindestens schon an 2 Stellen vor: einmal vorne, einmal hinten. Ist doch, was, oder?

Und da sag' noch einer, er sieht keinen Raum für Zufall. Hier ist schließlich Raum genug ...-! zwinkern

Skeptiker

#1411:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:30
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Einen politischen Charakter nehmen solche physikalistischen Philosophien spätestens dann an, wenn "der Gesellschaft" plötzlich die Freiheit (!) zugestanden wird, Individuen erfolgreich "präventiv zu behandeln", was wohl ein anderer Ausdruck für Gehirnwäsche ist. Wohlgemerkt: In Deiner (steps) Vision ist dieses Ziel für das Subjekt (?) namens Gesellschaft völlig frei auswählbar und auch erreichbar, was wohl meiner Kategorie der Zielerreichungsfreiheit entsprechen würde.

Nur dem Individuum wird eine solche Freiheit ausgehend vom Willen hin zu einem bestimmen Ziel nicht zugestanden, ja als Illusion hingestellt.

Wie das?

Das ist unlogisch. Wenn ersteres ginge, so ginge auch zweiteres, oder gar nichts von beiden.

Wenn Du Wissenschaftler sein willst und nicht nur Fachidiot, dann sollte Dir zuallererst die elementarste Logik vertraut sein, da Du Dich sonst in heikle Widersprüche verstrickst, die - wie ich meine - nur politisch motiviert sein können.

Skeptiker
Daumen hoch!


Hallo PataPata, danke! Prost

Skeptiker

#1412:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:35
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bestimmte Determinanten werden eben als unangenehmer empfunden als andere. Die nennen wir dann "Zwänge" und fühlen uns "unfrei", oder Andere bezeichnen uns dann so. Mir geht es also darum, daß die Determiniertheit zwar die Willensfreiheit widerlegt, es aber dennoch sinnvoll sein kann, die unangenehmeren Determinanten anders zu behandeln als die angenehmen.

Na gut, aber wieso sollten wir dann eigentlich unsere üblichen Bezeichnungen ändern, die ja eben dazu da sind, diesen Unterschied deutlich zu machen?

Eine exaktere Ausdrucksweise könnte deutlicher machen, daß dem Unterschied im Zwangsgefühl im Gegensatz zur Intuition kein Unterschied in der Determination entspricht.

Letztlich geht es mir nicht um Worte, sondern um die Botschaften / Modelle, die dahinter stehen, und dere Folgen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was ist der Sinn und Zweck dessen, was genau ist das Ziel dabei? Den Leuten klar zu machen, dass sie alles hinnehmen müssen was passiert, weil alles Schicksal, Kismet ist? Ihnen klar zu machen, dass sie selber keine Einfluss auf ihre Lebensumstände haben? Weil nämlich alles determiniert ist?

Warum unterstellst Du mir diesen unwürdigen psychologischen Fehlschluß eigentlich immer wieder, obwohl ich noch nie Anlaß dazu gegeben habe? Ich habe schon mehrfach erklärt, daß Menschen sehrwohl Entscheidungen treffen und damit etwas verändern. Aus der Einsicht der Determination folgt in keiner Weise Resignation oder Passivität.


Ich glaube, dass so ein Wellblechhüttenbewohner das unter Umständen anders sehen könnte ... pardon! ... müsste (!) als so ein Ackermann. Meinste nicht? Oder gibt's da plötzlich einen freien Willen über die Gefühle?

Und was meinst Du hier mit "Veränderung"? Veränderung anstelle von Determination oder anstelle von was?

Und schließlich: Was meinst Du hier mit "Entscheidungen"? Menschen können sich plötzlich entscheiden? Zwischen was? Mit was?

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 13.07.2009, 18:45, insgesamt 2-mal bearbeitet

#1413:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:38
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Was daran wäre nicht determiniert?

Wenn "Freiheit" und "Determination" Gegensätze sein sollen, dann müsste das begründet werden können. Einfach so aus sich heraus selbstverständlich ist das nämlich nicht.

Frage: wäre Deiner Ansicht nach jemand frei, der Entscheidungen träfe, die von nichts abhingen, die also einfach so, willkürlich und auch für ihn unvorsehbar einträten?


Zumindest habe ich das mal als Anwesenheit von freier Entscheidung betrachtet.
Das hatte ich auch im Gesprächsverlauf bereits mit Step erörtert.
-> maximale "Verrücktheit" als maximale Entscheidungsfreiheit also.


AXO hat folgendes geschrieben:


Zitat:


AXO hat folgendes geschrieben:
könnte da am Ursprung nicht ein Fünkchen freier Wille im Spiel sein sich der aktuellen Determination komplett und ohne Rücksicht auf den eigenen Kontext darin zu wiedersetzen?

Nein, die Beispiele zeigen kein Argument für den Freien Willen, sondern nur die Instabilität mancher determinierten Systeme, teilweise auch die Tatsache, daß bewußte Wesen zuweilen berechnen (können), wie diese Instabilität kippen kann.


Könnte das Argument für die Freiwilligkeit bewußten Agierens nicht an dem Punkt gegeben sein,
wo vormaliger Anspruch und spätere Entwicklung sich deckt?
"Verrücktheit" inklusive verifizierbarer Ansage der späteren Auswirkung also?


Die Antwort auf meine bisher letzte Frage dazu ist mir Step bisher schuldig geblieben.

Allerdings bliebe selbst dann erstmal offen welche determinierten Impulse einen von der Umgebung
als "verrückt" Wahrgenommen zu seinen scheinbar jeder Determination wiedersprechenden
Entscheidungen bringen.



Zitat:


Und wenn das für Dich keine Freiheit darstellen würde: was ist eigentlich für Dich Freiheit?


Ich denke -> genau das ist die eigentliche Frage Smilie
Was - ist - für wen -> Freiheit?
Eigentlich versteht man darunter doch lediglich maximale gesellschaftliche Unabhängigkeit.
Schon diese Freiheit können sich im höchsten Maß nur Individuen erlauben,
welche entweder finanziell sorgenlos sind (ohne sich um die Herkunft ihrer Einkünfte kümmern zu müssen)
oder Individuen die in der Lage sind sich maximal außerhalb der Gesellschaft zu bewegen.
Gesellschaftlich determiniert bedingt nutzen zum einen, weder die einen noch die anderen,
der schon eh wenigen,welche das beträfe die dadurch theoretisch möglichen Freiheiten
im vollen Umfang oder auch nur zum erheblichen Teil
und zum anderen bedeutet weder das eine noch das andere Determinationsfreiheit.
Die Wenigsten können sich auch nur theoretisch frei für das eine oder andere Leben entscheiden
und selbst bei denen wo es danach aussieht, gibt es ja eine Vielzahl determiniert summierter
Anlässe sich dahingehend zu entscheiden.
Wenn mein Leben z.B. nicht so verlaufen wäre, wie es verlaufen ist - hätte es den Punkt zur
Entscheidung für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Freiheiten und materiellem Wohlstand
auf selbst definiertem Level -> determiniert -> niemals gegeben.
Ich bin heute noch damit beschäftigt das Level entsprechend meinen Vorstellungen davon
halbwegs stabil einzupendeln aber selbst dabei ist keine Entscheidung die ich treffe wirklich
frei von Determination zu nennen.
Im Gegenteil hab ich ja aufgrund der vergangenen Determination dieses ganz persönliche und
sehr spezielle Lebensmodell entwicklet und ebenso determiniert treffe ich die Entscheidungen
um meine Realität dem Modell anzugleichen.

"frei" würde ich dabei höchsten nennen das ich mich aktiv der Determination bediene anstatt
ihr passiv zu unterliegen. Aber selbst das macht im grunde jeder - der eine mehr dies als das
und der andere umgekehrt und frei von Determination ist auch dabei überhaupt nichts Schulterzucken

find ich auch gar nicht schlimm - solange ich die Möglichkeit habe machen zu können statt dulden
zu müssen -> fühle ich mich so frei wie irgend möglich und pudelwohl dabei.
Warum sollte mich dann bekümmern das der Wille den ich dabei benötige und den ich benutze
-> NICHT frei von Determination ist? Besser unfreier Wille als gar keiner - nee? Mr. Green

#1414:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 18:57
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn "Freiheit" und "Determination" Gegensätze sein sollen, dann müsste das begründet werden können. Einfach so aus sich heraus selbstverständlich ist das nämlich nicht.

Frage: wäre Deiner Ansicht nach jemand frei, der Entscheidungen träfe, die von nichts abhingen, die also einfach so, willkürlich und auch für ihn unvorsehbar einträten?

Zumindest habe ich das mal als Anwesenheit von freier Entscheidung betrachtet.
Das hatte ich auch im Gesprächsverlauf bereits mit Step erörtert.
-> maximale "Verrücktheit" als maximale Entscheidungsfreiheit also.

Für mich würde es aber maximale Unfreiheit bedeuten, wenn mir dauernd willkürlich etwas widerfahren würde, über das ich nicht die geringste Kontrolle hätte, das ich noch nicht einmal im Vorneherein wüsste und abschätzen könnte.

Ist mir überhaupt nicht klar, wie man das als Freiheit eines Subjektes ansehen kann.

AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn das für Dich keine Freiheit darstellen würde: was ist eigentlich für Dich Freiheit?

Ich denke -> genau das ist die eigentliche Frage Smilie
Was - ist - für wen -> Freiheit?

Ich unterscheide zwischen Willensfreiheit (oder, synonym: Entscheidungsfreiheit) - wenn jemand Kontrolle über seine Entscheidungen hat, man ihm diese Entscheidungen zuordnen kann, wenn er also für seine Entscheidungen verantwortlich gemacht werden kann und Handlungsfreiheit - wenn er seine Entscheidungen / seinen Willen in die Tat umsetzen kann.

AXO hat folgendes geschrieben:
find ich auch gar nicht schlimm - solange ich die Möglichkeit habe machen zu können statt dulden
zu müssen -> fühle ich mich so frei wie irgend möglich und pudelwohl dabei.
Warum sollte mich dann bekümmern das der Wille den ich dabei benötige und den ich benutze
-> NICHT frei von Determination ist? Besser unfreier Wille als gar keiner - nee? Mr. Green

Jetzt ist mir immer noch unklar, wieso Du Freiheit und Determination als Gegensätze ansiehst.

Oder vertrittst Du ernsthaft die obige Überlegung, dass komplette Indetermination, also vollkommene Willkür Freiheit bedeuten würde?

So eine Freiheit wäre wenig wünschenswert, oder?

#1415: Re: Raum für Zufall Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 19:00
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:


AXO, du hast Deinen Lebenslauf hier bereits unzählige Male gepostet. Es ist nicht nötig, das immer wieder zu tun. Das ist mal interessant, jedoch sollte so eine Diskussion auch ein wenig vom Abstraktionsvermögen unterschiedlicher Situationen leben, da sonst jeder aus seinem Erdloch heraus "argumentiert" und das für die Welt selber hält, so wie man damals dachte, eine regionale Überschwemmung wäre die von "Gott" gesandte Sintflut.


Lachen Wenn ich ab und zu mal ein praktisches Beispiel (nicht immer nur aus meinem Leben)
einbringe - dann nur um manche Sache, manchmal etwas zu konkretisieren,
damit die Diskussion nicht zu abstrakt wird Smilie
Und wenn ich dabei dann und wann auf mein "Erdloch" zurückgreife, dann lediglich weil
es eine Fülle sehr, sehr unterschiedlicher Situationen und der entsprechend unterschiedlichen
Blickwinkel beinhaltet.
Irgendwas davon meinen "Lebenslauf" zu nennen wäre maßlos übertrieben.

kurz -> überles es doch wenns Dir nicht <s>wischiwaschi</s> abstrakt genug ist Smilie

Zitat:


"Abhängigkeiten" sind auf der anderen Seite so was von allgemein und nichtssagend, dass damit eine präzise Diskussion wohl kaum zu führen sein wird. Welche Abhängigkeiten? Wer von wem und was? Der Kleinproduzent von der Nachfrage? Oma Piepenbrink von ihrem Arzt? Der Drogensüchtige von seinem Dealer?


Mit den Augen rollen Die Gesellschaft ist nicht monokausal. Abhängigkeit heißt gesellschaftlich- pauschal -> jeder von jedem.
und individuell konkret -> jeder welcher direkt und indirekt damit verküpft ist das Du exakt das Leben
führen mußt/kannst welches Du führst, geführt hast und führen wirst. Je geringer die Gewichtung
der jeweiligen Abhängigkeit umso größer die Freiheit. Der Arbeitnehmer ist mit hoher Gewichtung
von seinem Arbeitgeber abhängig,
der Kleinunternehmer wäre mit ebenso hoher Gewichtung von einem einzigen Auftrageber abhängig,
ist bei Splittung der Abhängigkeit auf viele Kunden zwar freier beogen auf die Abhängigkeit von
Einzelne Kunden - dabei aber persönlich eingespannter in die Betreuung der Vielzahl von Kunden.

Freiheit von Abhängigkeit gibts also zunächst mal überhaupt nicht und wenn man etwas Freiheit
nennen könnte ist es eine ausgewogene Gewichtung der Abhängigkeiten bei minimalen Zeitaufwand
sie zu pflegen.

Zitat:

Du siehst hier nirgendwo Raum für Zufall, hast Du geschrieben. Das ist ja interessant, weil wieder äußerst subjektiv. Schließlich ist Wahrheit keine Meinungssache und die Welt interessiert sich nicht für das, was wir über sie denken.


Ich wüßte nicht was an meinem beliebig konstruiertem Beispiel -> subjektiv sein sollte.
Wo siehst denn DU Raum dafür einen alten Bekannten zufällig zu treffen?
Erzähl mir doch mal ein einziges Beispiel dfür Zufall aus Deinem Leben.

und wenn da keiner zu finden ist können wir auch vollständig ins abstrakte gehen
aber auf dieser Strecke ist uns Step zweifellos überlegen
(was ich persönlich als sehr bereichernd empfinde, weil ich mir diesbezüglich
nicht selbst das Hirn verrenken - sondern lediglich verstehen muß was er sagt)
und wenns im Mikrokosmos Hinweise auf das Vorhandensein von Zufall gibt
-> besagt das nicht das dieser zwingend wesentlichen Einfluß auf unser Leben
oder gar unser gesellschaftliches Leben hätte.


Zitat:

Im übrigen ist der Zufall etwas, was in der Bibelbabbel, glaube ich, nur an einer einzigen Stelle vorkommt. Hier kam er mindestens schon an 2 Stellen vor: einmal vorne, einmal hinten. Ist doch, was, oder?

Und da sag' noch einer, er sieht keinen Raum für Zufall. Hier ist schließlich Raum genug ...-! zwinkern

Skeptiker


Raum ihn zu behaupten allemal Mr. Green

#1416:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 19:03
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
"frei" würde ich dabei höchsten nennen das ich mich aktiv der Determination bediene anstatt ihr passiv zu unterliegen. Aber selbst das macht im grunde jeder


Was heisst hier "aktiv" und "passiv"? Soll damit ausgedrückt werden, dass man die freie Entscheidung hat, aktiv oder passiv zu sein bzw. sich so zu fühlen?

AXO hat folgendes geschrieben:
find ich auch gar nicht schlimm - solange ich die Möglichkeit habe machen zu können statt dulden zu müssen -> fühle ich mich so frei wie irgend möglich und pudelwohl dabei. Warum sollte mich dann bekümmern das der Wille den ich dabei benötige und den ich benutze -> NICHT frei von Determination ist? Besser unfreier Wille als gar keiner - nee? Mr. Green


"Besser unfreier Wille als gar keiner" Geschockt

Herr Doktor, mir wächst da so ein zweites Willensgeschwür. Machen Sie das bitte weg und geben Sie das einem armen Kind in Afrika als Spenderwille!

Skeptiker

#1417: Re: Determinismus und Nichtdeterminismus Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 19:30
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[...]


Schöner Beitrag. Deine Position ist mir jetzt verständlicher.

Nur noch eine Anmerkung, die eigentlich OT ist:

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Als das Christentum in Europa seine direkte Herrschafts-Funktion verlor, nahmen einige bürgerliche Wissenschaftler jene Grundphilosophie aus der Religion mit und postulierten z.B. den berühmten Dämon, der alles berechnen könnte, weil im Prinzip alles determiniert sei.


Eine solche deterministische Auffassung findet sich nicht nur in der "bürgerlichen Wissenschaft". Auch Marx wird häufig so gelesen.

#1418:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 19:36
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn "Freiheit" und "Determination" Gegensätze sein sollen, dann müsste das begründet werden können. Einfach so aus sich heraus selbstverständlich ist das nämlich nicht.

Frage: wäre Deiner Ansicht nach jemand frei, der Entscheidungen träfe, die von nichts abhingen, die also einfach so, willkürlich und auch für ihn unvorsehbar einträten?

Zumindest habe ich das mal als Anwesenheit von freier Entscheidung betrachtet.
Das hatte ich auch im Gesprächsverlauf bereits mit Step erörtert.
-> maximale "Verrücktheit" als maximale Entscheidungsfreiheit also.

Für mich würde es aber maximale Unfreiheit bedeuten, wenn mir dauernd willkürlich etwas widerfahren würde, über das ich nicht die geringste Kontrolle hätte, das ich noch nicht einmal im Vorneherein wüsste und abschätzen könnte.


so sehe ich das auch

Zitat:

Ist mir überhaupt nicht klar, wie man das als Freiheit eines Subjektes ansehen kann.


Weil es frei von Determination wäre - wenns das nichtdeterminiert gäbe.


Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn das für Dich keine Freiheit darstellen würde: was ist eigentlich für Dich Freiheit?

Ich denke -> genau das ist die eigentliche Frage Smilie
Was - ist - für wen -> Freiheit?

Ich unterscheide zwischen Willensfreiheit (oder, synonym: Entscheidungsfreiheit) - wenn jemand Kontrolle über seine Entscheidungen hat, man ihm diese Entscheidungen zuordnen kann, wenn er also für seine Entscheidungen verantwortlich gemacht werden kann und Handlungsfreiheit - wenn er seine Entscheidungen / seinen Willen in die Tat umsetzen kann.


ja - das ist allgemein der Freiheitsbegriff, welchen ich auch teile weil er mir das maximale
subjektive Empfinden von Freiheit beschert.
Aber allein Dein -> wenn - knüpft auch diese Freiheit an Bedigungen und von
daher ist sie nicht - nichtdeterminiert zu nennen.
Allein die Verantwortlichkeit z.B. beeinflusst ja die Entscheidungsfreiheit - ebenso wie die
aus Handlungen erwachsenden Konsequenzen die Handlungsfreiheit einschränken - auf bestimmte
Entscheidungen einschränken bzw. mindestens um bestimmte Entscheidungen reduzieren Schulterzucken

Das ist doch aber gar nicht schlimm - sofern das subjektive Empfinden ein ausreichendes
Freiheitsmaß zum wohlempfinden suggeriert Schulterzucken
Wenn ich ausreichend frei bin um mich frei zu fühlen kann mir doch schnuppe sein,
das es schlußendliche Freiheit im allerletzten Detail nicht gibt - oder?
Ich schränke sogar bereits die mir mögliche Freiheit selbst aktiv ein um meinem
Leben ein gewisses Maß an Stablität zu geben und mich nicht ständig wegen jedem
Firlefanz entscheiden zu müssen.
Freier Wille ist aber auch da nicht im Spiel weil ich es UM und WEGEN mache Smilie


Zitat:


AXO hat folgendes geschrieben:
find ich auch gar nicht schlimm - solange ich die Möglichkeit habe machen zu können statt dulden
zu müssen -> fühle ich mich so frei wie irgend möglich und pudelwohl dabei.
Warum sollte mich dann bekümmern das der Wille den ich dabei benötige und den ich benutze
-> NICHT frei von Determination ist? Besser unfreier Wille als gar keiner - nee? Mr. Green

Jetzt ist mir immer noch unklar, wieso Du Freiheit und Determination als Gegensätze ansiehst.


Das tue ich gar nicht - > mein Freiheitsbegriff deckt sich - würde ich sagen - durchaus mit Deinem
nur ist in hoher Auflösung betrachtet deshalb trotzdem keine Entscheidung wirklich -> frei.
Was mich im Grunde - außerhalb solcher Diskussionen - aber überhaupt micht kümmert und schon
gar nicht bekümmert,
weil ich in Relation zu vielen anderen doch sehr, sehr frei bin - wenn auch nicht komplett entscheidungsfrei Mr. Green
Wenn es schlußendliche Freiheit - ohne Relativierung - nicht gibt, dann können sich Freiheiten
letztlich nur über die Relation definieren.
Alle Menschen die nicht im Knast sitzen sind freier als alle welche eine Haftstrafe verbüßen.
Ich selbst habe mich zusätzlich von der Bindung an feste Arbeitszeiten befreit - bin diesbezüglich
also freier als viele Arbeitnehmer usw.
Außerdem ist es doch auch ne determiniert bedingte individuelle Obliegenheit von WAS man sich
gezwungen fühlt, sich dementsprechend befreien möchte um dann die Abwesenheit dieses
Zwanges als Befreiung zu empfinden.
Da können individuell die verschiedensten - teils gegensätzlichsten Sachen bei rauskommen

aber grundsätzlich braucht sich doch keiner vom Freiheitsbegriff an sich zu verabschieden,
nur weil freier Wille determiniert nicht möglich scheint.
Außerdem gibts ja acuh Zwänge denen mehrere Individuen gemeinsam unterliegen
und wiederrum welche die diese bedingen usw. - und auch sich determiniert betrachtet
UNfreiwillig davon zu befreien, kann kollektiv wie individuell durchaus -> befreiend sein.
Auch kann es äußerst befriedigend sein dem vermeindlichen Schicksal "ein Schnippchen"
zu schlagen - auch wenn dieses Schnippchen nur dem vermeindliche Schicksal gilt
und determiniert unvermeidlich war Smilie
Die Befreiung von Zwängen setzt ja das Vorhandensein von Zwängen voraus,
ist also letztlich determiniert im Zwang begründet.
Aber selbst wenn die Entscheidung dazu nicht völlig FREI ist - mindert das doch nicht ihre Qualität Schulterzucken


Zitat:


Oder vertrittst Du ernsthaft die obige Überlegung, dass komplette Indetermination, also vollkommene Willkür Freiheit bedeuten würde?

So eine Freiheit wäre wenig wünschenswert, oder?


ja eben - is doch meine Rede Smilie
Dann sollten wir doch vielleicht als Freiheit nehmen was uns diesbezüglich am besten gefällt
und den freien Willen sein lassen was er determiniert bedingt sein -> will Mr. Green

#1419:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 19:49
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
"frei" würde ich dabei höchsten nennen das ich mich aktiv der Determination bediene anstatt ihr passiv zu unterliegen. Aber selbst das macht im grunde jeder


Was heisst hier "aktiv" und "passiv"? Soll damit ausgedrückt werden, dass man die freie Entscheidung hat, aktiv oder passiv zu sein bzw. sich so zu fühlen?


nee - das heißt es nicht Mr. Green
Der eine macht es weil seine zurückliegende Determination ihn dazu gebracht hat.
der ander lässt es weil er aufgrund seiner persönliche Determination denkt es ginge nicht
oder ER könne es nicht.
Aus meiner Sicht könnte das jeder - offensichtlich gibt es aber determinierte Ursachen
auf Grund derer es nicht jeder macht.
Du sagst doch auch immer das die Proletarier "ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen müssen"
(= ihre Determination aktiv beeinflussen müssen),
aber was auch ich - nur pauschaler auf alle Menschen bezogen - ebenfalls vertrete -> TUEN sie einfach nicht,
weil ihre Determination ihnen suggeriert, das ginge nicht. Schulterzucken
Da kannste hoch und nieder springen -> wenn die Determination sich dahin entwickelt hat,
das sie nicht umhin kommen -> werden sie es tun
Aber nicht einen einzigen Tag früher - und das sie es tun werden hat mit freier Entscheidung nicht
das Geringste zu tun.


Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
find ich auch gar nicht schlimm - solange ich die Möglichkeit habe machen zu können statt dulden zu müssen -> fühle ich mich so frei wie irgend möglich und pudelwohl dabei. Warum sollte mich dann bekümmern das der Wille den ich dabei benötige und den ich benutze -> NICHT frei von Determination ist? Besser unfreier Wille als gar keiner - nee? Mr. Green


"Besser unfreier Wille als gar keiner" Geschockt

Herr Doktor, mir wächst da so ein zweites Willensgeschwür. Machen Sie das bitte weg und geben Sie das einem armen Kind in Afrika als Spenderwille!

Skeptiker


Mit den Augen rollen werd nicht kindisch Skeptiker. Keiner hat gesagt das es keinen Willen gibt oder das
es verschiedene Willen gäbe -> die Frage ist einzig und allein ob er frei von Determination sein kann
und das kann er m.E. nicht,
was aber nichts dran ändert das verschiedene Menschen determinert verschiedene Ausprägungen
ihres -> eigenen Willens haben.

#1420:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 20:01
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Ich habe schon mehrfach erklärt, daß Menschen sehrwohl Entscheidungen treffen und damit etwas verändern. Aus der Einsicht der Determination folgt in keiner Weise Resignation oder Passivität.
Ich glaube, dass so ein Wellblechhüttenbewohner das unter Umständen anders sehen könnte ... pardon! ... müsste (!) als so ein Ackermann.

Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Ist der Wellblechhüttenbewohner oder der Ackermann Determinist? Und was würde daraus folgen, wenn sie es tatsächlich unterschiedlich sähen?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Oder gibt's da plötzlich einen freien Willen über die Gefühle?

Natürlich nicht!

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und was meinst Du hier mit "Veränderung"? Veränderung anstelle von Determination oder anstelle von was?

Natürlich nicht!

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und schließlich: Was meinst Du hier mit "Entscheidungen"? Menschen können sich plötzlich entscheiden? Zwischen was? Mit was?

Das hatten wir doch alles schon oft: Man modelliert für Handlung A und B die Folgen und vergleicht die mit seinen determinierten Präferenzen. Welche besser paßt, wird durchgeführt. Alles determiniert, und trotzdem eine Entscheidung, ja sogar eine zielgerichtete.

#1421:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 20:13
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Du warst mir ein guter Gesprächspartner, lieber Axo. ...
Sind für Dich die "guten Gesprächspartner" jene, die mit Dir einig sind und Dir neue Argumente für Deine Ansicht liefern ?

#1422:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 20:16
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
...Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass "freier Wille" und "Determinismus" keine Gegensätze sein müssen...
Kannst Du genauer darauf eintreten ? Gefühlsmässig erscheint mir das ein interessanter Gedanke...

#1423:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 20:17
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Die hauptsächlichsten Mißverständnisse in Punkto Freier Wille werden m.E. durch die Getrennheit von bewußten Prozessen (sehr begrenzte Rechenleistung: Bandbreite etwa 50-80 bit/s) und unbewußten (hohe Rechenleistung: Bandbreite etwa 10 000 000 bit/s) verursacht. [...] Es kommt nun auf die Betrachtungsweise an. Ist das Unbewußte nun ein Teil von mir oder betrachte ich es als etwas völlig Fremdes, das mich in "seiner" Gewalt hat.
Ja, so ist es, bzw. so sehe ich das auch. Mir ist natürlich ob meiner Auffassung völlig unklar, wie man sein Unbewusstes als etwas Fremdes / Außenstehendes / von sich Getrenntes ansehen kann.

Es reicht aber nicht aus, das Unbewußte als einen Teil von Dir anzusehen. Das tue ich nämlich auch.

Du mußt darüberhinaus eine Trennung zwischen dem "Selbst" (inklusive Unbewußtem) und seiner Umgebung ziehen, wobei zur Umgebung des Selbst nicht nur die äußeren Determinanten, sondern auch die inneren gehören, z.B. die Atome des Gehirns. Nur auf diese Weise kannst Du das "Selbst" als eine scheinbar autonome Instanz definieren.

Als ich in bezug auf ein Schachprogramm vorschlug, es entscheide "bedingt" frei über seine Züge, weil es mehrere Möglichkeiten abwäge usw., antwortetest Du nach meiner Erinnerung sinngemäß, dem Schachprogramm fehle das Bewußtsein. Ich könnte nun analog zu Deiner Argumentation oben kontern, daß Du dieses Problem nur siehst, weil Du den unbewußten Teil des Prozesses (die Implementation der Präferenz und der Zukunftsmodellierung) als etwas Fremdes ansiehst.

#1424:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 20:40
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
...Sieht also chaotisch aus - ist es aber nicht wirklich Smilie
step braucht "Chaos" im Sinne der Chaostheorie - lies mal den Wikipediaartikel, dann hast Du einen groben Überblick...

#1425:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 20:49
    —
Hi Skeptiker!


Skeptiker hat folgendes geschrieben:


step hat folgendes geschrieben:

- Habe ich nicht immer versucht, wissenschaftlich zu argumentieren und weniger politisch? Nehmen wir etwa Dich zum Vergleich ...



Einen politischen Charakter nehmen solche physikalistischen Philosophien spätestens dann an, wenn "der Gesellschaft" plötzlich die Freiheit (!) zugestanden wird, Individuen erfolgreich "präventiv zu behandeln", was wohl ein anderer Ausdruck für Gehirnwäsche ist. Wohlgemerkt: In Deiner (steps) Vision ist dieses Ziel für das Subjekt (?) namens Gesellschaft völlig frei auswählbar und auch erreichbar, was wohl meiner Kategorie der Zielerreichungsfreiheit entsprechen würde.

Nur dem Individuum wird eine solche Freiheit ausgehend vom Willen hin zu einem bestimmen Ziel nicht zugestanden, ja als Illusion hingestellt.

Wie das?

Das ist unlogisch. Wenn ersteres ginge, so ginge auch zweiteres, oder gar nichts von beiden.

Wenn Du Wissenschaftler sein willst und nicht nur Fachidiot, dann sollte Dir zuallererst die elementarste Logik vertraut sein, da Du Dich sonst in heikle Widersprüche verstrickst, die - wie ich meine - nur politisch motiviert sein können.


Du argumentierst hier nicht, Du verbreitest hier nur reines Wunschdenken, mit dem Du aus dem SOLLEN ein SEIN ableiten möchtest. Wenn Du aber argumentieren möchtest, warum ersparst Du Dir dann nicht Deine Titulierungen wie "physikalistische Philosophien", "Fachidiot", "elementarste Logik"?

Um es als Wortspiel darzustellen: Warum soll [sic!] es einem Deterministen nicht frei [sic!] stehen, sich beispielsweise für Freiheit [sic!] und Demokratie einzusetzen? Selbstverständlich verfügt auch dieser über einen Willen, er hält diesen Willen nur nicht für wirklich frei - daraus ergeben sich aber auch nicht im geringsten irgendwelche politischen Handlungsanleihen (Erneut: Aus dem SEIN erfolgt kein SOLLEN). Die Fähigkeit für das Gefühl von Freiheit ist selbstverständlich für ein Individuum nützlich.

Ich vertrete im Gegensatz zu step einen schwachen Determinismus, der im Unterschied zum starken Determinismus auf die auf echten Zufall beruhende Emergenz beruht; beiden Ansätzen gemeinsam ist ihre Gründung auf Kausalität. In diesem Sinne wiederhole ich meine viele Seiten vorher vorgetragene Frage: Der Freie Wille ist frei von was?



BTW: Echter Zufall ist das einzige Phänomen, das letztlich Freiheitsgrade ermöglicht.





Cheers,

Lamarck

#1426:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 21:23
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
...Das Konstrukt „freier Wille“ mußte ja aus einem kranken Hirn geboren werden. Was nützt einem Eingekerkerten sein freier Wille?
Warum musst Du so ausfällig werden ? Ich warte immer noch auf eine Begründung, warum meine Denkart krank ist und ich nur Böses im Sinn habe. Ich nehme das wirklich persönlich !
El Ali hat folgendes geschrieben:
Was nützt einem Eingekerkerten sein freier Wille?
Das ist wohl der Grund, warum man zu vermeiden trachtet, eingekerkert zu werden...

#1427:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 21:26
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn Menschen keine autonomen Subjekte sind, die ihre Handlungen selbstverantwortlich steuern können, dann erübrigen sich moralische Forderungen automatisch, die sind dann sinnlos.

Das sehe ich anders. Moralische Forderungen sind auch Determinanten des Handelns, und die Verantwortlichkeit für etwas weisen wir einfach zu, wenn wir meinen, daß ein Individuum sich entsprechend verhalten wird. Die Moral ist sozusagen der Agent der Anderen im Selbst.

#1428:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 21:35
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Die hauptsächlichsten Mißverständnisse in Punkto Freier Wille werden m.E. durch die Getrennheit von bewußten Prozessen (sehr begrenzte Rechenleistung: Bandbreite etwa 50-80 bit/s) und unbewußten (hohe Rechenleistung: Bandbreite etwa 10 000 000 bit/s) verursacht.
Da die meisten sich offenbar lediglich als "Bewußtheit" betrachten, sehen sie sich als "Opfer" des unbewußten Teils ihrer Selbst, das mit der Außenwelt aufgrund seiner Bandbreite viel innigeren Kontakt hat und durch ständige Handlungsimpulse auf das Bewußtsein einwirkt.
Das Bewußtsein kann diese Handlungsimpulse selbst nicht initiieren, aber sie durch sog. Vetos abbrechen.

Das gilt allerdings nicht für Handlungsimpulse, die schnell vonstatten gehen. Beispiel: Das Hochschrecken von einem Stuhl, auf dem eine Heftzwecke liegt. In solchen Fällen wird der "freie Wille des Bewußtseins" einfach über Bord geworfen, das Unbewußte übernimmt das Kommando und man springt "automatisch" hoch.

Es kommt nun auf die Betrachtungsweise an. Ist das Unbewußte nun ein Teil von mir oder betrachte ich es als etwas völlig Fremdes, das mich in "seiner" Gewalt hat.

()
Sehr gute Darstellung der Realität ! Ich meine, dass mein Unbewusstes integraler Bestandteil meiner Natur und des Umfanges meiner Entscheidungsfreiheit ist. Ich und meine Willensfreiheit stecken zu grössten Teil in meinem Unbewussten. Deshalb die Resultate der Experimente, die diesen Thread begründeten...

Edit:
Dazu ein Artikel von Juli Zeh.


Zuletzt bearbeitet von PataPata am 13.07.2009, 22:33, insgesamt einmal bearbeitet

#1429:  Autor: evohumWohnort: Rheingau BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 22:28
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Die hauptsächlichsten Mißverständnisse in Punkto Freier Wille werden m.E. durch die Getrennheit von bewußten Prozessen (sehr begrenzte Rechenleistung: Bandbreite etwa 50-80 bit/s) und unbewußten (hohe Rechenleistung: Bandbreite etwa 10 000 000 bit/s) verursacht.
Da die meisten sich offenbar lediglich als "Bewußtheit" betrachten, sehen sie sich als "Opfer" des unbewußten Teils ihrer Selbst, das mit der Außenwelt aufgrund seiner Bandbreite viel innigeren Kontakt hat und durch ständige Handlungsimpulse auf das Bewußtsein einwirkt.
Das Bewußtsein kann diese Handlungsimpulse selbst nicht initiieren, aber sie durch sog. Vetos abbrechen.

Das gilt allerdings nicht für Handlungsimpulse, die schnell vonstatten gehen. Beispiel: Das Hochschrecken von einem Stuhl, auf dem eine Heftzwecke liegt. In solchen Fällen wird der "freie Wille des Bewußtseins" einfach über Bord geworfen, das Unbewußte übernimmt das Kommando und man springt "automatisch" hoch.

Es kommt nun auf die Betrachtungsweise an. Ist das Unbewußte nun ein Teil von mir oder betrachte ich es als etwas völlig Fremdes, das mich in "seiner" Gewalt hat.

()
Sehr gute Darstellung der Realität ! Ich meine, dass mein Unbewusstes integraler Bestandteil meiner Natur und des Umfanges meiner Entscheidungsfreiheit ist. Ich und meine Willensfreiheit stecken zu grössten Teil in meinem Unbewussten. Deshalb die Resultate der Experimente, die diesen Thread bgründeten...

*unterschreib* Sehe ich ganz ähnlich (und halte mich daher für frei-willentlich und verantwortlich).

evohum grüßt!

#1430:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 23:07
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Bei all dem sollte vor allem Agnostiker nicht außer acht lassen das diese beschriebenen
empfundenen Freiheiten und Unfreiheiten nichts weiter als die gesellschaftliche
Determination betreffen und das selbst der komplett ausgestiegene asketische Erimit
nichts desto trotz nur einem winzigen Komplex innerhalb der Determination entronnen,
aber deshalb keinesweges frei von Determination ist - von seinen kompletten gesellschafltichen
Lebenserfahrungspaket, welches jegliche Art von Entscheidung beeinflusst nicht zu reden.

(Ich heisse jetzt PataPata - reagiere aber immer noch auf "Agnostiker")
Ich widerspreche ja nicht, dass wir zu einem gewissen Grade deterimiert sind, ich behaupte nur, dass wir auch einen bedingt freien Willen haben. Solche Diskussionen ufern immer wieder in ein "entweder / oder" aus, anstatt zu akzeptieren dass es immer wieder ein "sowohl / als auch" gibt. Leila sollte das eigentlich als von östlicher Philosophie geprägter Mensch automatisch so sehen. Mich erstaunt immer wieder die Vehemenz mit der Leila hier argumentiert. Steckt da wohl irgend ein psychologisches Moment dahinter ? Durchforsche doch einmal Dein Unterbewusstsein, Leila, vielleicht findest Du die Ursache Deiner Aversion gegen den freien Willen...
AXO hat folgendes geschrieben:
der von Dir liebe Leila angesprochene -> Zufall jedoch ist mir dabei noch auf keinem von allen meinen Wegen begegnet zwinkern
Wenn ich heute "zufällig" einen alten Bekannten wieder treffe - den ich schon Jahre nicht gesehen habe,
dann doch nur weil sowohl er als auch ich uns jeweils determiniert zwangsläufig zur selben
Zeit am selben Ort getroffen haben -> von Zufall keine Spur
und wenn ich auf dem Weg zu diesem Ort unterwegs ne Reifenpanne habe weil ich determiniert
zwangsläufig über den einzigen Nagel weit und breit gefahren bin, dann würde ich ihn dadurch
determiniert zwangsläufig verfehlen = das Ereignis, welches eventuell gravierenden Einfluss auf
unser beider zukünftige Determination haben könnte -> würde determiniert nicht statt finden,
weil ich nicht zur entsprechenden Zeit am entsprechenden Ort bin Schulterzucken

ich seh da nirgendwo Raum für Zufall
Und wo bleibt da die Synchronizität ? Aber der ist ja in einem anderen (vorläufig versandeten) Thema behandelt...

#1431: Re: Raum für Zufall Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 23:28
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
..."Abhängigkeiten" sind auf der anderen Seite so was von allgemein und nichtssagend, dass damit eine präzise Diskussion wohl kaum zu führen sein wird. Welche Abhängigkeiten? Wer von wem und was? Der Kleinproduzent von der Nachfrage? Oma Piepenbrink von ihrem Arzt? Der Drogensüchtige von seinem Dealer?
Wie wär's, wenn wir einmal den Begriff "Kreativität" untersuchen ? Ich fange mal mit einem Maler an. Klar, er ist bedingt durch das Material, das er zum malen braucht: Leinwand, Papier, Karton, Pavatex, Farben, Pinsel und was auch immer. Weiter durch seine Ausbildung, in welcher er von Lehrern geprägt wurde in Technik und Form. Vorbilder spielen auch eine Rolle, Bilder von anderen gemalt. Seine eigene Evolution zu einem eigenständigen Stil ist von vielen, auch biographischen Einflüssen geprägt. Bestimmt beeinflussen ihn auch kommerzielle Aspekte - was gefällt den Leuten ? Und so weiter.

Wenn er dann aber vor der leeren Leinwand steht, dann braucht er Kreativität, um das konkrete, aktuelle Gemälde zu beginnen und zu vollenden. Ich behaupte, dass ein gutes Stück dieser Kreativität aus einer grossen Anzahl von unbewussten und bewussten freien Willensakten besteht.

#1432:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 23:32
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Daumen hoch!


Hallo PataPata, danke! Prost

Skeptiker
In der weiteren Diskussion mit step bist Du auch immer wieder sehr gut abgeschnitten ! Also ebenfalls Prost und showtime

#1433:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 13.07.2009, 23:42
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
"frei" würde ich dabei höchsten nennen das ich mich aktiv der Determination bediene anstatt
ihr passiv zu unterliegen.
Ich würde das als gute Kurzdefinition der bedingten Freiheit entgegennehmen...

#1434:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 00:16
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Frage: wäre Deiner Ansicht nach jemand frei, der Entscheidungen träfe, die von nichts abhingen, die also einfach so, willkürlich und auch für ihn unvorsehbar einträten?

Zumindest habe ich das mal als Anwesenheit von freier Entscheidung betrachtet.
Das hatte ich auch im Gesprächsverlauf bereits mit Step erörtert.
-> maximale "Verrücktheit" als maximale Entscheidungsfreiheit also.

Für mich würde es aber maximale Unfreiheit bedeuten, wenn mir dauernd willkürlich etwas widerfahren würde, über das ich nicht die geringste Kontrolle hätte, das ich noch nicht einmal im Vorneherein wüsste und abschätzen könnte.

so sehe ich das auch

Ja, aber das ist doch ein eklatanter Widerspruch zu Deiner sonstigen Argumentation hier: Du würdest etwas nicht frei nennen wollen, weil es determiniert ist und stimmst mir aber gleichzeitig dabei zu, dass etwas, das maximal undeterminiert ist, maximal unfrei sei? Da hakt es dann etwas. Daraus kann man folgern, dass Determinismus und Freiheit keine Gegensätze sind, oder etwa nicht?

Warum also muss ein freier Wille frei von Determinanten sein und wie kann man gleichzeitig sagen, dass ein solcher Wille, so er völlig zufällig, d.h. willkürlich und unvorhersehbar ist, unfrei sei? Das ist ein Widerspruch in sich. Zumindest fehlt eine weitere Begründung.

AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist mir überhaupt nicht klar, wie man das als Freiheit eines Subjektes ansehen kann.

Weil es frei von Determination wäre - wenns das nichtdeterminiert gäbe.

Ja, nun, aber frei von Determination bedeutet doch unfrei, darin sind wir uns doch einig?

AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich unterscheide zwischen Willensfreiheit (oder, synonym: Entscheidungsfreiheit) - wenn jemand Kontrolle über seine Entscheidungen hat, man ihm diese Entscheidungen zuordnen kann, wenn er also für seine Entscheidungen verantwortlich gemacht werden kann und Handlungsfreiheit - wenn er seine Entscheidungen / seinen Willen in die Tat umsetzen kann.

ja - das ist allgemein der Freiheitsbegriff, welchen ich auch teile weil er mir das maximale
subjektive Empfinden von Freiheit beschert.
Aber allein Dein -> wenn - knüpft auch diese Freiheit an Bedigungen und von
daher ist sie nicht - nichtdeterminiert zu nennen.

Ja, natürlich nicht. Niemand kann sich seine Umstände, Präferenzen usw. komplett selber aussuchen, das geht sogar prinzipiell nicht, weil man nämlich für eine Wahl schon eine Grundlage benötigt, um überhaupt etwas bewerten zu können.

Aber Du hast immer noch kein Argument gebracht, warum Determination ein Gegensatz zur Freiheit ist. Im Gegenteil sogar, da Du mir ja bei der Bewertung der maximalen Unfreiheit zugestimmt hast.

AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn ich ausreichend frei bin um mich frei zu fühlen kann mir doch schnuppe sein,
das es schlußendliche Freiheit im allerletzten Detail nicht gibt - oder?
Ich schränke sogar bereits die mir mögliche Freiheit selbst aktiv ein um meinem
Leben ein gewisses Maß an Stablität zu geben und mich nicht ständig wegen jedem
Firlefanz entscheiden zu müssen.
Freier Wille ist aber auch da nicht im Spiel weil ich es UM und WEGEN mache Smilie

Freier Wille ist meiner Auffassung nach genau dann im Spiel, wenn Du Dich für ein Subjekt hältst, das eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann - denn exakt das ist meiner Meinung nach die Frage, um die es hier geht. Wenn Du nicht glaubst, dass Du durch die Vergangenheit und diejenigen Umstände, die Du nicht beeinflussen / ändern kannst (Gene, Erziehung, Erlebnisse etc.), sozusagen ferngesteuert bist.

Es kann keine absolute, 100%ige, endgültige Freiheit geben, denn das würde Folgendes bedeuten: sich selber von allen Umständen frei zu machen, sich selber "from scratch" erschaffen zu können. Aber das ist, wie gesagt, meiner Meinung nach prinzipiell unmöglich. Es ist sogar meiner Meinung nach für ein hypothetisches allmächtiges Wesen (aka "Gott") unmöglich, denn auch dieses Wesen benötigt eine Grundlage, auf der es seine Entscheidungen treffen kann.

Man muss sich einfach mal von der binären Sichtweise (entweder bin ich völlig frei oder ich kann überhaupt nicht frei in meinen Entscheidungen sein) lösen. Dann ergibt sich alles weitere wie von selbst.

Letztlich liegen wir vielleicht gar nicht so weit auseinander in unseren Auffassungen. Nur nenne ich das, was Du "aktive Beeinflussung der Determinanten" nennst, "freier Wille" und außerdem halte ich das, was Du anscheinend unter "freiem Willen" verstehst, für in sich inkonsistent und widersprüchlich. Oder anders gesagt: warum sollten wir uns überhaupt über einen freien Willen unterhalten, wenn wir den als sowieso nicht wünschenswert ansehen? Welche Folgerungen sollten sich aus der Feststellung ergeben, dass es eine solche Art von freiem Willen nicht gibt und (meine Meinung) auch nicht geben kann?


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 14.07.2009, 01:09, insgesamt einmal bearbeitet

#1435:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 01:08
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Die hauptsächlichsten Mißverständnisse in Punkto Freier Wille werden m.E. durch die Getrennheit von bewußten Prozessen (sehr begrenzte Rechenleistung: Bandbreite etwa 50-80 bit/s) und unbewußten (hohe Rechenleistung: Bandbreite etwa 10 000 000 bit/s) verursacht. [...] Es kommt nun auf die Betrachtungsweise an. Ist das Unbewußte nun ein Teil von mir oder betrachte ich es als etwas völlig Fremdes, das mich in "seiner" Gewalt hat.

Ja, so ist es, bzw. so sehe ich das auch. Mir ist natürlich ob meiner Auffassung völlig unklar, wie man sein Unbewusstes als etwas Fremdes / Außenstehendes / von sich Getrenntes ansehen kann.

Es reicht aber nicht aus, das Unbewußte als einen Teil von Dir anzusehen. Das tue ich nämlich auch.

Ah, prima. Das wusste ich noch nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Du mußt darüberhinaus eine Trennung zwischen dem "Selbst" (inklusive Unbewußtem) und seiner Umgebung ziehen, wobei zur Umgebung des Selbst nicht nur die äußeren Determinanten, sondern auch die inneren gehören, z.B. die Atome des Gehirns. Nur auf diese Weise kannst Du das "Selbst" als eine scheinbar autonome Instanz definieren.

Naja, Atome. Diese Trennung kann ich nicht vornehmen und das wird mAn auch niemals möglich sein. Allerdings kann ich Bedürfnisse oder Präferenzen als etwas von mir Getrenntes ansehen, zum Beispiel eine Drogenabhängigkeit, so ich sie loswerden möchte (-> innerer Zwang).

Aber eine Trennung muss man vornehmen, das ist richtig, egal, ob auf Atombasis oder auf höherer Ebene. Wäre das Individuum nicht getrennt von seiner Umwelt, dann wäre es ja eine von nichts unterscheidbare Kategorie und somit nicht beschreibbar / nicht vorhanden. Aber diese unsere Kategorien sind nicht nur "scheinbar" da, sie sind Realität, denn abseits davon gibt es gar nichts, es wäre daher absurd, Kategorien abzulehnen. Es sei denn, es gäbe einen guten Grund, auf eine bestimmte Kategorie zu verzichten.

Meine "inneren" Determinanten jedoch, die ein Teil von mir sind, machen mich überhaupt erst aus. Ohne diese Determinanten wäre ich nichts. Daher kann ich sie gar nicht als etwas Getrenntes von mir ansehen. Und es ist mAn völlig absurd, zu behaupten, meine inneren Determinanten, die letztlich meine Persönlichkeit darstellen, würden mich zu etwas "zwingen", etwa dazu, Sex zu haben oder etwas Leckeres zu essen oder einen Cocktail zu trinken.

step hat folgendes geschrieben:
Als ich in bezug auf ein Schachprogramm vorschlug, es entscheide "bedingt" frei über seine Züge, weil es mehrere Möglichkeiten abwäge usw., antwortetest Du nach meiner Erinnerung sinngemäß, dem Schachprogramm fehle das Bewußtsein. Ich könnte nun analog zu Deiner Argumentation oben kontern, daß Du dieses Problem nur siehst, weil Du den unbewußten Teil des Prozesses (die Implementation der Präferenz und der Zukunftsmodellierung) als etwas Fremdes ansiehst.

Naja, ein Schachprogramm würde ich in der Tat weniger als autonomen Agenten ansehen. Es kann im Rahmen seines Programmes reagieren, aber dieser Rahmen ist letztlich ziemlich beschränkt.

Ob ein Schachprogramm wirklich "entscheidet", darüber könnte man vielleicht streiten. Es arbeitet seinen von den Programmierern entwickelten Algorithmus ab. Mehr nicht. Ob man sagen kann, das Schachprogramm verstehe und handele intentional, darüber könnte man vielleicht auch streiten. Ich denke ja eher nicht, dazu ist es zu primitiv / zu eingeschränkt.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn Menschen keine autonomen Subjekte sind, die ihre Handlungen selbstverantwortlich steuern können, dann erübrigen sich moralische Forderungen automatisch, die sind dann sinnlos.

Das sehe ich anders. Moralische Forderungen sind auch Determinanten des Handelns, und die Verantwortlichkeit für etwas weisen wir einfach zu, wenn wir meinen, daß ein Individuum sich entsprechend verhalten wird. Die Moral ist sozusagen der Agent der Anderen im Selbst.

Die Frage ist aber, woher die moralischen Forderungen kommen. Kommen sie von einem Subjekt, das in der Lage dazu ist, zu verstehen und daraufhin zu argumentieren, zu begründen, zu versuchen andere zu überzeugen? Einem Subjekt also, das verantwortlich handeln kann? Oder kommen sie von irgendwoher, von einem Erlebnis aus der frühen Kindheit, das nicht zu bestimmen ist oder gar vom Urknall?

Falls Ersteres: dann hat dieses Subjekt nach meiner Auffassung einen freien Willen, es ist verantwortlich für sein Handeln und sein Tun. Falls aber Zweiteres: dann bleibt die moralische Forderung gänzlich im Dunkeln. Sie kann nicht begründet werden und sie kann keinen Anspruch auf Geltung stellen. Sie ist dann natürlich uninteressant für andere, kann keinen Überzeugungswert beanspruchen.

Das ist letztlich das Dilemma dabei, dem harte Deterministen wie Du nicht entkommen können. Entweder verzichtet der harte Determinismus, d.h. die Ablehnung des freien Willens und einer moralischen Verantwortung für das eigene Handeln, auf moralische Forderungen in einem Diskurs oder er vollzieht einen performativen Selbstwiderspruch.

Und, naja, das hatten wir auch schon: man kann nicht "einfach so" Verantwortung zuweisen. Jedenfalls im landläufigen Sinne kann nur jemand Verantwortung für etwas haben, auf dass er auch Einfluss hat, für etwas, das er kontrollieren und bestimmen kann. In diesem Sinne wäre es unfair, wenn man jemanden zur Rechenschaft ziehen würde für etwas, das außerhalb seiner Möglichkeiten lag.

#1436:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 01:39
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Um es als Wortspiel darzustellen: Warum soll [sic!] es einem Deterministen nicht frei [sic!] stehen, sich beispielsweise für Freiheit [sic!] und Demokratie einzusetzen? Selbstverständlich verfügt auch dieser über einen Willen, er hält diesen Willen nur nicht für wirklich frei - daraus ergeben sich aber auch nicht im geringsten irgendwelche politischen Handlungsanleihen (Erneut: Aus dem SEIN erfolgt kein SOLLEN). Die Fähigkeit für das Gefühl von Freiheit ist selbstverständlich für ein Individuum nützlich.

Falls dem tatsächlich so wäre, falls sich also keine Konsequenzen / politischen Handlungsanleitungen / moralische Forderungen ergeben sollten, dann wäre die Diskussion darüber ein reines Glasperlenspiel. Schön, dass wir darüber geredet haben, Du. Mehr nicht.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
In diesem Sinne wiederhole ich meine viele Seiten vorher vorgetragene Frage: Der Freie Wille ist frei von was?

Ich bin zwar nicht gefragt, aber ich beantworte das trotzdem mal: der freie Wille (= eine freie Entscheidung) ist meiner Auffassung nach frei von äußeren und inneren Zwängen. Zusätzlich ist dazu die Fähigkeit erforderlich, die Umwelt und Umstände zu erkennen, diese in Verbindung zueinander zu bringen und daraufhin eine Abwägung treffen zu können. Dabei gibt es niemals eine "absolute Freiheit", sondern diese ist immer graduell, eine Entscheidung kann also mehr oder weniger frei sein, aber nie völlig frei, bzw. "wirklich" frei, wie Du es genannt hast.

Es gibt mMn auch keinen Grund, Freiheit lediglich binär zu sehen -> entweder ist man total frei oder man ist gar nicht frei. Oder siehst Du einen solchen Grund? Welcher wäre das?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
BTW: Echter Zufall ist das einzige Phänomen, das letztlich Freiheitsgrade ermöglicht.

Wenn Du eine zufällige, also auch für Dich selber vollkommen überraschende Entscheidung treffen würdest, (zum Beispiel irgend einen Passanten abzumurksen), dann würdest Du das "Freiheit" nennen?

Wenn nein: damit ist deine Behauptung ja wohl widerlegt, nicht wahr?

Oder es muss noch etwas dazukommen. Was wäre das? Willkürliches Abmurksen wäre vielleicht in Deiner Ansicht keine Freiheit, aber was denn sonst? Wenn Du es kontrollieren könntest, es aber trotzdem rein zufällig wäre? Ach, nein, das ist ja selbstwidersprüchlich. Oder nicht? Wenn Du es nicht kontrollieren könntest, es aber letztlich im Nachhinein Deinem Willen entspräche? Wäre das "wirkliche" Freiheit für Dich? Wenn ja: möchtest Du gerne insofern frei sein?

Oder redest Du nur über eine bestimmte Definition von "physikalischer Freiheit"? Was aber hätte die mit dem Thema zu tun? Wo ist die Verbindung dabei?

#1437:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 07:49
    —
An PataPata:

Zunächst stellen wir den Willen fest, wie er auch immer daherkommen möge: als Wollen, Verlangen, Wünschen, Hunger, Durst etc. Den Willen bestreite ich nicht. Den freien Willen dagegen schon, da ich ihm praktisch noch nie begegnete. Allzu groß sind die Zwänge und Abhängigkeiten, die ihm widersprechen. Theoretisch aber halte ich ihn für möglich, wie eben den geometrischen Punkt. Nun beschränken die Behaupter des freien Willens diesen ja selbst, indem sie ihm das Wörtchen „bedingt“ voranstellen. Dann bin ich wieder dabei, schlage aber vor, nur noch vom Willen zu sprechen, der ja für sich genommen schon bedingt ist.

Ich kann jetzt nicht mehr auf alles oben Gesagte eingehen (sonst müßte ich Romane schreiben). Nur etwas zum Stichwort „Zwangsneurose“: eher leide ich unter einer solchen als unter einer Allmachtsphantasie.

Du schlugst vor, den Begriff der Kreativität zu untersuchen. Gerade dann, wenn man die Künstler sprechen hört, sind häufig Be- und Umschreibungen wie „innerer Antrieb“, „Zwang“ und „Mitteilungsbedürfnis“ zu vernehmen.

Gruß von Leila*

P.S.: Ich halte auch Dich für einen guten Gesprächspartner.

#1438:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 11:03
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
[...]Den Willen bestreite ich nicht. Den freien Willen dagegen schon, da ich ihm praktisch noch nie begegnete. Allzu groß sind die Zwänge und Abhängigkeiten, die ihm widersprechen. Theoretisch aber halte ich ihn für möglich, wie eben den geometrischen Punkt. Nun beschränken die Behaupter des freien Willens diesen ja selbst, indem sie ihm das Wörtchen „bedingt“ voranstellen. Dann bin ich wieder dabei, schlage aber vor, nur noch vom Willen zu sprechen, der ja für sich genommen schon bedingt ist.
Immerhin hast Du "praktisch" geschrieben. Ja, ich gehe mit Dir einig, dass sich ein freier Wille sehr selten ausprägen kann. Der Mensch ist aber fähig dazu und dies ist einer seiner grossen Triebe (oder Motivationen) - der Freiheitstrieb. Es mag paradox klingen, das es so etwas wie eine deterministisch gelenkte Motivation gibt, dem Determinismus zu entfliehen, frei zu werden, aber ich denke, dass es genau so ist. Wie weit dies dem Individuum gelingt, welche Freiheitsgrade er erreichen kann, und wie fähig er ist diese auch zu nutzen, das ist eine andere Frage.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Ich kann jetzt nicht mehr auf alles oben Gesagte eingehen (sonst müßte ich Romane schreiben). Nur etwas zum Stichwort „Zwangsneurose“: eher leide ich unter einer solchen als unter einer Allmachtsphantasie.
Schon wieder "entweder/ oder", versuch doch bitte graduell zu denken.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Du schlugst vor, den Begriff der Kreativität zu untersuchen. Gerade dann, wenn man die Künstler sprechen hört, sind häufig Be- und Umschreibungen wie „innerer Antrieb“, „Zwang“ und „Mitteilungsbedürfnis“ zu vernehmen.
Da gehe ich mit Dir einig, ich habe bei Malern und auch bei Schriftstellern ähnliches gehört. Ich interpretiere das aber als stark entwickeltes Unterbewusstsein, welches ein reiches Eigenleben führt. Eine Schriftstellerin (Donna Leon) hat mir gesagt, dass ihre Figuren (Commissario Brunetti und seine Familie und Mitarbeiter) ein eigenes Leben führen und sie nur beschreibt, was diese erleben. Ich versuchte sie zu drängen, dass ihre Charaktere und Handlungsweisen doch von ihr selbst heraus erzeugt werden, und sie doch massgeblich daran beteiligt sei, aber sie wollte nicht darauf eingehen. Vielleicht kann man nur mit einer solchen Illusion Künstler sein...
El Ali hat folgendes geschrieben:
P.S.: Ich halte auch Dich für einen guten Gesprächspartner.
Sehr glücklich Danke - wenn ich mich von Dir nicht angegriffen fühle, kann ich's vielleicht noch werden...

#1439:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 13:19
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Schon wieder „entweder/ oder“, versuch doch bitte graduell zu denken.

Vom graduellen Denken habe ich keine Ahnung; ich höre von dieser Art zu denken heute zum ersten Mal.

Gruß von Leila*

#1440:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 13:57
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du mußt darüberhinaus eine Trennung zwischen dem "Selbst" (inklusive Unbewußtem) und seiner Umgebung ziehen, wobei zur Umgebung des Selbst nicht nur die äußeren Determinanten, sondern auch die inneren gehören, z.B. die Atome des Gehirns. Nur auf diese Weise kannst Du das "Selbst" als eine scheinbar autonome Instanz definieren.
Naja, Atome. Diese Trennung kann ich nicht vornehmen und das wird mAn auch niemals möglich sein.

Du tust es aber implizit, wenn Du den höheren Ebenen (unbewußt und bewußt) ein autonomes "Eigenleben" zugestehst und die vollständige Determination durch noch darunterliegende Schichten für Deine Zwecke ignorierst.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Allerdings kann ich Bedürfnisse oder Präferenzen als etwas von mir Getrenntes ansehen, zum Beispiel eine Drogenabhängigkeit, so ich sie loswerden möchte (-> innerer Zwang).

Und mit welcher Begründung siehst Du gerade diejenigen Präferenzen als von Dir getrennt an, die anderen, rationalen (oder welchen?) Präferenzen widersprechen? Oder vielleicht sogar nur widersprechen würden, wenn Du sie erkennen würdest?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Meine "inneren" Determinanten jedoch, die ein Teil von mir sind, machen mich überhaupt erst aus. Ohne diese Determinanten wäre ich nichts.

Ja, nur so kann ja eine Wahrnehmung des individuellen Selbst ausgebildet werden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Daher kann ich sie gar nicht als etwas Getrenntes von mir ansehen.

Außer sie gefallen Dir auf bestimmte Weise nicht. Hast Du ja oben erklärt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und es ist mAn völlig absurd, zu behaupten, meine inneren Determinanten, die letztlich meine Persönlichkeit darstellen, würden mich zu etwas "zwingen", etwa dazu, Sex zu haben oder etwas Leckeres zu essen oder einen Cocktail zu trinken.

Absurd finde ich das ganz und gar nicht. Ich gestehe allerdings zu, daß das Wort "Zwang" zumidest im Alltag meist dann verwendet wird, wenn etwas Unerwünschtes passiert. Man könnte daher vielleicht besser sagen: "Meine inneren Determinanten bestimmen / verursachen / determinieren, daß ich etwas Leckeres esse."

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Als ich in bezug auf ein Schachprogramm vorschlug, es entscheide "bedingt" frei über seine Züge, weil es mehrere Möglichkeiten abwäge usw., antwortetest Du nach meiner Erinnerung sinngemäß, dem Schachprogramm fehle das Bewußtsein. Ich könnte nun analog zu Deiner Argumentation oben kontern, daß Du dieses Problem nur siehst, weil Du den unbewußten Teil des Prozesses (die Implementation der Präferenz und der Zukunftsmodellierung) als etwas Fremdes ansiehst.
Naja, ein Schachprogramm würde ich in der Tat weniger als autonomen Agenten ansehen. Es kann im Rahmen seines Programmes reagieren, aber dieser Rahmen ist letztlich ziemlich beschränkt.

Diese Grenzziehung basiert aber nicht auf den Kriterien der Zukunftssimulation und Entscheidung, sondern nur auf einer graduellen Einschätzung. Ebenso könnte ich den Menschen (oder 90% aller Menschen) für einfach zu beschränkt erklären, um autonom zu sein.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob ein Schachprogramm wirklich "entscheidet", darüber könnte man vielleicht streiten.

Ich finde, darüber kann man nicht streiten, ein Blick in den Programmcode beweist, daß es entscheidet: IF ... ELSE ...

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es arbeitet seinen von den Programmierern entwickelten Algorithmus ab. Mehr nicht.

Bei der Frage, ob es sich um eine Entscheidung handelt, ist es unerheblich, ob der Algorhitmus durch Programmierung oder evolutionär entstanden ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob man sagen kann, das Schachprogramm verstehe und handele intentional, darüber könnte man vielleicht auch streiten. Ich denke ja eher nicht, dazu ist es zu primitiv / zu eingeschränkt.

Eine Intention ist für mich eine präferierte vorgestellte Zukunft. Und die hat das Schachprogramm selbstverständlich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist aber, woher die moralischen Forderungen kommen. Kommen sie von einem Subjekt, das in der Lage dazu ist, zu verstehen und daraufhin zu argumentieren, zu begründen, zu versuchen andere zu überzeugen? Einem Subjekt also, das verantwortlich handeln kann? Oder kommen sie von irgendwoher, von einem Erlebnis aus der frühen Kindheit, das nicht zu bestimmen ist oder gar vom Urknall? ... Falls aber Zweiteres: dann bleibt die moralische Forderung gänzlich im Dunkeln. Sie kann nicht begründet werden und sie kann keinen Anspruch auf Geltung stellen. Sie ist dann natürlich uninteressant für andere, kann keinen Überzeugungswert beanspruchen.

Das sehe ich anders. Entscheidend für die aktuelle Geltung ist allein, wie stark die Moral (egal woher sie kommt) die Präferenzen der Handelnden determiniert. Einen absoluten Geltungsanspruch kann Moral sowieso nicht erheben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... man kann nicht "einfach so" Verantwortung zuweisen. Jedenfalls im landläufigen Sinne kann nur jemand Verantwortung für etwas haben, auf dass er auch Einfluss hat, für etwas, das er kontrollieren und bestimmen kann.

Deshalb sollte man auch Veratwortung nur dort zuweisen, wo man mit entsprechender Kontrollfähigkeit rechnen kann.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In diesem Sinne wäre es unfair, wenn man jemanden zur Rechenschaft ziehen würde für etwas, das außerhalb seiner Möglichkeiten lag.

Diesen Satz kann ich natürlich unterschrieben. Ich würde sogar noch weiter gehen:
- Es ist unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das außerhalb seiner Präferenzen lag.
- Es ist letztlich unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das er tat.

#1441: Sebst 1 und Selbst 2 Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 14:45
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
El Ali hat folgendes geschrieben:
[...]Den Willen bestreite ich nicht. Den freien Willen dagegen schon, da ich ihm praktisch noch nie begegnete. Allzu groß sind die Zwänge und Abhängigkeiten, die ihm widersprechen. Theoretisch aber halte ich ihn für möglich, wie eben den geometrischen Punkt. Nun beschränken die Behaupter des freien Willens diesen ja selbst, indem sie ihm das Wörtchen „bedingt“ voranstellen. Dann bin ich wieder dabei, schlage aber vor, nur noch vom Willen zu sprechen, der ja für sich genommen schon bedingt ist.
Immerhin hast Du "praktisch" geschrieben. Ja, ich gehe mit Dir einig, dass sich ein freier Wille sehr selten ausprägen kann. Der Mensch ist aber fähig dazu und dies ist einer seiner grossen Triebe (oder Motivationen) - der Freiheitstrieb. Es mag paradox klingen, das es so etwas wie eine deterministisch gelenkte Motivation gibt, dem Determinismus zu entfliehen, frei zu werden, aber ich denke, dass es genau so ist. Wie weit dies dem Individuum gelingt, welche Freiheitsgrade er erreichen kann, und wie fähig er ist diese auch zu nutzen, das ist eine andere Frage.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Ich kann jetzt nicht mehr auf alles oben Gesagte eingehen (sonst müßte ich Romane schreiben). Nur etwas zum Stichwort „Zwangsneurose“: eher leide ich unter einer solchen als unter einer Allmachtsphantasie.
Schon wieder "entweder/ oder", versuch doch bitte graduell zu denken.

El Ali hat folgendes geschrieben:
Du schlugst vor, den Begriff der Kreativität zu untersuchen. Gerade dann, wenn man die Künstler sprechen hört, sind häufig Be- und Umschreibungen wie „innerer Antrieb“, „Zwang“ und „Mitteilungsbedürfnis“ zu vernehmen.
Da gehe ich mit Dir einig, ich habe bei Malern und auch bei Schriftstellern ähnliches gehört. Ich interpretiere das aber als stark entwickeltes Unterbewusstsein, welches ein reiches Eigenleben führt. Eine Schriftstellerin (Donna Leon) hat mir gesagt, dass ihre Figuren (Commissario Brunetti und seine Familie und Mitarbeiter) ein eigenes Leben führen und sie nur beschreibt, was diese erleben. Ich versuchte sie zu drängen, dass ihre Charaktere und Handlungsweisen doch von ihr selbst heraus erzeugt werden, und sie doch massgeblich daran beteiligt sei, aber sie wollte nicht darauf eingehen. Vielleicht kann man nur mit einer solchen Illusion Künstler sein...



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Tja, das alte Wechselspiel zwischen "Selbst 1" (Bewußstsein, Ego) und "Selbst 2" (Unbewußtes).

Ein kurzes Exzerpt aus dem von mir in anderen Threads schon vielfach zitierten "Spüre die Welt" von Tor Nörretranders (Kapitel 10: "Maxwells Selbst") :

Zitat:

>...Theaterkunst beruht darauf, dem Selbst die Möglichkeit freier Entfaltung zu geben. Gibt das Ich das Selbst nicht frei, entsteht eine Aufführung, die von Vetos geprägt ist. Das Bewußtsein will ständig Kontrolle wahren und das Geschehen überwachen, und die Aufführung wird ungleichmäßig und unglaubwürdig; denn ein Gefühl kann nicht glaubwürdig wirken, wenn es vom Bewußtsein kontrolliert und gehemmt wird.

Dem Selbst die Freiheit zu geben ist das große Problem. Es erfordert Vertrauen seitens des Ich und dieses Vertrauen entsteht durch Übung.

Übung, Proben und noch einmal Übung. Der Schlüssel zu jeder Art von Vorführung ist Übung, Training, Vorbereitung. Das gilt nichtzuletzt für Vorführungen, die einen Charakter der Improvisation haben sollen. Beim Einüben und Proben geht es im wesentlichen darum, daß das Ich Vertrauen in das Selbst entwickelt. Das Ich lernt zu vertrauen, daß das Selbst das Gefühl empfinden und die Bewegung ausführen darf.

Übung entwickelt eine Vielzahl automatisierter Fähigkeiten, die ohne Aktivierung des Bewußtseins ablaufen. Während des Einübens ist das Urteil des Ich ständig präsent, nicht aber bei der Ausführung.

Das gilt auch für Ballspielen, Radfahren und Erotik. Wir dürfen. Wir trauen uns. Wir haben Vertrauen zu uns selbst.

Alle vorführenden Künstler quält mehr oder weniger das scheinbar paradoxe Gefühle der Scham angesichts des Gelingens. Dieses Gefühl ist eine reale Größe: Vorführenden Künstlern fällt es schwer, Beifall zu akzeptieren. Manche wollen ihn sogar abschaffen lassen, wie der Pianist Glenn Gould, der 1962 einen Essay mit dem Titel "Für ein Applausverbot" schrieb.

Der Musiker Peter Bastian sagte anlässlich der Veröffentlichung seines Buches Ind i musikken in einem Interview über seine Schwierigkeiten, Beifall anzunehmen: "Es ist schwer zu sich selbst sagen zu dürfen: Du bist gut. Die Leute klatschten zwar Beifall, wenn ich spielte, ich selbst glaubte aber im Innersten, es ist Bluff, was ich mache."

Erst nach intensiver persönlicher Entwicklungsarbeit gelang es Bastian, das Lob der anderen zu akzeptieren und sich selbst einen Meister zu nennen - ein Meister im Wachrufen von Inspiration auf Kommando. Er beschreibt die Haltung, die es ihm erlaubt, den Applaus entgegenzunehmen: "Ich gestehe mir zu, daß ich mir Mühe gemacht habe, ich habe mich geübt."

Das mag wie eine psychologische Banalität klingen, doch der Eindruck täuscht. Die Mühe und Arbeit, die einer großen Leistung zugrunde liegen, besteht in Training, Übung, Disziplin. Das bewußte Ich besteht auf Übung, die Ihm das Vertrauen gibt, das Selbst werde die Aufgabe lösen. Das bewußte Ich steht aber nicht für die Vorführung, ebensowenig wie der Regisseur oder Dirigent. Was auftritt, ist das Selbst - ohne Bewußtheit.

Wenn dann die Aufführung zuende ist und das Publikum Beifall klatscht, kehren Bewußtheit und Ich zurück wie aus der Trance und erwachen mitten im Jubel. Die Beschämung rührt daher, daß ja nicht das Ich aufgetreten ist, sondern das Selbst.

Und dennoch steht am Ende das Ich da und soll die Rosen entgegennehmen.
..... <

(Zitat Ende)

Das trifft hier wohl mehr oder wenig auch zu. Schenk ihr einfach das Buch von Nörretranders, vielleicht hilft's ja, den Blickwinkel zu erweitern.....

()

#1442:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 15:04
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Schon wieder „entweder/ oder“, versuch doch bitte graduell zu denken.

Vom graduellen Denken habe ich keine Ahnung; ich höre von dieser Art zu denken heute zum ersten Mal.

Gruß von Leila*


Hallo Patapata,


.

Ein Bekannter von mir hatte mal eine kleine Hündin (Terrier), ne richtige "Wadenbeißerin". Ihre Taktik bestand darin, andere Hunde (auch Menschen) zu beißen und sich bei entsprechender Reaktion unterwürfig (Duckstellung) und "unschuldig" zu zeigen, um ihrer "Strafe" zu entgehen. Sie war (eine Zeitlang) sehr erfolgreich damit.....

()

#1443:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 17:21
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Schon wieder „entweder/ oder“, versuch doch bitte graduell zu denken.

Vom graduellen Denken habe ich keine Ahnung; ich höre von dieser Art zu denken heute zum ersten Mal.
Statt schwarz/weiss (entweder/oder) in Graustufen, oder noch besser in Farben denken. In unserem Fall kann man in allen Graden frei sein, von total unfrei bis total frei, wobei diese Extreme wohl nie realisiert werden. Die Farben stehen dann in Bezug auf was man frei oder unfrei ist und in welchem Grade. Wahrscheinlich sind wir alle irgend so eine Braunschattierung...

#1444: Re: Sebst 1 und Selbst 2 Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 17:37
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Schenk ihr einfach das Buch von Nörretranders, vielleicht hilft's ja, den Blickwinkel zu erweitern.....
Tönt interessant ! Leider versteht sie nur Englisch und Italienisch, das Buch scheint aber nicht übersetzt zu sein (gemäss Amazon). Vielleicht lese ich es aber...

Ich kenne diesen Trance-Zustand vom Klavierüben, da ist man auch völlig weg, und wehe, dass man gestört wird, das kann ein heilloses Erschrecken bewirken...

#1445:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 17:44
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ein Bekannter von mir hatte mal eine kleine Hündin (Terrier), ne richtige "Wadenbeißerin". Ihre Taktik bestand darin, andere Hunde (auch Menschen) zu beißen und sich bei entsprechender Reaktion unterwürfig (Duckstellung) und "unschuldig" zu zeigen, um ihrer "Strafe" zu entgehen. Sie war (eine Zeitlang) sehr erfolgreich damit.....
Nette Story - ich habe auch einen kleinen Hund, der die Tendenz hat Hosenbeine zu schnappen, aber zum Glück nicht richtig zu zu beissen. Der ist aber eher stolz darauf anstatt sich unterwürfig zu zeigen.

Nur, was willst Du mit dieser Geschichte im aktuellen Zusammenhang?

Edit:
Ah, Du meinst die Scham nach dem Auftritt von Tor Nörretrander...

#1446:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 18:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du mußt darüberhinaus eine Trennung zwischen dem "Selbst" (inklusive Unbewußtem) und seiner Umgebung ziehen, wobei zur Umgebung des Selbst nicht nur die äußeren Determinanten, sondern auch die inneren gehören, z.B. die Atome des Gehirns. Nur auf diese Weise kannst Du das "Selbst" als eine scheinbar autonome Instanz definieren.

Naja, Atome. Diese Trennung kann ich nicht vornehmen und das wird mAn auch niemals möglich sein.

Du tust es aber implizit, wenn Du den höheren Ebenen (unbewußt und bewußt) ein autonomes "Eigenleben" zugestehst und die vollständige Determination durch noch darunterliegende Schichten für Deine Zwecke ignorierst.

Ich trenne die höheren Ebenen (z.B. Gedanken) von unteren Ebenen (Neuronenfeuern, Atombewegungen)? Aber nein, das tue ich nicht, auch nicht implizit.

Für mich ist einfach nur Autonomie kein Gegensatz zu Determination.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und es ist mAn völlig absurd, zu behaupten, meine inneren Determinanten, die letztlich meine Persönlichkeit darstellen, würden mich zu etwas "zwingen", etwa dazu, Sex zu haben oder etwas Leckeres zu essen oder einen Cocktail zu trinken.

Absurd finde ich das ganz und gar nicht. Ich gestehe allerdings zu, daß das Wort "Zwang" zumidest im Alltag meist dann verwendet wird, wenn etwas Unerwünschtes passiert. Man könnte daher vielleicht besser sagen: "Meine inneren Determinanten bestimmen / verursachen / determinieren, daß ich etwas Leckeres esse."

Meine inneren Determinanten = meine Persönlichkeit = ich -> "Meine inneren Determinanten bestimmen / verursachen / determinieren, daß ich etwas Leckeres esse." = "Ich bestimme, dass ich etwas Leckeres esse."

Will sagen: der Sinn dieser von Dir vorgeschlagenen Sprachregelung ist mir ziemlich unklar.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist aber, woher die moralischen Forderungen kommen. Kommen sie von einem Subjekt, das in der Lage dazu ist, zu verstehen und daraufhin zu argumentieren, zu begründen, zu versuchen andere zu überzeugen? Einem Subjekt also, das verantwortlich handeln kann? Oder kommen sie von irgendwoher, von einem Erlebnis aus der frühen Kindheit, das nicht zu bestimmen ist oder gar vom Urknall? ... Falls aber Zweiteres: dann bleibt die moralische Forderung gänzlich im Dunkeln. Sie kann nicht begründet werden und sie kann keinen Anspruch auf Geltung stellen. Sie ist dann natürlich uninteressant für andere, kann keinen Überzeugungswert beanspruchen.

Das sehe ich anders. Entscheidend für die aktuelle Geltung ist allein, wie stark die Moral (egal woher sie kommt) die Präferenzen der Handelnden determiniert. Einen absoluten Geltungsanspruch kann Moral sowieso nicht erheben.

Moralische Forderungen sollte begründet werden können. Begründungen sollten plausibel sein, verstanden werden können, dann sind sie eventuell zustimmungsfähig.

Mein Punkt hier ist folgender: wer diskutiert, wer Wertungen vornimmt und Forderungen an andere stellt, der geht unweigerlich davon aus, dass er selber und der andere autonome Agenten sind, die durch Argumente überzeugt werden können und den Forderungen / Ergebnissen gemäß handeln können, also dass man letztlich durch eigene Überlegungen und Entscheidungen die Zukunft so oder so gestalten kann. Und das eben sehe ich als Freiheit des Subjektes an. Und sieht man das so, dann tangiert das den normalen Verantwortungsbegriff überhaupt nicht.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... man kann nicht "einfach so" Verantwortung zuweisen. Jedenfalls im landläufigen Sinne kann nur jemand Verantwortung für etwas haben, auf dass er auch Einfluss hat, für etwas, das er kontrollieren und bestimmen kann.

Deshalb sollte man auch Veratwortung nur dort zuweisen, wo man mit entsprechender Kontrollfähigkeit rechnen kann.

Ja, eben. Wo ist jetzt aber noch der Unterschied zum landläufigen Verantwortungsbegriff?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In diesem Sinne wäre es unfair, wenn man jemanden zur Rechenschaft ziehen würde für etwas, das außerhalb seiner Möglichkeiten lag.

Diesen Satz kann ich natürlich unterschrieben. Ich würde sogar noch weiter gehen:
- Es ist unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das außerhalb seiner Präferenzen lag.
- Es ist letztlich unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das er tat.

"Außerhalb seiner Präferenzen" - hast Du mal ein Beispiel?

Zum Zweiten: warum?

Und außerdem: wie kommst Du eigentlich zu der Bewertung "unfair", die ja eine moralische Bewertung ist? Durch Neuronenfeuern, das völlig außerhalb deiner Kontrollfähigkeit lag und den Gedanken hervorbrachte? Also ohne Begründung, einfach so? Oder durch Überlegung und Abwägung?

#1447:  Autor: nocquae BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 19:00
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine inneren Determinanten = meine Persönlichkeit = ich -> "Meine inneren Determinanten bestimmen / verursachen / determinieren, daß ich etwas Leckeres esse." = "Ich bestimme, dass ich etwas Leckeres esse."

Nö. „Ich“ wird idR für die bewußten Anteile meiner Persönlichkeit gebraucht. Viele unterscheiden in diesem Bereich „Ich“ und „Selbst“, wobei letzteres die unbewußten Anteile repräsentiert.

Natürlich bin „ich“ es, der auch meine unbewußten Entscheidungen trifft. „Ich“ im Ggs. zu einer anderen Person. Die deutsche Sprache ist da ungenau, die nicht zwischen „Ich“ und „[dem] Ich“ unterscheidet. „Ich“ und „Selbst“ halte ich noch für die beste Terminologie.

Wirklich interessant wird das aber erst dort, wo klar wird, dass das Ich vermutlich nichts weiter als ein Konstrukt meines Selbst ist. Tests z. B. mit Split-Brain-Patienten zeigen, dass das Ich vornehmlich damit beschäftigt ist, sich Erklärungen und Geschichten dazu auszudenken, warum ich so handle, wie ich es tue, und die sich selbst dann als begründete, freie Entscheidung zu präsentieren.

#1448:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 19:08
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich trenne die höheren Ebenen (z.B. Gedanken) von unteren Ebenen (Neuronenfeuern, Atombewegungen)? Aber nein, das tue ich nicht, auch nicht implizit.

Das sehe ich anders. Nur indem Du eine Art zeitliche und ebenenbezogene "Antireduktion" vornimmst, kannst Du ein Epiphänomen als autonomen Akteur betrachten. Intuitiv machen wir das übrigens alle oft, weil man ja nicht ständig die Grundlagen hinterfragen kann. Denn - etwas übertrieben formuliert - reduziert sich die Autonomie auf die Tatsachen der räumliche Trennung und der algorhithmischen Komplexität individueller Gehirne. Dazu kommt noch etwas bedarfsgerechte psychosoziale Deutung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Entscheidend für die aktuelle Geltung ist allein, wie stark die Moral (egal woher sie kommt) die Präferenzen der Handelnden determiniert. Einen absoluten Geltungsanspruch kann Moral sowieso nicht erheben.
Moralische Forderungen sollte begründet werden können. Begründungen sollten plausibel sein, verstanden werden können, dann sind sie eventuell zustimmungsfähig.

Mein Satz oben bleibt trotzdem gültig. Um die Präferenzen eines ethisch Hinterfragenden zu prägen, sind halt Begründungen u.U. geeigneter als Befehle oder Traditionen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
wer diskutiert, wer Wertungen vornimmt und Forderungen an andere stellt, der geht unweigerlich davon aus, dass er selber und der andere autonome Agenten sind, die durch Argumente überzeugt werden können und den Forderungen / Ergebnissen gemäß handeln können, also dass man letztlich durch eigene Überlegungen und Entscheidungen die Zukunft so oder so gestalten kann.

Genaugenommen geht man nicht davon aus, daß der Andere diese Freiheit hat, sondern eher daß er das Erwünschte tut, daß er also funktioniert. Man könnte auch sagen, daß sein Bewertungsalgorhithmus und dessen Manipulation erwartungsgemäß funktioniert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... man kann nicht "einfach so" Verantwortung zuweisen. Jedenfalls im landläufigen Sinne kann nur jemand Verantwortung für etwas haben, auf dass er auch Einfluss hat, für etwas, das er kontrollieren und bestimmen kann.
Deshalb sollte man auch Veratwortung nur dort zuweisen, wo man mit entsprechender Kontrollfähigkeit rechnen kann.
Ja, eben. Wo ist jetzt aber noch der Unterschied zum landläufigen Verantwortungsbegriff?

- Daß die Zuweisung von Verantwortung auf der Erwartung konformen Handelns beruht und kein apriori-Eigenschaft des Handelnden ist
- Daß die "Enttäuschung" zugewiesener Verantwortung nicht in Schuld, sondern in falscher Einschätzung durch den Zuweisenden besteht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In diesem Sinne wäre es unfair, wenn man jemanden zur Rechenschaft ziehen würde für etwas, das außerhalb seiner Möglichkeiten lag.
Diesen Satz kann ich natürlich unterschrieben. Ich würde sogar noch weiter gehen:
- Es ist unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das [EDIT: innerhalb] seiner Präferenzen lag.
- Es ist letztlich unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das er tat.
"Außerhalb seiner Präferenzen" - hast Du mal ein Beispiel?

Oops, ich habe natürlich "innerhalb seiner Präferenzen" gemeint. Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden. - Jetzt werden sicher alle über den bösen step herfallen, aber sei's drum.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zum Zweiten: warum?

Weil die Handlungssteuerung determiniert ist. Man kann also nicht wollen, was man will.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und außerdem: wie kommst Du eigentlich zu der Bewertung "unfair", die ja eine moralische Bewertung ist? Durch Neuronenfeuern, das völlig außerhalb deiner Kontrollfähigkeit lag und den Gedanken hervorbrachte? Also ohne Begründung, einfach so? Oder durch Überlegung und Abwägung?

Ich verstehe nicht, was daran so mysteriös sein soll. Überlegung und Abwägung besteht doch aus aus Neuronenfeuern.

#1449:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 19:29
    —
NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine inneren Determinanten = meine Persönlichkeit = ich -> "Meine inneren Determinanten bestimmen / verursachen / determinieren, daß ich etwas Leckeres esse." = "Ich bestimme, dass ich etwas Leckeres esse."

Nö. „Ich“ wird idR für die bewußten Anteile meiner Persönlichkeit gebraucht.

Das bestreite ich vehement.

NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Natürlich bin „ich“ es, der auch meine unbewußten Entscheidungen trifft. „Ich“ im Ggs. zu einer anderen Person. Die deutsche Sprache ist da ungenau, die nicht zwischen „Ich“ und „[dem] Ich“ unterscheidet.

Genau, das hört sich schon viel besser an. Der Satz "ich fahre morgen nach Hamburg" bezieht sich wohl kaum lediglich auf das bewusste Ich, sondern es bezieht sich auf die Person, das Individuum als Ganzes.

NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
„Ich“ und „Selbst“ halte ich noch für die beste Terminologie.

Aus dem Kontext ergibt sich meist, was gemeint ist.

NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Wirklich interessant wird das aber erst dort, wo klar wird, dass das Ich vermutlich nichts weiter als ein Konstrukt meines Selbst ist. Tests z. B. mit Split-Brain-Patienten zeigen, dass das Ich vornehmlich damit beschäftigt ist, sich Erklärungen und Geschichten dazu auszudenken, warum ich so handle, wie ich es tue, und die sich selbst dann als begründete, freie Entscheidung zu präsentieren.

Ich rede aber hier nicht über "Das Ich", sondern über die Person, das Individuum.

#1450:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 19:49
    —
Scheiße, jetzt habe ich wohl irgendwie auf "zitieren" gedrückt und damit meinen vorherigen Beitrag gelöscht. skeptisch

Naja, versuche ich eben, den nochmal zu erstellen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich trenne die höheren Ebenen (z.B. Gedanken) von unteren Ebenen (Neuronenfeuern, Atombewegungen)? Aber nein, das tue ich nicht, auch nicht implizit.

Das sehe ich anders. Nur indem Du eine Art zeitliche und ebenenbezogene "Antireduktion" vornimmst, kannst Du ein Epiphänomen als autonomen Akteur betrachten. Intuitiv machen wir das übrigens alle oft, weil man ja nicht ständig die Grundlagen hinterfragen kann. Denn - etwas übertrieben formuliert - reduziert sich die Autonomie auf die Tatsachen der räumliche Trennung und der algorhithmischen Komplexität individueller Gehirne. Dazu kommt noch etwas bedarfsgerechte psychosoziale Deutung.

Es ist aber nun mal kein Epiphänomen. Schulterzucken

Und falls Du Autonomie so definieren willst: na und? Du willst wahrscheinlich sagen: das ist keine echte Autonomie. Falls ja: was ist also echte Autonomie und wieso?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Entscheidend für die aktuelle Geltung ist allein, wie stark die Moral (egal woher sie kommt) die Präferenzen der Handelnden determiniert. Einen absoluten Geltungsanspruch kann Moral sowieso nicht erheben.
Moralische Forderungen sollte begründet werden können. Begründungen sollten plausibel sein, verstanden werden können, dann sind sie eventuell zustimmungsfähig.

Mein Satz oben bleibt trotzdem gültig. Um die Präferenzen eines ethisch Hinterfragenden zu prägen, sind halt Begründungen u.U. geeigneter als Befehle oder Traditionen.

Das ist nicht der Punkt. Du meinst, jemanden prägen zu können. Das bedeutet, Du meinst die Zukunft beinflussen zu können. Aufgrund Deiner Gedanken und Überlegungen. Wenn Du das aber kannst, dann bist Du frei in meinem Sinne.

Und Du musst logischerweise auch anderen diese Freiheit zugestehen, es gibt ja keinen Grund, warum nur Du sie besitzen solltest.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
wer diskutiert, wer Wertungen vornimmt und Forderungen an andere stellt, der geht unweigerlich davon aus, dass er selber und der andere autonome Agenten sind, die durch Argumente überzeugt werden können und den Forderungen / Ergebnissen gemäß handeln können, also dass man letztlich durch eigene Überlegungen und Entscheidungen die Zukunft so oder so gestalten kann.

Genaugenommen geht man nicht davon aus, daß der Andere diese Freiheit hat, sondern eher daß er das Erwünschte tut, daß er also funktioniert. Man könnte auch sagen, daß sein Bewertungsalgorhithmus und dessen Manipulation erwartungsgemäß funktioniert.

Ja, aber wie gesagt setzt das voraus, zu meinen, man könne die Zukunft bewusst aufgrund von Überlegungen beeinflussen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Deshalb sollte man auch Veratwortung nur dort zuweisen, wo man mit entsprechender Kontrollfähigkeit rechnen kann.
Ja, eben. Wo ist jetzt aber noch der Unterschied zum landläufigen Verantwortungsbegriff?

(1) - Daß die Zuweisung von Verantwortung auf der Erwartung konformen Handelns beruht und kein apriori-Eigenschaft des Handelnden ist
(2) - Daß die "Enttäuschung" zugewiesener Verantwortung nicht in Schuld, sondern in falscher Einschätzung durch den Zuweisenden besteht.

zu (1): ich denke nicht, dass viele Leute glauben, dass Verantwortung eine apriori-Eigenschaft ist
zu (2) unten mehr

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In diesem Sinne wäre es unfair, wenn man jemanden zur Rechenschaft ziehen würde für etwas, das außerhalb seiner Möglichkeiten lag.

Diesen Satz kann ich natürlich unterschrieben. Ich würde sogar noch weiter gehen:
- Es ist unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das [EDIT: innerhalb] seiner Präferenzen lag.
- Es ist letztlich unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das er tat.

[...]

[...] Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden.

Warum nicht? Wie stellt man eine Präferenz dafür fest? Das wäre durchaus ein ziemlicher Prämissenwechsel zur heutigen Situation: nur konkrete Taten dürfen sanktioniert werden, keine Veranlagungen / Gedanken. Und Sanktionen sind in ihrer Höhe nach oben beschränkt, sie hängen nicht von der angenommenen Gefährdung ab (abgesehen von Sicherungsverwahrungen - aber die sind heute eher die Ausnahme - ca. 450 Fälle).

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zum Zweiten: warum?

Weil die Handlungssteuerung determiniert ist. Man kann also nicht wollen, was man will.

Das folgt aber nicht. Da fehlt ein Argument.

Wäre die Handlungssteuerung nicht determiniert, wäre sie also zufällig, dann dürfte man sie mE nicht dem Täter zuordnen, ihn nicht dafür verantwortlich machen. Aber wenn sie insofern determiniert ist, als dass der Täter die Tat geplant und ausgeführt hat, im Bewusstsein seiner Normverletzung, dann sehe ich keinen Grund, auf eine Sanktion verzichten zu müssen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und außerdem: wie kommst Du eigentlich zu der Bewertung "unfair", die ja eine moralische Bewertung ist? Durch Neuronenfeuern, das völlig außerhalb deiner Kontrollfähigkeit lag und den Gedanken hervorbrachte? Also ohne Begründung, einfach so? Oder durch Überlegung und Abwägung?

Ich verstehe nicht, was daran so mysteriös sein soll. Überlegung und Abwägung besteht doch aus aus Neuronenfeuern.

Ein Neuronenfeuer ist kein Argument und erzeugt auch nicht notwendigerweise ein Argument. Nur ein Argument ist ein Argument. Und ein solches bedarf einer Begründung. Dazu reicht es nicht, einfach zu sagen: meine Neuronen feuern nun mal so.

Hat man aber ein Argument, eine Begründung, dann kann man sie auch vertreten. Und man kann sich danach richten und andere können es auch. Und man kann seine Handlung danach ausrichten. Das bedeutet, die Zukunft steuern zu können. Akzeptiert man dies, dann bewegt man sich auf der sozialen Ebene des Diskurses, der notwendigerweise von Selbstbestimmung ausgehen muss und nicht von einer reinen Steuerung durch Neuronenfeuer ausgehen kann, das ja dann unbekannt bleiben muss, wenn das Bewusstsein nur ein mitlaufendes Epiphänomen wäre.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Deshalb sollte man auch Veratwortung nur dort zuweisen, wo man mit entsprechender Kontrollfähigkeit rechnen kann.

Ja, eben. Wo ist jetzt aber noch der Unterschied zum landläufigen Verantwortungsbegriff?

[...] (2) - Daß die "Enttäuschung" zugewiesener Verantwortung nicht in Schuld, sondern in falscher Einschätzung durch den Zuweisenden besteht.

[...] (2): oh, da haben wir aber einen ziemlich großen Dissens. Habe jetzt nicht so viel Zeit, das müssen wir aber noch ausdiskutieren.

Jetzt dazu nochmal. Du meinst irgendwie, wenn man jemanden falsch einschätzt, dann ist man letztlich selber schuld? Pech gehabt? Kein Grund also, einen moralischen Vorwurf gegen den Normverletzer zu erheben?

Nehmen wir mal ein paar Beispiele:

- Jemand parkt falsch. Er ist aber nachweislich dazu in der Lage, Schilder zu beachten und richtig zu parken.

- In einer WG wäscht jemand nie ab, obgleich er keine Zwangsstörung in dieser Richtung vorweisen kann.

- Jemand fährt mit 180 durch eine Autobahnbaustelle. Er ist nachweislich in der Lage dazu, eine längere Strecke mit 100 zu fahren, es gibt keine psychische Störung, die es ihm vorschreibt, das Gaspedal bis zum Boden durchzudrücken. Und keinen Grund wird vorgebracht, anzunehmen, er hätte es nicht mit Absicht gemacht.

- Jemand bezahlt meine Rechnung nicht, obgleich er nachweislich dazu in der Lage ist: er hat schon zig Rechnungen bezahlt. Und Geld hat er auch gerade.

- Jemand entwickelt einen Computervirus, der Kontodaten ausspäht und hebt mit den gestohlenen Daten von meinem Konto 1000,- € ab. Ein psychiatrisches Gutachten ergibt keinerlei Auffälligkeiten.

Alle letztlich nur Opfer ihrer Umstände? Jeweils letztlich eine gar nicht ihnen zuzurechnende Entscheidung? Sie können nichts für ihr Handeln, weil sie durch außerhalb ihrer Kontrolle liegenden Umstände dazu gezwungen wurden? Genauso, als wie wenn sie durch jemanden mit vorgehaltener Pistole zu den Handlungen gezwungen wurden?
----------------
Edit: versucht, meinen versehentlich gelöschten Beitrag oben nochmal anzuhängen.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 15.07.2009, 01:13, insgesamt 2-mal bearbeitet

#1451: Gesinnungsethik Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 20:17
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich trenne die höheren Ebenen (z.B. Gedanken) von unteren Ebenen (Neuronenfeuern, Atombewegungen)? Aber nein, das tue ich nicht, auch nicht implizit.

Das sehe ich anders. Nur indem Du eine Art zeitliche und ebenenbezogene "Antireduktion" vornimmst, kannst Du ein Epiphänomen als autonomen Akteur betrachten. Intuitiv machen wir das übrigens alle oft, weil man ja nicht ständig die Grundlagen hinterfragen kann. Denn - etwas übertrieben formuliert - reduziert sich die Autonomie auf die Tatsachen der räumliche Trennung und der algorhithmischen Komplexität individueller Gehirne. Dazu kommt noch etwas bedarfsgerechte psychosoziale Deutung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Entscheidend für die aktuelle Geltung ist allein, wie stark die Moral (egal woher sie kommt) die Präferenzen der Handelnden determiniert. Einen absoluten Geltungsanspruch kann Moral sowieso nicht erheben.
Moralische Forderungen sollte begründet werden können. Begründungen sollten plausibel sein, verstanden werden können, dann sind sie eventuell zustimmungsfähig.

Mein Satz oben bleibt trotzdem gültig. Um die Präferenzen eines ethisch Hinterfragenden zu prägen, sind halt Begründungen u.U. geeigneter als Befehle oder Traditionen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
wer diskutiert, wer Wertungen vornimmt und Forderungen an andere stellt, der geht unweigerlich davon aus, dass er selber und der andere autonome Agenten sind, die durch Argumente überzeugt werden können und den Forderungen / Ergebnissen gemäß handeln können, also dass man letztlich durch eigene Überlegungen und Entscheidungen die Zukunft so oder so gestalten kann.

Genaugenommen geht man nicht davon aus, daß der Andere diese Freiheit hat, sondern eher daß er das Erwünschte tut, daß er also funktioniert. Man könnte auch sagen, daß sein Bewertungsalgorhithmus und dessen Manipulation erwartungsgemäß funktioniert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... man kann nicht "einfach so" Verantwortung zuweisen. Jedenfalls im landläufigen Sinne kann nur jemand Verantwortung für etwas haben, auf dass er auch Einfluss hat, für etwas, das er kontrollieren und bestimmen kann.
Deshalb sollte man auch Veratwortung nur dort zuweisen, wo man mit entsprechender Kontrollfähigkeit rechnen kann.
Ja, eben. Wo ist jetzt aber noch der Unterschied zum landläufigen Verantwortungsbegriff?

- Daß die Zuweisung von Verantwortung auf der Erwartung konformen Handelns beruht und kein apriori-Eigenschaft des Handelnden ist
- Daß die "Enttäuschung" zugewiesener Verantwortung nicht in Schuld, sondern in falscher Einschätzung durch den Zuweisenden besteht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In diesem Sinne wäre es unfair, wenn man jemanden zur Rechenschaft ziehen würde für etwas, das außerhalb seiner Möglichkeiten lag.
Diesen Satz kann ich natürlich unterschrieben. Ich würde sogar noch weiter gehen:
- Es ist unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das [EDIT: innerhalb] seiner Präferenzen lag.
- Es ist letztlich unfair, wenn man jemanden bestraft für etwas, das er tat.
"Außerhalb seiner Präferenzen" - hast Du mal ein Beispiel?

Oops, ich habe natürlich "innerhalb seiner Präferenzen" gemeint. Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden. - Jetzt werden sicher alle über den bösen step herfallen, aber sei's drum.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zum Zweiten: warum?

Weil die Handlungssteuerung determiniert ist. Man kann also nicht wollen, was man will.




.

Das hat m.E. einen recht starken Bezug zu den Konsequenzen aus Benjamin Libets Experiment. Seine Ergebnisse, die in Bezug auf das bewußte Ich eine "Veto-Entscheidung" gegenüber unbewußt initiierten Prozessen zulassen, bestätigen scheinbar die "Verbots-Technik" der jüdischen Religion (Du sollst nicht töten, Du sollst nicht.....) im Gegensatz zur christlichen Religion, die bereits das verurteilt, was letztendlich unbewußt schon geschehen ist (es verbietet bereits die Lust, etwas zu tun, was nach den zehn "Geboten" verboten ist und verurteilt bereits Gedanken an die Sünde). Vom Standpunkt eines Selbst, das Selbst 1 (bewußtes Ich) und Selbst 2 (Unbewußtes) miteinschließt, sieht das Bild wiederum ganz anders aus.

Libets Veto-Theorie führt zu sehr interessanten Konsequenzen bezüglich christlicher und jüdischer Ethik.

()

#1452:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 20:28
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Schon wieder „entweder/ oder“, versuch doch bitte graduell zu denken.

Vom graduellen Denken habe ich keine Ahnung; ich höre von dieser Art zu denken heute zum ersten Mal.

Gruß von Leila*



PataPata hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ein Bekannter von mir hatte mal eine kleine Hündin (Terrier), ne richtige "Wadenbeißerin". Ihre Taktik bestand darin, andere Hunde (auch Menschen) zu beißen und sich bei entsprechender Reaktion unterwürfig (Duckstellung) und "unschuldig" zu zeigen, um ihrer "Strafe" zu entgehen. Sie war (eine Zeitlang) sehr erfolgreich damit.....
Nette Story - ich habe auch einen kleinen Hund, der die Tendenz hat Hosenbeine zu schnappen, aber zum Glück nicht richtig zu zu beissen. Der ist aber eher stolz darauf anstatt sich unterwürfig zu zeigen.

Nur, was willst Du mit dieser Geschichte im aktuellen Zusammenhang?

Edit:



.

Vielleicht, daß man eine solche Taktik auch in Diskussionen anwenden kann, hihihi.

()

#1453:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 20:48
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Frage: wäre Deiner Ansicht nach jemand frei, der Entscheidungen träfe, die von nichts abhingen, die also einfach so, willkürlich und auch für ihn unvorsehbar einträten?

Zumindest habe ich das mal als Anwesenheit von freier Entscheidung betrachtet.
Das hatte ich auch im Gesprächsverlauf bereits mit Step erörtert.
-> maximale "Verrücktheit" als maximale Entscheidungsfreiheit also.

Für mich würde es aber maximale Unfreiheit bedeuten, wenn mir dauernd willkürlich etwas widerfahren würde, über das ich nicht die geringste Kontrolle hätte, das ich noch nicht einmal im Vorneherein wüsste und abschätzen könnte.

so sehe ich das auch

Ja, aber das ist doch ein eklatanter Widerspruch zu Deiner sonstigen Argumentation hier: Du würdest etwas nicht frei nennen wollen, weil es determiniert ist und stimmst mir aber gleichzeitig dabei zu, dass etwas, das maximal undeterminiert ist, maximal unfrei sei? Da hakt es dann etwas. Daraus kann man folgern, dass Determinismus und Freiheit keine Gegensätze sind, oder etwa nicht?



Im Grunde kommt da die auch von Agnostiker auch erwähnte "sowohl als auch" Geschichte ins Spiel Smilie
Ein Herauslösen des Bewußtseins aus jeglicher Determination, würde bedeuten es auszulöschen.
Genau an dem Punkt wo maximale Freiheit möglich wäre, wäre sie unmöglich Mr. Green
"Opitmale" Freiheit würde ich dementsprechend ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
aktiver Beeinflussung der determinierten Interaktion und passiver Duldung selbiger nennen
-> ebenfalls sowohl als auch - nur auf anderem Level = genauso frei/unfrei wie der Nullpunkt
aber als Leben erheblich angenehmer empfunden als jener Punkt -> Tod genannt wird zwinkern
Dazwischen wäre noch tendenziös aktivere Determination als unfreier im Sinne von Verantwortungssteigerung zu nennen
und eben die als unfrei bekannte tendenziös passivere Unterlegenheit den Einflüssen der
Determination gegenüber.
Beide Unfreiheiten sind m.E. in der menschlichen Gesellschaft völlig extrem übersteigert,
während die Zahl der ausgewogen freien Menschen sicherlich verschwindend zu nennen wäre.
(daran ändert auch nichts das der aktiv beeinflussende Mensch in dieser Gesellschaft
unter (auch Selbst-)ignoranz der Verantwortungslast als nicht unfrei angesehen wird.
Ein (determinations-)freier Wille ist m.E. aber für all das nicht erforderlich und m.E. auch
theoretisch nicht möglich.
Ich denke hier fürht die Diskussion immer wieder zu Mißverständissen, weil das was
ich z.B. als eigener Wille - oder Wille überhaupt bezeichne allgemein mit freiem
Wille assoziert wird.
Der Wille sich aus Passivität oder auch aus übersteigerter Aktivität zu befreien ist schon erforderlich,
um persönliche oder auch kollektive Lebensituationen zu verändern. Dazu muß der Wille aber
nicht frei sein - vielmehr ist der Befreiungswille bereits in überzogener Passivität ebenso determiniert
angelegt wie in überzogener Aktivität und wiederum determinierte Rahmenbedingungen
unterdrücken/aktivieren ihn mal mehr mal minder.
Konkreter -> wer sich einer zu extremen (unerträglichen) Passivität ausgesetzt sieht,
wird deshalb den Willen aktivieren sich daraus zu befreien, welcher
über kurz oder lang (je nach Maß der Unerträglichkeit) zur aktiven Handlung und damit aktiver(/er)
Beeinflussung der Determination führt.
Das Phänomen Resignation steht dazu nicht im Wiederspruch sondern ist Bestandteil der determiniert wahrgenommenen Erträglichkeit - ein vorauseilender Rückzug aus der Aktivität
= Flucht in Passivität, welche entweder ein "Anlauf nehmen" zu teils spontaner Aktivität
zur Befreiung sein kann = extreme Willenskraft - oder aber auf den Nullpunkt zusteuert -> Freiheit durch Tod/Suizid. = völlige Willenlosigkeit.
Das alles funktioniert aber ohne weiteres ohne das freier Wille nötig ist - je nach Determination,
reagieren die einen so und die anderen so - wobei keineswegs festgelegt sein muß, wer wie reagiert,
heißt -> bei entsprechender Veränderung der determinierten Rahmenbedingungen kann auch
das eben noch resignative auch noch kurz vor dem Nullpunkt das Fünkchen willen aufbringen
wieder aktiv zu werden. Die entsprechende Rahmendetermination nennt man dann -> Hoffnungsschimmer Smilie
Wo determiniert keine Hoffnung auf Besserung durch Aktivität besteht hingegen wird Passivität zum "ausruhen" genutzt.


Zitat:

Warum also muss ein freier Wille frei von Determinanten sein und wie kann man gleichzeitig sagen, dass ein solcher Wille, so er völlig zufällig, d.h. willkürlich und unvorhersehbar ist, unfrei sei? Das ist ein Widerspruch in sich. Zumindest fehlt eine weitere Begründung.


wegen dieses Wiederspruches GIBT es freien Willen nicht Mr. Green

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist mir überhaupt nicht klar, wie man das als Freiheit eines Subjektes ansehen kann.

Weil es frei von Determination wäre - wenns das nichtdeterminiert gäbe.

Ja, nun, aber frei von Determination bedeutet doch unfrei, darin sind wir uns doch einig?


ja klar Smilie absolut frei=absolut unfrei. Deswegen schließt sich absolute Freiheit von selbst aus.
Es sei denn man wollte individuell im Tod die absolute Freiheit sehen - was es ja geben soll.
Was nützt mir aber Freiheit die ich nicht wahr nehmen kann? Und wenn ich sie - entsprechend
reloigöser Erwägungen - trotzdem wahrnehmen könnte, müßte ich körperloses Bewußtsein sein
und wäre dementsprechend wiederrum einer wie auch immer gearteten Determination unterworfen Smilie

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich unterscheide zwischen Willensfreiheit (oder, synonym: Entscheidungsfreiheit) - wenn jemand Kontrolle über seine Entscheidungen hat, man ihm diese Entscheidungen zuordnen kann, wenn er also für seine Entscheidungen verantwortlich gemacht werden kann und Handlungsfreiheit - wenn er seine Entscheidungen / seinen Willen in die Tat umsetzen kann.

ja - das ist allgemein der Freiheitsbegriff, welchen ich auch teile weil er mir das maximale
subjektive Empfinden von Freiheit beschert.
Aber allein Dein -> wenn - knüpft auch diese Freiheit an Bedigungen und von
daher ist sie nicht - nichtdeterminiert zu nennen.

Ja, natürlich nicht. Niemand kann sich seine Umstände, Präferenzen usw. komplett selber aussuchen, das geht sogar prinzipiell nicht, weil man nämlich für eine Wahl schon eine Grundlage benötigt, um überhaupt etwas bewerten zu können.


eben und wenn Du das jetzt bis ins allerextremste Detail auflöst reduziert sich dabei auch jede Grundlage
für einen freien Willen auf null.

Genau diese Hochauflösung ist m.E. auch das Hauptverständisproblem/Mißverständnisquelle
bei solchen Unterhaltungen. Im Grunde ist sie überhaupt nicht nötig und für den Alltagsgebrauch
alles andere als nützlich. Ich bin mir z.B. realtiv sicher das alle die hier mitdiskutieren im groben
und ganzen einer Meinung sind und lediglich wegen des Auflösungsgrades der Betrachtung konträr.

Selbst wenn freier Wille im sinne wie z.b. Step und m.E. auch ich ihn verstehen nicht gibt,
befreit das trotzdem nicht von determinierten Verantwortlichkeiten für individuelle Entscheidungen.
Die Verantwortung ist ja determinierte Konsequenz aus diesen und beeinflusst dementsprechend
auch jede noch so frei empfundene Entscheidung.
Wie schon im vorherigen Post gesagt ist die Abwesenheit von freiem Willen keineswegs ein Grund
sich vom Freiheitbegriff insgesamt zu verabschieden. Im Gegenteil macht ja die zwangsläufige
Rahmendetermination vor allem auch Hoffnung auf Befreiungmöglichkeit selbst noch so Resignativer.
Zumindest kollektiv führt solches Verhalten zwangsläufig zum Umschlag in Aktivität.
Ein Volk oder auch die Menscheit stirbt nicht einfach so an passiver Resignation weg nur weil
man während der Resignationsphase meint nicht aktiv werden zu können. Vielmehr bringt
und jede Vergrößerung der Passivität dem Punkt der Umkehr in Aktivität näher.
(Skeptiker muß sich also keine Sorgen machen das seine Revolution aus Mangel an freiem Willen
abgesagt wird - im Gegenteil nur bei Vorhandensein von freiem Willen bestünde überhaupt die
Möglichkeit das sie ausbleibt Smilie )
Die ebenfalls determinierte Frage dabei ist lediglich ob sie dann in Ausgewogenheit Passivität/Aktivität = optimale Freiheit = maximales Freiheitsempfinden mündet
oder ob sie wiedermal nur eine Umkehr der Extreme sein wird. Immer wenn es Unterlegene
(erzwungene tendenzös Passiviere) ist der Zünder für die nächste Umkehr bereits gelegt.
Die Revolution also die ihren Gegner vernichten/unterdrücken will gebirt also zwangsläufig
den Keim der Konterrevolutuion.
Individuell ist das im Grunde nichts anderes - wirkt sich eben nur anderes aus.
Ein Amokläufer wird nicht aus freiem Willen aktiv - unterliegt aber trotzdem der damit
verbundene Verantwortlichkeit. Er zieht es determiniert lediglich vor die Verantwortung
in Kauf zu nehmen = seine kurze Aktivität ist ihm determiniert mehr wert als weitere resignative
Passivität und die Konsequenz aus der Aktivität ist nicht ausreichend wertmindernd um die
Entscheidung zu treffen es nicht zu tun. Wobei da natürlich - wie bei jeder individuellen Entscheidung
jede Menge Subjektivität im Spiel ist und von objektiver Abwägung gerade da nicht die Rede sein kann.
Aber auch das hohe Anteil an Subjektivität entsteht determiniert aus der resignativen Insichgekehrtheit.

Zitat:

Aber Du hast immer noch kein Argument gebracht, warum Determination ein Gegensatz zur Freiheit ist. Im Gegenteil sogar, da Du mir ja bei der Bewertung der maximalen Unfreiheit zugestimmt hast.


naja - sofern Du Dich durch meine zugegeben ziemlich komplexen Erläuterungsversuche gequält hat,
verstehst Du jetzt vielleicht besser welcher Meinung ich diesbezüglich bin.
Determination steht m.e. nicht im geringsten im Gegensatz zur Freiheit - ebenso wie sie
Unfreiheit ermöglicht, kann auch nur sie Freiheit ermöglichen.
ich setze den normal üblichen, alltagsgebräuchlichen und auch alltagstauglichen Begriff -> Freiheit
lediglich nicht mit -> freiem Willen gleich und halte letzteren wie erläutert auch nicht für erforderlich
um innerhalb der Determination opitimal=maximal möglich FREI zu sein/werden.
M.E. würde es z.B. schonmal n gutes Stück erhöhte Entscheidungsfreiheit mit sich bringen,
wenn die Leutz in der Lage wären sich das Hohe maß an "gefühlter"/geistiger Determination
aus den Köpfen zu schlagen, welche sich kollektiv verselbstständig und zu immer realitätsferneren
Realitätsmodellen führt. Wozu sollte man eigentlich überhaupt über freien Willen reden,
solange die mögliche Entscheidungsfreiheit derart selbstbeschränkend weit unter das diesbezüglich
mögliche reduziert wird, weil Entscheidungen nach erdachten und gefühlten Parametern aber nicht
nach realen Faktoren getroffen werden?
(ja ich weiß - Tarvoc - auch Geistiges ist determinierte Realität. Ich find nur grad keine Möglichkeit
mich diesbezüglich korrekt konkreter Auszudrücken)


Zitat:


AXO hat folgendes geschrieben:
Wenn ich ausreichend frei bin um mich frei zu fühlen kann mir doch schnuppe sein,
das es schlußendliche Freiheit im allerletzten Detail nicht gibt - oder?
Ich schränke sogar bereits die mir mögliche Freiheit selbst aktiv ein um meinem
Leben ein gewisses Maß an Stablität zu geben und mich nicht ständig wegen jedem
Firlefanz entscheiden zu müssen.
Freier Wille ist aber auch da nicht im Spiel weil ich es UM und WEGEN mache Smilie

Freier Wille ist meiner Auffassung nach genau dann im Spiel, wenn Du Dich für ein Subjekt hältst, das eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann - denn exakt das ist meiner Meinung nach die Frage, um die es hier geht.


jepp - das ist der handelsübliche Freiheitsbegriff weil er mit entsprechenden Freiheitsempfinden
einhergeht und wie schon erwähnt halte ich es für absolut alltagstauglich das selbst dann -> Freiheit
zu nennen, wenn bei Spaltung sämtlicher Haare kein Eckchen Platz für freien Willen mehr bleibt Smilie

Zitat:

Wenn Du nicht glaubst, dass Du durch die Vergangenheit und diejenigen Umstände, die Du nicht beeinflussen / ändern kannst (Gene, Erziehung, Erlebnisse etc.), sozusagen ferngesteuert bist.


Step hats doch nun auch schon x mal gesagt - mit Fernsteuerung hat das nicht wirklich viel zu tun.
Zumindest nicht in dem Sinne wie Du das vielleicht verstehst bzw. grad dargestellt hast.
Die Determination ist doch erheblich komplexer als nur Deine eigene Vergangenheit betreffend.
Du entscheidest doch nicht ausschließlich auf Basis Deiner Erfahrungen sondern ebenso wegen
gegenwärtiger Parameter. (wobei da m.E. sehr viele Menschen sich bereits einschränken und
anhand vergangener Interaktionsmodelle aus Erfahrung entscheiden wärend die jeweils gegenwärtige Interaktion bereits andere Parameter gesetzt hat)
Ein hochkomplexes Interaktionsnetz eben das m.E. auf freier Willensbasis überhaupt nicht funktionieren könnte.
Stell Dir vor Du willst morgen auf Arbeit und Dein Chef hat über Nacht frei entschieden den
Laden zu zu machen. Dann gehst Du aufs Arbeitsamt und in dem Moment entscheidet die
Regierung frei das alle Sozialleistungen eingestellt werden. Für Dein letztes Geld kaufst Du
Dir beim Bäcker ein Brötchen, welches der in freier Entscheidung zwar noch gebacken hat,
aber ebenso frei hat er entschieden in jedes Brötchen 10 Kieselsteine reinzubacken.
Und wenn Du ihn auf die dann nötigen Zahnkronen verklagen willst, entscheidet der Richter
frei das Du 10 Jahre Gefängnis kriegst und dem Bäcker 100 000€ Schadensersatz zahlen mußt Schulterzucken
Wöre mir irgendwie ZU frei find ich weil jede wirklich freie Entscheidung ohne <s>Rück-</s>
Voraussicht auf die Konsequenzen getroffen werden müßte. Wer frei unter Berücksichtigung
der Konsequenzen entscheidet - entscheidet nunmal nicht frei sondern eingeschränkt Smilie



Zitat:

Es kann keine absolute, 100%ige, endgültige Freiheit geben, denn das würde Folgendes bedeuten: sich selber von allen Umständen frei zu machen, sich selber "from scratch" erschaffen zu können. Aber das ist, wie gesagt, meiner Meinung nach prinzipiell unmöglich.


eben - wobei es m.E. zwar in weit höherem Maße möglich ist als gemeinhin angenommen,
aber auch dazu kommt der Impuls es konsequent zu tun nicht ohne Determination.

Zitat:

Es ist sogar meiner Meinung nach für ein hypothetisches allmächtiges Wesen (aka "Gott") unmöglich, denn auch dieses Wesen benötigt eine Grundlage, auf der es seine Entscheidungen treffen kann.


eben

Zitat:

Man muss sich einfach mal von der binären Sichtweise (entweder bin ich völlig frei oder ich kann überhaupt nicht frei in meinen Entscheidungen sein) lösen. Dann ergibt sich alles weitere wie von selbst.


Es besteht ja wie gesagt keine Notwendigkeit die Sache so zu überspitzen das man bis zum
entweder oder vordringt. Wenn man aber den Teufel im Detail sucht, muß man sich nicht wundern
ihn dort auch zu finden Smilie keine völlige Freiheit=keine Freiheit.
Was widerrum nicht bedeutet das es keinen determinierten Zustand gäbe den man frei (im Sinne von
maximal möglich=optimal frei) nennen könnte weil man sich in dieser Situation frei -> fühlt.
Wie oben zu erläutern versucht ist das aber keineswegs der Zustand der maximalen aktiven
Einflußnahme auf die Determination welche gemeinhin mit frei assoziert wird. Optimale Ausgewogenheit
zwischen Aktivität und Passivität ist auf vielen sehr unterschiedlichen Ebenen der Gesellschaft möglich
- > auch der Landstreicher ist frei - vermutlich freier als die meißten von uns und in jedem Falle freier
als ein Konzernchef.
trotzdem ist m.E. wiederrum eine gesellschaft unfrei zu nennen, welche diese Ausgewogenheit
nur die wenigsten Individuen möglich machen lässt und das zumeist nur an ihren äußersten Rändern
und Spitzen, wärend die uneingeschränkte Mehrzahl entweder Passivität is zur Unzumutbarkeit erdulden
muß oder aber mit Aktivität bis weit in die Verantwortungslosigkeit hinein völlig überfordert.

aber auch das hat determinierte Gründe und auch das wird sich determiniert ändern, wenn
sich durch die Determination die entsprechenden Präferenzen setzen und gesetzt werden.
Ich finde das ganze auch mitnichten deprimierend oder resignativ sondern betrachte die
Determination eher als interaktiven "Film" dessen Zeuge ich ebenso bin wie Mitspieler
und finde das Ganze unglaublich spannend. Eben als interaktiver Mitspieler würde ich
viel zuviel Respekt vor dem Film und vor dem Engagement der anderen Mitakteure haben
um einen freien Willen überhaupt frei zu benutzen - selbst wenns ihn gäbe.
Jede meiner Entscheidungen hat Auswirkungen für mich und für andere und wenn man
nicht auch das mit relativer Oberflächlichkeit betrachtet - dürfte man eigentlich überhaupt
nix mehr entscheiden Mr. Green

Zitat:

Letztlich liegen wir vielleicht gar nicht so weit auseinander in unseren Auffassungen.


Da bin ich komplett Deiner Meinung - ich gehe sogar davon aus das wir im Grunde alle
dasselbe meinen - aber weil wir aus determiniert sehr verschiedenen Perspektiven an die Sache
herangehen meinen wir das wir jeweils was relativ anderes meinen als die anderen Mr. Green
Wenn wir jez noch zu nem gemeinsamem Konsens kommen könnten, wäre dies die erste
konstruktive und interaktiv Bereichernde Unterhaltung die ich im FGH erlebt hätte. Mr. Green

Zitat:

Nur nenne ich das, was Du "aktive Beeinflussung der Determinanten" nennst, "freier Wille" und außerdem halte ich das, was Du anscheinend unter "freiem Willen" verstehst, für in sich inkonsistent und widersprüchlich. Oder anders gesagt: warum sollten wir uns überhaupt über einen freien Willen unterhalten, wenn wir den als sowieso nicht wünschenswert ansehen? Welche Folgerungen sollten sich aus der Feststellung ergeben, dass es eine solche Art von freiem Willen nicht gibt und (meine Meinung) auch nicht geben kann?


eben - im Grunde ist es völlig egal obs ihn gibt oder nicht.
Problematisch ist dabei nur das wir jeweils von unterschiedlichen Präferenzen ausgehen
weil wir wahlweise Freiheit mit der Notwendigkeit der Existens eines freien Willens unterstrichen
haben wollen, oder eben nicht.


Zuletzt bearbeitet von AXO am 14.07.2009, 21:32, insgesamt 2-mal bearbeitet

#1454:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 21:23
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Bei all dem sollte vor allem Agnostiker nicht außer acht lassen das diese beschriebenen
empfundenen Freiheiten und Unfreiheiten nichts weiter als die gesellschaftliche
Determination betreffen und das selbst der komplett ausgestiegene asketische Erimit
nichts desto trotz nur einem winzigen Komplex innerhalb der Determination entronnen,
aber deshalb keinesweges frei von Determination ist - von seinen kompletten gesellschafltichen
Lebenserfahrungspaket, welches jegliche Art von Entscheidung beeinflusst nicht zu reden.

(Ich heisse jetzt PataPata - reagiere aber immer noch auf "Agnostiker")
Ich widerspreche ja nicht, dass wir zu einem gewissen Grade deterimiert sind, ich behaupte nur, dass wir auch einen bedingt freien Willen haben. Solche Diskussionen ufern immer wieder in ein "entweder / oder" aus, anstatt zu akzeptieren dass es immer wieder ein "sowohl / als auch" gibt. Leila sollte das eigentlich als von östlicher Philosophie geprägter Mensch automatisch so sehen.


Da bin ich vermutlich östlicher eingestellt als Du und Leila zusammen - allerdings setzt "sowohl als auch denken",
voraus das man die Gelassenheit aufbringt die Detailauflösung der Betrachtung auf einem
alltagstauglichen Level zu halten. Versucht man hingegen jede Sache auf den Punkt zu bringen/auf die Spitze zu treiben,
läufts ganz im letzten Detail immer auf (m.E. alltagsuntaugliches) entweder oder hinaus.
Genau wie AgentProvocateur kannst Du im Grunde Deinen Freiheitsbegriff vertreten - er deckt sich
sogar weitestgehend mit meinem und bestimmt auch steps,
nur ist dafür die Existenz eines freien Willens nicht nötig und das trifft wunderbar damit zusammen,
das er außerdem nicht möglich ist.

was spricht also dagegen Freiheit-Freiheit zu nennen (und jeder weis was damit gemeint ist)
und Willen, Willen zu nennen,
die Verknüpfung von frei und Willen aber zu unterlassen, weil sie in der alltagstauglichen sowohl als auch Ebene eh keine Relevanz hat
und in der hochauflösenden entweder oder Ebene nicht haltbar ist?


Zitat:
Mich erstaunt immer wieder die Vehemenz mit der Leila hier argumentiert. Steckt da wohl irgend ein psychologisches Moment dahinter ?


klingt schon bissi wie fatalistische Resignation aber bei entsprechend determinierter Lebenserfahrung
finde ich daran nichts kritikwürdiges. Auch das gibt es zweifellos und auch das ist m.E. eine die
Diskussion bereichernde weil das Bild vervollständigende Meinung.
Wenn wir alle einer Meinung wären bräuchten/müßten wir nicht diskutieren sondern hätten
zumindest beispielhaft - das Level kollektiver Handlungsfähigkeit erreicht. Mr. Green

Zitat:

Durchforsche doch einmal Dein Unterbewusstsein, Leila, vielleicht findest Du die Ursache Deiner Aversion gegen den freien Willen...


Warum willst Du die Menschen anders haben als sie sind? Ist das Dein Begriff von Freiheit?
Erst wenn alle Deiner Meinung sind sind sie "richtig"?
Ebenso wie es keine kompromisslose Freiheit gibt, gibt es ohne Kompromisse keine kollektive Freiheit.
Ohne Konsensfähigkeit wird Freiheit immer ne individuelle Sache bleiben, die sich der eine oder
andere determiniert ermöglichen kann, während die Mehrheit in Unfreiheit bleibt - egal wie frei
ihr Wilen das zu ändern auch wäre - sofern es ihn gäbe.
l
Zitat:
Und wo bleibt da die Synchronizität ? Aber der ist ja in einem anderen (vorläufig versandeten) Thema behandelt...


Eben und an Meiner Meinung dazu hat sich auch seidher nix geändert
-> http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1103742#1103742
Strukturen in der "Matrix" der Kausalität - oberflächlich wahrgenommen wie unabhängig
erscheinend - nichts desto trotz aber determiniert vernetzt
und ebenso nichts desto trotz für den der damit umgehen kann ein durchaus
nützliches Instrument hochkomplexe Situationen und zusammenhänge "auf einen Blick"
zu erfassen anstatt sie umständlich bis unmöglich detailiert durchrechenen zu müssen/können.
Das funktioniert aber nur aufgrund der Kausalität und nur auf Basis derer existieren sie überhaupt.

#1455:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:06
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wer die Zukunft beeinflussen kann, ist frei.

Nach dieser Definition wären auch leblose Dinge frei.

#1456:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:10
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Genau an dem Punkt wo maximale Freiheit möglich wäre, wäre sie unmöglich Mr. Green
"Opitmale" Freiheit würde ich dementsprechend ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
aktiver Beeinflussung der determinierten Interaktion und passiver Duldung selbiger nennen

In der Sicht eines harten Deterministen kann es aber keine aktive Beeinflussung der Determination geben. In dessen Sicht stößt Dir alles gleichermaßen nur zu und zwar alles gleichermaßen passiv.

AXO hat folgendes geschrieben:
Ich denke hier fürht die Diskussion immer wieder zu Mißverständissen, weil das was
ich z.B. als eigener Wille - oder Wille überhaupt bezeichne allgemein mit freiem
Wille assoziert wird.

Mir geht es um die grundlegende Frage dabei, nämlich: ist ein Mensch ein Getriebener seiner Umstände oder hat er eine Einflussmöglichkeit auf seine Zukunft, kann er aufgrund seiner Überlegungen und Entscheidungen diese aktiv beeinflussen? Kann man ihn also für seine Entscheidungen und Handlungen verantwortlich machen oder nicht? Das ist die Frage, die in der Philosophie unter dem Label "Willensfreiheit" behandelt wird, daher ist es mE sinnvoll, dieses Label beizubehalten.

Nur den Willen an sich zu betrachten, reicht dabei mAn nicht aus, denn man kann sich einige Situationen vorstellen, in denen es zwar einen eigenen Willen gibt, den (ich zumindest) als weniger frei ansehen würde als einen anderen. Nehmen wir z.B. einfach mal an, in einem Land würde ein verrückter Diktator seine Untertanen von Geburt an mit ausgiebiger Gehirnwäsche behandeln, so dass diese Untertanen gar nicht fähig wären, zu reflektieren, Alternativen zuerkennen. Sie wären mE dann unfreier in ihren Entscheidungen. Obgleich die Lobpreisung des Diktators letztlich ihr eigener Wille wäre.

AXO hat folgendes geschrieben:
Ich bin mir z.B. realtiv sicher das alle die hier mitdiskutieren im groben
und ganzen einer Meinung sind und lediglich wegen des Auflösungsgrades der Betrachtung konträr.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass dem nicht so ist.

AXO hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn freier Wille im sinne wie z.b. Step und m.E. auch ich ihn verstehen nicht gibt,
befreit das trotzdem nicht von determinierten Verantwortlichkeiten für individuelle Entscheidungen.
Die Verantwortung ist ja determinierte Konsequenz aus diesen und beeinflusst dementsprechend
auch jede noch so frei empfundene Entscheidung.

Naja, Du solltest vorsichtig dabei sein, step hier zu sehr zu vereinnahmen.

AXO hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Freier Wille ist meiner Auffassung nach genau dann im Spiel, wenn Du Dich für ein Subjekt hältst, das eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann - denn exakt das ist meiner Meinung nach die Frage, um die es hier geht.

jepp - das ist der handelsübliche Freiheitsbegriff weil er mit entsprechenden Freiheitsempfinden
einhergeht und wie schon erwähnt halte ich es für absolut alltagstauglich das selbst dann -> Freiheit
zu nennen, wenn bei Spaltung sämtlicher Haare kein Eckchen Platz für freien Willen mehr bleibt Smilie

Okay. Da ich jetzt weiß, was Du unter freiem Willen verstehst. Den kann es nicht geben. Leider geht das mE etwas an der philosophischen Frage vorbei. Aber macht ja nix.

AXO hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Letztlich liegen wir vielleicht gar nicht so weit auseinander in unseren Auffassungen.

Da bin ich komplett Deiner Meinung - ich gehe sogar davon aus das wir im Grunde alle
dasselbe meinen - aber weil wir aus determiniert sehr verschiedenen Perspektiven an die Sache
herangehen meinen wir das wir jeweils was relativ anderes meinen als die anderen Mr. Green
Wenn wir jez noch zu nem gemeinsamem Konsens kommen könnten, wäre dies die erste
konstruktive und interaktiv Bereichernde Unterhaltung die ich im FGH erlebt hätte.

Ach, nein, einen Konsens wird es sicher nicht geben können. Mit Dir habe ich übrigens keinen großen Dissens.

Aber eine Unterhaltung kann durchaus auch ohne einen Konsens konstruktiv sein, in dem Sinne, dass man etwas dazu gelernt hat, dass einige Dinge klarer geworden sind.

AXO hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Nur nenne ich das, was Du "aktive Beeinflussung der Determinanten" nennst, "freier Wille" und außerdem halte ich das, was Du anscheinend unter "freiem Willen" verstehst, für in sich inkonsistent und widersprüchlich. Oder anders gesagt: warum sollten wir uns überhaupt über einen freien Willen unterhalten, wenn wir den als sowieso nicht wünschenswert ansehen? Welche Folgerungen sollten sich aus der Feststellung ergeben, dass es eine solche Art von freiem Willen nicht gibt und (meine Meinung) auch nicht geben kann?

eben - im Grunde ist es völlig egal obs ihn gibt oder nicht.

Eine abschließende Frage habe ich noch an Dich: glaubst Du, dass die meisten Leute an einen freien Willen in Deinem Sinne glauben?

#1457:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:12
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wer die Zukunft beeinflussen kann, ist frei.

Nach dieser Definition wären auch leblose Dinge frei.

Du hast gesnippt. Aber ganz schön happig. Lachen

Wenn ein Ding glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können und für diesen Glauben auch plausible Gründe hat, dann ist es ebenfalls frei, ja, na klar.

#1458:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:16
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wer die Zukunft beeinflussen kann, ist frei.

Nach dieser Definition wären auch leblose Dinge frei.


Inwiefern beeinflussen denn leblose Dinge die Zukunft?
Wenn z.b. die Existenz von Computern die Zukunft beeinlusst,
dann sind die Beeinflusser doch die Menschen, welche Computer erdacht, konstruiert, gebaut und verbreitet haben,
im Grunde sogar alle Nutzer die sie kaufen und benutzen, weil die dafür gesorgt haben das PCs sich
verbreiten und etablieren.

jeder von uns beeinflusst ständig - aktiv wie passiv die Zukunft was nichts darüber aussagt in wessen
Sinne wir sie beeinflussen.
Selbst derjenige der in einer Position ist Zukunft aktiv in seinem Sinn zu beeinflussen,
halst sich damit jede Menge Verantwortung für die Zukunft vieler Menschen auf.
Das frei nennen kann man eigentlich nur mittels Ignoranz dieser Verantwortung Schulterzucken

#1459:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:16
    —
Die Erörterungen über den freien Willen sind alt. In mehreren Internetforen beteiligte ich mich an den Gesprächen über ihn.

Lesens-, weil bemerkenswert, fand ich Martin Luthers an „den ehrwürdigen Herrn Erasmus von Rotterdam“ gerichtete Schrift
„Vom unfreien Willen“.

Gruß von Leila*

Doppeltes Wort gelöscht

#1460:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:31
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wer die Zukunft beeinflussen kann, ist frei.

Nach dieser Definition wären auch leblose Dinge frei.

Inwiefern beeinflussen denn leblose Dinge die Zukunft?

Naja, jedes Ding beeinflusst irgendwie die Zukunft, in dem Sinne, dass, wenn das Ding fehlen würde, die Zukunft anders wäre. So meint er das wohl. Aber er hat ja, wie gesagt, den Kontext einfach gesnippt. Was böse ist.

AXO hat folgendes geschrieben:
Selbst derjenige der in einer Position ist Zukunft aktiv in seinem Sinn zu beeinflussen,
halst sich damit jede Menge Verantwortung für die Zukunft vieler Menschen auf.
Das frei nennen kann man eigentlich nur mittels Ignoranz dieser Verantwortung Schulterzucken

Kommt halt auf den Begriff an, den man von "Freiheit" hat. Frei nenne ich jemanden, der sich aufgrund seiner eigenen Überlegungen für oder gegen die Verantwortung entscheiden kann.

Jemand, der die Verantwortung als gegeben und als unausweichlich ansieht, keine Alternative dazu sehen kann, wäre in dieser Beziehung dann unfrei.

Aber, naja, mein Freiheitsbegriff mag ja unplausibel sein, zugegeben. Leider habe ich noch nicht so viele Alternativen dazu kennen gelernt. Jedenfalls erscheint mir wiederum ein Freiheitsbegriff, der zwingend Indeterminismus verlangt, erst mal unplausibel. Warum sollte ich freier sein können, wenn meine Entscheidungen durch Zufallselemente gestört würden? Das ist ja erst mal überhaupt nicht evident, ganz im Gegenteil sogar.

#1461:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:38
    —
Spitäler, Schulhäuser, Kasernen, Gefängnisse, Wohnsilos und Slums könnte man Stätten des unfreien Willens nennen. Die Kunden der Bordelle nennt man „Freier“, obschon sie Getriebene sind.

#1462:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 22:57
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn ein Ding glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können und für diesen Glauben auch plausible Gründe hat, dann ist es ebenfalls frei, ja, na klar.

Wenn ein Ding glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können, dann glaubt es, frei zu sein. Cool
Im übrigen scheint mir diese Definition immer noch nicht so recht passend, da sie auch in
Situationen zutrifft, in denen man eher nicht von Freiheit reden würde - wenn mich z.B. ein
Räuber mit einem Messer bedroht und die Herausgabe meiner Barschaft verlangt, dann kann
ich natürlich die Zukunft (hoffentlich) dahingehend beeinflussen, daß ich keinen Schaden an
Leib und Leben erleide; aber frei wäre meine Entscheidung wohl eher nicht.

#1463:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.07.2009, 23:11
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn ein Ding glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können und für diesen Glauben auch plausible Gründe hat, dann ist es ebenfalls frei, ja, na klar.

Wenn ein Ding glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können, dann glaubt es, frei zu sein. Cool

Du hast schon wieder gesnippt ("plausible Gründe"). Cool

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Im übrigen scheint mir diese Definition immer noch nicht so recht passend, da sie auch in
Situationen zutrifft, in denen man eher nicht von Freiheit reden würde - wenn mich z.B. ein
Räuber mit einem Messer bedroht und die Herausgabe meiner Barschaft verlangt, dann kann
ich natürlich die Zukunft (hoffentlich) dahingehend beeinflussen, daß ich keinen Schaden an
Leib und Leben erleide; aber frei wäre meine Entscheidung wohl eher nicht.

Och, menno, Du glaubst doch nicht wirklich, hier einen einzigen Satz von mir herausgreifen zu können und daraus dann meine komplette Vorstellung dessen, was ich unter Freiheit verstehe, ablesen zu können. Oder etwa doch?

Ich bin ja freigiebig mit meiner Vorstellung von "Freiheit". Musst Du nur lesen. Aber in jedem Post möchte ich sie auch nicht erneut darlegen. Nützte eh nix, wenn jemand einen einzigen Satz herausschneidet.

Zu deinem Einwand: richtig, der Räuber schränkt die Freiheit nach meiner Vorstellung drastisch ein. Er übt nämlich Zwang aus, dem ich mich schwer entziehen kann. Ich gäbe ihm meine Geldbörse nicht freiwillig. Cool

Aber dergleichen habe ich doch alles schon weiter oben gesagt.

So geht das irgendwie nicht. Ich kann nicht bei jedem neuen Poster alles nochmal wiederholen. Lies doch bitte mal wenigstens die letzten beiden Seiten. Dann darfst Du gerne weiter Fragen stellen zu meinen Auffassungen.

#1464:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 13:08
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:


AXO hat folgendes geschrieben:
Selbst derjenige der in einer Position ist Zukunft aktiv in seinem Sinn zu beeinflussen,
halst sich damit jede Menge Verantwortung für die Zukunft vieler Menschen auf.
Das frei nennen kann man eigentlich nur mittels Ignoranz dieser Verantwortung Schulterzucken

Kommt halt auf den Begriff an, den man von "Freiheit" hat. Frei nenne ich jemanden, der sich aufgrund seiner eigenen Überlegungen für oder gegen die Verantwortung entscheiden kann.


ja - wie weiter oben komplizierter erläutert würde ich das auch so sehen.
Allerdings kommt man auch in die Position das zu dürfen nicht ohne Determination Smilie

Zitat:

Jemand, der die Verantwortung als gegeben und als unausweichlich ansieht, keine Alternative dazu sehen kann, wäre in dieser Beziehung dann unfrei.


Die Verantwortung liegt direkt in der aktiven Determinationsbeeinflussung begründet.
Man kann also höchstens die aktive Beeinflussung vermeiden um Verantwortung auszuweichen.
Sowie man sich aber für aktive Beeinflussung entscheidet, kriegt man das Verantwortungspaket
dafür mit - ob man das will oder nicht Smilie
Es zu ignorieren mag zwar vielen helfen sich noch freier zu fühlen.
Davon ist es aber weder nicht vorhanden noch ist gewährleistet das es einen nie einholt.
Gesellschaftlich wiederum müssen mangelnde Verantwortlichkeit (erhöhtes Freiheitsgefühl)
der einen, grundsätzlich andere durch verminderte Freiheit bezahlen.

Vielleicht ist genau daraus btw. auch mal die religöse Idee von Leben nach dem Tod und die
Konstuktion von "Himmel" und "Hölle" entstanden um zumindest eine Suggestion zu erzeugen,
das man sich nichtmal durch Tod aus der Verantwortung stehlen kann.
Sofern so ein abstraktes Denkmodell gesellschaftlich angenommen würde, müßte es zwangsläufig
das Verantwortungsgefühl für aktive Determinationsbeeinflussung stärken.
Das es zu abstrakt war um angenommen zu werden ist allerdings auch bekannt Smilie

Weniger abstrakt allerdings bekommt das Modell einen gewissen Realitätsbezug, wenn
man bedenkt das Individuen, welche die gesellschaftliche Determination in großem Umfang
beeinflusst haben auch dementsprechend - je nach Beeinflussung -> positiv oder negativ
auch lange nach ihrem Tod in der kollektiven Erinnerung verbleiben.
Einer der Deiner Definition nach freiesten Menschen der jüngeren Vergangenheit,
dürfte z.B. Hitler gewesen sein, welcher aufgrund der ungeheuren Machtkonzentration
auf seine Person eine ebenso ungeheure Determinationsbeeinflussung vorgenommen hat,
welche weit bis in unsere Gegenwart hineinreicht und auch noch in unserer Zukunft wirken wird.
Dementsprechend wird er entsprechend seiner Verantwortung dafür auch dem kollektiven Gedächtnis
noch sehr lange erhalten bleiben - obwohl längst tot ist. Das ihn die räumlich und zeitlich umfangreiche
Mißbilligung seiner aktiven beeinflussung nicht jucken muß ist lediglich den naturwissenschaftlichen
Umstand geschuldet, das entgegen religöser Annahme sein Bewußtsein mit seinem Tod ausgelöscht wurde.


Zitat:

Aber, naja, mein Freiheitsbegriff mag ja unplausibel sein, zugegeben. Leider habe ich noch nicht so viele Alternativen dazu kennen gelernt.


ich finde ihn absolut plausibel - wie gesagt entspricht er ja auch meiner Auffassung von Freiheit.


Zitat:
Jedenfalls erscheint mir wiederum ein Freiheitsbegriff, der zwingend Indeterminismus verlangt, erst mal unplausibel. Warum sollte ich freier sein können, wenn meine Entscheidungen durch Zufallselemente gestört würden? Das ist ja erst mal überhaupt nicht evident, ganz im Gegenteil sogar.


eben - deswegen ja auch -> absolute Freiheit=absolute Unfreiheit.
Also kann Freiheit m.E. nur über den ausgewogenen Mittelwert zwischen Passivität und Aktivität
definiert werden was m.E. weder individuell schlimm ist und auch gesellschaftlich durchaus Sinn macht,
weil jede erhöhte Aktivität - die erhöhte Passivität anderer gesellschaftlicher Determinanten bedingt.
Ein Freiheitsplus also ein Freiheitsminus hervorruft und damit das nicht ausartet und zu unkontrollierbaren
gesellschaftlichen Verwerfungen führt gibts Verantwortlichkeit -> aus der man sich aber in einer
nichtreligös determinierten Gesellschaft durch den eigenen Tod stehlen kann Smilie
Zumindest der kollektiven Erinnerung entkommt man aber trotzdem nicht - egal ob man
positiv - (wirk-)mächtig oder negativ - (wirk-)macht mißbrauchend auf die Determination
eingewirkt hat zwinkern

#1465:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 15:09
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Zu deinem Einwand: richtig, der Räuber schränkt die Freiheit nach meiner Vorstellung drastisch ein. Er übt nämlich Zwang aus, dem ich mich schwer entziehen kann. Ich gäbe ihm meine Geldbörse nicht freiwillig. Cool


Aber das Verhalten des Räubers entspräche Deiner Definition von Freiheit -> der Akteur wäre frei.
Immerhin nimmt sich der Räuber die Freiheit dich entsprechend nachtdrücklich um die
Herausgabe Deiner Börse zu bitten -> was wiederum für Dich die Unfreiheit mit sich bringt
sie herausgeben zu müssen. Seine Freiheit = Deine Unfreiheit. Die Verantwortung für
die Folgen seiner Aktion trägt dementsprechend aber der Räuber weswegen man ihn konsequenterweise
ebenfalls nicht frei nennen kann Smilie
Drum sag ich ja -> optimale/maximale Freiheit = ausgewogenens Verhältnis zwischen aktiv und passiv.

#1466:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 15:29
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Aber das Verhalten des Räubers entspräche Deiner Definition von Freiheit -> der Akteur wäre frei.

Stets nach den Beweggründen fragen! Was macht den Räuber zum Räuber? Die Kolonialmächte als organisierte Kleptomanen.

Gruß von Leila*

#1467:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 15:46
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Aber das Verhalten des Räubers entspräche Deiner Definition von Freiheit -> der Akteur wäre frei.

Stets nach den Beweggründen fragen! Was macht den Räuber zum Räuber? Die Kolonialmächte als organisierte Kleptomanen.

Gruß von Leila*


ja - das ist schon klar. auch das Verhalten des Räubers ist determiniert.
Zwischen dem AgentProvocateur und mir gings eigentlich nur noch um
eine Eingrenzung dessen was Menschen unter Freiheit -> verstehen,
weil sie es als frei empfinden.
Das dazu ein freier Wille nicht erforderlich ist und eventuell gar hinderlich wäre,
ist zumindest für mich eigentlich klar und der Agent hat glaub ich auch nix dagegen,
solange ihm keiner das Freiheitsgefühl verwehrt Smilie
Und auch darin stimme ich mit ihm überein - wärend Du Freiheit als solche eher als Illusion
zu betrachten scheinst - was sie m.E. aber (auch ohne freien Willen) definitiv nicht ist zwinkern

Doe Kolonialmächte empfinden sich als frei zu rauben -> sind dabei aber nicht frei von der
Verantwortung dafür und eigentlich verstehen sie (wie viele Individuen auch) unter Freiheit
lediglich -> MACHT die Determination aktiv zu beeinflussen.
Die Ausgeraubten fühlen sich dementsprechend machtlos und unfrei weil sie die Beeinflussung
scheinbar über sich ergehen lassen müssen. Wie die Geschichte zeigt liegt aber in dieser
Konstellation bereits der determinierte Keim dafür das die Machtverhältnisse auch wieder
geändert und die Verantwortlichen in die Verantwortung genommen werden.
Von daher bezeiche ich die maximale Ausgewogenheit zwischen frei und unfrei als -> frei,
weil diese mit einer maximierung des Freiheitsgefühls verbunden ist. (auch der Mächtigste
fühlt sich nicht frei)


Zuletzt bearbeitet von AXO am 15.07.2009, 15:57, insgesamt einmal bearbeitet

#1468:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 15:57
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
[…] wärend Du Freiheit als solche eher als Illusion
zu betrachten scheinst - was sie m.E. aber (auch ohne freien Willen) definitiv nicht ist zwinkern

Die Freiheit bestritt ich nirgends; den freien Willen dagegen überall. Sinnlos aber kommt mir der Begriff „absolute“ oder „vollkommene Freiheit“ vor, da ich die Freiheit für bedingt halte. Ich fühle mich z.B. frei von Schmerzen.

Gruß von Leila*

#1469:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 16:13
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
[…] wärend Du Freiheit als solche eher als Illusion
zu betrachten scheinst - was sie m.E. aber (auch ohne freien Willen) definitiv nicht ist zwinkern

Die Freiheit bestritt ich nirgends; den freien Willen dagegen überall. Sinnlos aber kommt mir der Begriff „absolute“ oder „vollkommene Freiheit“ vor, da ich die Freiheit für bedingt halte. Ich fühle mich z.B. frei von Schmerzen.

Gruß von Leila*


Dann sind wir uns komplett einig.
Entsprechend Deines Schmerzfreibeispiels kann man Freiheit auch bereits als Abwesenheit
von Unanhemlichkeiten begreifen. Angstfrei zu sein z.B. würde nicht nur das Bewußtsein vieler
Menschen von empfundener Unfreiheit befreien sondern ihnen aufgrund dessen auch die
Möglichkeit geben eine Unterdrückende Determination in ihrem Sinne zu ändern.
Darum ist Angst bzw. ihre Suggestion auch das effektivste Mittel um determinierte Unfreiheit
zu erzeugen. Angst macht ein Lebewesen zunächst mal handlungsunfähig um ihm Gelegenheit
zur Einschätzung der Situation zu geben um die entsprechend rettende Aktivitätsvariante auszufiltern.
Unterdrückung mittels Angst hält diesen Ausnahmezustand sozusagen in permanenter Schwebe
um dem Individum die für SICH richtige Handlungsfähigkeit vorzuenthalten und die für den Unterdrücker
nützliche Handlung als einzigen Ausweg aus deR situation zu suggerieren. Aus der Angst selbst
kann diese aber nicht führen, weil sonst das Unterdrückungswerkzeug stumpf wäre.

Im Kapitalismus z.b. ist dieses Angstwerkzeug die allgegenwärtige Existenzangst.
Sich zu fügen und zu arbeiten um möglichst viel Geld anzuhäufen scheint der Ausweg aus
dieser Angst aber trotzdem ist auch der Reichste in der Regel nicht vor Totalverlust gefeiht.
Wobei ja Totalverlust auch schon den Verlust des gesellschaftlichen Status bedeuten kann,
den man mittels Geld erworben hat.

Diesbezügliche flächendeckende Angstfreiheit würde bedeuten -> 4 Wochen lang alle fünf gerade
sein zu lassen und danach gäbs keinen Kapitalismus mehr. Oder auch individuell beim Run
auf Geld und Status einfach nicht mehr mit zu machen.

Bezüglich dessen wie man aber den Leuten die Angst vor der Angstfreiheit nehmen sollte
bin auch ich überfragt Schulterzucken
Vermutlich müssen erst noch viel, viel mehr nichts mehr zu verlieren haben bevor sie ihre
Handlungsfähigkeit im eigenen Sinne wiedererlangen.

#1470:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 19:26
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn ein Ding glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können und für diesen Glauben auch plausible Gründe hat, dann ist es ebenfalls frei, ja, na klar.

Wenn ein Ding glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können, dann glaubt es, frei zu sein. Cool

Du hast schon wieder gesnippt ("plausible Gründe"). Cool

Ich habe die "plausiblen Gründe" der Kürze wegen nicht noch mal mit aufgeführt (ich hätte sie dann
nämlich auch im zweiten Satzteil ergänzen müssen), weil sie mir für die Unterscheidung "ist frei"
vs. "glaubt, frei zu sein" nicht wesentlich erscheinen.
Jedenfalls hat mich die Formulierung "glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können" insofern irritiert,
als sie zumindest im Ansatz in die Richtung tendiert, Freiheit (wenigstens potentiell) als Illusion
des jeweiligen Subjekts zu verstehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Och, menno, Du glaubst doch nicht wirklich, hier einen einzigen Satz von mir herausgreifen zu können und daraus dann meine komplette Vorstellung dessen, was ich unter Freiheit verstehe, ablesen zu können. Oder etwa doch?

Nein, natürlich nicht. Aber diesen Punkt (Freiheit ist gegeben, wenn jemand die Zukunft beeinflussen
kann) kannte ich bisher von Deinen Beiträgen nicht (vielleicht habe ich ihn aber auch nur überlesen),
und er paßt m.E. nicht so recht zu Deiner sonstigen Position; oder besser gesagt: mir ist nicht klar,
wieso Du ihn plötzlich in die Diskussion bringst, worauf du damit hinauswillst.
Für das Verständnis von Freiheit als Fähigkeit, ohne innere und äußere Zwänge eine Entscheidung
treffen zu können (und so habe ich Deine Auffassung verstanden), ist es m.E. weder notwendig
noch hinreichend, daß diese Entscheidung einen Einfluß auf die Zukunft hat.

#1471:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 20:16
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Zu deinem Einwand: richtig, der Räuber schränkt die Freiheit nach meiner Vorstellung drastisch ein. Er übt nämlich Zwang aus, dem ich mich schwer entziehen kann. Ich gäbe ihm meine Geldbörse nicht freiwillig. Cool


Aber das Verhalten des Räubers entspräche Deiner Definition von Freiheit -> der Akteur wäre frei.
Immerhin nimmt sich der Räuber die Freiheit dich entsprechend nachtdrücklich um die
Herausgabe Deiner Börse zu bitten

Jein. Bzw. das folgt nicht unbedingt. Es könnte sein, dass der Räuber ein Getriebener ist, der keinen anderen Ausweg mehr aus seiner Lage sieht, als jemanden auszurauben.

Aber es ist natürlich richtig, dass Freiheit in meiner Definition nicht auf moralisch richtiges Handeln abzielt / nichts damit zu tun hat. Je nachdem also, wie die Entscheidung abläuft, könnte der Räuber durchaus freier sein als jemand, der erst gar nicht daran denkt, dass es überhaupt möglich sei, Normen zu brechen.

Übrigens wurden / werden ja öfter mal Räuber, Piraten als "Helden" angesehen. Ich denke, das hängt durchaus damit zusammen, dass diese als frei(er) angesehen werden. Was manchmal aber auch idealisiert wird und nicht unbedingt etwas mit der Sicht des Räubers / Piraten zu tun haben muss.

#1472:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 20:21
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Zu deinem Einwand: richtig, der Räuber schränkt die Freiheit nach meiner Vorstellung drastisch ein. Er übt nämlich Zwang aus, dem ich mich schwer entziehen kann. Ich gäbe ihm meine Geldbörse nicht freiwillig. Cool


Aber das Verhalten des Räubers entspräche Deiner Definition von Freiheit -> der Akteur wäre frei.
Immerhin nimmt sich der Räuber die Freiheit dich entsprechend nachtdrücklich um die
Herausgabe Deiner Börse zu bitten

Jein. Bzw. das folgt nicht unbedingt. Es könnte sein, dass der Räuber ein Getriebener ist, der keinen anderen Ausweg mehr aus seiner Lage sieht, als jemanden auszurauben.

Aber es ist natürlich richtig, dass Freiheit in meiner Definition nicht auf moralisch richtiges Handeln abzielt / nichts damit zu tun hat. Je nachdem also, wie die Entscheidung abläuft, könnte der Räuber durchaus freier sein als jemand, der erst gar nicht daran denkt, dass es überhaupt möglich sei, Normen zu brechen.

Übrigens wurden / werden ja öfter mal Räuber, Piraten als "Helden" angesehen. Ich denke, das hängt durchaus damit zusammen, dass diese als frei(er) angesehen werden. Was manchmal aber auch idealisiert wird und nicht unbedingt etwas mit der Sicht des Räubers / Piraten zu tun haben muss.


jep und damit Freiheit nicht unmoralisch ausgenutzt wird gibts die Verantwortung
Is doch alles prima sortiert find ich Smilie

#1473:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 20:25
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Jedenfalls hat mich die Formulierung "glaubt, die Zukunft beeinflussen zu können" insofern irritiert,
als sie zumindest im Ansatz in die Richtung tendiert, Freiheit (wenigstens potentiell) als Illusion
des jeweiligen Subjekts zu verstehen.

Dann habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Was ich meinte, ist Folgendes: ein Subjekt, das willentlich, überlegt, begründet und bewusst die Zukunft beeinflussen kann, ist mAn frei.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Für das Verständnis von Freiheit als Fähigkeit, ohne innere und äußere Zwänge eine Entscheidung
treffen zu können (und so habe ich Deine Auffassung verstanden), ist es m.E. weder notwendig
noch hinreichend, daß diese Entscheidung einen Einfluß auf die Zukunft hat.

Das ist Entscheidungsfreiheit für mich, ja. Der zusätzliche Einfluss auf die Zukunft ist nur notwendig für die Handlungsfreiheit. Und die Kombination von Entscheidungsfreiheit und Handlungsfreiheit ergibt dann die Freiheit des Subjektes.

#1474:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 21:05
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nur indem Du eine Art zeitliche und ebenenbezogene "Antireduktion" vornimmst, kannst Du ein Epiphänomen als autonomen Akteur betrachten. Intuitiv machen wir das übrigens alle oft, weil man ja nicht ständig die Grundlagen hinterfragen kann. Denn - etwas übertrieben formuliert - reduziert sich die Autonomie auf die Tatsachen der räumliche Trennung und der algorhithmischen Komplexität individueller Gehirne. Dazu kommt noch etwas bedarfsgerechte psychosoziale Deutung.
Es ist aber nun mal kein Epiphänomen.

Abgesehen davon, daß es für mein Argument keine wesentliche Rolle spielt, ob man den personalen Entscheider wirklich EP nennen kann, habe ich auch noch kein gutes Argument dagegen gelesen. Die meistgelesenen Entgegnungen werden unter http://de.wikipedia.org/wiki/Epiph%C3%A4nomen#Einw.C3.A4nde_und_Entgegnungen bereits ganz gut kritisiert, ich würde daher diese Diskussion lieber hier nicht nochmal führen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und falls Du Autonomie so definieren willst: na und? Du willst wahrscheinlich sagen: das ist keine echte Autonomie. Falls ja: was ist also echte Autonomie und wieso?

Echte Autonomie gibt es in unserer Welt nicht. Ich finde es einfach irreführend, beim menschlichen Gehirn unter bestimmten Umständen von Autonomie oder Willensfreiheit zu sprechen, nicht aber z.B. bei einem lernfähigen Schachprogramm.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du meinst, jemanden prägen zu können. Das bedeutet, Du meinst die Zukunft beinflussen zu können. Aufgrund Deiner Gedanken und Überlegungen. Wenn Du das aber kannst, dann bist Du frei in meinem Sinne. Und Du musst logischerweise auch anderen diese Freiheit zugestehen, es gibt ja keinen Grund, warum nur Du sie besitzen solltest.

Ich besitze sie ja gar nicht, Du behauptest das nur. Ich "kann" dies oder jenes tun, so wie ein Schachprogram diesen oder jenen Zug machen "kann".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden.
Warum nicht?

Weil es nutzloses Leiden schafft.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie stellt man eine Präferenz dafür fest? Das wäre durchaus ein ziemlicher Prämissenwechsel zur heutigen Situation: nur konkrete Taten dürfen sanktioniert werden, keine Veranlagungen / Gedanken.

Du verwendest hier "Sanktionen" sehr verallgemeinernd. Auch in meinem Modell dürften keine Veranlagungen / Gedanken bestraft werden. Eine präventive Maßnahme wäre - anders als eine Strafe jetzt - vor allem mit einem reversiblen Verantwortungsverlust, weniger mit einem Verlust primärer Lebensqualität verbunden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und Sanktionen sind in ihrer Höhe nach oben beschränkt, sie hängen nicht von der angenommenen Gefährdung ab (abgesehen von Sicherungsverwahrungen - aber die sind heute eher die Ausnahme - ca. 450 Fälle).

Du meinst vergeltende und abschreckende Bestrafungen. Die wären in meinem Modell ebenfalls in der Höhe beschränkt, und zwar in der Höhe Null. Nur die präventiven Maßnahmen blieben - bis hin zur Sicherheitsverwahrung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wäre die Handlungssteuerung nicht determiniert, wäre sie also zufällig, dann dürfte man sie mE nicht dem Täter zuordnen, ihn nicht dafür verantwortlich machen.

Warum eigentlich nicht? Der Täter hatte doch Zeit genug, den Zufallsmechanismus durch moralische Kontemplation durch einen determinierten zu ersetzen, oder?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und außerdem: wie kommst Du eigentlich zu der Bewertung "unfair", die ja eine moralische Bewertung ist? Durch Neuronenfeuern, das völlig außerhalb deiner Kontrollfähigkeit lag und den Gedanken hervorbrachte? Also ohne Begründung, einfach so? Oder durch Überlegung und Abwägung?
Ich verstehe nicht, was daran so mysteriös sein soll. Überlegung und Abwägung besteht doch aus aus Neuronenfeuern.
Ein Neuronenfeuer ist kein Argument und erzeugt auch nicht notwendigerweise ein Argument.

Es reicht, daß ein Neuronenfeuer hinreichenderweise ein Argument erzeugt, auch wen wir den Zusammenhang noch nicht verstehen. Ein Argument besteht aus einer Kombination neuronaler Zustände (oder einer vergleichbaren Implementation). Der Begriff "Argument" beinhaltet darüberhinaus einen sozialen (u.a.) Bedeutungskontext, aber das ändert nichts.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... (2) - Daß die "Enttäuschung" zugewiesener Verantwortung nicht in Schuld, sondern in falscher Einschätzung durch den Zuweisenden besteht.
... Du meinst irgendwie, wenn man jemanden falsch einschätzt, dann ist man letztlich selber schuld?

Nein! Man ist nie schuld.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Pech gehabt?

Nein, danebengelegen. Vielleicht zuwenig gewußt oder sowas. Aber man kann es zu verbessern versuchen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Kein Grund also, einen moralischen Vorwurf gegen den Normverletzer zu erheben?

Es ist doch eindeutig, daß er eine moralische Norm verletzt hat. Das ist Fakt, wieso sollte man das leugnen? Wichtiger als der VOrwurf ist aber die Aktion, eine Normverletzung in Zukunft zu vermeiden. In manchen Fällen mag ein "Vorwurf" (mißbilligender Hinweis auf die Normverletzung) da helfen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir mal ein paar Beispiele:

- Jemand parkt falsch. Er ist aber nachweislich dazu in der Lage, Schilder zu beachten und richtig zu parken.

Er war in dem Fall nachweislich NICHT "in der Lage" (!), würde ich sagen. Oder wie stellst Du fest, daß er dazu in der Lage ist? Weil er manchmal richtig parkt?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... - Jemand bezahlt meine Rechnung nicht, obgleich er nachweislich dazu in der Lage ist: er hat schon zig Rechnungen bezahlt. Und Geld hat er auch gerade.

Ich habe den Verdacht, Du sammelst Fälle, in denen Du das Verhalten mißbilligst. Das ist aber nicht der Punkt, denn das tue ich selbstverständlich auch.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Alle letztlich nur Opfer ihrer Umstände?

Der Begriff "Opfer" ist hier (meist) nicht angebracht, denn er erfordert zumindest das nachträgliche Gefühl des Betroffenen, nicht nach seiner Präferenz gehandelt zu haben, wenn nicht gar einen "Täter".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jeweils letztlich eine gar nicht ihnen zuzurechnende Entscheidung?

Doch, die Entscheidung wird ja in diesem individuellen Gehirn getroffen (auch wenn sie determiniert ist). Ebenso wie wir die Entscheidung für einen Zug auch dem Schachprogramm zurechnen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sie können nichts für ihr Handeln, weil sie durch außerhalb ihrer Kontrolle liegenden Umstände dazu gezwungen wurden? Genauso, als wie wenn sie durch jemanden mit vorgehaltener Pistole zu den Handlungen gezwungen wurden?

Nein, nicht genauso. Bei der Pistole ist dem Individuum die Determination bewußt, beim Falschparken (vermutlich) nicht. Bei der Pistole ercheint die Handlung dem Individuum antipräferent, beim Falschparken präferent. Bei der Pistole ist die Determination für beobachtende Dritte trivial, intuitiv erfaßbar und zudem jemand, den man bestrafen kann, beim Falschparken ist die Determination komplex, anti-intuitiv und schlecht greifbar.

#1475:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 15.07.2009, 22:42
    —
step hat folgendes geschrieben:
Echte Autonomie gibt es in unserer Welt nicht. Ich finde es einfach irreführend, beim menschlichen Gehirn unter bestimmten Umständen von Autonomie oder Willensfreiheit zu sprechen, nicht aber z.B. bei einem lernfähigen Schachprogramm.


Ich finde es ebenfalls irreführend, beim menschlichen Gehirn von Bewusstsein zu sprechen, nicht aber z.B. bei einer lernfähigen Taufliege.

Skeptiker

#1476:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 00:34
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nur indem Du eine Art zeitliche und ebenenbezogene "Antireduktion" vornimmst, kannst Du ein Epiphänomen als autonomen Akteur betrachten. [...]

Es ist aber nun mal kein Epiphänomen.

Abgesehen davon, daß es für mein Argument keine wesentliche Rolle spielt, ob man den personalen Entscheider wirklich EP nennen kann, habe ich auch noch kein gutes Argument dagegen gelesen. Die meistgelesenen Entgegnungen werden unter http://de.wikipedia.org/wiki/Epiph%C3%A4nomen#Einw.C3.A4nde_und_Entgegnungen bereits ganz gut kritisiert, ich würde daher diese Diskussion lieber hier nicht nochmal führen.

Epiphänomenalismus in diesem Zusammenhang bedeutet: mentale Zustände haben keinerlei Auswirkung auf die physikalische Welt.

Epiphänomenalismus ist nun mal ein Art Dualismus. Sieht man als Monist mentale Zustände und bestimmte dabei stattfindende physikalische Prozesse als Beschreibung ein und derselben Sache an, erübrigt sich der Epiphänomenalismus einfach. Ist dann so, als ob jemand sagen würde: "In Wirklichkeit ist Wasser nicht nass, denn Wasser ist ja in Wirklichkeit H²O - oder: in Wirklichkeit steht da kein Tisch, das ist nur eine Zusammenballung von Atomen auf bestimmte Weise." So ist das aber nicht, es ist mMn nützlich und daher sinnvoll, zu sagen, Wasser wäre nass oder da stünde ein Tisch.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und falls Du Autonomie so definieren willst: na und? Du willst wahrscheinlich sagen: das ist keine echte Autonomie. Falls ja: was ist also echte Autonomie und wieso?

Echte Autonomie gibt es in unserer Welt nicht. Ich finde es einfach irreführend, beim menschlichen Gehirn unter bestimmten Umständen von Autonomie oder Willensfreiheit zu sprechen, nicht aber z.B. bei einem lernfähigen Schachprogramm.

Also: was ist denn dMn nun "echte Autonomie"? Und wie könnte eine solche Welt beschaffen sein, in der es sie gäbe?

Autonomie ist in meiner Sicht mal wieder etwas Graduelles - nichts Binäres. Ein lernfähiger Schachcomputer hat also eine gewisse Autonomie. So wie zum Beispiel auch diese Mähroboter, die unbeaufsichtigt einen Rasen mähen und sich bei einem zu niedrigen Akkustand wieder zur Ladestation begeben, einen gewissen Grad an Autonomie haben.

Nur ist die Autonomie dieser beiden Maschinen ziemlich gering im Vergleich zu einem durchschnittlichen Menschen. Für 'ne moralische z.B. Verantwortung fehlt da mMn noch ein bisschen was.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du meinst, jemanden prägen zu können. Das bedeutet, Du meinst die Zukunft beinflussen zu können. Aufgrund Deiner Gedanken und Überlegungen. Wenn Du das aber kannst, dann bist Du frei in meinem Sinne. Und Du musst logischerweise auch anderen diese Freiheit zugestehen, es gibt ja keinen Grund, warum nur Du sie besitzen solltest.

Ich besitze sie ja gar nicht, Du behauptest das nur. Ich "kann" dies oder jenes tun, so wie ein Schachprogram diesen oder jenen Zug machen "kann".

Hm. Naja, ist vielleicht eine Frage der Sichtweise. Kann ich aber nicht so richtig nachvollziehen, denn jemand, der in einer Diskussion argumentiert, geht normalerweise davon aus, dass seine Überlegungen und Argumente aufgrund der eigenen Bewertung stichhaltig seien und hofft meist, dass sie Auswirkungen auf andere hätten, sie also andere beeinflussen könnten. Und wenn sie das tun, haben sie Auswirkungen auf die physikalische Welt.

Aber, na gut, kann man vielleicht auch anders sehen. Jedoch mE eigentlich nur dann, wenn man sich nur als "bewusstes Ich", als Funktion seines Gehirnes, ansieht und das Unbewusste als etwas Getrenntes, Fremdes, Zwänge auf das "bewusste Ich" Ausübendes. Aber da du oben zugestimmt hast, dass Du auch dein Unbewusstes als Teil von dir ansiehst, ist mir nicht klar, wie Du das eigentlich siehst. Mit "kann" meinst Du hier eigentlich "muss", richtig? Du musst das tun, was dein Unbewusstes Dir vorgibt - Du bist also doch getrennt von deinem Unbewussten?

Wie ein Schachcomputer das sieht, weiß ich allerdings: er sieht gar nichts.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden.

Warum nicht?

Weil es nutzloses Leiden schafft.

Nutzloses Leiden ist abzulehnen. Dabei gehen wir konform.

Was unterscheidet Deiner Meinung nach eine "Strafe" von einer "Sanktion"? Lehnst Du auch Sanktionen ab, weil die nutzloses Leiden schaffen?

Oder definierst Du einfach folgendermaßen: Strafe ist das, was nutzloses Leiden schafft und Sanktion ist etwas, was zwar Leiden (Beschränkung, Zwang) schafft, aber sinnvoll ist?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie stellt man eine Präferenz dafür fest? Das wäre durchaus ein ziemlicher Prämissenwechsel zur heutigen Situation: nur konkrete Taten dürfen sanktioniert werden, keine Veranlagungen / Gedanken.

Du verwendest hier "Sanktionen" sehr verallgemeinernd. Auch in meinem Modell dürften keine Veranlagungen / Gedanken bestraft werden. Eine präventive Maßnahme wäre - anders als eine Strafe jetzt - vor allem mit einem reversiblen Verantwortungsverlust, weniger mit einem Verlust primärer Lebensqualität verbunden.

Mir geht es um folgendes. Die heutigen Prinzipien, die ich für unverzichtbar halte, von denen ich nicht abrücken möchte, egal, ob sie heute (perfekt) realisiert sind oder (eher) idealistisch, habe ich mit einem Strich gekennzeichnet. Und das in (eventuell) in deine Sprache Umgesetzte habe ich mit einem Stern gekennzeichnet. Dahinter möchte ich nicht zurück. Können wir dabei übereinstimmen?

- Keine Strafe ohne Schuld
* Keine Sanktion (= individuelle / außergewöhnliche / nicht Alle betreffende Freiheitseinschränkung / Zwangsmaßnahme / Verantwortungsentzug) ohne nachgewiesene absichtliche / fahrlässige Normverletzung
* keine Sanktion ob einer statistisch wie auch immer wahrscheinlichen zukünftigen Normverletzung ohne Anzeichen einer Handlung diesbezüglich -> es darf keine "Gedankenverbrechen" geben

- Keine Strafe ohne Gesetz
* Keine Sanktion ohne bei Begehung der Normverletzung diese ablehnendes Gesetz

- Höhe der Strafe wird durch das Maß der Schuld nach oben begrenzt
* Dauer der Sanktion wird durch das Maß der Normverletzung nach oben begrenzt

- "der Staat hat von Verfassung wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen" (BVerfGE 22, 180/219 f.; BayObLGZ 1994, 209/211)
* keine Erziehungsmaßnahmen gegen den Willen des mündigen Bürgers

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wäre die Handlungssteuerung nicht determiniert, wäre sie also zufällig, dann dürfte man sie mE nicht dem Täter zuordnen, ihn nicht dafür verantwortlich machen.

Warum eigentlich nicht? Der Täter hatte doch Zeit genug, den Zufallsmechanismus durch moralische Kontemplation durch einen determinierten zu ersetzen, oder?

Ja, das stimmt. Ich bin hier eher von einer ziemlich übermächtigen, handlungsbestimmenden Willkür ausgegangen. Wenn aber jemand durch einen von ihm nicht bewusst beeinflussbaren Störung in geringem Maße (z.B. sein Fuß zuckt unabsichtlich manchmal ein bisschen) betroffen ist, dann würde man das wohl nicht als Entschuldigung für eine absichtlich begangene Normverletzung gelten lassen können.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Neuronenfeuer ist kein Argument und erzeugt auch nicht notwendigerweise ein Argument.

Es reicht, daß ein Neuronenfeuer hinreichenderweise ein Argument erzeugt, auch wen wir den Zusammenhang noch nicht verstehen. Ein Argument besteht aus einer Kombination neuronaler Zustände (oder einer vergleichbaren Implementation). Der Begriff "Argument" beinhaltet darüberhinaus einen sozialen (u.a.) Bedeutungskontext, aber das ändert nichts.

Wer bestimmt aber, was "hinreichenderweise" ist? Das Neuronenfeuer wieder? Obgleich wir den Zusammenhang zwischen Neuronenfeuer und Argument und Plausibilität nicht verstehen?

Naja, irgendwie kommt das ziemlich dualistisch vor. Meiner monistischen Auffassung nach ist ein Argument eine andere Beschreibung eines bestimmten physikalischen Zustandes des Körpers und kann daher völlig problemlos anstelle der Beschreibung der Neuronenprozesse verwendet werden. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mit einer formalisierten Beschreibung der Neuronenzustände gar nichts anfangen könnte, wenn ich sie nicht auf meine lebensweltlichen Erfahrungen abbilden könnte. Da erscheint es mir doch sehr viel einfacher und allgemein verständlicher, von meinen Erkenntnissen, Gedanken, Meinungen, Erfahrungen, Gefühlen usw. zu reden.

Ich halte es daher für sinnlos, zu behaupten, Erkenntnisse, Gedanken, Meinungen, Erfahrungen, Gefühle existierten in Wirklichkeit gar nicht, in Wirklichkeit gäbe es nur darunter liegendes Neuronenfeuern -> Epiphänomenalismus.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Kein Grund also, einen moralischen Vorwurf gegen den Normverletzer zu erheben?

Es ist doch eindeutig, daß er eine moralische Norm verletzt hat. Das ist Fakt, wieso sollte man das leugnen? Wichtiger als der VOrwurf ist aber die Aktion, eine Normverletzung in Zukunft zu vermeiden. In manchen Fällen mag ein "Vorwurf" (mißbilligender Hinweis auf die Normverletzung) da helfen.

Ja, in manchen Fällen mag ein Vorwurf helfen. Aber der ist auch schon eine Sanktion. In manchen Fällen mag ein Vorwurf nicht mehr ausreichend sein. Dann braucht man härtere Sanktionen. (Wenn man die Zukunft in Richtung besserer Normeinhaltung beeinflussen will - aufgrund von Überlegungen und Argumentationen.)

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir mal ein paar Beispiele:

- Jemand parkt falsch. Er ist aber nachweislich dazu in der Lage, Schilder zu beachten und richtig zu parken.

Er war in dem Fall nachweislich NICHT "in der Lage" (!), würde ich sagen. Oder wie stellst Du fest, daß er dazu in der Lage ist? Weil er manchmal richtig parkt?

Ja, genau. Niemand und nichts hat ihn dazu gezwungen, falsch zu parken. Das wäre Grund genug für mich, anzunehmen, dass er es aufgrund seiner Überlegungen hätte vermeiden können. Es geht dabei um den Unterschied ob jemand etwas absichtlich, willentlich, überlegt tut oder ob er es unabsichtlich, unwissentlich, unter Zwang tut. Dass er jedoch getan hat, was er getan hat und nicht das, was er nicht getan hat, ist nur eine Tautologie, weiter nichts.

Klar geht es letztlich darum, dass er und andere sich zukünftig an die Normen halten. Vorwerfbar ist die Normverletzung dann, wenn sie eben absichtlich, willentlich, überlegt oder fahrlässig erfolgte. Ansonsten wäre eine Sanktion ziemlich nutzlos und das ist auch anderen gut zu vermitteln, so dass sie sich nicht bei eigener Normverletzung auf diesen Fall berufen können.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... - Jemand bezahlt meine Rechnung nicht, obgleich er nachweislich dazu in der Lage ist: er hat schon zig Rechnungen bezahlt. Und Geld hat er auch gerade.

Ich habe den Verdacht, Du sammelst Fälle, in denen Du das Verhalten mißbilligst. Das ist aber nicht der Punkt, denn das tue ich selbstverständlich auch.

Ok.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jeweils letztlich eine gar nicht ihnen zuzurechnende Entscheidung?

Doch, die Entscheidung wird ja in diesem individuellen Gehirn getroffen (auch wenn sie determiniert ist). Ebenso wie wir die Entscheidung für einen Zug auch dem Schachprogramm zurechnen.

Nein, nein, das ist nicht "ebenso". Ein Schachprogramm mag zwar minimal autonom sein, aber auf einer Vergleichsskala hätte es vielleicht den Autonomiefaktor 10, während ein Mensch den Autonomiefaktor 10 Fantastrilliarden hätte. Ein Schachprogramm ist gar nicht der Lage dazu, seine Umwelt zu erkennen, Schlüsse zu ziehen, eine soziale Beziehung aufzubauen, ein moralisches Subjekt zu sein.

Ich nehme dir auch nicht ab, dass Du nicht glaubst, plausible Argumente zu haben, die du Dir (egal mit welchem Anteil bewusst oder unbewusst) erarbeitet hast und folglich meinst, andere Subjekte überzeugen und sie somit beeinflussen zu können.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sie können nichts für ihr Handeln, weil sie durch außerhalb ihrer Kontrolle liegenden Umstände dazu gezwungen wurden? Genauso, als wie wenn sie durch jemanden mit vorgehaltener Pistole zu den Handlungen gezwungen wurden?

Nein, nicht genauso. Bei der Pistole ist dem Individuum die Determination bewußt, beim Falschparken (vermutlich) nicht. Bei der Pistole ercheint die Handlung dem Individuum antipräferent, beim Falschparken präferent. Bei der Pistole ist die Determination für beobachtende Dritte trivial, intuitiv erfaßbar und zudem jemand, den man bestrafen kann, beim Falschparken ist die Determination komplex, anti-intuitiv und schlecht greifbar.

Der Unterschied hier ist mE der zwischen Zwang und Freiwilligkeit. Und das hat erst mal überhaupt nichts mit Determination zu tun. Für mich ist der Gegensatz von Freiheit Zwang und nicht Determination. Und ich behaupte jetzt mal ganz dreist, dass viele andere Leute das ebenso sehen und daher diese Unterscheidung weiterhin wichtig sein wird, sehr viel wichtiger als die Unterscheidung zwischen determiniert und indeterminiert, auf die es Dir hier letztlich nur anzukommen scheint.

#1477:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 11:41
    —
step hat folgendes geschrieben:
Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden.


Beeinflusst nicht aber die Strafe die Determination im Sinne von -> Abschreckung?
Klar - die Tat ist getan und der Täter hatte zu diesem Zeitpunkt keine andere Wahl
und das Opfer wird nicht wieder lebendig wenn man den Täter bestraft.
Wenn es aber als Usus gilt Täter zu bestrafen, dann ist das doch eine Beeinflussung der
gesellschaftlichen Determination welche die Hemmschwelle zu morden bei potentiellen Tätern
heraufsetzt - oder?
Umgekehrt würden doch in einer Determination wo es als normal gilt völlig straffrei zu töten
erheblich mehr Menschen umgebracht.
Immerhin ist doch das Wissen um die Strafe ein die Entscheidung beeinflussender Faktor.

#1478:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 12:03
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
[...] Versucht man hingegen jede Sache auf den Punkt zu bringen/auf die Spitze zu treiben, läufts ganz im letzten Detail immer auf (m.E. alltagsuntaugliches) entweder oder hinaus.
Meine Erfahrung lehrt mich eher, dass es dann absurd wird...
AXO hat folgendes geschrieben:
Warum willst Du die Menschen anders haben als sie sind? Ist das Dein Begriff von Freiheit?
Will ich gar nicht ! Ich reagiere nur, wenn jemand mir, der nun mal an die Möglichkeit eines freien Willens glaubt, mit fast unflätigen Eigenschaftsworten bewirft...

Punkto Synchronizität habe ich noch einen Text in petto, den ich letztes Jahr geschrieben habe, und wahrscheinlich nächstens im anderen Thread eingeben werde, wenn ich ihn nochmals überdacht und ausgefeilt habe...

#1479:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 12:44
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden.
Beeinflusst nicht aber die Strafe die Determination im Sinne von -> Abschreckung?

Meinst Du hier die Spezialprävenion oder die Generalprävention?

Nach meiner Kenntnis ist die Wirkung von Abschreckung fraglich, und insbesodere bei Kapitalverbrechen ist sie sogar widerlegt. Zudem führt das Abschreckungsprinzip tendenziell dazu, das Strafmaß nach (vermeintlicher) Maximierung der Abschreckung und nicht nach Schwere der Straftat zu wählen.

AXO hat folgendes geschrieben:
... Umgekehrt würden doch in einer Determination wo es als normal gilt völlig straffrei zu töten erheblich mehr Menschen umgebracht.

Es soll ja gar nicht als normal, sondern als extrem unerwünscht gelten.

Ich persönlich bin für die völlige Abschaffung der Vergeltungsaspekte, und auch der Abschreckungsaspekt ist mir ziemlich suspekt (was den Nutzen/Schaden Aspekt betrifft). Einzig den Präventionsaspekt finde ich ethisch vertretbar und auch erforderlich.

#1480:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 13:08
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich persönlich bin für die völlige Abschaffung der Vergeltungsaspekte, und auch der Abschreckungsaspekt ist mir ziemlich suspekt (was den Nutzen/Schaden Aspekt betrifft). Einzig den Präventionsaspekt finde ich ethisch vertretbar und auch erforderlich.
Schau, schau, als Vertreter eines bedingt freien Willens (und sogar als Verhaltensbiologe, der mit Skinnerboxen gearbeitet hat - zwar nur mit Belohnungen, nicht mit Strafen) gehe ich mit Dir völlig einig. Kein Gericht wird jemals zweifelsfrei belegen können, dass ein Verbrecher seine Tat aus völlig freiem Willen verübt hat. Und auch dann sind Vergeltungs- und Abschreckungsmassnahmen ineffizient und unethisch. Dass aber zB notorischer Mörder, Vergewaltiger oder gewaltbereite Räuber, die mit höchster Wahrscheinlichkeit zwanghaft handeln, verwahrt werden müssen, ist gerechtfertigt und notwendig...

Edit:
Habe eben in http://www.buskampagne.de reingeschaut und fand den Spruch auf dem Bus: "Gottlos glücklich. Aufklärung heisst Verantwortung übernehmen." Oben geschriebenes schliesst Verantwortung nicht aus...

#1481:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 14:59
    —
step hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Also z.B. jemand, der die Präferenz hat, Menschen umzubringen, sollte zwar daran gehindert, aber nicht dafür bestraft werden.
Beeinflusst nicht aber die Strafe die Determination im Sinne von -> Abschreckung?

Meinst Du hier die Spezialprävenion oder die Generalprävention?


Generalprävention

Zitat:

Nach meiner Kenntnis ist die Wirkung von Abschreckung fraglich, und insbesodere bei Kapitalverbrechen ist sie sogar widerlegt. Zudem führt das Abschreckungsprinzip tendenziell dazu, das Strafmaß nach (vermeintlicher) Maximierung der Abschreckung und nicht nach Schwere der Straftat zu wählen.


Das stimmt - der Täter wäre damit nur "Werkzeug" mittels dem man versucht Zahl der
zukünftiger Taten zu mindern -> indem man den Entscheidungsparameter -> Kenntnis der möglichen
Strafe intensiviert.
Aber wahrschenlich hast Du sogar Recht - Spontantäter dürften davon fast unbeeinflusst sein
und die Zahl der langfristig und detailiert geplanten Morde und Raubzüge dürfte sich eh auch
so in Grenzen halten. Die Hemmschwelle dürfte durch die Chance erwischt/nicht erwischt zu
werden weit mehr beeinflusst sein als durch die Art der oder Höhe der Strafe.
In der DDR z.B. war laut meiner Wahrnehmung aufgrund der hohen Aufklärungsqoute
USUS davon auszugehen das sich verbrechen nicht lohnt, weil die Chance nicht ermittelt zu werden
als extrem gering angesehen wurde.

Zitat:

AXO hat folgendes geschrieben:
... Umgekehrt würden doch in einer Determination wo es als normal gilt völlig straffrei zu töten erheblich mehr Menschen umgebracht.

Es soll ja gar nicht als normal, sondern als extrem unerwünscht gelten.


Das war nur eine übersteigerte Gegenvorstellung bzw. ein Szenario wie es z.B. in KZs geherrscht
haben dürfte. Klar waren die täter auch dort vielfältigster Determination unterlegen aber der
einfach Umstand das es völlig normal war sowas zu tun dürfte m.E. der ausschlaggebenste Aspekt
gewesen sein - das jegliche Hemmschwellen aufgehoben wurden.

Zitat:

Ich persönlich bin für die völlige Abschaffung der Vergeltungsaspekte, und auch der Abschreckungsaspekt ist mir ziemlich suspekt (was den Nutzen/Schaden Aspekt betrifft). Einzig den Präventionsaspekt finde ich ethisch vertretbar und auch erforderlich.


Prävention würde aber bedeuten die komplette gesellschaftliche Determination umkrempeln zu
müssen um die Einflüsse die zu Taten führen nach und nach auszuschalten. skeptisch

Was aber den Abschreckungsaspekt betrifft -> wenn nix passiert wenn man erwischt wird,
dann schreckt auch das erwischt werden nicht mehr ab. Ist ja auch möglich das ich das tatsächlich
(gesellschaftlich determiniert) völlig überbewerte und es z.B. in der DDR auch ohne die
Annahme einer extrem hohen Aufklärungsquote nicht ein einziges Verbrechen mehr gegeben hätte.

Was allerdings wiederum das -> an Taten hindern betrifft.
Wenn man als determiniert gesichert annehmen könnte, das ein Täter diese Tat einmalig und nur
in diesem Kontext begeht/begangen hat,
müßte das heißen das er in keinster Weise belangt würde?

#1482:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 15:10
    —
„Ich reagiere nur, wenn jemand mir, der nun mal an die Möglichkeit eines freien Willens glaubt, mit fast unflätigen Eigenschaftsworten bewirft ...“

Lieber Patapata,

dafür bitte ich Dich um Entschuldigung. Als Entschuldigung führe ich an, daß ich kein Roboter bin, nicht jeden Tag gutgelaunt und nur hin und wieder klug.

Gruß von Leila*

#1483:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 15:21
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
[...] Versucht man hingegen jede Sache auf den Punkt zu bringen/auf die Spitze zu treiben, läufts ganz im letzten Detail immer auf (m.E. alltagsuntaugliches) entweder oder hinaus.
Meine Erfahrung lehrt mich eher, dass es dann absurd wird...


Ja wie bei meiner Unterhaltung mit AgentProvocateur wo auf den kleinsten möglichen Nenner
gebracht,
rauskam frei=unfrei,
was ja letztlich nicht wirklich absurd ist, wenn man -> sowohl als auch gelten lassen kann.
Nur muß man dann eben die letztgültige Entscheidung meiden und den freien Willen als
ebenso möglich wie unmöglich gelten lassen,
was ich persönlich gar nicht schlimm finde weil ja auch in komplexeren Determinationebenen
der empfundene Freiheitsbegriff immer nur als Ausgewogenheit definiert werden kann.

Konsequenterweise müsstest Du dann aber auf die Behauptung des freien Willens verzichten,
weil er schlußendlich nur über die sowohl-als-auch Absurdität von frei=unfrei hinaus
auf einen eindeutigen Definitionspunkt zu bringen wäre.

Genau genommen wäre dieser Punkt hinter der Absurdität das Ende jeder Interaktion weil 1 nicht
interagieren kann. Eine eindeutige Definition des freien Willens ist damit so unmöglich wie sie
unsinnig wäre,
weil Du nicht bestimmen kannst ob 1 freiwillig interagieren würde wenn es -> überhaupt interagieren könnte.
Zumindest diesbezüglich hat 1 nämlich KEINE Wahl geschweige denn eine freie.

und wenn Du jetzt anfängst drüber zu streiten ob der Urknall ein Akt des freien Willens war,
dann zieh ich sogar nem alten Man noch die Ohren lang und beantrage Deine Deportation
in ein Christenforum Mr. Green

#1484:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 16:45
    —
Wir hatten hier schonmal die Diskussion rund um die Äusserungen von Markowitsch, und dessen Plädoyer für das Präventivstrafrecht. Im wesentlichen rührt meine Skepsis gegenüber socherart Überlegungen aus der unmerklichen Wandlung der deskriptiven in eine normative Rede, ohne dies kenntlich zu machen. Das war auch in diesem Thread gut nachzuvollziehen, an dem Punkt, als Kenntnis mit Berechnung argumentativ gleichgesetzt wurde.
Meines Erachtens riskiert man durch die Verschmierung von Deskription und normativer Rede Schaden in zwei Richtungen. Sowohl der Anspruch der empirischen Wissenschaften auf Nichteinmischung aus nichtwissenschaftlichen Sphären wird unglaubwürdig, wenn sie die prinzipielle Differenz zwischen Empirie (also Kenntnis) und Theorie (die durch Empirie bestätigt werden muss) aufweicht. Als auch der Anspruch auf die Freiheit des Sollens vom Sein wird angegriffen, wenn sich der Versuch durchsetzen sollte, aus der vermeintlichen Berechenbarkeit menschlichen Verhaltens normative Verfahren gesamtgesellschaftlich zu realisieren.
Der Determinismus erhält, wenn er in dieser Hinsicht nicht einmal methodische Vorsicht gegenüber der Grenze zur Ethik walten lässt, den Charakter eines geschlossenen, fast perfekten Weltbildes mit all den Verführungen denen ihre Verfechter (wie Markowitsch) zu erliegen neigen.
Auch wenn ich den Determinismus nachvollziehen kann, so würde ich mich aus meiner Warte immer gegen die Bestrebung wenden, praktische Folgerungen aus diesem Standpunkt zuzulassen. Wie beispielsweise gesetzliche Regelungen zu präventiven Maßnahmen gegen nicht begangene Straftaten.

#1485:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 17:54
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
„Ich reagiere nur, wenn jemand mir, der nun mal an die Möglichkeit eines freien Willens glaubt, mit fast unflätigen Eigenschaftsworten bewirft ...“

Lieber Patapata,

dafür bitte ich Dich um Entschuldigung. Als Entschuldigung führe ich an, daß ich kein Roboter bin, nicht jeden Tag gutgelaunt und nur hin und wieder klug.

Gruß von Leila*
Akzeptiert Smilie

Trotzdem, ich habe Dich wiederholt gebeten, mir eine Begründung für Deine Qualifikationen zu geben. Ich wäre immer noch froh um eine Antwort...

#1486:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 17:59
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
und wenn Du jetzt anfängst drüber zu streiten ob der Urknall ein Akt des freien Willens war,
dann zieh ich sogar nem alten Man noch die Ohren lang und beantrage Deine Deportation
in ein Christenforum Mr. Green
Ich wollte mit dieser Diskussion nur steps Haltung ad absurdum führen - er ist aber aalglatt in seiner Argumentation (wie Du manchmal auch) und weicht jeder vernünftigen Stellungnahme aus - ich habe diese Diskussion daher abgebrochen...

#1487:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 19:21
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Auch wenn ich den Determinismus nachvollziehen kann, so würde ich mich aus meiner Warte immer gegen die Bestrebung wenden, praktische Folgerungen aus diesem Standpunkt zuzulassen.

Das erinnert mich an die Ehefrau des Bischofs von Worcester, die über die Evolutionstheorie sagte: "Abgestammt von den Affen! Lass uns hoffen, dass es nicht wahr ist, aber falls doch, lass uns beten, dass es nicht allgemein bekannt wird." zwinkern

zelig hat folgendes geschrieben:
Wie beispielsweise gesetzliche Regelungen zu präventiven Maßnahmen gegen nicht begangene Straftaten.

Wie beurteilst Du in diesem Zusammenhang die Führerscheinpflicht? Und sind nicht präventive Maßnahmen IMMER gegen nicht begangene Straftaten?


Zuletzt bearbeitet von step am 16.07.2009, 20:26, insgesamt einmal bearbeitet

#1488:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 19:22
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich wollte mit dieser Diskussion nur steps Haltung ad absurdum führen - er ist aber aalglatt in seiner Argumentation (wie Du manchmal auch) und weicht jeder vernünftigen Stellungnahme aus ...

Irgendwie bist Du doch ein armes Würstchen.

#1489:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 21:49
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur ist die Autonomie dieser ... Maschinen ziemlich gering im Vergleich zu einem durchschnittlichen Menschen. Für 'ne moralische z.B. Verantwortung fehlt da mMn noch ein bisschen was.

Ja, irgendetwas ist da tatsächlich deutlich geringer. Wenn man aber genauer betrachtet, was da im Vergleich gering ist, dann kommt man auf (Liste evtl. unvollständig):

- Simulationsstärke (Zukunft, Empathie, ...)
- Lernkapazität
- Interaktivität
- ...

Das sind seinerseits alles keine Kapazitäten, die irgendwetwas "Freies" beinhalten, selbst wenn ich nicht bis auf die neuronale oder physikalische Ebene heruntergehe. Sondern man hält sie - aus black-box Sicht - fälschlicherweise für frei, weil man die genaue Determination aufgrund der Komplexität nicht erkennt.

Anders als die meisten naiven FW-Vertreter akzeptierst Du zwar die Determination, kehrst sie aber - nmV aus "psychohygienischen" Gründen - semantisch unter den Teppich. Klar kann man "Autonomie" definieren als Sammelbegriff für die o.g. und weitere Eigenschaften, aber man sollte sich der deterministischen Hintergründe bewußt sein.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich "kann" dies oder jenes tun, so wie ein Schachprogram diesen oder jenen Zug machen "kann".
... Aber da du oben zugestimmt hast, dass Du auch dein Unbewusstes als Teil von dir ansiehst, ist mir nicht klar, wie Du das eigentlich siehst. Mit "kann" meinst Du hier eigentlich "muss", richtig? Du musst das tun, was dein Unbewusstes Dir vorgibt - Du bist also doch getrennt von deinem Unbewussten?

Nein, das meinte ich anders: "ich kann tun" habe ich vereinfacht gebraucht für "in ähnlichen Situationen verhält sich step je nach genauer Situation so oder so", also für ein IF/ELSE. Insoferen ja: "muss", aber egal ob der Algorhithmus nun bewußt oder unbewußt abläuft. Vielleicht kommt dein Schluß zustande, weil "ich" unscharf definiert ist. Aber wenn "ich" das Selbstmodell eines individuums ist, sehe ich nicht, wieso ich bei der Modellierung einer Entscheidung das Unbewußte ausklammern sollte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was unterscheidet Deiner Meinung nach eine "Strafe" von einer "Sanktion"? Lehnst Du auch Sanktionen ab, weil die nutzloses Leiden schaffen?

WENN sie nutzloses Leiden schaffen, ja. Zum Unterschied: Mein intuitives Wortverständnis betont bei "Sanktion" den abschreckenden, bei "Strafe" den vergeltenden Aspekt. Du hast aber wohl recht, ich habe gerade nochmal nachgeschaut, "Sanktion" bedeutet meist einfach "Strafandrohung".

Also erscheint mir z.B. bei einem Vertrag eine Sanktion in Form einer moderaten finanziellen "Vertragsstrafe" sinnvoll, weil sie das Risiko des Vertragspartners begrenzt und so zur Kooperation beitragen kann. Im STrafrecht entspräche dies in etwa einem Täter-Opfer- oder Täter-Gesellschafts-Ausgleich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die heutigen Prinzipien, die ich für unverzichtbar halte, von denen ich nicht abrücken möchte, egal, ob sie heute (perfekt) realisiert sind oder (eher) idealistisch, habe ich mit einem Strich gekennzeichnet. Und das in (eventuell) in deine Sprache Umgesetzte habe ich mit einem Stern gekennzeichnet. Dahinter möchte ich nicht zurück. Können wir dabei übereinstimmen?

- Keine Strafe ohne Schuld

OK. Aus meiner Sicht also keine Strafe (da keine Schuld). zwinkern

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
* Keine Sanktion (= individuelle / außergewöhnliche / nicht Alle betreffende Freiheitseinschränkung / Zwangsmaßnahme / Verantwortungsentzug) ohne nachgewiesene absichtliche / fahrlässige Normverletzung

Da stimme ich nicht zu. Individuelle Verantwortungszumessung auch ohne nachgewiesene absichtliche / fahrlässige Normverletzung betreiben wir ständig, etwa wenn wir Kindern etwas nicht erlauben, und zwar nur aufgrund unserer allgemein gebildeten Einschätzung, dieses Kind würde der zugewiesenen Verantwortung wahrscheinlich nicht gerecht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... - "der Staat hat von Verfassung wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen" (BVerfGE 22, 180/219 f.; BayObLGZ 1994, 209/211)

Das ist ein interessanter Punkt. Gibt es nicht andere Gesetze, die dem widersprechen, z.B. im Strafrecht, Unterlassung bei Suizid, ...

Am meisten interessiert mich aber, ob unter "bessern" auch das Verhindern von Schädigung Dritter fällt. Falls ja, würde das bedeuten, daß man Straftäter zwar gegen ihren Willen einkerkern, aber nicht gegen ihren Willen bessern darf?

Na gut, also nach längerer Überlegung würde ich zustimmen, dem gefährdeten Wiederholungstäter als Alternative "freiwillige" Sicherheitsverwahrung anzubieten, wenn er um jeden Preis nicht therapiert werden möchte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Ich halte es daher für sinnlos, zu behaupten, Erkenntnisse, Gedanken, Meinungen, Erfahrungen, Gefühle existierten in Wirklichkeit gar nicht, in Wirklichkeit gäbe es nur darunter liegendes Neuronenfeuern -> Epiphänomenalismus.

Ich enthalte mich ontologischer AUssagen über diese Phänomene. Von mir aus dürfen sie auch "existieren". Mir geht es darum, daß die darunterliegenden Schichten die "Wirkungen" enthalten und daher den Vorgang komplett determinieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Kein Grund also, einen moralischen Vorwurf gegen den Normverletzer zu erheben?
Es ist doch eindeutig, daß er eine moralische Norm verletzt hat. Das ist Fakt, wieso sollte man das leugnen? Wichtiger als der VOrwurf ist aber die Aktion, eine Normverletzung in Zukunft zu vermeiden. In manchen Fällen mag ein "Vorwurf" (mißbilligender Hinweis auf die Normverletzung) da helfen.
Ja, in manchen Fällen mag ein Vorwurf helfen. Aber der ist auch schon eine Sanktion. In manchen Fällen mag ein Vorwurf nicht mehr ausreichend sein. Dann braucht man härtere Sanktionen. (Wenn man die Zukunft in Richtung besserer Normeinhaltung beeinflussen will - aufgrund von Überlegungen und Argumentationen.)

Ja, aber eben nur, wenn das die Zukunft verbessert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
- Jemand parkt falsch. Er ist aber nachweislich dazu in der Lage, Schilder zu beachten und richtig zu parken.
Er war in dem Fall nachweislich NICHT "in der Lage" (!), würde ich sagen. Oder wie stellst Du fest, daß er dazu in der Lage ist? Weil er manchmal richtig parkt?
Ja, genau. Niemand und nichts hat ihn dazu gezwungen, falsch zu parken.

Keine Person hat ihn gezwungen. Das, was ihn determiniert hat, ist so komplex, daß wir es intuitiv leugnen. Wir verurteilen ihn, weil wir wissen, daß andere Personen in vergleichbaren Situationen sich oft normgerecht verhalten. Die Abweichung deuten wir - wenn wir keinen trivialen Zwang identifizieren können - als Freiwilligkeit und den Täter als Letztverursacher.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich nehme dir auch nicht ab, dass Du nicht glaubst, plausible Argumente zu haben, die du Dir (egal mit welchem Anteil bewusst oder unbewusst) erarbeitet hast und folglich meinst, andere Subjekte überzeugen und sie somit beeinflussen zu können.

Ich wüßte auch nicht, wo ich sowas behauptet hätte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sie können nichts für ihr Handeln, weil sie durch außerhalb ihrer Kontrolle liegenden Umstände dazu gezwungen wurden? Genauso, als wie wenn sie durch jemanden mit vorgehaltener Pistole zu den Handlungen gezwungen wurden?
Nein, nicht genauso. Bei der Pistole ist dem Individuum die Determination bewußt, beim Falschparken (vermutlich) nicht. Bei der Pistole ercheint die Handlung dem Individuum antipräferent, beim Falschparken präferent. Bei der Pistole ist die Determination für beobachtende Dritte trivial, intuitiv erfaßbar und zudem jemand, den man bestrafen kann, beim Falschparken ist die Determination komplex, anti-intuitiv und schlecht greifbar.

Der Unterschied hier ist mE der zwischen Zwang und Freiwilligkeit. Und das hat erst mal überhaupt nichts mit Determination zu tun. Für mich ist der Gegensatz von Freiheit Zwang und nicht Determination. Und ich behaupte jetzt mal ganz dreist, dass viele andere Leute das ebenso sehen und daher diese Unterscheidung weiterhin wichtig sein wird, sehr viel wichtiger als die Unterscheidung zwischen determiniert und indeterminiert, auf die es Dir hier letztlich nur anzukommen scheint.

Zwang ist aus meiner Sicht so etwas wie "als nichtpräferiert wahrgenommene Determination", also eine Untermenge von Determination.

#1490:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 22:00
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
und wenn Du jetzt anfängst drüber zu streiten ob der Urknall ein Akt des freien Willens war,
dann zieh ich sogar nem alten Man noch die Ohren lang und beantrage Deine Deportation
in ein Christenforum Mr. Green
Ich wollte mit dieser Diskussion nur steps Haltung ad absurdum führen - er ist aber aalglatt in seiner Argumentation (wie Du manchmal auch) und weicht jeder vernünftigen Stellungnahme aus - ich habe diese Diskussion daher abgebrochen...


Schau Dir doch mein letztes Post dazu nochmal in Ruhe an und dann sag mir weswegen Du Dich
in Deinem Alter der Aufregung aussetzt eine Argumentation zu führen, welche NUR auf den Punkt
gebracht beweis oder widerlegbar wäre,
wärend Du doch selbst der Meinung bist - das es bereits vor dem PUNKT ins absurde führt
und damit -> sowohl als auch - ja auch persönlich ganz gut leben kannst?

willste Step ÄRGERN indem Du ihn nötigst Argumente gegen einen, durch Dich nicht beweisbaren
freien Willen zu bringen?
Wenn Du zum stänkern aufgelegt bist dann müßte man fairerweise sagen das hinter dem Absurdum
frei=unfrei
der PUNKT liegt an dem der einzige exisitierenden Determinant -> keinerlei MÖGLICHKEIT auf Interaktion hat,
weil dafür mindesten NOCH ein Determinant nötig wäre.
Selbst mit "freiem Willen" ausgestattet könnte er sich aus dieser interaktionslosen Situation
nicht selbst befreien,
hätte also weder die CHANCE frei zu wählen noch wäre es nötig.
Ob Du nun immer noch frei nennen willst wenn man KEINE Wahl hat - bleibt dir überlassen.

m.E. ist er weder beweisbar noch nötig und möge deshalb von mir aus in Frieden ruhen
und wenn Step das ähnlich sieht verstehe ich das und das Du unbedingt drauf rumreiten mußt ist mir völlig schleierhaft.

#1491:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 22:14
    —
Also, wenn jemand von Kriminalitätsprävention spricht und ihm dazu lediglich ordnungspolitische *Maßnahmen* einfallen, anstatt soziale Prävention, dann weiß man schon von vorn herein, woher der Wind weht.

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 16.07.2009, 22:20, insgesamt 2-mal bearbeitet

#1492:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 22:17
    —
Dem Willen – in all seinen Äußerungen – stehen viele Dinge entgegen, die ihn behindern oder schwächen: Müdigkeit, Krankheit, Unglücksfälle, menschliche Widersacher, Ablehnung, natürliche Hindernisse, physische Unzulänglichkeit, Resignation u.dgl.m. Schon alles dessen wegen kann ich den freien Willen nicht anerkennen.

#1493:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 22:22
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Wir hatten hier schonmal die Diskussion rund um die Äusserungen von Markowitsch, und dessen Plädoyer für das Präventivstrafrecht. Im wesentlichen rührt meine Skepsis gegenüber socherart Überlegungen aus der unmerklichen Wandlung der deskriptiven in eine normative Rede, ohne dies kenntlich zu machen. Das war auch in diesem Thread gut nachzuvollziehen, an dem Punkt, als Kenntnis mit Berechnung argumentativ gleichgesetzt wurde.
Meines Erachtens riskiert man durch die Verschmierung von Deskription und normativer Rede Schaden in zwei Richtungen. Sowohl der Anspruch der empirischen Wissenschaften auf Nichteinmischung aus nichtwissenschaftlichen Sphären wird unglaubwürdig, wenn sie die prinzipielle Differenz zwischen Empirie (also Kenntnis) und Theorie (die durch Empirie bestätigt werden muss) aufweicht. Als auch der Anspruch auf die Freiheit des Sollens vom Sein wird angegriffen, wenn sich der Versuch durchsetzen sollte, aus der vermeintlichen Berechenbarkeit menschlichen Verhaltens normative Verfahren gesamtgesellschaftlich zu realisieren.
Der Determinismus erhält, wenn er in dieser Hinsicht nicht einmal methodische Vorsicht gegenüber der Grenze zur Ethik walten lässt, den Charakter eines geschlossenen, fast perfekten Weltbildes mit all den Verführungen denen ihre Verfechter (wie Markowitsch) zu erliegen neigen.
Auch wenn ich den Determinismus nachvollziehen kann, so würde ich mich aus meiner Warte immer gegen die Bestrebung wenden, praktische Folgerungen aus diesem Standpunkt zuzulassen. Wie beispielsweise gesetzliche Regelungen zu präventiven Maßnahmen gegen nicht begangene Straftaten.


Eine physikalisch begründete, faschistoide "Moral". Ja, das kann man sich vorstellen. Und irgendwie läuft es bei diesem step darauf hinaus, habe ich das Gefühl ...-

Skeptiker

#1494:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.07.2009, 23:42
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur ist die Autonomie dieser ... Maschinen ziemlich gering im Vergleich zu einem durchschnittlichen Menschen. Für 'ne moralische z.B. Verantwortung fehlt da mMn noch ein bisschen was.

Ja, irgendetwas ist da tatsächlich deutlich geringer. Wenn man aber genauer betrachtet, was da im Vergleich gering ist, dann kommt man auf (Liste evtl. unvollständig):

- Simulationsstärke (Zukunft, Empathie, ...)
- Lernkapazität
- Interaktivität
- ...

Das sind seinerseits alles keine Kapazitäten, die irgendwetwas "Freies" beinhalten, selbst wenn ich nicht bis auf die neuronale oder physikalische Ebene heruntergehe. Sondern man hält sie - aus black-box Sicht - fälschlicherweise für frei, weil man die genaue Determination aufgrund der Komplexität nicht erkennt.

Ich habe erklärt, was ich unter "Willensfreiheit / Entscheidungsfreiheit" bzw. "Freiheit" verstehe, Du nicht. Du hast nicht begründet, warum Determination sie einschränken könnte, denn Indetermination = Zufall = Willkür = nicht kontrollierbar schränkt sie ja wohl wesentlich mehr eine als eine Determination, die auf meiner Persönlichkeit beruht, die also von mir bedingt ist.

step hat folgendes geschrieben:
Anders als die meisten naiven FW-Vertreter akzeptierst Du zwar die Determination, kehrst sie aber - nmV aus "psychohygienischen" Gründen - semantisch unter den Teppich. Klar kann man "Autonomie" definieren als Sammelbegriff für die o.g. und weitere Eigenschaften, aber man sollte sich der deterministischen Hintergründe bewußt sein.

Und nochmal: Du musst einfach mal plausibel begründen, warum Determination ein Widerspruch zu Autonomie oder Freiheit sein sollte. Es einfach nur immer wieder zu behaupten, reicht ja nicht, weil ich das nicht als einfach so evident akzeptiere.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was unterscheidet Deiner Meinung nach eine "Strafe" von einer "Sanktion"? Lehnst Du auch Sanktionen ab, weil die nutzloses Leiden schaffen?

WENN sie nutzloses Leiden schaffen, ja. [...]

Also erscheint mir z.B. bei einem Vertrag eine Sanktion in Form einer moderaten finanziellen "Vertragsstrafe" sinnvoll, weil sie das Risiko des Vertragspartners begrenzt und so zur Kooperation beitragen kann. Im STrafrecht entspräche dies in etwa einem Täter-Opfer- oder Täter-Gesellschafts-Ausgleich.

Mal unabhängig von der Frage, was denn überhaupt nutzlos ist und was nicht, stellt sich hier eine andere Frage: nämlich die nach dem Unterschied zwischen einer absichtlichen und einer unabsichtlichen Handlung. Sieht man diesen Unterschied und möchte man ihn weiterhin berücksichtigen, dann ist man ziemlich genau bei dem Begriff von "Schuld", so wie er im Strafrecht verstanden wird. Dieser Begriff beinhaltet nämlich keineswegs die zusätzlichen metaphysischen Konnotationen, die Du anscheinend immer darin siehst (inhärente Notwendigkeit von Vergeltung, Rache). "Schuld" bedeutet lediglich, dass jemand willentlich, absichtlich oder fahrlässig, ohne äußeren oder inneren Zwang eine zu dem Zeitpunkt der Nomverletzung eine ihm bekannte Normverletzung begangen hat und ihm deswegen diese Normverletzung vorwerfbar ist. Lehnt man jetzt nur den Begriff ab und möchte aber weiterhin die Unterscheidung zwischen "absichtlich" und "unabsichtlich" treffen, dann betreibt man nur Wortkosmetik. Die aber nichts an dem damit gemeinten Sachverhalt ändert.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die heutigen Prinzipien, die ich für unverzichtbar halte, von denen ich nicht abrücken möchte, egal, ob sie heute (perfekt) realisiert sind oder (eher) idealistisch, habe ich mit einem Strich gekennzeichnet. Und das in (eventuell) in deine Sprache Umgesetzte habe ich mit einem Stern gekennzeichnet. Dahinter möchte ich nicht zurück. Können wir dabei übereinstimmen?

- Keine Strafe ohne Schuld

OK. Aus meiner Sicht also keine Strafe (da keine Schuld). zwinkern

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
* Keine Sanktion (= individuelle / außergewöhnliche / nicht Alle betreffende Freiheitseinschränkung / Zwangsmaßnahme / Verantwortungsentzug) ohne nachgewiesene absichtliche / fahrlässige Normverletzung

Da stimme ich nicht zu. Individuelle Verantwortungszumessung auch ohne nachgewiesene absichtliche / fahrlässige Normverletzung betreiben wir ständig, etwa wenn wir Kindern etwas nicht erlauben, und zwar nur aufgrund unserer allgemein gebildeten Einschätzung, dieses Kind würde der zugewiesenen Verantwortung wahrscheinlich nicht gerecht.

Es geht mir hier um staatliche Maßnahmen gegenüber mündigen Bürgern. Diesem darf nur dann (die normale generell gegebene) Freiheit / Verantwortung individuell entzogen werden, wenn er eine konkrete Normverletzung begangen hat und nicht aufgrund einer statistischen Wahrscheinlichkeit.

Na gut, diese Aussage ist ziemlich pauschal, die wird man sicher mit irgendwelchen Einzelbeispielen angreifen können, die Grenze zwischen "mündigem" und "nicht mündigem" Bürger kann man auch nicht so einfach festlegen. Aber es geht mir um das Prinzip, ich möchte keine "Supernanny-Gesellschaft" bzw. eine "control-freak-society". "Wir machen es hier so, es gibt ja keine scharfe Grenze zwischen mündigen und unmündigen Bürgern, also dürfen wir problemlos diese Grenze immer weiter ausweiten" sehe ich nicht als guten Grund an. Das folgt nämlich mE überhaupt nicht.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... - "der Staat hat von Verfassung wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen" (BVerfGE 22, 180/219 f.; BayObLGZ 1994, 209/211)

[...] Am meisten interessiert mich aber, ob unter "bessern" auch das Verhindern von Schädigung Dritter fällt. Falls ja, würde das bedeuten, daß man Straftäter zwar gegen ihren Willen einkerkern, aber nicht gegen ihren Willen bessern darf?

Ganz richtig, genau das bedeutet es. Die Gesellschaft hat demnach zwar das Recht, sich gegen Normverletzer zur Wehr zu setzen, aber sie hat nicht das Recht, mündige Bürger so anzupassen, dass sie konformer mit was auch immer gehen. Denn jeder hat das Recht dazu, eine andere Auffassung als die Gesellschaft, bzw. die Mehrheit der Gesellschaft zu haben und diese auch weiterhin zu haben, falls er sich dafür entscheidet.

step hat folgendes geschrieben:
Na gut, also nach längerer Überlegung würde ich zustimmen, dem gefährdeten Wiederholungstäter als Alternative "freiwillige" Sicherheitsverwahrung anzubieten, wenn er um jeden Preis nicht therapiert werden möchte.

Wer nicht freiwillig therapiert werden will, der kann auch nicht therapiert werden. Die Drohung z.B. gegenüber einem notorischen Ladendieb mit Sicherungsverwahrung mag ihn zwar dazu verleiten, die Therapie mitzumachen, vielleicht, wenn er schlau ist, eignet er sich auch Strategien an, den Therapeuten über einen angeblichen Erfolg der Therapie zu täuschen. Aber dieser Erfolg kann so nicht gewährleistet werden, nach allem, was ich so weiß. Klar macht er die Therapie, wenn die einzige Alternative dann die Sicherungsverwahrung ist. Wäre halt ein bisschen unverhältnismäßig, das würde mich dabei stören (widerspräche meinem oben geforderten Prinzip, dass die Dauer der staatlich verhängten Sanktion von der Größe der moralischen Ablehnung der Normvetzung abhängen sollte - auf das Du nicht eingegangen bist). Und auch der somit dahinter liegende Gedanke, die Gesellschaft / der Staat hätte überhaupt das Recht dazu, andere an ihre Vorstellungen anzupassen (durch härtere Maßnahmen als Apelle, Argumentationen, Überzeugungsversuche).

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Ich halte es daher für sinnlos, zu behaupten, Erkenntnisse, Gedanken, Meinungen, Erfahrungen, Gefühle existierten in Wirklichkeit gar nicht, in Wirklichkeit gäbe es nur darunter liegendes Neuronenfeuern -> Epiphänomenalismus.

Ich enthalte mich ontologischer AUssagen über diese Phänomene. Von mir aus dürfen sie auch "existieren". Mir geht es darum, daß die darunterliegenden Schichten die "Wirkungen" enthalten und daher den Vorgang komplett determinieren.

Die "darunterliegenden Schichten" können nur das determinieren, von dem sie getrennt sind, wenn sie etwas anderes sind -> Epiphanomenalismus. Wenn aber die höheren Schichten durch die unteren Schichten realisiert werden, dann kann man nun mal genauso gut sagen, das Ergebnis meiner Überlegungen wird durch meine Argumente determiniert. Die unteren Schichten brauchen dann für die Gültigkeit meiner Argumente nicht mehr betrachtet zu werden. Abgesehen davon, wie schon gesagt, dass wir eh kein Vokabular dafür haben, um irgendwelche Argumente mit Prozessen irgendwelcher unterer Ebenen gleich setzen zu können.

Falls Du hier aber wiederum nur sagen wolltest: ist aber alles determiniert!, dann frage ich eben wieder: ja, na und, was folgt daraus und warum?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(Wenn man die Zukunft in Richtung besserer Normeinhaltung beeinflussen will - aufgrund von Überlegungen und Argumentationen.)

Ja, aber eben nur, wenn das die Zukunft verbessert.

Na, gut, an dieser Stelle nochmal mein Argument, auf das Du überhaupt nicht eingegangen bist: wer glaubt, die Zukunft aufgrund seiner Überlegungen und Argumente beeinflussen zu können, der sieht sich als autonomes, handelndes, die Zukunft beeinflussen könnendes und daher letztlich als freies Subjekt an.

Wir können gar keine andere Sichtweise als diese einnehmen. Oder wir verfallen dem Fatalismus. Aber ein Teilnehmer in einem Diskurs, der mit Argumenten überzeugen möchte, sieht sich unweigerlich so.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er war in dem Fall nachweislich NICHT "in der Lage" (!), würde ich sagen. Oder wie stellst Du fest, daß er dazu in der Lage ist? Weil er manchmal richtig parkt?

Ja, genau. Niemand und nichts hat ihn dazu gezwungen, falsch zu parken.

Keine Person hat ihn gezwungen. Das, was ihn determiniert hat, ist so komplex, daß wir es intuitiv leugnen. Wir verurteilen ihn, weil wir wissen, daß andere Personen in vergleichbaren Situationen sich oft normgerecht verhalten. Die Abweichung deuten wir - wenn wir keinen trivialen Zwang identifizieren können - als Freiwilligkeit und den Täter als Letztverursacher.

Ich zweifele Deine Behauptung an, die allgemeine Sicht von Freiheit würde einen Letztverursacher benötigen. Das glaube ich schlicht nicht. Aber darauf beruht letztlich deine ganze Argumentation. Aber Determination ist nun mal kein Gegensatz zu Freiheit, denn das müsste bedeuten, dass Zufall / Willkür freiheitserhöhend wäre.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich nehme dir auch nicht ab, dass Du nicht glaubst, plausible Argumente zu haben, die du Dir (egal mit welchem Anteil bewusst oder unbewusst) erarbeitet hast und folglich meinst, andere Subjekte überzeugen und sie somit beeinflussen zu können.

Ich wüßte auch nicht, wo ich sowas behauptet hätte.

Du glaubst also, dass Du (und somit folglich auch andere) die Zukunft mit ihren Argumenten und Überlegungen beeinflussen und somit steuern können? Wenn das aber jemand kann, warum sollte man ihm nicht seine Normverletzungen vorwerfen können und dafür eine Rechenschaft verlangen dürfen?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sie können nichts für ihr Handeln, weil sie durch außerhalb ihrer Kontrolle liegenden Umstände dazu gezwungen wurden? Genauso, als wie wenn sie durch jemanden mit vorgehaltener Pistole zu den Handlungen gezwungen wurden?
Nein, nicht genauso. Bei der Pistole ist dem Individuum die Determination bewußt, beim Falschparken (vermutlich) nicht. Bei der Pistole ercheint die Handlung dem Individuum antipräferent, beim Falschparken präferent. Bei der Pistole ist die Determination für beobachtende Dritte trivial, intuitiv erfaßbar und zudem jemand, den man bestrafen kann, beim Falschparken ist die Determination komplex, anti-intuitiv und schlecht greifbar.

Der Unterschied hier ist mE der zwischen Zwang und Freiwilligkeit. Und das hat erst mal überhaupt nichts mit Determination zu tun. Für mich ist der Gegensatz von Freiheit Zwang und nicht Determination. Und ich behaupte jetzt mal ganz dreist, dass viele andere Leute das ebenso sehen und daher diese Unterscheidung weiterhin wichtig sein wird, sehr viel wichtiger als die Unterscheidung zwischen determiniert und indeterminiert, auf die es Dir hier letztlich nur anzukommen scheint.

Zwang ist aus meiner Sicht so etwas wie "als nichtpräferiert wahrgenommene Determination", also eine Untermenge von Determination.

Aber Determination spielt überhaupt keine Rolle hier. Dafür fehlt schlicht ein Argument. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Zwang und Freiwilligkeit dabei.

Auch aus der Sicht eines Deterministen ist dieser Unterschied natürlich wichtig, denn es ergibt einfach keinen präventiven Sinn, jemanden für eine Handlung einer Sanktion auszusetzen, zu der er gezwungen wurde oder die er unabsichtlich vollführte. Die Sanktion kann dann ja weder Einfluss auf ihn, noch auf andere in zukünftigen ähnlichen Situationen haben. (Wobei der performative Selbstwiderspruch eines "harten Deterministen" - jemand, der behauptet, dass niemand aktiv die Zukunft beeinflussen könne, weil die festgelegt / determiniert sei - hier wieder zutage tritt: denn er glaubt offensichtlich im Widerspruch dazu von sich selber, dass er es sehr wohl könne.)

#1495:  Autor: göttertodWohnort: Freiburg BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 01:53
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wir hatten hier schonmal die Diskussion rund um die Äusserungen von Markowitsch, und dessen Plädoyer für das Präventivstrafrecht. Im wesentlichen rührt meine Skepsis gegenüber socherart Überlegungen aus der unmerklichen Wandlung der deskriptiven in eine normative Rede, ohne dies kenntlich zu machen. Das war auch in diesem Thread gut nachzuvollziehen, an dem Punkt, als Kenntnis mit Berechnung argumentativ gleichgesetzt wurde.
Meines Erachtens riskiert man durch die Verschmierung von Deskription und normativer Rede Schaden in zwei Richtungen. Sowohl der Anspruch der empirischen Wissenschaften auf Nichteinmischung aus nichtwissenschaftlichen Sphären wird unglaubwürdig, wenn sie die prinzipielle Differenz zwischen Empirie (also Kenntnis) und Theorie (die durch Empirie bestätigt werden muss) aufweicht. Als auch der Anspruch auf die Freiheit des Sollens vom Sein wird angegriffen, wenn sich der Versuch durchsetzen sollte, aus der vermeintlichen Berechenbarkeit menschlichen Verhaltens normative Verfahren gesamtgesellschaftlich zu realisieren.
Der Determinismus erhält, wenn er in dieser Hinsicht nicht einmal methodische Vorsicht gegenüber der Grenze zur Ethik walten lässt, den Charakter eines geschlossenen, fast perfekten Weltbildes mit all den Verführungen denen ihre Verfechter (wie Markowitsch) zu erliegen neigen.
Auch wenn ich den Determinismus nachvollziehen kann, so würde ich mich aus meiner Warte immer gegen die Bestrebung wenden, praktische Folgerungen aus diesem Standpunkt zuzulassen. Wie beispielsweise gesetzliche Regelungen zu präventiven Maßnahmen gegen nicht begangene Straftaten.


Eine physikalisch begründete, faschistoide "Moral". Ja, das kann man sich vorstellen. Und irgendwie läuft es bei diesem step darauf hinaus, habe ich das Gefühl ...-

Skeptiker


vorneweg.... ich bin auf der Seite von Step!!!!! vielleicht nicht in allem, dafür ist mir die Diskussion zu lange und zu leseintensiv, aber doch in der Konsequenz der Verneinung des Freien Willens und der daraus folgenden "Verplichtung" oder anders den Quasimöglichkeiten, welche wenn überhaupt so etwas wie illusionäre Freiheit darstellen.

Präventive Maßnahmen gegen Straftäter klingen für manche vielleicht schlimm, aber wenn es einst möglich ist aufgrund von wissenschaftlichen Methoden (hier wohl hauptsächlich Neurowissenschaften) im Vorfeld zu erkennen, dass Menschen bei einem speziellen Reizimpuls zu einer so und so großen Wahrscheinlichkeit diese und jene Handlung begehen werden, dann wird man darüber nachdenken müssen, wie man präventiv dagegen vorgeht.

Und soetwas haben wir ja schon, ich meine es nennt sich z.B. Sicherheitsverwahrung. Nur ist die Sicherheitsverwahrung im Augenblick in ihrer Wissenschaftlichkeit auf eine (meiner Ansicht nach) poblige Laienpsychologie angewiesen. Laienpsychologie, wegen der mangelnden neurowissenschaftlichen Determination.

Egal welche der unzähligen Sparten der Psychologie, alle haben ihre Stärken (so wie ich es verstehe) in der Aussagekraft und Vorhersage durch die Statistik, also in der Wahrscheinlichkeit, die sich aber nur durch die Beobachtungsergebnisse einer Vielzahl von Individuen herleiten lässt, und dann auf das Einzelindividuum übertragen werden soll.

Das hier auch auf den Determinismus/Reduktionismus hingewiesen werden kann, sollte selbsterklärend sein. Nur meine ich, dass eine neurowissenschaftliche Erklärung von Handlungsweisen bei Menschen (jetzt, wenn nicht in der baldigen Zukunft) eine viel tiefgreifendere und genauere Methode der Handlungsbeschreibung ist, als ein langwieriges Kennenlernen der Person über die alltägliche Interaktion in den gewohnten Facetten.


und das ist für mich dann keine faschistoide Moral, sondern eine wünschenswerte Konsequenz ...

Den Determinismus in seiner solipsistischen Tendenz durchbrechen, dabei muss ich immer wieder mal an folgendes Zitat von Kant denken:

Zitat:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude [wage es verständig zu sein]! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ (Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Berlinische Monatsschrift, 1784,2, S. 481–494)


Was passiert mit dem Zitat, WENN ICH DEN DETERMINISMUS ANERKENNE???? Wenn ich Aufklärung mit Freiheit gleichsetzte..... und hier meine ich HANDLUNGSFREIHEIT nicht den Freien Willen (den es ja nicht gibt).
Genau dann ist es wichtig aus dem Erkennen des Zustandes Quasioptionen zu generieren, ethisch vertretbare Handlungsoptionen für alle.

#1496:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 09:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Also, wenn jemand von Kriminalitätsprävention spricht und ihm dazu lediglich ordnungspolitische *Maßnahmen* einfallen, anstatt soziale Prävention, dann weiß man schon von vorn herein, woher der Wind weht.

Damit kannst Du ja wohl nicht mich meinen, oder?

#1497:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 11:14
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich wollte mit dieser Diskussion nur steps Haltung ad absurdum führen - er ist aber aalglatt in seiner Argumentation (wie Du manchmal auch) und weicht jeder vernünftigen Stellungnahme aus ...

Irgendwie bist Du doch ein armes Würstchen.
Na Und! Sind wir doch irgendwie alle - ausser Dir natürlich...

#1498:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 11:37
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
[...] Versucht man hingegen jede Sache auf den Punkt zu bringen/auf die Spitze zu treiben, läufts ganz im letzten Detail immer auf (m.E. alltagsuntaugliches) entweder oder hinaus.
Meine Erfahrung lehrt mich eher, dass es dann absurd wird...
Konsequenterweise müsstest Du dann aber auf die Behauptung des freien Willens verzichten,
weil er schlußendlich nur über die sowohl-als-auch Absurdität von frei=unfrei hinaus
auf einen eindeutigen Definitionspunkt zu bringen wäre.
Diese Absurdität entsteht daraus, dass man immer wieder eine binäre Logik verwendet mit Einsatz von Extremen. Dann kann man auf solche Sachen wie frei=unfrei gelangen (les extrèmes se touchent !). Zwischen Schwarz und Weiss gibt es aber viele Farben und Helligkeitsstufen. Wahrscheinlich führt der Begriff "sowohl als auch" ebenfalls zur Absurdität, weil immer noch nur Schwarz und Weiss zugelassen ist. Man kann ebenfalls auf Schwarz=Weiss kommen, wenn man keine Farben und Graustufen zulässt...

Nein, Freiheit muss man in Bezug setzen auf die Freiheitsgrade (graduell) die man besitzt ! Ein Ansatz wäre die Fuzzy-Logik, trifft es aber auch nicht genau...

#1499:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 11:40
    —
göttertod hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wir hatten hier schonmal die Diskussion rund um die Äusserungen von Markowitsch, und dessen Plädoyer für das Präventivstrafrecht. Im wesentlichen rührt meine Skepsis gegenüber socherart Überlegungen aus der unmerklichen Wandlung der deskriptiven in eine normative Rede, ohne dies kenntlich zu machen. Das war auch in diesem Thread gut nachzuvollziehen, an dem Punkt, als Kenntnis mit Berechnung argumentativ gleichgesetzt wurde.
Meines Erachtens riskiert man durch die Verschmierung von Deskription und normativer Rede Schaden in zwei Richtungen. Sowohl der Anspruch der empirischen Wissenschaften auf Nichteinmischung aus nichtwissenschaftlichen Sphären wird unglaubwürdig, wenn sie die prinzipielle Differenz zwischen Empirie (also Kenntnis) und Theorie (die durch Empirie bestätigt werden muss) aufweicht. Als auch der Anspruch auf die Freiheit des Sollens vom Sein wird angegriffen, wenn sich der Versuch durchsetzen sollte, aus der vermeintlichen Berechenbarkeit menschlichen Verhaltens normative Verfahren gesamtgesellschaftlich zu realisieren.
Der Determinismus erhält, wenn er in dieser Hinsicht nicht einmal methodische Vorsicht gegenüber der Grenze zur Ethik walten lässt, den Charakter eines geschlossenen, fast perfekten Weltbildes mit all den Verführungen denen ihre Verfechter (wie Markowitsch) zu erliegen neigen.
Auch wenn ich den Determinismus nachvollziehen kann, so würde ich mich aus meiner Warte immer gegen die Bestrebung wenden, praktische Folgerungen aus diesem Standpunkt zuzulassen. Wie beispielsweise gesetzliche Regelungen zu präventiven Maßnahmen gegen nicht begangene Straftaten.


Eine physikalisch begründete, faschistoide "Moral". Ja, das kann man sich vorstellen. Und irgendwie läuft es bei diesem step darauf hinaus, habe ich das Gefühl ...-

Skeptiker


vorneweg.... ich bin auf der Seite von Step!!!!! vielleicht nicht in allem, dafür ist mir die Diskussion zu lange und zu leseintensiv, aber doch in der Konsequenz der Verneinung des Freien Willens und der daraus folgenden "Verplichtung" oder anders den Quasimöglichkeiten, welche wenn überhaupt so etwas wie illusionäre Freiheit darstellen.

Präventive Maßnahmen gegen Straftäter klingen für manche vielleicht schlimm, aber wenn es einst möglich ist aufgrund von wissenschaftlichen Methoden (hier wohl hauptsächlich Neurowissenschaften) im Vorfeld zu erkennen, dass Menschen bei einem speziellen Reizimpuls zu einer so und so großen Wahrscheinlichkeit diese und jene Handlung begehen werden, dann wird man darüber nachdenken müssen, wie man präventiv dagegen vorgeht.

Und soetwas haben wir ja schon, ich meine es nennt sich z.B. Sicherheitsverwahrung. Nur ist die Sicherheitsverwahrung im Augenblick in ihrer Wissenschaftlichkeit auf eine (meiner Ansicht nach) poblige Laienpsychologie angewiesen. Laienpsychologie, wegen der mangelnden neurowissenschaftlichen Determination.

Egal welche der unzähligen Sparten der Psychologie, alle haben ihre Stärken (so wie ich es verstehe) in der Aussagekraft und Vorhersage durch die Statistik, also in der Wahrscheinlichkeit, die sich aber nur durch die Beobachtungsergebnisse einer Vielzahl von Individuen herleiten lässt, und dann auf das Einzelindividuum übertragen werden soll.

Das hier auch auf den Determinismus/Reduktionismus hingewiesen werden kann, sollte selbsterklärend sein. Nur meine ich, dass eine neurowissenschaftliche Erklärung von Handlungsweisen bei Menschen (jetzt, wenn nicht in der baldigen Zukunft) eine viel tiefgreifendere und genauere Methode der Handlungsbeschreibung ist, als ein langwieriges Kennenlernen der Person über die alltägliche Interaktion in den gewohnten Facetten.


und das ist für mich dann keine faschistoide Moral, sondern eine wünschenswerte Konsequenz ...

Den Determinismus in seiner solipsistischen Tendenz durchbrechen, dabei muss ich immer wieder mal an folgendes Zitat von Kant denken:

Zitat:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude [wage es verständig zu sein]! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ (Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Berlinische Monatsschrift, 1784,2, S. 481–494)


Was passiert mit dem Zitat, WENN ICH DEN DETERMINISMUS ANERKENNE???? Wenn ich Aufklärung mit Freiheit gleichsetzte..... und hier meine ich HANDLUNGSFREIHEIT nicht den Freien Willen (den es ja nicht gibt).
Genau dann ist es wichtig aus dem Erkennen des Zustandes Quasioptionen zu generieren, ethisch vertretbare Handlungsoptionen für alle.


Das Zitat von Kant ist überaus wertvoll. Ein Schatz, dessen Bedeutung man gar nicht genug würdigen kann. Kant hat ja immer bestritten, ein Idealist zu sein, weil er die materielle Welt als objektiv gegeben ansah. In dem Zitat spricht Kant von "Schuld" und von "Muth" zur Entscheidung zum eigenen Verstand. Dass spätestens mit der Entfremdungstheorie der "eigene" Verstand oft nur der verinnerlichte fremde ist, ändert aber die Grundforderung Kants insofern nicht als dass es angesichts dieser Erkenntnis eben darum geht, den Mensch wieder seiner Natur anzunähern, will sagen, seinen eigentlichen, lebensfördernden und sozialen Bedürfnissen sowie seinen rationalen Fähigkeiten. Also den Menschen zu vernatürlichen und die Natur zu humanisieren. Dann ist erst die Grundlage für Vernunft in der Praxis geschaffen. Aber gut, so weit konnte Kant nicht sehen. Ich schätze ihn trotzdem außerordentlich.

Ein Physiker, der im Nebenjob Philosoph sein will und von vorne bis hinten hier eine lupenreinen Schäublerismus herunter-rhabarbert, ohne das auch nur zu wissen, den kann man wohl kaum in die Kategorie "Aufklärung" tun. Sondern - wie zelig sehr richtig bemerkte! - hier muss man trennen zwischen Fachgebiet (und dessen Anwendungsbereich!) sowie Philosophie.

Lenin hat sogar die Sache etwas schärfer formuliert. Sinngemäß sagte er:

"Die Erkennntise der bürgerlichen Wissenschaft sind wichtig und anzuerkennen. Aber sobald ein bürgerlicher Wissenschaftler philosophisch wird, sollte man ihm kein einziges Wort glauben."

Dazu kommt bei unserem steppi, dass er ständig logische Inkonsistenzen erzeugt, die eines Wissenschaftlers unwürdig sind. AgentProvocateur und ich haben bereits mehrfach darauf hingewiesen. (step behandelt hier das Subjekt "Gesellschaft" als völlig frei in seinen Methoden zu einem bestimmten Ziel. Dem Individuum gesteht er diese Freiheit - und das genau ist Freiheit - nicht zu.) Seine Vergleiche des menschlichen Erkennens in der Geschichte und Gesellschaft vergleicht er mit der Lernfähigkeit eines Schachcomputers. Na, was soll man dazu noch sagen?

Ob Du jetzt "auf seiner Seite stehst" oder nicht, kann an der Beurteilung der etwas dürren Substanz seiner Ausführungen nichts ändern.

Skeptiker

#1500:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 11:59
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das Zitat von Kant ist überaus wertvoll. Ein Schatz, dessen Bedeutung man gar nicht genug würdigen kann. Kant hat ja immer bestritten, ein Idealist zu sein, weil er die materielle Welt als objektiv gegeben ansah. In dem Zitat spricht Kant von "Schuld" und von "Muth" zur Entscheidung zum eigenen Verstand.

Es ist sehr, sehr bedauerlich, daß hier ellenlange Texte verfaßt werden, ohne das Handgreifliche zu fassen. Die von Kant behauptete selbstverschuldete Unmündigkeit widerspricht eklatant dem von ihm gleich darauf erwähnten Unvermögen.

Gruß von Leila*

#1501:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 12:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber da du oben zugestimmt hast, dass Du auch dein Unbewusstes als Teil von dir ansiehst, ist mir nicht klar, wie Du das eigentlich siehst. Mit "kann" meinst Du hier eigentlich "muss", richtig? Du musst das tun, was dein Unbewusstes Dir vorgibt - Du bist also doch getrennt von deinem Unbewussten?
Nein, das meinte ich anders: "ich kann tun" habe ich vereinfacht gebraucht für "in ähnlichen Situationen verhält sich step je nach genauer Situation so oder so", also für ein IF/ELSE. Insoferen ja: "muss", aber egal ob der Algorhithmus nun bewußt oder unbewußt abläuft. Vielleicht kommt dein Schluß zustande, weil "ich" unscharf definiert ist. Aber wenn "ich" das Selbstmodell eines individuums ist, sehe ich nicht, wieso ich bei der Modellierung einer Entscheidung das Unbewußte ausklammern sollte.
Du musst bei einer Modellierung des "ichs" das Unbewusste miteinbeziehen, das ist klar. Die diesem Thread zugrunde stehenden Experimente zeigten ja klar, dass eine Entscheidung im Unbewussten stattfindet. Was sie aber nicht zeigen ist wie der ganze Entscheidungsprozess stattfindet, zB ob das Bewusste an irgend einem Punkt nicht auch einbezogen wird. Ich stelle mir vor, dass ein auf und ab zwischen den Bewusstseisebenen stattfindet bis dann irgend eine Instanz im Unbewussten den Startschuss zur Entscheidung gibt.

Wie stehst Du zu Unbewussten ? Steckt in ihm der Hauptteil des Determinismus und steuert das Bewusste (das Bewusste ist nur da, um die irrationalen Entscheide des Unbewussten zu rationalisieren) oder siehst Du das ganz anders ?

#1502:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 13:01
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber da du oben zugestimmt hast, dass Du auch dein Unbewusstes als Teil von dir ansiehst, ist mir nicht klar, wie Du das eigentlich siehst. Mit "kann" meinst Du hier eigentlich "muss", richtig? Du musst das tun, was dein Unbewusstes Dir vorgibt - Du bist also doch getrennt von deinem Unbewussten?
Nein, das meinte ich anders: "ich kann tun" habe ich vereinfacht gebraucht für "in ähnlichen Situationen verhält sich step je nach genauer Situation so oder so", also für ein IF/ELSE. Insoferen ja: "muss", aber egal ob der Algorhithmus nun bewußt oder unbewußt abläuft. Vielleicht kommt dein Schluß zustande, weil "ich" unscharf definiert ist. Aber wenn "ich" das Selbstmodell eines individuums ist, sehe ich nicht, wieso ich bei der Modellierung einer Entscheidung das Unbewußte ausklammern sollte.
Du musst bei einer Modellierung des "ichs" das Unbewusste miteinbeziehen, das ist klar. Die diesem Thread zugrunde stehenden Experimente zeigten ja klar, dass eine Entscheidung im Unbewussten stattfindet. Was sie aber nicht zeigen ist wie der ganze Entscheidungsprozess stattfindet, zB ob das Bewusste an irgend einem Punkt nicht auch einbezogen wird. Ich stelle mir vor, dass ein auf und ab zwischen den Bewusstseisebenen stattfindet bis dann irgend eine Instanz im Unbewussten den Startschuss zur Entscheidung gibt.

Ich finde ja das ganze Thema etwas OT. Es könnte durchaus so sein, wie Du schreibst. Ich weiß spontan Beispiele für Entscheidungen, die unbewußt getroffen werden, und solche, die definitiv nicht unbewußt getroffen werden können, z.B. wenn ich etwas ausrechnen muß und meine Entscheidung von dem Ergebnis abhängt. Aber es ist - jedenfalls aus meiner Sicht - für die Freiheitsfrage letztlich irrelvant, wieviel Unbewußtes und wieviel Ratio beteiligt ist, da beide aus meiner Sicht nur phänomenale Kurzbeschreibungen neuronaler/physikalischer, determinierter Vorgänge sind.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Wie stehst Du zu Unbewussten ? Steckt in ihm der Hauptteil des Determinismus und steuert das Bewusste (das Bewusste ist nur da, um die irrationalen Entscheide des Unbewussten zu rationalisieren) ?

Das scheint zumindest im Moment so. Aber ich gebe erstens zu, daß ich da keine Experte bin, und glaube zweitens, daß da noch viele Fragen offen sind. Und drittens habe ich oben ja ein Beispiel genannt, das ohne wesentlichen Beitrag der Ratio nicht denkbar wäre. Insgesamt versuche ich auch in der Frage der Willensfreiheit unabhängig von Spekulationen über die Funktionsweise von Bewußtsein zu argumentieren.

#1503:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 13:02
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Diese Absurdität entsteht daraus, dass man immer wieder eine binäre Logik verwendet mit Einsatz von Extremen. Dann kann man auf solche Sachen wie frei=unfrei gelangen (les extrèmes se touchent !). Zwischen Schwarz und Weiss gibt es aber viele Farben und Helligkeitsstufen. Wahrscheinlich führt der Begriff "sowohl als auch" ebenfalls zur Absurdität, weil immer noch nur Schwarz und Weiss zugelassen ist. Man kann ebenfalls auf Schwarz=Weiss kommen, wenn man keine Farben und Graustufen zulässt...

Nein, Freiheit muss man in Bezug setzen auf die Freiheitsgrade (graduell) die man besitzt ! Ein Ansatz wäre die Fuzzy-Logik, trifft es aber auch nicht genau...


Ich versteh schon was Du meinst - und ich denke eigentlich das dies bei der Unterhaltung
zwischen AgentProvocateur und mir auch halbwegs verständlich rüber gekommen sein müßte.
Für graduelle Freiheit könnte man ebensogut auch - relative Freiheit einsetzen.
Am Freiheitsbegriff selbst magi ch ja auch gar nicht wackeln - nur wird er eben (individuell sehr verschieden),
in Relation zur entsprechenden Determination definiert - nicht aber absolut.
Wie gesagt ist das auch ne Sache mit der man m.E. bestens Leben kann,
wissenschaftlich beweisbar wärs aber nunmal nur wenn man die sache soweit
reduziert sie auf den Punkt zu bringen und da entzeiht sich der freie Wille aufgrund
auf null reduzierter Interaktion der Betrachtung - die auf null reduzierte Interaktion
wiederrum lässt aud Unmöglichkeit eines freien Willens schließen, weils ja nicht möglich
ist sich aus eigener Kraft (willen) aus Nichtinteraktion zu befreien - wenn nichts zum interagieren
da ist zwinkern
Mir ist schon klar worauf Du hinaus willst - und einen relativen Freiheitsbegriff in Bezug auf die
Determination zu definieren finde ich auch nicht unsinnig. da diese Realition aber einen freien
Willen nicht erforderlich macht - weiß ich nicht warum Du drauf rumreiten mußt.
Völlig FREI - wär nunmal völlig unbeeinflußt und weil unbeeinflußt nicht geht - ist alles andere
streng genommen NICHT frei.
Wenn ich einen Heliumballon an einem einzigen Faden festbinde - kann er RELATIV frei aufsteigen
(solange der Faden reicht) und sich auch in jede andere richtung relativ frei bewegen.
Solange der Faden nicht gespannt ist könnte er sich (Bewußtsein unterstellt) sogar "völlig frei" fühlen.
Trotzdem IST er nicht frei solange es diesen Faden gibt und nicht frei ist -> unfrei - völlig egal wie
relativ die Freiheit scheint zwinkern
Auf Mensch übertragen -> wenn man auch den allerletzten Determinationsfaden "abschneidet" = die
letzte Interaktion beendet ist man -> tot
Und damit wiederrum ebenso absolut frei wie absolut unfrei.

#1504:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 14:11
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Auf Mensch übertragen -> wenn man auch den allerletzten Determinationsfaden "abschneidet" = die
letzte Interaktion beendet ist man -> tot
Und damit wiederrum ebenso absolut frei wie absolut unfrei.
Das ist aber wiederum ein extremer Freiheitsbegriff ! Du verlangst also absolute Freiheit damit man überhaupt von Freiheit sprechen darf. Das ist absurd... zwinkern

#1505:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 14:32
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Du musst bei einer Modellierung des "ichs" das Unbewusste miteinbeziehen, das ist klar. Die diesem Thread zugrunde stehenden Experimente zeigten ja klar, dass eine Entscheidung im Unbewussten stattfindet. Was sie aber nicht zeigen ist wie der ganze Entscheidungsprozess stattfindet, zB ob das Bewusste an irgend einem Punkt nicht auch einbezogen wird. Ich stelle mir vor, dass ein auf und ab zwischen den Bewusstseisebenen stattfindet bis dann irgend eine Instanz im Unbewussten den Startschuss zur Entscheidung gibt.

Ich finde ja das ganze Thema etwas OT.
Finde ich nicht ! Genau darum geht es doch in diesem Thread : Das Unbewusste entscheidet Sekunden bevor das Bewusstsein realisiert, dass eine Entscheidung gefallen ist. Wenn es freie Entscheidungen gibt, dann müssen diese im Unterbewusstsein getroffen werden. Somit stellt sich die Frage ob das Unbewusste bedingt frei sein kann oder nicht - oder inwiefern das Bewusstsein im Entscheidungsprozess involviert ist.

step hat folgendes geschrieben:
Es könnte durchaus so sein, wie Du schreibst. Ich weiß spontan Beispiele für Entscheidungen, die unbewußt getroffen werden, und solche, die definitiv nicht unbewußt getroffen werden können, z.B. wenn ich etwas ausrechnen muß und meine Entscheidung von dem Ergebnis abhängt. Aber es ist - jedenfalls aus meiner Sicht - für die Freiheitsfrage letztlich irrelvant, wieviel Unbewußtes und wieviel Ratio beteiligt ist, da beide aus meiner Sicht nur phänomenale Kurzbeschreibungen neuronaler/physikalischer, determinierter Vorgänge sind.
Irrelevant ist es nicht. Den Eindruck eines (bedingt) freien Willens hat man nur im Bewusstsein. Das Unbewusste ist uns nicht direkt zugänglich. Trotzdem trifft es die Entscheidung. Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, das Rechenresultat trifft sie - Du (oder Dein Unbewusstes) hast Dich aber frei entschieden Deine Entscheidung gemäss dieser Rechnung zu treffen...

#1506:  Autor: göttertodWohnort: Freiburg BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 14:45
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber da du oben zugestimmt hast, dass Du auch dein Unbewusstes als Teil von dir ansiehst, ist mir nicht klar, wie Du das eigentlich siehst. Mit "kann" meinst Du hier eigentlich "muss", richtig? Du musst das tun, was dein Unbewusstes Dir vorgibt - Du bist also doch getrennt von deinem Unbewussten?
Nein, das meinte ich anders: "ich kann tun" habe ich vereinfacht gebraucht für "in ähnlichen Situationen verhält sich step je nach genauer Situation so oder so", also für ein IF/ELSE. Insoferen ja: "muss", aber egal ob der Algorhithmus nun bewußt oder unbewußt abläuft. Vielleicht kommt dein Schluß zustande, weil "ich" unscharf definiert ist. Aber wenn "ich" das Selbstmodell eines individuums ist, sehe ich nicht, wieso ich bei der Modellierung einer Entscheidung das Unbewußte ausklammern sollte.
Du musst bei einer Modellierung des "ichs" das Unbewusste miteinbeziehen, das ist klar. Die diesem Thread zugrunde stehenden Experimente zeigten ja klar, dass eine Entscheidung im Unbewussten stattfindet. Was sie aber nicht zeigen ist wie der ganze Entscheidungsprozess stattfindet, zB ob das Bewusste an irgend einem Punkt nicht auch einbezogen wird. Ich stelle mir vor, dass ein auf und ab zwischen den Bewusstseisebenen stattfindet bis dann irgend eine Instanz im Unbewussten den Startschuss zur Entscheidung gibt.

Wie stehst Du zu Unbewussten ? Steckt in ihm der Hauptteil des Determinismus und steuert das Bewusste (das Bewusste ist nur da, um die irrationalen Entscheide des Unbewussten zu rationalisieren) oder siehst Du das ganz anders ?


dazu bin ich gestern über einen netten Artikel gestolpert, der passt ganz gut als Beispiel (für Laien wie uns, oder ich es bin):

http://www.spektrumverlag.de/artikel/981062

Zitat:
...

Die Vorstellung, die eigene Haut mit einer Nadel zu durchbohren, dürfte für die wenigsten angenehm sein. Wenn also bei einer Blutabnahme der Puls in die Höhe steigt und die ein oder andere Schweißperle auf der Stirn des Patienten erscheint, ist dies Teil einer völlig normalen Abwehrreaktion gegenüber tatsächlichen oder vermuteten Verletzungen. Meist siegt jedoch die Vernunft über die Urangst, der Patient kann seine Gefühle unter Kontrolle bringen und lässt sich angesichts der offensichtlichen Notwendigkeit freiwillig verletzen.

...


wobei ich das "freiwillig" als, naja letztendlich halbbewusste (da eigentlich im Unterbewussten schon entschiedene) Handlungsinstanz übersetze.

und wie AXO richtigerweise noch mal darauf hingewiesen hat:

Zitat:
Völlig FREI - wär nunmal völlig unbeeinflußt


dieser Punkt wurde schon zu oft im Freigeisterhaus diskutiert... Freier Wille??? Frei wovon???..es müsste zu vielen Themen Konsensthreads geben, in denen die gemeinsame Haltung möglichst vieler festgehalten und auch die wichtigsten Für und Wieder aufgelistet sind.... (träum)

(ein anderer, toller Leserbrief im Spektrum)

#1507:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 15:02
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Auf Mensch übertragen -> wenn man auch den allerletzten Determinationsfaden "abschneidet" = die
letzte Interaktion beendet ist man -> tot
Und damit wiederrum ebenso absolut frei wie absolut unfrei.
Das ist aber wiederum ein extremer Freiheitsbegriff ! Du verlangst also absolute Freiheit damit man überhaupt von Freiheit sprechen darf. Das ist absurd... zwinkern


nein gar nicht Smilie
Du kannst doch von frei sprechen - am Freiheitsbegriff im allgemeinem Sprachgebrauch ändert
sich doch durch diese Unterhaltung nichts. Man kann sich in der Relation zur Determination
in viefältigster Weise frei fühlen und wird das auch weiterhin so bezeichnen.
Nur ist eben die gefühlte Freiheit nur eine zur Determination relative Freiheit
und wie von mir erwähnt - m.E. dann als optimal frei empfunden wenn sich Aktion und
Reaktion die Waage halten können.
Da frei selbst aber nunmal irreführenderweise im Sprachgebrauch auch ein absoluter Begriff
ist -> frei von Angst heißt völlig ohne Angst -> frei von Schmerzen heißt völlig ohne Schmerzen,
kommts zu entsprechender Verwirrung wenn man vom Willen als FREI redet,
weil das Wort - frei - eine Absolutheit beinhaltet welche nunmal mit Willen nicht kompatibel ist.

So als würde man sagen -> ein völlig stromfrei funktioniernder PC.

um Dich überhaupt völlig FREI entscheiden zu können - dürfte es nichts geben wofür oder gegen Du
Dich entscheiden mußt und wenn es das nicht gäbe
-> könntest Du dich nicht entscheiden - wärst als nichtmal in Deiner Nichtentscheidung frei Smilie

#1508:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 15:53
    —
Redet nur frank und frei weiter so! Ich lese es nicht mehr.

Gruß von Leila*

#1509:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 17:46
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Du musst bei einer Modellierung des "ichs" das Unbewusste miteinbeziehen, das ist klar. Die diesem Thread zugrunde stehenden Experimente zeigten ja klar, dass eine Entscheidung im Unbewussten stattfindet. Was sie aber nicht zeigen ist wie der ganze Entscheidungsprozess stattfindet, zB ob das Bewusste an irgend einem Punkt nicht auch einbezogen wird. Ich stelle mir vor, dass ein auf und ab zwischen den Bewusstseisebenen stattfindet bis dann irgend eine Instanz im Unbewussten den Startschuss zur Entscheidung gibt.

Ich finde ja das ganze Thema etwas OT.
Finde ich nicht ! Genau darum geht es doch in diesem Thread : Das Unbewusste entscheidet Sekunden bevor das Bewusstsein realisiert, dass eine Entscheidung gefallen ist. Wenn es freie Entscheidungen gibt, dann müssen diese im Unterbewusstsein getroffen werden. Somit stellt sich die Frage ob das Unbewusste bedingt frei sein kann oder nicht - oder inwiefern das Bewusstsein im Entscheidungsprozess involviert ist.

step hat folgendes geschrieben:
Es könnte durchaus so sein, wie Du schreibst. Ich weiß spontan Beispiele für Entscheidungen, die unbewußt getroffen werden, und solche, die definitiv nicht unbewußt getroffen werden können, z.B. wenn ich etwas ausrechnen muß und meine Entscheidung von dem Ergebnis abhängt. Aber es ist - jedenfalls aus meiner Sicht - für die Freiheitsfrage letztlich irrelvant, wieviel Unbewußtes und wieviel Ratio beteiligt ist, da beide aus meiner Sicht nur phänomenale Kurzbeschreibungen neuronaler/physikalischer, determinierter Vorgänge sind.
Irrelevant ist es nicht. Den Eindruck eines (bedingt) freien Willens hat man nur im Bewusstsein. Das Unbewusste ist uns nicht direkt zugänglich. Trotzdem trifft es die Entscheidung. Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, das Rechenresultat trifft sie - Du (oder Dein Unbewusstes) hast Dich aber frei entschieden Deine Entscheidung gemäss dieser Rechnung zu treffen...



.

Ich weiß es nicht genau, aber vielleicht deckt sich steps Konzept mit dem von Douglas Hofstadter. Hofstädter meint, daß auch ein vollständig bestimmtes und determiniertes System so komplexe Strukturen aufweisen kann und somit mit Begriffen wie "Freier Wille" und "Entscheidung" beschrieben werden kann, ganz unabhängig davon, daß es ganz und gar von den auf einfacheren Stufen wirkenden Gesetzen gesteuert wird.

"Eine vollständig entwickelte Reihe kann Strukturen hervorbringen, die in den Regeln selbst nicht enthalten sind. Der Grund dafür, daß die Eigenschaften nicht in den Regeln zu finden sind, ist ein allgemeines Charakteristikum der Welt, das in Gödels Satz und Chaitins Weiterführung beschrieben ist. Da man, wie Turing gezeigt hat, nicht entscheiden kann, ob ein Rechenprozeß zum Halten kommen wird, kann man auch nicht im Voraus überblicken, wohin die Gesetze führen werden."

(Tor Nörretranders , "Spüre die Welt")

()

---
"Mehr ist anders."

#1510:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 17:46
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Da frei selbst aber nunmal irreführenderweise im Sprachgebrauch auch ein absoluter Begriff
ist -> frei von Angst heißt völlig ohne Angst -> frei von Schmerzen heißt völlig ohne Schmerzen,
kommts zu entsprechender Verwirrung wenn man vom Willen als FREI redet,
weil das Wort - frei - eine Absolutheit beinhaltet welche nunmal mit Willen nicht kompatibel ist.

Das ist so nicht richtig. Ich habe das wesentliche Wort dabei mal markiert.

Bei bestimmten Aussagen bedeutet "frei" tatsächlich "völlig ohne" - und zwar in all den Fällen, bei denen statt "frei" synonym "völlig ohne" gesagt werden kann. In diesem Fällen bezeichnet also "frei" etwas Binäres -> wenn auf einer Rose mindestens eine Laus sitzt, dann kann man nicht mehr behaupten, sie sei frei von Läusen.

Aber in anderen Zusammenhängen bedeutet "frei" etwas Graduelles, nichts Binäres (entweder total oder gar nicht). Beispiele dafür: Entscheidungsfreiheit, Handlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Vertragsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gedankenfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit.

#1511:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 18:05
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich weiß spontan Beispiele für Entscheidungen, die unbewußt getroffen werden, und solche, die definitiv nicht unbewußt getroffen werden können, z.B. wenn ich etwas ausrechnen muß und meine Entscheidung von dem Ergebnis abhängt. Aber es ist - jedenfalls aus meiner Sicht - für die Freiheitsfrage letztlich irrelvant, wieviel Unbewußtes und wieviel Ratio beteiligt ist, da beide aus meiner Sicht nur phänomenale Kurzbeschreibungen neuronaler/physikalischer, determinierter Vorgänge sind.
Irrelevant ist es nicht. Den Eindruck eines (bedingt) freien Willens hat man nur im Bewusstsein.

Vom Intuitionsargument halte ich erstens generell wenig, besonders beim Bewußtsein. Dazu hat es schon zu oft danebengelegen. Zweitens scheint es mir eher falsch, daß der Eindruck, ungezwungen zu sein, nur im Bewußtsein läge. Selbst wenn das aber so wäre, so würde das drittens nicht bedeuten, daß auch die Freiheit selbst dort läge, ebenso wie ein wahrgenommenes Auto auch nicht im Gehirn liegt. Und viertens schließlich habe ich erklärt, daß dies in meinem Modell keine Rolle spielt, weil Bewußtsein und Unbewußtes dort gleichermaßen determiniert sind. Daß es im zitierten Experiment darum ging, mag aber durchaus sein.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, ...

Ach. Wieso das denn auf einmal? Gehört das mathematische Denken nicht zu "mir"? Ist das etwa ein zu unromantischer oder unmoralisches Charakterelement? Erscheint es Dir doch gar zu determiniert? Was sagt denn AP zu diesem neueartigen Dualismus?

PataPata hat folgendes geschrieben:
... das Rechenresultat trifft sie - Du (oder Dein Unbewusstes) hast Dich aber frei entschieden Deine Entscheidung gemäss dieser Rechnung zu treffen...

Oder so: Mein Unbewußtes (so ein ganz kleines Mänchen ganz innen drin) hat frei entschieden, daß mein Unbewußtes das Bewußtsein determinieren soll, daß mein Bewußtsein ausrechnet, wie ich mich verhalte.

#1512:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 18:09
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich weiß es nicht genau, aber vielleicht deckt sich steps Konzept mit dem von Douglas Hofstadter. Hofstädter meint, daß auch ein vollständig bestimmtes und determiniertes System so komplexe Strukturen aufweisen kann und somit mit Begriffen wie "Freier Wille" und "Entscheidung" beschrieben werden kann, ganz unabhängig davon, daß es ganz und gar von den auf einfacheren Stufen wirkenden Gesetzen gesteuert wird.

Dem würde ich zustimmen, und habe es AP gegenüber ja auch schon getan. Mich stört vor allem, daß "Freier Wille" eben i.a. irreführend verstanden wird, d.h. der zweite Teil Deines Satzes ist den Leuten nicht bewußt, sie haben ein naives, falsches Erstursachenmodell. Mit diesem werden dann intuitiv allerlei Dinge begründet, z.B. Schuld und Strafe.

#1513:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 18:19
    —
Hofstädters Ausführung scheint mir aber vor allem ein diskursives Seditativ zu sein. ; )

#1514:  Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 18:24
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Da frei selbst aber nunmal irreführenderweise im Sprachgebrauch auch ein absoluter Begriff
ist -> frei von Angst heißt völlig ohne Angst -> frei von Schmerzen heißt völlig ohne Schmerzen,
kommts zu entsprechender Verwirrung wenn man vom Willen als FREI redet,
weil das Wort - frei - eine Absolutheit beinhaltet welche nunmal mit Willen nicht kompatibel ist.

Das ist so nicht richtig. Ich habe das wesentliche Wort dabei mal markiert.

Bei bestimmten Aussagen bedeutet "frei" tatsächlich "völlig ohne" - und zwar in all den Fällen, bei denen statt "frei" synonym "völlig ohne" gesagt werden kann. In diesem Fällen bezeichnet also "frei" etwas Binäres -> wenn auf einer Rose mindestens eine Laus sitzt, dann kann man nicht mehr behaupten, sie sei frei von Läusen.

Aber in anderen Zusammenhängen bedeutet "frei" etwas Graduelles, nichts Binäres (entweder total oder gar nicht). Beispiele dafür: Entscheidungsfreiheit, Handlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Vertragsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gedankenfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit.


ja eben - aber bei all Deinen Beispielen heißt es -> freiHEIT zwinkern
Nix davon ist absolut -> frei
Wenn man das auf den Willen übertragen würde müßte man konsquenterweise -> Willensfreiheit sagen
statt freier Wille - um klarer zu differenzieren Smilie


Gröhl...

wenn man das noch weiter spinnt kommt irgendwann wieder -> frei von Willen raus Mr. Green


ich denk mal ich schließ mich Leila an Cool

#1515:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 18:45
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei bestimmten Aussagen bedeutet "frei" tatsächlich "völlig ohne" - und zwar in all den Fällen, bei denen statt "frei" synonym "völlig ohne" gesagt werden kann. In diesem Fällen bezeichnet also "frei" etwas Binäres -> wenn auf einer Rose mindestens eine Laus sitzt, dann kann man nicht mehr behaupten, sie sei frei von Läusen.

Aber in anderen Zusammenhängen bedeutet "frei" etwas Graduelles, nichts Binäres (entweder total oder gar nicht). Beispiele dafür: Entscheidungsfreiheit, Handlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, Vertragsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gedankenfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit.

ja eben - aber bei all Deinen Beispielen heißt es -> freiHEIT zwinkern
Nix davon ist absolut -> frei
Wenn man das auf den Willen übertragen würde müßte man konsquenterweise -> Willensfreiheit sagen
statt freier Wille - um klarer zu differenzieren Smilie

"Freier Wille" und "Willensfreiheit" scheint mir dasselbe Thema zu sein, das würde ich gleichbedeutend verwenden. Was willst Du da differenzieren, wo siehst Du einen Unterschied?

Synonym kann man statt "dieses Auto ist unfallfrei" auch sagen "das Auto ist frei von Unfällen" oder "das Auto ist völlig ohne Unfälle" oder "dieses Auto hatte noch keinen einzigen Unfall". Oder falls Du auf "HEIT" bestehst, dann kann ich auch sagen: "beim Kauf eines Gebrauchtwagens frage ich erst mal nach der Unfallfreiheit des Autos." Macht auch keinen Unterschied in der Bedeutung von "frei" - trotz "HEIT".

Und diese Bedeutung von "frei" ist ja wohl offensichtlich eine ganz andere als zum Beispiel bei "Meinungsfreiheit", denn das ist normalerweise nicht synonym gemeint zu "frei von Meinung".

Es gibt in Sprachen Wörter, die unterschiedliche Bedeutungen haben können. So ist das nun mal. Und wenn in der einen Bedeutung etwas Absolutes gemeint ist, folgt daraus nicht, dass in allen anderen Bedeutungen auch etwas Absolutes gemeint sein müsse.

#1516:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 19:23
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Hofstädters Ausführung scheint mir aber vor allem ein diskursives Seditativ zu sein. ; )

Ja so isser halt - aber ich hab ja nur dem einen Satz von P. zugestimmt.

#1517:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 21:20
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Echte Autonomie gibt es in unserer Welt nicht. Ich finde es einfach irreführend, beim menschlichen Gehirn unter bestimmten Umständen von Autonomie oder Willensfreiheit zu sprechen, nicht aber z.B. bei einem lernfähigen Schachprogramm.

Also: was ist denn dMn nun "echte Autonomie"?

So wie ich step verstehe, meint er mit "echter Autonomie" ein vom Körper losgelöstes "Ich",
sozusagen einen immateriellen Agenten, der völlig frei von physikalischen oder sonstigen
Gesetzen operieren kann.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wie könnte eine solche Welt beschaffen sein, in der es sie gäbe?

Das mußt Du schon die Befürworter einer solchen Vorstellung fragen. Schulterzucken

#1518:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 21:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... - "der Staat hat von Verfassung wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen" (BVerfGE 22, 180/219 f.; BayObLGZ 1994, 209/211)

Das ist ein interessanter Punkt. Gibt es nicht andere Gesetze, die dem widersprechen, z.B. im Strafrecht, Unterlassung bei Suizid, ...

Am meisten interessiert mich aber, ob unter "bessern" auch das Verhindern von Schädigung Dritter fällt. Falls ja, würde das bedeuten, daß man Straftäter zwar gegen ihren Willen einkerkern, aber nicht gegen ihren Willen bessern darf?

Was letztlich auch nur Augenauswischerei ist, denn eine Haftstrafe hat ja (zumindest heute)
mindestens auch das Ziel, den Straftäter zu einer Besserung zu bewegen. Und die Annahme,
eine Haftstrafe würde die Persönlichkeit nicht verändern, halte ich auch für recht naiv ...

#1519:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 22:06
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Echte Autonomie gibt es in unserer Welt nicht. Ich finde es einfach irreführend, beim menschlichen Gehirn unter bestimmten Umständen von Autonomie oder Willensfreiheit zu sprechen, nicht aber z.B. bei einem lernfähigen Schachprogramm.

Also: was ist denn dMn nun "echte Autonomie"?

So wie ich step verstehe, meint er mit "echter Autonomie" ein vom Körper losgelöstes "Ich",
sozusagen einen immateriellen Agenten, der völlig frei von physikalischen oder sonstigen
Gesetzen operieren kann.

Ach, tatsächlich? Diese Art von Autonomie ist prinzipiell logisch unmöglich. Dabei besteht doch gar kein Dissens, diese Art von Autonomie ist selbst für ein hypothetisches allmächtiges Wesen unmöglich.

Sollte demnach also Deiner Meinung nach das Wort "Autonomie" aus dem aktiven Wortschatz gestrichen werden? Glaubst Du, dass die meisten, die von "Autonomie" sprechen, das in diesem Sinne meinen, dass dies also die allgemeine Auffassung von "Autonomie" sei? Falls ja: dafür möchte ich diesmal energisch einen Beleg. Das glaube ich nämlich überhaupt nicht.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wie könnte eine solche Welt beschaffen sein, in der es sie gäbe?

Das mußt Du schon die Befürworter einer solchen Vorstellung fragen. Schulterzucken

Ich kenne bloß keinen. Das ist das Problem. Kommt mir also nur wie ein Strohmann vor. Aber wenn es Spaß macht, darauf einzuhauen...

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... - "der Staat hat von Verfassung wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen" (BVerfGE 22, 180/219 f.; BayObLGZ 1994, 209/211)

Das ist ein interessanter Punkt. Gibt es nicht andere Gesetze, die dem widersprechen, z.B. im Strafrecht, Unterlassung bei Suizid, ...

Am meisten interessiert mich aber, ob unter "bessern" auch das Verhindern von Schädigung Dritter fällt. Falls ja, würde das bedeuten, daß man Straftäter zwar gegen ihren Willen einkerkern, aber nicht gegen ihren Willen bessern darf?

Was letztlich auch nur Augenauswischerei ist, denn eine Haftstrafe hat ja (zumindest heute)
mindestens auch das Ziel, den Straftäter zu einer Besserung zu bewegen. Und die Annahme,
eine Haftstrafe würde die Persönlichkeit nicht verändern, halte ich auch für recht naiv ...

Eine Besserung ist zwar erwünscht, aber sie ist nur ein Nebeneffekt bei einer Strafe, sie darf nie das einzige Ziel einer Sanktion sein (in folgender Art: Du hast zwar noch nichts getan, aber wir glauben, Du könntest mal was tun und daher bessern wir Dich jetzt mal gegen Deinen Willen). Die Legitimation einer Strafe folgt also nicht aus einer gewünschten Besserung, sondern sie beruht auf der Schuld (willentlich, absichtlich oder fahrlässig, nicht unter starkem Zwang vollzogen) für eine konkreten Tat, die nachgewiesen werden muss und ist nach Schwere der Tat nach oben begrenzt. Eine Änderung dabei wäre ein starker Prämissenwechsel im Strafrecht. Dabei beruhigt es mich gar nicht, dass man Sanktionen nicht mehr Strafe nennen will. Eine Freiheitseinschränkung bleibt es so oder so. Und die muss legitimiert werden, da reicht nicht einfach ein statistischer Verdacht. Obgleich im Moment alles in diese Richtung geht, das ist wohl wahr (Schröder: "Wegsperren, und zwar für immer“). Sicherungsverwahrung wird seitdem immer weiter ausgeweitet. Sanktionen bei bloßem Verdacht. Sicherheit statt Freiheit. Einzige Legitimation: die Bevölkerung will halt Sicherheit, da müssen wir mal ein Auge zudrücken bei den Rechten des Einzelnen. Das ist der momentane Weg und das passt mir nicht. skeptisch

Vielleicht bin ich ja nur ein altes linksliberales Fossil, das dem Zeitgeist nicht folgen will. Mag sein. Jemand, dem Freiheit und Bürgerrechte verdammt wichtig sind. Scheint heute irgendwie aus der Mode gekommen zu sein. skeptisch

Aber ich bin trotzdem weiterhin verdammt stur dabei, der Zeitgeist kann mich mal kreuzweise.

Aber auch durch Argumente würde ich mich überzeugen lassen. Aber die kommen ja nicht. Es wird immer nur einfach immer wieder behauptet, Freiheit müsse absolut sein, sonst wäre sie gleich Null und außerdem, Freiheit sei der Gegensatz zu Determination.

Begründung. Argumente. Das fehlt. Schade eigentlich. Ich bin zu lange hier, um das nicht zu merken. Ohne Argumente habe ich aber jedes Recht der Welt, stur auf meiner Ansicht zu beharren.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 17.07.2009, 22:18, insgesamt 3-mal bearbeitet

#1520:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 22:10
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Vielleicht bin ich ja nur ein altes linksliberales Fossil, das dem Zeitgeist nicht folgen will. Mag sein. Jemand, dem Freiheit und Bürgerrechte verdammt wichtig sind.


Aber nicht das einzige.

#1521:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 22:34
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
um Dich überhaupt völlig FREI entscheiden zu können - dürfte es nichts geben wofür oder gegen Du Dich entscheiden mußt und wenn es das nicht gäbe -> könntest Du dich nicht entscheiden - wärst als nichtmal in Deiner Nichtentscheidung frei Smilie
Du sagst es: Für Dich ist Freiheit nur absolut oder gar nicht. Es ist Deine freie Entscheidung, Freiheit so zu definieren...

#1522:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 22:42
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
So wie ich step verstehe, meint er mit "echter Autonomie" ein vom Körper losgelöstes "Ich",
sozusagen einen immateriellen Agenten, der völlig frei von physikalischen oder sonstigen
Gesetzen operieren kann.

Ach, tatsächlich? Diese Art von Autonomie ist prinzipiell logisch unmöglich.

Sag das den Leuten, die daran glauben. Schulterzucken

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Sollte demnach also Deiner Meinung nach das Wort "Autonomie" aus dem aktiven Wortschatz gestrichen werden?

Nein, aber man muß sich darüber verständigen, was damit gemeint ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Glaubst Du, dass die meisten, die von "Autonomie" sprechen, das in diesem Sinne meinen, dass dies also die allgemeine Auffassung von "Autonomie" sei? Falls ja: dafür möchte ich diesmal energisch einen Beleg. Das glaube ich nämlich überhaupt nicht.

Wenn es um das Thema "freier Wille" geht, dann scheint es mir schon so, daß die meisten
Menschen sich (ihre Gedanken, ihre Entscheidungen, ihr "Ich") als nicht vom Körper gesteuert
ansehen (zumindest nicht vollständig). Belegen kann ich das nicht, ist eher ein Eindruck.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wie könnte eine solche Welt beschaffen sein, in der es sie gäbe?

Das mußt Du schon die Befürworter einer solchen Vorstellung fragen. Schulterzucken

Ich kenne bloß keinen. Das ist das Problem. Kommt mir also nur wie ein Strohmann vor. Aber wenn es Spaß macht, darauf einzuhauen...

Ich kenne welche. Sogar hier im Forum ...

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Was letztlich auch nur Augenauswischerei ist, denn eine Haftstrafe hat ja (zumindest heute)
mindestens auch das Ziel, den Straftäter zu einer Besserung zu bewegen. Und die Annahme,
eine Haftstrafe würde die Persönlichkeit nicht verändern, halte ich auch für recht naiv ...

Eine Besserung ist zwar erwünscht, aber sie ist nur ein Nebeneffekt bei einer Strafe, sie darf nie das einzige Ziel einer Sanktion sein (in folgender Art: Du hast zwar noch nichts getan, aber wir glauben, Du könntest mal was tun und daher bessern wir Dich jetzt mal gegen Deinen Willen).

Eine Besserung ist nur Nebeneffekt? Welches Ziel soll denn sonst noch verfolgt werden?
Im übrigen baust Du jetzt gerade einen gewaltigen Strohmann auf. Ich habe nicht mit einer
Silbe auch nur andeutungsweise befürwortet, Menschen ohne konkreten Anlaß wegzusperren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Legitimation einer Strafe folgt also nicht aus einer gewünschten Besserung, sondern sie beruht auf der Schuld (willentlich, absichtlich oder fahrlässig, nicht unter starkem Zwang vollzogen) für eine konkreten Tat, die nachgewiesen werden muss und ist nach Schwere der Tat nach oben begrenzt.

Eine solche Sicht lehne ich entschieden ab. Das riecht nicht nur, das stinkt geradezu nach Rache.
Strafe "einfach so", weil jemand "böse" war? Ohne sonstige Rechtfertigung?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine Änderung dabei wäre ein starker Prämissenwechsel im Strafrecht. Dabei beruhigt es mich gar nicht, dass man Sanktionen nicht mehr Strafe nennen will. Eine Freiheitseinschränkung bleibt es so oder so. Und die muss legitimiert werden, da reicht nicht einfach ein statistischer Verdacht. Obgleich im Moment alles in diese Richtung geht, das ist wohl wahr (Schröder: "Wegsperren, und zwar für immer“). Sicherungsverwahrung wird seitdem immer weiter ausgeweitet. Sanktionen bei bloßem Verdacht. Sicherheit statt Freiheit. Einzige Legitimation: die Bevölkerung will halt Sicherheit, da müssen wir mal ein Auge zudrücken bei den Rechten des Einzelnen. Das ist der momentane Weg und das passt mir nicht. skeptisch

Äh ... seit wann gibt es Sicherheitsverwahrung ohne "Schuld"?
Und was das Thema Prävention angeht: Präventive Einschränkungen gibt es auch heute schon.
Nach übermäßigem Alkoholgenuß darf man kein Auto mehr steuern, völlig unabhängig davon,
ob es wirklich zu einem Unfall kommt oder nicht. Die Vorbereitung mancher Straftaten ist selbst
auch strafbewehrt - auch hier muß nicht sein, daß der Täter seine Absicht wirklich umsetzt.
Waffenbesitz ist nur eingeschränkt möglich - jeder ein potentieller Mörder?

#1523:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 23:20
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
[…] ich denk mal ich schließ mich Leila an Cool

Wenn Dir das nur nicht zum Verhängnis wird! Denke lieber über meine Gedanken hinweg! Denn die Schlüsse, welche ich ziehen muß, weil ich nicht anders kann, sind für viele Menschen unerträglich und untragbar. Gotthold Ephraim Lessing müßte sein Bündel schnüren und sich aus dem Staube machen, wenn er heute noch lebte. Der von vielen hochverehrte Immanuel Kant könnte ihn in den intellektuellen Bankrott begleiten.

Um dieses zu beweisen, würde ich mich zur Rede stellen lassen, wo und wann auch immer. Am liebsten aber von solchen, denen die Frage vom freien Willen eine Herzensangelegenheit ist und nicht bloß ein Anlaß, sinnleere Wörter aneinander zu reihen.

Gruß von Leila*

#1524:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 23:21
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
So wie ich step verstehe, meint er mit "echter Autonomie" ein vom Körper losgelöstes "Ich",
sozusagen einen immateriellen Agenten, der völlig frei von physikalischen oder sonstigen
Gesetzen operieren kann.
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Wenn es um das Thema "freier Wille" geht, dann scheint es mir schon so, daß die meisten
Menschen sich (ihre Gedanken, ihre Entscheidungen, ihr "Ich") als nicht vom Körper gesteuert
ansehen (zumindest nicht vollständig). Belegen kann ich das nicht, ist eher ein Eindruck.

Ja, aber das ist doch jetzt etwas ganz anderes als die obige Aussage von Dir. Schulterzucken

Nur Erstere halte ich für logisch unmöglich, Zweitere glaube ich aber, wohl im Gegensatz zu Dir. Es ergibt nämlich in meiner Ansicht überhaupt keinen Sinn, zu sagen, ich würde von meinem Körper gesteuert. Ich sehe mich ja gar nicht als getrennt von meinem Körper an und es kommt mir auch immer höchst merkwürdig vor, wenn jemand das tut. Wer bist denn "Du", wenn dein Körper von "Dir" getrennt ist?

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Das mußt Du schon die Befürworter einer solchen Vorstellung fragen. Schulterzucken

Ich kenne bloß keinen. Das ist das Problem. Kommt mir also nur wie ein Strohmann vor. Aber wenn es Spaß macht, darauf einzuhauen...

Ich kenne welche. Sogar hier im Forum ...

Den einen oder anderen mag es geben. Man findet ja jede Einstellung irgendwo. Aber ist das die gängige Ansicht? Falls Du deine erste Aussage damit oben meinst, dann bezweifle ich das.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine Besserung ist zwar erwünscht, aber sie ist nur ein Nebeneffekt bei einer Strafe, sie darf nie das einzige Ziel einer Sanktion sein (in folgender Art: Du hast zwar noch nichts getan, aber wir glauben, Du könntest mal was tun und daher bessern wir Dich jetzt mal gegen Deinen Willen).

Eine Besserung ist nur Nebeneffekt?

Ja, genau.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Welches Ziel soll denn sonst noch verfolgt werden?

Das Ziel des Strafrechtes ist es wohl, in aller Kürze gesagt, den Sicherheitsanspruch der Gesellschaft mit dem Freiheitsrecht des Einzelnen zu vereinbaren.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Im übrigen baust Du jetzt gerade einen gewaltigen Strohmann auf. Ich habe nicht mit einer
Silbe auch nur andeutungsweise befürwortet, Menschen ohne konkreten Anlaß wegzusperren.

Das ist richtig. Tut mir leid, wenn der Eindruck entstand, ich hätte Dich damit gemeint. Das war eher als Antwort auf mehrere vorherige Postings gemeint, aber nicht an Dich gerichtet.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Legitimation einer Strafe folgt also nicht aus einer gewünschten Besserung, sondern sie beruht auf der Schuld (willentlich, absichtlich oder fahrlässig, nicht unter starkem Zwang vollzogen) für eine konkreten Tat, die nachgewiesen werden muss und ist nach Schwere der Tat nach oben begrenzt.

Eine solche Sicht lehne ich entschieden ab. Das riecht nicht nur, das stinkt geradezu nach Rache.
Strafe "einfach so", weil jemand "böse" war? Ohne sonstige Rechtfertigung?

Nein, so war das nicht gemeint. Schuld ist eine notwendige Voraussetzung für eine Strafe, aber noch keine hinreichende. Die Strafe muss einen Sinn haben, dieser Sinn muss den Schaden überwiegen. Na gut, Du erwartest hoffentlich jetzt keine weiteren Ausführungen über Strafzwecktheorien.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Äh ... seit wann gibt es Sicherheitsverwahrung ohne "Schuld"?

Seitdem es Sicherungsverwahrung gibt natürlich. Das ist gerade das Wesen der Sicherungsverwahrung: sie beruht auf einer angenommenen Gefährdung. Nicht auf einer Schuld.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Und was das Thema Prävention angeht: Präventive Einschränkungen gibt es auch heute schon.
Nach übermäßigem Alkoholgenuß darf man kein Auto mehr steuern, völlig unabhängig davon,
ob es wirklich zu einem Unfall kommt oder nicht. Die Vorbereitung mancher Straftaten ist selbst
auch strafbewehrt - auch hier muß nicht sein, daß der Täter seine Absicht wirklich umsetzt.
Waffenbesitz ist nur eingeschränkt möglich - jeder ein potentieller Mörder?

Es ist verboten, besoffen Auto zu fahren. Der Führerscheinentzug ist eine Sanktion ob dieser Normverletzung.

Bei der Verurteilung der Vorbereitung von Straftaten kenne ich mich nicht so aus. Beispiel?

Und die Regelungen für Waffenbesitz gelten für alle gleichermaßen. Da gibt es keine präventiven auf Mutmaßungen beruhenden Sanktionen gegen Einzelne.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 17.07.2009, 23:41, insgesamt einmal bearbeitet

#1525:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 23:21
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich weiß es nicht genau, aber vielleicht deckt sich steps Konzept mit dem von Douglas Hofstadter. Hofstädter meint, daß auch ein vollständig bestimmtes und determiniertes System so komplexe Strukturen aufweisen kann und somit mit Begriffen wie "Freier Wille" und "Entscheidung" beschrieben werden kann, ganz unabhängig davon, daß es ganz und gar von den auf einfacheren Stufen wirkenden Gesetzen gesteuert wird.

"Eine vollständig entwickelte Reihe kann Strukturen hervorbringen, die in den Regeln selbst nicht enthalten sind. Der Grund dafür, daß die Eigenschaften nicht in den Regeln zu finden sind, ist ein allgemeines Charakteristikum der Welt, das in Gödels Satz und Chaitins Weiterführung beschrieben ist. Da man, wie Turing gezeigt hat, nicht entscheiden kann, ob ein Rechenprozeß zum Halten kommen wird, kann man auch nicht im Voraus überblicken, wohin die Gesetze führen werden."

(Tor Nörretranders , "Spüre die Welt")
Das Zitat ist aber von Douglas Hofstadter (zitiert von Tor Nörretranders) ? Ist es aus "Gödel Escher, Bach" ? Ich habe es vor Jahren gelesen, mag mich aber nicht mehr an diese Passage erinnern. Ich denke aber dass dieser Ansatz interessant ist - freier Wille als emergente Eigenschaft des menschlichen Hirnes sozusagen. Ist so was nicht auch schon in diesem Thread behandelt worden - ich verliere langsam den Überblick...

#1526:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 23:36
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Denn die Schlüsse, welche ich ziehen muß, weil ich nicht anders kann, sind für viele Menschen unerträglich und untragbar.

Nö, Schlüsse, die jemand zieht, weil er es muss, aber noch nicht einmal erklären kann, warum er es denn muss, sind notwendigerweise für andere uninteressant, selbst dann, wenn der andere an Freiheit glaubt. Denn dann wäre er für Argumente empfänglich, aber nicht für ein "isthaltsoweilssoist".

Und wenn wir alle nur aus unbekannten Gründen Schlüsse ziehen müssten, dann müssten wir die eben ziehen. Bliebe ja keine Wahl, nicht? Kann man ja dann notwendigerweise nicht nachvollziehen. Du musst dann eben Deine Schlüsse ziehen und ich meine. Wir wissen zwar nicht warum, aber das wird schon seine Richtigkeit haben. Aus einem Grund natürlich, den wir nicht verstehen.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 17.07.2009, 23:58, insgesamt einmal bearbeitet

#1527:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 23:45
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich weiß spontan Beispiele für Entscheidungen, die unbewußt getroffen werden, und solche, die definitiv nicht unbewußt getroffen werden können, z.B. wenn ich etwas ausrechnen muß und meine Entscheidung von dem Ergebnis abhängt. Aber es ist - jedenfalls aus meiner Sicht - für die Freiheitsfrage letztlich irrelvant, wieviel Unbewußtes und wieviel Ratio beteiligt ist, da beide aus meiner Sicht nur phänomenale Kurzbeschreibungen neuronaler/physikalischer, determinierter Vorgänge sind.
Irrelevant ist es nicht. Den Eindruck eines (bedingt) freien Willens hat man nur im Bewusstsein.

Vom Intuitionsargument halte ich erstens generell wenig, besonders beim Bewußtsein. Dazu hat es schon zu oft danebengelegen. Zweitens scheint es mir eher falsch, daß der Eindruck, ungezwungen zu sein, nur im Bewußtsein läge. Selbst wenn das aber so wäre, so würde das drittens nicht bedeuten, daß auch die Freiheit selbst dort läge, ebenso wie ein wahrgenommenes Auto auch nicht im Gehirn liegt. Und viertens schließlich habe ich erklärt, daß dies in meinem Modell keine Rolle spielt, weil Bewußtsein und Unbewußtes dort gleichermaßen determiniert sind. Daß es im zitierten Experiment darum ging, mag aber durchaus sein.

Zu 1: Dass man überhaupt auf die Idee kommt von freiem Willen zu sprechen geschieht sehr wohl im bewussten Bereich.
Zu 2: Das Unbewusste kann man zwar durch eine Psychoanalyse erforschen, aber man wird dadurch wohl kaum etwas über die Freiheit oder Unfreiheit des Unbewussten erfahren.
Zu 3: Die Wahrnehmung eines Autos liegt ganz sicher im Gehirn - das Auto selbst sicher nicht. Der Mensch stellt sich seine Realität im Hirn dar - jene im Hirn ist sogar die einzige Realität, die er kennt.
Zu 4: Was Du erklärst ist für mich noch lange nicht wahr. Wenn alle Dein Modell annehmen würden, müssten wir ja auch nicht weiterdiskutieren.

Schau mal den Titel dieses Threads nochmal an und lese den ersten Beitrag - genau darüber diskutieren wir seit 51 Seiten. Eigentlich wäre alles andere OT...

step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, ...

Ach. Wieso das denn auf einmal? Gehört das mathematische Denken nicht zu "mir"? Ist das etwa ein zu unromantischer oder unmoralisches Charakterelement? Erscheint es Dir doch gar zu determiniert? Was sagt denn AP zu diesem neueartigen Dualismus?

PataPata hat folgendes geschrieben:
... das Rechenresultat trifft sie - Du (oder Dein Unbewusstes) hast Dich aber frei entschieden Deine Entscheidung gemäss dieser Rechnung zu treffen...

Oder so: Mein Unbewußtes (so ein ganz kleines Mänchen ganz innen drin) hat frei entschieden, daß mein Unbewußtes das Bewußtsein determinieren soll, daß mein Bewußtsein ausrechnet, wie ich mich verhalte.
Ich separiere einfach nur die beiden Vorgänge: Zuerst entscheidest Du Dich, deine Entscheidung anhand eines mathematischen Modelles zu treffen, und dann lässt Du dieses Modell für Dich entscheiden. Wenn das Rechenresultat Dir nicht passt, bist Du natürlich immer noch frei, die Modellentscheidung zu verwerfen und anhand anderer Kriterien zu entscheiden. (Ich weiss nicht warum Du jetzt mit Romantik und Moral kommen musst, das ist völlig aus der Luft gegriffen. Und wo siehst Du einen Dualismus ?)

#1528:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 23:49
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Hofstädters Ausführung scheint mir aber vor allem ein diskursives Seditativ zu sein. ; )
Meinst Du etwa Sedativ ?

#1529:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.07.2009, 23:59
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
So wie ich step verstehe, meint er mit "echter Autonomie" ein vom Körper losgelöstes "Ich",
sozusagen einen immateriellen Agenten, der völlig frei von physikalischen oder sonstigen
Gesetzen operieren kann.
Es wurde ja dunkle Materie und dunkle Energie "gefunden" - was ist denn damit ? Diese mysteriösen Dinger sind ja überall und könnten eine "immaterielle" Funktion aufweisen, ohne dass wir etwas davon wissen. Aber das habe ich eigentlich für den bizarren Thread Astrologie, Tarot & Co vorbehalten...

#1530:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 00:04
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nö, Schlüsse, die jemand zieht, weil er es muss, aber noch nicht einmal erklären kann, warum er es denn muss, sind notwendigerweise für andere uninteressant, selbst dann, wenn der andere an Freiheit glaubt. Denn dann wäre er für Argumente empfänglich, aber nicht für ein "isthaltsoweilssoist".

Den von mir fett gekennzeichneten Passus nehme ich als Ablehnung meines Angebots wahr, einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Ich muß jetzt zwar leer schlucken, aber ich lebe noch. Dein Desinteresse erspart mir viel Zeit und Kraft.

Ich wünsche Dir auf Deinen Wegen gutes Gelingen – aber nein! in Deiner Macht steht mehr, als ich mir denken kann.

Gruß von Leila*

#1531:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 00:48
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nö, Schlüsse, die jemand zieht, weil er es muss, aber noch nicht einmal erklären kann, warum er es denn muss, sind notwendigerweise für andere uninteressant, selbst dann, wenn der andere an Freiheit glaubt. Denn dann wäre er für Argumente empfänglich, aber nicht für ein "isthaltsoweilssoist".

Den von mir fett gekennzeichneten Passus nehme ich als Ablehnung meines Angebots wahr, einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Ich muß jetzt zwar leer schlucken, aber ich lebe noch. Dein Desinteresse erspart mir viel Zeit und Kraft.

Ich wollte nicht unhöflich sein.

Wenn Du einen Beitrag zur Aufklärung leisten kannst, dann bist Du natürlich herzlich eingeladen, diesen zu geben.

#1532:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 01:49
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich wollte nicht unhöflich sein.

Wenn Du einen Beitrag zur Aufklärung leisten kannst, dann bist Du natürlich herzlich eingeladen, diesen zu geben.

Ich nehme Deine Einladung gerne an, lieber Agent Provocateur, denn ich vermeine, das von mir Angegebene leisten zu können. Deshalb eröffne ich einen neuen Strang mit der Bitte, ihn nicht durch kilometerlange Beiträge unleserlich und unverständlich zu machen. Ich sage voraus – und setze dabei meine Urteilskraft aufs Spiel, d.h. dem Spotte aus –, daß keiner, der bei Sinnen ist, nach dem Lesen und Überdenken meiner Gedanken noch einen freien Willen für möglich halten kann. Dies ist mein Einsatz, d. i. die z.Z. noch unbegründete Behauptung.

Was mir noch fehlt, ist eine treffende Strangüberschrift, welche die Aufmerksamkeit der Leser reizt. Vielleicht fällt mir eine solche im Schlafe ein. Ich hoffe, mir träumt heute Nacht von Schopenhauer und Einstein.

Gruß von Leila

#1533:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 01:57
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich wollte nicht unhöflich sein.

Wenn Du einen Beitrag zur Aufklärung leisten kannst, dann bist Du natürlich herzlich eingeladen, diesen zu geben.

Ich nehme Deine Einladung gerne an, lieber Agent Provocateur, denn ich vermeine, das von mir Angegebene leisten zu können. Deshalb eröffne ich einen neuen Strang mit der Bitte, ihn nicht durch kilometerlange Beiträge unleserlich und unverständlich zu machen. Ich sage voraus – und setze dabei meine Urteilskraft aufs Spiel, d.h. dem Spotte aus –, daß keiner, der bei Sinnen ist, nach dem Lesen und Überdenken meiner Gedanken noch einen freien Willen für möglich halten kann. Dies ist mein Einsatz, d. i. die z.Z. noch unbegründete Behauptung.

Was mir noch fehlt, ist eine treffende Strangüberschrift, welche die Aufmerksamkeit der Leser reizt. Vielleicht fällt mir eine solche im Schlafe ein. Ich hoffe, mir träumt heute Nacht von Schopenhauer und Einstein.

Gruß von Leila


Wir wäre es mit "Mir träumte von Schopenhauer und Einstein"?

#1534:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 04:11
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wir wäre es mit „Mir träumte von Schopenhauer und Einstein“?

Ja, Kramer, ich las beider Werke aufmerksam und begriff deren Inhalt. Einsteins Akademie-Vorträge las ich mit großem Gewinn (sie wurden als Faksimile herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften der DDR Anno 1979), und Schopenhauers Werke verschlang ich mit Hochgenuß (mitsamt seinem handschriftlichen Nachlaß).

Mir, nicht Dir zuliebe werde ich hier künftig schweigen. Sollte ich es versäumt haben, Deinen sonderbaren Humor zu würdigen, dann könnte es mit Absicht geschehen sein. Ich wünsche Dir und den mir dir verbrüderten Moderatoren alles Gute.

Leila*

Frei sei das Freigeisterhaus von Geist und Geistern!

#1535:  Autor: Einsiedler BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 08:33
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
So wie ich step verstehe, meint er mit "echter Autonomie" ein vom Körper losgelöstes "Ich",
sozusagen einen immateriellen Agenten, der völlig frei von physikalischen oder sonstigen
Gesetzen operieren kann.
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Wenn es um das Thema "freier Wille" geht, dann scheint es mir schon so, daß die meisten
Menschen sich (ihre Gedanken, ihre Entscheidungen, ihr "Ich") als nicht vom Körper gesteuert
ansehen (zumindest nicht vollständig). Belegen kann ich das nicht, ist eher ein Eindruck.

Ja, aber das ist doch jetzt etwas ganz anderes als die obige Aussage von Dir. Schulterzucken

Jein. In beiden Fällen betrachtet man das "Ich" als losgelöst vom Körper.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ergibt nämlich in meiner Ansicht überhaupt keinen Sinn, zu sagen, ich würde von meinem Körper gesteuert.

Die Formulierung ist vielleicht etwas ungeschickt; besser wäre: Das "Ich" ist vollständig
durch den Körper bestimmt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich sehe mich ja gar nicht als getrennt von meinem Körper an und es kommt mir auch immer höchst merkwürdig vor, wenn jemand das tut. Wer bist denn "Du", wenn dein Körper von "Dir" getrennt ist?

Du unterscheidest doch aber zwischen "Gehirn" und "Bewußtsein", oder nicht?
Ist Dein Bewußtsein, sind Deine Gedanken, Entscheidungen frei von Deinem Gehirn?
Oder anders formuliert: Sind Deine Entscheidungen autonom gegenüber Deinem Gehirn?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Äh ... seit wann gibt es Sicherheitsverwahrung ohne "Schuld"?

Seitdem es Sicherungsverwahrung gibt natürlich. Das ist gerade das Wesen der Sicherungsverwahrung: sie beruht auf einer angenommenen Gefährdung. Nicht auf einer Schuld.

Die angenommene Gefährdung ergibt sich aber aus einer vorhergehenden Schuld;
sie fällt nicht einfach so vom Himmel.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Und was das Thema Prävention angeht: Präventive Einschränkungen gibt es auch heute schon.
Nach übermäßigem Alkoholgenuß darf man kein Auto mehr steuern, völlig unabhängig davon,
ob es wirklich zu einem Unfall kommt oder nicht. Die Vorbereitung mancher Straftaten ist selbst
auch strafbewehrt - auch hier muß nicht sein, daß der Täter seine Absicht wirklich umsetzt.
Waffenbesitz ist nur eingeschränkt möglich - jeder ein potentieller Mörder?

Es ist verboten, besoffen Auto zu fahren.

Und warum ist es verboten? Weil eine Gefährdung angenommen wird ...
Außerdem lasse ich das Argument "das ist verboten" insofern nicht gelten, als man dann einfach
alles mögliche verbieten und Strafen mit dieser Tatsache ("das ist aber verboten") rechtfertigen
kann. Nicht die Strafe, sondern das Verbot muß gerechtfertigt werden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei der Verurteilung der Vorbereitung von Straftaten kenne ich mich nicht so aus. Beispiel?

Da kann ich auch nur meine Google-Ergebnisse bringen
(auf die Gefahr hin, daß mich jetzt ein Jurist in der Luft zerreißt):
STGB hat folgendes geschrieben:

§ 80 Vorbereitung eines Angriffskrieges
§ 83 Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens
§ 149 Vorbereitung der Fälschung von Geld und Wertzeichen
§ 202c Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und die Regelungen für Waffenbesitz gelten für alle gleichermaßen. Da gibt es keine präventiven auf Mutmaßungen beruhenden Sanktionen gegen Einzelne.

Ich kenne mich da nicht aus; aber ich könnte mir schon vorstellen, daß z.B. ehemalige
Schwerverbrecher nicht so einfach wie andere einen Waffenschein erhalten. Insofern ist
die Situation hier (mal abgesehen von der Schwere der Einschränkung) gleichwertig zur
Sicherheitsverwahrung.

#1536: Der Begriff der Freiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 11:46
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Auf Mensch übertragen -> wenn man auch den allerletzten Determinationsfaden "abschneidet" = die
letzte Interaktion beendet ist man -> tot
Und damit wiederrum ebenso absolut frei wie absolut unfrei.
Das ist aber wiederum ein extremer Freiheitsbegriff ! Du verlangst also absolute Freiheit damit man überhaupt von Freiheit sprechen darf. Das ist absurd... zwinkern


AXO macht eben nicht die Unterscheidung zwischen Freiheit und Beliebigkeit. Er wirft beides in einen Topf. Freiheit setzt immer eine Verbindung zwischen Lebensbedürfnissen und geeigneteten Zielkonstellationen voraus. Sonst würde der Begriff Freiheit in der Tat auch auf tote Dinge passen.

Das heisst aber auch, dass die Freiheit der Bedürfnisbefriedigung auch eine Gebundenheit voraussetzt, nämlich die Gebundenheit an eben jene Bedürfnisse. Man braucht also keinen Freien Willen anzunehmen, um über die Verwirklichung von Freiheit zu sprechen. Der Wille als Ausdruck der Lebensbedürfnisse, von diesen abgeleiteter Bedürfnisse sowie entfremdeter "Bedürfnisse" kann in diesem Sinne gar nicht frei sein, weil die Befriedigung der Lebensbedürfnisse gewissermaßen eine objektive Notwendigkeit ist, um überhaupt zu leben, sich wohlzufühlen, usw. Und diese objektiven Bedürfnisse können dann - müssen aber nicht! - zu Bewusstsein kommen.

Bei der Frage, ob der Mensch frei ist, kann es also nur darum gehen, ob er in der Lage ist, die Welt so zu gestalten, dass sie seinen Bedürfnissen entspricht. Also ob er dafür die Mittel, die Erkenntnisse objektiver Möglichkeiten, die geeigneten Verbündeten, usw. besitzt. Wenn ja, dann ist er frei. Wenn nicht, dann nicht.

Skeptiker

#1537:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 11:47
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Dabei beruhigt es mich gar nicht, dass man Sanktionen nicht mehr Strafe nennen will. Eine Freiheitseinschränkung bleibt es so oder so. Und die muss legitimiert werden, da reicht nicht einfach ein statistischer Verdacht. Obgleich im Moment alles in diese Richtung geht, das ist wohl wahr (Schröder: "Wegsperren, und zwar für immer“). Sicherungsverwahrung wird seitdem immer weiter ausgeweitet. Sanktionen bei bloßem Verdacht. Sicherheit statt Freiheit.

Ich finde, Du fackelst hier - jedenfalls in bezug auf meine Position - einen Riesen-Strohmann ab, und das nicht zum ersten Mal:

1. Ich plädiere nicht für die Ausweitung von Sicherungsverwahrung, Lauschangriffen usw.

2. Du kritisierst bei meinem Ansatz die präventiven Maßnahmen als "Freiheitsbeschränkungen", kehrst aber dabei den "freiheitsfördernden" Aspekt meines Modells unter den Tisch: die Abschaffung der vergeltenden und generalpräventiven Bestrafung. Die Gefängnisse würden also bei meinem Modell leerer, während Du Dir den Vorwurf gefallen lassen mußt, ein archaisches, unmenschliches und nutzloses Schuld- und Strafsystem zu unterstützen.

3. Innerhalb der präventiven Maßnahmen polemisierst Du grundsätzlich mit den extremsten Fällen, also "Gedankenpolizei", "Sicherungsverwahrung" und dgl. - obwohl ich schon oft geschrieben habe, daß ich idZ besonders auf Erziehung und Bildung setze.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einzige Legitimation: die Bevölkerung will halt Sicherheit, da müssen wir mal ein Auge zudrücken bei den Rechten des Einzelnen. Das ist der momentane Weg und das passt mir nicht.

Wenn es gegen Änderungswünsche geht, argumentierst Du (mglw. unreflektiert) rechtspositivistisch: Die "Rechte des Einzelnen" sind gerade die Rechte, die er nach geltendem Recht hat. In Deinem Modell verlieren Straftäter Freiheit und Rechte, in meinem verlieren sie unter Umständen Verantwortung.

Mit Deinen Worten: In Deinem Modell will die Bevölkerung halt Rache, da müssen wir mal ein Auge zudrücken bei den Rechten des Einzelnen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Strafe muss einen Sinn haben, dieser Sinn muss den Schaden überwiegen.

"Sinn" ist ein schwammiger Begriff. Das jetzige Prinzip von Vergeltung hat aus meiner Sicht keinen Sinn und ist barbarisch. Das Prinzip der Generalprävention durch Exempelstrafen überwiegt mW nicht den Schaden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ist verboten, besoffen Auto zu fahren. Der Führerscheinentzug ist eine Sanktion ob dieser Normverletzung.

Es ist verboten, besoffen Auto zu fahren, weil es statistisch Dritte gefährdet. Mit Deiner Argumentation könnte man ebenso etwas anderes verbieten, das statistisch mit einer Straftat korreliert, aber nicht voraussetzt, daß diese bereits begangen wurde oder tatsächlich begangen wird. Zum Beispiel könnte man verbieten, nach Thailand zu reisen, und bei "Normverletzung" den Reisepaß entziehen. Letztlich endet man bei einer Abwägung, die mit individueller Tat oder Schuld gar nichts mehr zu tun hat. Umgekehrt ist tatsächliche Schädigung Dritter straffrei und oft sogar erlaubt, wenn sie zufällig keinem Gesetz widerspricht, z.B. bei der Gewinnmaximierung.

Daran sieht man,
- daß heutige Strafen nicht primär für Schädigung Dritter, sondern für Normverletzungen vergeben werden
- daß heutige Normen/Gesetze nicht nur die aktuelle Schädigung Dritter, sondern auch die statistische Gefährdung starfbewehren. Mein Präventionsmodell kann ich theoretisch immer auf diesen Fall zurückführen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und die Regelungen für Waffenbesitz gelten für alle gleichermaßen. Da gibt es keine präventiven auf Mutmaßungen beruhenden Sanktionen gegen Einzelne.

Den Aspekt mit den Mutmaßungen und statistischen Erwägungen habe ich ja oben bereits widerlegt. Bleibt das Argument, ein Gesetz oder eine Sanktion müsse für alle gleichermaßen gelten. Das zieht aber mE auch nicht, da ich jedes Gesetz allgemein formulieren kann. Wenn ich beispielsweise festlege, daß niemand ein FLugzeug fliegen darf, der blind ist, so gilt das für alle, trifft aber nur Blinde.

#1538: Re: Der Begriff der Freiheit Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 11:49
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage, ob der Mensch frei ist, kann es also nur darum gehen, ob er in der Lage ist, die Welt so zu gestalten, dass sie seinen Bedürfnissen entspricht.

Nach der Definition wären die meisten Menschen nicht frei.

#1539:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 12:00
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, ...
Ach. Wieso das denn auf einmal? Gehört das mathematische Denken nicht zu "mir"? Ist das etwa ein zu unromantischer oder unmoralisches Charakterelement? Erscheint es Dir doch gar zu determiniert? Was sagt denn AP zu diesem neueartigen Dualismus?
Ich separiere einfach nur die beiden Vorgänge: Zuerst entscheidest Du Dich, deine Entscheidung anhand eines mathematischen Modelles zu treffen, und dann lässt Du dieses Modell für Dich entscheiden.

Moment mal: Ich bin Monist, die mathematische Berechnung findet in mir und sogar bewußt statt, und gehört daher zu mir. zwinkern

PataPata hat folgendes geschrieben:
... Ich weiss nicht warum Du jetzt mit Romantik und Moral kommen musst, das ist völlig aus der Luft gegriffen.

Ich versuchte zu deuten, warum eine bewußte mathematische Berechnung aus Deiner Sicht nicht zum "freien Ich" gehört, wohl aber moralische und unbewußte Vorgänge.

#1540:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 12:19
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich weiß es nicht genau, aber vielleicht deckt sich steps Konzept mit dem von Douglas Hofstadter. Hofstädter meint, daß auch ein vollständig bestimmtes und determiniertes System so komplexe Strukturen aufweisen kann und somit mit Begriffen wie "Freier Wille" und "Entscheidung" beschrieben werden kann, ganz unabhängig davon, daß es ganz und gar von den auf einfacheren Stufen wirkenden Gesetzen gesteuert wird.

"Eine vollständig entwickelte Reihe kann Strukturen hervorbringen, die in den Regeln selbst nicht enthalten sind. Der Grund dafür, daß die Eigenschaften nicht in den Regeln zu finden sind, ist ein allgemeines Charakteristikum der Welt, das in Gödels Satz und Chaitins Weiterführung beschrieben ist. Da man, wie Turing gezeigt hat, nicht entscheiden kann, ob ein Rechenprozeß zum Halten kommen wird, kann man auch nicht im Voraus überblicken, wohin die Gesetze führen werden."

(Tor Nörretranders , "Spüre die Welt")
Das Zitat ist aber von Douglas Hofstadter (zitiert von Tor Nörretranders) ? Ist es aus "Gödel Escher, Bach" ?


.

Ja, "Gödel, Escher, Bach".



Zitat:
Ich habe es vor Jahren gelesen, mag mich aber nicht mehr an diese Passage erinnern. Ich denke aber dass dieser Ansatz interessant ist - freier Wille als emergente Eigenschaft des menschlichen Hirnes sozusagen. Ist so was nicht auch schon in diesem Thread behandelt worden - ich verliere langsam den Überblick...


Ich bevorzuge den Ausdruck Fulguration, den Konrad Lorenz geprägt hat. "Emergenz" ist m.E. stark irreführend (obwohl er sich eingebürgert hat). Ich zitiere mal Konrad Lorenz ("Die Rückseite des Spiegels", Kap 2 'Die Entstehung neuer Systemeigenschaften'):

".....Sie (die Ausdrücke) versagen aber geradezu kläglich, wenn man versucht, dem Wesen des organischen Schöpfungsvorganges gerecht zu werden, das eben darin besteht, daß immer etwas völlig Neues in Existenz tritt, etwas das vorher einfach nicht da war. Selbst das schöne deutsche Wort Schöpfung besagt etymologisch, daß etwas bereits Vorhandenes aus einem bestehenden Reservoir herausgeschöpft werde. Einige Philosophen der Evolution, die der Unzulänglichkeit all dieser Worte innigeworden waren, griffen nach dem noch schlimmeren Wort Emergenz, das sprachlogisch die Vorstellung erweckt, etwas Präformiertes tauche plötzlich auf, wie ein luftholender Wal an der Oberfläche des Meeres, das eben noch, bei buchstäblicher Betrachtung, leer zu sein schien.

Hier begibt man sich allerdings auf höchst spekulatives Terrain. Es ist möglich, daß sich das, was man als "Freier Wille" bezeichnet, aus solchen "determinierten" Anfangsbedingungen entwickelt hat, daß also völlig neue Systemeigenschaften fulgurieren können, die vorher nicht, und zwar auch nicht in Andeutungen vorhanden waren; aber wir wissen es einfach nicht. Die Frage ist m.E. für den Determinismus interessant, aber nicht für die "Freier Wille" - Diskussion. Es mag Ausgangsbedingungen gegeben haben (erinnert ein wenig an die "Feinabstimmungsdebatte"), aber diese sind für die weitere Entwicklung nicht mehr entscheidend (sie waren es ggf. am Anfang).

Oder, um es mit Hofstadter ("Gödel, Escher, Bach") auszudrücken:

"Wenn man ihn so betrachtet, legt Gödels Beweis nahe - beweist es aber bei weitem nicht! -, daß es eine Geist/Gehirn-Betrachtungsweise auf höherer Stufe geben könnte, die Begriffe verwendet, die auf niedrigen Stufen nicht in Erscheinung treten, und daß diese Stufe eine erkärende Kraft besitzen könnte, die es auf tieferer Stufe nicht gibt - noch nicht einmal im Prinzip."


()

#1541: Re: Der Begriff der Freiheit Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 12:30
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Auf Mensch übertragen -> wenn man auch den allerletzten Determinationsfaden "abschneidet" = die
letzte Interaktion beendet ist man -> tot
Und damit wiederrum ebenso absolut frei wie absolut unfrei.
Das ist aber wiederum ein extremer Freiheitsbegriff ! Du verlangst also absolute Freiheit damit man überhaupt von Freiheit sprechen darf. Das ist absurd... zwinkern


AXO macht eben nicht die Unterscheidung zwischen Freiheit und Beliebigkeit. Er wirft beides in einen Topf. Freiheit setzt immer eine Verbindung zwischen Lebensbedürfnissen und geeigneteten Zielkonstellationen voraus.


Wenn Du alles gelesen hättest, was ich zu diesem Thema geschrieben habe, würdest Du das nicht
über mich sagen skeptiker zwinkern
Unser Begriff von Freiheit unterscheidet sich nicht und ich schätze Freiheit als hohes Gut und
keineswegs als beliebig ein.
Hier gehts aber vordringlich um den freien Willen in einer abstrakten Determination
und um Freiheit zu definieren ist ein freier Wille weder nötig noch lässt er sich schlußendlich definieren
und nur auf letzteres hab ich mich in dem von dir zitierten Text bezogen zwinkern

#1542:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 12:49
    —
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich sehe mich ja gar nicht als getrennt von meinem Körper an und es kommt mir auch immer höchst merkwürdig vor, wenn jemand das tut. Wer bist denn "Du", wenn dein Körper von "Dir" getrennt ist?

Du unterscheidest doch aber zwischen "Gehirn" und "Bewußtsein", oder nicht?

Natürlich. Das Gehirn ist ein Organ. Bewusstsein, mentale Zustände werden vom Gehirn realisiert.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Ist Dein Bewußtsein, sind Deine Gedanken, Entscheidungen frei von Deinem Gehirn?
Oder anders formuliert: Sind Deine Entscheidungen autonom gegenüber Deinem Gehirn?

Nein, natürlich nicht.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Äh ... seit wann gibt es Sicherheitsverwahrung ohne "Schuld"?

Seitdem es Sicherungsverwahrung gibt natürlich. Das ist gerade das Wesen der Sicherungsverwahrung: sie beruht auf einer angenommenen Gefährdung. Nicht auf einer Schuld.

Die angenommene Gefährdung ergibt sich aber aus einer vorhergehenden Schuld;
sie fällt nicht einfach so vom Himmel.

Die angenommene Gefährdung bei einer Sicherungsverwahrung ergibt sich aus psychologischen Gutachten. Bei der heutigen Regelung ist allerdings Voraussetzung eine begangene schwere Straftat, also die gerichtlich festgestellte Schuld.

Einsiedler hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einsiedler hat folgendes geschrieben:
Und was das Thema Prävention angeht: Präventive Einschränkungen gibt es auch heute schon.
Nach übermäßigem Alkoholgenuß darf man kein Auto mehr steuern, völlig unabhängig davon,
ob es wirklich zu einem Unfall kommt oder nicht. [...]

Es ist verboten, besoffen Auto zu fahren.

Und warum ist es verboten? Weil eine Gefährdung angenommen wird ...

Natürlich. Deswegen ist es zum Beispiel auch verboten, mit 180 durch die Stadt zu fahren.

Es gibt wohl hier ein kleines Missverständnis. Ich wende mich gar nicht generell gegen Prävention. Ich wende mich nur gegen das, was man "Präventivstrafrecht" nennt -> ein Prämissenwechsel bei der Verhängung von staatlichen Sanktionen gegenüber Individuen weg von nachgewiesener Schuld für eine konkrete begangene Tat hin zu angenommener Gefährdung, d.h. für eventuelle zukünftige Taten.

#1543: Re: Der Begriff der Freiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 12:54
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage, ob der Mensch frei ist, kann es also nur darum gehen, ob er in der Lage ist, die Welt so zu gestalten, dass sie seinen Bedürfnissen entspricht.

Nach der Definition wären die meisten Menschen nicht frei.


Den meisten Menschen auf dieser Erde sind wesentliche Möglichkeiten umfassender Gestaltung künstlich verschlossen.

So wie ein Füllhorn in einer Vitrine aus Panzerglas verschlossen ist. Man sieht es zuweilen, aber es ist gut bewacht.

Aber das Füllhorn ist der Mensch selbst.

Skeptiker

#1544: Re: Der Begriff der Freiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 13:02
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
AXO hat folgendes geschrieben:
Auf Mensch übertragen -> wenn man auch den allerletzten Determinationsfaden "abschneidet" = die
letzte Interaktion beendet ist man -> tot
Und damit wiederrum ebenso absolut frei wie absolut unfrei.
Das ist aber wiederum ein extremer Freiheitsbegriff ! Du verlangst also absolute Freiheit damit man überhaupt von Freiheit sprechen darf. Das ist absurd... zwinkern


AXO macht eben nicht die Unterscheidung zwischen Freiheit und Beliebigkeit. Er wirft beides in einen Topf. Freiheit setzt immer eine Verbindung zwischen Lebensbedürfnissen und geeigneteten Zielkonstellationen voraus.


Wenn Du alles gelesen hättest, was ich zu diesem Thema geschrieben habe, würdest Du das nicht
über mich sagen skeptiker zwinkern
Unser Begriff von Freiheit unterscheidet sich nicht und ich schätze Freiheit als hohes Gut und
keineswegs als beliebig ein.
Hier gehts aber vordringlich um den freien Willen in einer abstrakten Determination
und um Freiheit zu definieren ist ein freier Wille weder nötig noch lässt er sich schlußendlich definieren
und nur auf letzteres hab ich mich in dem von dir zitierten Text bezogen zwinkern


O.k. Dann sind wir trotz unterschiedlicher, verschlungener Argumentationspfade zufällig doch noch in einer Lichtung aufeinander getroffen.

In der Tat ist die Diskussion um den "freien Willen" eine überflüssige Geisterdebatte, die vom eigentlichen Thema der menschlichen Freiheit in einer determinierten-zufälligen Welt wegführt.

Skeptiker

#1545:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 13:11
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einzige Legitimation: die Bevölkerung will halt Sicherheit, da müssen wir mal ein Auge zudrücken bei den Rechten des Einzelnen. Das ist der momentane Weg und das passt mir nicht.

Wenn es gegen Änderungswünsche geht, argumentierst Du (mglw. unreflektiert) rechtspositivistisch: Die "Rechte des Einzelnen" sind gerade die Rechte, die er nach geltendem Recht hat. In Deinem Modell verlieren Straftäter Freiheit und Rechte, in meinem verlieren sie unter Umständen Verantwortung.

Mit Deinen Worten: In Deinem Modell will die Bevölkerung halt Rache, da müssen wir mal ein Auge zudrücken bei den Rechten des Einzelnen.

Wenn Du das so nennen willst: meinetwegen. Es geht mir um das Prinzip "keine Strafe ohne Schuld" oder meinetwegen auch: "keine staatliche Sanktion gegenüber einem einzelnen Individuum ohne nachgewiesene absichtlich oder fahrlässige Normverletzung", dem Du oben nicht zustimmen wolltest.

"Verantwortung verlieren" ist übrigens gleichbedeutend mit "Rechte verlieren".

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Strafe muss einen Sinn haben, dieser Sinn muss den Schaden überwiegen.

"Sinn" ist ein schwammiger Begriff. Das jetzige Prinzip von Vergeltung hat aus meiner Sicht keinen Sinn und ist barbarisch. Das Prinzip der Generalprävention durch Exempelstrafen überwiegt mW nicht den Schaden.

Ja, mit "Sinn" meine ich so wie Du wohl auch: der Nutzen muss den Schaden überwiegen.

Wenn man ein anderes System finden kann, das ein besseres Verhältnis von Nutzen und Schaden als unser heutiges Strafrechtssystem hat, dann wäre dieses vorzuziehen. Ich wende mich aber, wie gesagt, gegen ein Präventionsstrafrecht.

Das alles hat jetzt aber nichts mehr mit Willensfreiheit zu tun.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 18.07.2009, 13:12, insgesamt einmal bearbeitet

#1546:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 13:11
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich weiß es nicht genau, aber vielleicht deckt sich steps Konzept mit dem von Douglas Hofstadter. Hofstädter meint, daß auch ein vollständig bestimmtes und determiniertes System so komplexe Strukturen aufweisen kann und somit mit Begriffen wie "Freier Wille" und "Entscheidung" beschrieben werden kann, ganz unabhängig davon, daß es ganz und gar von den auf einfacheren Stufen wirkenden Gesetzen gesteuert wird.

"Eine vollständig entwickelte Reihe kann Strukturen hervorbringen, die in den Regeln selbst nicht enthalten sind. Der Grund dafür, daß die Eigenschaften nicht in den Regeln zu finden sind, ist ein allgemeines Charakteristikum der Welt, das in Gödels Satz und Chaitins Weiterführung beschrieben ist. Da man, wie Turing gezeigt hat, nicht entscheiden kann, ob ein Rechenprozeß zum Halten kommen wird, kann man auch nicht im Voraus überblicken, wohin die Gesetze führen werden."

(Tor Nörretranders , "Spüre die Welt")
Das Zitat ist aber von Douglas Hofstadter (zitiert von Tor Nörretranders) ? Ist es aus "Gödel Escher, Bach" ?


.

Ja, "Gödel, Escher, Bach".



Zitat:
Ich habe es vor Jahren gelesen, mag mich aber nicht mehr an diese Passage erinnern. Ich denke aber dass dieser Ansatz interessant ist - freier Wille als emergente Eigenschaft des menschlichen Hirnes sozusagen. Ist so was nicht auch schon in diesem Thread behandelt worden - ich verliere langsam den Überblick...


Ich bevorzuge den Ausdruck Fulguration, den Konrad Lorenz geprägt hat. "Emergenz" ist m.E. stark irreführend (obwohl er sich eingebürgert hat). Ich zitiere mal Konrad Lorenz ("Die Rückseite des Spiegels", Kap 2 'Die Entstehung neuer Systemeigenschaften'):

".....Sie (die Ausdrücke) versagen aber geradezu kläglich, wenn man versucht, dem Wesen des organischen Schöpfungsvorganges gerecht zu werden, das eben darin besteht, daß immer etwas völlig Neues in Existenz tritt, etwas das vorher einfach nicht da war. Selbst das schöne deutsche Wort Schöpfung besagt etymologisch, daß etwas bereits Vorhandenes aus einem bestehenden Reservoir herausgeschöpft werde. Einige Philosophen der Evolution, die der Unzulänglichkeit all dieser Worte innigeworden waren, griffen nach dem noch schlimmeren Wort Emergenz, das sprachlogisch die Vorstellung erweckt, etwas Präformiertes tauche plötzlich auf, wie ein luftholender Wal an der Oberfläche des Meeres, das eben noch, bei buchstäblicher Betrachtung, leer zu sein schien.

Hier begibt man sich allerdings auf höchst spekulatives Terrain. Es ist möglich, daß sich das, was man als "Freier Wille" bezeichnet, aus solchen "determinierten" Anfangsbedingungen entwickelt hat, daß also völlig neue Systemeigenschaften fulgurieren können, die vorher nicht, und zwar auch nicht in Andeutungen vorhanden waren; aber wir wissen es einfach nicht. Die Frage ist m.E. für den Determinismus interessant, aber nicht für die "Freier Wille" - Diskussion. Es mag Ausgangsbedingungen gegeben haben (erinnert ein wenig an die "Feinabstimmungsdebatte"), aber diese sind für die weitere Entwicklung nicht mehr entscheidend (sie waren es ggf. am Anfang).

Oder, um es mit Hofstadter ("Gödel, Escher, Bach") auszudrücken:

"Wenn man ihn so betrachtet, legt Gödels Beweis nahe - beweist es aber bei weitem nicht! -, daß es eine Geist/Gehirn-Betrachtungsweise auf höherer Stufe geben könnte, die Begriffe verwendet, die auf niedrigen Stufen nicht in Erscheinung treten, und daß diese Stufe eine erkärende Kraft besitzen könnte, die es auf tieferer Stufe nicht gibt - noch nicht einmal im Prinzip."


()


Tso Wang, Der Begriff der Emergenz bedeutet aber nicht nur, dass etwas *Neues* entsteht, sondern dass neue Qualitäten entstehen. Dialektisch formuliert würde man sagen, es schlägt Quantität in Qualität um, so etwa, indem ab einer gewissen Abweichung von "Normwerten" eine neue Eigenschaft hervor tritt, die aber nicht nur eine neue Qualität darstellt, sondern auch prinzipiell unvorhersehbar war, selbst wenn man die vollständige Ausgangssituation kennt!

Wenn Lorenz im Hinblick auf die Evolution von neuen Eigenschaften spricht, dann ist das nicht eindeutig. Denn neue Eigenschaften können z.B. anderen Federfärbungen oder andere Schnabelformen sein. Andere Qualitäten sind es deshalb noch lange nicht.

Andere Qualitäten entstehen quasi durch unvorhersehbare Sprünge, indem eine Art von Spannung sich über längere Zeit aufbaut und durch den Entwicklungssprung abbaut.

Ich würde den Begriff der Emergenz - auch in Bezug auf das menschliche Denken - beibehalten.

Skeptiker

#1547:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 13:28
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
"Verantwortung verlieren" ist übrigens gleichbedeutend mit "Rechte verlieren".

Sehe ich differenzierter. Jemandem "Verantwortung" zuzuweisen, bedeutet vor allem, daß man von ihm ein bestimmtes (u.a. normgerechtes) soziales Verhalten erwartet, ihm das also zutraut. Das kann auch mit besonderen Rechten und/oder Pflichten verbunden sein.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man ein anderes System finden kann, das ein besseres Verhältnis von Nutzen und Schaden als unser heutiges Strafrechtssystem hat, dann wäre dieses vorzuziehen. Ich wende mich aber, wie gesagt, gegen ein Präventionsstrafrecht.

Würdest Du mir denn wenigstens zustimmen, daß die Vergeltungsaspekte und die Generalprävention zumindest bei Schwerverbrechen keinen großen Nutzen haben? Oder anders gefragt, was ist der große Nutzen, einen Normverletzer 15 Jahre in eine Zelle zu sperren?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das alles hat jetzt aber nichts mehr mit Willensfreiheit zu tun.

Es kam ja die Frage auf (ich meine sogar von Dir), welche konkreten Folgerungen ich aus der Erkenntnis ziehe, daß die Straftat nicht freiwillig, sondern determiniert ablief, bzw. warum ich mich nicht einfach mit dem Wort "freiwillig" und "Schuld" abfinde, auch wenn alles determiniert ist.

#1548:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.07.2009, 18:43
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
"Verantwortung verlieren" ist übrigens gleichbedeutend mit "Rechte verlieren".

Sehe ich differenzierter. Jemandem "Verantwortung" zuzuweisen, bedeutet vor allem, daß man von ihm ein bestimmtes (u.a. normgerechtes) soziales Verhalten erwartet, ihm das also zutraut. Das kann auch mit besonderen Rechten und/oder Pflichten verbunden sein.

Ich hätte wohl nicht "ist übrigens gleichbedeutend" schreiben sollen, sondern "bedeutet übrigens". Das war es, was ich sagen wollte.

Ansonsten stimme ich zu. Mit der kleinen Einschränkung, dass mir kein Beispiel einfällt, bei dem Verantwortung nicht mit besonderen Rechten und/oder Pflichten verbunden ist.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man ein anderes System finden kann, das ein besseres Verhältnis von Nutzen und Schaden als unser heutiges Strafrechtssystem hat, dann wäre dieses vorzuziehen. Ich wende mich aber, wie gesagt, gegen ein Präventionsstrafrecht.

Würdest Du mir denn wenigstens zustimmen, daß die Vergeltungsaspekte und die Generalprävention zumindest bei Schwerverbrechen keinen großen Nutzen haben? Oder anders gefragt, was ist der große Nutzen, einen Normverletzer 15 Jahre in eine Zelle zu sperren?

Über die Zustände in den Gefängnissen, den Haftbedingungen, über Höhe und Nutzen von Gefängnisstrafen, über Alternativen dazu, die humaner wären und gleichen/besseren Nutzen brächten - über all das können wir reden. Da liegen wir letztlich vielleicht gar nicht so weit auseinander, ich möchte keineswegs behaupten, alles sei gut, so wie es ist. Aber diese Diskussion hat mE dann mit Willensfreiheit nichts zu tun.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das alles hat jetzt aber nichts mehr mit Willensfreiheit zu tun.

Es kam ja die Frage auf (ich meine sogar von Dir), welche konkreten Folgerungen ich aus der Erkenntnis ziehe, daß die Straftat nicht freiwillig, sondern determiniert ablief, bzw. warum ich mich nicht einfach mit dem Wort "freiwillig" und "Schuld" abfinde, auch wenn alles determiniert ist.

Vor allem interessiert mich hier das "warum".

Forumssuche nach den Wörtern "freiwillig" und "Schuld" ergibt:

freiwillig: 5727 Einträge
Schuld: 11323 Einträge

Und die werden dabei meist nicht in Deinem Sinne - nämlich in Verbindung oder als Gegensatz zu Determination - verwendet. Und die Bedeutung von Worten ergibt sich aus ihrer Verwendung, meine ich.

#1549:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 09:23
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich weiß es nicht genau, aber vielleicht deckt sich steps Konzept mit dem von Douglas Hofstadter. Hofstädter meint, daß auch ein vollständig bestimmtes und determiniertes System so komplexe Strukturen aufweisen kann und somit mit Begriffen wie "Freier Wille" und "Entscheidung" beschrieben werden kann, ganz unabhängig davon, daß es ganz und gar von den auf einfacheren Stufen wirkenden Gesetzen gesteuert wird.

"Eine vollständig entwickelte Reihe kann Strukturen hervorbringen, die in den Regeln selbst nicht enthalten sind. Der Grund dafür, daß die Eigenschaften nicht in den Regeln zu finden sind, ist ein allgemeines Charakteristikum der Welt, das in Gödels Satz und Chaitins Weiterführung beschrieben ist. Da man, wie Turing gezeigt hat, nicht entscheiden kann, ob ein Rechenprozeß zum Halten kommen wird, kann man auch nicht im Voraus überblicken, wohin die Gesetze führen werden."

(Tor Nörretranders , "Spüre die Welt")
Das Zitat ist aber von Douglas Hofstadter (zitiert von Tor Nörretranders) ? Ist es aus "Gödel Escher, Bach" ?


.

Ja, "Gödel, Escher, Bach".



Zitat:
Ich habe es vor Jahren gelesen, mag mich aber nicht mehr an diese Passage erinnern. Ich denke aber dass dieser Ansatz interessant ist - freier Wille als emergente Eigenschaft des menschlichen Hirnes sozusagen. Ist so was nicht auch schon in diesem Thread behandelt worden - ich verliere langsam den Überblick...


Ich bevorzuge den Ausdruck Fulguration, den Konrad Lorenz geprägt hat. "Emergenz" ist m.E. stark irreführend (obwohl er sich eingebürgert hat). Ich zitiere mal Konrad Lorenz ("Die Rückseite des Spiegels", Kap 2 'Die Entstehung neuer Systemeigenschaften'):

".....Sie (die Ausdrücke) versagen aber geradezu kläglich, wenn man versucht, dem Wesen des organischen Schöpfungsvorganges gerecht zu werden, das eben darin besteht, daß immer etwas völlig Neues in Existenz tritt, etwas das vorher einfach nicht da war. Selbst das schöne deutsche Wort Schöpfung besagt etymologisch, daß etwas bereits Vorhandenes aus einem bestehenden Reservoir herausgeschöpft werde. Einige Philosophen der Evolution, die der Unzulänglichkeit all dieser Worte innigeworden waren, griffen nach dem noch schlimmeren Wort Emergenz, das sprachlogisch die Vorstellung erweckt, etwas Präformiertes tauche plötzlich auf, wie ein luftholender Wal an der Oberfläche des Meeres, das eben noch, bei buchstäblicher Betrachtung, leer zu sein schien.

Hier begibt man sich allerdings auf höchst spekulatives Terrain. Es ist möglich, daß sich das, was man als "Freier Wille" bezeichnet, aus solchen "determinierten" Anfangsbedingungen entwickelt hat, daß also völlig neue Systemeigenschaften fulgurieren können, die vorher nicht, und zwar auch nicht in Andeutungen vorhanden waren; aber wir wissen es einfach nicht. Die Frage ist m.E. für den Determinismus interessant, aber nicht für die "Freier Wille" - Diskussion. Es mag Ausgangsbedingungen gegeben haben (erinnert ein wenig an die "Feinabstimmungsdebatte"), aber diese sind für die weitere Entwicklung nicht mehr entscheidend (sie waren es ggf. am Anfang).

Oder, um es mit Hofstadter ("Gödel, Escher, Bach") auszudrücken:

"Wenn man ihn so betrachtet, legt Gödels Beweis nahe - beweist es aber bei weitem nicht! -, daß es eine Geist/Gehirn-Betrachtungsweise auf höherer Stufe geben könnte, die Begriffe verwendet, die auf niedrigen Stufen nicht in Erscheinung treten, und daß diese Stufe eine erkärende Kraft besitzen könnte, die es auf tieferer Stufe nicht gibt - noch nicht einmal im Prinzip."


()


Tso Wang, Der Begriff der Emergenz bedeutet aber nicht nur, dass etwas *Neues* entsteht, sondern dass neue Qualitäten entstehen. Dialektisch formuliert würde man sagen, es schlägt Quantität in Qualität um, so etwa, indem ab einer gewissen Abweichung von "Normwerten" eine neue Eigenschaft hervor tritt, die aber nicht nur eine neue Qualität darstellt, sondern auch prinzipiell unvorhersehbar war, selbst wenn man die vollständige Ausgangssituation kennt!




.

Genau darum geht es bei der "Fulguration". Lorenz' Kritik war lediglich eine sprachlogische (Worte, Begriffe, Ausdrücke... besitzen auch ästhetische Ausstrahlung).

Zitat:
Wenn Lorenz im Hinblick auf die Evolution von neuen Eigenschaften spricht, dann ist das nicht eindeutig. Denn neue Eigenschaften können z.B. auch andere Federfärbungen oder Schnabelformen sein. Andere Qualitäten sind es deshalb noch lange nicht.


In dem Kapitel geht es um neue Systemeigenschaften (siehe Überschrift oben) um "den Vorgang des großen organischen Werdens". Um Mißverständnisse auszuräumen: Es geht dabei nicht um die Vielfalt des elektromagnetischen Spektrums oder um Farbenlehre.

"Bewußtsein" ist wohl soetwas wie eine völlig neue Systemeigenschaft. Lorenz drückt sich dort sehr präzise aus und geht dabei z.B. auf die Ganglienzellen des Gehirns ein, die im Verbund völlig neue Eigenschaften besitzen, die sich aus ihren Eigenschaften als "Einzelzelle" nicht vorhersehen lassen.

Zitat:
Andere Qualitäten entstehen quasi durch unvorhersehbare Sprünge, indem eine Art von Spannung sich über längere Zeit aufbaut und durch den Entwicklungssprung abbaut.


Du rennst offene Türen ein. Genau darum geht es auch in dem besagten Kapitel. Apropos Spannung: Lorenz versucht diese "Fulguration" (oder auch Emergenz) anhand dreier Stromkreise anschaulich zu machen. Ohne allzusehr ins Detail zu gehen, geht es dabei darum, daß aus zwei einfache Stromkreisen (der eine mit einer Spule, der andere mit einem Kondensator) durch Zusammenschalten ein Schwingkreis entsteht, der aus der Summe seiner "Einzeleigenschaften" überhaupt nicht vorhersagbar war.

Zitat:
Ich würde den Begriff der Emergenz - auch in Bezug auf das menschliche Denken - beibehalten.


Er wird beibehalten. Er hat sich eingebürgert. Ein kleiner Ausflug in die Sprachlogik kann aber hin- und wieder nicht schaden, hihihi.

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#1550:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 10:15
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tso Wang, Der Begriff der Emergenz bedeutet aber nicht nur, dass etwas *Neues* entsteht, sondern dass neue Qualitäten entstehen. Dialektisch formuliert würde man sagen, es schlägt Quantität in Qualität um, so etwa, indem ab einer gewissen Abweichung von "Normwerten" eine neue Eigenschaft hervor tritt, die aber nicht nur eine neue Qualität darstellt, sondern auch prinzipiell unvorhersehbar war, selbst wenn man die vollständige Ausgangssituation kennt!
Wenn Lorenz im Hinblick auf die Evolution von neuen Eigenschaften spricht, dann ist das nicht eindeutig. Denn neue Eigenschaften können z.B. auch andere Federfärbungen oder Schnabelformen sein. Andere Qualitäten sind es deshalb noch lange nicht.


In dem Kapitel geht es um neue Systemeigenschaften (siehe Überschrift oben) um "den Vorgang des großen organischen Werdens". Um Mißverständnisse auszuräumen: Es geht dabei nicht um die Vielfalt des elektromagnetischen Spektrums oder um Farbenlehre.
"Bewußtsein" ist wohl soetwas wie eine völlig neue Systemeigenschaft. Lorenz drückt sich dort sehr präzise aus und geht dabei z.B. auf die Ganglienzellen des Gehirns ein, die im Verbund völlig neue Eigenschaften besitzen, die sich aus ihren Eigenschaften als "Einzelzelle" nicht vorhersehen lassen.


Das ist es ja. Wenn wir schon bei "Sprachlogik" sind: Ich würde es so formulieren, dass nicht neue Systemeigenschaften entstehen, sondern neue Systeme.

Also das Auto hat nicht plötzlich einen zusätzlichen Äähbääg, sondern es ist gar kein Auto mehr, sondern ein Flugzeug.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Andere Qualitäten entstehen quasi durch unvorhersehbare Sprünge, indem eine Art von Spannung sich über längere Zeit aufbaut und durch den Entwicklungssprung abbaut.


Du rennst offene Türen ein. Genau darum geht es auch in dem besagten Kapitel. Apropos Spannung: Lorenz versucht diese "Fulguration" (oder auch Emergenz) anhand dreier Stromkreise anschaulich zu machen. Ohne allzusehr ins Detail zu gehen, geht es dabei darum, daß aus zwei einfache Stromkreisen (der eine mit einer Spule, der andere mit einem Kondensator) durch Zusammenschalten ein Schwingkreis entsteht, der aus der Summe seiner "Einzeleigenschaften" überhaupt nicht vorhersagbar war.


Ja, und zwar prinzipiell nicht vorhersagbar. Das bedeutet, dass hier ein neues System entsteht, welches zwar schon vorher bestanden hat, aber nur als Potenzial.

Übrigens ist ein neues System auch oft aus ganz unterschiedlichen Ausgangssystemen herzustellen, was wiederum noch mal betont, dass es nicht um neue Eigenschaften des alten Systems geht, sondern um neue Qualitäten, dessen Wurzeln ganz unterschiedlich sein können.

Wir sehen das in der Evolution, wo morphologische Ähnlichkeiten nicht auf eine direkte Verwandtschaft hindeuten müssen.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich würde den Begriff der Emergenz - auch in Bezug auf das menschliche Denken - beibehalten.


Er wird beibehalten. Er hat sich eingebürgert. Ein kleiner Ausflug in die Sprachlogik kann aber hin- und wieder nicht schaden, hihihi.

()


Ja, so ein Ausflug ist doch immer mal wieder was schönes. Sehr glücklich

Skeptiker

#1551:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 10:17
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
"Verantwortung verlieren" ist übrigens gleichbedeutend mit "Rechte verlieren".

Sehe ich differenzierter. Jemandem "Verantwortung" zuzuweisen, bedeutet vor allem, daß man von ihm ein bestimmtes (u.a. normgerechtes) soziales Verhalten erwartet, ihm das also zutraut. Das kann auch mit besonderen Rechten und/oder Pflichten verbunden sein.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man ein anderes System finden kann, das ein besseres Verhältnis von Nutzen und Schaden als unser heutiges Strafrechtssystem hat, dann wäre dieses vorzuziehen. Ich wende mich aber, wie gesagt, gegen ein Präventionsstrafrecht.

Würdest Du mir denn wenigstens zustimmen, daß die Vergeltungsaspekte und die Generalprävention zumindest bei Schwerverbrechen keinen großen Nutzen haben? Oder anders gefragt, was ist der große Nutzen, einen Normverletzer 15 Jahre in eine Zelle zu sperren?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das alles hat jetzt aber nichts mehr mit Willensfreiheit zu tun.

Es kam ja die Frage auf (ich meine sogar von Dir), welche konkreten Folgerungen ich aus der Erkenntnis ziehe, daß die Straftat nicht freiwillig, sondern determiniert ablief, bzw. warum ich mich nicht einfach mit dem Wort "freiwillig" und "Schuld" abfinde, auch wenn alles determiniert ist.


Das ist OT.

Skeptiker

#1552:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 11:23
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nö, Schlüsse, die jemand zieht, weil er es muss, aber noch nicht einmal erklären kann, warum er es denn muss, sind notwendigerweise für andere uninteressant, selbst dann, wenn der andere an Freiheit glaubt. Denn dann wäre er für Argumente empfänglich, aber nicht für ein "isthaltsoweilssoist".

Den von mir fett gekennzeichneten Passus nehme ich als Ablehnung meines Angebots wahr, einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Ich muß jetzt zwar leer schlucken, aber ich lebe noch. Dein Desinteresse erspart mir viel Zeit und Kraft.

Ich wünsche Dir auf Deinen Wegen gutes Gelingen – aber nein! in Deiner Macht steht mehr, als ich mir denken kann.

Gruß von Leila*
Das tönt so nach: "Ich weiss es besser als Du, aber - ätsch - ich sage nichts..."

#1553: Re: Der Begriff der Freiheit Autor: AXOWohnort: Thüringen BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 11:29
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:


O.k. Dann sind wir trotz unterschiedlicher, verschlungener Argumentationspfade zufällig doch noch in einer Lichtung aufeinander getroffen.


nicht zufällig Skeptiker sondern zwangsläufig Mr. Green

Zitat:

In der Tat ist die Diskussion um den "freien Willen" eine überflüssige Geisterdebatte, die vom eigentlichen Thema der menschlichen Freiheit in einer determinierten-<s>zufälligen</s> Welt wegführt.


ebend Smilie

#1554:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 11:38
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Apropos Spannung: Lorenz versucht diese "Fulguration" (oder auch Emergenz) anhand dreier Stromkreise anschaulich zu machen. Ohne allzusehr ins Detail zu gehen, geht es dabei darum, daß aus zwei einfache Stromkreisen (der eine mit einer Spule, der andere mit einem Kondensator) durch Zusammenschalten ein Schwingkreis entsteht, der aus der Summe seiner "Einzeleigenschaften" überhaupt nicht vorhersagbar war.

Das liegt aber daran, daß die phänomenologische Bescheibung der "Einzeleigenschaften" sehr oberflächlich ist. Hat man dagegen eine Theorie der Einzeleigenschaften, also versteht, wie sie zustandekommen, so kann man daraus sehrwohl die Oszillation voraussagen!

Ich hatte hier schonmal eine ähnliche Diskussion mit ElSchwalmo, in der es darum ging, ob man emergente Eigenschaften des Wasseres, also etwa die Naßheit oder die Dielektrizitätskonstante, aus den Eigenschaften des Moleküls voraussagen/berechnen könne. Auch da ist es so, daß das Phänomen als solches scheinbar in keinem Zusammenhang steht, aber die Kenntnis der beteiligten atomaren Gesetze erlaubt eine Erklärung und Berechnung, in diesem Fall allerdings nur noch mit erheblichem numerischen Aufwand.

#1555:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 12:44
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, ...
Ach. Wieso das denn auf einmal? Gehört das mathematische Denken nicht zu "mir"? Ist das etwa ein zu unromantischer oder unmoralisches Charakterelement? Erscheint es Dir doch gar zu determiniert? Was sagt denn AP zu diesem neueartigen Dualismus?
Ich separiere einfach nur die beiden Vorgänge: Zuerst entscheidest Du Dich, deine Entscheidung anhand eines mathematischen Modelles zu treffen, und dann lässt Du dieses Modell für Dich entscheiden.

Moment mal: Ich bin Monist, die mathematische Berechnung findet in mir und sogar bewußt statt, und gehört daher zu mir. zwinkern
OK, DU machst die mathematische Berechnung - im Kopf, auf dem Papier oder mittels Computer - und DU hast beschlossen, Deine Entscheidung anhand dieser Berechnung zu treffen. Eigentlich suchst Du einfach nach für Dich gültigen Entscheidungskriterien. Du bist aber völlig frei, diese Kriterien zu gewichten wie Du willst. Die Berechnung ist nur eines von mehreren Kriterien.

Ich bin aktuell im Begriff eine für mich wichtige Entscheidung zu treffen. Dazu suche ich nach vernünftigen Entscheidungskriterien nach denen ich mich richten kann (ich bin auch Rationalist). Es geht darum, die Toscana nach über 10 Jahren zu verlassen und mich woanders niederzulassen. In Frage kommt Fribourg in der Schweiz, wo ich aufgewachsen bin und meine 92 jährige Mutter wohnt und immer pflegebedürftiger wird, und St Malo in de Bretagne. Ich will jetzt nicht alle Entscheidungskriterien aufzählen - das eine ist, ob ich den Aufwand, die Wohnung in Piombino zu verkaufen und anderswo eine neue zu kaufen und dann zügeln zu müssen, überhaupt auf mich nehmen soll und nicht einfach in Italien bleiben soll, wo ich mich eigentlich doch recht gut eingelebt habe, oder ob der Drang Neues zu erleben nicht doch stärker ist (wobei Fribourg ja nicht neu wäre). Also eine recht komplexe Entscheidungsstruktur !

Zuerst muss ich eine Wohnung in beiden Orten (Fribourg und St Malo) finden, welche im Charme, Grösse und Preis der Wohnung in Piombino entspricht. Dann muss ich das soziale Gefüge beider Orte mit Piombino vergleichen - in Fribourg kenne ich doch schon viele Leute, in St Malo noch praktisch niemanden.

Weiter gibt es auch eine Rechnerei: Die Lebenskosten (ja, auch ich muss auf das Geld aufpassen, AXO !) sind in den drei Ländern zu beachten - mit dem Euro hat sich aber eigentlich alles auf ähnliche Preisstrukturen nivelliert. In Rechnung kommen auch die Steuern. Ich beziehe Renten in der Schweiz und besteuere sie mit einer Quellensteuer von 10% solange ich im Ausland wohne (ich muss also keine Steuererklärung ausfüllen). Wenn ich aber in der Schweiz lebe, dann verdoppeln sich meine Steuern, was ich eben berechnet habe. Dies ist also ein weiteres Kriterium meiner Entscheidung. Ist es mir wert, wegen der Nähe zu meiner Mutter so viel mehr zu bezahlen ? Vorläufig habe ich 3 Wohnungen in Fribourg angeschaut, wobei mir nur eine gefällt - dummerweise die teuerste dessen Preis doch etwas über der Schmerzensgrenze liegt.

Zum Glück habe ich Zeit für meine Entscheidung. Diese muss ja nicht morgen getroffen werden. Ich werde ein paar Wochen in St Malo verbringen, um dort Wohnungen anzuschauen und mich einzuleben und somit neue Kriterien für oder gegen ein Leben am Atlantik zu generieren. Irgend mal werde ich all das mit der entsprechenden Gewichtung in einen Topf werfen und mich entscheiden - wahrscheinlich intuitiv, gefühlsmässig. Wie gross das Steuerargument sein wird werden wir sehen...

step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... Ich weiss nicht warum Du jetzt mit Romantik und Moral kommen musst, das ist völlig aus der Luft gegriffen.

Ich versuchte zu deuten, warum eine bewußte mathematische Berechnung aus Deiner Sicht nicht zum "freien Ich" gehört, wohl aber moralische und unbewußte Vorgänge.
...nur hast Du in Deiner Deutung völlig daneben gegriffen...

#1556: Re: Der Begriff der Freiheit Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 12:56
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
In der Tat ist die Diskussion um den "freien Willen" eine überflüssige Geisterdebatte, die vom eigentlichen Thema der menschlichen Freiheit in einer determinierten-<s>zufälligen</s> Welt wegführt.

ebend Smilie

Eben nicht. Die Diskussion um den "freien Willen" dreht sich genau um das Thema der menschlichen Freiheit in unserer Welt. Kann ein Mensch seinen Willen, seine Entscheidungen, seine Handlungen zum Teil bestimmen / kontrollieren / steuern, kann man ihn also zum Teil als frei und selbstbestimmt ansehen oder nicht.

#1557:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 13:19
    —
SZ von heute: Wolf Singer über Bewußtsein usw.

http://www.sueddeutsche.de/l5u38N/2972465/Bewusstein.html

Zitat:
SZ: Diese Erkenntnis kam nicht bei jedem gut an: Sie haben damit einen ziemlichen Wirbel verursacht und sich einen Rüffel von Jürgen Habermas geholt.

Singer: Das war auf einem Philosophenkongress in Essen, auf dem ich abends erzählt habe, wie wir Neurobiologen glauben, dass das Gehirn funktioniert. Das hat vor allem die Journalisten beunruhigt, die das dann später polemisch als Angriff auf das Selbstverständnis der Menschen und die Würde des Abendlandes wiedergegeben haben. Viele wollen halt die Welt anders sehen. Sie wollen die Unabhängigkeit des Geistigen, der Entscheidung und des Willens. Und das Gehirn als materielles Substrat soll dann lediglich ausführen, was der Wille vorgibt.

Diese Tendenz sehe ich auch hier.

#1558:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 13:28
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, ...
Ach. Wieso das denn auf einmal? Gehört das mathematische Denken nicht zu "mir"? Ist das etwa ein zu unromantischer oder unmoralisches Charakterelement? Erscheint es Dir doch gar zu determiniert? Was sagt denn AP zu diesem neueartigen Dualismus?
Ich separiere einfach nur die beiden Vorgänge: Zuerst entscheidest Du Dich, deine Entscheidung anhand eines mathematischen Modelles zu treffen, und dann lässt Du dieses Modell für Dich entscheiden.
Moment mal: Ich bin Monist, die mathematische Berechnung findet in mir und sogar bewußt statt, und gehört daher zu mir. zwinkern
OK, DU machst die mathematische Berechnung - im Kopf, auf dem Papier oder mittels Computer - und DU hast beschlossen, Deine Entscheidung anhand dieser Berechnung zu treffen.

Zuerst hast Du behauptet, ich träfe die Entscheidung nicht selber, wenn ich sie im Kopf berechne. Jetzt plötzlich treffe ich sie selber, aber zuvor, und eine ganz andere (nämlich zu rechnen).

PataPata hat folgendes geschrieben:
Eigentlich suchst Du einfach nach für Dich gültigen Entscheidungskriterien. Du bist aber völlig frei, diese Kriterien zu gewichten wie Du willst. Die Berechnung ist nur eines von mehreren Kriterien.

Ich habe das Beispiel mit der Berechnung gewählt, um zu zeigen, daß Dein Selbstmodell in bezug auf Entscheidungen naiv und löchrig ist. Letztlich basiert ja jede Entscheidung auf einer (neuronalen) Berechnung, nur ist die uns eben nicht bewußt. Daher habe ich ein Beispiel gewählt, indem die Berechnung der Entscheidung bewußt verläuft.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich bin aktuell im Begriff eine für mich wichtige Entscheidung zu treffen. [...] Irgend mal werde ich all das mit der entsprechenden Gewichtung in einen Topf werfen und mich entscheiden - wahrscheinlich intuitiv, gefühlsmässig. Wie gross das Steuerargument sein wird werden wir sehen...

Schön, aber was sagt uns das? Aus meiner Sicht zeigt das nur, wie komplex der Entscheidungsvorgang sein kann.

PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... Ich weiss nicht warum Du jetzt mit Romantik und Moral kommen musst, das ist völlig aus der Luft gegriffen.
Ich versuchte zu deuten, warum eine bewußte mathematische Berechnung aus Deiner Sicht nicht zum "freien Ich" gehört, wohl aber moralische und unbewußte Vorgänge.
...nur hast Du in Deiner Deutung völlig daneben gegriffen...

Das sagt sich leicht - aber Deine Antworten oben zeigen mir, daß Du Berechnungen als Entscheidungen nicht akzeptierst. Das ist für mich ein klarer Beleg für einen einen intuitionistischen, irrationalistischen Fehlschluss.

#1559: Re: Der Begriff der Freiheit Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 13:38
    —
AXO hat folgendes geschrieben:
...und ich schätze Freiheit als hohes Gut und
keineswegs als beliebig ein.
Hier gehts aber vordringlich um den freien Willen in einer abstrakten Determination
und um Freiheit zu definieren ist ein freier Wille weder nötig noch lässt er sich schlußendlich definieren
und nur auf letzteres hab ich mich in dem von dir zitierten Text bezogen zwinkern
Wie kannst Du Freiheit ohne freien Willen schätzen ? Wie definierst Du Freiheit ohne freien Willen ? Aber kurz bitte...

#1560:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 13:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
SZ von heute: Wolf Singer über Bewußtsein usw.

http://www.sueddeutsche.de/l5u38N/2972465/Bewusstein.html

Zitat:
SZ: Diese Erkenntnis kam nicht bei jedem gut an: Sie haben damit einen ziemlichen Wirbel verursacht und sich einen Rüffel von Jürgen Habermas geholt.

Singer: Das war auf einem Philosophenkongress in Essen, auf dem ich abends erzählt habe, wie wir Neurobiologen glauben, dass das Gehirn funktioniert. Das hat vor allem die Journalisten beunruhigt, die das dann später polemisch als Angriff auf das Selbstverständnis der Menschen und die Würde des Abendlandes wiedergegeben haben. Viele wollen halt die Welt anders sehen. Sie wollen die Unabhängigkeit des Geistigen, der Entscheidung und des Willens. Und das Gehirn als materielles Substrat soll dann lediglich ausführen, was der Wille vorgibt.

Diese Tendenz sehe ich auch hier.


Gibt es auch irgendwo eine Stellungnahme Singers zum Wahrheitsbegriff, den er, zumindest in diesem Interview ja ziemlich sorglos verwendet. Was aber eigentlich als Konsequenz seiner Ausführungen gar nicht mehr möglich ist.

#1561:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 14:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
SZ von heute: Wolf Singer über Bewußtsein usw.

http://www.sueddeutsche.de/l5u38N/2972465/Bewusstein.html

Singer hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn macht sich faszinierenderweise völlig falsche Vorstellungen über seine Verfasstheit.

Ein Gehirn kann sich keine Vorstellungen machen. Das ergibt mE keinen Sinn. Richtig müsste es heißen: Menschen machen sich falsche Vorstellungen über die Verfasstheit ihres Gehirnes.

Singer vermischt zwei Ebenen, die personale und die subpersonale Ebene. Das ist mE unzulässig. Es sei denn, man wäre eliminativer Materialist. Aber der eliminative Materialismus hat so seine Schwierigkeiten. Zum Beispiel, dass er selbstwidersprüchlich, selbstaufhebend ist.

Singer vermischt diese Ebenen schon lange, zum Beispiel hier (2004), er scheint das irgendwie für seine Argumentation zu benötigen. Was seine Argumentation mE aber sehr, sehr schwach macht. Da hilft es auch nicht mehr viel, Meinungsgegnern permanent Dualismus zu unterstellen.

#1562:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 14:20
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Das bedeutet, dass hier ein neues System entsteht, welches zwar schon vorher bestanden hat, aber nur als Potenzial.
Entwicklungsgeschichtlich sind die Fähigkeiten des Gehirns weitgehend schrittweise geschehen - oder meinst Du, dass durch die Entstehung des homo sapiens tatsächlich ein völlig neues System entstanden ist ?

#1563:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 14:32
    —
Interessante Links, AP.

#1564:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 15:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Wenn Du eine Entscheidung nach einem Rechenresultat triffst, dann triffst Du sie ja nicht selber, ...
Ach. Wieso das denn auf einmal? Gehört das mathematische Denken nicht zu "mir"? Ist das etwa ein zu unromantischer oder unmoralisches Charakterelement? Erscheint es Dir doch gar zu determiniert? Was sagt denn AP zu diesem neueartigen Dualismus?
Ich separiere einfach nur die beiden Vorgänge: Zuerst entscheidest Du Dich, deine Entscheidung anhand eines mathematischen Modelles zu treffen, und dann lässt Du dieses Modell für Dich entscheiden.
Moment mal: Ich bin Monist, die mathematische Berechnung findet in mir und sogar bewußt statt, und gehört daher zu mir. zwinkern
OK, DU machst die mathematische Berechnung - im Kopf, auf dem Papier oder mittels Computer - und DU hast beschlossen, Deine Entscheidung anhand dieser Berechnung zu treffen.

Zuerst hast Du behauptet, ich träfe die Entscheidung nicht selber, wenn ich sie im Kopf berechne. Jetzt plötzlich treffe ich sie selber, aber zuvor, und eine ganz andere (nämlich zu rechnen).
Richtig - und das ist kein Widerspruch (s. unten).
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Eigentlich suchst Du einfach nach für Dich gültigen Entscheidungskriterien. Du bist aber völlig frei, diese Kriterien zu gewichten wie Du willst. Die Berechnung ist nur eines von mehreren Kriterien.

Ich habe das Beispiel mit der Berechnung gewählt, um zu zeigen, daß Dein Selbstmodell in bezug auf Entscheidungen naiv und löchrig ist. Letztlich basiert ja jede Entscheidung auf einer (neuronalen) Berechnung, nur ist die uns eben nicht bewußt. Daher habe ich ein Beispiel gewählt, indem die Berechnung der Entscheidung bewußt verläuft.
Guter Versuch, mir hereinzulegen ! Ja, alles ist letztlich eine Berechnung durch die Neuronen. Ja, diese sind durch Genetik und Erfahrung vorgeformt. Was im subzellulären Bereich noch für (ev. quantenmechanischen) Rechenkapazitäten bestehen, weiss noch niemand. Also ist das Hirn schon etwas sehr, sehr Komplexes - gewisse weisen darauf hin, dass es das komplexeste Gebilde ist, das wir kennen. Sicher nicht auf einfaches Neuronenfeuern reduzierbar. Und da meinst Du, dass die Eigenschaften des Hirns berechenbar sind, weil Du als Physiker gelernt hast, dass alle Eigenschaften der Materie aus der Kenntnis der Eigenschaften der Elementarteilchen vorhersehbar sind. Das ist eine naive Vorstellung...
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich bin aktuell im Begriff eine für mich wichtige Entscheidung zu treffen. [...] Irgend mal werde ich all das mit der entsprechenden Gewichtung in einen Topf werfen und mich entscheiden - wahrscheinlich intuitiv, gefühlsmässig. Wie gross das Steuerargument sein wird werden wir sehen...

Schön, aber was sagt uns das? Aus meiner Sicht zeigt das nur, wie komplex der Entscheidungsvorgang sein kann.
Genau ! Der Rechenteil ist nur einer von vielen Aspekten. Das Rechenresultat wird frei gewichtet und geht in eine freie Enscheidung hinein.
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... Ich weiss nicht warum Du jetzt mit Romantik und Moral kommen musst, das ist völlig aus der Luft gegriffen.
Ich versuchte zu deuten, warum eine bewußte mathematische Berechnung aus Deiner Sicht nicht zum "freien Ich" gehört, wohl aber moralische und unbewußte Vorgänge.
...nur hast Du in Deiner Deutung völlig daneben gegriffen...

Das sagt sich leicht - aber Deine Antworten oben zeigen mir, daß Du Berechnungen als Entscheidungen nicht akzeptierst. Das ist für mich ein klarer Beleg für einen einen intuitionistischen, irrationalistischen Fehlschluss.
Was für Bezeichnungen Du mir schon alles diesbezüglich angedichtet hast ! "unromantischer oder unmoralisches Charakterelement", "naiv und löchrig", "moralische und unbewußte Vorgänge" "intuitionistischen, irrationalistischen Fehlschluss". Ich sage einfach, dass der Entscheid, eine Rechnung als Kriterium einzusetzen von Dir stammt und Du immer noch frei bist, ihr Resultat post hoc als Kriterium zu akzeptieren oder nicht. Ich habe in meinem Beispiel die Berechnung der Steuern gemacht - das Resultat hängt überhaupt nicht von mir ab, sondern von den Steuergesetzen, die ich nicht verfasst habe. Was ich nun aus der Berechnung mache hängt allein von meinem bedingt freien Willen ab - nimm ich die Differenz in Kauf oder nicht verglichen mit allen anderen Kriterien, dazu bin ich immer noch frei.

#1565:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 17:43
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
SZ von heute: Wolf Singer über Bewußtsein usw.

http://www.sueddeutsche.de/l5u38N/2972465/Bewusstein.html

Singer hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn macht sich faszinierenderweise völlig falsche Vorstellungen über seine Verfasstheit.
Ein Gehirn kann sich keine Vorstellungen machen. Das ergibt mE keinen Sinn. Richtig müsste es heißen: Menschen machen sich falsche Vorstellungen über die Verfasstheit ihres Gehirnes.

Und wieso nicht:
"Kulturen machen sich falsche Vorstellungen über die Verfasstheit der Gehirne ihrer Mitglieder"
oder
"Das Universum macht sich falsche Vorstellungen über die Verfasstheit der Gehirne mancher seiner Wesen" ?
Letztlich ist es doch das Gehirn, in dem das Modell des Entscheidens entsteht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Singer vermischt zwei Ebenen, die personale und die subpersonale Ebene. Das ist mE unzulässig.

NmV vermischt er sie nicht, sondern zieht aus der (teilweisen) Kenntnis der subpersonalen Ebene Schlüsse auf die personale. Damit kann er zwar nicht alles erklären, aber einiges ausschließen. Ich wüßte nicht, wieso das unzulässig erscheinen könnte, außer für echte Dualisten, für die der "Geist" ein autonomes Objekt ist, dessen WIllen das Gehirn bloß ausführt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es sei denn, man wäre eliminativer Materialist. Aber der eliminative Materialismus hat so seine Schwierigkeiten. Zum Beispiel, dass er selbstwidersprüchlich, selbstaufhebend ist.

Habe die Einwände mal nachgelesen unter http://de.wikipedia.org/wiki/Eliminativer_Materialismus . Der intuitive Einwand und die alten Qualia klammere ich hier mal als nicht satisfaktionsfähig aus. Bleibt also der sog. Inkohärenzeinwand, auf den Du Dich vermutlich beziehst. Er lautet sinngemäß: Wenn es keine mentalen Zustände gäbe, wären sämtliche Aussagen aller Wissenschaften bedeutungslos, da es keine Bedeutungen, Wahrheiten usw. gäbe.
Meine Argumente gegen diesen Einwand:
1. Ich muß nicht mentale Zustände leugnen, sondern nur, daß diese dem Willen eines von der subpersonalen EBene hinreichend unabhängigen Geistwesen entsprächen.
2. Ich muß nicht auf der Existenz von Bedeutungen und Wahrheiten bestehen, es reicht aus, daß Modelle mit Voraussagekraft u.ä. existieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Singer vermischt diese Ebenen schon lange, zum Beispiel hier (2004), er scheint das irgendwie für seine Argumentation zu benötigen. Was seine Argumentation mE aber sehr, sehr schwach macht. Da hilft es auch nicht mehr viel, Meinungsgegnern permanent Dualismus zu unterstellen.

Viele Kritiker des reduktionistischen Ansatzes waren und sind nun mal Dualisten. Du allerdings versuchst das zu vermeiden, indem Du je nach Bedarf entweder betonst, man dürfe die Ebenen nicht trennen, oder, man dürfe sie nicht vermischen. Und Du gehst auch selbst nicht sparsam mit dem Dualismusvorwurf um, selbst gegenüber einem Reduktionisten wie mir.

Zu Deinem link: Insgesamt fnde ich Singers Argumentation korrekt, wenn auch manchmal sprachlich etwas ungenau. Er leidet natürlich unter der extrem parteiischen Kommentierung des Autors. Vielleicht schreibe ich im Einzelnen noch mal was dazu. Auf den ersten Blick ist mir (bei Singer) nur ein Satz aufgefallen, den ich falsch finde:

"Die Person ist der Organismus, die Gesamtheit von Körper und Nervensystem."

Das sehe ich anders: Die (eigene) Person ist das Modell, das manches Gehirn von sich selbst und dem unmittelbar mit ihm Zusammenhängenden macht. Die (fremde) Person ist die Übertragung dieses Modells auf andere Gehirne und ihre Körper.

#1566:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 18:27
    —
step hat folgendes geschrieben:
NmV vermischt er sie nicht, sondern zieht aus der (teilweisen) Kenntnis der subpersonalen Ebene Schlüsse auf die personale. Damit kann er zwar nicht alles erklären, aber einiges ausschließen. Ich wüßte nicht, wieso das unzulässig erscheinen könnte, außer für echte Dualisten, für die der "Geist" ein autonomes Objekt ist, dessen WIllen das Gehirn bloß ausführt.
Du bist also ein reduktionistischer Monist... Im Wikipedia-Artikel über Neuroethik wird aber auch eine Alternative angeboten :
Zitat:
Andere Vertreter des Monismus behaupten hingegen, dass es sich bei den beiden Beschreibungsebenen um gleichwertige Perspektiven handelt, die sich nicht aufeinander zurückführen lassen. Sie verwenden oft die Analogie eines Kippbildes: Manche Bilder lassen sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten und können so sehr unterschiedliche Merkmale besitzen. In gleicher Weise sollen sich Menschen aus einer personalen und einer subpersonalen Perspektive betrachten lassen, keine dieser Perspektiven sei die eigentlich grundlegende.
Könntest Du Dich nicht damit befreunden ?

Eine weitere Möglichkeit wird ebendort erwähnt, der Kompatibilismus, auch ein erwähnenswerter Standpunkt. Du bist offenbar ein radikaler Inkompatibilist...

step hat folgendes geschrieben:
Die (eigene) Person ist das Modell, das manches Gehirn von sich selbst und dem unmittelbar mit ihm Zusammenhängenden macht. Die (fremde) Person ist die Übertragung dieses Modells auf andere Gehirne und ihre Körper.
Das erachte ich als überzeugend...

#1567:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 19:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Gehirn kann sich keine Vorstellungen machen. Das ergibt mE keinen Sinn. Richtig müsste es heißen: Menschen machen sich falsche Vorstellungen über die Verfasstheit ihres Gehirnes.

[...] Letztlich ist es doch das Gehirn, in dem das Modell des Entscheidens entsteht.

Letztlich haben meine Finger diesen Beitrag eingetippt.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Singer vermischt zwei Ebenen, die personale und die subpersonale Ebene. Das ist mE unzulässig.

NmV vermischt er sie nicht, sondern zieht aus der (teilweisen) Kenntnis der subpersonalen Ebene Schlüsse auf die personale. Damit kann er zwar nicht alles erklären, aber einiges ausschließen. Ich wüßte nicht, wieso das unzulässig erscheinen könnte, außer für echte Dualisten, für die der "Geist" ein autonomes Objekt ist, dessen WIllen das Gehirn bloß ausführt.

Es ergibt einfach keinen Sinn, zu sagen: weil meine Neuronen so und so gefeuert haben, tat ich dies und jenes. Das ist ja kein Grund. Genauso wenig Sinn ergibt es, zu sagen: ich bin dahin gegangen, weil sich meine Beine so und so bewegt haben. Obwohl ich nicht an dem Ort wäre, wenn sich meine Beine nicht so und so bewegt hätten. Aber eine Erklärung für mein Verhalten kann es nicht sein. Diese kann eben nur auf personaler Ebene erfolgen.

Meiner Ansicht nach vermischt er diese Ebenen sehr wohl, wenn er einfach behauptet, das so und so feuern der Neuronen sei eine hinreichende Erklärung für ein Verhalten.

Und es geht ihm keineswegs nur darum, gegen Dualismus zu argumentieren.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es sei denn, man wäre eliminativer Materialist. Aber der eliminative Materialismus hat so seine Schwierigkeiten. Zum Beispiel, dass er selbstwidersprüchlich, selbstaufhebend ist.

[...]
Meine Argumente gegen diesen Einwand:
1. Ich muß nicht mentale Zustände leugnen, sondern nur, daß diese dem Willen eines von der subpersonalen EBene hinreichend unabhängigen Geistwesen entsprächen.

Das ist Monismus. Der eliminative Materialismus leugnet zusätzlich mentale Zustände.

step hat folgendes geschrieben:
2. Ich muß nicht auf der Existenz von Bedeutungen und Wahrheiten bestehen, es reicht aus, daß Modelle mit Voraussagekraft u.ä. existieren.

Öhm. Du musst aber irgendwie ein Modell von einem Nichtmodell unterscheiden können. Und dazu musst Du Bedeutungen erkennen können. Auch zur Kommunikation, z.B. zur Darstellung eines Modelles gegenüber anderen, wäre es schön, wenn man Bedeutungen vermitteln könnte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Singer vermischt diese Ebenen schon lange, zum Beispiel hier (2004), er scheint das irgendwie für seine Argumentation zu benötigen. Was seine Argumentation mE aber sehr, sehr schwach macht. Da hilft es auch nicht mehr viel, Meinungsgegnern permanent Dualismus zu unterstellen.

Viele Kritiker des reduktionistischen Ansatzes waren und sind nun mal Dualisten. Du allerdings versuchst das zu vermeiden, indem Du je nach Bedarf entweder betonst, man dürfe die Ebenen nicht trennen, oder, man dürfe sie nicht vermischen.

Ich vertrete eher einen nichtreduktionistischen monistischen Ansatz. Neuronale und mentale Beschreibungen sind dabei Beschreibungen auf unterschiedlichen Ebenen. Wobei die eine Ebene nicht durch die andere Ebene ersetzt werden kann und wobei ich es für falsch halte, zu behaupten, die eine Ebene sei die einzig Wirkliche oder Wichtige und die andere letztlich verzichtbar. Siehe das, was PataPata über diesem Beitrag zitiert hat.

step hat folgendes geschrieben:
Und Du gehst auch selbst nicht sparsam mit dem Dualismusvorwurf um, selbst gegenüber einem Reduktionisten wie mir.

Epiphänomenalismus halte ich für eine Art von Dualismus, ja. Falls Du das meinst.

#1568:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 19:45
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
SZ von heute: Wolf Singer über Bewußtsein usw.

http://www.sueddeutsche.de/l5u38N/2972465/Bewusstein.html

Singer hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn macht sich faszinierenderweise völlig falsche Vorstellungen über seine Verfasstheit.

Ein Gehirn kann sich keine Vorstellungen machen. Das ergibt mE keinen Sinn. Richtig müsste es heißen: Menschen machen sich falsche Vorstellungen über die Verfasstheit ihres Gehirnes.

[...]

Kritikwürdig ist außerdem noch die folgende Aussage des Interviewers:

Zitat:
Wir Menschen hängen an der Vorstellung, dass wir einen freien Willen haben. Diesen Glauben hat uns die Hirnforschung genommen.

Damit wird wieder der Eindruck erweckt, als sei jetzt irgendwie "empirisch"/ "experimentell" / "im Labor" usw. der Beweis erbracht worden, dass Willensfreiheit eine Illusion sei. Auch bei Singer habe ich diese Behauptung schon gelesen: Er hat in einem anderen Aufsatz sinngemäß geschrieben, dass wir "aus Erfahrung [also empirisch] wissen, dass nichts ohne Ursache ist" und daher auch der menschliche Willen kausal bedingt und nicht frei sei. Dabei wird aber übersehen, dass die Konzepte, die in diesem Zusammenhang in der Regel ins Feld geführt werden, gar keine wissenschaftlichen Theorien sind, die empirisch überprüfbar wären. Konzepte wie Determinismus, Kausalität oder Naturgesetzlichkeit sind stattdessen nach meinem Verständnis metaphysische oder heuristische Annahmen, die so etwas wie eine Voraussetzung von Naturwissenschaft darstellen, aber kein Ergebnis dieser sind. Man kann aus diesem Grund nicht "aus Erfahrung wissen", dass das Kausalprinzip und verwandte methodologische Normen wahr sind. Und daher ist es auch nicht richtig zu sagen, "die Hirnforschung" habe jetzt den illusionären Charakter des freien Willens gezeigt. Singer scheint also gar nicht zu bemerken, dass er eigentlich die ganze Zeit philosophiert, wenn er über die Willensfreiheit redet, dabei aber unberechtigterweise die (vermeintliche) Autorität der Naturwissenschaft für seine Argumentation in Anspruch nimmt.

#1569:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 20:03
    —
In Ergänzung zu Tapuaks Ausführung noch ein Zitat:
(JNR = Nida-Rümelin)
Zitat:
„JNR: (…) Ich warne Sie [=Singer zelig] lediglich davor, die großen Töne zu wagen: „Wir haben bewiesen, dass es Willensfreiheit nicht gibt.“ Warum sagen Sie nicht ein bisschen bescheidener: „Wir haben bewiesen, dass bestimmte überzogene Selbstbilder des Menschen erschüttert sind.“? Natürlich gibt es einen graduellen Übergang zwischen Vorbewusstem und Bewusstem, zwischen durch Gründe gesteuertem Tun und arationalem Verhalten. Das würde ich sofort zuerkennen. Aber Ihre harte These geht in die Irre.

http://www.suesske.de/index_neuro.htm

Zu diesem Punkt muss man auch sagen, daß ein Teil der Erregtheit in diesen Diskussionen ja nicht durch inhaltliche Differenzen verursacht ist, sondern durch die wiederholte Behauptung, hier etwas bewiesen zu haben, anstatt die weltanschaulichen Prämissen dieser Behauptung kenntlich zu machen.

#1570:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 21:18
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Du bist also ein reduktionistischer Monist... Im Wikipedia-Artikel über Neuroethik wird aber auch eine Alternative angeboten :
Zitat:
Andere Vertreter des Monismus behaupten hingegen, dass es sich bei den beiden Beschreibungsebenen um gleichwertige Perspektiven handelt, die sich nicht aufeinander zurückführen lassen. Sie verwenden oft die Analogie eines Kippbildes: Manche Bilder lassen sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten und können so sehr unterschiedliche Merkmale besitzen. In gleicher Weise sollen sich Menschen aus einer personalen und einer subpersonalen Perspektive betrachten lassen, keine dieser Perspektiven sei die eigentlich grundlegende.
Könntest Du Dich nicht damit befreunden ?

Nein, kann ich nicht. Zwar zeigen sich in der Tat unterschiedliche Aspekte und Phänomene je nach Ebene und Blickwinkel, aber die physikalische Sicht ist - soweit heute bekannt - die eindeutig grundlegende.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Eine weitere Möglichkeit wird ebendort erwähnt, der Kompatibilismus, auch ein erwähnenswerter Standpunkt. Du bist offenbar ein radikaler Inkompatibilist...

Naja, radikal ... ich würde Kompatibilisten niemals was zuleide tun. Der Kompatibilismus ist für mich der Versuch, sich den Pelz zu waschen, ohne sich naßzumachen.

#1571:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 21:28
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
In Ergänzung zu Tapuaks Ausführung noch ein Zitat:
(JNR = Nida-Rümelin)
Zitat:
„JNR: (…) Ich warne Sie [=Singer zelig] lediglich davor, die großen Töne zu wagen: „Wir haben bewiesen, dass es Willensfreiheit nicht gibt.“ Warum sagen Sie nicht ein bisschen bescheidener: „Wir haben bewiesen, dass bestimmte überzogene Selbstbilder des Menschen erschüttert sind.“? Natürlich gibt es einen graduellen Übergang zwischen Vorbewusstem und Bewusstem, zwischen durch Gründe gesteuertem Tun und arationalem Verhalten. Das würde ich sofort zuerkennen. Aber Ihre harte These geht in die Irre.

http://www.suesske.de/index_neuro.htm

Zu diesem Punkt muss man auch sagen, daß ein Teil der Erregtheit in diesen Diskussionen ja nicht durch inhaltliche Differenzen verursacht ist, sondern durch die wiederholte Behauptung, hier etwas bewiesen zu haben, anstatt die weltanschaulichen Prämissen dieser Behauptung kenntlich zu machen.

Aus meiner Sicht kommt die Erregung in der Debatte zu einem großen Teil dadurch zustande, daß sich die philosophische Fraktion bedroht fühlt. Die Hirnforschung wird wahrgenommen irgendwo zwischen blasphemisch und gemeingefährlich.

#1572:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 21:37
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Dabei wird aber übersehen, dass die Konzepte, die in diesem Zusammenhang in der Regel ins Feld geführt werden, gar keine wissenschaftlichen Theorien sind, die empirisch überprüfbar wären. Konzepte wie Determinismus, Kausalität oder Naturgesetzlichkeit sind stattdessen nach meinem Verständnis metaphysische oder heuristische Annahmen, die so etwas wie eine Voraussetzung von Naturwissenschaft darstellen, aber kein Ergebnis dieser sind. Man kann aus diesem Grund nicht "aus Erfahrung wissen", dass das Kausalprinzip und verwandte methodologische Normen wahr sind. Und daher ist es auch nicht richtig zu sagen, "die Hirnforschung" habe jetzt den illusionären Charakter des freien Willens gezeigt. Singer scheint also gar nicht zu bemerken, dass er eigentlich die ganze Zeit philosophiert, wenn er über die Willensfreiheit redet, dabei aber unberechtigterweise die (vermeintliche) Autorität der Naturwissenschaft für seine Argumentation in Anspruch nimmt.

Hmm ... ich würde Dir noch soweit folgen, daß wir nicht aus unmittelbarer Erfahrung wissen können, daß es in der Welt deterministisch zugeht. Eine weit bessere Begründung liegt in der - wiederum selbst empirisch gut belegten - Gültigkeit bestimmter physikalischer Gesetzmäßigkeiten im Gehirn.

#1573:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 22:10
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Dabei wird aber übersehen, dass die Konzepte, die in diesem Zusammenhang in der Regel ins Feld geführt werden, gar keine wissenschaftlichen Theorien sind, die empirisch überprüfbar wären. Konzepte wie Determinismus, Kausalität oder Naturgesetzlichkeit sind stattdessen nach meinem Verständnis metaphysische oder heuristische Annahmen, die so etwas wie eine Voraussetzung von Naturwissenschaft darstellen, aber kein Ergebnis dieser sind. Man kann aus diesem Grund nicht "aus Erfahrung wissen", dass das Kausalprinzip und verwandte methodologische Normen wahr sind. Und daher ist es auch nicht richtig zu sagen, "die Hirnforschung" habe jetzt den illusionären Charakter des freien Willens gezeigt. Singer scheint also gar nicht zu bemerken, dass er eigentlich die ganze Zeit philosophiert, wenn er über die Willensfreiheit redet, dabei aber unberechtigterweise die (vermeintliche) Autorität der Naturwissenschaft für seine Argumentation in Anspruch nimmt.

Hmm ... ich würde Dir noch soweit folgen, daß wir nicht aus unmittelbarer Erfahrung wissen können, daß es in der Welt deterministisch zugeht. Eine weit bessere Begründung liegt in der - wiederum selbst empirisch gut belegten - Gültigkeit bestimmter physikalischer Gesetzmäßigkeiten im Gehirn.


Ja, nur dass die Welt wohl kaum durch physikalische Gesetzmäßigkeiten begriffen werden kann. Dass es dort physikalisch beschreibbare Abläufe gibt, ist richtig. Wie das Denken funktioniert, wissen wir nicht, haben wir noch nicht verstanden. Das Koordinieren zwischen Trieben, Wahrnehmungen, Gefühlen, Erkenntnissen, u.v.m., durch verschiedene Areale der Gehirnteile im Zusammenspiel mit sonstigen körperlichen Vorgängen (Hormone, innere Organe, Muskeln, ...) ist ja nicht einfach nur komplex. Es findet ja auch nicht nur ein autistisches Funktionieren "des" Gehirns statt, sondern eine Auseinandersetzung mit der Außenwelt, Innenwelt und der Historie.

Angenommen, die menschliche Erkenntnis in der Geschichte und Gesellschaft verläuft analog zum Prozess einer evolutiven Höherentwicklung inklusive zufälliger "Mutationen". Dann wäre dieser Prozess eben gerade kein determinierter. Wo da die Freiheit bleibt, ist eine andere Frage; darüber schrieb ich ja schon etwas. Aber Determination von sich qualitativ höher entwickelnden Systemen (- Stichwort: Emergenzen -), kann man z.B. anhand der Evolution selber kaum als sicher annehmen, ganz im Gegenteil.

Wer aber sich so weit aus dem Fenster lehnt, und die alte mechanische Physik als Grundlage der Welt verkaufen möchte, der betreibt unseriöse Philosophie. So herum muss man es sagen, step. Die "Philosphen" in diesem Fall seid Ihr. Allerdings ziemlich grottige.

Skeptiker

#1574:  Autor: göttertodWohnort: Freiburg BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 23:07
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
SZ von heute: Wolf Singer über Bewußtsein usw.

http://www.sueddeutsche.de/l5u38N/2972465/Bewusstein.html

Singer hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn macht sich faszinierenderweise völlig falsche Vorstellungen über seine Verfasstheit.

Ein Gehirn kann sich keine Vorstellungen machen. Das ergibt mE keinen Sinn. Richtig müsste es heißen: Menschen machen sich falsche Vorstellungen über die Verfasstheit ihres Gehirnes.

[...]


Nein, du gibst damit vor, dass wenn es ein Universum? Realität? Existenz??? neben dem Menschen (materielle Hülle?) gäbe, jenes übergeordnet die Gesamtentscheidung des Individuums bewertet und entscheidet. Sorry, das is einfach Quatsch,... wie soll die Interaktion zwischen Vorstellungswelt und der Entstehungswelt der Vorstellungswelt sein??? wie soll die zusätzliche Entscheidungsgewichtung generiert werden die NICHT aus Impulsen der materiellen/physikalischen Welt kommt??? was soll das sein??

Denn diese zusätzliche Vorstellungswelt auszuschließen bedeutet für mich Determinist, Materialist, Reduktionist zu sein.

Zitat:
Zitat:
Zitat:
Kritikwürdig ist außerdem noch die folgende Aussage des Interviewers:


Du stimmst Tapuaks oben dargelegte Haltung also zu!

Zitat:
Wir Menschen hängen an der Vorstellung, dass wir einen freien Willen haben. Diesen Glauben hat uns die Hirnforschung genommen.

Damit wird wieder der Eindruck erweckt, als sei jetzt irgendwie "empirisch"/ "experimentell" / "im Labor" usw. der Beweis erbracht worden, dass Willensfreiheit eine Illusion sei. Auch bei Singer habe ich diese Behauptung schon gelesen: Er hat in einem anderen Aufsatz sinngemäß geschrieben, dass wir "aus Erfahrung [also empirisch] wissen, dass nichts ohne Ursache ist" und daher auch der menschliche Willen kausal bedingt und nicht frei sei. Dabei wird aber übersehen, dass die Konzepte, die in diesem Zusammenhang in der Regel ins Feld geführt werden, gar keine wissenschaftlichen Theorien sind, die empirisch überprüfbar wären. Konzepte wie Determinismus, Kausalität oder Naturgesetzlichkeit sind stattdessen nach meinem Verständnis metaphysische oder heuristische Annahmen, die so etwas wie eine Voraussetzung von Naturwissenschaft darstellen, aber kein Ergebnis dieser sind. Man kann aus diesem Grund nicht "aus Erfahrung wissen", dass das Kausalprinzip und verwandte methodologische Normen wahr sind. Und daher ist es auch nicht richtig zu sagen, "die Hirnforschung" habe jetzt den illusionären Charakter des freien Willens gezeigt. Singer scheint also gar nicht zu bemerken, dass er eigentlich die ganze Zeit philosophiert, wenn er über die Willensfreiheit redet, dabei aber unberechtigterweise die (vermeintliche) Autorität der Naturwissenschaft für seine Argumentation in Anspruch nimmt.


wieder wie oben .... Was soll dieses Ergebnis den Sein????, was außer die Erkenntnis, dass Bewusstsein auf deterministische, reduktionistische und materiell/physikalische Vorstellungsgenerierungen beruht!?
Und warum soll man deterministische, reduktionistische und materiell/physikalische Vorstellungsgenerierungen nicht mit "aus Erfahrung wissen" gleichsetzen können?? was soll da noch dazu kommen?

Und wie arbeiten die Neurowissenschaftler und die Hirnforschung und deren philosophischen Stimmen, wenn nicht mit der kritisch rationalistischen Grundlage, welche deterministisch und kausal bestimmt ist? Und wenn nicht diese Methoden, welche sind den dann Wissenschaftlich?

Hier zitiere ich sehr gerne Tiny aus diesem Thread

Zitat:
13
Wissenschaft ... ist die ... Bemühung, mit Argumenten Irrtümer über die Wirklichkeit zu beseitigen.
Das ist eine sehr unscharfe Definition, die auch Diskussionen unter Laien und rein argumentative Gottesbeweise zu wissenschaftlichen Unternehmungen erhebt. Theisten tun das gern, denn indem sie die Grenzen zwischen Nicht-Wissenschaft, Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft verwischen, lösen sie auch die Unterscheidung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse verschiedener Erkenntnismethoden auf. Das wiederum ermöglicht Lütz dann so zu tun, als wäre eine Geisteswissenschaft (Theologie) zu genau so stichhaltigen Aussagen fähig wie eine Naturwissenschaft (Biologie).

Eine korrekte Definition würde in ungefähr so lauten:
Naturwissenschaft bedeutet das Formulieren einer Hypothese der Form 'Wenn A dann B' zur Erklärung eines spezifischen, zuvor beobachteten Phänomens, gefolgt von der Überprüfung der Hypothese durch valide, reproduzierbare Experimente. Ziel der Experimente ist die Falsifikation der Hypothese. Gelingt die Falsifikation über lange Zeit und viele Versuche durch verschiedene unabhängige Forschungsgruppen nicht und treffen die Vorhersagen der Hypothese zuverlässig und wissenschaftlich nachweisbar ein, wird die Aussage der Hypothese in den Status einer Theorie erhoben. Sie stellt damit effektiv ein Naturgesetz dar.
Werden zu einem späteren Zeitpunkt Phänomene beobachtet, die der Theorie widersprechen, muss diese reevaluiert und ausgebessert, erweitert oder durch eine neue, dann wieder zu überprüfende Hypothese ersetzt werden, die auch die neusten Beobachtungen erklären kann.

Es lässt sich auf Basis dieser Definition ganz einfach feststellen, ob etwas wissenschaftlich ist, oder nicht. Man nehme die Behauptung und versuche, die oben kursiv geschriebenen Begriffe auf Basis dieser Behauptung mit Inhalt zu füllen:
Was ist das beobachtete Phänomen? Wie lautet die Hypothese zu seiner Erklärung? Welches Experiment ließe sich durchführen, um die Hypothese zu widerlegen? Welche Vorhersagen lassen sich aus der Hypothese ableiten, und wie lässt sich ihr Eintreffen nachweisen?

#1575:  Autor: göttertodWohnort: Freiburg BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 23:17
    —
Zitat:
... aber die physikalische Sicht ist - soweit heute bekannt - die eindeutig grundlegende.


und aus ihr resultieren ja alle anderen kulturellen Erungenschaften überhaupt!

#1576:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 23:18
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Du bist also ein reduktionistischer Monist... Im Wikipedia-Artikel über Neuroethik wird aber auch eine Alternative angeboten :
Zitat:
Andere Vertreter des Monismus behaupten hingegen, dass es sich bei den beiden Beschreibungsebenen um gleichwertige Perspektiven handelt, die sich nicht aufeinander zurückführen lassen. Sie verwenden oft die Analogie eines Kippbildes: Manche Bilder lassen sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten und können so sehr unterschiedliche Merkmale besitzen. In gleicher Weise sollen sich Menschen aus einer personalen und einer subpersonalen Perspektive betrachten lassen, keine dieser Perspektiven sei die eigentlich grundlegende.

Könntest Du Dich nicht damit befreunden ?

Nein, kann ich nicht. Zwar zeigen sich in der Tat unterschiedliche Aspekte und Phänomene je nach Ebene und Blickwinkel, aber die physikalische Sicht ist - soweit heute bekannt - die eindeutig grundlegende.

"Grundlegend" ist eine Bewertung. Worauf beruht die?

Die meisten Menschen würden Dir dabei wohl nicht zustimmen. Nehmen wir einmal an, jemand möchte ein bestimmtes Graphikprogramm erwerben und die Fähigkeiten dieses Programmes sind ihm wichtig. Dann könnte es für ihn völlig nebensächlich sein, auf welcher Hardware und auf welchem Betriebssystem es letztlich läuft, wie es also physikalisch realisiert ist. Oder jemand macht einen Vertrag. Auch dann ist es normalerweise unwichtig, auf welches Papier dieser Vertrag gedruckt wird und ob er mit Tinte oder mit Kugelschreiber unterschrieben ist, wie der Vertrag also physikalisch realisiert ist. Oder nehmen wir die Bekanntmachung einer Idee. Kann man übers Internet machen, über Anzeigen in Zeitungen, über Vorträge, über einen Fernsehspot usw. Irgend eine physikalische Grundlage ist dabei zwar unverzichtbar, aber welche das ist, spielt überhaupt keine Rolle, das Grundlegende, das Wichtige also, ist die Idee.

Von einer jeweils anderen Warte heraus kann man natürlich auch die jeweilige physikalische Realisierung betrachten. Diese Ebene ist also nicht unwichtig.

Jedoch die Aussage: "die physikalische Grundlage ist die grundlegende", stufe ich als offensichtlich falsch ein.

Es sei denn, Du wolltest einfach sagen, es brauche für alles eine physikalische Grundlage, wenn Du also lediglich auf den Monismus abheben wolltest.

Falls ja: darum geht es hier doch gar nicht. Das ist von mir zumindest unbestritten.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 19.07.2009, 23:24, insgesamt einmal bearbeitet

#1577:  Autor: göttertodWohnort: Freiburg BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 23:53
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Du bist also ein reduktionistischer Monist... Im Wikipedia-Artikel über Neuroethik wird aber auch eine Alternative angeboten :
Zitat:
Andere Vertreter des Monismus behaupten hingegen, dass es sich bei den beiden Beschreibungsebenen um gleichwertige Perspektiven handelt, die sich nicht aufeinander zurückführen lassen. Sie verwenden oft die Analogie eines Kippbildes: Manche Bilder lassen sich aus verschiedenen Perspektiven betrachten und können so sehr unterschiedliche Merkmale besitzen. In gleicher Weise sollen sich Menschen aus einer personalen und einer subpersonalen Perspektive betrachten lassen, keine dieser Perspektiven sei die eigentlich grundlegende.

Könntest Du Dich nicht damit befreunden ?

Nein, kann ich nicht. Zwar zeigen sich in der Tat unterschiedliche Aspekte und Phänomene je nach Ebene und Blickwinkel, aber die physikalische Sicht ist - soweit heute bekannt - die eindeutig grundlegende.

"Grundlegend" ist eine Bewertung. Worauf beruht die?

Die meisten Menschen würden Dir dabei wohl nicht zustimmen. Nehmen wir einmal an, jemand möchte ein bestimmtes Graphikprogramm erwerben und die Fähigkeiten dieses Programmes sind ihm wichtig. Dann könnte es für ihn völlig nebensächlich sein, auf welcher Hardware und auf welchem Betriebssystem es letztlich läuft, wie es also physikalisch realisiert ist. Oder jemand macht einen Vertrag. Auch dann ist es normalerweise unwichtig, auf welches Papier dieser Vertrag gedruckt wird und ob er mit Tinte oder mit Kugelschreiber unterschrieben ist, wie der Vertrag als physikalisch realisiert ist. Oder nehmen wir die Bekanntmachung einer Idee. Kann man übers Internet machen, über Anzeigen in Zeitungen, über Vorträge, über einen Fernsehspot usw. Irgend eine physikalische Grundlage ist dabei zwar unverzichtbar, aber welche das ist, spielt überhaupt keine Rolle, das Grundlegende, das Wichtige also, ist die Idee.

Von einer jeweils anderen Warte heraus kann man natürlich auch die jeweilige physikalische Realisierung betrachten. Diese Ebene ist also nicht unwichtig.

Jedoch die Aussage: "die physikalische Grundlage ist die grundlegende", stufe ich als offensichtlich falsch ein.

Es sei denn, Du wolltest einfach sagen, es braucht für alles eine physikalische Grundlage, wenn Du also lediglich auf den Monismus abheben wolltest.

Falls ja: darum geht es hier doch gar nicht. Das ist von mir zumindest unbestritten.


Was ist dann bitte nochmal in einem Satz deine Haltung zum Freien Willen und seine Einbettung, wenn du die Antwort nicht in einem Monismus siehst?

Was ist deine Grundlage? - nicht auf physikalische Begebenheiten zurückgeführt!

#1578:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.07.2009, 23:57
    —
göttertod hat folgendes geschrieben:
Was ist dann bitte nochmal in einem Satz deine Haltung zum Freien Willen und seine Einbettung, wenn du die Antwort nicht in einem Monismus siehst?

Was ist deine Grundlage? - nicht auf physikalische Begebenheiten zurückgeführt!

Hör' mal, Du Wurst, willst Du mich verarschen? Das kann ich überhaupt nicht leiden, da kann ich extrem giftig werden, auch wenn ich ansonsten ein ausgesprochen höflicher und entgegenkommender Mensch bin.

Ich habe doch schon tausendmal gesagt, dass ich ein Monist bin, sogar in dem von Dir zitierten Beitrag.

Was willst Du also?

#1579:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 01:18
    —
step hat folgendes geschrieben:
Hmm ... ich würde Dir noch soweit folgen, daß wir nicht aus unmittelbarer Erfahrung wissen können, daß es in der Welt deterministisch zugeht. Eine weit bessere Begründung liegt in der - wiederum selbst empirisch gut belegten - Gültigkeit bestimmter physikalischer Gesetzmäßigkeiten im Gehirn.

Sehe ich eher nicht so. Wenn man auf der methodologischen Basis des Determinismus ein physikalisches Modell entwirft und sich dieses in bestimmten Anwendungsfällen empirisch bewährt, folgt daraus m.E. nicht, dass es in der (ganzen) Welt deterministisch zugeht. Die Übertragung des Determinismus auf die ganze Welt wäre jedenfalls kein logischer Schluss, sondern ein eher spekulativer.

Und selbst, wenn man den Determinismus nicht auf die ganze Welt, sondern nur in den abgrenzbaren Anwendungsbereich eines Modells (z.B. die psychische Aktivität) projizieren und für dort als "gültig" annehmen würde, wäre das letztlich ein Zirkelschluss: Man geht erstens von einem deterministischen Deutungsrahmen aus, entwirft zweitens auf dieser Basis ein wissenschaftliches Modell und schließt aufgrund des festgestellten Erfolges des Modells wieder auf die Gültigkeit des Determinismus in diesem Bereich zurück.

Normativ folgt aus erfolgreichen Modellen auf der Basis des Determinismus nur, dass dieser sich als methodologisches Prinzip für die Naturwissenschaften bewährt hat und daher dort vernünftigerweise weiter als eine Basis dienen sollte. Es folgt daraus aber nach meiner Meinung a) keine universelle Gültigkeit dieses Prinzips in der ganzen Welt und b) kein Alleinvertretungsanspruch deterministischer Modelle in dem jeweiligen Anwendungsbereich, d.h. Beschreibungsebenen des selben Bereichs, bei denen der Determinismus keine Rolle spielt, bleiben legitim (in Bezug auf den Bereich der psychischen Aktivität z.B. die Ebene des subjektiven Erlebens).

#1580:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 01:52
    —
göttertod hat folgendes geschrieben:
Was soll dieses Ergebnis den Sein????, was außer die Erkenntnis, dass Bewusstsein auf deterministische, reduktionistische und materiell/physikalische Vorstellungsgenerierungen beruht!?

Das Ergebnis von Wissenschaft sind wissenschaftliche Theorien. Der Determinismus ist aber keine wissenschaftliche Theorie, sondern im naturwissenschaftlichen Kontext eine methodologische Norm oder ein Grundprinzip, das man zu heuristischen Zwecken annimmt, um überhaupt erfolgreich Naturwissenschaft betreiben zu können. Wenn man stattdessen davon ausgehen würde, dass es in der ganzen Welt keinerlei Gesetzmäßigkeiten gäbe, wäre das ganze naturwissenschaftliche Programm doch irgendwie sinnlos, oder?

#1581:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 09:57
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Hmm ... ich würde Dir noch soweit folgen, daß wir nicht aus unmittelbarer Erfahrung wissen können, daß es in der Welt deterministisch zugeht. Eine weit bessere Begründung liegt in der - wiederum selbst empirisch gut belegten - Gültigkeit bestimmter physikalischer Gesetzmäßigkeiten im Gehirn.
Sehe ich eher nicht so. Wenn man auf der methodologischen Basis des Determinismus ein physikalisches Modell entwirft und sich dieses in bestimmten Anwendungsfällen empirisch bewährt, folgt daraus m.E. nicht, dass es in der (ganzen) Welt deterministisch zugeht.

Ich sprach von den Verhältnissen im Gehirn.

Tapuak hat folgendes geschrieben:
... Und selbst, wenn man den Determinismus nicht auf die ganze Welt, sondern nur in den abgrenzbaren Anwendungsbereich eines Modells (z.B. die psychische Aktivität) projizieren und für dort als "gültig" annehmen würde, wäre das letztlich ein Zirkelschluss: Man geht erstens von einem deterministischen Deutungsrahmen aus, entwirft zweitens auf dieser Basis ein wissenschaftliches Modell und schließt aufgrund des festgestellten Erfolges des Modells wieder auf die Gültigkeit des Determinismus in diesem Bereich zurück.

Nein, das ist kein Zirkelschluss: Es hätte sich durchaus herausstellen können, daß die deterministische Deutung nicht ausreicht, etwa weil im Gehirn große Kohärenzzeiten und -längen vorherrschen, oder es hätte sich herausstellen können, daß die Schrödingergleichung des Gesamtsystem keine unitäre Zeitentwicklung hat. (NB: Das ist übrigens für exotischere Bereiche der Welt tatsächlich noch keineswegs ausgeschlossen).

Wenn es allerdings in der Welt nicht einmal hinreichend naturgesetzlich zuginge, könnten wir überhaupt keine Wissenschaft betreiben - und es gäbe uns wohl auch gar nicht.

Tapuak hat folgendes geschrieben:
... d.h. Beschreibungsebenen des selben Bereichs, bei denen der Determinismus keine Rolle spielt, bleiben legitim (in Bezug auf den Bereich der psychischen Aktivität z.B. die Ebene des subjektiven Erlebens).

Bevor ich dazu etwas schreibe, möchte ich genau verstehen, was Du mit "legitim" meinst:
- daß es legitim ist, auf der emergenten Ebene simplifizierende, phänomenologische, pragmatische Kategorien zu verwenden?
- daß sich widersprechende Aussagen der 2 Ebenen aus naturwissenschaftlicher gleichwertig sind?

#1582: Dissipation Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 10:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Apropos Spannung: Lorenz versucht diese "Fulguration" (oder auch Emergenz) anhand dreier Stromkreise anschaulich zu machen. Ohne allzusehr ins Detail zu gehen, geht es dabei darum, daß aus zwei einfache Stromkreisen (der eine mit einer Spule, der andere mit einem Kondensator) durch Zusammenschalten ein Schwingkreis entsteht, der aus der Summe seiner "Einzeleigenschaften" überhaupt nicht vorhersagbar war.

Das liegt aber daran, daß die phänomenologische Bescheibung der "Einzeleigenschaften" sehr oberflächlich ist. Hat man dagegen eine Theorie der Einzeleigenschaften, also versteht, wie sie zustandekommen, so kann man daraus sehrwohl die Oszillation voraussagen!

Ich hatte hier schonmal eine ähnliche Diskussion mit ElSchwalmo, in der es darum ging, ob man emergente Eigenschaften des Wasseres, also etwa die Naßheit oder die Dielektrizitätskonstante, aus den Eigenschaften des Moleküls voraussagen/berechnen könne. Auch da ist es so, daß das Phänomen als solches scheinbar in keinem Zusammenhang steht, aber die Kenntnis der beteiligten atomaren Gesetze erlaubt eine Erklärung und Berechnung, in diesem Fall allerdings nur noch mit erheblichem numerischen Aufwand.


.

Diese Theorie der "Einzeleigenschaften" hat man aber (noch) nicht. Und selbst wenn man sie hätte, haben Moleküle die "Eigenschaft" (hihihi) zu "entfleuchen", die Dinge entgleiten uns und die zugrunde liegenden Gesetze sind (vermutlich!) algorithmisch irreduzibel.

Du hast ja nicht unbegrenzt Rechenzeit. Um exakt nachzuvollziehen, wohin ein System führt, musst Du das System selbst sein. Du würdest also genausoviel Zeit (ver-)brauchen wie das System selbst benötigt. Du willst ja nicht ein kleineres System innerhalb des Gesamtsystems berechnen, was durchaus möglich ist, sondern das Gesamtsystem selbst. Aus den Einzeleigenschaften von Elektronen, Protonen und Neutronen (, die sich wiederum aus Einzeleigenschaften von subatomaren Teilchen zusammensetzen), die Eigenschaften der Elemente des Periodensystems oder gar komplexer Moleküle etc. vorherzusagen, ist wohl kaum errechenbar. Information ist physikalisch.

Ein Kollege von Dir, der Physiker Rolf Landauer, formulierte das mal folgendermaßen (allerdings auch recht spekulativ):

"Nur weil wir uns an die Vorstellung gewöhnt haben, es stünde uns prinzipiell unendliche Rechenkapazität zur Verfügung, glauben wir, deterministische Gesetze würden zu einem Verhalten führen, daß wir praktisch als reversibel verstehen können.Wir verfügen aber nicht über die Rechenkapazität des gesamten Universums, und selbst wenn das der Fall wäre, können wir die Zukunft nicht schneller errechnen, als die Welt selbst es tut."

Wenn das Ergebnis der "Berechnung der Welt" zu einem beliebigen Zeitpunkt die gleiche Grobkörnung (coarsegraining) wie die Welt selbst aufweisen soll, müsste der Rechner die Welt selbst sein. (Das erinnert ein wenig an Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis")

()

#1583:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 10:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
Bevor ich dazu etwas schreibe, möchte ich genau verstehen, was Du mit "legitim" meinst:
- daß es legitim ist, auf der emergenten Ebene simplifizierende, phänomenologische, pragmatische Kategorien zu verwenden?

Ja, so in etwa. Wenn man einen Bereich mit einem deterministisch-physikalischen Modell beschrieben hat, folgt daraus nicht, dass andere Beschreibungen dieses Bereichs damit hinfällig werden. Und es folgt m.E. auch nicht, dass das deterministische Modell irgendwie automatisch Priorität vor den anderen Beschreibungsebenen hat. Bei Singer taucht diese Priorisierung ja in etwa in der folgenden Form auf: "Wie fühlen uns zwar frei, aber eigentlich sind wir es nicht", womit gemeint ist, dass die "letztlich ausschlaggebenden" Vorgänge auf der physikalischen Ebene verortet sind, während die phänomenologische Ebene beschreibungs- und erklärungsmäßig nachgeordnet wird. Da stellt sich mir die Frage, wie diese Hierarchie begründet wird.

Dazu mal ein Beispiel aus einem anderen Bereich: Wenn ich mich dafür interessiere, warum rechtsradikale Einstellungen in manchen Regionen weiter verbreitet sind als in anderen, versuche ich diesen sozialen Sachverhalt zunächst einmal mit etwas anderem Sozialen zu erklären. Es bringt mich hingegen nicht weiter, wenn ich die Beschreibungsebene wechsle und z.B. behaupte, die "eigentlichen" Ursachen für diese Einstellungen seien "letztlich" physikalisch. Natürlich ist das Vorhandensein der physikalischen Ebene eine Bedingung für die Existenz rechtrsradikaler Einstellungen. Sie ermöglicht diese Einstellungen, erklärt (oder beschreibt) diese aber überhaupt nicht. Deswegen sehe ich nicht, weswegen man ihr Priorität einräumen sollte. Und die Frage, ob man überhaupt eine Ebene priorisieren sollte, und wenn ja, welche, stellt sich eben auch in der Debatte um die "Willensfreiheit".

#1584:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 13:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht kommt die Erregung in der Debatte zu einem großen Teil dadurch zustande, daß sich die philosophische Fraktion bedroht fühlt. Die Hirnforschung wird wahrgenommen irgendwo zwischen blasphemisch und gemeingefährlich.


Sofern Hirnforscher streng reduktionistische Schlüsse aus ihren Untersuchungen ziehen, beginnen sie selbst zu philosophieren. Der Reduktionismus bedarf zweier der fundamentalsten philosophischen Begriffe überhaupt: Nämlich dem des Seins und dem der Substanz. Die Reduzierung des Seins auf eine einzige Substanz aus der alles andere zusammengesetzt sei, ist philosophisch nun wirklich ein alter Hut. Darauf ist schon Demokrit gekommen.

Das Problem mit dieser sich selbst vollendet wähnenden Philosophie ist, dass, sofern sie konsistent bleiben soll, rein gar nichts aus ihr folgt. Letztlich bliebe nur die Feststellung, dass sich bestimmte Elementarteilchen in bestimmter Weise verhalten. Auch wenn man nur das Gehirn in Betracht zieht, bleibt das Problem bestehen: Bestimmte Neuronen feuern in bestimmter Weise. Na und? Was ist schlimm daran, jemanden für 15 Jahre in eine Zelle zu sperren. Das unangenehme Gefühl, dass dabei im Gefangenen entsteht, ist bloß ein unbedeutender Nebeneffekt neuronaler Vorgänge. Bloß eine Illusion, die sich von der Illusion des Glücks nicht prinzipiell unterscheidet. Bedeutung bekommen diese Vorgänge immer nur in Bezug auf mentale Zustände. Und wenn (reduktionistisch konsequent) auch diese Zustände zu einer Fehlinterpretation oder brestenfalls einem Nebeneffekt erklärt werden, wird's für jede sinnvolle Schlussfolgerung, die über "es ist wie ist" hinausgeht eng.

#1585:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 14:56
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Auch da ist es so, daß das Phänomen als solches scheinbar in keinem Zusammenhang steht, aber die Kenntnis der beteiligten atomaren Gesetze erlaubt eine Erklärung und Berechnung, in diesem Fall allerdings nur noch mit erheblichem numerischen Aufwand.
Diese Theorie der "Einzeleigenschaften" hat man aber (noch) nicht.

Man hat eine sehr gute zugrundeliegende physikalische Theorie.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Und selbst wenn man sie hätte, haben Moleküle die "Eigenschaft" (hihihi) zu "entfleuchen", die Dinge entgleiten uns und die zugrunde liegenden Gesetze sind (vermutlich!) algorithmisch irreduzibel. Du hast ja nicht unbegrenzt Rechenzeit. Um exakt nachzuvollziehen, wohin ein System führt, musst Du das System selbst sein. Du würdest also genausoviel Zeit (ver-)brauchen wie das System selbst benötigt. ... Wenn das Ergebnis der "Berechnung der Welt" zu einem beliebigen Zeitpunkt die gleiche Grobkörnung (coarsegraining) wie die Welt selbst aufweisen soll, müsste der Rechner die Welt selbst sein.

Das ist korrekt, und ich habe es hier sogar schonmal selbt gepostet. Die (Quanten-)Physik ist, nach allem was wir heute wissen, tatsächlich die einfachste Simulation ihrer selbst.

Bedenke aber, daß es mir nicht darum ging, jeden einzelnen Gedanken zu berechnen oder auch nur die Funktion des Bewußtseins zu emulieren, sondern es ging nur um den Ausschluß von echten Freiheitsgraden des Gesamtsystems. Wie auch immer genau das Gefühl des "Freien Willens" zustandekommt, es ist SICHER, daß die wesentlichen Abläufe vollständig determiniert sind. Dazu benötige ich keine besonders hohe Rechenstärke. Würde sich wie auch immer herausstellen, daß dem doch nicht so ist, so wäre die Physik grob(!) unvollständig und falsch!

Analog war auch schon vor der numerischen Berechnung der DK von Wasser klar, daß nichts als die molekularen Eigenschaften und Statistik darin eingehen. Und es gab auch da tatsächlich Leute, die das vorher nicht geglaubt haben, sondern die Naßheit und die DK als geheimnisvolle autonome Eigenschaften deuteten.

#1586:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 15:12
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bevor ich dazu etwas schreibe, möchte ich genau verstehen, was Du mit "legitim" meinst:
- daß es legitim ist, auf der emergenten Ebene simplifizierende, phänomenologische, pragmatische Kategorien zu verwenden?
Ja, so in etwa.

Da würde ich nichtmal widersprechen, denn die Legitimität kann sich zuweilen aus praktischen Gründen ergeben. Man kann eine Ungenauigkeit inkaufnehmen, wenn sie auf dieser Ebene keine Rolle spielt. So etwa wissen wir, daß ein Stein nicht wirklich massiv ist, sondern zum überwiegenden Teil aus Vakuum besteht. Im täglichen Leben ist es aber legitim, von "massiv" zu sprechen, weil er so auf uns wirkt. Solange man daraus keine Schlüsse zieht, die im Widerspruch zur mikroskopischen Ebene stehen: etwa daß "Massivität" ein göttliches Grundprinzip sei oder daß ein Stein die höchstmögliche Dichte habe, weil man ihn nicht zusammenpressen könne.

Tapuak hat folgendes geschrieben:
... womit gemeint ist, dass die "letztlich ausschlaggebenden" Vorgänge auf der physikalischen Ebene verortet sind, während die phänomenologische Ebene beschreibungs- und erklärungsmäßig nachgeordnet wird. Da stellt sich mir die Frage, wie diese Hierarchie begründet wird.

Ja, das muß natürlich begründet werden. Die Einsicht fällt den meisten Leuten leichter, wenn sie nicht Psychologie vs. Physik, sondern z.B. Chemie vs. Physik anschauen. Daß die Physik grundlegender ist, sieht man etwa daran, daß das chemische Konzept von Temperatur oder Druck nur für gewisse Zwecke taugt, während ihre physikalischen Erklärungen einen viel größeren Geltungsbereich haben. Sie enthalten daher das fundamentalere Wissen.

Tapuak hat folgendes geschrieben:
Dazu mal ein Beispiel aus einem anderen Bereich: Wenn ich mich dafür interessiere, warum rechtsradikale Einstellungen in manchen Regionen weiter verbreitet sind als in anderen, versuche ich diesen sozialen Sachverhalt zunächst einmal mit etwas anderem Sozialen zu erklären. Es bringt mich hingegen nicht weiter, wenn ich die Beschreibungsebene wechsle und z.B. behaupte, die "eigentlichen" Ursachen für diese Einstellungen seien "letztlich" physikalisch. Natürlich ist das Vorhandensein der physikalischen Ebene eine Bedingung für die Existenz rechtrsradikaler Einstellungen. Sie ermöglicht diese Einstellungen, erklärt (oder beschreibt) diese aber überhaupt nicht. Deswegen sehe ich nicht, weswegen man ihr Priorität einräumen sollte. Und die Frage, ob man überhaupt eine Ebene priorisieren sollte, und wenn ja, welche, stellt sich eben auch in der Debatte um die "Willensfreiheit".

Dein Beispiel erklärt nur, daß es Phänomene gibt, die sich auf der emergenten Ebene besser modellieren lassen als auf der physikalischen, aufgrund ungenauen Inputs, mangelnder Rechenleistung usw. - das ist aber sowieso unbestritten.

#1587: reduktionistischer Physikalismus Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 16:29
    —
Insgesamt wirken bei der Entstehung des Lebens, bei der Entstehung eines jeden Organismus Zufall und Notwendigkeit zusammen. Kein einziges Lebewesen ist in seinem So-Sein Ausdruck einer Determination, wenn auch stets Ausdruck von Kausalität.

Betrachtet man die Evolution, so hat man es mit einem Paradox zu tun: Die Lebewesen entwickeln sich höher von Automaten zu Wesen, die ihren Möglichkeitsspielraum erweitern. Grob gesagt könnte man sagen, dass Freiheitsgrade durch Unfreiheit und Zufall entstehen. Es entsteht also Freiheit (als zusätzliche, realisierbare Möglichkeit) aus dessen Gegenteil, dem bloßen Funktionieren niederer Organismen sowie aus der bewusstlosen Willkür zufälliger Streuungen.

Die Betrachtung des Gehirns als a) homogene Einheit ohne innere Differenzierung und b) als abgeschlossenes Ding für sich ist eine falsche Grundannahme. Ohne die Einbeziehung der Wechselwirkungen "des Gehirns" mit dem Wirken und Wechselwirken des gesamten Organismus mit der Welt, der Natur und anderen Menschen sind seine Zustandsveränderungen nicht zu erklären.

Mit einem Physikalismus, der sich trotz seiner metaphysischen Voraussetzungen (- abgeschlossenes Gehirn, usw. -) für alles in dieser Welt zuständig erklärt verhält es sich wie bei Größenwahnsinnigen oder Schustern, die sich weigern, bei ihren Leisten zu bleiben.

Oder anders gesagt: Bevor man nicht ein Modell über das organhafte Leben entwickelt, kann man auch nicht loslegen mit Berechnen und so. Man muss nämlich als erstes wissen, mit was für einem Gegenstand man es überhaupt zu tun hat, bevor man diesen in irgendeine Formel einsetzt.

Im übrigen ist "die Physik" nicht falsch, jedoch mit Sicherheit unvollständig.

Skeptiker

#1588:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 17:23
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
... Bestimmte Neuronen feuern in bestimmter Weise. Na und? Was ist schlimm daran, jemanden für 15 Jahre in eine Zelle zu sperren. Das unangenehme Gefühl, dass dabei im Gefangenen entsteht, ist bloß ein unbedeutender Nebeneffekt neuronaler Vorgänge. Bloß eine Illusion, die sich von der Illusion des Glücks nicht prinzipiell unterscheidet. Bedeutung bekommen diese Vorgänge immer nur in Bezug auf mentale Zustände. Und wenn (reduktionistisch konsequent) auch diese Zustände zu einer Fehlinterpretation oder brestenfalls einem Nebeneffekt erklärt werden, wird's für jede sinnvolle Schlussfolgerung, die über "es ist wie ist" hinausgeht eng.

Meine Forderung ist ja nicht, solche Bedeutungen emergenter Phänomene gar nicht mehr zuzulassen oder zu verwenden, sondern nur, die damit verbndenen intuitiven Modelle anhand ihrer Widerspruchsfreiheit zu unteren Ebenen zu überprüfen. Einige Vorstellungen überleben diesen Check, andere nicht. Ein paar Beispiele:

kein Widerspruch zu unteren Ebenen:

- Intentionen, Präferenzen
- die Abwägung mehrerer vorgestellter Zukünfte
- Entscheidungen
- die Zuweisung von Verantwortung im Sinne erwarteten konformen Verhaltens

Widerspruch zu unteren Ebenen:

- der "Fluss der Zeit"
- etwas komplett Identisches kann nur in der Anzahl 1 vorliegen
- ein freier geistiger Akteur, der Entscheidungen erstverursacht (aka "freier Wille")
- das Gute (wenn es mehr als "das Erwünschte" bedeutet)
- Schuld (wenn es mehr als "bewußter Normverstoß" bedeutet)
- die Vorsehung

Es gibt auch Begriffe, die man je nach Ebene unterschiedlich deutet, z.B. "Identität". Ich könnte wie gesagt notfalls auch das Wort "frei" als einen solchen ebenenspezifischen Begriff akzeptieren, wenn in den Köpfen der Leute wirklich klar wäre, daß ein "frei entscheidender Mensch" dennoch komplett determiniert ist.

#1589:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:16
    —
step hat folgendes geschrieben:
Analog war auch schon vor der numerischen Berechnung der DK von Wasser klar, daß nichts als die molekularen Eigenschaften und Statistik darin eingehen. Und es gab auch da tatsächlich Leute, die das vorher nicht geglaubt haben, sondern die Naßheit und die DK als geheimnisvolle autonome Eigenschaften deuteten.


Natürlich sind die höheren Seinsstufen aus den niedrigeren aufgebaut, aber deren Eigenschaften sind nicht aus diesen ableitbar.

Skeptiker

#1590:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:24
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Damit wird wieder der Eindruck erweckt, als sei jetzt irgendwie "empirisch"/ "experimentell" / "im Labor" usw. der Beweis erbracht worden, dass Willensfreiheit eine Illusion sei. Auch bei Singer habe ich diese Behauptung schon gelesen: Er hat in einem anderen Aufsatz sinngemäß geschrieben, dass wir "aus Erfahrung [also empirisch] wissen, dass nichts ohne Ursache ist" und daher auch der menschliche Willen kausal bedingt und nicht frei sei. Dabei wird aber übersehen, dass die Konzepte, die in diesem Zusammenhang in der Regel ins Feld geführt werden, gar keine wissenschaftlichen Theorien sind, die empirisch überprüfbar wären. Konzepte wie Determinismus, Kausalität oder Naturgesetzlichkeit sind stattdessen nach meinem Verständnis metaphysische oder heuristische Annahmen, die so etwas wie eine Voraussetzung von Naturwissenschaft darstellen, aber kein Ergebnis dieser sind. Man kann aus diesem Grund nicht "aus Erfahrung wissen", dass das Kausalprinzip und verwandte methodologische Normen wahr sind. Und daher ist es auch nicht richtig zu sagen, "die Hirnforschung" habe jetzt den illusionären Charakter des freien Willens gezeigt. Singer scheint also gar nicht zu bemerken, dass er eigentlich die ganze Zeit philosophiert, wenn er über die Willensfreiheit redet, dabei aber unberechtigterweise die (vermeintliche) Autorität der Naturwissenschaft für seine Argumentation in Anspruch nimmt.
Sehr richtig ! Daumen hoch!

#1591:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:37
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich habe doch schon tausendmal gesagt, dass ich ein Monist bin, sogar in dem von Dir zitierten Beitrag.
Was für ein Monist bist Du denn ?

#1592:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:44
    —
step hat folgendes geschrieben:
...es hätte sich herausstellen können, daß die Schrödingergleichung des Gesamtsystem keine unitäre Zeitentwicklung hat.
Könntest Du mir mal die Schrödingergleichung des Gehirns aufschreiben ? Ich möchte sie mir gerne über's Bett hängen...

#1593:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:50
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Analog war auch schon vor der numerischen Berechnung der DK von Wasser klar, daß nichts als die molekularen Eigenschaften und Statistik darin eingehen. Und es gab auch da tatsächlich Leute, die das vorher nicht geglaubt haben, sondern die Naßheit und die DK als geheimnisvolle autonome Eigenschaften deuteten.
Natürlich sind die höheren Seinsstufen aus den niedrigeren aufgebaut, aber deren Eigenschaften sind nicht aus diesen ableitbar.

Häh? Ich habe doch gerade ein Beispiel gebracht.

Sind die chemischen Eigenschaften, der Siedepunkt, die Durchsichtigkeit usw. von H2O Deiner Meinung nach aus den physikalischen Eigenschaften von Proton, Neutron und Elektron ableitbar?

Ist die Sterblichkeit biologischer Wesen aus deren Genen und Zellstruktur ableitbar oder benötigt man höhere, theologische Kenntnisse?

#1594:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:52
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
... Na und? Was ist schlimm daran, jemanden für 15 Jahre in eine Zelle zu sperren. Das unangenehme Gefühl, dass dabei im Gefangenen entsteht, ist bloß ein unbedeutender Nebeneffekt neuronaler Vorgänge. Bloß eine Illusion, die sich von der Illusion des Glücks nicht prinzipiell unterscheidet. Bedeutung bekommen diese Vorgänge immer nur in Bezug auf mentale Zustände. Und wenn (reduktionistisch konsequent) auch diese Zustände zu einer Fehlinterpretation oder brestenfalls einem Nebeneffekt erklärt werden, wird's für jede sinnvolle Schlussfolgerung, die über "es ist wie ist" hinausgeht eng.
Schmerz ist ja auch nur eine neuronale Illusion...

#1595:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:55
    —
step hat folgendes geschrieben:
... Wie auch immer genau das Gefühl des "Freien Willens" zustandekommt, es ist SICHER, daß die wesentlichen Abläufe vollständig determiniert sind. ...
Kannst Du mir das simulieren ?

#1596:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:56
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
...es hätte sich herausstellen können, daß die Schrödingergleichung des Gesamtsystem keine unitäre Zeitentwicklung hat.
Könntest Du mir mal die Schrödingergleichung des Gehirns aufschreiben ? Ich möchte sie mir gerne über's Bett hängen...


#1597:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 20:59
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Wie auch immer genau das Gefühl des "Freien Willens" zustandekommt, es ist SICHER, daß die wesentlichen Abläufe vollständig determiniert sind. ...
Kannst Du mir das simulieren ?

Was soll ich denn noch alles für Dich machen?

#1598:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:04
    —
step hat folgendes geschrieben:
... Ich könnte wie gesagt notfalls auch das Wort "frei" als einen solchen ebenenspezifischen Begriff akzeptieren, wenn in den Köpfen der Leute wirklich klar wäre, daß ein "frei entscheidender Mensch" dennoch komplett determiniert ist.
Am Kopf kratzen das könnte ich mir als Grundhaltung noch überlegen - mit gewissen Zweifeln am Eigenschaftswort "komplett".

#1599:  Autor: Evilbert BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:06
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Ich könnte wie gesagt notfalls auch das Wort "frei" als einen solchen ebenenspezifischen Begriff akzeptieren, wenn in den Köpfen der Leute wirklich klar wäre, daß ein "frei entscheidender Mensch" dennoch komplett determiniert ist.
Am Kopf kratzen das könnte ich mir als Grundhaltung noch überlegen - mit gewissen Zweifeln am Eigenschaftswort "komplett".


Stimmt, das ist überflüssig.

#1600:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
...es hätte sich herausstellen können, daß die Schrödingergleichung des Gesamtsystem keine unitäre Zeitentwicklung hat.
Könntest Du mir mal die Schrödingergleichung des Gehirns aufschreiben ? Ich möchte sie mir gerne über's Bett hängen...

Pfui, das ist ja die Original-Schrödingergleichung ohne irgendwelche gehirnspezifischen Parameter...

#1601:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:07
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Ich könnte wie gesagt notfalls auch das Wort "frei" als einen solchen ebenenspezifischen Begriff akzeptieren, wenn in den Köpfen der Leute wirklich klar wäre, daß ein "frei entscheidender Mensch" dennoch komplett determiniert ist.
Am Kopf kratzen das könnte ich mir als Grundhaltung noch überlegen - mit gewissen Zweifeln am Eigenschaftswort "komplett".

Das habe ich aber schon vor Jahren so gepostet und auch in diesem thread schon, weiter oben in der Diskussion mit AP.

#1602:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Wie auch immer genau das Gefühl des "Freien Willens" zustandekommt, es ist SICHER, daß die wesentlichen Abläufe vollständig determiniert sind. ...
Kannst Du mir das simulieren ?

Was soll ich denn noch alles für Dich machen?
Jaaaa, wenn man eine so determinierte Haltung dem freien Willen gegenüber einnimmt, dann muss man diese schon beweisen können ! Das machst Du nicht alles für mich...

#1603:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:10
    —
Noseman hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Ich könnte wie gesagt notfalls auch das Wort "frei" als einen solchen ebenenspezifischen Begriff akzeptieren, wenn in den Köpfen der Leute wirklich klar wäre, daß ein "frei entscheidender Mensch" dennoch komplett determiniert ist.
Am Kopf kratzen das könnte ich mir als Grundhaltung noch überlegen - mit gewissen Zweifeln am Eigenschaftswort "komplett".

Stimmt, das ist überflüssig.

Ich bin ein gebranntes Kind - kaum lasse ich nämlich das "komplett" weg, schreibt irgendeiner (meist AP), er habe ja gar nicht behauptet, daß der Mensch völlig frei sei, sondern nur bedingt.

#1604:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:12
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
...es hätte sich herausstellen können, daß die Schrödingergleichung des Gesamtsystem keine unitäre Zeitentwicklung hat.
Könntest Du mir mal die Schrödingergleichung des Gehirns aufschreiben ? Ich möchte sie mir gerne über's Bett hängen...

Pfui, das ist ja die Original-Schrödingergleichung ohne irgendwelche gehirnspezifischen Parameter...

Du wolltest etwas, das das Wesentliche zeigt und über Dein Bett paßt - so what.

#1605:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:14
    —
„Forscher widerlegen Willensfreiheit“ heißt dieser Strang, dessen Kommentare z.Z. 54 Seiten beanspruchen. Auf einer einzigen Seite hätte man die Inexistenz der Willensfreiheit beweisen können. – Aber schreibt nur munter weiter und laßt Euch von mir nicht stören, ihr geistreichen Begeisterten.

Gruß von Leila*

#1606:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:21
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Auf einer einzigen Seite hätte man die Inexistenz der Willensfreiheit beweisen können.

Das reicht leider nicht. Die Willensfreiheit ist zwar tot, führt aber ein Zombie-Dasein auf - wie sagt Skeptiker so ganz unmaterialistisch - "höheren Seinsebenen". Dort erscheint sie vielen unverzichtbar, und wer sie infragestellt, ist schnell ein Faschist.

#1607:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Pfui, das ist ja die Original-Schrödingergleichung ohne irgendwelche gehirnspezifischen Parameter...

Du wolltest etwas, das das Wesentliche zeigt und über Dein Bett paßt - so what.
Über meinem Bett hat es viel Platz - und ich wollte die Schrödingergleichung für das Gehirn...

#1608:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:44
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
„Forscher widerlegen Willensfreiheit“ heißt dieser Strang, dessen Kommentare z.Z. 54 Seiten beanspruchen. Auf einer einzigen Seite hätte man die Inexistenz der Willensfreiheit beweisen können. – Aber schreibt nur munter weiter und laßt Euch von mir nicht stören, ihr geistreichen Begeisterten.

Gruß von Leila*
Dann schreib doch endlich diese Seite, dann könnten wir uns mal was anderem widmen...

#1609:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 20.07.2009, 21:56
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Auf einer einzigen Seite hätte man die Inexistenz der Willensfreiheit beweisen können.

Hätte -> Konjunktiv -> Möglichkeitsform.

Ja, so denken wir Menschen eben, in Möglichkeitsformen. Anders können wir nicht. Wir sind dazu determiniert, so zu denken, wissen aber nicht, warum.

Die Neuronen hätten anders feuern müssen. Haben sie aber nicht. Und das ist der unwiderlegbare Beweis, dass es nicht anders möglich war, als es geschehen ist. Auch in Zukunft werden die Neuronen immer so feuern, wie sie feuern werden. Also kann es nie eine Alternative dazu geben. Ist doch logisch.

Unser Gehirn ist es, das uns steuert. Wir denken nur, dass wir denken. Nein, auch das nicht, unser Gehirn suggeriert uns, dass wir denken. Wir existieren eigentlich gar nicht. Unsere Gedanken sind nur die Gedanken unseres Gehirnes. Mehr nicht. Sie sind von uns getrennt, es gibt den Dualismus "wir" <-> "unser Gehirn". Wir schweben irgendwie neben unserem Gehirn, das uns an der Leine hält. Wir sind nur eine Illusion unseres Gehirnes. So ist das in Wirklichkeit. Aber erkennen können wir das nicht, weil wir nichts erkennen können, nur unser Gehirn kann etwas erkennen. Hört sich komisch an. Ist aber so, das hat die Wissenschaft festgestellt. D.h. natürlich waren das keine Personen, keine Wissenschaftler also, denn solche können ja nichts erkennen. Es waren andere Gehirne, die haben das erkannt und die haben es dann unserem Gehirn mitgeteilt. Oder irgendwie so. Unser Gehirn weiß natürlich Bescheid, aber das sagt uns nicht alles. Und ob das, was es uns sagt, sich überhaupt auf irgendwas bezieht, wissen wir auch nicht, können wir ja gar nicht wissen. Wir müssen das einfach akzeptieren. Wir brauchen letztlich einfach nur ein ziemlich gesundes Gottvertrauen dazu, um das akzeptieren zu können.

Aber diesen Gedanken hat mir, wie alles andere weiter oben auch, nur mein Gehirn suggeriert. Ich bin nur das Sprachrohr meines Gehirnes, ich wiederhole nur, was es mir vorgibt. Aber vielleicht kann Dein Gehirn was damit anfangen.

#1610:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 00:10
    —
Nennen wir mal die Menge aller Ereignisse E
und die Menge aller Möglichkeiten M

E sollte Teilmenge von M sein.
Und M ist alles was schrödingermäßig möglich wär, sollte man meinen.

Nun gibt es aber auch fiktionale Möglichkeiten, = Vorstellungen z. B. Geistergeschichten
Nun kann ich mir aber nicht vorstellen, daß Geistergeschichten schrödingermäßig in M abbildbar sein sollen, warum auch?
Nun weil aber fiktive Vorstellungen reale Konsequenzen, Auswirkungen haben ist die deterministische Beschreibung aller Handlungen die sich aus den Möglichkeiten ergeben immer unvollständig.

Die kulturelle Entwicklung mag zwar sehr materialistisch anfangen, die Kulturleistungen bestehen aber doch zu einem Gutteil aus Möglichkeiten die erst erdacht, also fiktiv imaginiert wurden und so erst weitere Kulturstufen ermöglichen.

Gesellschaften tragen so eine Utopie ihrer selbst vor sich her oder mit sich mit.
Das Gesellschaftsideal ist aber mit welchem Algorithmus zu finden?
Irgendwie sind wir eher Kinder die über Fiktionen aufwachsen und weniger Leute die über Funktionen verfügen.

Oh ich weiß ja, das Vorstellungen in Gehirnen drinstecken ... also wieder abbildbar wären.
Nur wie viel Hirne bilden eine soziale Realität ab?
Wie viel Hirne bestimmen denn einen Gesellschaftstypus?

Okay dieselbe gesellschaftliche Abhängigkeit gilt auch für den Willen, so meine ich, wir sind weder frei noch determinierbar.

#1611:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 00:39
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Was für ein Monist bist Du denn ?

Meine Position finde ich hierin ganz gut wieder (naja, so ziemlich):

Philosophie verständlich - Daniel C. Dennett hat folgendes geschrieben:
Dennett ist Kompatibilist. Die Art von Willensfreiheit, die wirklich erstrebenswert ist, kann seiner Meinung mit dem Determinismus und (noch wichtiger) mit dem Naturalismus in Einklang gebracht werden. Nur ein "absoluter" freier Wille, der vollkommene Rationalität, vollständige Selbst-Erschaffung und Ähnliches voraussetzt, kann in einer deterministischen, durchgehend von Naturgesetzen beherrschten Welt nicht existieren. Wir haben jedoch keinen Grund, dies zu bedauern. [...] Reicht liberale Möglichkeit für Freiheit aus? Der Inkompatibilist behauptet: Nein. Aber was ist das Argument für diese Behauptung? Der Inkompatibilist hat, so Dennett, hier die Beweislast. Er muss zeigen, dass wir "strikte Alternativen" meinen, wenn wir von "Alternativen" reden, und vor allem muss er einen Grund finden, warum wir ein Interesse an "strikten Alternativen" haben sollten. Solange dies nicht geleistet worden ist (und Dennett glaubt selbstverständlich nicht, dass es geleistet werden kann), ist der Kompatibilismus nicht in Gefahr.

Beispiel für eine "liberale Möglichkeit":

El Ali hat folgendes geschrieben:
hätte ... können

zwinkern

#1612:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 02:15
    —
Ich vergaß, dieses leidige Thema zu abonnieren. Dafür bitte ich um Verzeihung.

Also: Sagt mir bitte, was ihr unter dem Willen versteht (nicht unter dem ‚freien‘ Willen) – so kurz, wie nur möglich.

Gruß von Leila*

#1613:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 02:27
    —
Nun denken viele Menschen angestrengt nach: Jemand will etwas, oder nicht? Nehmen wir an, jemand wolle etwas. Bekommt er es? Vom freien Willen ist noch lange nicht die Rede.

#1614:  Autor: nocquae BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 03:32
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Nun denken viele Menschen angestrengt nach

Ja. Als kleinen Denkanstoß habe ich mal wesentliche Punkte markiert:

El Ali hat folgendes geschrieben:
Jemand will etwas, oder nicht? Nehmen wir an, jemand wolle etwas. Bekommt er es? Vom freien Willen ist noch lange nicht die Rede.

Warum will denn jemand, was er will?

#1615:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 09:41
    —
Nachdem nun jeder für sich selbst ausgemacht hat, wie der Wille sich äußert (als Drang, Zwang, Wunsch oder Verlangen etwa), wende ich mich kurz dem schönen verfänglichen Wort Freiheit zu, und wähne mich einen Augenblick lang, wie ein Vogel, vogelfrei. Nun verlange ich, daß man diese Vogelfreiheit bedenke, sie nach ihren Bedingungen und Abhängigkeiten untersuche. Wer dann noch von einem freien Willen sprechen möchte, muß unter dem Zwang leiden, Papier mit sinnleeren Sätzen vollzuschreiben.

Gruß von Leila*

#1616:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 13:18
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Position finde ich hierin ganz gut wieder (naja, so ziemlich):

Philosophie verständlich - Daniel C. Dennett hat folgendes geschrieben:
Dennett ist Kompatibilist. Die Art von Willensfreiheit, die wirklich erstrebenswert ist, kann seiner Meinung mit dem Determinismus und (noch wichtiger) mit dem Naturalismus in Einklang gebracht werden. Nur ein "absoluter" freier Wille, der vollkommene Rationalität, vollständige Selbst-Erschaffung und Ähnliches voraussetzt, kann in einer deterministischen, durchgehend von Naturgesetzen beherrschten Welt nicht existieren. Wir haben jedoch keinen Grund, dies zu bedauern. [...] Reicht liberale Möglichkeit für Freiheit aus? Der Inkompatibilist behauptet: Nein. Aber was ist das Argument für diese Behauptung? Der Inkompatibilist hat, so Dennett, hier die Beweislast. Er muss zeigen, dass wir "strikte Alternativen" meinen, wenn wir von "Alternativen" reden, und vor allem muss er einen Grund finden, warum wir ein Interesse an "strikten Alternativen" haben sollten. Solange dies nicht geleistet worden ist (und Dennett glaubt selbstverständlich nicht, dass es geleistet werden kann), ist der Kompatibilismus nicht in Gefahr.

Beispiel für eine "liberale Möglichkeit":

El Ali hat folgendes geschrieben:
hätte ... können
zwinkern

Was ist also eine geeignete Definition für "liberale Möglichkeiten" und "strikte Alternativen"?

(1) "Liberale Möglichkeiten" = unterschiedliche simulierte Zukünfte unter der Annahme unterschiedlicher Entscheidungswerte.

(2) "Strikte Alternativen" = unterschiedliche, durch bewußte Auswahl letztverursachte Zukünfte des Gesamtsystems

Letzteres ist, da bin ich mit Dir und Dennet wohl einer Meinung, in unserer Welt nicht möglich und würde zudem weitere Probleme aufwerfen.

(1) ist aus meiner Sicht (in bezug auf die Bedeutung von "Möglichkeit"!) stark ananlog zu IF/ELSE Zweigen in Programmen. Unterschiede liegen in der Komplexität, den begleitenden bewußten Gefühlen und vor allem in sozialen Aspekten, nicht aber in der Bedeutung von "Möglichkeit".

Dennett macht - zumindest in dem zitierten Abschitt - nicht ausreichend klar, mit welcher Legitimation der Kompatibilist sich diese "Schizophrenie" leistet: Daß es ihm nämlich primär um die Aufrechterhaltung der psychischen und sozialen Assoziationen geht, die man mit "Freiem Willen" verbindet, und es ihm völlig egal ist, ob das durch Freiheitsgrade auf den zugrundeliegenden Ebenen gedeckt ist oder nicht. Seine Argumentation, überspitzt formuliert:

"Mein Freiheitsgefühl ist zwar nicht durch echte Freiheitsgrade gedeckt, aber der Inkompatibilist muß beweisen, daß ich das nicht ignorieren kann."

#1617:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 13:39
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Analog war auch schon vor der numerischen Berechnung der DK von Wasser klar, daß nichts als die molekularen Eigenschaften und Statistik darin eingehen. Und es gab auch da tatsächlich Leute, die das vorher nicht geglaubt haben, sondern die Naßheit und die DK als geheimnisvolle autonome Eigenschaften deuteten.
Natürlich sind die höheren Seinsstufen aus den niedrigeren aufgebaut, aber deren Eigenschaften sind nicht aus diesen ableitbar.

Häh? Ich habe doch gerade ein Beispiel gebracht.


Mich interessiert das Beispiel auch. Nur kann ich nicht nachvollziehen, welche Eigenschaften des Wassers mittels der Eigenschaften seiner Bestandteile zu erklären bzw. zu berechnen sind.

Eigenschaften wie etwa Oberflächenspannung oder Van-der-Waals-Kräfte sind ja nun erst aus dem Verbund der Wassermoleküle zu erklären. Eine Eigenschaft wie Temperatur korrespondiert wiederum mit der durchschnittlichen kinetischen Energie der Wassermoleküle, setzt also ebenfalls eine Mehrzahl von Molekülen voraus, abhängig auch noch von der Elektrolytkonzentration. Inwiefern nun ergeben sich die besonderen und vielfältigen Gesamteigenschaften des Wassers aus den Einzelatomen von O und H?

Hast Du das Quellen, die Du hier angeben kannst und an die man evtl. online rankommt?

step hat folgendes geschrieben:
Sind die chemischen Eigenschaften, der Siedepunkt, die Durchsichtigkeit usw. von H2O Deiner Meinung nach aus den physikalischen Eigenschaften von Proton, Neutron und Elektron ableitbar?


Nur mal ein Beispiel: Ein einzelnes Proton hat ja wohl keine Temperatur. Erst eine Vielzahl von Teilchen kann so etwas haben. Wie soll man aus Eigenschaften solcher einzelner Teilchen Eigenschaften ableiten, die erst bestimmte Strukturen haben können?

step hat folgendes geschrieben:
Ist die Sterblichkeit biologischer Wesen aus deren Genen und Zellstruktur ableitbar oder benötigt man höhere, theologische Kenntnisse?


Gene und Zellstruktur reichen nicht aus. Die Gesamtstruktur des Organismus muss hier betrachtet werden. Hierzu reicht auch Physik nicht aus, es reicht aber Biologie.

Die Keimzellen sind theoretisch unsterblich. Ein Organismus besteht aus Keim- und somatischen Zellen, wobei letztere sehr ausdifferenziert sein können. Um über die Sterblichkeit biologischer Wesen insgesamt Aussagen zu treffen, muss man also die Beschaffenheit, die Wechselbeziehung und die Gesamtstruktur aller Zellen erfassen.

Dazu braucht man keine Theologie.

Aber es geht schon um untere und höhere Strukturebenen.

Skeptiker

#1618:  Autor: El Ali BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 13:42
    —
Auch wenn die Vertreter und Verfechter des freien Willens im Chor singen, ihr Gesang klingt falsch, da jeder einzelne nicht anders als falsch singen kann.

#1619:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 13:45
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Nur mal ein Beispiel: Ein einzelnes Proton hat ja wohl keine Temperatur. Erst eine Vielzahl von Teilchen kann so etwas haben. Wie soll man aus Eigenschaften solcher einzelner Teilchen Eigenschaften ableiten, die erst bestimmte Strukturen haben können?


Weil es eine Eigenschaft des Teilchens ist, wie es auf andere Teilchen reagiert. Das elektrische Feld ist doch auch etwas, was nur auf etwas *anderes* wirkt. Und weil es es Randbedingungen sind, wie viele Teilchen man beispielsweise hat. Simples Erklärungsmuster:

Alle Teilchen A verhalten sich unter Einfluss von x anderen Teilchen wie y.
A befindet sich unter dem Einfluss von x anderen Teilchen

=> A verhält sich wie y.

Ein Reduktionismus auf Physik bedeutet doch nicht Reduktionismus auf *ein* Teilchen, sondern - wenn überhaupt - auf verdammt viele Teilchen in eine empirisch vorgegebenen Anordnung.

#1620:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 13:49
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nur mal ein Beispiel: Ein einzelnes Proton hat ja wohl keine Temperatur. Erst eine Vielzahl von Teilchen kann so etwas haben. Wie soll man aus Eigenschaften solcher einzelner Teilchen Eigenschaften ableiten, die erst bestimmte Strukturen haben können?
Weil es eine Eigenschaft des Teilchens ist, wie es auf andere Teilchen reagiert. ... Ein Reduktionismus auf Physik bedeutet doch nicht Reduktionismus auf *ein* Teilchen, sondern - wenn überhaupt - auf verdammt viele Teilchen in eine empirisch vorgegebenen Anordnung.

Genau. Meistens muß man "noch grundlegendere" Theorien dazunehmen, z.B. Statistik und Raumzeit.

#1621:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 14:14
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Philosophie verständlich - Daniel C. Dennett

Was ist also eine geeignete Definition für "liberale Möglichkeiten" und "strikte Alternativen"?
(1) "Liberale Möglichkeiten" = unterschiedliche simulierte Zukünfte unter der Annahme unterschiedlicher Entscheidungswerte.

Nein, eine "liberale Möglichkeit" ist eine solche, die man unter ähnlichen Umständen durchführen könnte. Etwas schwierig, das genau zu definieren und abzugrenzen. Nehmen wir also mal ein Beispiel: wenn die hypothetische Ehefrau weiter oben im Interview mit Singer ihrem Mann vorwirft, er habe sie betrogen, dann meint sie damit, er habe die Möglichkeit gehabt, anders zu handeln; es an ihm lag, wie er handelte er und nicht durch äußere oder innere Zwänge zu seiner Handlung veranlasst wurde. Was letztlich meint, dass er zukünftig unter ähnlichen Umständen sich für etwas anderes entscheiden kann, wenn er will und ob er will, möchte sie herausfinden, indem sie nach seinen Gründen fragt. Sie wird ihm aber sicher nie vorwerfen, dass er ihr nicht 500 Milliarden Tonnen Gold schenkt oder von ihm verlangen, das zu tun, (wenn sie vernünftig ist), denn das liegt einfach außerhalb seiner "liberalen" Möglichkeiten.

step hat folgendes geschrieben:
(2) "Strikte Alternativen" = unterschiedliche, durch bewußte Auswahl letztverursachte Zukünfte des Gesamtsystems

Letzteres ist, da bin ich mit Dir und Dennet wohl einer Meinung, in unserer Welt nicht möglich und würde zudem weitere Probleme aufwerfen.

Richtig.

step hat folgendes geschrieben:
(1) ist aus meiner Sicht (in bezug auf die Bedeutung von "Möglichkeit"!) stark ananlog zu IF/ELSE Zweigen in Programmen. Unterschiede liegen in der Komplexität, den begleitenden bewußten Gefühlen und vor allem in sozialen Aspekten,

Richtig.

step hat folgendes geschrieben:
nicht aber in der Bedeutung von "Möglichkeit".

Das ist jedoch strittig. Nehmen wir doch nochmal den Beitrag von El Ali oben, in dem sie den Konjunktiv verwendete. Den hat sie offensichtlich nicht im Sinne von "strikte Alternativen" verwendet, sondern im Sinne von "liberalen Möglichkeiten".

step hat folgendes geschrieben:
Dennett macht - zumindest in dem zitierten Abschitt - nicht ausreichend klar, mit welcher Legitimation der Kompatibilist sich diese "Schizophrenie" leistet: Daß es ihm nämlich primär um die Aufrechterhaltung der psychischen und sozialen Assoziationen geht, die man mit "Freiem Willen" verbindet, und es ihm völlig egal ist, ob das durch Freiheitsgrade auf den zugrundeliegenden Ebenen gedeckt ist oder nicht. Seine Argumentation, überspitzt formuliert:

"Mein Freiheitsgefühl ist zwar nicht durch echte Freiheitsgrade gedeckt, aber der Inkompatibilist muß beweisen, daß ich das nicht ignorieren kann."

Natürlich muss man den ganzen Artikel lesen. Überspitzt formuliert argumentiert er so: die Art von (Willens-)Freiheit, die in einer determinierten / naturalistischen Welt möglich ist, (was das ist, erläutert er dort weiter), ist die einzige Art von Freiheit, die uns letztlich etwas bedeutet. Er sieht keinen Grund für die Behauptung, das sei aber keine "richtige" Freiheit, bzw. für die Behauptung, es wäre irgendwie wünschenswert, "echte Freiheitsgrade" zu haben und daher erwartet er eine Begründung für diese Behauptungen und auch für die Behauptung, man würde "Möglichkeit" im Sinne von "strikte Alternativen" verwenden.

#1622:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 14:21
    —
El Ali hat folgendes geschrieben:
Auch wenn die Vertreter und Verfechter des freien Willens im Chor singen, ihr Gesang klingt falsch, da jeder einzelne nicht anders als falsch singen kann.


Chinesischer Reissack

#1623:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 14:30
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ist die Sterblichkeit biologischer Wesen aus deren Genen und Zellstruktur ableitbar oder benötigt man höhere, theologische Kenntnisse?
Gene und Zellstruktur reichen nicht aus. Die Gesamtstruktur des Organismus muss hier betrachtet werden. Hierzu reicht auch Physik nicht aus, es reicht aber Biologie.

Ich dachte, man könnte inzwischen aus der Kenntnis der Reproduktionsmechanismen der Zelle, den Telomeren, der Zerstörungsrate usw. ein maximales Alter des Organismus abschätzen.

Aber darum ging es mir nicht. Nehmen wir daher mal an, Du hast recht und man benötigt die Betrachtung des biologischen Gesamtorganismus, um dessen Sterblichkeit zu erkennen.

Wenn jetzt eine Art "Seelen-Kompatibilist" kommt und sagt à la Dennett:

"Natürlich stirbt der Organismus auf unterer Ebene. Aber wer sagt denn, das wir auf höherer Ebene "striktes Leben" brauchen? Wir alle fühlen doch, daß das Leben nach dem Tod weitergehen könnte, daß wir eine Seele haben. Auf einer höheren Ebene reicht ein "liberales Leben". Es wäre Aufgabe des Inkompatibilisten, zu zeigen, daß es dieses "liberale Leben" nicht geben kann. Vor allem muß er einen Grund finden, warum wir ein Interesse an einem "strikten Leben" haben sollten ..."

#1624:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 16:17
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
(1) "Liberale Möglichkeiten" = unterschiedliche simulierte Zukünfte unter der Annahme unterschiedlicher Entscheidungswerte.
Nein, eine "liberale Möglichkeit" ist eine solche, die man unter ähnlichen Umständen durchführen könnte.

OK, ist mir auch recht. Wobei "könnte" hier bedeutet: Man erwartet, daß Menschen in ähnlichen Situationen unterschiedlich handeln, weil man keine akuten Zwänge erkennt und zu wenig weiß über die genauen Präferenzen im Einzelfall.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Etwas schwierig, das genau zu definieren und abzugrenzen. Nehmen wir also mal ein Beispiel: wenn die hypothetische Ehefrau weiter oben im Interview mit Singer ihrem Mann vorwirft, er habe sie betrogen, dann meint sie damit, er habe die Möglichkeit gehabt, anders zu handeln; es an ihm lag, wie er handelte er und nicht durch äußere oder innere Zwänge zu seiner Handlung veranlasst wurde. Was letztlich meint, dass er zukünftig unter ähnlichen Umständen sich für etwas anderes entscheiden kann, wenn er will und ob er will, möchte sie herausfinden, indem sie nach seinen Gründen fragt. Sie wird ihm aber sicher nie vorwerfen, dass er ihr nicht 500 Milliarden Tonnen Gold schenkt oder von ihm verlangen, das zu tun, (wenn sie vernünftig ist), denn das liegt einfach außerhalb seiner "liberalen" Möglichkeiten.

Da stimme ich weitgehend zu, würde aber präzisieren, daß

"sie meint, dass er zukünftig unter ähnlichen Umständen sich für etwas anderes entscheiden kann"

eins von zweien bedeutet:

- sie meint, daß sie ihn dazu bringen kann, sich in Zukunft anders zu verhalten
- sie hat nicht genügend Wissen über die genaue Präferenz- und Determinationslage (klar sichtbare Zwänge gibt es nicht)

Zudem kommt es sicher auch oft vor, daß man jemand etwas vorwirft, weil man über die Abweichung vom Erwarteten enttäuscht ist, ohne sich ernsthaft zu fragen, wie "typisch" es für denjenigen ist. Der Vorwurf kann sozuagen präventiven, aber auch vergeltenden oder anderen psychohygienischen Zweck haben. Ist aber idZ vielleich unerheblich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... erwartet er eine Begründung für diese Behauptungen und auch für die Behauptung, man würde "Möglichkeit" im Sinne von "strikte Alternativen" verwenden.

Habe ich nicht mal diese Studie verlinkt, bei der sich herausgestellt hat, daß die befragten (immerhin Studenten) bei Szenarien mit emotionaler Involviertheit eine deterministische Interpretation zugunsten von "freiem Willen" und "Schuld" ablehnten, während sie dieselbe Situation, neutral präsentiert, deterministisch interpretierten? Vielleicht kann ich's nochmal raussuchen.

Jedenfalls glaube ich, daß die meisten Menschen bei der Vorstellung ihres "freien Willens" einen Determinismus intuitiv ausschließen, und nur die intelligenteren, und auch die erst durch das Aufzeigen von Widersprüchen, adaptieren das kompatibilistische Notkonstrukt.

#1625: Die Welt macht, was sie will Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 19:43
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Nur mal ein Beispiel: Ein einzelnes Proton hat ja wohl keine Temperatur. Erst eine Vielzahl von Teilchen kann so etwas haben. Wie soll man aus Eigenschaften solcher einzelner Teilchen Eigenschaften ableiten, die erst bestimmte Strukturen haben können?


Weil es eine Eigenschaft des Teilchens ist, wie es auf andere Teilchen reagiert. Das elektrische Feld ist doch auch etwas, was nur auf etwas *anderes* wirkt.


Woher weiß man denn überhaupt, dass ein Teilchen ein elektrisches Feld hat, wenn kein anderes Teilchen da ist, auf das es wirkt?

Wenn man wirklich von der untersten Ebene kommt, dann weiß man eigentlich nur, dass es unendlich viele theoretische Kombinationsmöglichkeiten gibt. So, und nun zeig mir mal die Formel, mit der ich ex ante all diese Möglichkeiten von einem Teilchen angefangen, weitergehend mit dem zweiten Teilchen, dem dritten, usw. bis hin zu unendlich vielen Teilchen eine deterministische Berechnung über die Zukunft eines jeden dieser Teilchen anstellen kann, die auch mit der Realität überein stimmt.

Das ist völliger Unsinn. Es setzt quasi eine Weltformel voraus, und nicht nur das. Es setzt auch voraus, dass irgendein Weltgeist zu einem bestimmten Zeitpunkt irgendeine Ausgangsbedingung in ihrer Gesamtheit kennt und aus der unendlichen Zahl der realen Möglichkeiten genau die richtige für alle unendlichen weiteren Zeitpunkte heraus fischt und voraussagt. Und nun, um das Ganze mal zu steigern, stelle Dir mal vor, dass Zeit, Raum und Materie unendlich sind.

Dann wird jeder halbwegs denkende Mensch schnell erkennen, dass die Berechenbarkeit nicht an zu großer Komplexität bzw. zu wenig Rechenkapazität scheitert, sondern daran, dass prinzipiell gar keine Aussagen möglich sind über das was ist und das, was sein wird.

Eine Weltformel ist prinzipiell unmöglich und kein Mangel unserer Erkenntnisfähigkeit.

These: Die echten Freiheitsgrade einer beliebigen unteren Ebene A sind stets so groß, dass eine beliebige höhere Strukturebene B nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann.

Kival hat folgendes geschrieben:
Und weil es es Randbedingungen sind, wie viele Teilchen man beispielsweise hat.


Irgendwie sind das keine Randbedingungen, wenn wir uns den Sprung zwischen Mikro- und Makrowelt ansehen. Es ändern sich plötzlich die Gesetzmäßigkeiten irgendwo an dieser Schwelle.

Kival hat folgendes geschrieben:
Simples Erklärungsmuster:

Alle Teilchen A verhalten sich unter Einfluss von x anderen Teilchen wie y.
A befindet sich unter dem Einfluss von x anderen Teilchen

=> A verhält sich wie y.

Ein Reduktionismus auf Physik bedeutet doch nicht Reduktionismus auf *ein* Teilchen, sondern - wenn überhaupt - auf verdammt viele Teilchen in eine empirisch vorgegebenen Anordnung.


Empirisch? Ging es nicht um Vorhersagbarkeit von Empirie?

Also um die Herleitung einer Formel, die der Welt angemessen ist? Genau dies fehlt doch.

Was man hat, ist tatsächlich nur eine Auswahl bestimmter bekannter Bedingungen, die aber nun mal noch unbekannte Bedingungen nicht mit einschließen.

Man muss Wasser und seine auf unteren Ebenen inexistenten Qualitäten erst kennen, um dann in einer Rückwärt-Vorwärts-Betrachtung so etwas wie eine Näherungsformel zu erstellen. Mehr ist es nicht.

Skeptiker

#1626:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 20:11
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Woher weiß man denn überhaupt, dass ein Teilchen ein elektrisches Feld hat, wenn kein anderes Teilchen da ist, auf das es wirkt?


Wenn man weiß, wodurch ein elektrisches Feld hervorgerufen wird, kann man natürlich überprüfen, ob das Hervorufende da ist. Das wäre aber nur ein indirektes Zeigen.

Zitat:
Wenn man wirklich von der untersten Ebene kommt, dann weiß man eigentlich nur, dass es unendlich viele theoretische Kombinationsmöglichkeiten gibt. So und nun zeig mir mal die Formel, mit der ich ex ante all diese Möglichkeiten von einem Teilchen angefangen, weitergehend mit dem zweiten Teilchen, dem dritten, usw. bis hin zu unendlich vielen Teilchen eine deterministische Berechnung über die Zukunft eines jeden dieser Teilchen anstellen kann, die auch mit der Realität überein stimmt.


Ob es unendlich viele Teilchen gibt oder nicht, ist doch überhaupt nicht klar. Und niemand behauptet, er könne das, was Du da sagst.




Zitat:
Dann wird jeder halbwegs denkende Mensch schnell erkennen, dass die Berechenbarkeit nicht an zu großer Komplexität bzw. zu wenig Rechenkapazität scheitert, sondern daran, dass prinzipiell gar keine Aussagen möglich sind über das was ist und das, was sein wird.


Nein, das folgt höchstens dann, wenn das Universum unendlich ist, dann ist es wohl tatsächlich prinzipiell unmöglich. Das widerlegt aber sowieso keinen Determinismus.

Außerdem kannst Du einzelne Phänomene in ziemlich guter Näherung beschreiben, weil die Auswirkung der allermeisten Teilchen für ein Einzelphänomen ziemlich irrelevant sind.

Zitat:
Kival hat folgendes geschrieben:
Und weil es es Randbedingungen sind, wie viele Teilchen man beispielsweise hat.


Irgendwie sind das keine Randbedingungen, wenn wir uns den Sprung zwischen Mikro- und Makrowelt ansehen. Es ändern sich plötzlich die Gesetzmäßigkeiten irgendwo an dieser Schwelle.


Achja? Tun sie das? Wo ist denn eigentlich die Mikro und wo die Makrowelt? Gibt es da irgendeine magische Grenze?

Zitat:
Kival hat folgendes geschrieben:
Simples Erklärungsmuster:

Alle Teilchen A verhalten sich unter Einfluss von x anderen Teilchen wie y.
A befindet sich unter dem Einfluss von x anderen Teilchen

=> A verhält sich wie y.

Ein Reduktionismus auf Physik bedeutet doch nicht Reduktionismus auf *ein* Teilchen, sondern - wenn überhaupt - auf verdammt viele Teilchen in eine empirisch vorgegebenen Anordnung.


Empirisch? Ging es nicht um Vorhersagbarkeit von Empirie?


Vorhersagen sind *immer* Verknüpfungen von Zustandsbeschreibungen und Gesetzesaussagen. Ohne diese empirischen Zustandsbeschreibungen kann man nichts vorhersagen...

Zitat:
Also um die Herleitung einer Formel, die der Welt angemessen ist? Genau dies fehlt doch.


Ernsthafte Frage: Hast Du auch nur grundlegendste Ahnung von Mathematik?
Eine Formel beschreibt quantifizierte Zusammenhänge zwischen Variablen. Ein Gesetz ist übrigens noch ein bisschen mehr als nur eine Formel, nehmen wir dochmal das Newtone Gravitationsgesetz:

Die Formel lautet: F = G * m1*m2/r^2 (hoffentlich vertue ich mich jetzt nicht, meine Physikzeit ist schone etwas her)

Das Gesetz ist aber genaugenommen:

Es existiert ein G, so dass für alle m1,m2,r gilt: F=G*m1*m2/r^2


Jetzt sagt das Gesetz also voraus, dass zwei Planeten mit den Massen m1, m2 und dem Abstand r sich mit der Kraft F anziehen, wenn sonst nichts auf sie einwirkt oder die sonstigen Einflüsse vernachlässigbar sind.

Du musst also vorgegeben haben, wie groß m1,m2 und r sind, um eine Vorhersage zu machen.


Zitat:
Was man hat, ist tatsächlich nur eine Auswahl bestimmter bekannter Bedingungen, die aber nun mal noch unbekannte Bedingungen nicht mit einschließen.


(Was hat das eigentlich alles mit der Frage nach Reduktionismus auf Physik zu tun?) Du scheinst irgendwie irgendwie um Aussagen herumzuwabern, die letztlich allerlei Gründe sind, warum unsere Theorien nicht perfekt sein können.

Zitat:
Man muss Wasser und seine auf unteren Ebenen inexistenten Qualitäten erst kennen, um dann in einer Rückwärt-Vorwärts-Betrachtung so etwas wie eine Näherungsformel zu erstellen. Mehr ist es nicht.


Es werden ständig Prognosen in den Naturwissenschaften gemacht und auch hin und wieder mal tatsächlich dann später empirisch gefunden, was es nach der Theorie geben müsste.

#1627: Emergenzen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 21:52
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
...


Es geht hier nicht um Grundkurs 1. Klasse, sondern um folgenden kleinen Disput:

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Natürlich sind die höheren Seinsstufen aus den niedrigeren aufgebaut, aber deren Eigenschaften sind nicht aus diesen ableitbar.


Sind die chemischen Eigenschaften, der Siedepunkt, die Durchsichtigkeit usw. von H2O Deiner Meinung nach aus den physikalischen Eigenschaften von Proton, Neutron und Elektron ableitbar?

Ist die Sterblichkeit biologischer Wesen aus deren Genen und Zellstruktur ableitbar oder benötigt man höhere, theologische Kenntnisse?


Die Frage lautet also nicht, ob es Formeln gibt, die kreisende Planeten beschreiben können, sondern ob sich aus niedrigeren Strukturebenen die Eigenschaften höherer Strukturen prinzipiell voraussagen lassen (ohne dass man diese höheren Strukturen vorher kennt!).

Dabei unterstelle ich bereits einen allwissenden Weltgeist. Trotzdem kann man diese Frage getrost verneinen. Auch ein allwissender Weltgeist könnte die Entwicklung höherer Strukturen inklusive der Gesamtheit ihrer Eigenschaften nicht 100%ig, das heisst also nicht voraussagen, auch nicht für "begrenzte Systeme". Es sei denn, gewisse Strukturen sind bereits samt ihren Qualitäten bekannt. Aber das ist dann keine Voraussage im ursprünglichen Sinne mehr ...-

Skeptiker


Zuletzt bearbeitet von Skeptiker am 21.07.2009, 21:55, insgesamt einmal bearbeitet

#1628:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 21:54
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Die Frage lautet also nicht, ob es Formeln gibt, die kreisende Planeten beschreiben können, sondern ob sich aus niedrigeren Strukturebenen die Eigenschaften höherer Strukturen prinzipiell voraussagen lassen (ohne dass man diese höheren Strukturen vorher kennt!).

Dabei unterstelle ich bereits einen allwissenden Weltgeist. Trotzdem kann man diese Frage getrost verneinen. Auch ein allwissender Weltgeist könnte die Entwicklung höherer Strukturen inklusive der Gesamtheit ihrer Eigenschaften nicht 100%ig, das heisst also nicht voraussagen, auch nicht für "begrenzte Systeme". Es sei denn, gewisse Strukturen sind bereits samt ihren Qualitäten bekannt. Aber das ist dann keine Voraussage im ursprünglichen Sinne mehr ...-


Du lieferst dafür aber leider überhaupt kein Argument. Außer wenn Du natürlich "höhere Strukturen" schon so definierst, dass es logisch (!) nicht mehr möglich ist, dann bezweifel ich und step sicher auch, aber dass es diese so definierten höheren Strukturen überhaupt gibt.

#1629:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 21:57
    —
step hat folgendes geschrieben:
[Übereinstimmungshalber gesnippt]

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... erwartet er eine Begründung für diese Behauptungen und auch für die Behauptung, man würde "Möglichkeit" im Sinne von "strikte Alternativen" verwenden.

[...]

Jedenfalls glaube ich, daß die meisten Menschen bei der Vorstellung ihres "freien Willens" einen Determinismus intuitiv ausschließen, und nur die intelligenteren, und auch die erst durch das Aufzeigen von Widersprüchen, adaptieren das kompatibilistische Notkonstrukt.

Das ist genau der Punkt, bis zu dem unsere Diskussion immer kommt und dann stockt sie. Ich meine, Du (und auch andere Inkompatibilisten) musst hier schon mal ein Argument bringen. Ich glaube nämlich nicht, dass die Alltagspsychologie einen Determinismus intuitiv ausschließt.

Ich halte es für wahrscheinlich, dass die meisten erst mal unreflektierte Dualisten sind, denn das liegt intuitiv nahe ("ich bin hier und da ist die Welt"). Aber auf der anderen Seite glaube ich, dass intuitiv auch Kausalität tief verwurzelt ist: man erwartet, dass alles eine Ursache oder einen Grund hat. Und auf die Handlungen von jemandem bezogen ist meiner Ansicht nach kein Indeterminismus vorherrschend. Man erwartet im Gegenteil, dass sich andere Leute verlässlich / berechenbar verhalten und ist eher dann erst mal erstaunt, wenn jemand aus der Rolle fällt, wenn er etwas ganz Überraschendes tut. Aber auch dafür erwartet man einen Grund. Jemanden, der "einfach so" "irgendwie" handelt, würde man wohl als verrückt ansehen (wenn das permanent geschähe). Auch gibt es zum Beispiel die Redensart: "er kann halt nicht aus seiner Haut". Es wird auch (weithin) akzeptiert, dass jemand durch unglückliche Umstände in seiner Kindheit, durch Drogenkonsum, durch einen Tumor im Gehirn oder durch eine psychische Störung seine Kontrollfähigkeit verlieren / diese stark eingeschränkt sein kann.

Ich meine, all dies lässt nicht auf eine allgemeine Vorstellung eines "Erstbewegers" schließen, im Gegenteil. Und ich meine, dass die Alltagspsychologie in dieser Hinsicht nicht so falsch liegt, wie Du zu glauben scheinst; ich meine, es gibt hier keinen Grund zu einer Aufklärerallüre (das ist jetzt nicht offensiv gemeint, ich weiß aber nicht, wie ich es griffiger ausdrücken kann). Das hat mit Intelligenz und überlegter Reflexion nicht viel zu tun, denn die Intuition liegt dabei mAn nicht so falsch, wie Du glaubst.

Du hast mir ja oben zugestimmt bei meiner Beschreibung der Intentionen der Frau, die ihrem Mann Vorwürfe macht. Dabei kommt eine Auffassung eines Determinismus nirgends vor, sie ist unnötig und liegt mE auch nicht zugrunde.

Wie gesagt: ich bin der Meinung, dass hier ein Inkompatibilist (nicht nur Du, auch die anderen Inkompatibilisten hier) durchaus auch mal argumentieren muss. Es reicht nicht, einfach zu behaupten, die Leute glaubten an "echte Alternativen". Denn das erscheint mir nicht einfach so plausibel.

(Und die Auffassung von El Ali, viele Leute glaubten an einen völlig unbedingten Willen, halte ich für absolut unplausibel. Siehe meine Versuche der Darstellung der Alltagspsychologie, die dem einfach komplett widersprechen, falls sie halbwegs plausibel sind. Falls das aber nicht El Alis Auffassung trifft, dann habe ich sie vielleicht noch nicht richtig verstanden, das mag durchaus sein.)


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 21.07.2009, 23:01, insgesamt einmal bearbeitet

#1630: gibt es gar keine höheren Strukturen? Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 22:09
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Die Frage lautet also nicht, ob es Formeln gibt, die kreisende Planeten beschreiben können, sondern ob sich aus niedrigeren Strukturebenen die Eigenschaften höherer Strukturen prinzipiell voraussagen lassen (ohne dass man diese höheren Strukturen vorher kennt!).

Dabei unterstelle ich bereits einen allwissenden Weltgeist. Trotzdem kann man diese Frage getrost verneinen. Auch ein allwissender Weltgeist könnte die Entwicklung höherer Strukturen inklusive der Gesamtheit ihrer Eigenschaften nicht 100%ig, das heisst also nicht voraussagen, auch nicht für "begrenzte Systeme". Es sei denn, gewisse Strukturen sind bereits samt ihren Qualitäten bekannt. Aber das ist dann keine Voraussage im ursprünglichen Sinne mehr ...-


Du lieferst dafür aber leider überhaupt kein Argument. Außer wenn Du natürlich "höhere Strukturen" schon so definierst, dass es logisch (!) nicht mehr möglich ist, dann bezweifel ich und step sicher auch, aber dass es diese so definierten höheren Strukturen überhaupt gibt.


Das fürchte ich auch.

Skeptiker

#1631:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 21.07.2009, 23:13
    —
Ok. Was zeichnet denn eine solche "höhere Struktur" aus und wie kann man herausfinden, ob es solche höheren Strukturen gibt? Stell Dir vor, ich hätte dazu bisher keine Meinung und würde das Wort auch nicht wirklich verstehen.

#1632:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.07.2009, 09:49
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Jedenfalls glaube ich, daß die meisten Menschen bei der Vorstellung ihres "freien Willens" einen Determinismus intuitiv ausschließen, und nur die intelligenteren, und auch die erst durch das Aufzeigen von Widersprüchen, adaptieren das kompatibilistische Notkonstrukt.
... Ich halte es für wahrscheinlich, dass die meisten erst mal unreflektierte Dualisten sind, denn das liegt intuitiv nahe ("ich bin hier und da ist die Welt").

Ja, das sehe ich ebenso.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber auf der anderen Seite glaube ich, dass intuitiv auch Kausalität tief verwurzelt ist: man erwartet, dass alles eine Ursache oder einen Grund hat. Und auf die Handlungen von jemandem bezogen ist meiner Ansicht nach kein Indeterminismus vorherrschend. Man erwartet im Gegenteil, dass sich andere Leute verlässlich / berechenbar verhalten und ist eher dann erst mal erstaunt, wenn jemand aus der Rolle fällt, wenn er etwas ganz Überraschendes tut.

Auch da stimme ich zu. Die Überraschung ist übrigens auch bei "nichtpersonalem" unerwarteten Eintreten von Ereignissen gegeben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber auch dafür erwartet man einen Grund. Jemanden, der "einfach so" "irgendwie" handelt, würde man wohl als verrückt ansehen (wenn das permanent geschähe).

Genau, als "unzurechnungsfähig", "unberechenbar". Man arbeitet also eigentlich ständig mit der Determiniertheit, ja Vorhersagbarkeit von menschlichen Entscheidungen (geht ja auch gar nicht anders). Der Punkt scheint mir zu sein, daß diese intuitiv plötzlich geleugnet wird, sobald es um Moral und emotionale Involviertheit geht. Daher hatte ich diese Studie erwähnt:

step hat folgendes geschrieben:
... bei der sich herausgestellt hat, daß die befragten (immerhin Studenten) bei Szenarien mit emotionaler Involviertheit eine deterministische Interpretation zugunsten von "freiem Willen" und "Schuld" ablehnten, während sie dieselbe Situation, neutral präsentiert, deterministisch interpretierten? Vielleicht kann ich's nochmal raussuchen.

#1633:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 22.07.2009, 10:11
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Auch da ist es so, daß das Phänomen als solches scheinbar in keinem Zusammenhang steht, aber die Kenntnis der beteiligten atomaren Gesetze erlaubt eine Erklärung und Berechnung, in diesem Fall allerdings nur noch mit erheblichem numerischen Aufwand.
Diese Theorie der "Einzeleigenschaften" hat man aber (noch) nicht.

Man hat eine sehr gute zugrundeliegende physikalische Theorie.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Und selbst wenn man sie hätte, haben Moleküle die "Eigenschaft" (hihihi) zu "entfleuchen", die Dinge entgleiten uns und die zugrunde liegenden Gesetze sind (vermutlich!) algorithmisch irreduzibel. Du hast ja nicht unbegrenzt Rechenzeit. Um exakt nachzuvollziehen, wohin ein System führt, musst Du das System selbst sein. Du würdest also genausoviel Zeit (ver-)brauchen wie das System selbst benötigt. ... Wenn das Ergebnis der "Berechnung der Welt" zu einem beliebigen Zeitpunkt die gleiche Grobkörnung (coarsegraining) wie die Welt selbst aufweisen soll, müsste der Rechner die Welt selbst sein.

Das ist korrekt, und ich habe es hier sogar schonmal selbt gepostet. Die (Quanten-)Physik ist, nach allem was wir heute wissen, tatsächlich die einfachste Simulation ihrer selbst.

Bedenke aber, daß es mir nicht darum ging, jeden einzelnen Gedanken zu berechnen oder auch nur die Funktion des Bewußtseins zu emulieren, sondern es ging nur um den Ausschluß von echten Freiheitsgraden des Gesamtsystems. Wie auch immer genau das Gefühl des "Freien Willens" zustandekommt, es ist SICHER, daß die wesentlichen Abläufe vollständig determiniert sind. Dazu benötige ich keine besonders hohe Rechenstärke. Würde sich wie auch immer herausstellen, daß dem doch nicht so ist, so wäre die Physik grob(!) unvollständig und falsch!




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Das ist richtig. Daß es Regeln (Naturgesetze) gibt, auf denen die Entwicklung des Universums, seiner Kräfte und damit auch des Lebens basiert, steht wohl außer Frage. Diese Regeln können jedoch bei der Entwicklung des Universums Eigenschaften hervorbringen, die in den Regeln selbst nicht enthalten sind.
Diese Regeln können zwar vollständig determiniert sein, das Bewußtsein oder der "Freie Wille" würde aber als "emergentes Phänomen" trotz Determination nicht "absehbar" sein. Denn es wird ja nicht das Bewußtsein oder der freie Wille determiniert, sondern bestenfalls die "Rahmenbedingungen" (Naturgesetze), aus denen es "emergiert" wie auf jedem Marktplatz anschaulich zu sehen ist. Es sei denn, man setzt Rahmenbedingung und alle auftretenden Phänomene gleich. Dann hättest du recht.

Man kann natürlich alles hinterfragen:

"Auf welcher Grundlage beruht das Bewußtsein ?"
"Auf materiellen und energetischen Prozessen in Raum und Zeit."
"Auf welcher Grundlage beruhen diese Prozesse ?'"
"Auf Naturgesetzen."
"Auf welcher Grundlage beruhen diese Naturgesetze ?"
Tja, gute Frage ?!

Selbst wenn wir eine Kopie der "Originalversion" dieser sich entwicklenden vollständig determinierten Reihe (um die Analogie aus der Mathematik zuhilfe zu nehmen) des Universums hätten, müssten wir sie ersteinmal überprüfen und schauen, ob sie sich wieder genauso entfaltet (die "Empfindlichkeit der Anfangsbedingungen"). Das würde vermutlich wieder Milliarden Jahre dauern. Das alles ist zwar recht interessant; die moderne Neurobiologie und Psychologie interessiert allerdings mehr die Frage, wann ein Individuum sich als frei entscheidend und wann als gezwungen empfindet. Daß das alles auf Naturgesetzen beruht, ist selbstredend, erklärt aber leider nichts und hilft der Forschung nicht weiter in der Frage nach einem - wie auch immer gearteten - "Freien Willen".

Für die Chaosforschung ist vermutlich die erste Betrachtung interessanter. Der Physiker und Chaosforscher Joseph Ford drückte es so aus :

"Evolution ist Chaos plus Rückkopplung.....
Gott würfelt mit dem Universum ( Anm.: als Erwiderung auf Einstein). Doch sind die Würfel präpariert. Und das Hauptziel der Physik ist heute, herauszufinden, nach welchen Regeln und Gesetzen sie präpariert worden sind und wie wir sie für unsere Zwecke benutzen können."
(Zitat aus James Gleick: "Chaos - Die Ordnung des Universums")

Aber das wäre vielleicht Thema für einen anderen Thread ( z.B. "Chaos und Lorenz-Attraktor" ?)

()

#1634:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 22.07.2009, 12:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber auch dafür erwartet man einen Grund. Jemanden, der "einfach so" "irgendwie" handelt, würde man wohl als verrückt ansehen (wenn das permanent geschähe).

Genau, als "unzurechnungsfähig", "unberechenbar". Man arbeitet also eigentlich ständig mit der Determiniertheit, ja Vorhersagbarkeit von menschlichen Entscheidungen (geht ja auch gar nicht anders). Der Punkt scheint mir zu sein, daß diese intuitiv plötzlich geleugnet wird, sobald es um Moral und emotionale Involviertheit geht.

Schön, dass wir uns bis hier einig sind.

Ich behaupte nun folgendes: viele Leute glauben erst mal intuitiv, dass Determinismus (wenn man ihnen erklärt, was das ist - das ist wohl für viele ein unbekanntes Konzept), einer

step hat folgendes geschrieben:
Kontrollfähigkeit

widerspräche. (Und eben das behaupten auch Inkompatibilisten eigentlich.)

Aber das eben glaube ich nicht, ich glaube, diese Intuition täuscht. Ich halte nämlich Kontrollfähigkeit auch in einer determinierten naturalistischen Welt für möglich.

Hier muss also der Inkompatibilist argumentieren. Es reicht nicht, sich einfach auf die Intuitionen anderer bezüglich einer Unvereinbarkeit von Determinismus und Kontrollfähigkeit zu berufen.

#1635: Illusionen Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 22.07.2009, 15:15
    —
Nach Lesen über den Kompatibilisten Dennett und der letzten Beiträge in diesem Thread bin ich so weit gekommen, anzunehmen, dass die Freiheit des Willens eine Illusion ist (so wie die Zeit), aber dass für alle praktischen, pragmatischen Belange gewisse Freiheitsgrade des Willens existieren (so wie die Zeit). Wie ich für meinen aktuellen Entscheidungsprozess, wo ich in nächster Zukunft wohnen will, erläutert habe, kann eine Entscheidung ein vielschichtiges Evaluationsverfahren sein, mit zugehörigen subjektiven Gewichtungen. Viele Entscheidungen werden auch rein intuitiv d.h. unbewusst getroffen. Das Unbewusste wurde aber durch meine früheren Entscheidungen und Erfahrungen geprägt und enthält somit ebenfalls gewisse "historische" Freiheitsgrade (Lernen, Training etc.). Andere Entscheidungen werden ad hoc getroffen unter Einbezug sowohl des Bewussten als auch Unbewussten, wobei die Zündung für die Handlungsauslösung offenbar im Unbewussten erfolgt. Ein solcher Prozess enthält somit immer eine Portion Freiheitsgrade.

Wie gesagt: Bedingt freier Wille...

Edit: Was über das hinausgeht, was ich oben geschrieben habe, weiss man heute nichts Genaues - es ist sogar fraglich, ob man jemals grundsätzlich mehr wissen wird (Detailkenntnisse werden sicher noch wachsen). Alles Weitere ist philosophische Geschmacksache...

#1636:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.07.2009, 20:31
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber auch dafür erwartet man einen Grund. Jemanden, der "einfach so" "irgendwie" handelt, würde man wohl als verrückt ansehen (wenn das permanent geschähe).
Genau, als "unzurechnungsfähig", "unberechenbar". Man arbeitet also eigentlich ständig mit der Determiniertheit, ja Vorhersagbarkeit von menschlichen Entscheidungen (geht ja auch gar nicht anders). Der Punkt scheint mir zu sein, daß diese intuitiv plötzlich geleugnet wird, sobald es um Moral und emotionale Involviertheit geht.
Schön, dass wir uns bis hier einig sind.

Ich behaupte nun folgendes: viele Leute glauben erst mal intuitiv, dass Determinismus (wenn man ihnen erklärt, was das ist - das ist wohl für viele ein unbekanntes Konzept), einer ... Kontrollfähigkeit ... widerspräche. (Und eben das behaupten auch Inkompatibilisten eigentlich.) Aber das eben glaube ich nicht, ich glaube, diese Intuition täuscht. Ich halte nämlich Kontrollfähigkeit auch in einer determinierten naturalistischen Welt für möglich.

Habe gerade mal den ganzen Artikel über Dennet gelesen. Er begründet nur, warum wir die Kontrolle durch einen fremden intentionalen Akteur als unangenehm empfinden und diese Abneigung auf einen nichtpersonal determinierten Zusammenhang intuitiv übertragen. Das ist zwar evtl. ein Argument, die nichtpersonale Determination psychisch zu akzeptieren oder nicht "Kontrolle" zu nennen, aber mehr auch nicht. Denn "nicht personal kontrolliert" bedeutet ja noch lange nicht "unter eigener Kontrolle".

Beim Punkt "Autonomie", leidet Dennett's Argumentation "jeder ist mit der Zeit für die Entwicklung seines Charakters selbst verantwortlich" mE u.a. daran, daß er den Spielraum dafür überschätzt:

- Verhält sich jemand erwartungsgemäß konform, so tut er das, weil er zur geltenden Moral erzogen wurde, oder weil moralisches Verhalten in dieser Situation günstig ist. Im ersten Fall wurde sein Charakter also kontrolliert, im zweiten (tendenziell) determiniert.
- Verhält sich jemand erwartungsgemäß nonkonform, so tut er das, weil er unter bekannten Zwängen, Krankheiten o.ä. leidet, oder "falsch moralisiert" wurde.
- Verhält sich jemand überraschend nonkonform, so tut er das entweder zufällig oder freiwillig. Im letzteren Falle versucht man, seinen Charakter zu ändern.

Grob gesagt bleiben also kaum Fälle, in denen der Charakter in einer moralisch relevanten Situation weder determiniert, noch kontrolliert, noch zufällig verhält. In moralisch irrelevanten Fällen, etwa reinen Geschmacksfragen, mag das anders sein.

#1637: höhere Strukturen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 22.07.2009, 22:50
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Ok. Was zeichnet denn eine solche "höhere Struktur" aus und wie kann man herausfinden, ob es solche höheren Strukturen gibt? Stell Dir vor, ich hätte dazu bisher keine Meinung und würde das Wort auch nicht wirklich verstehen.


Die höhere Struktur ist (relativ) komplexer, insofern, als dass sie nur auf der Basis der darunter liegenden Entwicklungsstrukturen möglich ist.

Die höhere Struktur besitzt gegenüber der niedrigeren und vorhergehenden Struktur etwas Neues, mindestens eine qualitativ neue Eigenschaft.

Skeptiker

#1638:  Autor: WallyWohnort: HB BeitragVerfasst am: 22.07.2009, 23:37
    —
Frage:

Habt ihr euch in diesem Thread -- nach 1 1/4 Jahren Diskussion -- eigentlich geeinigt,
- was "Wille" ist?
- was seine "Freiheit" (frei wovon? frei wozu?) ist?
- ... bzw. was all das nicht ist?


Einwurf 1

"Wille" ist IMHO kein naturwissenschaftlicher,
sondern erstens ein philosophischer
(und in zweiter Linie ein juristischer und soziologischer und psychologischer) Begriff.

Seit 3000 Jahren kaum ein Philosoph, der sich nicht daran abgearbeitet hätte:
Hegel hat folgendes geschrieben:
Der objektive Geist ist also derjenige freie Wille, der sich das Dasein seiner Freiheit zum Zweck gemacht hat.

Zu diesem Statement kann kein Naturwissenschaftler was Sinnvollen beitragen! Sehr glücklich
Biologen und Chemiker können von außen beschreiben, was bei willentlichen Akten vor sich geht -- kommen aber noch nicht sehr weit.
Und Physiker/Quantentheoretiker können dazu so wenig beitragen wie bspw. zur Rezension eines Theaterstücks. Sehr glücklich

Einwurf 2
Meine Lieblings-Metapher: "Wille" ist der Aufsichtsrat über unzählige Vorgänge im Kopf.

Einwurf 3 (auf Anregung des Bremer Philosophen Peter-Kuehn)
Hier eine schöne Beschreibung, wie das losging mit dem Willen:
Genesis 3, 02 f hat folgendes geschrieben:
Da antwortete das Weib der Schlange: "Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen; 3,03 nur von den Früchten des Baumes, der mitten im Garten steht, hat Gott gesagt: Ihr dürft von ihnen nicht essen, ja, sie nicht einmal anrühren, sonst müßt ihr sterben.
Der Ausgangspunkt: Mann und Weib plappern nach; leben willen-los, in einem intellektuellen Dämmerstand. (lustig: Was "sonst müßt ihr sterben" bedeutet, können sie noch nicht verstehen, aber es klingt irgendwie bedrohlich.)

Da kommt -- wir ahnen es -- die Schlange: "böse", aber entwicklungsgeschichtlich notwendig, reizt sie zum Widerspruch, zur Entstehung eines Willen.

Genesis 3, 11 ff hat folgendes geschrieben:
Da fragte Gott: "[..] Du hast doch nicht etwa von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir ver-boten habe?"
3,12 Da antwortete Adam : "Das Weib, das du mir beigesellt hast, die hat mir von dem Baume gegeben, da habe ich gegessen."
3,13 Da sagte Gott der Herr zu dem Weibe: "Warum hast du das getan?" Das Weib antwortete: "Die Schlange hat mich verführt; da habe ich gegessen."
Durch Widerspruch bilden unsere Menschleins einen Willen.
Adam hängt intellektuell hinterher, steht noch nicht zu seiner willentlichen Entscheidung,
auch Eva sucht noch Ausflüchte.

Zitat:
3,22 Und Gott der Herr sagte: "Der Mensch ist jetzt ja geworden wie unsereiner, insofern er gut und böse zu unterscheiden weiß. Nun aber - daß er nur nicht seine Hand ausstreckt und auch Früchte vom Baume des Lebens nimmt und ißt und unsterblich wird!"
3,23 So stieß ihn den Gott der Herr aus dem Garten Eden hinaus, damit er den Erdboden bestelle, von dem er genommen worden war;
3,17 [..] so soll der Ackerboden verflucht sein um deinetwillen: mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang!
Gott fasst zusammen: O.k., wenn ihr jetzt 'wie unsereiner' einen Willen habt, dann füttere ich euch auch nicht mehr. Verpisst euch -- sonst werdet ihr noch weitere Götter

zusammengefasst:

Wille = mentale Fähigkeit zum Widerspruch
cogito ergo sum = Insofern ich meine Umwelt kritisch prüfe bin ich.

#1639: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 08:59
    —
Wally hat folgendes geschrieben:
Frage:

Habt ihr euch in diesem Thread -- nach 1 1/4 Jahren Diskussion -- eigentlich geeinigt,
- was "Wille" ist?
- was seine "Freiheit" (frei wovon? frei wozu?) ist?
- ... bzw. was all das nicht ist?


Einwurf 1

"Wille" ist IMHO kein naturwissenschaftlicher,
sondern erstens ein philosophischer
(und in zweiter Linie ein juristischer und soziologischer und psychologischer) Begriff.

Seit 3000 Jahren kaum ein Philosoph, der sich nicht daran abgearbeitet hätte:
Hegel hat folgendes geschrieben:
Der objektive Geist ist also derjenige freie Wille, der sich das Dasein seiner Freiheit zum Zweck gemacht hat.

Zu diesem Statement kann kein Naturwissenschaftler was Sinnvollen beitragen! Sehr glücklich
.....



.

Na, das denke ich schon. Die Grenzen verwischen so langsam zwischen den Disziplinen und jeder gibt seinen Senf dazu. Das ist gar nicht mal schlecht. Im sehr interessanten Heft "Gehirn und Geist - Dossier" ( "Angriff auf das Menschenbild") kommen zahlreiche Vertreter zu Wort. Ist doch schön, die Innenansichten unserer Artgenossen zu sehen. Wer in diesem Thread Wunder erwartet, wird vermutlich enttäuscht werden (die Philosophen arbeiten ja schließlich auch schon 3000 Jahre daran, hihihi).

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#1640: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 09:40
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wally hat folgendes geschrieben:
Frage:

Habt ihr euch in diesem Thread -- nach 1 1/4 Jahren Diskussion -- eigentlich geeinigt,
- was "Wille" ist?
- was seine "Freiheit" (frei wovon? frei wozu?) ist?
- ... bzw. was all das nicht ist?


Einwurf 1

"Wille" ist IMHO kein naturwissenschaftlicher,
sondern erstens ein philosophischer
(und in zweiter Linie ein juristischer und soziologischer und psychologischer) Begriff.

Seit 3000 Jahren kaum ein Philosoph, der sich nicht daran abgearbeitet hätte:
Hegel hat folgendes geschrieben:
Der objektive Geist ist also derjenige freie Wille, der sich das Dasein seiner Freiheit zum Zweck gemacht hat.

Zu diesem Statement kann kein Naturwissenschaftler was Sinnvollen beitragen! Sehr glücklich
.....



.

Na, das denke ich schon. Die Grenzen verwischen so langsam zwischen den Disziplinen und jeder gibt seinen Senf dazu. Das ist gar nicht mal schlecht. Im sehr interessanten Heft "Gehirn und Geist - Dossier" ( "Angriff auf das Menschenbild") kommen zahlreiche Vertreter zu Wort. Ist doch schön, die Innenansichten unserer Artgenossen zu sehen. Wer in diesem Thread Wunder erwartet, wird vermutlich enttäuscht werden (die Philosophen arbeiten ja schließlich auch schon 3000 Jahre daran, hihihi).

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Die Fragestellung: "Hat der Mensch einen freien Willen?" ist so völlig naiv und falsch. Immer wieder wird diese Simplizität neu aufgewärmt. Das von Dir verlinkte Heft ist auch lediglich eine Neuauflage vom Dezember 2006.

Die Frage menschlicher Freiheit ist nicht sinnvoll zu stellen, wenn man etwa nur "das" Gehirn oder überhaupt isolierte Strukturen betrachtet. Ohne die Einbeziehung historischer Dimensionen und verschiedener Wechselwirkungen wird man noch nicht mal die richtige Fragestellung finden.

Was die Zuständigkeit der Naturwissenschaft angeht: Es gibt nur eine einzige Wissenschaft. Jede Disziplin entwickelt angepasste Methoden für spezifische Forschungsbereiche.

Insofern sind die Naturwissenschaftler selbstverständlich schon immer im Boot gewesen, nur sind deren Aussagen angesichts der Geschichtetheit der Welt irgendwann nicht mehr sehr inhaltsreich. Ausgeschlossen sind allerdings definitiv irgendwelche Theologen. Die haben nun überhaupt gar nichts zu sagen; nirgendwo.

Skeptiker

#1641:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 14:13
    —
Wally hat folgendes geschrieben:
"Wille" ist IMHO kein naturwissenschaftlicher, sondern erstens ein philosophischer (und in zweiter Linie ein juristischer und soziologischer und psychologischer) Begriff.

In allererster Linie ist "Wille" ein Alltagsbegriff.

Wally hat folgendes geschrieben:
Seit 3000 Jahren kaum ein Philosoph, der sich nicht daran abgearbeitet hätte:
Hegel hat folgendes geschrieben:
Der objektive Geist ist also derjenige freie Wille, der sich das Dasein seiner Freiheit zum Zweck gemacht hat.
Zu diesem Statement kann kein Naturwissenschaftler was Sinnvollen beitragen!

Zu diesem Statement ist generell schwer etwas Sinnvolles beizutragen ...

Wally hat folgendes geschrieben:
Biologen und Chemiker können von außen beschreiben, was bei willentlichen Akten vor sich geht -- kommen aber noch nicht sehr weit. Und Physiker/Quantentheoretiker können dazu so wenig beitragen wie bspw. zur Rezension eines Theaterstücks.

Ja, so wünscht man sich das: Philosophen und Theologen als freiflottierende Produzenten unüberprüfbaren Gelabers ... also ich finde, daß soziologische, psychologische usw. Betrachtungen zwar sinnvoll (und notwendig) sind, aber auf Widersprüche zu guten Grundlagen-Theorien geprüft werden müssen. Viele philosophische, psychologische und theologische Fehlkonzepte wurden auf diese Weise schon enttarnt.

Wally hat folgendes geschrieben:
... zusammengefasst: Wille = mentale Fähigkeit zum Widerspruch ...

Ich würde eher sagen: Wille = Streben nach einer präferierten vorgestellten Zukunft

#1642: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 14:35
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wally hat folgendes geschrieben:
Frage:

Habt ihr euch in diesem Thread -- nach 1 1/4 Jahren Diskussion -- eigentlich geeinigt,
- was "Wille" ist?
- was seine "Freiheit" (frei wovon? frei wozu?) ist?
- ... bzw. was all das nicht ist?


Einwurf 1

"Wille" ist IMHO kein naturwissenschaftlicher,
sondern erstens ein philosophischer
(und in zweiter Linie ein juristischer und soziologischer und psychologischer) Begriff.

Seit 3000 Jahren kaum ein Philosoph, der sich nicht daran abgearbeitet hätte:
Hegel hat folgendes geschrieben:
Der objektive Geist ist also derjenige freie Wille, der sich das Dasein seiner Freiheit zum Zweck gemacht hat.

Zu diesem Statement kann kein Naturwissenschaftler was Sinnvollen beitragen! Sehr glücklich
.....



.

Na, das denke ich schon. Die Grenzen verwischen so langsam zwischen den Disziplinen und jeder gibt seinen Senf dazu. Das ist gar nicht mal schlecht. Im sehr interessanten Heft "Gehirn und Geist - Dossier" ( "Angriff auf das Menschenbild") kommen zahlreiche Vertreter zu Wort. Ist doch schön, die Innenansichten unserer Artgenossen zu sehen. Wer in diesem Thread Wunder erwartet, wird vermutlich enttäuscht werden (die Philosophen arbeiten ja schließlich auch schon 3000 Jahre daran, hihihi).

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Die Fragestellung: "Hat der Mensch einen freien Willen?" ist so völlig naiv und falsch. Immer wieder wird diese Simplizität neu aufgewärmt. Das von Dir verlinkte Heft ist auch lediglich eine Neuauflage vom Dezember 2006.


Es ist von 2003. Steht jedenfalls in dem Link.


Zitat:
Die Frage menschlicher Freiheit ist nicht sinnvoll zu stellen, wenn man etwa nur "das" Gehirn oder überhaupt isolierte Strukturen betrachtet. Ohne die Einbeziehung historischer Dimensionen und verschiedener Wechselwirkungen wird man noch nicht mal die richtige Fragestellung finden.


Als ID'ler rennst Du damit bei mir offene Türen ein. Das Gehirn wechselwirkt nunmal mit seiner Umwelt (es simuliert diese Umwelt). Die Umwelt wirkt auf das Gehirn ein und der Organismus wirkt auf die Umwelt ein. Selbstredend.

Wie ich oben schon gesagt habe. Bei der "Freier Wille" - Diskussion geht es m.E. in der Forschung darum, herauszufinden, wann sich ein Individuum als frei entscheidend und wann als gezwungen empfindet und welche physiologischen Mechanismen dahinterstecken.
Freier Wille kann ja wohl nicht bedeuten: "Ich wär so gern ein Elephant! ....Und....Plopp!"
Es geht ja schließlich um Entscheidungsfreiheit, nicht um Realisierbarkeit (wie abtrus ein Beschluß auch sein mag). Das wäre wohl eher ein Thema für "freie Realisation", aber nicht für "freier Wille".

Philosophisch-religiös mag das Thema anders diskutiert werden (Prädestination versus Pelagianismus)


Zitat:
Was die Zuständigkeit der Naturwissenschaft angeht: Es gibt nur eine einzige Wissenschaft. Jede Disziplin entwickelt angepasste Methoden für spezifische Forschungsbereiche.

Insofern sind die Naturwissenschaftler selbstverständlich schon immer im Boot gewesen, nur sind deren Aussagen angesichts der Geschichtetheit der Welt irgendwann nicht mehr sehr inhaltsreich. Ausgeschlossen sind allerdings definitiv irgendwelche Theologen. Die haben nun überhaupt gar nichts zu sagen; nirgendwo.

Skeptiker


Und wer bringt Inhalt ?

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#1643: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 15:00
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:

Und wer bringt Inhalt ?
Inhalt wird offenbar in den Augen der Deterministen "purs et durs" auch eine Illusion sein. Vielleicht werden die Inhalte ja eben gerade durch die Illusionen genährt ...

#1644: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 18:13
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:

Und wer bringt Inhalt ?
Inhalt wird offenbar in den Augen der Deterministen "purs et durs" auch eine Illusion sein. Vielleicht werden die Inhalte ja eben gerade durch die Illusionen genährt ...


.

Es sind wohl eher einige "Deterministen", die so denken, nicht alle. Gut, daß Du mich dran erinnerst. Fast hätte ich das Posting an Leila vergessen, hihihi:

El Ali hat folgendes geschrieben:
Auch wenn die Vertreter und Verfechter des freien Willens im Chor singen, ihr Gesang klingt falsch, da jeder einzelne nicht anders als falsch singen kann.


.

Das geschieht oft, bei Hörstürzen.

Aber, was regst Du Dich permanent auf ? Als Deterministin mit fatalistischem Touch müsstest Du doch diesen Threadverlauf 'erwartet' haben. Er wäre doch vorprogammiert. Wozu also Deine Aufregung gegenüber dem bereits Festgelegten ? (Oder ist die Aufregung auch festgelegt?)

Jedes Gegenargument müsste doch wie eine Bestätigung klingen in Deiner Welt.

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#1645:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 18:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
Habe gerade mal den ganzen Artikel über Dennet gelesen. Er begründet nur, warum wir die Kontrolle durch einen fremden intentionalen Akteur als unangenehm empfinden und diese Abneigung auf einen nichtpersonal determinierten Zusammenhang intuitiv übertragen. Das ist zwar evtl. ein Argument, die nichtpersonale Determination psychisch zu akzeptieren oder nicht "Kontrolle" zu nennen, aber mehr auch nicht. Denn "nicht personal kontrolliert" bedeutet ja noch lange nicht "unter eigener Kontrolle".

Nein, natürlich nicht. Nach Dennet benötigt man zusätzlich "genug Rationalität, und eine hinreichend ausgeprägte Fähigkeit zu Selbstkontrolle und Selbstreflexion".

step hat folgendes geschrieben:
Beim Punkt "Autonomie", leidet Dennett's Argumentation "jeder ist mit der Zeit für die Entwicklung seines Charakters selbst verantwortlich" mE u.a. daran, daß er den Spielraum dafür überschätzt:

- Verhält sich jemand erwartungsgemäß konform, so tut er das, weil er zur geltenden Moral erzogen wurde, oder weil moralisches Verhalten in dieser Situation günstig ist. Im ersten Fall wurde sein Charakter also kontrolliert, im zweiten (tendenziell) determiniert.

Und im dritten Fall könnte jemand aufgrund eigener Reflexion die im jeweiligen Fall geltende Moral anerkennen und daher danach handeln.

step hat folgendes geschrieben:
- Verhält sich jemand erwartungsgemäß nonkonform, so tut er das, weil er unter bekannten Zwängen, Krankheiten o.ä. leidet, oder "falsch moralisiert" wurde.

Oder er tut es, der dritte Fall, weil er sich aufgrund eigener Überlegungen dazu entschieden hat.

step hat folgendes geschrieben:
- Verhält sich jemand überraschend nonkonform, so tut er das entweder zufällig oder freiwillig. Im letzteren Falle versucht man, seinen Charakter zu ändern.

Grob gesagt bleiben also kaum Fälle, in denen der Charakter in einer moralisch relevanten Situation weder determiniert, noch kontrolliert, noch zufällig verhält. In moralisch irrelevanten Fällen, etwa reinen Geschmacksfragen, mag das anders sein.

Abgesehen mal davon, dass für unsere Frage hier eh nur die jeweils dritten Fälle interessant sind, tust Du irgendwie so, als ob gegebene Normen alles streng begrenzen würden, so, als ob es nur einen einzigen Weg in die Zukunft innerhalb der Normen geben würde. So ist das mMn aber nicht.

#1646: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 18:33
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Fragestellung: "Hat der Mensch einen freien Willen?" ist so völlig naiv und falsch.
Wikipedia - Free Will hat folgendes geschrieben:
The question of free will is whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions and decisions.

Meine Übersetzung: Das Thema des freien Willens behandelt die Frage, ob und in welchem Sinne Subjekte / Personen Kontrolle über ihre Handlungen und Entscheidungen ausüben können.

Das ist die beste Kurzdarstellung des Themas, die ich kenne.

Und ob diese Fragestellung naiv und falsch ist, ist wieder eine andere Frage. Ich denke nicht, aber kann man natürlich auch anders sehen.

#1647:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 20:42
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Beim Punkt "Autonomie", leidet Dennett's Argumentation "jeder ist mit der Zeit für die Entwicklung seines Charakters selbst verantwortlich" mE u.a. daran, daß er den Spielraum dafür überschätzt:

- Verhält sich jemand erwartungsgemäß konform, so tut er das, weil er zur geltenden Moral erzogen wurde, oder weil moralisches Verhalten in dieser Situation günstig ist. Im ersten Fall wurde sein Charakter also kontrolliert, im zweiten (tendenziell) determiniert.
Und im dritten Fall könnte jemand aufgrund eigener Reflexion die im jeweiligen Fall geltende Moral anerkennen und daher danach handeln.

Das ist für mich eine Mischung aus Fall 1 und 2: aus Erziehung (zur Rationalität, zur allgemeinen Moralität) und Günstigkeit (Ergebnis der rationalen Überlegung).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Verhält sich jemand erwartungsgemäß nonkonform, so tut er das, weil er unter bekannten Zwängen, Krankheiten o.ä. leidet, oder "falsch moralisiert" wurde.
Oder er tut es, der dritte Fall, weil er sich aufgrund eigener Überlegungen dazu entschieden hat.

Wenn sich jemand offensichtlich aufgrund eigener Überlegung zum Moralverstoß entscheiden hat, so wird er i.a. als "falsch oder ungenügend moralisiert" angesehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Verhält sich jemand überraschend nonkonform, so tut er das entweder zufällig oder freiwillig. Im letzteren Falle versucht man, seinen Charakter zu ändern.

Grob gesagt bleiben also kaum Fälle, in denen der Charakter in einer moralisch relevanten Situation weder determiniert, noch kontrolliert, noch zufällig verhält. In moralisch irrelevanten Fällen, etwa reinen Geschmacksfragen, mag das anders sein.
Abgesehen mal davon, dass für unsere Frage hier eh nur die jeweils dritten Fälle interessant sind, ...

die sich auf die anderen zurückführen lassen ...

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... tust Du irgendwie so, als ob gegebene Normen alles streng begrenzen würden, so, als ob es nur einen einzigen Weg in die Zukunft innerhalb der Normen geben würde. So ist das mMn aber nicht.

Das ist ein interessanter Punkt. Ich stimme Dir zu, daß die Normen nicht alles streng begrenzen. Aber sie beziehen sich gerade auf die moralisch wesentlichen Grundsätze, die man eben nicht dem "frein Willen" überlassen, sondern determineren möchte. Mein Punkt ist, daß die übrigbleibenden moralischen Unschärfen meist geschmacksartige Fragen betreffen, und selbst da ist der soziale Druck nicht zu unterschätzen.

Ein bißchen besser steht die "freie Moralität" möglicherweise da, wenn man eine Gruppe hochgebildeter mutiger Philosophen betrachtet, die die geltende Moral einfach mal komplett hinterfragen und sich für den Moment nur noch durch meta-ethische, z.B. diskursive, Gesetze gebunden fühlen. Zwar ist auch ihr Tun vollständig determiniert, aber es ist weniger von der geltenden Moral und mehr durch persönliche (Interessen) und/oder allgemein naturgesetzliche (z.B. Spieltheorie) Determinanten bestimmt. Man könnte solche Leute als "frei von moralischem Korsett" oder "moralisch stark autonom" bezeichnen.

#1648:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 21:32
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Beim Punkt "Autonomie", leidet Dennett's Argumentation "jeder ist mit der Zeit für die Entwicklung seines Charakters selbst verantwortlich" mE u.a. daran, daß er den Spielraum dafür überschätzt:

- Verhält sich jemand erwartungsgemäß konform, so tut er das, weil er zur geltenden Moral erzogen wurde, oder weil moralisches Verhalten in dieser Situation günstig ist. Im ersten Fall wurde sein Charakter also kontrolliert, im zweiten (tendenziell) determiniert.
Und im dritten Fall könnte jemand aufgrund eigener Reflexion die im jeweiligen Fall geltende Moral anerkennen und daher danach handeln.

Das ist für mich eine Mischung aus Fall 1 und 2: aus Erziehung (zur Rationalität, zur allgemeinen Moralität) und Günstigkeit (Ergebnis der rationalen Überlegung).

Na gut, wenn Du das so sehen willst: meinetwegen. Dann möchte ich eben diese beiden Fälle unterscheiden, im ersten Fall (jemand tut einfach das, was von ihm erwartet wird und kommt gar nicht auf die Idee, etwas anderes zu tun) hat gar keine Entscheidung stattgefunden, im zweiten Falle jedoch schon.

step hat folgendes geschrieben:
Wenn sich jemand offensichtlich aufgrund eigener Überlegung zum Moralverstoß entscheiden hat, so wird er i.a. als "falsch oder ungenügend moralisiert" angesehen.

Ja, basierend auf der eigenen Meinung oder vielleicht auch einer Mehrheitsmeinung. Na und?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... tust Du irgendwie so, als ob gegebene Normen alles streng begrenzen würden, so, als ob es nur einen einzigen Weg in die Zukunft innerhalb der Normen geben würde. So ist das mMn aber nicht.

Das ist ein interessanter Punkt. Ich stimme Dir zu, daß die Normen nicht alles streng begrenzen. Aber sie beziehen sich gerade auf die moralisch wesentlichen Grundsätze, die man eben nicht dem "frein Willen" überlassen, sondern determineren möchte.

An dieser Stelle ist "determinieren" definitiv das falsche Wort. Man möchte andere beeinflussen, sicher, aber determinieren kann man sie nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist, daß die übrigbleibenden moralischen Unschärfen meist geschmacksartige Fragen betreffen, und selbst da ist der soziale Druck nicht zu unterschätzen.

Die Welt und die Charakterbildung besteht nicht nur aus Moral. Und ich möchte mal bezweifeln, dass Moral einen wesentlichen Anteil bildet, jedenfalls nicht diejenige Moral, die (erst mal) unabänderlich vorgeben ist (durch Gesetze). Und soziale Beziehungen ergeben notwendigerweise einen sich gegensätzlich beeinflussenden Prozess, es gibt ja keine höhere Instanz, die dabei eherne Verhaltensregeln vorgibt. Da muss man sich einfach nur mal die Diskussionen hier im Forum ansehen, wie viele unterschiedliche Meinungen es gibt. Die dürfte es nach Deiner Theorie ja nicht geben.

step hat folgendes geschrieben:
Ein bißchen besser steht die "freie Moralität" möglicherweise da, wenn man eine Gruppe hochgebildeter mutiger Philosophen betrachtet, die die geltende Moral einfach mal komplett hinterfragen und sich für den Moment nur noch durch meta-ethische, z.B. diskursive, Gesetze gebunden fühlen. Zwar ist auch ihr Tun vollständig determiniert, aber es ist weniger von der geltenden Moral und mehr durch persönliche (Interessen) und/oder allgemein naturgesetzliche (z.B. Spieltheorie) Determinanten bestimmt. Man könnte solche Leute als "frei von moralischem Korsett" oder "moralisch stark autonom" bezeichnen.

Jetzt kommen wir der Sache doch schon näher. Prima. Der Unterschied ist aber wohl noch, dass ich die meisten Leute dazu fähig halte, solche Überlegungen und Reflexionen anzustellen. Ich meine, dass dabei Intuitionen eine große Rolle spielen, man das nicht auf Rationalität reduzieren kann. Oder anders gesagt: ich glaube nicht, dass Leute so einfach durch moralische Gegebenheiten oder sozialen Druck determiniert werden können, wie Du das anscheinend tust.

#1649:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.07.2009, 23:41
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Beim Punkt "Autonomie", leidet Dennett's Argumentation "jeder ist mit der Zeit für die Entwicklung seines Charakters selbst verantwortlich" mE u.a. daran, daß er den Spielraum dafür überschätzt:

- Verhält sich jemand erwartungsgemäß konform, so tut er das, weil er zur geltenden Moral erzogen wurde, oder weil moralisches Verhalten in dieser Situation günstig ist. Im ersten Fall wurde sein Charakter also kontrolliert, im zweiten (tendenziell) determiniert.
Und im dritten Fall könnte jemand aufgrund eigener Reflexion die im jeweiligen Fall geltende Moral anerkennen und daher danach handeln.

Das ist für mich eine Mischung aus Fall 1 und 2: aus Erziehung (zur Rationalität, zur allgemeinen Moralität) und Günstigkeit (Ergebnis der rationalen Überlegung).

Na gut, wenn Du das so sehen willst: meinetwegen. Dann möchte ich eben diese beiden Fälle unterscheiden, im ersten Fall (jemand tut einfach das, was von ihm erwartet wird und kommt gar nicht auf die Idee, etwas anderes zu tun) hat gar keine Entscheidung stattgefunden, im zweiten Falle jedoch schon.

Aus meiner Sicht ist auch der erste Fall eine Entscheidung, und derjenige ist vermutlich der Meinung, er habe nach seiner eigenen Moral entschieden. Moral funktioniert vermutlich sowieso besser, wenn sie verinnerlicht wird. Und gerade Du hast doch immer dafür plädiert, so etwas als Teil des Ich anzusehen, wenn man keine akuten Zwänge erkennen kann.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn sich jemand offensichtlich aufgrund eigener Überlegung zum Moralverstoß entscheiden hat, so wird er i.a. als "falsch oder ungenügend moralisiert" angesehen.
Ja, basierend auf der eigenen Meinung oder vielleicht auch einer Mehrheitsmeinung. Na und?

Naja, es wird versucht, dies zu vermeiden. Die Fähigkeit zur Moralität ist kein Zeichen für Freiheit, sondern (jedenfalls üblicherweise) genau im Gegenteil eine Normierungs-Schnittstelle.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... tust Du irgendwie so, als ob gegebene Normen alles streng begrenzen würden, so, als ob es nur einen einzigen Weg in die Zukunft innerhalb der Normen geben würde. So ist das mMn aber nicht.
Das ist ein interessanter Punkt. Ich stimme Dir zu, daß die Normen nicht alles streng begrenzen. Aber sie beziehen sich gerade auf die moralisch wesentlichen Grundsätze, die man eben nicht dem "frein Willen" überlassen, sondern determineren möchte.
An dieser Stelle ist "determinieren" definitiv das falsche Wort. Man möchte andere beeinflussen, sicher, aber determinieren kann man sie nicht.

Bedenke, daß ich mich hier bemüht habe, ohne Physik zu argumentieren, auf der emergenten, soziologischen Ebene. Natürlich ist das keine 100%-ige Determination, denn andere Effekte kommen hinzu. Aber die Beeinflussung muß überwiegend sein, sonst würde Moral und Gesellschaft nicht funktionieren. Nachzuprüfen etwa am Prozentsatz von Verbrechern. Natürlich gibt es Grauzonen, etwa bei den läßlichen Alltagssünden, Steuerhinterziehung oder bei moralischen Dilemmata.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist, daß die übrigbleibenden moralischen Unschärfen meist geschmacksartige Fragen betreffen, und selbst da ist der soziale Druck nicht zu unterschätzen.
Die Welt und die Charakterbildung besteht nicht nur aus Moral. Und ich möchte mal bezweifeln, dass Moral einen wesentlichen Anteil bildet, jedenfalls nicht diejenige Moral, die (erst mal) unabänderlich vorgeben ist (durch Gesetze).

Gesetze, Anstand, Tradition, gesundes Volksempfinden usw. - sicher sind die für die Charakterbildung bei weitem nicht allein bestimmend, aber für den moralischen Teil des Charakters. Und gerade die Moralität wird ja gern im Zusammenhang mit der Willensfreiheit genannt. Insbesondere den religiösen Kompatibilisten und den Strafrechts-Hardlinern geht es ja weniger um die Auswahl der Marmeladensorte ...

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und soziale Beziehungen ergeben notwendigerweise einen sich gegensätzlich beeinflussenden Prozess, es gibt ja keine höhere Instanz, die dabei eherne Verhaltensregeln vorgibt.

Ja, das ist richtig. Ich habe vereinfachend - ganz nach Deinem Ansatz - die Einzelperson und ihr moralisches Umfeld betrachtet. Das Umfeld besteht natürlich z.T. selbst wieder aus moralischen Wesen, so daß man sich fragen könnte, ob die "freie Moralität" denn wenigstens dem "gesellschaftlichen Organismus" zukommt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Da muss man sich einfach nur mal die Diskussionen hier im Forum ansehen, wie viele unterschiedliche Meinungen es gibt. Die dürfte es nach Deiner Theorie ja nicht geben.

Wieviele dieser hier geäußerten Meinungen würdest Du denn unter "(moralisch) schuldig" einordnen - ich vermute nicht viele. Vielleicht sind es meist eher Geschmacksäußerungen? Es fehlt ihnen ja zudem die Relevanz des RL.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ein bißchen besser steht die "freie Moralität" möglicherweise da, wenn man eine Gruppe hochgebildeter mutiger Philosophen betrachtet, die die geltende Moral einfach mal komplett hinterfragen und sich für den Moment nur noch durch meta-ethische, z.B. diskursive, Gesetze gebunden fühlen. Zwar ist auch ihr Tun vollständig determiniert, aber es ist weniger von der geltenden Moral und mehr durch persönliche (Interessen) und/oder allgemein naturgesetzliche (z.B. Spieltheorie) Determinanten bestimmt. Man könnte solche Leute als "frei von moralischem Korsett" oder "moralisch stark autonom" bezeichnen.
Jetzt kommen wir der Sache doch schon näher. Prima. Der Unterschied ist aber wohl noch, dass ich die meisten Leute dazu fähig halte, solche Überlegungen und Reflexionen anzustellen. Ich meine, dass dabei Intuitionen eine große Rolle spielen, man das nicht auf Rationalität reduzieren kann. Oder anders gesagt: ich glaube nicht, dass Leute so einfach durch moralische Gegebenheiten oder sozialen Druck determiniert werden können, wie Du das anscheinend tust.

Tja, da sind wir unterschiedlicher Meinung. Ich denke, der Konflikt individueller Interessen erzwingt eine in gewissem Maße manipulative Moral, und es wird schwierig werden, dies durch weniger offensichtliche Determinanten zu ersetzen. Ich schaffe es hier ja nichtmal, eine Mehrheit gegen abschreckende Strafen zusammenzubekommen.

#1650:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 00:39
    —
Um das jetzt nochmal auf den Punkt zurückzubringen, so wie ich ihn sehe: ich meine, diese Diskussion dreht sich um die Frage, ob Subjekte Kontrollfähigkeit über ihre Entscheidungen und ihre Handlungen haben oder nicht. Dabei ist die Frage, ob es einen Unterschied zwischen der Kontrollfähigkeit über moralische Handlungen und über nicht moralische Handlungen gibt, erst mal nebensächlich - wiewohl, falls jemand meint, es gäbe diesen Unterschied, das begründet werden müsste. Aber das wäre erst der zweite Schritt. Mir kommt das erst mal unplausibel vor, um das vorab schon mal zu sagen, Deine Einwände dazu finde ich nicht so überzeugend. Auch die Frage, ob eine nicht hinterfragbare / manipulative Moral notwendig ist, ist ein anderes Thema.

Ich meine, der Streitpunkt um den freien Willen ergibt sich aus sich widersprechenden, aber dennoch weit verbreiteten Intuitionen:

a) alles ist kausal bedingt / hat einen Grund - nichts kommt von nichts

b) Menschen sind (normalerweise) dazu fähig, ihre Handlungen zu kontrollieren - es ist daher berechtigt, ihnen ihre Entscheidungen und Handlungen zuzuschreiben, sie dafür verantwortlich zu machen

c) bei einem durchgängigen Determinismus wäre Kontrolle überhaupt nicht möglich - man wäre nur Getriebener seiner Umstände

Wenn man jetzt annimmt, dass unsere Welt determiniert ist, (das folgt aber eigentlich schon aus a), dann widersprechen sich die Intuitionen notwendigerweise, was bedeuten muss, dass mindestens eine dieser Intuitionen falsch ist.

Nun ist aber die Frage, welche davon falsch ist (oder sind, falls mehrere). Meiner Auffassung nach ist das c), denn ich meine nicht, dass man, wenn man sagt: "er hätte A nicht tun müssen, er hätte B tun können" "echte Alternativen" (PAP - Principle of Alternate Possibilties) meint - aber nur, wenn man das täte, wäre c) plausibel. (PAP halte ich zusätzlich für ein in sich widersprüchliches / logisch unmögliches Konzept.)

Nun gut, wie auch immer, egal, welchen Punkt man als falsch ansieht, man muss das begründen / plausibel machen. Und diese Begründung fehlt mir von Deiner Seite. Du sagst immer nur, weil es die Intuition c) gäbe, müsse sie richtig sein und b) falsch. Aber das ist nun mal keine anständige Begründung, tut mir leid.

#1651:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 09:59
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Um das jetzt nochmal auf den Punkt zurückzubringen, so wie ich ihn sehe: ich meine, diese Diskussion dreht sich um die Frage, ob Subjekte Kontrollfähigkeit über ihre Entscheidungen und ihre Handlungen haben oder nicht.

Du kannst "Kontrolle" immer so definieren, daß ich der Frage problemlos zustimmen kann, ähnlich wie ich auch nicht bezweifle, daß im Gehirn Entscheidungen getroffen werden. Aus meiner Sicht ist es eher die Frage, ob es für den pathetischen Begriff "Willensfreiheit" ausreicht, daß es keine akut sichtbaren Zwänge gibt, oder ob weniger akute und sichtbare Zwänge (von der Moral bis hinunter zur Physik) dieses Konzept widerlegen. Ob es also ausreicht, tun zu können, was man will, auch wenn man sich nicht aussuchen kann, was man will.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dabei ist die Frage, ob es einen Unterschied zwischen der Kontrollfähigkeit über moralische Handlungen und über nicht moralische Handlungen gibt, erst mal nebensächlich - wiewohl, falls jemand meint, es gäbe diesen Unterschied, das begründet werden müsste. Aber das wäre erst der zweite Schritt. Mir kommt das erst mal unplausibel vor, um das vorab schon mal zu sagen, Deine Einwände dazu finde ich nicht so überzeugend.

Aber ich finde sie überzeugend! Gerade auf dem Gebiet, daß Kompatibilisten besonders wichtig ist, ist die (effektive) Determination besonders gut sichtbar.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich meine, der Streitpunkt um den freien Willen ergibt sich aus sich widersprechenden, aber dennoch weit verbreiteten Intuitionen:

a) alles ist kausal bedingt / hat einen Grund - nichts kommt von nichts

b) Menschen sind (normalerweise) dazu fähig, ihre Handlungen zu kontrollieren - es ist daher berechtigt, ihnen ihre Entscheidungen und Handlungen zuzuschreiben, sie dafür verantwortlich zu machen

c) bei einem durchgängigen Determinismus wäre Kontrolle überhaupt nicht möglich - man wäre nur Getriebener seiner Umstände

Wenn man jetzt annimmt, dass unsere Welt determiniert ist, (das folgt aber eigentlich schon aus a), dann widersprechen sich die Intuitionen notwendigerweise, was bedeuten muss, dass mindestens eine dieser Intuitionen falsch ist.

Nun ist aber die Frage, welche davon falsch ist (oder sind, falls mehrere). Meiner Auffassung nach ist das c), denn ich meine nicht, dass man, wenn man sagt: "er hätte A nicht tun müssen, er hätte B tun können" "echte Alternativen" (PAP - Principle of Alternate Possibilties) meint - aber nur, wenn man das täte, wäre c) plausibel. (PAP halte ich zusätzlich für ein in sich widersprüchliches / logisch unmögliches Konzept.)

Nun gut, wie auch immer, egal, welchen Punkt man als falsch ansieht, man muss das begründen / plausibel machen. Und diese Begründung fehlt mir von Deiner Seite. Du sagst immer nur, weil es die Intuition c) gäbe, müsse sie richtig sein und b) falsch. Aber das ist nun mal keine anständige Begründung, tut mir leid.

Das hast Du aber ganz schön hingedreht ... ich würde die Intuitionen (außer a) anders formulieren:

1. alles ist kausal bedingt / hat eine Ursache
2. Determinanten / Ursachen, die nicht akut als Zwänge sichtbar sind, existieren nicht (z.B. die moralische Erziehung, gewachsene Präferenzen, ...)
3. Da eine u.U. komplexe Entscheidung (und Handlungskontrolle) im Gehirn stattfindet, liegt dort auch die Ursache
4. Eine Person eignet sich besser als Sündenbock, als ein komplexes, überpersonales Ursachengeflecht

Aufgrund dieser Intuitionen neigt der Mensch dazu, der individuellen Person eine art Letztursachenstatus zuzuweisen, zumindest in emotional, moralisch usw. aufgeladenen Kontexten.

#1652:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 10:14
    —
idee

ah, so wie morgens beim Bäcker, ich muß sehen was es gibt, um zu wissen was ich will.

Am Kopf kratzen

aber woher kommt denn die Brezl?
Wie kommt die Idee von der Brezl in den Kopf des Bäckers?
und ich bin mir ziemlich sicher das es mal ne Zeit ohne Brezln gab.

hmm

#1653:  Autor: Necromancer BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 11:32
    —
Robbe Piere Smilie hört sich lustig an. Ist jedoch was wahres dran.

Gäbe es die Bezeichnung Brezen nicht könnte sich niemand was darunter vorstellen und somit diese auch nicht wollen.
Und da ist sie wieder, die Ursache. Ohne Ursache geht halt nichts im Willen des Menschen. Ich behaupte ohne Ursache gäbs gar keinen Menschen zwinkern

#1654:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 15:28
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Um das jetzt nochmal auf den Punkt zurückzubringen, so wie ich ihn sehe: ich meine, diese Diskussion dreht sich um die Frage, ob Subjekte Kontrollfähigkeit über ihre Entscheidungen und ihre Handlungen haben oder nicht.

Du kannst "Kontrolle" immer so definieren, daß ich der Frage problemlos zustimmen kann, ähnlich wie ich auch nicht bezweifle, daß im Gehirn Entscheidungen getroffen werden. a) Aus meiner Sicht ist es eher die Frage, ob es für den pathetischen Begriff "Willensfreiheit" ausreicht, daß es keine akut sichtbaren Zwänge gibt, oder ob weniger akute und sichtbare Zwänge (von der Moral bis hinunter zur Physik) dieses Konzept widerlegen. b) Ob es also ausreicht, tun zu können, was man will, auch wenn man sich nicht aussuchen kann, was man will.

Erst mal zu b): ja, so könnte man die Frage nach der Willensfreiheit auch formulieren. In meiner Sichtweise reicht es nicht aus, wenn jemand nur das tun kann, was er will, wenn jedoch das, was er will, von außen vorgegeben wäre. Das wäre dann lediglich Handlungsfreiheit, aber keine Willensfreiheit.

Nun meine ich aber, dass es Subjekten möglich ist, sich durch Erkenntnis der Umstände, durch Reflexion, durch Abwägungen von Gründen ihren Willen selber zu bilden (graduell natürlich).

B) ist nicht dasselbe wie a). Du scheinst dabei implizit vorauszusetzen, dass zur eigenen Willensbildung eine Letzturheberschaft erforderlich sei. Was jedoch begründet werden muss, das halte ich nämlich nicht für evident.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dabei ist die Frage, ob es einen Unterschied zwischen der Kontrollfähigkeit über moralische Handlungen und über nicht moralische Handlungen gibt, erst mal nebensächlich - wiewohl, falls jemand meint, es gäbe diesen Unterschied, das begründet werden müsste. Aber das wäre erst der zweite Schritt. Mir kommt das erst mal unplausibel vor, um das vorab schon mal zu sagen, Deine Einwände dazu finde ich nicht so überzeugend.

Aber ich finde sie überzeugend! Gerade auf dem Gebiet, daß Kompatibilisten besonders wichtig ist, ist die (effektive) Determination besonders gut sichtbar.

Die Frage, ob es gerechtfertigt ist, moralische Verantwortung zuzuschreiben, ist ein Teilbereich des Themas, ja. Aber das hat mAn nicht speziell etwas mit Kompatibilismus zu tun, das wird von Inkompatibilisten ebenso behandelt.

Normen, Gesetze und Strafandrohungen haben Auswirkungen, das ist doch unbestritten, egal, ob man das jetzt gerne (effektive) Determination nennen möchte oder nicht. Und weiter?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich meine, der Streitpunkt um den freien Willen ergibt sich aus sich widersprechenden, aber dennoch weit verbreiteten Intuitionen:

a) alles ist kausal bedingt / hat einen Grund - nichts kommt von nichts

b) Menschen sind (normalerweise) dazu fähig, ihre Handlungen zu kontrollieren - es ist daher berechtigt, ihnen ihre Entscheidungen und Handlungen zuzuschreiben, sie dafür verantwortlich zu machen

c) bei einem durchgängigen Determinismus wäre Kontrolle überhaupt nicht möglich - man wäre nur Getriebener seiner Umstände

[...]

Das hast Du aber ganz schön hingedreht ... ich würde die Intuitionen (außer a) anders formulieren:

1. alles ist kausal bedingt / hat eine Ursache
2. Determinanten / Ursachen, die nicht akut als Zwänge sichtbar sind, existieren nicht (z.B. die moralische Erziehung, gewachsene Präferenzen, ...)

Wie bitte? Es gäbe die Intuition, moralische Erziehung oder gewachsene Präferenzen existierten nicht bzw. hätten keine Auswirkungen auf Entscheidungen / Handlungen? Ich halte es nicht für plausibel, dass eine solche Intuition weit verbreitet ist. Wie kommst Du darauf?

step hat folgendes geschrieben:
3. Da eine u.U. komplexe Entscheidung (und Handlungskontrolle) im Gehirn stattfindet, liegt dort auch die Ursache

Das soll mein b) sein, nicht? Ich bevorzuge meine Formulierung. Es gibt für eine Handlung normalerweise nicht nur eine Ursache. Es gibt viele Bedingungen, Umstände und Ursachen dieser Bedingungen / Umstände, die zu einer Handlung führen. Man nimmt als notwendige Bedingung für eine Zuweisung von moralischer Verantwortung jedoch normalerweise an, dass jemand dazu in der Lage ist, dieser Verantwortung aufgrund seiner Fähigkeiten gerecht werden zu können, dass er dazu in der Lage ist, nach Gründen zu handeln.

step hat folgendes geschrieben:
4. Eine Person eignet sich besser als Sündenbock, als ein komplexes, überpersonales Ursachengeflecht

Aufgrund dieser Intuitionen neigt der Mensch dazu, der individuellen Person eine art Letztursachenstatus zuzuweisen, zumindest in emotional, moralisch usw. aufgeladenen Kontexten.

Was ist jetzt eigentlich genau unser Dissens? Sind wir uns einig, dass es (in einem gewissen Maße) Selbstbestimmung / eigene Willensbildung / Kontrolle über die eigenen Entscheidungen gibt? Ist mir nicht klar.

Keinen Dissens haben wir jedenfalls bei der Frage, ob es eine Letzturheberschaft geben kann. Die kann es nicht geben. Auch haben wir keinen Dissens bei der Frage, ob Entscheidungen / Handlungen von Bedingungen abhängen. Denn das tun sie. Täten sie das nicht, dann fiele es mir schwer, das noch Entscheidung oder (absichtliche) Handlung zu nennen.

Entweder bist Du nun der Meinung, Selbstbestimmung / eigene Willensbildung / Kontrolle über die eigenen Entscheidungen sei überhaupt nicht möglich, alles sei gleichermaßen determiniert und determiniert sei gleichbedeutend mit Zwang, aber dann finde ich es inkonsistent, dass Du trotzdem Verantwortung zuweisen willst.

Oder Du hältst, so wie ich, zwar Selbstbestimmung bzw. die Fähigkeit, Umstände und Gründe abzuwägen und danach seine Handlungen auszurichten in einem gewissen Rahmen für möglich, hältst diesen Rahmen aber für wesentlich kleiner als ich das tue oder als das Strafrecht es tut.

#1655: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 17:57
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Fragestellung: "Hat der Mensch einen freien Willen?" ist so völlig naiv und falsch. Immer wieder wird diese Simplizität neu aufgewärmt. Das von Dir verlinkte Heft ist auch lediglich eine Neuauflage vom Dezember 2006.


Es ist von 2003. Steht jedenfalls in dem Link.


Na siehste. Sogar zweimal unverändert und unkritisiert neu aufgelegt und aufgewärmt.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Frage menschlicher Freiheit ist nicht sinnvoll zu stellen, wenn man etwa nur "das" Gehirn oder überhaupt isolierte Strukturen betrachtet. Ohne die Einbeziehung historischer Dimensionen und verschiedener Wechselwirkungen wird man noch nicht mal die richtige Fragestellung finden.


Als ID'ler rennst Du damit bei mir offene Türen ein.


Du bist ein Anhänger des Intelligent Design? habe ich noch gar nicht mitbekommen.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn wechselwirkt nunmal mit seiner Umwelt (es simuliert diese Umwelt). Die Umwelt wirkt auf das Gehirn ein und der Organismus wirkt auf die Umwelt ein. Selbstredend.

Wie ich oben schon gesagt habe. Bei der "Freier Wille" - Diskussion geht es m.E. in der Forschung darum, herauszufinden, wann sich ein Individuum als frei entscheidend und wann als gezwungen empfindet und welche physiologischen Mechanismen dahinterstecken.
Freier Wille kann ja wohl nicht bedeuten: "Ich wär so gern ein Elephant! ....Und....Plopp!"
Es geht ja schließlich um Entscheidungsfreiheit, nicht um Realisierbarkeit (wie abtrus ein Beschluß auch sein mag). Das wäre wohl eher ein Thema für "freie Realisation", aber nicht für "freier Wille".


Der Wille - Plopp! - ein Elefant zu sein, ist unrealisierbar und deshalb gehört so ein Wille nicht zum Diskurs über den freien Willen, meinst Du

Dann wieder gehört Deiner Meinung auch das Thema "freie Realisation" nicht zum Thema "freier Willen" (erstere Frage soll in Deiner der ersten widersprechenden Aussage also plötzlich keine Rolle mehr spielen.)

Also was nun?

Statt dessen möchtest Du nur den "freien Willen" als solchen betrachten, wozu auch der "abstruse Wille" gehören soll. Hauptsache, man betrachtet nur die Entscheidungfreiheit.

Jetzt mal ein kleines Gedankenspielchen zu der Frage der Priorität zwischen Willen und Zielerreichung:

Nehmen wir zum einen den Fall 1 an, dass ein determinierter Wille A existiert.

Nehmen wir zum anderen den Fall 2 an, ein Subjekt setzt sich aus freier Entscheidung X einen Willen A' = Wille A für eine Entscheidung Y. Nachdem das Subjekt dies getan hat, ist es an den Willen A gebunden.

Somit folgt die Entscheidung Y danach in jedem Falle unfrei auf der Basis des Willens A oder A'=A.

Es ist relativ müßig zu diskutieren, wie frei die Entscheidung für Wille A'/A zustanden gekommen ist. Tatsache ist nun mal, dass dieser Wille ab einem gewissen Zeitpunkt steht.

Die Diskussion über Freiheit hat damit nichts zu tun. Sondern es ist genau umgekehrt: Es geht um das, was Du "freie Realisation" genannt hast und nicht um den "freien Willen".

Du siehst: Ich drehe Deine Schlussfolgerungen also genau um.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Philosophisch-religiös mag das Thema anders diskutiert werden (Prädestination versus Pelagianismus)


Nee. Muss nicht.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was die Zuständigkeit der Naturwissenschaft angeht: Es gibt nur eine einzige Wissenschaft. Jede Disziplin entwickelt angepasste Methoden für spezifische Forschungsbereiche.

Insofern sind die Naturwissenschaftler selbstverständlich schon immer im Boot gewesen, nur sind deren Aussagen angesichts der Geschichtetheit der Welt irgendwann nicht mehr sehr inhaltsreich. Ausgeschlossen sind allerdings definitiv irgendwelche Theologen. Die haben nun überhaupt gar nichts zu sagen; nirgendwo.


Und wer bringt Inhalt ?


Jede Wissenschaft für ihre Ebene.

Man könnte versuchen, mit der Physik die Wahl einer Partei zu erklären. Möglich wäre das vielleicht. Aber es wäre a) unverständlich, b) sinnlos und c) falsch.

So was sollte dann die Politikwissenschaft und/oder die Soziologie tun. Die kann aber jeweils nichts zur Kernspaltung beitragen.

Skeptiker

#1656: Ist die Frage des "freien Willens" naiv und falsch? Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 18:10
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Fragestellung: "Hat der Mensch einen freien Willen?" ist so völlig naiv und falsch.
Wikipedia - Free Will hat folgendes geschrieben:
The question of free will is whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions and decisions.

Meine Übersetzung: Das Thema des freien Willens behandelt die Frage, ob und in welchem Sinne Subjekte / Personen Kontrolle über ihre Handlungen und Entscheidungen ausüben können.

Das ist die beste Kurzdarstellung des Themas, die ich kenne.

Und ob diese Fragestellung naiv und falsch ist, ist wieder eine andere Frage. Ich denke nicht, aber kann man natürlich auch anders sehen.


Ich würde die Frage des freien Willens noch allgemeiner formulieren:

Ist der Mensch ein Automat oder nicht?

Anmerkung: Ein Automat agiert unabhängig von der Umwelt, sofern Energie und ein intakter Apparat vorhanden sind, damit das automatische Agieren durchgeführt wird.

Meine Antwort wäre jetzt mal pauschal: Nein, der Mensch ist kein Automat im Sinne eines Insektes oder eines lernfähigen Schachcomputers. Trotzdem ist für diese Antwort die freie Entscheidungs- und Handlungsfähigikeit des "rationalen Agenten" nicht nötig.

Den Begriff "rationaler Agent" finde ich im übrigen besser als den des Subjekts. Denn der Begriff "Rationalität" verbindet in sich a) Zwecke/Ziele und b) die Mittel dazu.

Skeptiker

#1657:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 19:54
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Um das jetzt nochmal auf den Punkt zurückzubringen, so wie ich ihn sehe: ich meine, diese Diskussion dreht sich um die Frage, ob Subjekte Kontrollfähigkeit über ihre Entscheidungen und ihre Handlungen haben oder nicht.

Du kannst "Kontrolle" immer so definieren, daß ich der Frage problemlos zustimmen kann, ähnlich wie ich auch nicht bezweifle, daß im Gehirn Entscheidungen getroffen werden. a) Aus meiner Sicht ist es eher die Frage, ob es für den pathetischen Begriff "Willensfreiheit" ausreicht, daß es keine akut sichtbaren Zwänge gibt, oder ob weniger akute und sichtbare Zwänge (von der Moral bis hinunter zur Physik) dieses Konzept widerlegen. b) Ob es also ausreicht, tun zu können, was man will, auch wenn man sich nicht aussuchen kann, was man will.

Erst mal zu b): ja, so könnte man die Frage nach der Willensfreiheit auch formulieren. In meiner Sichtweise reicht es nicht aus, wenn jemand nur das tun kann, was er will, wenn jedoch das, was er will, von außen vorgegeben wäre. Das wäre dann lediglich Handlungsfreiheit, aber keine Willensfreiheit.

Dazu 2 Kommentare:

1. Selbst "Handlungsfreiheit" wäre aus meiner Sich ein etwas merkwürdiger Ausdruck dafür, denn derjenige MUSS ja das tun, was er will, bzw. er kann NUR das tun, was er will. Ich würde das eher "Zwangsfreiheit" oder "Präferenzgemäßheit" des Handelns nennen. Aber da wäre ich notfalls kompromißbereit.

2. Ich wollte Dir schon zustimmen, aber dann fiel mir auf, daß "von außen vorgegeben" ziemlich unscharf ist. Gehört zur aktuellen Person (also wohl dem "innen") z.B. auch die Historie dieser Person? Denn genaugenommen ist das, was ich will, in dem Moment immer von außen vorgegeben, selbst wenn meine jetzige Präferenz durch meine eigenen früheren Erlebnisse und Überlegungen mitgeprägt wurde. Weiter oben in der Diskussion wurde von Euch betont, daß das Unbewußte nicht zum "Außen" gehört. Und der Körper?

Letztlich haben wir wohl auch einen unterschiedlichen Personenbegriff: Deine Person scheint ein idealisiert-abgegrenzter Akteur zu sein, meine verschwimmt stark nach den beiden Seiten der naturgesetzlichen und der sozialen Determination.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nun meine ich aber, dass es Subjekten möglich ist, sich durch Erkenntnis der Umstände, durch Reflexion, durch Abwägungen von Gründen ihren Willen selber zu bilden (graduell natürlich).

Im Prinzip ja, ich würde es aber lieber anders ausdrücken, um nicht mit dem "sich selber" durcheinanderzukommen: Durch Abwägungen und Reflexion entstehen nicht vernachlässigbare Änderungen der Präferenzen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
B) ist nicht dasselbe wie a). Du scheinst dabei implizit vorauszusetzen, dass zur eigenen Willensbildung eine Letzturheberschaft erforderlich sei. Was jedoch begründet werden muss, das halte ich nämlich nicht für evident.

Ich sehe zwar noch nicht ganz, wieso gerade darin der Unterschied zwischen a) und b) liegen soll, aber trotzdem eine Antwort: Nehmen wir an, jemand wurde mit dem moralischen Prinzip A sozialisiert. Er ist aber ein intelligentes Kerlchen und liest ein philosophisches Buch. Es überzeugt ihn, und er ändert daraufhin "bewußt" seine moralische Einstellung auf Prinzip B.

Wer oder was hat nun seinen (neuen) Willen gebildet?
- das Buch?
- Kerlchens Ratio?
- Kerlchens Wille?
- das Buch in Kombination mit Kerlchens Vorgeschichte?
- ...?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Gerade auf dem Gebiet, daß Kompatibilisten besonders wichtig ist, ist die (effektive) Determination besonders gut sichtbar.
Die Frage, ob es gerechtfertigt ist, moralische Verantwortung zuzuschreiben, ist ein Teilbereich des Themas, ja. Aber das hat mAn nicht speziell etwas mit Kompatibilismus zu tun, das wird von Inkompatibilisten ebenso behandelt.

Richtig, ich hätte statt "Kompatibilisten" exakter "Freier-Wille-Anhänger" schreiben sollen. Die gibt es ja auch unter Inkompatibilsiten, z.B. ballancer. Ändert aber an meinem Argument nichts.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Normen, Gesetze und Strafandrohungen haben Auswirkungen, das ist doch unbestritten, egal, ob man das jetzt gerne (effektive) Determination nennen möchte oder nicht. Und weiter?

Ja findest Du es nicht merkwürdig, daß die wichtigsten Normierungsfelder gleichzeitig die sind, wo es angeblich auf den Freien Willen ankommt? Für mich ist das ein Widerspruch. Für mich wäre Entscheidungsfreiheit noch am ehesten dort gegeben, wo keine Normen gelten, also bei der vieldiskutierten Auswahl der Marmeladensorte etwa.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Was ist jetzt eigentlich genau unser Dissens? Sind wir uns einig, dass es (in einem gewissen Maße) Selbstbestimmung / eigene Willensbildung / Kontrolle über die eigenen Entscheidungen gibt? Ist mir nicht klar.

s.o.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Entweder bist Du nun der Meinung, Selbstbestimmung / eigene Willensbildung / Kontrolle über die eigenen Entscheidungen sei überhaupt nicht möglich, alles sei gleichermaßen determiniert und determiniert sei gleichbedeutend mit Zwang, aber dann finde ich es inkonsistent, dass Du trotzdem Verantwortung zuweisen willst.

Wieso wäre das dann inkonsistent? Die Erwartung konformen Verhaltens wäre doch sogar dann sinnvoll, wenn derjenige marionettenhaft reagieren würde. (Nicht daß ich mir das wünschte.)

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder Du hältst, so wie ich, zwar Selbstbestimmung bzw. die Fähigkeit, Umstände und Gründe abzuwägen und danach seine Handlungen auszurichten in einem gewissen Rahmen für möglich, hältst diesen Rahmen aber für wesentlich kleiner als ich das tue oder als das Strafrecht es tut.

Selbstbestimmung ist doch nicht dasselbe wie die Fähigkeit, Umstände und Gründe abzuwägen und danach seine Handlungen auszurichten. Letzteres (also diese Abwägung) kann doch durchaus determiniert ablaufen. "Selbstbestimmt" ist für mich ein (falsch suggestiver) Begriff für das Gefühl und die Einschätzung von Dritten, keinen akuten Zwängen zu unterliegen. Bei Licht betrachtet bestimmt dann aber nicht das Selbst sich selbst, sondern die Handlung ist im besten Falle "präferenzbestimmt", und auch eine seltene, rational begleitete Änderung der Moral ist präferenzbestimmt.

#1658: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 21:30
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Fragestellung: "Hat der Mensch einen freien Willen?" ist so völlig naiv und falsch. Immer wieder wird diese Simplizität neu aufgewärmt. Das von Dir verlinkte Heft ist auch lediglich eine Neuauflage vom Dezember 2006.


Es ist von 2003. Steht jedenfalls in dem Link.


Na siehste. Sogar zweimal unverändert und unkritisiert neu aufgelegt und aufgewärmt.


Na, da biste doch aus dem Schneider, hihihi. Ist doch nur ein Dossier. Was ist daran so schlimm ? Kennst Du alle Artikel ? Falls ja, was ist Deine Hauptkritik an diesen Beiträgen ?

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Frage menschlicher Freiheit ist nicht sinnvoll zu stellen, wenn man etwa nur "das" Gehirn oder überhaupt isolierte Strukturen betrachtet. Ohne die Einbeziehung historischer Dimensionen und verschiedener Wechselwirkungen wird man noch nicht mal die richtige Fragestellung finden.


Als ID'ler rennst Du damit bei mir offene Türen ein.


Du bist ein Anhänger des Intelligent Design? habe ich noch gar nicht mitbekommen.


Ich bin eher ein Anhänger vorurteilsfreien Denkens. Aber was soll's ? Wir sind wohl doch manchmal Gefangene von Gewohnheiten. Aber egal. Denk, was Du willst.

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn wechselwirkt nunmal mit seiner Umwelt (es simuliert diese Umwelt). Die Umwelt wirkt auf das Gehirn ein und der Organismus wirkt auf die Umwelt ein. Selbstredend.

Wie ich oben schon gesagt habe. Bei der "Freier Wille" - Diskussion geht es m.E. in der Forschung darum, herauszufinden, wann sich ein Individuum als frei entscheidend und wann als gezwungen empfindet und welche physiologischen Mechanismen dahinterstecken.
Freier Wille kann ja wohl nicht bedeuten: "Ich wär so gern ein Elephant! ....Und....Plopp!"
Es geht ja schließlich um Entscheidungsfreiheit, nicht um Realisierbarkeit (wie abtrus ein Beschluß auch sein mag). Das wäre wohl eher ein Thema für "freie Realisation", aber nicht für "freier Wille".


Der Wille - Plopp! - ein Elefant zu sein, ist unrealisierbar und deshalb gehört so ein Wille nicht zum Diskurs über den freien Willen, meinst Du


Selbstverständlich gehört er dazu. Du vorurteilst wieder sehr schnell. Ich sagte doch explizit, daß Entscheidungsfreiheit (der Beschluß) - wie abstrus der Beschluß auch sein mag - das ist, worum es geht. Die Existenz des "Freie Willens" kann doch wohl schlecht davon abhängig gemacht werden, daß ein Wunsch nicht realisierbar ist - wie es hier vielfach angeklungen ist. Oder wird die Willensentscheidung Deiner Meinung nach dadurch infrage gestellt, daß man kein Elephant werden kann oder daß man nicht aus einer Diktatur entfliehen kann, weil die Chancen der Realisierbarkeit denkbar ungünstig sind und deshalb dieser Wille nicht existieren kann ?

Zitat:
Dann wieder gehört Deiner Meinung auch das Thema "freie Realisation" nicht zum Thema "freier Willen" (erstere Frage soll in Deiner der ersten widersprechenden Aussage also plötzlich keine Rolle mehr spielen.)

Also was nun?


Such Dir was aus. Dreh es mal so, mal anders. Das kannst Du scheinbar recht gut.

Zitat:
Statt dessen möchtest Du nur den "freien Willen" als solchen betrachten, wozu auch der "abstruse Wille" gehören soll. Hauptsache, man betrachtet nur die Entscheidungfreiheit.


Ayayay. Gaaaanz ruhig ! Lies einfach etwas aufmerksamer, dann brauchst Du Dich auch nicht über "Phantasmas" aufzuregen.

Zitat:
Jetzt mal ein kleines Gedankenspielchen zu der Frage der Priorität zwischen Willen und Zielerreichung:

Nehmen wir zum einen den Fall 1 an, dass ein determinierter Wille A existiert.

Nehmen wir zum anderen den Fall 2 an, ein Subjekt setzt sich aus freier Entscheidung X einen Willen A' = Wille A für eine Entscheidung Y. Nachdem das Subjekt dies getan hat, ist es an den Willen A gebunden.

Somit folgt die Entscheidung Y danach in jedem Falle unfrei auf der Basis des Willens A oder A'=A.

Es ist relativ müßig zu diskutieren, wie frei die Entscheidung für Wille A'/A zustanden gekommen ist. Tatsache ist nun mal, dass dieser Wille ab einem gewissen Zeitpunkt steht.

Die Diskussion über Freiheit hat damit nichts zu tun. Sondern es ist genau umgekehrt: Es geht um das, was Du "freie Realisation" genannt hast und nicht um den "freien Willen".

Du siehst: Ich drehe Deine Schlussfolgerungen also genau um.


Nein, Du drehst Dich selbst um.

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Philosophisch-religiös mag das Thema anders diskutiert werden (Prädestination versus Pelagianismus)


Nee. Muss nicht.


Das stimmt.

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was die Zuständigkeit der Naturwissenschaft angeht: Es gibt nur eine einzige Wissenschaft. Jede Disziplin entwickelt angepasste Methoden für spezifische Forschungsbereiche.

Insofern sind die Naturwissenschaftler selbstverständlich schon immer im Boot gewesen, nur sind deren Aussagen angesichts der Geschichtetheit der Welt irgendwann nicht mehr sehr inhaltsreich. Ausgeschlossen sind allerdings definitiv irgendwelche Theologen. Die haben nun überhaupt gar nichts zu sagen; nirgendwo.


Und wer bringt Inhalt ?


Jede Wissenschaft für ihre Ebene.

Man könnte versuchen, mit der Physik die Wahl einer Partei zu erklären. Möglich wäre das vielleicht. Aber es wäre a) unverständlich, b) sinnlos und c) falsch.

So was sollte dann die Politikwissenschaft und/oder die Soziologie tun. Die kann aber jeweils nichts zur Kernspaltung beitragen.

Skeptiker


Danke für Deine Innenansichten.

()

#1659:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 24.07.2009, 22:11
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Erst mal zu b): ja, so könnte man die Frage nach der Willensfreiheit auch formulieren. In meiner Sichtweise reicht es nicht aus, wenn jemand nur das tun kann, was er will, wenn jedoch das, was er will, von außen vorgegeben wäre. Das wäre dann lediglich Handlungsfreiheit, aber keine Willensfreiheit.

Dazu 2 Kommentare:

1. Selbst "Handlungsfreiheit" wäre aus meiner Sich ein etwas merkwürdiger Ausdruck dafür, denn derjenige MUSS ja das tun, was er will, bzw. er kann NUR das tun, was er will.

Handlungsfreiheit ist dann perfekt gegeben und nicht mehr zu steigern, wenn jemand immer das tun kann, was er will. Wenn sich jemand zum Beispiel ein bestimmtes Erbeereis kaufen möchte und er kann das tun und tut es, dann gibt es nichts, was seine Handlungsfreiheit diesbezüglich erhöhen könnte. Zum Beispiel die Fähigkeit, das gewünschte Eis zu kaufen und es gleichzeitig nicht zu kaufen, wäre, mal abgesehen davon, dass das logisch unmöglich ist, keineswegs eine Steigerung seiner Handlungsfreiheit.

Falls Du anderer Meinung bist: inwiefern wäre die Handlungsfreiheit dann noch steigerbar?

step hat folgendes geschrieben:
2. Ich wollte Dir schon zustimmen, aber dann fiel mir auf, daß "von außen vorgegeben" ziemlich unscharf ist. Gehört zur aktuellen Person (also wohl dem "innen") z.B. auch die Historie dieser Person?

Selbstverständlich.

step hat folgendes geschrieben:
Denn genaugenommen ist das, was ich will, in dem Moment immer von außen vorgegeben, selbst wenn meine jetzige Präferenz durch meine eigenen früheren Erlebnisse und Überlegungen mitgeprägt wurde. Weiter oben in der Diskussion wurde von Euch betont, daß das Unbewußte nicht zum "Außen" gehört. Und der Körper?

Auch der Körper, soweit er akzeptiert wird, gehört zur Person, klar.

step hat folgendes geschrieben:
Letztlich haben wir wohl auch einen unterschiedlichen Personenbegriff: Deine Person scheint ein idealisiert-abgegrenzter Akteur zu sein, meine verschwimmt stark nach den beiden Seiten der naturgesetzlichen und der sozialen Determination.

Ja, sicher haben wir einen unterschiedlichen Personen- / Subjekt- / rationaler Agent-Begriff. Aber der Unterschied besteht in folgendem: mein Personenbegriff beinhaltet etwas, Deiner ist einfach leer. Er beinhaltet anscheinend gar nichts. Weder die Präferenzen, noch die Historie, noch die Überlegungen, noch die Entscheidungen. Für Dich ist alles "außen", also gibt es kein "innen", keinen Teil der Person. Und der Determinismus verhindert anscheinend in Deiner Ansicht, dass eine Person entstehen kann.

Nur ergibt es einfach keinen Sinn, wenn man über Personen redet, die aber wegen des Determinismus für nichtexistent hält. Dann kann man nur noch sagen: im Determinismus kann es keine Personen geben. Und damit hat sich das dann. Es ist ja auch sinnlos über Freiheit von etwas Nichtexistierendem zu reden.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nun meine ich aber, dass es Subjekten möglich ist, sich durch Erkenntnis der Umstände, durch Reflexion, durch Abwägungen von Gründen ihren Willen selber zu bilden (graduell natürlich).

Im Prinzip ja, ich würde es aber lieber anders ausdrücken, um nicht mit dem "sich selber" durcheinanderzukommen: Durch Abwägungen und Reflexion entstehen nicht vernachlässigbare Änderungen der Präferenzen.

Und Präferenzen sind kein Teil der Person, sie sind als äußere Faktoren und daher als Zwang anzusehen, richtig?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
B) ist nicht dasselbe wie a). Du scheinst dabei implizit vorauszusetzen, dass zur eigenen Willensbildung eine Letzturheberschaft erforderlich sei. Was jedoch begründet werden muss, das halte ich nämlich nicht für evident.

Ich sehe zwar noch nicht ganz, wieso gerade darin der Unterschied zwischen a) und b) liegen soll, aber trotzdem eine Antwort: Nehmen wir an, jemand wurde mit dem moralischen Prinzip A sozialisiert. Er ist aber ein intelligentes Kerlchen und liest ein philosophisches Buch. Es überzeugt ihn, und er ändert daraufhin "bewußt" seine moralische Einstellung auf Prinzip B.

Wer oder was hat nun seinen (neuen) Willen gebildet?
- das Buch?
- Kerlchens Ratio?
- Kerlchens Wille?
- das Buch in Kombination mit Kerlchens Vorgeschichte?
- ...?

Zur eigenen Willensbildung ist eine Letzturheberschaft erforderlich: ja oder nein? Wenn ja: warum?

Die Person in Deinem Beispiel hat ihren Willen mithilfe äußerer Anreize / Informationen durch eigene Überlegungen gebildet, ganz einfach.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Gerade auf dem Gebiet, daß Kompatibilisten besonders wichtig ist, ist die (effektive) Determination besonders gut sichtbar.

Die Frage, ob es gerechtfertigt ist, moralische Verantwortung zuzuschreiben, ist ein Teilbereich des Themas, ja. Aber das hat mAn nicht speziell etwas mit Kompatibilismus zu tun, das wird von Inkompatibilisten ebenso behandelt.

Richtig, ich hätte statt "Kompatibilisten" exakter "Freier-Wille-Anhänger" schreiben sollen. Die gibt es ja auch unter Inkompatibilsiten, z.B. ballancer.

Wie jetzt: Du meinst, dass es harten Deterministen wie Dir nicht auf die Frage nach der Gerechtfertigtkeit der Zuweisung von Verantwortung ankäme? Falls ja: das täte mich jetzt ziemlich überraschen, diesen Eindruck hatte ich bisher nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Ändert aber an meinem Argument nichts.

Welches Argument?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Normen, Gesetze und Strafandrohungen haben Auswirkungen, das ist doch unbestritten, egal, ob man das jetzt gerne (effektive) Determination nennen möchte oder nicht. Und weiter?

Ja findest Du es nicht merkwürdig, daß die wichtigsten Normierungsfelder gleichzeitig die sind, wo es angeblich auf den Freien Willen ankommt?

Nein, warum sollte ich?

step hat folgendes geschrieben:
Für mich ist das ein Widerspruch.

Warum?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Entweder bist Du nun der Meinung, Selbstbestimmung / eigene Willensbildung / Kontrolle über die eigenen Entscheidungen sei überhaupt nicht möglich, alles sei gleichermaßen determiniert und determiniert sei gleichbedeutend mit Zwang, aber dann finde ich es inkonsistent, dass Du trotzdem Verantwortung zuweisen willst.

Wieso wäre das dann inkonsistent? Die Erwartung konformen Verhaltens wäre doch sogar dann sinnvoll, wenn derjenige marionettenhaft reagieren würde. (Nicht daß ich mir das wünschte.)

Also, was nun: bist Du dieser Auffassung oder nicht? Du stellst einfach eine Gegenfrage, aber beantwortest meine Frage nicht.

Die Zuweisung von Verantwortung ist nicht dasselbe wie eine simple Erwartung an konformes Verhalten. Eine solche Erwartung habe ich auch an die Glühbirne in meiner Lampe und die reagiert marionettenhaft, die macht einfach das, wofür sie gemacht wurde. Verantwortung ist eine moralische Kategorie an einen moralischen Agenten gerichtet. Wenn mir z.B. jemand verspricht, auf meine Kinder aufzupassen, dann kann ich ihm die Verantwortung dafür übertragen. Das bedeutet, dass er bestimmte Dinge tun muss und bestimmte nicht tun soll. Handelt er anders, dann kann ich ihm deswegen Vorwürfe machen, ihn zur Rechenschaft ziehen, wenn das Andershandeln, die Vernachlässigung der Verantwortung auf seinem Mist gewachsen ist. Er kann sich dann auch nicht damit herausreden, dass er einfach anders determiniert war und alles so kommen musste, wie es kam. Eine solche Entschuldigung würde ich nicht akzeptieren.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder Du hältst, so wie ich, zwar Selbstbestimmung bzw. die Fähigkeit, Umstände und Gründe abzuwägen und danach seine Handlungen auszurichten in einem gewissen Rahmen für möglich, hältst diesen Rahmen aber für wesentlich kleiner als ich das tue oder als das Strafrecht es tut.

Selbstbestimmung ist doch nicht dasselbe wie die Fähigkeit, Umstände und Gründe abzuwägen und danach seine Handlungen auszurichten. Letzteres (also diese Abwägung) kann doch durchaus determiniert ablaufen.

Wenn Du meinst, dass Selbstbestimmung und Determinismus Gegensätze seien, dann bitte ich um eine Begründung dafür. Nicht zum ersten Mal.

Wie würdest Du denn "Selbstbestimmung" definieren?

step hat folgendes geschrieben:
"Selbstbestimmt" ist für mich ein (falsch suggestiver) Begriff für das Gefühl und die Einschätzung von Dritten, keinen akuten Zwängen zu unterliegen. Bei Licht betrachtet bestimmt dann aber nicht das Selbst sich selbst, sondern die Handlung ist im besten Falle "präferenzbestimmt", und auch eine seltene, rational begleitete Änderung der Moral ist präferenzbestimmt.

Ja, klar, und Präferenzen sind kein Teil der Person und daher als "Zwang" anzusehen.

Ich bitte nochmal um eine Begründung, warum die Gleichung "determiniert" = "Zwang" gelten soll. Das ist nämlich letztlich der Knackpunkt zwischen uns. Eine Begründung dafür habe ich noch nicht gesehen. Weder von Dir als hartem Deterministen, noch von Libertariern. Was ich schon gesehen habe, war ein Schulterschluss zwischen harten Deterministen und Libertarieren diesbezüglich, die Behauptung, die meisten anderen Leute glaubten das doch auch, Abqualifizierungen der Art, Kompatibilismus sei einfach nur doof und nicht okay und dergleichen. Aber Argumente sind das alles nicht, tut mir leid. Ich möchte aber nun mal Argumente dafür sehen.

#1660:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 12:32
    —
@AP: Ich versuche mal, meine Meinung und mein Begriffsverständnis zusammenzufassen.

Entscheidung, Kontrolle usw.

Die Berechnung und Initiation einer Handlung mithilfe von Zukunftssimulationen, Präferenzvergleich usw. - kann auch unbewußt erfolgen.

"Handlungsfreiheit"

Beim Handeln gemäß seiner Präferenzen nicht gestört zu werden.

Darin, daß jemand gemäß einer gegebenen Präferenz handelt, erkenne ich zwar eine Entscheidung und eine Handlung, ja auch die Abwesenheit akuter äußerer Zwänge, aber keine Wahl oder Freiheit. Deswegen irritiert mich der Begriff "Handlungsfreiheit", wenn ich ihn auch nicht so absurd finde wie "Willensfreiheit". Denn immerhin könnte man präzisierend "Freiheit der Handlung von akuten äußeren Zwängen" sagen.

Freiheit

"frei" bedeutet allgemein die Abwesenheit gewisser Zwänge. Und normalerweise ist es für uns kein Widerspruch, wenn gewisse Zwänge (z.B. beim freien Fall alle Kräfte außer der Gravitation) fehlen, aber der Vorgang dennoch deterministisch abläuft. "Frei" i.a.S. und "determiniert" sind also normalerweise kein Widerspruch, wenn klar ist, wovon genau man frei ist, was also fehlt.

Determination

vollständig naturgesetzlicher Zusammenhang

- auf physikalischer Ebene wegen der Unitarität der Zeitentwicklung des Gesamtsystems nach heutiger Kenntnis vollständig gegeben (wenn man mal den "echten" Zufall der KI beiseiteläßt), läßt keine Freiheitsgrade für höhere Schichten (keine "echten" Möglichkeiten, PAP usw.)

- auf sozialer Ebene: Gerade auf dem Gebiet der Moral, das Freier-Wille-Anhängern besonders wichtig ist, ist die (effektive) Determination besonders gut sichtbar. Die Moral im Einzelnen ist der Agent der Anderen. Die wenigen Situationen, in denen das nicht funktioniert, nennen wir je nach Kontext "unberechenbar, unverläßlich, unverantwortlich, böse, sündhaft, willkürlich, Verbrecher ...". "Unberechenbar" oder "unverläßlich" treffen es dabei mE ziemlich gut. Viele Menschen möchten auch, zynisch ausgedrückt, Anderen beim Ausüben ihres freien moralischen Willens "helfen", indem sie Dritte abschreckend bestrafen.

- am wenigsten sichtbar ist die Determination bei manchen sehr komplexen Zusammenhängen, etwa bei einer Geschmacksauswahl mit schwacher Präferenz oder bei einem echten moralischen Dilemma. Die Grenze zum deterministischen Chaos ist hier mE fließend.

Zwang

Eine Determination wird als "Zwang" empfunden und bezeichnet, wenn sie Präferenzen widerspricht und man ihr eine akute Ursache zuordnen kann.

"Person"

Aus meiner Sicht ein pragmatischer und im Alltag nützlicher Begriff für ein körperlich und intentional hinreichend abgegrenztes ethisches Subjekt.

Der Personenbegriff ist mE bezüglich mehrerer Aspekte beim genaueren Hinsehen problematisch:
- besonders die intentionale Abgrenzung ist nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheint. Erziehung, Evolution, soziale Konditionierung ...
- unser reflektiv-intuitiver Personenbegriff ist nicht identisch mit dem kompatibilistischen Modell determinierter Präferenzen. Die meisten Menschen empfinden "sich" bei "freiwilligen" Handlungen intuitiv als Erstverursacher.
- weitere Aspekte, die idZ nicht so wichtig sind.

Verantwortung

Zuweisen von Verantwortung = Erwartung eines (moralisch) konformen Verhaltens, sozial meist mit besonderen Rechten und/oder Pflichten verbunden

Die Zuweisung von Verantwortung ist kompatibel mit dem Determinismus, weil ihr wesentlicher Aspekt die Abschätzung des Verhaltens Anderer betrifft.

"Willensfreiheit"

Aus meiner Sicht ein widersprüchlicher Begriff, da man akut nie wollen kann, was man will, sondern immer gemäß gegebener Präferenzen und Umstände entscheidet.

Daß die Rationalität des Menschen eine gewisse stärker "intern" determinierte Charakter- oder Präferenzentwicklung zuläßt, leugne ich nicht. Abgesehen mal von der Frage, wie relevant eine solche entkoppelte, rationale Charakterbildung überhaupt z.B. bei typischen Straftaten ist, bestünde sie ja im wesentlichen wieder aus Zukunftssimulationen, Präferenzen für Präferenzen usw.

Man kann es auch etwas salopp so ausdrücken: Man kann nichts für seine Präferenzen, man ist seine Präferenzen.

"Selbstbestimmung"

ähnlich wie "Willensfreiheit" - pathetischer Ausdruck für die Tatsache, daß bestimmte Entscheidungen in unserem Gehirn ohne akuten Zwang von außen ablaufen, verbunden mit der Vorstellung der Achtung individueller Präferenzen durch Andere.

#1661: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 13:08
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich sagte doch explizit, daß Entscheidungsfreiheit (der Beschluß) - wie abstrus der Beschluß auch sein mag - das ist, worum es geht. Die Existenz des "Freie Willens" kann doch wohl schlecht davon abhängig gemacht werden, daß ein Wunsch nicht realisierbar ist - wie es hier vielfach angeklungen ist. Oder wird die Willensentscheidung Deiner Meinung nach dadurch infrage gestellt, daß man kein Elephant werden kann oder daß man nicht aus einer Diktatur entfliehen kann, weil die Chancen der Realisierbarkeit denkbar ungünstig sind und deshalb dieser Wille nicht existieren kann ?


Erstens sind viele Wünsche mit der Physiologie gegeben. Einen weiteren großen Teil steuert die Sozialisation bei. Und das ist beides nichts, was jemand sich frei gewählt hat.

Zweitens beeinflusst der Grad der eingeschätzten/erkannten Realisierbarkeit eines Wunsches sehr drastisch auch den Willen eines rationalen Agenten (Subjekts). Noch nie was von der Verdrängung von Wünschen ins Unbewusste gehört?

Da gibt es offenbar eine Wechselwirkung zwischen der Erkenntnis der Möglichkeit der objektiven Realisierbarkeit und dem subjektiven Willen.

Ich machte ja oben ein kleines Gedankenspiel über das Zustandekommen eines Willens A=A'. Die Tatsache, dass ein Subjekt einen Willen hat, begründet überhaupt noch nicht so etwas wie Freiheit; und zwar weder durch das Zustandekommen dieses Willens noch durch die Beschaffenheit dieses Willens.

Insofern sage ich noch einmal in Ergänzung der Frage, ob der Mensch ein Willens-Automat sei: Nein, ist er nicht, denn sein Wille ist etwas anderes als Willens-Hydraulik. Es gibt ja Leute, die sich das Subjekt so vorstellen:

Inputs {1, 2, 3, ..., n} -----> Subjekt = Black Box -------> Output (determiniert).

Demnach wäre der Mensch ein Automat mit diversen Stöpseln für die diversen Inputs.

Aber ich betrachte hier den Zusammenhang zwischen Bedürfnissen, sozialer Entwicklung, Kultur, Erkenntnis und objektiven Möglichkeiten. Die Erkenntnis realer Möglichkeiten spielt bei der Diskussion der menschlichen Freiheit die entscheidende Rolle.

Skeptiker

#1662:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 16:42
    —
step hat folgendes geschrieben:
Entscheidung, Kontrolle usw.

Die Berechnung und Initiation einer Handlung mithilfe von Zukunftssimulationen, Präferenzvergleich usw. - kann auch unbewußt erfolgen.

Ok.

step hat folgendes geschrieben:
"Handlungsfreiheit"

Beim Handeln gemäß seiner Präferenzen nicht gestört zu werden.

Darin, daß jemand gemäß einer gegebenen Präferenz handelt, erkenne ich zwar eine Entscheidung und eine Handlung, ja auch die Abwesenheit akuter äußerer Zwänge, aber keine Wahl oder Freiheit. Deswegen irritiert mich der Begriff "Handlungsfreiheit", wenn ich ihn auch nicht so absurd finde wie "Willensfreiheit". Denn immerhin könnte man präzisierend "Freiheit der Handlung von akuten äußeren Zwängen" sagen.

Dein Problem dabei verstehe ich nicht. Handlungsfreiheit bedeutet nicht mehr und nicht weniger als: jemand kann das tun, was er will. Dabei spielen Entscheidungen oder eine Wahl keine Rolle. Du kannst "Handlungsfreiheit" auch gerne "Freiheit der Handlung von akuten äußeren Zwängen" nennen, das ist mir gleich. Aber dass Du dabei keine Freiheit erkennst, es selber aber Freiheit nennst, ist irgendwie merkwürdig.

step hat folgendes geschrieben:
Freiheit

"frei" bedeutet allgemein die Abwesenheit gewisser Zwänge. Und normalerweise ist es für uns kein Widerspruch, wenn gewisse Zwänge (z.B. beim freien Fall alle Kräfte außer der Gravitation) fehlen, aber der Vorgang dennoch deterministisch abläuft. "Frei" i.a.S. und "determiniert" sind also normalerweise kein Widerspruch, wenn klar ist, wovon genau man frei ist, was also fehlt.

Okay.

step hat folgendes geschrieben:
Determination

vollständig naturgesetzlicher Zusammenhang

- auf physikalischer Ebene wegen der Unitarität der Zeitentwicklung des Gesamtsystems nach heutiger Kenntnis vollständig gegeben (wenn man mal den "echten" Zufall der KI beiseiteläßt), läßt keine Freiheitsgrade für höhere Schichten (keine "echten" Möglichkeiten, PAP usw.)

Das halte ich so nicht für korrekt. Meiner Meinung nach ist nämlich ein Freiheitsgrad der Art ["echte Möglichkeit", PAP] prinzipiell logisch unmöglich. Unabhängig von der Frage Determinismus / Indeterminismus.

step hat folgendes geschrieben:
- auf sozialer Ebene: Gerade auf dem Gebiet der Moral, das Freier-Wille-Anhängern besonders wichtig ist, ist die (effektive) Determination besonders gut sichtbar.

Unter "Moral" verstehe ich schlicht die Bewertung der Handlungen von ethischen Subjekten gegenüber ethischen Subjekten und ethischen Objekten. Ich habe ein Interesse daran, dass andere mich nicht belügen, nicht betrügen, nicht verletzen, nicht bestehlen, ihre Versprechen halten usw. Halten sie sich nicht daran, dann bewerte ich ihr Handeln als moralisch falsch (oder im umgekehrten Falle mein Handeln). Ist mir immer noch unklar, warum "Freier-Wille-Anhänger" das wichtiger finden sollten als "Unfreier-Wille-Anhänger". Und wieso es ein Argument (für was überhaupt?) sein soll, dass sich die meisten Leute moralisch gut verhalten, ist mir auch immer noch nicht klar.

step hat folgendes geschrieben:
Die Moral im Einzelnen ist der Agent der Anderen. Die wenigen Situationen, in denen das nicht funktioniert, nennen wir je nach Kontext "unberechenbar, unverläßlich, unverantwortlich, böse, sündhaft, willkürlich, Verbrecher ...".

Ja.

step hat folgendes geschrieben:
"Unberechenbar" oder "unverläßlich" treffen es dabei mE ziemlich gut.

Nein. Jemand kann sich auch verlässlich / berechenbar unmoralisch verhalten.

step hat folgendes geschrieben:
Viele Menschen möchten auch, zynisch ausgedrückt, Anderen beim Ausüben ihres freien moralischen Willens "helfen", indem sie Dritte abschreckend bestrafen.

Was daran jetzt zynisch sein soll, weiß ich zwar nicht, ich weiß auch gar nicht, was Du damit eigentlich aussagen willst. Scheint irgendwie ein moralischer Appell zu sein.

step hat folgendes geschrieben:
Zwang

Eine Determination wird als "Zwang" empfunden und bezeichnet, wenn sie Präferenzen widerspricht und man ihr eine akute Ursache zuordnen kann.

Ok.

step hat folgendes geschrieben:
"Person"

Aus meiner Sicht ein pragmatischer und im Alltag nützlicher Begriff für ein körperlich und intentional hinreichend abgegrenztes ethisches Subjekt.

Der Personenbegriff ist mE bezüglich mehrerer Aspekte beim genaueren Hinsehen problematisch:
- besonders die intentionale Abgrenzung ist nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheint. Erziehung, Evolution, soziale Konditionierung ...

All dies prägt die Person. Die Präferenzen, Fähigkeiten, Einstellungen usw., die dadurch entstanden, sind Teil der Person.

step hat folgendes geschrieben:
- unser reflektiv-intuitiver Personenbegriff ist nicht identisch mit dem kompatibilistischen Modell determinierter Präferenzen. Die meisten Menschen empfinden "sich" bei "freiwilligen" Handlungen intuitiv als Erstverursacher.

Falls Du damit meinst, dass Leute gemeinhin glaubten, Menschen seien gänzlich unbeeinflusst von ihrer Erziehung, ihren Genen und von äußeren Einflüssen generell, dann bezweifle ich das.

step hat folgendes geschrieben:
Verantwortung

Zuweisen von Verantwortung = Erwartung eines (moralisch) konformen Verhaltens, sozial meist mit besonderen Rechten und/oder Pflichten verbunden

Die Zuweisung von Verantwortung ist kompatibel mit dem Determinismus, weil ihr wesentlicher Aspekt die Abschätzung des Verhaltens Anderer betrifft.

Das Wesentliche an Verantwortung ist die Erwartung, dass sich jemand aufgrund eigener Überlegungen für das Erwartete entscheiden kann. Entscheidet er sich sich aufgrund seiner Überlegungen für etwas anderes, dann sieht man das als seinen Fehler an, für den er Rechenschaft ablegen soll. Kann er nun Entschuldigungsgründe anführen, Umstände, die seine Entscheidung oder sein Unterlassen als zwingend erscheinen lassen, dann wird man die Entscheidung nicht mehr ihm zurechnen.

Nochmal das Beispiel von oben: wenn jemand verspricht, auf Kinder aufzupassen, währenddessen aber plötzlich keine Lust mehr hat und ins Kino geht und die Kinder einfach alleine lässt, dann ist er seiner Verantwortung nicht gerecht geworden. Das ist deswegen vorwerfbar, weil es keinen Zwang für ihn gab, ins Kino zu gehen. Es war seine Entscheidung in Wissen um die Umstände. Er hat keine Entschuldigung für sein Verhalten. Er kann sich nicht mit der Physik / dem Determinismus entschuldigen, mit atomaren oder neuronalen Vorgängen, die ihn angeblich dazu gezwungen und ihm keine Alternative gelassen hätten. Etwas anderes wäre, wenn etwas geschehen wäre, auf dass er keinen Einfluss hatte, er zum Beispiel einen Schlaganfall bekommen hätte. Das wäre selbstverständlich nicht vorwerfbar, denn darauf hatte er keinen Einfluss.

step hat folgendes geschrieben:
"Willensfreiheit"

Aus meiner Sicht ein widersprüchlicher Begriff, da man akut nie wollen kann, was man will, sondern immer gemäß gegebener Präferenzen und Umstände entscheidet.

Daß die Rationalität des Menschen eine gewisse stärker "intern" determinierte Charakter- oder Präferenzentwicklung zuläßt, leugne ich nicht. Abgesehen mal von der Frage, wie relevant eine solche entkoppelte, rationale Charakterbildung überhaupt z.B. bei typischen Straftaten ist, bestünde sie ja im wesentlichen wieder aus Zukunftssimulationen, Präferenzen für Präferenzen usw.

Man kann es auch etwas salopp so ausdrücken: Man kann nichts für seine Präferenzen, man ist seine Präferenzen.

Der Typ in meinem Beispiel kann nichts dafür, dass er keine Lust mehr hat, auf die Kinder aufzupassen. Er kann auch nichts dafür, dass er lieber ins Kino gehen würde. Aber er kann sehr wohl etwas dafür, wenn er diesem Wunsch nachgibt.

step hat folgendes geschrieben:
"Selbstbestimmung"

ähnlich wie "Willensfreiheit" - pathetischer Ausdruck für die Tatsache, daß bestimmte Entscheidungen in unserem Gehirn ohne akuten Zwang von außen ablaufen, verbunden mit der Vorstellung der Achtung individueller Präferenzen durch Andere.

Eine Person hat mAn eine gewisse Kontrolle über ihre Entscheidungen und auch über ihre Handlungen. Daher ist es mAn vollkommen berechtigt, das "Selbstbestimmung" zu nennen. Ganz unpathetisch.

#1663:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 18:45
    —
@AP, ich lasse das meiste mal so stehen, es wurde denke ich alles gesagt. Daher nur zu dem konkreten Beispiel:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
wenn jemand verspricht, auf Kinder aufzupassen, währenddessen aber plötzlich keine Lust mehr hat und ins Kino geht und die Kinder einfach alleine lässt, dann ist er seiner Verantwortung nicht gerecht geworden.

Bis hier Zustimmung. Er ist der ihm zugewiesenen Verantwortung nicht gerecht geworden, indem er sich nicht wie von ihm erwartet verhalten hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist deswegen vorwerfbar, weil es keinen Zwang für ihn gab, ins Kino zu gehen.

Es gab keinen akuten äußeren Zwang.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es war seine Entscheidung in Wissen um die Umstände.

Richtig. Er konnte sich aber (in dem Moment) nicht anders entscheiden. Wir glauben nur, daß Andere sich in ähnlichen Fällen meist anders entscheiden, und erwarteten das zuvor auch von ihm, sonst hätten wir ihm das Kind nicht anvertraut.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er hat keine Entschuldigung für sein Verhalten.

Wo kommt denn plötzlich die Schuld her? Ich würde sagen, er kann die Ursache nicht angeben, warum seine moralische Konditionierung nicht funktionierte, warum also sein Wunsch nach Kino größer war. Leider entspricht diese Deutung nicht dem weitverbreiteten Schuldkonzept.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Typ in meinem Beispiel kann nichts dafür, dass er keine Lust mehr hat, auf die Kinder aufzupassen. Er kann auch nichts dafür, dass er lieber ins Kino gehen würde. Aber er kann sehr wohl etwas dafür, wenn er diesem Wunsch nachgibt.

Nein, er konnte nicht anders, auch wenn wir keinen akuten Zwang sehen. Um anders zu entscheiden, hätte seine moralische Entscheidungsinstanz zuvor anders geprägt werden müssen. An keiner Stelle in dieser komplexen Kausalkette lief irgendetwas Nichtdeterminiertes ab, nur daß wir eben einige dieser Abläufe funktional dem Gehirn und Individuum zuordnen, das diese Person konstituiert.

Wir können nur dafür zu sorgen versuchen (auch durch Appell an seine reflektive moralische Dynamik), daß er sich in Zukunft konformer verhält. Oder wir können ihm solche Verantwortung einfach nicht mehr zuweisen.

#1664:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 18:57
    —
Da schleichen sich leider wieder zwei unglückliche Ungenauigkeiten ein.
Weder geht es um eine Entschuldigung, sondern um eine Rechtfertigung. Und eine Rechtfertigung ist in dem von AP geschilderten Szenario nicht möglich. Ausserdem geht es um das zukünftige Verhalten. Und dasselbe Szenario in die Zukunft verlegt ist ebenso nicht zu rechtfertigen aber für den Babysitter auf jeden Fall vermeidbar, da er die Freiheit besitzt, sich dafür zu entscheiden, seinem Versprechen nachzukommen.

#1665:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 19:11
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Da schleichen sich leider wieder zwei unglückliche Ungenauigkeiten ein. Weder geht es um eine Entschuldigung, ...

AP schrieb aber:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er hat keine Entschuldigung für sein Verhalten.


zelig hat folgendes geschrieben:
... sondern um eine Rechtfertigung. Und eine Rechtfertigung ist in dem von AP geschilderten Szenario nicht möglich.

Das habe ich auch nicht behauptet, im Gegenteil ist das Verhalten moralisch ziemlich eindeutig unrecht.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ausserdem geht es um das zukünftige Verhalten. Und dasselbe Szenario in die Zukunft verlegt ist ebenso nicht zu rechtfertigen ...

Will auch keiner, das Verhalten bleibt moralisch falsch, auch in Zukunft.

zelig hat folgendes geschrieben:
... aber für den Babysitter auf jeden Fall vermeidbar, da er die Freiheit besitzt, sich dafür zu entscheiden, seinem Versprechen nachzukommen.

Wenn wir sagen "es ist vermeidbar", so müssten wir präziser sagen: "Wir glauben, daß er sich in Zukunft konform verhält". Und zwar nicht, weil er die Freiheit besitzt, sondern weil er sie eben - hoffen bzw. erwarten wir - nicht besitzt! Z.B. weil wir ihm ins Gewissen geredet haben oder was auch immer.

#1666: von der theoretischen Physik zur Erziehungsanstalt Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 19:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Da schleichen sich leider wieder zwei unglückliche Ungenauigkeiten ein. Weder geht es um eine Entschuldigung, ...

AP schrieb aber:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er hat keine Entschuldigung für sein Verhalten.


zelig hat folgendes geschrieben:
... sondern um eine Rechtfertigung. Und eine Rechtfertigung ist in dem von AP geschilderten Szenario nicht möglich.

Das habe ich auch nicht behauptet, im Gegenteil ist das Verhalten moralisch ziemlich eindeutig unrecht.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ausserdem geht es um das zukünftige Verhalten. Und dasselbe Szenario in die Zukunft verlegt ist ebenso nicht zu rechtfertigen ...

Will auch keiner, das Verhalten bleibt moralisch falsch, auch in Zukunft.

zelig hat folgendes geschrieben:
... aber für den Babysitter auf jeden Fall vermeidbar, da er die Freiheit besitzt, sich dafür zu entscheiden, seinem Versprechen nachzukommen.

Wenn wir sagen "es ist vermeidbar", so müssten wir präziser sagen: "Wir glauben, daß er sich in Zukunft konform verhält". Und zwar nicht, weil er die Freiheit besitzt, sondern weil er sie eben - hoffen bzw. erwarten wir - nicht besitzt! Z.B. weil wir ihm ins Gewissen geredet haben oder was auch immer.


Du meinst, wenn die Gesellschaft in Kooperation mit ganz speziellen Physikern nicht für Determiniertheit sorgt, dann kann etwas ganz Schlimmes passieren ...-? Cool

Skeptiker

#1667:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 19:51
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du meinst, wenn die Gesellschaft in Kooperation mit ganz speziellen Physikern nicht für Determiniertheit sorgt, dann kann etwas ganz Schlimmes passieren ...-?

Skeptikers Signatur hat folgendes geschrieben:
Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.

Du bist anscheinend nicht nur ein Verleumder, sondern auch noch ein Heuchler.


Zuletzt bearbeitet von step am 26.07.2009, 09:30, insgesamt einmal bearbeitet

#1668:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 22:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er hat keine Entschuldigung für sein Verhalten.

Wo kommt denn plötzlich die Schuld her? Ich würde sagen, er kann die Ursache nicht angeben, warum seine moralische Konditionierung nicht funktionierte, warum also sein Wunsch nach Kino größer war. Leider entspricht diese Deutung nicht dem weitverbreiteten Schuldkonzept.

Okay, wohl mal wieder Definitionsstreit.

Ich unterscheide folgende Fälle:

1. Entschuldigung: wenn sich jemand entschuldigt für eine Handlung, dann bedeutet das, dass nicht er seine Handlung / Unterlassung durch seine Entscheidung verursacht hat, sondern (äußere) Umstände, die er nicht (hinreichend) beeinflussen konnte. Beispiel: ich komme zu spät, weil die U-Bahn ausgefallen war und das war vorher nicht bekannt. Im obigen Beispiel: jemand hat den Babysitter mit vorgehaltener Pistole gezwungen, nicht mehr auf die Kinder aufzupassen.

2. Rechtfertigung: jemand hält seine Handlung nicht für Unrecht, sondern für richtig und begründet das irgendwie.

3. Reue: jemand hält seine Handlung selber für falsch, sieht das also ein und verspricht, in Zukunft anders zu handeln.

Noch ein anderer Fall kann es übrigens sein, wenn jemand sagt:"Entschuldige bitte, das wollte ich nicht". Dafür habe ich so direkt kein Wort, vielleicht am ehesten noch "Bedauern".

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Typ in meinem Beispiel kann nichts dafür, dass er keine Lust mehr hat, auf die Kinder aufzupassen. Er kann auch nichts dafür, dass er lieber ins Kino gehen würde. Aber er kann sehr wohl etwas dafür, wenn er diesem Wunsch nachgibt.

Nein, er konnte nicht anders, auch wenn wir keinen akuten Zwang sehen. Um anders zu entscheiden, hätte seine moralische Entscheidungsinstanz zuvor anders geprägt werden müssen. An keiner Stelle in dieser komplexen Kausalkette lief irgendetwas Nichtdeterminiertes ab, nur daß wir eben einige dieser Abläufe funktional dem Gehirn und Individuum zuordnen, das diese Person konstituiert.

"Er konnte nicht anders" bedeutet wohl in Deinem Sinne dasselbe wie: etwas ist so geschehen, wie es geschehen ist. Dem ist selbstverständlich so, aber das hat nichts mit Determinismus / Indeterminismus zu tun. Und für etwas Indeterminiertes, also für etwas, das sich der Kontrolle der Person von Vorneherein entzieht, kann man sowieso niemanden verantwortlich machen.

step hat folgendes geschrieben:
Wir können nur dafür zu sorgen versuchen (auch durch Appell an seine reflektive moralische Dynamik), daß er sich in Zukunft konformer verhält. Oder wir können ihm solche Verantwortung einfach nicht mehr zuweisen.

Ja, darum geht es letztlich. Denn die Vergangenheit können wir nicht ändern. Es geht darum, herauszufinden, ob die Entscheidung seine eigene war, ob er willentlich und wissentlich seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist (ob er schuld ist also). Und es geht darum, herauszufinden, ob er einsieht, dass er falsch gehandelt hat oder nicht, denn auch daraus kann man schließen, ob er sich in Zukunft anders verhalten wird.

#1669:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 23:32
    —
Necromancer hat folgendes geschrieben:
Robbe Piere Smilie hört sich lustig an. Ist jedoch was wahres dran.

Gäbe es die Bezeichnung Brezen nicht könnte sich niemand was darunter vorstellen und somit diese auch nicht wollen.
Und da ist sie wieder, die Ursache. Ohne Ursache geht halt nichts im Willen des Menschen. Ich behaupte ohne Ursache gäbs gar keinen Menschen zwinkern


klingt auch knifflig, da komm ich aber ned mit. skeptisch


Ich frag da eher in die Richtung "vom Ursprung".
oder anders formuliert, warum gibt es Neues und woher nimmt man das?

deterministisch sagt ja eigentlich konkret - es gibt nix Neues auf derra Welt.
So weit warens im MA zur Hochscholastik auch schon.
Aber dennoch unfähig Veränderungen zu erkennen.

Es wird zwar der Versuch unternommen Veränderungen in bekannte Teilprozesse aufzulösen.
Was ja recht erfolgreich sein kann.
Aber da wird dann weder mit Traditionen gebrochen, noch irgendwas über Bord geworfen.
Dennoch kennen wir harte Brüche in der Kontinuität der Ideengeschichte.

Stellen wir Theorien oder Interpretationen auf, so sind diese allein schon strukturell befangen in Kausalitäten.
Der Determinismus bestätigt sich selber
Allerdings, oft genug auch erst im nachhinein.
Imho ist es eher ein rückwärtsschauend vorwärtsschreiten.
Neues entsteht mMn indem alte Kausalketten aufgebrochen und neu geknüpft werden.*
Funzt es sind die "neuen" Knüpfungspunkte neue Ansätze für Kausalitäten
also wird wieder im nachhinein "determiniert".

(* okay aus dem Nix geht halt nicht, und vielleicht sinds hier auch nur die Zufallsvariablen die signifikant dazwischenfunken - aber vollständig determiniert gibbet nicht - denk ich)

#1670:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 25.07.2009, 23:42
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Da schleichen sich leider wieder zwei unglückliche Ungenauigkeiten ein. Weder geht es um eine Entschuldigung, ...

AP schrieb aber:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er hat keine Entschuldigung für sein Verhalten.


zelig hat folgendes geschrieben:
... sondern um eine Rechtfertigung. Und eine Rechtfertigung ist in dem von AP geschilderten Szenario nicht möglich.

Das habe ich auch nicht behauptet, im Gegenteil ist das Verhalten moralisch ziemlich eindeutig unrecht.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ausserdem geht es um das zukünftige Verhalten. Und dasselbe Szenario in die Zukunft verlegt ist ebenso nicht zu rechtfertigen ...

Will auch keiner, das Verhalten bleibt moralisch falsch, auch in Zukunft.

zelig hat folgendes geschrieben:
... aber für den Babysitter auf jeden Fall vermeidbar, da er die Freiheit besitzt, sich dafür zu entscheiden, seinem Versprechen nachzukommen.

Wenn wir sagen "es ist vermeidbar", so müssten wir präziser sagen: "Wir glauben, daß er sich in Zukunft konform verhält". Und zwar nicht, weil er die Freiheit besitzt, sondern weil er sie eben - hoffen bzw. erwarten wir - nicht besitzt! Z.B. weil wir ihm ins Gewissen geredet haben oder was auch immer.


Ich kann das womöglich nicht ausreichend begründen. Mein erster Einwand gründet sich auf die Erfahrung, daß eine falsche Begrifflichkeit auf's Nebengleis führt. Deswegen sollte man die Schuld-Terminnologie vermeiden. Mein zweiter Einwand wendet sich gegen eine falsche Intuition. Nämlich, wenn in der Vergangenheitsform gesprochen wird, es den Anschein erweckt, als wären Indeterministen der Meinung, es könnte eine andere Vergangenheit geben, oder es hätte eine andere Vergangenheit geben können. So zu reden macht für mich keinen Sinn in diesem Zusammenhang. Es geht für mich jedenfalls immer nur um die offene Zukunft.

#1671: endloses Erkennen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 09:18
    —
Necromancer hat folgendes geschrieben:
Gäbe es die Bezeichnung Brezen nicht könnte sich niemand was darunter vorstellen und somit diese auch nicht wollen.


Man kann nur zwischen den Dingen wählen, die man (er)kennt, das ist wahr.

Und danach verändern sich auch die sogenannten "Präferenzen". Das heisst: Die Entwicklung neuer Dinge vor dem objektiven Auge der Erkenntnis wirkt rück auf das, was wir wollen, ja auf das, was wir uns überhaupt erst vorstellen (können).

Und dann wirkt es rück auf entsprechende zielgerichtete Aktivitäten, auch gesellschaftliche Aktivitäten:

"Hey, da gibt's was! Lasst es uns freischaufeln! Ich sah die Spitze aus dem Erdreich ragen!"

Necromancer hat folgendes geschrieben:
Und da ist sie wieder, die Ursache. Ohne Ursache geht halt nichts im Willen des Menschen. Ich behaupte ohne Ursache gäbs gar keinen Menschen zwinkern


Auch das ist wahr. Kausalität works! All over! Day and night!

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Ich frag da eher in die Richtung "vom Ursprung".
oder anders formuliert, warum gibt es Neues und woher nimmt man das?


Das ist eine gute Frage. Wie entsteht aus etwas Totem etwas Lebendiges, das dann fragen kann:

"Mama, woher komme ich?"

"Vom Storch!"

"Ach so. Ach, von dem Herrn Storch ...-"

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
deterministisch sagt ja eigentlich konkret - es gibt nix Neues auf derra Welt.


Kann man schon so sagen. Alles nur Position und Dynamik von Teilchen. Nix Struktur.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
So weit warens im MA zur Hochscholastik auch schon.
Aber dennoch unfähig Veränderungen zu erkennen.


Man glaubte, die Welt könne aus sich heraus nichts neues schaffen, also die Welt selbst sei unschöpferisch. Deshalb musste etwas von außen kommen, das etwas neues schafft: Und Zack! War die Erde da! Und Plopp! zwei Menschen, usw.

Nix mit Evolution.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Es wird zwar der Versuch unternommen Veränderungen in bekannte Teilprozesse aufzulösen.
Was ja recht erfolgreich sein kann.
Aber da wird dann weder mit Traditionen gebrochen, noch irgendwas über Bord geworfen.
Dennoch kennen wir harte Brüche in der Kontinuität der Ideengeschichte.


Ja, und diese Brüche haben auch mit der Erkenntnis zu tun und diese wiederum mit dem aktiven Verändern der Welt.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:
Stellen wir Theorien oder Interpretationen auf, so sind diese allein schon strukturell befangen in Kausalitäten.
Der Determinismus bestätigt sich selber
Allerdings, oft genug auch erst im nachhinein.
Imho ist es eher ein rückwärtsschauend vorwärtsschreiten.
Neues entsteht mMn indem alte Kausalketten aufgebrochen und neu geknüpft werden.*
Funzt es sind die "neuen" Knüpfungspunkte neue Ansätze für Kausalitäten
also wird wieder im nachhinein "determiniert".

(* okay aus dem Nix geht halt nicht, und vielleicht sinds hier auch nur die Zufallsvariablen die signifikant dazwischenfunken - aber vollständig determiniert gibbet nicht - denk ich)


Kausalität ist ja nicht Determität. Ersteres heisst, alle Folgen haben Ursachen. Letzteres heisst, alle Ursachen haben ihre festgelegten Folgen.

Und sicherlich wird letzteres auch nicht richtig bewiesen, was ja nur ex post ohnehin nicht geht.

Und ja, die Theorien der Determiniker sind insofern ihre eigene Bestätigung als dass diese so sein müssen, wie sie sind. Theorien, die so und nicht anders sein können, könnten theoretisch auch wahr sein. In erster Linie sind sie aber zunächst mal nur notwendig. Oder zwanghaft.

Das mit der Wahrheit ist also noch mal was ganz anderes. Der müssen wir uns erst mal annähern. Und das ist eine Aufgabe ohne Ende ...-

Skeptiker

#1672:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 09:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du meinst, wenn die Gesellschaft in Kooperation mit ganz speziellen Physikern nicht für Determiniertheit sorgt, dann kann etwas ganz Schlimmes passieren ...-?

Skeptikers Signatur hat folgendes geschrieben:
Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.

Du bist scheinbar nicht nur ein Verleumder, sondern auch noch ein Heuchler.


Ist ja schon gut...

#1673:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 10:03
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es geht darum, herauszufinden, ob die Entscheidung seine eigene war, ob er willentlich und wissentlich seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist (ob er schuld ist also).

Wissentlich und willentlich ja, aber Vorwerfbarkeit und Schuldkonzept setzen die Willensfreiheit bereits voraus:

Schuld (Strafrecht) hat folgendes geschrieben:
Das deutsche Strafgesetzbuch enthält keine Legaldefinition des Begriffs. Heute herrschend ist der von Frank begründete [1] normative Schuldbegriff, wonach Schuld die Vorwerfbarkeit vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens bedeutet [2]. Diese Vorwerfbarkeit des schuldhaften Verhaltens beruht auf dem Gedanken der Willensfreiheit, soweit sie die Tatschuld berührt. ... Vorwerfbarkeit des Verhaltens setzt voraus, dass der Täter sich anders hätte entscheiden können. Nach der Theorie des Determinismus, welche bei rückschauender Betrachtung das Handeln des Menschen in anlage- und umweltbedingten Bestimmungskräften begründet sieht, ist in Ermangelung der Fähigkeit des Menschen, sich frei zwischen Recht und Unrecht zu entscheiden, dem Schuldprinzip der Boden entzogen. Die Verantwortlichkeit des einsichtsfähigen und gesunden Menschen wird dadurch aber nicht berührt. Deshalb hat der Umstand, dass die Wissenschaft den Indeterminismus nicht beweisen kann, weder Auswirkungen auf das Zivilrecht noch auf die Frage (strafbaren) Unrechts. Ob sich vor diesem Hintergrund aber der Schuldvorwurf auf Willensfreiheit als „staatsnotwendige Fiktion“ (Kohlrausch) stützen lässt, erscheint sehr fraglich und wird in den letzten Jahren zunehmend kritisch diskutiert. Von der Klärung, ob überhaupt ein Schuldvorwurf gegen den Täter erhoben werden darf, könnte vor allem der Umgang mit Gefangenen abhängen.


Ähnlich unter http://de.wikipedia.org/wiki/Schuld_%28Ethik%29 , wo zusätzlich auf Kompatibilisten wie Dennett verwiesen wird (deren Argumente mich aber, wie weiter oben diskutiert, nicht überzeugen).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und es geht darum, herauszufinden, ob er einsieht, dass er falsch gehandelt hat oder nicht, denn auch daraus kann man schließen, ob er sich in Zukunft anders verhalten wird.

Ja, da stimme ich zu.

#1674:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 10:18
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
... Mein zweiter Einwand wendet sich gegen eine falsche Intuition. Nämlich, wenn in der Vergangenheitsform gesprochen wird, es den Anschein erweckt, als wären Indeterministen der Meinung, es könnte eine andere Vergangenheit geben, oder es hätte eine andere Vergangenheit geben können.

Wenn man an eine echte Wahl (und nicht nur eine determinierte Entscheidung) glaubt, dann wird dieser Anschein ja zurecht erweckt. Kompatibilistische Deterministen gehen einen anderen Weg: Für sie gab es keine echte Wahl (AP hält die ja sogar für logisch unmöglich), aber die determinierte Entscheidung wird dem Individuum trotzdem vorgeworfen - weil sie ohne akute äußere Zwänge in ihm stattfand.

zelig hat folgendes geschrieben:
So zu reden macht für mich keinen Sinn in diesem Zusammenhang. Es geht für mich jedenfalls immer nur um die offene Zukunft.

Du bist ja auch Indeterminist. Aber was heißt "offene Zukunft"? Für mich bedeutet das:
- wir wissen nicht immer und nicht genau, was passieren wird. Auch determinierte Entscheidungen in der Zukunft können wir nicht immer voraussagen.
- Aktionen, die wir noch tun werden, können noch spätere Entscheidungen beeinflussen

Bezüglich der Wahlfreiheit sehe ich aber keinen Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Vielleicht kannst Du ja nochmal genauer erklären, wo Du ihn siehst.

#1675: Automatick Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 10:47
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
... Mein zweiter Einwand wendet sich gegen eine falsche Intuition. Nämlich, wenn in der Vergangenheitsform gesprochen wird, es den Anschein erweckt, als wären Indeterministen der Meinung, es könnte eine andere Vergangenheit geben, oder es hätte eine andere Vergangenheit geben können.

Wenn man an eine echte Wahl (und nicht nur eine determinierte Entscheidung) glaubt, dann wird dieser Anschein ja zurecht erweckt. Kompatibilistische Deterministen gehen einen anderen Weg: Für sie gab es keine echte Wahl (AP hält die ja sogar für logisch unmöglich), aber die determinierte Entscheidung wird dem Individuum trotzdem vorgeworfen - weil sie ohne akute äußere Zwänge in ihm stattfand.


Wir werfen ja den deterministischen Automatentheoretikern auch nicht vor, dass sie so denken, wie sie denken. Das ist nun mal zwanghaft. Sie können aus ihrer Vorstellungswelt des Automatentums nicht heraus, selbst wenn nichts Äußeres sie zu diesem Denken zwingt. Eine echte Wahl haben sie nicht. (Eine unechte allerdings auch nicht.)

Wenn man aber von dieser alten mechanischen Vorstellung "Input --> Subjekt --> Output" abgeht und auch nicht die Quantenmechanik fälschlicherweise für die Weltformel hält, wie könnte man dann den Vorgang des Entscheidens von Subjekten erklären?

Skeptiker

#1676:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 15:52
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es geht darum, herauszufinden, ob die Entscheidung seine eigene war, ob er willentlich und wissentlich seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist (ob er schuld ist also).

Wissentlich und willentlich ja, aber Vorwerfbarkeit und Schuldkonzept setzen die Willensfreiheit bereits voraus:

Schuld (Strafrecht) hat folgendes geschrieben:
Das deutsche Strafgesetzbuch enthält keine Legaldefinition des Begriffs. Heute herrschend ist der von Frank begründete [1] normative Schuldbegriff, wonach Schuld die Vorwerfbarkeit vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens bedeutet [2]. Diese Vorwerfbarkeit des schuldhaften Verhaltens beruht auf dem Gedanken der Willensfreiheit, soweit sie die Tatschuld berührt. ... Vorwerfbarkeit des Verhaltens setzt voraus, dass der Täter sich anders hätte entscheiden können. Nach der Theorie des Determinismus, welche bei rückschauender Betrachtung das Handeln des Menschen in anlage- und umweltbedingten Bestimmungskräften begründet sieht, ist in Ermangelung der Fähigkeit des Menschen, sich frei zwischen Recht und Unrecht zu entscheiden, dem Schuldprinzip der Boden entzogen. Die Verantwortlichkeit des einsichtsfähigen und gesunden Menschen wird dadurch aber nicht berührt. Deshalb hat der Umstand, dass die Wissenschaft den Indeterminismus nicht beweisen kann, weder Auswirkungen auf das Zivilrecht noch auf die Frage (strafbaren) Unrechts. Ob sich vor diesem Hintergrund aber der Schuldvorwurf auf Willensfreiheit als „staatsnotwendige Fiktion“ (Kohlrausch) stützen lässt, erscheint sehr fraglich und wird in den letzten Jahren zunehmend kritisch diskutiert. Von der Klärung, ob überhaupt ein Schuldvorwurf gegen den Täter erhoben werden darf, könnte vor allem der Umgang mit Gefangenen abhängen.

Das von mir Markierte ist doch gerade das Strittige, um das es hier in diesem Thread geht.

Da steht kein Argument, da stehen einfach nur irgendwelche Behauptungen. Sehr unbefriedigend, kann ich leider nicht als Beleg gelten lassen.

step hat folgendes geschrieben:
Ähnlich unter http://de.wikipedia.org/wiki/Schuld_%28Ethik%29 , wo zusätzlich auf Kompatibilisten wie Dennett verwiesen wird (deren Argumente mich aber, wie weiter oben diskutiert, nicht überzeugen).

Dieser Artikel ist sehr viel besser. Dort stehen nicht einfach so mal Behauptungen, die als richtig deklariert werden, sondern dort werden die unterschiedlichen Auffassungen nebeneinandergestellt.

Schuld (Ethik) hat folgendes geschrieben:
Der Zustand der Schuld entsteht, wenn jemand für einen Verstoß gegenüber einer sittlichen, ethisch-moralischen oder gesetzlichen Wertvorstellung verantwortlich ist.

So sehe ich das auch. Wobei allerdings "der Zustand der Schuld entsteht" ein bisschen unglücklich formuliert ist, denn Schuld ist ebenso ein askriptiver Begriff wie Verantwortung.

#1677:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 16:22
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wenn man an eine echte Wahl (und nicht nur eine determinierte Entscheidung) glaubt, dann wird dieser Anschein ja zurecht erweckt. Kompatibilistische Deterministen gehen einen anderen Weg: Für sie gab es keine echte Wahl (AP hält die ja sogar für logisch unmöglich), aber die determinierte Entscheidung wird dem Individuum trotzdem vorgeworfen - weil sie ohne akute äußere Zwänge in ihm stattfand.

Das ist so nicht ganz korrekt. Ich halte das Konzept einer "echten Wahl" aka PAP für inkonsistent.

Eine Wahl, so wie sie in einer determinierten Welt durch Abwägung möglich ist, halte ich für eine Wahl, wie sie echter nicht sein könnte. Wäre man anderer Meinung, müsste man halt irgendwie zeigen können, dass und inwiefern eine solche Wahl einer "echten Wahl / PAP" unterlegen wäre.

#1678:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 17:11
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Da steht kein Argument, da stehen einfach nur irgendwelche Behauptungen. ...

Richtig, das ist eher eine Statusbeschreibung. Strafrechtler waren eben noch nie Ethiker.

Übrigens - nur weil Du immer wieder betonst, daß Du meine Argumente nicht als solche ansiehst - auch ich habe bisher kein Argument gelesen, wieso eine in einem Individuum determiniert getroffene Entscheidung dazu berechtigen sollte, diesem Individuum zur Strafe Übel zuzufügen. Kompatibilisten begründen immer nur, warum sie auch einen unfreien Willen "Freien Willen" nennen können, indem sie etwas benennen, wovon der frei ist. Das könnte man als Sprachspielchen noch mitmachen, aber das Schuldkonzept ist damit mE nicht begründet.

Mich würde übrigens nicht wundern, wenn sich herausstellte, daß Schuldgefühle sekundär durch die Angst vor Strafe (bei Versagen gegenüber einer moralischen Konformitätserwartung) entstanden sind. Die Idee kam mir letztlich, habe aber noch nicht wirklich darüber nachgedacht.

#1679:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.07.2009, 22:16
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Da steht kein Argument, da stehen einfach nur irgendwelche Behauptungen. ...

Richtig, das ist eher eine Statusbeschreibung. Strafrechtler waren eben noch nie Ethiker.

Die Behauptung im Artikel scheint mir folgende zu sein: die meisten Strafrechtler seien Inkompatibilisten. Nicht dass das jetzt eine besonders große Rolle spielen würde, denn das tun nur Argumente, nicht simple Mehrheitsmeinungen, aber ich bezweifle diese Behauptung dennoch. Die meisten Strafrechtler, von denen ich was gelesen habe, würde ich eher als Kompatibilisten einordnen, (was aber, wenn dem so wäre, natürlich ebenso kein Punkt für mich wäre).

step hat folgendes geschrieben:
Übrigens - nur weil Du immer wieder betonst, daß Du meine Argumente nicht als solche ansiehst - auch ich habe bisher kein Argument gelesen, wieso eine in einem Individuum determiniert getroffene Entscheidung dazu berechtigen sollte, diesem Individuum zur Strafe Übel zuzufügen.

Du willst hier irgendwie suggerieren, dass "in einem Individuum getroffene Entscheidungen" nicht seine Entscheidungen seien, wobei unerklärterweise irgendwie der Determinismus eine Rolle spielen soll, nicht? Sonst hättest Du gefragt, warum von einem Individuum getroffene Entscheidungen berechtigen sollten, diesem Individuum zur Strafe Übel zuzufügen.

Eine von einem Individuum willentlich und wissentlich (oder fahrlässig) getroffene Entscheidung / Unterlassung ist mE notwendige Voraussetzung dafür, jemandem zur Strafe Übel zuzufügen. Aber eine hinreichende ist es nicht.

Die Frage in diesem Thread ist aber nicht die nach diesen hinreichenden Gründen für eine Übelzufügung, (das ist ein anderer Thread - in dem man zum Beispiel die Frage behandeln müsste, wieso eigentlich ein Übel wie Freiheitsentzug plötzlich kein Übel mehr wäre [oder ein geringeres Übel], wenn man es nicht "Strafe" [Freiheitsstrafe], sondern "Maßnahme" [Sicherungsverwahrung] nennen würde), sondern die nach der Art und Höhe der möglichen Selbstkontrolle eines Individuums über seine Entscheidungen und Handlungen.

Meine Einstellung dazu: ich halte Subjekte / moralische Agenten aufgrund ihrer Erkenntnis- und Reflexionsfähigkeit (normalerweise) dazu in der Lage, ihre Entscheidungen insofern hinreichend selber bestimmen zu können, als dass man sie ihnen berechtigterweise zuordnen kann. Ich sehe nicht, inwiefern Determinismus diese Fähigkeit einschränken könnte und ich sehe auch nicht, wie Indeterminismus diese Fähigkeit irgendwie erhöhen könnte. (Im Gegenteil glaube ich sogar, dass Indeterminismus dabei einschränkend wirken würde.)

Inkompatibilisten behaupten normalerweise, dass eine solche Kontrolle im Determinismus überhaupt nicht möglich wäre. Aber diese Behauptung ist einfach nur selbstwidersprüchlich und selbstaufhebend (sofern der Inkompatibilist harter Determinist ist), daher muss man sie nicht berücksichtigen (denn der harte Determinist muss seine Behauptung begründen können - aber das kann er aufgrund seiner Behauptung nun mal nicht).

Oder aber, und das ist der "Trick" der Hirnforscher Singer und Roth: sie definieren die Person weg, tun so, als ob die Person ein Beobachter außerhalb sich selber sei. Dann können sie alle Vorgänge (Präferenzen, Gedanken, Überlegungen, Abwägungen, Erkenntnisse usw.) als außerhalb der Person liegende Zwänge definieren, denen die Person unterlegen sei und daher nichts selber tun könne. Für sie gilt wohl irgendwie: Person = bewusstes Ich. Sie vertreten damit so 'ne Art Cartesisches Theater, was sie auf der anderen Seite aber auch wieder ablehnen. Das ist ebenfalls selbstwidersprüchlich.

Nun gut, Du behauptest das zugegebenermaßen nicht, also bist Du mAn eigentlich gar kein harter Determinist. Aber was Du eigentlich genau behauptest, ist mir bis jetzt immer noch nicht richtig klar.

Falls Du behauptest, für eine Verantwortungs- / Schuldzuweisung sei nach allgemeiner Sichtweise eine Letzturheberschaft notwendig, dann bestreite ich das ebenfalls. Wie oben schon gesagt. Das kommt mir nicht plausibel vor, denn es ist mE weit verbreiteter Konsens, dass Menschen durch ihre Erziehung / Erlebnisse / Umstände / Gene geprägt werden.

step hat folgendes geschrieben:
Kompatibilisten begründen immer nur, warum sie auch einen unfreien Willen "Freien Willen" nennen können, indem sie etwas benennen, wovon der frei ist. Das könnte man als Sprachspielchen noch mitmachen, aber das Schuldkonzept ist damit mE nicht begründet.

Meinst Du hier eigentlich den normativen Schuldbegriff, der auch dem Strafrecht zugrunde liegt? Oder meinst Du was anderes mit "Schuldkonzept"?

Und, naja, "Sprachspielchen" ist schon wieder einer Deiner Abqualifizierungsversuche. Impliziert, dass Du mit Deiner Ansicht einfach so recht hast, es eine bestimmte einzig wahre Bedeutung von "freier Wille" geben müsse. Aber warum dem so sein sollte, sagst Du wie immer nicht. Bleibt dann aber nur Deine Meinung und ohne stützende Argumente schlicht irrelevant.

step hat folgendes geschrieben:
Mich würde übrigens nicht wundern, wenn sich herausstellte, daß Schuldgefühle sekundär durch die Angst vor Strafe (bei Versagen gegenüber einer moralischen Konformitätserwartung) entstanden sind. Die Idee kam mir letztlich, habe aber noch nicht wirklich darüber nachgedacht.

Schuld ist genauso wie Verantwortung askriptiv, also zugewiesen. Daher entstehen Schuldgefühle mE durch die (evtl. durch Sanktionen verstärkten) Unwillensbekundungen des / der anderen. (Oder sie entstehen durch lediglich angenommene / projizierte Unwillensbekundungen.) Diese erzeugen die Meinung, etwas Unrechtes getan zu haben. (Oder auch nicht.)

#1680:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 27.07.2009, 14:29
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
... Mein zweiter Einwand wendet sich gegen eine falsche Intuition. Nämlich, wenn in der Vergangenheitsform gesprochen wird, es den Anschein erweckt, als wären Indeterministen der Meinung, es könnte eine andere Vergangenheit geben, oder es hätte eine andere Vergangenheit geben können.

Wenn man an eine echte Wahl (und nicht nur eine determinierte Entscheidung) glaubt, dann wird dieser Anschein ja zurecht erweckt. Kompatibilistische Deterministen gehen einen anderen Weg: Für sie gab es keine echte Wahl (AP hält die ja sogar für logisch unmöglich), aber die determinierte Entscheidung wird dem Individuum trotzdem vorgeworfen - weil sie ohne akute äußere Zwänge in ihm stattfand.


Ich möchte die ganze Schuld-Terminologie, zu der auch der Begriff "vorwerfen" gehört ja am liebsten rauslassen, weil das immer zu unnötigen Nebendiskussionen führt. Mir kommt es nur auf den Legitimationsprozess an, den auch Du mal, wenn ich mich recht erinnere, übereinstimmend als unverzichtbar bezeichnet hast. Ich möchte an dieser Stelle noch eine Korrektur gegen eine falsche Intuition anführen: Es denke zunächst nicht an das Individuum, das sich, nach Deiner Meinung zu unrecht, gegen Vorwürfe erwehren soll, obwohl es nicht anders handeln konnte. Ich denke an die Legitimationspflicht gesellschaftlicher Instanzen und staatlicher Organe, die unbedingt einzufordern wäre, wenn wir nicht totalitäre Verhältnisse riskieren wollen. Das hat einen anderen Charakter als die von Dir und AP diskutierten Szenarien. Die Legitimationspflicht bedeutet zunächst weder Schuldzuweisung noch Unfreiheit, sondern stellt im Gegenteil eine Methode dar, das Individuum vor Willkür zu schützen. Das sagt natürlich alles nichts über den Determinismus aus, aber ich möchte damit doch damit deutlich machen, wie essentiell der Prozess der Legitimation für eine demokratisch verfasste Gesellschaft ist. Und wie leicht Willkür und Obrigkeitswissen aus einer allzu flachen Idee der praktischen Konsequenzen eines deterministischen Standpunktes erwachsen. Bei gleichzeitiger Entwertung des Legitimationsprozesses.
Um das zu betonen spiele ich doch gerne die Ehefrau des Bischofs von Worcester. ; )


step hat folgendes geschrieben:

zelig hat folgendes geschrieben:
So zu reden macht für mich keinen Sinn in diesem Zusammenhang. Es geht für mich jedenfalls immer nur um die offene Zukunft.

Du bist ja auch Indeterminist. Aber was heißt "offene Zukunft"? Für mich bedeutet das:
- wir wissen nicht immer und nicht genau, was passieren wird. Auch determinierte Entscheidungen in der Zukunft können wir nicht immer voraussagen.
- Aktionen, die wir noch tun werden, können noch spätere Entscheidungen beeinflussen[...]


Ja. Und die Berechnung kann daher die Realität nicht einholen.

edit: kleine korrektur

#1681: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 29.07.2009, 17:22
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ich sagte doch explizit, daß Entscheidungsfreiheit (der Beschluß) - wie abstrus der Beschluß auch sein mag - das ist, worum es geht. Die Existenz des "Freie Willens" kann doch wohl schlecht davon abhängig gemacht werden, daß ein Wunsch nicht realisierbar ist - wie es hier vielfach angeklungen ist. Oder wird die Willensentscheidung Deiner Meinung nach dadurch infrage gestellt, daß man kein Elephant werden kann oder daß man nicht aus einer Diktatur entfliehen kann, weil die Chancen der Realisierbarkeit denkbar ungünstig sind und deshalb dieser Wille nicht existieren kann ?


Erstens sind viele Wünsche mit der Physiologie gegeben.



.

Hier gleitet die Diskussion wieder in andere Bereiche ab. Klar hat der Mensch Wünsche und Triebe, die aus dem Unbewußten kommen, aber darum geht es primär gar nicht. Es geht doch um die bewußte Kontrolle (oder auch die "gefühlte" Kontrolle) über diese Wünsche oder Regungen. Ist ein Mensch Sklave dieser Regungen oder hat er ein "Mitspracherecht" ? Darum geht es ja schließlich beim Thema der "Willensfreiheit", wie es schon seit Jahrhunderten in der westlichen Kultur diskutiert wird (z.B. Augustinus: "Wie weit sind wir in unserem Leben Herr unserer Entschlüsse?)

Wie ich oben geschildert habe (Link, #1328028), finde ich den Gedanken Libet's sehr interessant, der eine Art "Freiheit des Nichtwollens" (Vetorecht) postuliert.

Und diese Freiheit äußert sich in einer Kontrollfähigkeit über diese Regungen. Und diese Kontrollfähigkeit wiederum ist je nach Betrachtungsweise mehr oder weniger eingeschränkt. Betrachte ich mich nur als mein "bewußtes Ich" habe ich bestenfalls ein Vetorecht über meine Regungen, das ggf. bei schnellen "Entscheidungen" auch noch völlig ausgehebelt wird. Schließe ich mein Unbewußtes, das eine viel größere Kommunikationsbandbreite mit der Umwelt besitzt, mit ein, sieht die Sache etwas anders aus.

Darüber hinaus koppelt die bewußte Reflektion ("der rationale Agent", "der Analysator" oder wie auch immer) rück auf das Unbewußte (das Spiel mit "Priming", sublime "Implantate", Suggestionsformeln, Werbung, etc....)

Zitat:
Einen weiteren großen Teil steuert die Sozialisation bei.


Auch hier: Das soziale Umfeld ist ein Konglomerat von Willensregungen. Es selbst ist durch in die Tat umgesetzte Willensregungen veränderbar.

Zitat:
Und das ist beides nichts, was jemand sich frei gewählt hat.


Im Gegensatz zu Deiner deterministischen These, bin ich der Auffassung, daß Sozialisation und Physiologie keine starren Systeme sind, die nicht auch umgekehrt von Willensregungen beeinflussbar wären.

Zitat:
Zweitens beeinflusst der Grad der eingeschätzten/erkannten Realisierbarkeit eines Wunsches sehr drastisch auch den Willen eines rationalen Agenten (Subjekts).


Selbstverständlich ! Aber keinesfalls die Willensregung an sich ! Die Reflektion setzt doch erst später ein ! Sie kann den Willen dann zwar "abschwächen", aber die Regung nicht mehr verhindern.

Zitat:
Noch nie was von der Verdrängung von Wünschen ins Unbewusste gehört?


Klar, schon. Aber ich weiß nicht, ob ich da Dein richtiger Ansprechpartner bin....hier im Internet.....so öffentlich...., na dann schieß los: Wo drückt Dein Schuh?

Zitat:
Da gibt es offenbar eine Wechselwirkung zwischen der Erkenntnis der Möglichkeit der objektiven Realisierbarkeit und dem subjektiven Willen.


Das nennt man übrigens Reflektion. Aber das ist doch nix Neues. Und darüber streitet doch auch niemand.

Zitat:
Ich machte ja ein kleines Gedankenspiel über das Zusammenkommen eines Willesn A=A'.....


Welche physiologischen Mechanismen willst Du denn durch A und A' beschreiben. Das ganze Gedankenspiel sollte vielleicht etwas anschaulicher gestaltet werden (anhand eines Beipiels).
Und was möchtest Du damit aufzeigen? Oder zielst Du damit auf die Eingangsbehauptung und das Eingangsexperiment dieses Threads ab (Seite 1) ?

Zitat:
Insofern sage ich noch einmal in Ergänzung der Frage, ob ein Mensch ein Willens-Automat sei: Nein, ist er nicht, denn sein Wille ist etwas anderes als Willens-Hydraulik.....


Ich wüßte nicht, daß wir beide da jemals drüber diskutiert hätten. Welcher reflexartiger Automatismus läuft denn da bei Dir ab ?????

Zitat:
Aber ich betrachte hier den Zusammenhang zwischen Bedürfnissen, sozialer Entwicklung, Kultur, Erkenntnis und objektiven Möglichkeiten. Die Erkenntnis realer Möglichkeiten spielt bei der Diskussion der menschlichen Freiheit die entscheidende Rolle.


Das ist vollkommen richtig, aber Du setzt hier den Ausdruck "Willensfreiheit" mit "menschlicher Freiheit" gleich. Dadurch bekommst Du natürlich eine völlig andere Diskussion und musst Dich dann auch nicht wundern, daß durch Deine "Neudefinition" alle munter durcheinander diskutieren anstatt miteinander. Darum geht es doch in dem langen Streit der Philosophen und anderer Gelehrter um die "Willensfreiheit" gar nicht (siehe auch Eingangsthema). Die Diskussion geht um die Frage : "Bin ich Herr über meine Willensregungen (wie ein Reiter über sein Pferd) oder sein Sklave (oder ein"Zwischending") ?"

Menschliche Freiheit und reale Möglichkeiten, einen Willen umzusetzen, ist eher die Diskussion um Politik. Dazu findet man auch einiges im Grundgesetz.

P.S.: Ich fragte Dich weiter oben, was Deine inhaltliche Hauptkritik an den Artikeln in "Gehirn und Geist" (s.o.) sei. Hab aber keine Antwort bekommen.

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#1682: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 31.07.2009, 13:32
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens sind viele Wünsche mit der Physiologie gegeben.


Hier gleitet die Diskussion wieder in andere Bereiche ab. Klar hat der Mensch Wünsche und Triebe, die aus dem Unbewußten kommen, aber darum geht es primär gar nicht. Es geht doch um die bewußte Kontrolle (oder auch die "gefühlte" Kontrolle) über diese Wünsche oder Regungen. Ist ein Mensch Sklave dieser Regungen oder hat er ein "Mitspracherecht" ? Darum geht es ja schließlich beim Thema der "Willensfreiheit", wie es schon seit Jahrhunderten in der westlichen Kultur diskutiert wird (z.B. Augustinus: "Wie weit sind wir in unserem Leben Herr unserer Entschlüsse?)

Wie ich oben geschildert habe (Link, #1328028), finde ich den Gedanken Libet's sehr interessant, der eine Art "Freiheit des Nichtwollens" (Vetorecht) postuliert.

Und diese Freiheit äußert sich in einer Kontrollfähigkeit über diese Regungen. Und diese Kontrollfähigkeit wiederum ist je nach Betrachtungsweise mehr oder weniger eingeschränkt. Betrachte ich mich nur als mein "bewußtes Ich" habe ich bestenfalls ein Vetorecht über meine Regungen, das ggf. bei schnellen "Entscheidungen" auch noch völlig ausgehebelt wird. Schließe ich mein Unbewußtes, das eine viel größere Kommunikationsbandbreite mit der Umwelt besitzt, mit ein, sieht die Sache etwas anders aus.

Darüber hinaus koppelt die bewußte Reflektion ("der rationale Agent", "der Analysator" oder wie auch immer) rück auf das Unbewußte (das Spiel mit "Priming", sublime "Implantate", Suggestionsformeln, Werbung, etc....)


Grundsätzlich hat der Mensch den Wunsch, verdauliche Dinge zu essen. Warum hat der Mensch nicht den Wunsch, unverdauliche Dinge zu essen? Woher kommt das?

Und wo siehst Du hier Ansatzpunkte eines "Vetos" gegen den Wunsch, verdauliche Dinge zu essen? Und warum bringst Du hier die Kategorien "Bewusstes/Unbewusstes" ein? Für mich ist es erst mal nicht relevant, ob ein Wille bewusst ist, sondern relevant ist für mich die Erklärung, woher ein Wille kommt, an dem wir dann hängen.

Und der Wille kommt gar nicht primär aus dem Gehirn. Eigentlich ist der Wille zu irgendwas ein Produkt der Evolution. Es sind eben solche Menchen ausgestorben, die lieber Sand essen wollen, während solche Menschen überlebt und sich fortgepflanzt haben, die lieber Fleisch und/oder andere verdauliche Sachen essen wollen.

Die Existenzbedingungen, die objektiven Lebensbedürfnisse sind hier die schlichte Ursache eines Grundwillens. Dass dieser Grundwille sich dann verfeinert und in immer feinere Verästelungen konkretisiert - je nach inneren und äußeren Bedingungen - das ist klar. Aber kein Feinwill ohne Grundwille.

Das Gehirn erzeugt keinen Willen. Das Gehirn sucht eher nach Realisierungsmöglichkeiten und formuliert geeignete Strategien und Aktionen. Das Gehirn besteht aber nicht aus einer homogenen black box, sondern besteht aus einer Vielheit von ganz verschiedenen Organen, wenn man so will, die für ganz unterschiedliche Bereiche zuständig sind. Die Verbindung der Großhirnareale mit tieferen Hirnschichten, mit dem peripheren Nervensystem, mit den hormonellen Systemen, mit dem Immunsystem, usw. ist wichtig. Es fließt der Gesamtorganismus in alles Denken, Fühlen und Wollen ein. Und es fließt "die Umwelt" ein, die wiederum eine komplexe Vielheit ist:

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Einen weiteren großen Teil steuert die Sozialisation bei.

Auch hier: Das soziale Umfeld ist ein Konglomerat von Willensregungen. Es selbst ist durch in die Tat umgesetzte Willensregungen veränderbar.


Sozialisation ist nicht soziales Umfeld. Sozialisation ist eine Nachprogrammierung, welche die Physiologie ergänzt. Der individuelle Grundwille, der sich daraus in der Entwicklung formt, ist der Sockel, auf dem sich alles weitere aufbaut.

Das "Ich" ist dann in seinem Wollen durch diese beiden Dinge definiert. Es kommen sicher noch andere Einflüsse hinzu bis hin zu situativen Faktoren im hier und jetzt.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und das ist beides nichts, was jemand sich frei gewählt hat.


Im Gegensatz zu Deiner deterministischen These, bin ich der Auffassung, daß Sozialisation und Physiologie keine starren Systeme sind, die nicht auch umgekehrt von Willensregungen beeinflussbar wären.


Zunächst einmal bestimmen jene Systeme das bewusste Streben des Menschen. Dieses Streben wiederum verändert natürlich vieles in seiner Welt. Jedoch wird die Richtung der Veränderung durch ersteres maßgeblich bestimmt.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zweitens beeinflusst der Grad der eingeschätzten/erkannten Realisierbarkeit eines Wunsches sehr drastisch auch den Willen eines rationalen Agenten (Subjekts).


Selbstverständlich ! Aber keinesfalls die Willensregung an sich ! Die Reflektion setzt doch erst später ein ! Sie kann den Willen dann zwar "abschwächen", aber die Regung nicht mehr verhindern.


Ich formuliere's noch mal anders, worauf ich hinaus wll:

Zitat:
Wie steht es aber mit dem Einfluss des Geistes aufs Gehirn, also dem Pfeil in umgekehrter Richtung? Ein solcher Einfluss wäre vorstellbar, wenn der Geist unabhängig vom Gehirn existierte und von sich aus aktiv werden könnte. In der Abbildung ist er durchgestrichen, weil es einen solchen Einfluss nicht geben kann, und zwar aus folgendem Grund:

Akzeptiert man, dass der Geist außerhalb der physikalischen Welt gedacht werden muss, dass das Gehirn dagegen zur Welt gehört, in der die Gesetze der Physik gelten, dann kann es keinen Einfluss des Geistes aufs Gehirn geben. Denn gäbe es ihn, so müsste zu irgendwelchen Zeitpunkten Aktivität im Gehirn ohne erkennbare Ursache entstehen, gewissermaßen wie von Geisterhand erzeugt, das Kausalitätsprinzip wäre in diesem Fall nicht gültig. So etwas ist aber nie gefunden worden, alle Funktionen des Gehirns erweisen sich als in Einklang mit den Naturgesetzen. Könnte der Geist auf das Gehirn einwirken, und wäre dies beweisbar, so entspräche dies einer sehr viel größeren Revolution der Physik, als es die Relativitätstheorie und die Quantenmechanik zu Beginn des letzten Jahrhunderts waren.


http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/1001695&_z=798884


Nun ist ja "der Geist" zweifellos Ausdruck der Gehirnphysiologie. Nach den obigen Ausführungen kann zwar das Gehirn den Geist beeinflussen, nicht aber der Geist das Gehirn, weil das eine immateriell und bloß ein Produkt, das andere materiell sei.

Nun ist die Erkentnnis zweifellos ein Ergebnis der Gehirnphysiologie und ihres (verwirklichten) Potenzials. Soll aber diese Rangfolge zwischen dem primären (materiellen) und sekundären (abgeleiteten) Faktor bedeuten, dass letztes das erstere nicht beeinflussen könne?

Ich finde, das ist nicht durchdacht. Denn auch wenn das Denken und Erkennen ja von einer materiellen Struktur produziert werden, so muss das nicht heissen, dass es keine Rückwirkung gibt.

Wenn ein Rennwagen beispielsweise Geschwindigkeit produziert, welche ja ohne Materie nicht existieren kann - Geschwindigkeit ist immer Geschwindigkeit von etwas! - dann kann trotzdem diese Geschwindigkeit durch einen Crash gegen eine Mauer sich ganz schön auf die materielle Struktur des Rennwagens auswirken.

Auch die Erkenntnis ist im übrigen eine Art von Bewegung. Sie ist auch eine sehr grundsätzliche Struktur, die sich mit der Zeit entwickelt und zu einem Turm der Erkenntnis auftürmt. Erkenntnis ist nicht einfach nur das unmittelbare Wahrnehmen, sondern besteht aus Grundinformationen über die Welt, welche wiederum den Willen modifizieren kann.

Ich bin ja schon oben darauf eingegangen, wie in etwa.

Auf jeden Fall bedeutet bewusste Erkenntnis nicht bloß unmittelbare Reflektion, wie Du oben schreibst. Sondern es wird quasie ein Pool an Wissen und Erfahrung angelegt, der in einem komplizierten Wechselverhältnis zu den Willens-Grundprägungen steht. Und dieser Wissenspool geht tief ins unbewusste Denken ein, kann aber gezielt ins Bewusstsein geleitet werden, teilweise auch recht schnell.

Das mit der Reisszwecke hat dagegen lediglich mit Reflexen zu tun, die schon Insekten haben.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Noch nie was von der Verdrängung von Wünschen ins Unbewusste gehört?


Klar, schon. Aber ich weiß nicht, ob ich da Dein richtiger Ansprechpartner bin....hier im Internet.....so öffentlich...., na dann schieß los: Wo drückt Dein Schuh?


Unbewusst ist unbewusst. Also: keine Ahnung!

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da gibt es offenbar eine Wechselwirkung zwischen der Erkenntnis der Möglichkeit der objektiven Realisierbarkeit und dem subjektiven Willen.


Das nennt man übrigens Reflektion. Aber das ist doch nix Neues. Und darüber streitet doch auch niemand.


Hmpf, ja. Also, was ich sagen wollte, ist: Die Erkenntnis schafft neue Möglichkeiten, wo vorher keine (erkennbar) waren. Dadurch vergrößert die Erkenntnis den Mölglichkeits- und Handlungsspielraum des Menschen objektiv, zumindest dann, wenn entsprechende Mittel zur Verfügung stehen.

Rest später.

Skeptiker

#1683:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 31.07.2009, 17:28
    —
Das Gehirn ist ja wohl ein hochgradig rückgekoppeltes System und nicht ein lineares. Wenn es so etwas produziert, was wir Geist nennen, dann wirkt dieser ganz bestimmt wieder in vielfältige Weise auf die Prozesse zurück, die ihn produziert haben. Desgleichen wird es auch eine Wechselwirkung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein geben, die sich ständig gegenseitig beeinflussen.

Nehmen wir das Experiment, das diesem Thread zugrunde liegt. So wie ich mich erinnern mag (der Artikel ist nicht mehr auf dem Netz), hatte der Proband die Aufgabe zu entscheiden mit dem linken oder rechten Finger einen von zweien Knöpfen zu drücken (wahrlich eine tiefschürfende Entscheidung Mit den Augen rollen). Die bildgebenden Aufnahmen konnten dann bis 7 Sekunden vor einer bewussten Entscheidung voraussagen, welcher der beiden Knöpfe gedrückt wird. Was wäre wenn das Bewusstsein in dieser Situation den unbewussten Strukturen explizit den Auftrag erteilt, selber zu entscheiden ? Gemäss Anweisung des Experimentators sollte die Wahl ja willkürlich sein...

Die Schlussätze des Manifestes (Autoren: Christian E. Elger, Angela D. Friederici, Christof Koch, Heiko Luhmann, Christoph von der Malsburg, Randolf Menzel, Hannah Monyer, Frank Rösler, Gerhard Roth, Henning Scheich, Wolf Singer) von 2004 lauten übrigens:

Zitat:
Aller Fortschritt wird aber nicht in einem Triumph des neuronalen Reduktionismus enden. Selbst wenn wir irgendwann einmal sämtliche neuronalen Vorgänge aufgeklärt haben sollten, die dem Mitgefühl beim Menschen, seinem Verliebtsein oder seiner moralischen Verantwortung zugrunde liegen, so bleibt die Eigenständigkeit dieser "Innenperspektive" dennoch erhalten. Denn auch eine Fuge von Bach verliert nichts von ihrer Faszination, wenn man genau verstanden hat, wie sie aufgebaut ist. Die Hirnforschung wird klar unterscheiden müssen, was sie sagen kann und was außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegt, so wie die Musikwissenschaft - um bei diesem Beispiel zu bleiben - zu Bachs Fuge Einiges zu sagen hat, zur Erklärung ihrer einzigartigen Schönheit aber schweigen muss.


Diese meinte Hans Küng, wenn er schrieb:
Hans Küng hat folgendes geschrieben:
Die Hirnforschung bietet zur Zeit keine empirisch nachprüfbare Theorie über den Zusammenhang von Geist und Gehirn, von Bewusstsein und Nervensystem. Insofern darf man hoffen, dass sich alle Hirnforscher in Zukunft vor reduktionistischen Statements hüten und sich an die Schlusssätze ihres Manifestes halten ...
(zitiert aus http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/1001695&_z=798884)

Zuletzt bearbeitet von PataPata am 01.08.2009, 13:33, insgesamt einmal bearbeitet

#1684: ID Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 31.07.2009, 19:00
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn ist ja wohl ein hochgradig rückgekoppeltes System und nicht ein lineares. Wenn es so etwas produziert, was wir Geist nennen, dann wirkt dieser ganz bestimmt wieder in vielfältige Weise auf die Prozesse zurück, die ihn produziert haben. Desgleichen wird es auch eine Wechselwirkung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein geben, die sich ständig gegenseitig beeinflussen.



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Und diese wechselwirken wiederum mit der Umwelt. Ein recht anschauliches Beispiel für das ID - Konzept.

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#1685: Re: ID Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 31.07.2009, 19:20
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn ist ja wohl ein hochgradig rückgekoppeltes System und nicht ein lineares. Wenn es so etwas produziert, was wir Geist nennen, dann wirkt dieser ganz bestimmt wieder in vielfältige Weise auf die Prozesse zurück, die ihn produziert haben. Desgleichen wird es auch eine Wechselwirkung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein geben, die sich ständig gegenseitig beeinflussen.



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Und diese wechselwirken wiederum mit der Umwelt. Ein recht anschauliches Beispiel für das ID - Konzept.

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Was hat ID (meinst Du tatsächlich Intelligent Design ?) damit zu tun ?

#1686: Re: ID Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 01.08.2009, 07:46
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Das Gehirn ist ja wohl ein hochgradig rückgekoppeltes System und nicht ein lineares. Wenn es so etwas produziert, was wir Geist nennen, dann wirkt dieser ganz bestimmt wieder in vielfältige Weise auf die Prozesse zurück, die ihn produziert haben. Desgleichen wird es auch eine Wechselwirkung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein geben, die sich ständig gegenseitig beeinflussen.



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Und diese wechselwirken wiederum mit der Umwelt. Ein recht anschauliches Beispiel für das ID - Konzept.

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Was hat ID (meinst Du tatsächlich Intelligent Design ?) damit zu tun ?



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The ID - Project

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#1687: Re: ID Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 01.08.2009, 09:54
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Was hat ID (meinst Du tatsächlich Intelligent Design ?) damit zu tun ?
The ID - Project
Abkürzungen sind Glücksache: ID - darum bin ich dagegen (edit: gegen Abkürzungen natürlich)...

Zuletzt bearbeitet von PataPata am 01.08.2009, 12:58, insgesamt einmal bearbeitet

#1688: Re: Interdisziplinäres Kaffeekränzchen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 01.08.2009, 10:36
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich machte ja ein kleines Gedankenspiel über das Zusammenkommen eines Willesn A=A'.....


Welche physiologischen Mechanismen willst Du denn durch A und A' beschreiben.


Keine. Ich behandle den Willen zunächst mal als 'black box'.

Es handelt sich um die theoretische Gegenüberstellung zweier 'reiner' Hypothesen. Die eine Hypothese a geht davon aus, dass ein Wille A (- meinetwegen gar seit ewigen Zeiten, seit irgendwelchen Ursuppen von einem gut kochenden Gott namens Maggi -) determiniert ist, während die Hypothese a' besagt, dass ein Wille A' aus einem "freien Willen" (- was man sich auch immer darunter vorstellen mag -) entsteht, so als wenn der Wille sich plötzlich in sich selber widerspricht. Ich lasse einfach beide Hypothesen dahin gestellt und treffe hier überhaupt gar keine Aussage. (Übrigens ist die Möglichkeit eines Selbstwiderspruchs gar nicht mal so abwegig.)

Was aber entscheidend ist: Zu einem bestimmten Zeitpunkt t ist der Wille A=Wille A' fix, wie auch immer er ist. Selbst, wenn ich mich noch mal kurz umentscheide, dann ist er eben zu einem Zeitpunkt t' fix. Irgendwann ist er fix und fertig, egal, wie er zustande gekommen ist.

Ab diesem Zeitpunkt t oder t' bin ich von diesem Willen abhängig und handle als abhängiges Subjekt, nicht als "freies" Subjekt. Und ob nun der Wille bewusst ist, halbbewusst oder total unbewusst, ist hier prinzipiell egal.

Darüber hinaus kann es der aufgedrückte Wille anderer Subjekte sein oder ein aus der Nowendigkeit der Situation entstandener Wille, mit dem das Subjekt eigentlich gar nicht übereinstimmt in seinen eigentlich Bedürfnissen und Zielen.

Vielleicht kann man aber den "freien Willen" am ehesten als den eigenwertigen, mit den nichtentfremdeten Bedürfnissen identischen Willen definieren. Doch auch dies könnte "determinstisch" zustande kommen. Ich weiß wirklich nicht, ob man einen sich selbst widersprechenden Willen als einen freieren, im Sinne eines selbstidentischen Willen annehmen muss.

Was Du weiter oben als Zeit für die Reflektion ins Spiel brachtest, ändert hier übrigens nichts, da es von außen immer noch nicht unterscheiden lässt zwischen Willen A und Willen A'. Auch der völlig determinierte Wille A kann genau so lange brauchen, bis er heraus ploppt wie der "freie" Wille A'.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das ganze Gedankenspiel sollte vielleicht etwas anschaulicher gestaltet werden (anhand eines Beipiels).


Ein Beispiel? Man kann jedes Beispiel nehmen, wo es um allgemeine oder konkrete Wünsche und Bereitschaften geht. Wenn ein Mensch den Wunsch hat, eine Blume zu pflücken, die er gerade am Wegesrand erblickt, dann ist kaum zu sagen, wie der Wille A oder A' zustande gekommen ist. Man sieht nur, dass ein Wille da ist. Und dieser Wunsch mag unterdrückt sein oder nicht. Er mag von längeren Gedanken begleitet sein oder nicht. Entfremdet oder selbstidentisch. All das ist möglich.

Man kann es nicht sagen. Was man fragen kann ist, inwieweit ein Wille mit den objektiven Lebensbedürfnissen eines Menschen zusammenhängt und ob der Wille real und objektiv umsetzbar ist. Dieses Verhältnis zwischen Bedürfnis ---> Wunsch ---> Bereitschaft und den zur Lösbarkeit geeigneten Mitteln & Strategien ist meiner Ansicht nach das Kriterium, um einen Willen als frei oder unfrei bezeichnen zu können.

Anstatt in idealistischer Weise über eine überirdische Freiheit und Losgelöstheit des Willens zu sprechen, können wir aber immerhin zusätzlich angeben, unter welchen Bedingungen regelmäßig bestimmte Willensäußerungen zustande kommen. Aber auch hier haben wir es mit einem Abhängigkeitsverhältnis zu tun.

Das lässt die Veränderungspotenziale des einmal zustande gekommenen Willens unbenommen.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Und was möchtest Du damit aufzeigen? Oder zielst Du damit auf die Eingangsbehauptung und das Eingangsexperiment dieses Threads ab (Seite 1) ?


Nein, die Eingangsbehauptung thematisiert ja nur das Verhältnis zwischen Bewusstsein und Nicht-Bewusstsein. Weltbewegend sind die beschriebenen Ergebnisse in keiner Weis. Denn dass das meiste Denken nicht bewusst ist, ist ja nun wirklich nichts neues. Trotzdem gehört auch das Nichtbewusste genau so zum Subjekt wie das Bewusste.

Es wird dort ja nur etwas beschrieben, aber nichts erklärt. Wie auch? Wie kann man solche enorm komplizierten Qualitäten wie das Wünschen, Wollen, Streben, Fühlen und Denken auf so reduktionistische Weise erklären? Man kann im Grunde nur sehen, was raus kommt, aber man kommt natürlich nicht hinter das 'warum?'. Vielleicht irgendwann in 5000 Jahren. Aber dann braucht man ganz andere Methoden zur Erfassung qualitativer Strukturen und Zusammenhänge. Und diese Methoden hat man heute nicht, ganz einfach.

Dass alles mit allem zusammenhänge, besagt im übrigen auch alles und nichts, Tso Wang.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber ich betrachte hier den Zusammenhang zwischen Bedürfnissen, sozialer Entwicklung, Kultur, Erkenntnis und objektiven Möglichkeiten. Die Erkenntnis realer Möglichkeiten spielt bei der Diskussion der menschlichen Freiheit die entscheidende Rolle.


Das ist vollkommen richtig, aber Du setzt hier den Ausdruck "Willensfreiheit" mit "menschlicher Freiheit" gleich. Dadurch bekommst Du natürlich eine völlig andere Diskussion und musst Dich dann auch nicht wundern, daß durch Deine "Neudefinition" alle munter durcheinander diskutieren anstatt miteinander. Darum geht es doch in dem langen Streit der Philosophen und anderer Gelehrter um die "Willensfreiheit" gar nicht (siehe auch Eingangsthema). Die Diskussion geht um die Frage : "Bin ich Herr über meine Willensregungen (wie ein Reiter über sein Pferd) oder sein Sklave (oder ein"Zwischending") ?"


Du hast Recht. Ich setze hier einen ganz anderen Schwerpunkt. Der freie Wille kann nicht als losgelöst von äußeren und inneren Bedingungen betrachtet werden, selbst dann, wenn man ein Wahrscheinlichkeitsspektrum, eine Varianz der Willensäußerungen annimmt. Der Wille hängt daran und wir hängen an dem Willen. Ein freier Wille kann nur ein nichtentfremdeter und handlungsfähiger Wille sein. Daraus ergeben sich doch erst solche Entscheidungen, welche Freiheit erst realisieren und nicht bloß denken.

Und ob der Mensch nun "Sklave seiner Triebe" sei, wie Freud annahm oder eher ein "göttliches", geistiges Wesen - das ist ein Streit, den andere ausfechten sollen. Ich betrachte bereits die dort eingesetzten Paradigmen für irrelevant und benutze sie gar nicht.

Was mich interessiert ist die Frage nach der Art und Weise, wie sich Erkenntnis entwickelt (nach welchen Gesetzmäßigkeiten) und wie diese auf das Wollen zurückwirkt. Diese Entwicklungsgesetze sind für mich der Schlüssel zur Erforschung der menschlichen Fähigkeit zur Freiheit.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Menschliche Freiheit und reale Möglichkeiten, einen Willen umzusetzen, ist eher die Diskussion um Politik. Dazu findet man auch einiges im Grundgesetz.


Das ist ein Missverständnis. Natürlich kann die Politik, kann eine Gesellschaft die menschlichen Bedürfnisse auf soziale Weise befriedigen, zu einem Großteil zumindest. Aber mein point of view ist allgemeiner. Auch wenn Du nur Robinson Crusoe auf seiner einsamen Insel betrachtest, so kann auch dieser Mensch durch seine Erkenntnisfähigkeit sich neue Möglichkeiten der Problemlösung schaffen. Auch eine soziale Politik muss auf der gemeinsamen Erkenntnis realer Möglichkeiten aufbauen. Richtig ist aber, dass es darum geht, bewusste Lösungsstrategien zu konzipieren, hier wie da.

Die Rückwirkung nun dieser Erkenntnis objektiver Potenziale auf den Willen selbst führt dann aber letztens zu dessen Veränderung, Entwicklung und - Freiheit!

So herum kann man das - glaube ich - betrachten.

Und ich füge noch hinzu, dass sowohl die Entwicklung der Dinge insgesamt, die darauf folgende Erkenntnis dieser Dinge und der daraufhin zum Teil modifizierte Wille allesamt nicht deterministisch sind, genau so wenig wie es die natürliche Evolution des Lebens ist. All dies ist meiner Meinung nach prinzipiell unvorhersehbar und nicht nur mangels Zeit unberechenbar, so dass ein allwissender "Gott" oder auch eine "Weltformel" prinzipiell ausscheiden.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
P.S.: Ich fragte Dich weiter oben, was Deine inhaltliche Hauptkritik an den Artikeln in "Gehirn und Geist" (s.o.) sei. Hab aber keine Antwort bekommen.


Ich habe das Heft nicht mehr gefunden. Ist schon einige Jahre her. Vielleicht nennst Du mal ein paar Inhalte daraus ...-?

Skeptiker

#1689:  Autor: WallyWohnort: HB BeitragVerfasst am: 02.08.2009, 19:15
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was mich interessiert ist die Frage nach der Art und Weise, wie sich Erkenntnis entwickelt (nach welchen Gesetzmäßigkeiten) und wie diese auf das Wollen zurückwirkt.

Klar: Erst wenn man weiss, wie man denkt,
kann man Details zum Willen sagen.

Aber -- man weiss noch nicht, wie z.B. der Wunsch zustande kommt, eine Blume zu pflücken
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ein Beispiel [..]
Wenn ein Mensch den Wunsch hat, eine Blume zu pflücken, die er gerade am Wegesrand erblickt, dann ist kaum zu sagen, wie der Wille A oder A' zustande gekommen ist. Man sieht nur, dass ein Wille da ist.
Weder durch jahrelange Psychoanalyse ('von innen')
noch durch Brodmannsche Hirnkarten ('von außen')
noch durch Durchblutungsbildchen
ist die Blumenfrage bisher beantwortbar Traurig

#1690:  Autor: WallyWohnort: HB BeitragVerfasst am: 02.08.2009, 20:20
    —
zur nicht verstandenen Blümchenfrage:

Im Deutschlandfunk sagte gerade in der Sendung
Kartographen der Seele -- 100 Jahre nach Brodmanns erstem Hirnatlas
Karl Zilles:
"Wir können zwar [..] Muster von Aktionspotenzialen [messen],
dann haben wir sozusagen das Morsealphabet untersucht.
Aber wir haben immer noch nicht verstanden, was in der Morsebotschaft wirklich drin steht.
Und das bedeutet also, dass wir bei jeder Interpretation von bildgebenden Verfahren, denen wir Funktionen unterlegen, vorsichtig sein müssen.
Denn die Funktionsbeschreibung ist eine neuropsychologische,
die Ergebnisse der Bildgebung sind Repräsentationen von molekularen Prozessen
und diese beiden Kategorien sind nicht notwendigerweise identisch."

#1691:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 05.08.2009, 15:55
    —
Eben den gbs-Newsletter erhalten. Darin die Ankündigung von Michaels neuem Buch:
gbs hat folgendes geschrieben:

"JENSEITS VON GUT UND BÖSE": DAS NACHFOLGEBUCH ZUM "MANIFEST DES EVOLUTIONÄREN HUMANISMUS" ERSCHEINT AM 11.9.2009

(hpd) "Jenseits von Gut und Böse – Warum wir ohne Moral die besseren Menschen sind" lautet der Titel des neuen Buchs von Michael Schmidt-Salomon, das am 11. September im Pendo Verlag (Piper) erscheinen wird. "Es ist mein wichtigstes Buch", sagt der Autor selbst – und hat wahrscheinlich Recht damit: Denn wo Nietzsches "Umwertung aller Werte" einst endete, setzt Schmidt-Salomon neu an. Wohl nie zuvor wurde das traditionelle Weltbild so radikal in Frage gestellt, wurde die naturalistisch-humanistische Position so konsequent zu Ende gedacht und dabei zugleich derart anschaulich geschildert. hpd-Redakteurin Fiona Lorenz sprach mit dem Autor über das Buch und die Debatten, die es auslösen könnte.

Link zum Interview:
http://hpd.de/node/7572

Sehenswerter Videotrailer zum Buch:
http://www.youtube.com/watch?v=4uL7kPkYTZc

Weitere Informationen:
http://www.die-erloesung.de

Darin hat die Negation des freien Willens offenbar einen wichtigen Platz... (s. Interview)

Ich frage mich aber, warum nicht einmal die Idee der starken Illusion eines freien Willens leben darf, um liberale Ideen bezüglich Schuld und Sühne zu entwickeln...

Edit: Diskussion über MSSs Buch "Jenseits von Gut und Böse" da!

#1692:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 28.11.2009, 22:22
    —
Hier ein interessanter Aufsatz zur Kritik gegenwärtiger Tendenzen in der "Neurowissenschaft":

Fuchs, Thomas (2006): Neuromythologien. Mutmaßungen über die Bewegkräfte der Hirnforschung, in: Scheidewege. Jahresschrift für skeptisches Denken 36, S. 184-202.

Zitat:
Die folgenden Überlegungen wollen einen Beitrag zur Analyse teils manifester, teils latenter Motive leisten, die in der reduktionistischen Form der Hirnforschung wirksam sind. Dabei geht es nicht darum, die zweifellos bedeutsamen und womöglich vielfältigen Nutzen bringenden Fortschritte der Neurowissenschaften auf ihrem eigenen Gebiet in Frage zu stellen. Es geht vielmehr um eine Form „veröffentlichter Neurobiologie“, die den viel weiter gehenden Anspruch erhebt, ein neues Menschenbild zu etablieren.

#1693:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 12:24
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Hier ein interessanter Aufsatz zur Kritik gegenwärtiger Tendenzen in der "Neurowissenschaft":

Fuchs, Thomas (2006): Neuromythologien. Mutmaßungen über die Bewegkräfte der Hirnforschung, in: Scheidewege. Jahresschrift für skeptisches Denken 36, S. 184-202.

Zitat:
Die folgenden Überlegungen wollen einen Beitrag zur Analyse teils manifester, teils latenter Motive leisten, die in der reduktionistischen Form der Hirnforschung wirksam sind. Dabei geht es nicht darum, die zweifellos bedeutsamen und womöglich vielfältigen Nutzen bringenden Fortschritte der Neurowissenschaften auf ihrem eigenen Gebiet in Frage zu stellen. Es geht vielmehr um eine Form „veröffentlichter Neurobiologie“, die den viel weiter gehenden Anspruch erhebt, ein neues Menschenbild zu etablieren.


Ausgezeichnete Analyse.

#1694:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 12:39
    —
Ich habe eine Frage. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, gibt es hier einen breiten Konsens in der Einstufung mentaler Zustände als Epiphänomene. Wäre es für die Befürworter dieser Ansicht eine Konsequenz daraus, daß eine Welt ohne mentale Zustände eine identische Kopie unserer Welt wäre (natürlich ohne diesen mentalen Appendix)?

#1695:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 13:29
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Hier ein interessanter Aufsatz zur Kritik gegenwärtiger Tendenzen in der "Neurowissenschaft":

Fuchs, Thomas (2006): Neuromythologien. Mutmaßungen über die Bewegkräfte der Hirnforschung, in: Scheidewege. Jahresschrift für skeptisches Denken 36, S. 184-202.

Es geht in dem Text ja schon gleich gut los mit dem ersten Nicht-Argument: Der Angst vor unangenehmen Schwindelgefühlen bei der Beschäftigung mit Konsequenzen aus der Hirnforschung. Aber sei's drum.

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Die folgenden Überlegungen wollen einen Beitrag zur Analyse teils manifester, teils latenter Motive leisten, die in der reduktionistischen Form der Hirnforschung wirksam sind. Dabei geht es nicht darum, die zweifellos bedeutsamen und womöglich vielfältigen Nutzen bringenden Fortschritte der Neurowissenschaften auf ihrem eigenen Gebiet in Frage zu stellen. Es geht vielmehr um eine Form „veröffentlichter Neurobiologie“, die den viel weiter gehenden Anspruch erhebt, ein neues Menschenbild zu etablieren.

Oho, latente Motive. Die sind konservativen Freier-Wille-Vertretern natürlich völlig fremd. Aber sei's drum, ich lese mal weiter, ob auch inhaltliche Argumente gegen die Folgerungen in bezug auf das Menschenbild kommen, oder ob es Fuchs nur darum geht, seine Gegner schlechtzumachen und sich seinen Zorn über den Verlust seiner Deutungshoheit UND seines Menschenbilds von der Seele zu schreiben.

S.3-6 - eine Ansammlung pejorativer, teilweise strohmannartiger Verwünschungen des Entzauberungsprogramms der Wissenschaften, voller Psychologismen und archaischer Vokabeln (Thron, nackt, Triumph, erniedrigt, Kampf, Abdankung, Genugtuung ...), ohne ein einziges Argument.

S.6-7

Hier scheint, inmitten weiterer Strohmänner und Verächtlichmachungen, so etwas wie die Andeutung eines Argumentationsversuchs zu sein:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Aus der an sich trivialen Wahrheit der Beteiligung des Gehirns an allem menschlichen Erleben scheint zu folgen, dass die Humanwissenschaften ohne neurobiologische Erkenntnisse nicht mehr auf zeitgemäßer Grundlage arbeiten können. Das über Generationen gewachsene Wissen von Pädagogen, Psychologen, Soziologen oder Philosophen erscheint altmodisch, wenn es nicht neurowissenschaftlich umformuliert und aufgerüstet wird.

Zum einen gilt das jedoch nur für gewisse Aspekte der tradierten Lehren, zum zweiten frage ich mich, was denn dieses "über Generationen gewachsene Wissen" jener Disziplinen (man könnte noch die Theologie hinzufügen) ausmacht. Welches stabile Wissen hat denn die Philosophie oder Theologie? Hat sich nicht in den vergangenen Generationen das pädagogische und auch das psychologische wissen mehrfach wesentlich geändert? Und daß wir tot sind, wenn wir tot sind, oder daß man Blei nicht chemisch zu Gold verwandeln kann, wissen wir auch durch die Naturwissenschaft, während die Psychologie, Alchemie und Philosophie mehrheitlich das Gegenteil propagierte oder zumindest akzeptierte. Was ist also so Schlimmes daran, wenn durch "Reduktion" grundsätzliche Fehlannahmen in anderen Wissenschaften aufgedeckt werden?

S.7-10

Fuchs hat folgendes geschrieben:
und Viktor von Weizsäcker zeigte, dass das Subjekt nie ganz aus dem fortwährenden Kreislauf von Wahrnehmung und Bewegung heraustreten, dass ihm sein eigener Grund daher nicht gegenständlich werden könne. Das eigene Selbst ist nicht etwas in der Welt Vorhandenes.

Non sequitur.

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Aber auch unser alltäglicher Lebensvollzug entzieht sich der unmittelbaren Selbstbeobachtung und geht der Reflexion immer voraus. Was immer wir bewusst planen oder tun – es geschieht aus einem verborgenen Grund heraus, den wir nie ganz in die Helligkeit des rationalen Begreifens zu bringen vermögen.

Daß die unmittelbare Selbstbeobachtung, die Reflexion, ungeeignet zur Erklärung von Entscheidungsvorgängen ist, ist nicht strittig, sondern gehört geradezu zum Ansatz der Hirnforschung. Diese wählt vielmehr eine outer-view-Methode und ist u.a. deswegen erfolgreich.

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das Selbstverhältnis und das Verhältnis zu Anderen lassen sich nicht messen, nicht in Ursache und Wirkung oder einzelne Faktoren zerlegen ...

Behauptung ohne Beleg.

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Wer sich mit den Uneindeutigkeiten und Unwägbarkeiten subjektiver und intersubjektiver, insbesondere emotionaler Phänomene schwer tut – und das ist bei Wissenschaftlern häufig der Fall – zugleich aber einen latentes Bedürfnis behält, diese Phänomene auf einem Umweg doch noch „in den Griff zu bekommen“, der schlägt eine Laufbahn als naturwissenschaftlicher Psychologe, neurobiologisch orientierter Psychiater oder gleich Neurowissenschaftler ein.

Aha, Wissenschaftler sind asoziale und pervers. Das ist ja unglaublich, was der Mann da für einen primitiven Schwachsinn schreibt. Noch so ein Ding, dann lese ich nicht mehr weiter.

S.13-17

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Wie in der Genetik den Mythos vom Heiligen Gral, so finden wir ... auch in den neurobiologischen Utopien krypto-religiöse Motive wieder.

Ja klar, und Gerhard Roth hat ein unerfülltes Sexleben und einen Vaterkomplex.

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Der Verlust der Freiheit entlastet uns zugleich von der Bürde der Eigenverantwortung. ...

Ojeoje ... der Verlust der Freiheit entlastet den Menschen keineswegs von der Verantwortung, die ihm von seinen Mitmenschen zugewiesen wird. Verantwortliches Handeln wird von einem Gehirn erwartet, das funktioniert nur, wenn es hinreichend determinierbar ist, so wird es daher vererbt und in diesem Wissen kulturell geprägt.

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Die Flucht in die Selbstverdinglichung und vermeintliche Determiniertheit ist der primäre Abwehrmechanismus des Menschen, der von seinem grundlosen, beliebigen Dasein überfordert ist.

Sonst wird aber doch die Grundlosigkeit und Beliebigkeit immer als "Argument" gegen den inkompatibilistischen Determinismus angeführt ... Und zudem ist es für die Frage nach dem Determinismus irrelevant, ob und warum dem Menschen dies paßt oder auch nicht. Naturwissenschaft versucht nämlich, und das mit einigem Erfolg, sich durch ihre Methodik gerade von solchen psychologistischen Motiven unabhängig zu machen.

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen. Selbst das Gehirn, das der Neurowissenschaftler erforscht, ist ja nur Teil seiner eigenen, subjektiven
Wirklichkeit. Wir können also nur hypothetisch annehmen, so Gerhard Roth, dass es ein eigentlich reales „Gehirn an sich“ außerhalb unserer Welt geben muss, das diese Welt entwirft und darin schließlich auch die wissenschaftliche Erkenntnis seiner selbst produziert. Dieses Gehirn bleibt an sich verborgen und unerkennbar – wir können nur an es glauben.

Auch diesen Fehler findet man immer wieder, vor allem bei Philosophen. Es ist für den Erfolg der Neurowissenschaften (wie auch anderer Wissenschaften) absolut unerheblich, daß wir keine Ontologie im engeren Sinne haben. Es ist unerheblich, ob das Gehirn oder die Welt "real existiert" (was immer das bedeutet) oder nicht - es zählt einzig die empirisch belegbare Voraussagekraft der Modelle.

S.17-Ende

Da kommt nur noch Geschwurbel.


Fazit: Eine weitere Haßpredigt gegen die Hirnforschung und ihr Publikum, verpackt als "Mutmaßung" über deren "latente Motive". Keinerlei inhaltliches Argument für den Freien Willen oder gegen die Claims der Hirnforschung.

#1696:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 13:36
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe eine Frage. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, gibt es hier einen breiten Konsens in der Einstufung mentaler Zustände als Epiphänomene. Wäre es für die Befürworter dieser Ansicht eine Konsequenz daraus, daß eine Welt ohne mentale Zustände eine identische Kopie unserer Welt wäre (natürlich ohne diesen mentalen Appendix)?

Vorab: Wir hatten ja schon festgestellt, daß "Epiphänomen" auch nicht immer gleich verstanden wird.

Abgesehen davon aber: Ich würde sagen ja, es wäre eine identische Kopie (wobei es die nicht geben kann, mit oder ohne mentale Zustände).

#1697:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 14:17
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe eine Frage. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, gibt es hier einen breiten Konsens in der Einstufung mentaler Zustände als Epiphänomene. Wäre es für die Befürworter dieser Ansicht eine Konsequenz daraus, daß eine Welt ohne mentale Zustände eine identische Kopie unserer Welt wäre (natürlich ohne diesen mentalen Appendix)?

Vorab: Wir hatten ja schon festgestellt, daß "Epiphänomen" auch nicht immer gleich verstanden wird.

Abgesehen davon aber: Ich würde sagen ja, es wäre eine identische Kopie (wobei es die nicht geben kann, mit oder ohne mentale Zustände).


Danke für die klare Antwort, der ich als Konsequenz dieser Ansicht zustimmen würde. Ich finde die Differenz zwischen unseren Anschauungen nirgends besser fokussiert als in der Beantwortung dieser Frage.

#1698:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 14:23
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe eine Frage. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, gibt es hier einen breiten Konsens in der Einstufung mentaler Zustände als Epiphänomene. Wäre es für die Befürworter dieser Ansicht eine Konsequenz daraus, daß eine Welt ohne mentale Zustände eine identische Kopie unserer Welt wäre (natürlich ohne diesen mentalen Appendix)?
Vorab: Wir hatten ja schon festgestellt, daß "Epiphänomen" auch nicht immer gleich verstanden wird.

Abgesehen davon aber: Ich würde sagen ja, es wäre eine identische Kopie (wobei es die nicht geben kann, mit oder ohne mentale Zustände).
Danke für die klare Antwort, der ich als Konsequenz dieser Ansicht zustimmen würde. Ich finde die Differenz zwischen unseren Anschauungen nirgends besser fokussiert als in der Beantwortung dieser Frage.

Was ich dabei nicht verstehe: Selbst wenn man an mentale Zustände glaubt, die keine materiellen Epiphänomene sind, wäre doch eine Kopie dieser Welt mit ihr identisch. Also ich meine, die mentalen Zustände wären doch dann p.d. ebenfalls kopiert, was immer das bedeutet, oder?

Kanst Du erläutern, wieso der Kopiervorgang den Unterschied zwischen unseren Ansichten (etwa der Existenz unabhängiger mentaler Zustände) besser verdeutlicht?

#1699:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 15:13
    —
Freier Wille und Dopamin, ein Spiegelartikel, schon ein paar Tage alt.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,661078,00.html

#1700:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 15:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe eine Frage. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, gibt es hier einen breiten Konsens in der Einstufung mentaler Zustände als Epiphänomene. Wäre es für die Befürworter dieser Ansicht eine Konsequenz daraus, daß eine Welt ohne mentale Zustände eine identische Kopie unserer Welt wäre (natürlich ohne diesen mentalen Appendix)?
Vorab: Wir hatten ja schon festgestellt, daß "Epiphänomen" auch nicht immer gleich verstanden wird.

Abgesehen davon aber: Ich würde sagen ja, es wäre eine identische Kopie (wobei es die nicht geben kann, mit oder ohne mentale Zustände).
Danke für die klare Antwort, der ich als Konsequenz dieser Ansicht zustimmen würde. Ich finde die Differenz zwischen unseren Anschauungen nirgends besser fokussiert als in der Beantwortung dieser Frage.

Was ich dabei nicht verstehe: Selbst wenn man an mentale Zustände glaubt, die keine materiellen Epiphänomene sind, wäre doch eine Kopie dieser Welt mit ihr identisch. Also ich meine, die mentalen Zustände wären doch dann p.d. ebenfalls kopiert, was immer das bedeutet, oder?

Kanst Du erläutern, wieso der Kopiervorgang den Unterschied zwischen unseren Ansichten (etwa der Existenz unabhängiger mentaler Zustände) besser verdeutlicht?


Vorab. Wenn wir über diesen Aspekt sprechen, dann können wir die Frage nach der Natur der mentalen Zustände, gleichgültig ob wir sie als materiell oder als imateriell betrachten oder sonstwie eigentlich ausser Acht lassen. Wichtig ist hinsichtlich dieser Frage nur das Charakteristikum als Epiphänomen, als eine Art leer drehendes Rad, oder eine Anhäufung leer drehender Räder, die gewissermaßen mit der Nabe an den jeweiligen Achsen der Ursachenwirklichkeit fixiert sind, keine Auswirkung aufeinander haben, aber auch keine Auswirkung auf die Ursachenwirklichkeit. Stimmt dieses Bild für Dich? Wenn ja, dann hätte ich Dich danach gefragt, ob eine Kopie unserer Wirklichkeit, sagen wir seit der Existenz mentaler Zustände, einen anderen oder einen identischen Verlauf genommen hätte, wenn mentale Zustände in der kopierten Realität ganz fehlen würden. Nach meiner Ansicht wäre der Verlauf ein anderer gewesen, nach Deiner identisch. Oder?

#1701:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 15:47
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
... dann hätte ich Dich danach gefragt, ob eine Kopie unserer Wirklichkeit, sagen wir seit der Existenz mentaler Zustände, einen anderen oder einen identischen Verlauf genommen hätte, wenn mentale Zustände in der kopierten Realität ganz fehlen würden. Nach meiner Ansicht wäre der Verlauf ein anderer gewesen, nach Deiner identisch. Oder?

Ja, genau. So wie ich Dich jetzt verstehe, würden die mentalen Zustände in Deinem Modell zwar mitkopiert, würden aber einer unterschiedlichen Zeitentwicklung unterliegen. Richtig?

#1702:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 15:51
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
... dann hätte ich Dich danach gefragt, ob eine Kopie unserer Wirklichkeit, sagen wir seit der Existenz mentaler Zustände, einen anderen oder einen identischen Verlauf genommen hätte, wenn mentale Zustände in der kopierten Realität ganz fehlen würden. Nach meiner Ansicht wäre der Verlauf ein anderer gewesen, nach Deiner identisch. Oder?

Ja, genau. So wie ich Dich jetzt verstehe, würden die mentalen Zustände in Deinem Modell zwar mitkopiert, würden aber einer unterschiedlichen Zeitentwicklung unterliegen. Richtig?


Einer unterschiedlichen zeitlichen Entwicklung unterliegen. Ja. Die Realität wäre letztlich eine ganz andere.

#1703:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 16:28
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
... dann hätte ich Dich danach gefragt, ob eine Kopie unserer Wirklichkeit, sagen wir seit der Existenz mentaler Zustände, einen anderen oder einen identischen Verlauf genommen hätte, wenn mentale Zustände in der kopierten Realität ganz fehlen würden. Nach meiner Ansicht wäre der Verlauf ein anderer gewesen, nach Deiner identisch. Oder?
Ja, genau. So wie ich Dich jetzt verstehe, würden die mentalen Zustände in Deinem Modell zwar mitkopiert, würden aber einer unterschiedlichen Zeitentwicklung unterliegen. Richtig?
Einer unterschiedlichen zeitlichen Entwicklung unterliegen. Ja. Die Realität wäre letztlich eine ganz andere.

OK, also eine "libertarian incompatibilist" Variante, ähnlich wie ballancer sie vertritt. Und da für Dich die mentalen Zustände ja wieder auf die Materie zurückwirken müssen, z.B. bei Entscheidungen, muss diese Wirkung daher eine physikalisch neuartige Kraft sein, die der bekannten Quantenphysik widerspricht, so daß diese zumindest bei Entscheidungen unzutreffend sein müßte. Denn letztere kennt ja nur unitäre Zeitentwicklungsoperatoren.

#1704:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 18:54
    —
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
... dann hätte ich Dich danach gefragt, ob eine Kopie unserer Wirklichkeit, sagen wir seit der Existenz mentaler Zustände, einen anderen oder einen identischen Verlauf genommen hätte, wenn mentale Zustände in der kopierten Realität ganz fehlen würden. Nach meiner Ansicht wäre der Verlauf ein anderer gewesen, nach Deiner identisch. Oder?
Ja, genau. So wie ich Dich jetzt verstehe, würden die mentalen Zustände in Deinem Modell zwar mitkopiert, würden aber einer unterschiedlichen Zeitentwicklung unterliegen. Richtig?
Einer unterschiedlichen zeitlichen Entwicklung unterliegen. Ja. Die Realität wäre letztlich eine ganz andere.

OK, also eine "libertarian incompatibilist" Variante, ähnlich wie ballancer sie vertritt. Und da für Dich die mentalen Zustände ja wieder auf die Materie zurückwirken müssen, z.B. bei Entscheidungen, muss diese Wirkung daher eine physikalisch neuartige Kraft sein, die der bekannten Quantenphysik widerspricht, so daß diese zumindest bei Entscheidungen unzutreffend sein müßte. Denn letztere kennt ja nur unitäre Zeitentwicklungsoperatoren.


Es trifft leider nicht zu, daß die Wirksamkeit mentaler Prozesse zwangsläufig die Behauptung einer neuartigen physikalischen Kraft beinhaltet, welche gegen irgendein Naturgesetz verstoßen würde. Die Behauptung, daß dies so sei, stellt jedoch eine unhaltbare Verengung der ganzen Diskussionsbreite und der innerhalb dieser Breite möglichen unterschiedlichen Positionen und Kombinationsmöglichkeiten von Standpunkten dar, die einer szientistischen Sichtweise geschuldet ist.

#1705:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 19:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen. Selbst das Gehirn, das der Neurowissenschaftler erforscht, ist ja nur Teil seiner eigenen, subjektiven
Wirklichkeit. Wir können also nur hypothetisch annehmen, so Gerhard Roth, dass es ein eigentlich reales „Gehirn an sich“ außerhalb unserer Welt geben muss, das diese Welt entwirft und darin schließlich auch die wissenschaftliche Erkenntnis seiner selbst produziert. Dieses Gehirn bleibt an sich verborgen und unerkennbar – wir können nur an es glauben.

Auch diesen Fehler findet man immer wieder, vor allem bei Philosophen. Es ist für den Erfolg der Neurowissenschaften (wie auch anderer Wissenschaften) absolut unerheblich, daß wir keine Ontologie im engeren Sinne haben. Es ist unerheblich, ob das Gehirn oder die Welt "real existiert" (was immer das bedeutet) oder nicht - es zählt einzig die empirisch belegbare Voraussagekraft der Modelle.

Ich befürchte, dass eine Deutung der Naturwissenschaften, die sich mit dem Prognoseerfolg zufriedengibt, eher eine Ausnahme darstellt. Wenn ich z.B. Wolf Singer lese, entsteht stattdessen der Eindruck einer naiv-realistischen Interpretation, in der ontologisiert wird, was das Zeug hält. Dort werden dann nicht nur die theoretischen Konstrukte der Naturwissenschaft (z.B. "Atome", "Elementarteilchen") analog zu Tischen und Stühlen als "in der Welt seiend" angenommen, sondern teilweise sogar die der Naturwissenschaft zugrundeliegenden methodischen Prinzipien (z.B. "Kausalprinzip"). Als ontologische Grundierung dient dabei der Begriff der "Materie", der wohl auf eine bestimmte (einheitliche) Beschaffenheit des Seienden abzielen soll. Dabei wird diese "Materie" nicht nur als "seiend" gedeutet, sondern darüber hinaus werden ihr sogar noch spezifische Eigenschaften zugeschrieben (z.B. hier: "...deterministische Systeme sind offen und kreativ, können Neues in die Welt bringen. Das kann Materie. Man muss der Materie ein bisschen mehr zutrauen."). All das fällt für mich ganz eindeutig in den Bereich metaphysischer - ontologischer - Spekulation und ist weit entfernt von einem rein instrumentalistischen Wissenschaftsverständnis.

#1706:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 19:33
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Und da für Dich die mentalen Zustände ja wieder auf die Materie zurückwirken müssen, z.B. bei Entscheidungen, muss diese Wirkung daher eine physikalisch neuartige Kraft sein, die der bekannten Quantenphysik widerspricht, so daß diese zumindest bei Entscheidungen unzutreffend sein müßte. Denn letztere kennt ja nur unitäre Zeitentwicklungsoperatoren.
Es trifft leider nicht zu, daß die Wirksamkeit mentaler Prozesse zwangsläufig die Behauptung einer neuartigen physikalischen Kraft beinhaltet, welche gegen irgendein Naturgesetz verstoßen würde.

Das sagt sich mal eben so transzendent. Aber wie sonst sollen die für die Handlung nötigen Änderungen der Gehirnatomzustände bewirkt werden?

zelig hat folgendes geschrieben:
Die Behauptung, daß dies so sei, stellt jedoch eine unhaltbare Verengung der ganzen Diskussionsbreite und der innerhalb dieser Breite möglichen unterschiedlichen Positionen und Kombinationsmöglichkeiten von Standpunkten dar, die einer szientistischen Sichtweise geschuldet ist.

Du kannst diese "Breite an möglichen unterschiedlichen Positionen" natürlich gern trotzdem einnehmen.

#1707:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.11.2009, 19:44
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen. Selbst das Gehirn, das der Neurowissenschaftler erforscht, ist ja nur Teil seiner eigenen, subjektiven Wirklichkeit. Wir können also nur hypothetisch annehmen, so Gerhard Roth, dass es ein eigentlich reales „Gehirn an sich“ außerhalb unserer Welt geben muss, das diese Welt entwirft und darin schließlich auch die wissenschaftliche Erkenntnis seiner selbst produziert. Dieses Gehirn bleibt an sich verborgen und unerkennbar – wir können nur an es glauben.
Auch diesen Fehler findet man immer wieder, vor allem bei Philosophen. Es ist für den Erfolg der Neurowissenschaften (wie auch anderer Wissenschaften) absolut unerheblich, daß wir keine Ontologie im engeren Sinne haben. Es ist unerheblich, ob das Gehirn oder die Welt "real existiert" (was immer das bedeutet) oder nicht - es zählt einzig die empirisch belegbare Voraussagekraft der Modelle.

Ich befürchte, dass eine Deutung der Naturwissenschaften, die sich mit dem Prognoseerfolg zufriedengibt, eher eine Ausnahme darstellt. Wenn ich z.B. Wolf Singer lese, entsteht stattdessen der Eindruck einer naiv-realistischen Interpretation, in der ontologisiert wird, was das Zeug hält.

Naja, die meisten Vertreter höherer Naturwissenschaften (also Nichtphysiker) gehen von einem hypothetischen Realismus aus, was - für ihr Fachgebiet - keinen Unterschied macht. Fuchs ging es in seinem Vorwurf ja nicht um finale epistemologische oder ontologische Kategorien, sondern seine Behauptung versucht, das Gehirn (im Gegensatz etwa zum Stein) einer Operationaliserung zu entziehen, weil Instanzen derselben Klasse Gehirn im reflektiven Kontext dies nicht können:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen.

Falls er das nicht meint, was dann?

Tapuak hat folgendes geschrieben:
Dort werden dann nicht nur die theoretischen Konstrukte der Naturwissenschaft (z.B. "Atome", "Elementarteilchen") analog zu Tischen und Stühlen als "in der Welt seiend" angenommen, sondern teilweise sogar die der Naturwissenschaft zugrundeliegenden methodischen Prinzipien (z.B. "Kausalprinzip"). Als ontologische Grundierung dient dabei der Begriff der "Materie", der wohl auf eine bestimmte (einheitliche) Beschaffenheit des Seienden abzielen soll. Dabei wird diese "Materie" nicht nur als "seiend" gedeutet, sondern darüber hinaus werden ihr sogar noch spezifische Eigenschaften zugeschrieben (z.B. hier: "...deterministische Systeme sind offen und kreativ, können Neues in die Welt bringen. Das kann Materie. Man muss der Materie ein bisschen mehr zutrauen."). All das fällt für mich ganz eindeutig in den Bereich metaphysischer - ontologischer - Spekulation und ist weit entfernt von einem rein instrumentalistischen Wissenschaftsverständnis.

Ich stimme Dir insofern zu, als die Begriffe "zutrauen" und "kreativ" psychologisierend eine implizite Intentionalität oder Intelligenz der Materie suggerieren. Ansonsten fällt das aber alles unter harmlosen hypothetischen Realismus und hat keinerlei Relevanz für den wissenschaftlichen Inhalt etwa der Feststellung, daß Entscheidungsfindung im Gehirn determiniert abläuft.

#1708:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 01:26
    —
step hat folgendes geschrieben:
Fuchs ging es in seinem Vorwurf ja nicht um finale epistemologische oder ontologische Kategorien, sondern seine Behauptung versucht, das Gehirn (im Gegensatz etwa zum Stein) einer Operationaliserung zu entziehen, weil Instanzen derselben Klasse Gehirn im reflektiven Kontext dies nicht können:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen.

Falls er das nicht meint, was dann?
Fuchs ging es in seinem Vorwurf ja nicht um finale epistemologische oder ontologische Kategorien, sondern seine Behauptung versucht, das Gehirn (im Gegensatz etwa zum Stein) einer Operationaliserung zu entziehen, weil Instanzen derselben Klasse Gehirn im reflektiven Kontext dies nicht können:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen.

Falls er das nicht meint, was dann?

Am Kopf kratzen

Das ist aber doch nicht seine Meinung, sondern die von Roth, die er hier lediglich darstellt. Das geht doch aus dem Kontext eindeutig hervor, oder etwa nicht?

Und mAn ist die Ansicht von Roth (und auch die von Singer) tatsächlich einfach nur schlechte Philosophie, inkonsistent, selbstwidersprüchlich und somit selbstaufhebend. Und das scheint mir Fuchs' Punkt hier zu sein. Und da stimme ich ihm zu.

Und falls Du annehmen solltest, es ginge bei der ganzen Diskussion, bei den Auffassungen von Roth und Singer nur um die Widerlegung des ontologischen Dualismus, dann irrst Du mE schlicht. Die Behauptungen sind viel weitergehender, auch wenn Du das nicht sehen willst. Es geht mE letzlich um die Behauptung der Richtigkeit des eliminativen Materialismus (nur eine Beschreibung auf der Ebene der Elementarteilchen ist ein adäquater Standpunkt der Beschreibung der Wirklichkeit, d.h. eine hypothetische zukünftige Physik kann die Welt auf Elementarteilchenebene hinreichend und letztlich einzig richtig beschreiben und das ist auch das langfristige Ziel [ob es erreicht werden kann ist hier unwesentlich - es geht um die Ontologie, die dahinter steckt] ), es geht also mE um die Beanspruchung des "wahren" Standpunktes, den die Naturwissenschaft durch diese Thesen anscheinend beansprucht, um eine Deutungshoheit. Das hat Fuchs mE durchaus treffend beschrieben.

Um jetzt nicht falsch verstanden zu werden: den Anspruch an sich finde ich völlig in Ordnung. Vielleicht ist die Ansicht ja richtig. Aber dann müsste schlicht mehr vorgetragen werden können als schlechte Philosophie, als Ausführungen, die sich schon selber ad absurdum führen.

Es müsste mehr sein als ein banaler linearer Kausalkettendeterminismus des 17. Jahrhunderts, der noch nicht mal die Konzepte von Rekursion, Selbstbezüglichkeit, Selbstorganisation, Rückkopplung kennt geschweige denn berücksichtigt, der mE deswegen niemals die Entstehung von Personen, d.h (in gewissem Rahmen) eigenmächtig handelnden Systemen verstehen kann, der immer nur aufgrund dessen der Auffassung anhängen muss, dass "in Wirklichkeit" alles nur Produkt der Vergangenheit ist, alles verlustlos auf die ferne Vergangenheit reduziert werden kann und dann (insofern) folgerichtig das Konzept der Person als nicht "der wahren Realität" (= "Illusion") entsprechend ansieht (jedoch evtl. "zwar zurzeit behelfsmäßig nützlich, aber eigentlich und hoffentlich langfristig verzichtbar") oder, wie einige der hier behandelten Hirnforscher sagen: "Keiner kann anders als er ist. Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören von Freiheit zu reden."

Aber wie auch immer. Diese Diskussion hier dreht sich mE eh nur im Kreis. Meine Vermutung ist die, dass es Dir dabei nur um die Frage "Dualismus oder Monismus" geht. Und Du irgendwie nicht verstehen kannst, aus welchem Grunde auch immer, dass es anderen eben nicht darum geht. Du (und andere, die Deiner Ansicht zustimmen) versuchen dann immer alle Ansichten, die nicht mit der Deinen übereinstimmen auf diesen Punkt herunterzubrechen.

Und es geht auch nicht um die "absolute, vorausetzungslose von allem unabhängige Freiheit". Auch wenn Du immer wieder versuchst, die Diskussion darauf zu reduzieren und zu beschränken.

Letztlich, und das wird Dir sicher nicht gefallen, kann man Deine Argumentation auf folgende These komprimieren: "Freiheit ist etwas Binäres: entweder gibt es absolute Freiheit - d.h. Unabhängigkeit von allem oder es gibt überhaupt keine Freiheit, man darf das dann, wenn es nicht von allem unabhängig ist, nicht mehr Freiheit nennen". Und dabei verkennst Du völlig, dass a) es hier wenig strittig ist, dass es Freiheit in diesem Sinne nicht gibt - die Feststellung, dass jeder von Rahmenbedingungen, die er nicht beeinflussen kann, abhängig ist wäre mE problemlos der Mehrheit der Leute vermittelbar und b) dass Sprachregelungen, die jemand argumentlos postuliert, meist wenig gut ankommen. Du musst einfach mal in Betracht ziehen, dass für jemand anderen als Dich "Freiheit" etwas anderes bedeutet, Du also nicht die Deutungshoheit über diesen Begriff beanspruchen kannst.

Jedoch, um das jetzt noch zu Ende zu führen, bedeutet Deine These nun mal (und das vertrittst Du offensichtlich auch), dass, weil keine Handlung völlig frei sein kann, jede Handlung gleichermaßen unfrei sein muss. Und damit wirst Du, behaupte ich, weniger Zustimmung ernten können. Die Bedeutung von Worten, der Sinn von Konzepten hängt aber mE nun mal davon ab, was man darunter versteht. Es ist (falls das so ist) notwendigerweise absurd, zu behaupten, man selber habe das richtige Konzept, die richtige Bedeutung eines Wortes (hier "Freiheit") und die anderen, die das anders sehen, würden irren.

#1709:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 08:52
    —
Falls es jemanden interessiert:
Habermas - Zwischen Naturalisms und Religion; stw1918

Kann ich auch speziell zu diesem Teil der Diskussion empfehlen. Entlüftet so ein bisschen das Hirn. ; )

#1710:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 10:02
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es müsste mehr sein als ein banaler linearer Kausalkettendeterminismus des 17. Jahrhunderts, der noch nicht mal die Konzepte von Rekursion, Selbstbezüglichkeit, Selbstorganisation, Rückkopplung kennt ...


Und auch nichts von Dialektik weiß! Um das mal zu ergänzen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... geschweige denn berücksichtigt, der mE deswegen niemals die Entstehung von Personen, d.h (in gewissem Rahmen) eigenmächtig handelnden Systemen verstehen kann, der immer nur aufgrund dessen der Auffassung anhängen muss, dass "in Wirklichkeit" alles nur Produkt der Vergangenheit ist, alles verlustlos auf die ferne Vergangenheit reduziert werden kann und dann (insofern) folgerichtig das Konzept der Person als nicht "der wahren Realität" (= "Illusion") entsprechend ansieht (jedoch evtl. "zwar zurzeit behelfsmäßig nützlich, aber eigentlich und hoffentlich langfristig verzichtbar") oder, wie einige der hier behandelten Hirnforscher sagen: "Keiner kann anders als er ist. Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören von Freiheit zu reden."


Wenn man meint, dass vom - nicht als ultimativ bewiesenen - Urknall an bis in alle Zeiten schon jede Materieverteilung und -struktur determiniert gewesen sei, und wenn man selbst den Zufall negiert, dann ist das schon gewagt. Die genetischen Mutationen sind ja z.B. wohl echt zufällige Prozesse.

Der Faktor von Information bzw. Erkenntnis spielt außerdem womöglich eine entscheidende (!) Rolle. Und nehmen wir mal an, dass es auch so etwas wie eine Höherentwicklung und Optimierung von Erkennntis gibt, mit mutativen, selektiven und dialektischen Prozessen, und zwar im Dienste der Bedürfnisbefriedigung, dann würden Freiheit und Erkenntnis in einem wesentlichen Zusammenhang stehen.

Frei ist der Mensch, wenn er Möglichkeiten erkennt und die Mittel hat, sie zu nutzen - mal ganz allgemein gesprochen.

Freiheit ist - ich wiederhole es zum x-ten Male - nicht, wenn ich statt der Handlung a die Handlung b tun kann, bevor nicht klar ist, was a und b für die Bedrüfnisse überhaupt bedeuten.

Freiheit ist also etwas anderes als Beliebigkeit. (Nur noch mal als Erinnerung.)

Skeptiker

#1711:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 10:22
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Fuchs ging es in seinem Vorwurf ja nicht um finale epistemologische oder ontologische Kategorien, sondern seine Behauptung versucht, das Gehirn (im Gegensatz etwa zum Stein) einer Operationaliserung zu entziehen, weil Instanzen derselben Klasse Gehirn im reflektiven Kontext dies nicht können:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen.

Falls er das nicht meint, was dann?.

Am Kopf kratzen Das ist aber doch nicht seine Meinung, sondern die von Roth, die er hier lediglich darstellt. Das geht doch aus dem Kontext eindeutig hervor, oder etwa nicht?

Für mich war das tatsächlich etwas uneindeutig. Fuchs zitiert zwar indirekt Roth, aber erst im nächsten Satz, während meine Kritik sich bereits gegen den zitierten Satz von Fuchs selbst richtet.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Vermutung ist die, dass es Dir dabei nur um die Frage "Dualismus oder Monismus" geht. Und Du irgendwie nicht verstehen kannst, aus welchem Grunde auch immer, dass es anderen eben nicht darum geht. Du (und andere, die Deiner Ansicht zustimmen) versuchen dann immer alle Ansichten, die nicht mit der Deinen übereinstimmen auf diesen Punkt herunterzubrechen.

Ich sehe da schon Unterschiede in der Stoßrichtung:

- Dir geht es nicht primär gegen den Determinismus (und damit auch nicht gegen den, sondern um eine kompatibilistische Freiheitsdefinition. Du bezeichnest eine determinierte Entscheidung als frei, wenn keine direkten, makroskopischen äußeren oder inneren Zwänge vorliegen, wenn die Entscheidung also im wesentlichen von den persönlichen Präferenzen determiniert ist.

- Fuchs geht es um die vermuteten sinistren oder bestenfalls psychopathologischen Motive der Hirnforscher, also um deren und seinen Ruf, die Drittmittel und dgl.. Zur Sache sagt er nichts.

- zelig geht es - jedenfalls nach meinem Verständnis - tatsächlich um einen dualistischen Ansatz. Er meint, "mentale Zustände" entwickelten sich nicht zeitlich unitär.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und es geht auch nicht um die "absolute, vorausetzungslose von allem unabhängige Freiheit". Auch wenn Du immer wieder versuchst, die Diskussion darauf zu reduzieren und zu beschränken.

In diesem Fall habe ich aber nicht damit angefangen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Letztlich, und das wird Dir sicher nicht gefallen, kann man Deine Argumentation auf folgende These komprimieren: "Freiheit ist etwas Binäres: entweder gibt es absolute Freiheit - d.h. Unabhängigkeit von allem oder es gibt überhaupt keine Freiheit, man darf das dann, wenn es nicht von allem unabhängig ist, nicht mehr Freiheit nennen".

Wie ich schon mehrfach schrieb: Ich habe nichts gegen das Wort "Freiheit" im Sinne von "Freiheit von bestimmten, unerwünschten Zwängen". Solange klar ist, daß gerade als gesellschaftlich wichtig empfundene Entscheidungen (z.B. ob man sich moralisch verhält) möglichst determiniert ablaufen sollen, auch wenn viele sich frei fühlen dabei.

#1712:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 13:34
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Fuchs ging es in seinem Vorwurf ja nicht um finale epistemologische oder ontologische Kategorien, sondern seine Behauptung versucht, das Gehirn (im Gegensatz etwa zum Stein) einer Operationaliserung zu entziehen, weil Instanzen derselben Klasse Gehirn im reflektiven Kontext dies nicht können:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das wahre Gehirn, das uns erzeugt, liegt jenseits der erfahrbaren Welt, und wir vermögen es nicht zu erkennen.

Falls er das nicht meint, was dann?.

Am Kopf kratzen Das ist aber doch nicht seine Meinung, sondern die von Roth, die er hier lediglich darstellt. Das geht doch aus dem Kontext eindeutig hervor, oder etwa nicht?

Ich habe es ebenfalls so verstanden, dass er hier die Ansicht Roths wiedergibt.

#1713:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 13:55
    —
step hat folgendes geschrieben:
- Fuchs geht es um die vermuteten sinistren oder bestenfalls psychopathologischen Motive der Hirnforscher, also um deren und seinen Ruf, die Drittmittel und dgl.. Zur Sache sagt er nichts.

Na ja, es geht in dem Text z.B. auch um die Attitüde, mit der Singer & Co ihre Thesen in die Massenöffentlichkeit hineintragen. Und ich denke, dass er in dieser Hinsicht einige durchaus bedenkenswerte Punkte macht. Vor allem ist es m.E. richtig, auf die Differenz zwischen wissenschaftlichen Ergebnissen im engeren Sinn und den (als Wissenschaft verkauften) philosophischen Schlussfolgerungen hinzuweisen. Denn die "Hirnforschung" erhält ja nicht dadurch soviel Aufmerksamkeit, dass z.B. neuronale Erregungen in irgendwelchen Hirnregionen festgestellt werden (langweiliger geht's kaum), sondern wegen der weltanschaulichen Aspekte, die vermeintlich daraus folgen ("Verschaltungen legen uns fest" usw.). Also ist genau dies die "Sache", um die es in der Tat in weiten Teilen geht.

Fuchs' positive Alternativkonzeption scheint mir übrigens auch ganz interessant zu sein, siehe die Publikationen unter http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Publikationen.6067.0.html, z.B. diese oder diese.

#1714:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 16:57
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Fuchs' positive Alternativkonzeption scheint mir übrigens auch ganz interessant zu sein, siehe die Publikationen unter http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Publikationen.6067.0.html, z.B. diese oder diese.

OK, schau ich mir bei Gelegenheit mal an.

#1715:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.11.2009, 22:39
    —
Ein paar Kommentare zu T.Fuchs, Ökologie des Gehirns, in "Der Nervenarzt"** 1,2005

** nach Lektüre des Beitrags müßte der "Nervenarzt" eigentlich "systemischer, biographisch-hermeneutischer, soziokultureller und philosophischer Azt" heißen. Lachen

OK, Spaß beiseite.


Einleitung

- Die Hirnforscher behaupten zwar, daß es für mentale Zustände NCC's (neural correlates of consciousness) gibt, nicht aber, daß diese sich nur neurologisch-invasiv oder chemisch verändern ließen. Eine Psychotherapie etwa kann durchaus wirksam sein.

- Ein NCC impliziert nicht notwendig eine strikte Lokalisierung im Gehirn. Das weiß auch die Hirnforschung.

1.Einwand

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Nun könnte man einwenden, wenigstens sei doch unzweifelhaft, dass das Bewusstsein insgesamt im Gehirn lokalisiert sei. Aber auch diese heute scheinbar selbstverständliche Aussage ist sinnlos. Denn
bewusstes Erleben ist eben überhaupt kein lokalisierbarer Gegenstand, auf den man zeigen könnte wie auf einen Stein oder Apfel, sondern ein fortwährendes Bezugnehmen auf etwas: ein Wahrnehmen-von..., Sich-Erinnern-an..., Sprechen-mit..., Sich-Bewegen-zu...; es enthält seinen Kontext als unabtrennbares Moment in sich. ... Die Frage „Wo ist das Bewusstsein, das Fühlen, das Denken?“ unterliegt einem Kategorienfehler; sie ist, bezogen auf den physikalischen Raum, von vorneherein falsch gestellt.

Fuchs selbst begeht hier den Kategorienfehler: "Das Bewußtsein" ist natürlich dennoch im Gehirn lokalisiert, denn das, worauf es ständig bezug nimmt (z.B. das Modell des Gegenübers, mit dem man spricht), ist ebenfalls im Gehirn lokalisiert!

Fuchs wäre hier unbedingt zu empfehlen, sich mit der Modellbildung im Gehirn zu beschäftigen, wie auch mit dem phänomenalen Selbstmodell!

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Auch das Gehirn ist daher nur die notwendige Bedingung von Bewusstsein. Als hinreichende Bedingung können wir ... nur die Existenz eines mit einem komplexen ZNS ausgestatteten und in ständigem Austausch mit der Umwelt stehenden Organismus ansehen.

Das ist allerdings tendenziell richtig und wird vermutlich von keinem Hirnforscher angezweifelt. Kämpft hier etwa einer gegen Windmühlen?

2.Einwand

Das Qualia-Argument als solches nimmt er, kaum das er es angeführt hat, freiwillig selbst zurück. Und dann kommt - nahezu unausweichlich - wieder derselbe Fehler wie auch in dem anderen Fuchs-Text:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
... Damit aber erklärt der reduktionistische Neurowissenschaftler auch sein eigenes Erkennen zum Produkt seines Gehirns ...

Als wäre das beim Philosophen anders ...

Fuchs hat folgendes geschrieben:
... und gerät so in einen doppelten Zirkel. Denn welchen Wahrheitsanspruch können seine Aussagen noch erheben, wenn sie selbst nur die ohnmächtige Folge von Hirnprozessen sind? Und wie soll sein Gehirn sich selbst erkennen? ...

- Sein Gehirn erkennt sich, anders als beim Philosophen, eben gerade nicht selbst, sondern nimmt einen outer view ein.
- Die Erkenntnisse werden durch Voraussagen und empirische Überprüfung gerechtfertigt, wie bei jeder Naturwissenschaft.
- Was soll der suggestive Ausdruck "ohnmächtig" idZ bedeuten? Die Aussage "2+3=5" ist nicht weniger wahr, wenn sie von einem deterministischen Programm berechnet und ausgegeben wird.

So, das war's schon mit den Einwänden. Jetzt zu Fuchsens "systemischer" Sicht des Gehirns:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das heißt, dass sich das Gehirn in der menschlichen Evolution nicht entwickelt hat, um einem transzendenten Geist Zutritt zur Welt zu verschaffen, sondern um dem Organismus ein zunehmend komplexes Bild seiner Umwelt und seiner selbst in dieser Umwelt zu vermitteln – ein Weltbild oder Weltmodell, das ihm ein möglichst angemessenes Verhalten erlaubt, und das als Bewusstsein erscheint. Das Bewusstsein ist in dieser Sicht selbst ein hochentwickeltes Organ des Organismus ...

Ach. Und wer hat all das herausgefunden? Die Hermeneuten und Philosophen?

Auch in Folge wildert Fuchs auf neurologischem Gebiet, etwa wenn er die Bedeutungsbildung auf Erregungsmuster zurückführt und dann alles mit einem systemtheoretischen Kreislaufbeziehungsgequatsche überzuckert.

Hin und wieder werden aus richtigen Voraussetzungen falsche Folgerungen abgeleitet, hier ein Beispiel:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Das intern erzeugte Weltmodell selbst als Modell nützen und seine Varianten durchspielen zu können, darin liegt ein entscheidender Fortschritt, dendas Leben mit der Emergenz des Bewusstseins erreicht hat.

Soweit korrekt. Jetzt aber:

Fuchs hat folgendes geschrieben:
Dieser Vorteil kann freilich nur zur Geltung kommen, wenn Bewusstsein tatsächlich ... mehr ist als ein bloßes Epiphänomen. Auch wenn es aus zeitlich vorauslaufenden neuronalen Prozessen hervorgeht, muss es doch seinerseits die elementare Ebene organisieren können, etwa indem die Gestaltbildung der Wahrnehmung oder die erlebte „Stimmigkeit“ einer Entscheidung neuronale Erregungsmuster zu stabilisieren vermag. Bewusstsein wirkt demnach selbst als „Attraktor“, der im neuronalen System neue, hochstufige Ordnungen erzeugt. Diese organisieren die elementaren physikalisch-chemischen Prozesse nach übergeordneten teleologischen, ntentionalen
und logischen Gesetzmäßigkeiten.

Die Interpretation dieser "Rückwirkung", wenn man sie denn unbedingt so nennen will, ist ebenso wieder als Epiphänomen möglich. Zudem frage ich mich, ob sich nicht zuerst "die Erregungsmuster stabilisieren" und erst dann "die Entscheidung als stimmig empfunden" wird. Undsoweiter.

Generell begründet Fuchs nicht, wieso die Existenz auch höherstufiger Prozesse im Gehirn die "herkömmliche Kausalität" als Begriff ungeeignet macht.

Am Schluß kommt er auch noch mal ins Schlingern, wenn es darum geht, warum Psychopharmaka denn auf diese ach so emergierten Schichten wirken. Sehr schön auch die argumentative Wendung, psychotherapeutische Ansprache (auf personal-emergenter Ebene) wirke vor allem, wenn es um Probleme persönlicher Beziehungen gehe. Wär ich ja nicht draufgekommen.

So, das war's, die andere tu ich mir jetzt nicht an.

#1716:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 03.12.2009, 01:27
    —
Zitat:
Generell begründet Fuchs nicht, wieso die Existenz auch höherstufiger Prozesse im Gehirn die "herkömmliche Kausalität" als Begriff ungeeignet macht.


das habe ich schon mal versucht dir durch viele Ausflüge (Links) in Systemtheorie nebst (Modell-)Erkenntnissen bei neuronalen Netzen (der von aussen zugeführte echte Zufall) etc. klarzumachen. Du willst oder kannst es nicht begreifen, dass in stark emergenten komplexen Systemen nicht nur reduktionistisch gesehene bottom->up Kausalitäten wirken.

Jede Diskussion mit dir darüber ist sinnlos und endet bei deiner völlig systemverkennenden Anwendung physikalisch/math. richtiger Konstrukte im falschen Kontext.

Auch das Hypnose Beispiel in dem sogar nachgewiesenerweise eine Beeinflüssung über "höhere" Emergenzebenen auf neuronaler Ebene messbar ist, ist für "Normalbegabte" als auch jede Menge anerkannter Systemtheoretiker/Neurobiologen wissenschaftlich nachvollziehbar. Links bringe ich an dieser Stelle nicht schon wieder ...

Erwin

#1717:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 05:27
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe eine Frage. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, gibt es hier einen breiten Konsens in der Einstufung mentaler Zustände als Epiphänomene. Wäre es für die Befürworter dieser Ansicht eine Konsequenz daraus, daß eine Welt ohne mentale Zustände eine identische Kopie unserer Welt wäre (natürlich ohne diesen mentalen Appendix)?


Also ich sehe gerade aus einer konsequent monistischen Betrachtung der Welt heraus mentale Zustände nicht als Epiphänomene an.

Ich halte sie weder für eine Folge neuronaler Prozesse, noch für deren Ursache. Meiner Ansicht sind beide einfach verschiedene Betrachtungsweisen desselben Vorganges.
Dass mein Gehirn diese beiden Betrachtungsweisen trotzdem so grundverschieden modelliert, liegt ganz einfach in den unterschiedlichen neuronalen Prozessen, die diesen Betrachtungsweisen zugrunde liegen.
Während mein bewußtes Erleben meiner eigenen mentalen Prozesse offensichtlich durch eine Art Rückkopplungsschleife innerhalb meines eigenen Gehirns zustande kommt, brauche ich für die Betrachtung der korrespondierenden neuronalen Prozesse eine durch meine Sinnesorgane (und verschiedene Werkzeuge) vermittelte Außensicht meines Gehirns.

Wenn aber beides Betrachtungsweisen desselben Vorganges sind, geht die Frage schon von falschen Voraussetzungen aus. Mentale Zustände sind einfach eine bestimmte natürliche Betrachtungsweise von Prozessen in dieser (materiellen) Welt. Ich kann sie daher nicht einfach, wie in der Frage gefordert, von der Welt abtrennen. Dies würde einen Dualismus erfordern, den ich nicht teile.

step hat folgendes geschrieben:

Ein paar Kommentare...
Fuchs hat folgendes geschrieben:
Nun könnte man einwenden, wenigstens sei doch unzweifelhaft, dass das Bewusstsein insgesamt im Gehirn lokalisiert sei. Aber auch diese heute scheinbar selbstverständliche Aussage ist sinnlos. Denn
bewusstes Erleben ist eben überhaupt kein lokalisierbarer Gegenstand, auf den man zeigen könnte wie auf einen Stein oder Apfel, sondern ein fortwährendes Bezugnehmen auf etwas: ein Wahrnehmen-von..., Sich-Erinnern-an..., Sprechen-mit..., Sich-Bewegen-zu...; es enthält seinen Kontext als unabtrennbares Moment in sich. ... Die Frage „Wo ist das Bewusstsein, das Fühlen, das Denken?“ unterliegt einem Kategorienfehler; sie ist, bezogen auf den physikalischen Raum, von vorneherein falsch gestellt.

Fuchs selbst begeht hier den Kategorienfehler: "Das Bewußtsein" ist natürlich dennoch im Gehirn lokalisiert, denn das, worauf es ständig bezug nimmt (z.B. das Modell des Gegenübers, mit dem man spricht), ist ebenfalls im Gehirn lokalisiert!


Ich denke der Kategorienfehler beginnt sogar schon einen Schritt früher, wo Fuchs zwar erkennt, dass das Bewußtsein nicht in gleicher Weise ein "Gegenstand" ist, wie ein Stein oder Apfel, es aber trotzdem weiterhin als (wenn auch außerphysikalischen) "Gegenstand", ja an ander Stelle sogar als "hochentwickeltes Organ des Organismus" bezeichnet.
Ein "fortwährendes Bezugnehmen auf etwas: ein Wahrnehmen-von..., Sich-Erinnern-an..., Sprechen-mit..., Sich-Bewegen-zu..." ist aber eben gar kein "Gegenstand" und schon gar kein "Organ des Organismus", sondern ein Prozess!

Die Frage nach dem Ort des Bewußtseins ist folglich also auch nicht die Frage nach der räumlichen Position eines Dinges, sondern nach der physikalischen Identität der Matrix, auf der dieser Prozess abläuft.
Für die Annahme, dass als diese Matrix irgendetwas anderes wäre als das physische Gehirn, gibt es aber zur Zeit keinerlei auf Beobachtung von Naturphänomenen beruhenden Grund.
Denn auch der "Kontext", den es "als unabtrennbares Moment in sich" trägt, besteht ja nicht aus den "Dingen an sich" sondern aus deren Simulation, die ebenfalls auf dem Gehirn als physikalischer Matrix abläuft.

step hat folgendes geschrieben:
Fuchs hat folgendes geschrieben:
... Damit aber erklärt der reduktionistische Neurowissenschaftler auch sein eigenes Erkennen zum Produkt seines Gehirns ...

Als wäre das beim Philosophen anders ...


Im Gegenteil, nur der (schlechte) Philosoph tut das. Dem Neurowissenschaftler dagegen ist klar, dass das Erkennen kein Produkt, sondern eine Tätigkeit seines Gehirns ist.

Diese ständigen unreflektierten Reifikationen sind offensichtlich die ganze Grundlage von Fuchs' Argument.

step hat folgendes geschrieben:
Fuchs hat folgendes geschrieben:
... und gerät so in einen doppelten Zirkel. Denn welchen Wahrheitsanspruch können seine Aussagen noch erheben, wenn sie selbst nur die ohnmächtige Folge von Hirnprozessen sind? Und wie soll sein Gehirn sich selbst erkennen? ...

- Sein Gehirn erkennt sich, anders als beim Philosophen, eben gerade nicht selbst, sondern nimmt einen outer view ein.
- Die Erkenntnisse werden durch Voraussagen und empirische Überprüfung gerechtfertigt, wie bei jeder Naturwissenschaft.
- Was soll der suggestive Ausdruck "ohnmächtig" idZ bedeuten? Die Aussage "2+3=5" ist nicht weniger wahr, wenn sie von einem deterministischen Programm berechnet und ausgegeben wird.


Die Aussagen sind eben (solange sie noch nur eigene Gedanken sind) nicht "ohnmächtige Folge von Hirnprozessen", sondern sie sind selbst Hirnprozesse. Und natürlich macht die Tatsache, dass sie Folgen anderer Hirnprozesse (bewusster und unbewusster) sind, sie nicht "ohnmächtig", sondern im Gegenteil, dadurch werden sie mächtig. Denn nur dadurch, dass sie gesetzmäßig von anderen Hirnprozessen abhängen, können sie ebenso gesetzmäßige Zusammenhänge der Welt simulieren und schließlich sogar deren Manipulation steuern.

Bei Gedanken, die Ihre Ursachen nicht in der Welt hätten, wäre eine solche Beziehung zur Welt wohl kaum zu erwarten.

step hat folgendes geschrieben:
Fuchs hat folgendes geschrieben:
Dieser Vorteil kann freilich nur zur Geltung kommen, wenn Bewusstsein tatsächlich ... mehr ist als ein bloßes Epiphänomen. Auch wenn es aus zeitlich vorauslaufenden neuronalen Prozessen hervorgeht, muss es doch seinerseits die elementare Ebene organisieren können, etwa indem die Gestaltbildung der Wahrnehmung oder die erlebte „Stimmigkeit“ einer Entscheidung neuronale Erregungsmuster zu stabilisieren vermag. Bewusstsein wirkt demnach selbst als „Attraktor“, der im neuronalen System neue, hochstufige Ordnungen erzeugt. Diese organisieren die elementaren physikalisch-chemischen Prozesse nach übergeordneten teleologischen, ntentionalen
und logischen Gesetzmäßigkeiten.

Die Interpretation dieser "Rückwirkung", wenn man sie denn unbedingt so nennen will, ist ebenso wieder als Epiphänomen möglich. Zudem frage ich mich, ob sich nicht zuerst "die Erregungsmuster stabilisieren" und erst dann "die Entscheidung als stimmig empfunden" wird. Undsoweiter.


Beides ist falsch! Das Bewusstsein wird weder von zeitlich vorauslaufenden neuronalen Prozessen erzeugt, noch organisiert es zeitlich nachlaufende neuronale Prozesse. Es ist ein neuronaler Prozess! Natürlich besteht dieser Prozess aus unzähligen Teilprozessen die sich gegenseitig beeinflussen. Und natürlich wird dieser Prozess in der Innensicht nicht als "räumlich zeitliches Erregungsmuster von Neuronen", sondern eben als Bewusstsein wargenommen.

Damit ist weder das "Empfinden der Entscheidung als stimmig" die Ursache für die zeitlich nachfolgende die "Stabilisierung der Erregungsmuster", noch ist es selbst die Folge einer zeitlich vorangehenden "Stabilisierung der Erregungsmuster".
Vielmehr sind beide verschiedene Betrachtungsweisen des selben gleichzeitigen Vorgangs, der intern als "Empfinden der Entscheidung als stimmig" erlebt wird, während er von außen als "Stabilisierung der Erregungsmuster" gemessen werden kann.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Generell begründet Fuchs nicht, wieso die Existenz auch höherstufiger Prozesse im Gehirn die "herkömmliche Kausalität" als Begriff ungeeignet macht.


das habe ich schon mal versucht dir durch viele Ausflüge (Links) in Systemtheorie nebst (Modell-)Erkenntnissen bei neuronalen Netzen (der von aussen zugeführte echte Zufall) etc. klarzumachen. Du willst oder kannst es nicht begreifen, dass in stark emergenten komplexen Systemen nicht nur reduktionistisch gesehene bottom->up Kausalitäten wirken.


Das Problem liegt wohl eher darin, dass offensichtlich weder Du noch Fuchs die Bedeutung von Emergenz in den Naturwissenssenschaften noch deren Verknüpfung mit der Systemtheorie begreifen können oder wollen. Was Du selbst aber nicht begriffen hast, wirst Du auch nicht verwenden können, um Step irgend etwas "klar" zu machen.

Zunächst einmal bedeutet in der Naturwissenschaft der Übergang zu einer höheren Emergenzebene eine Reduktion der Komplexität: Du kannst versuchen, dich mit 10 hoch 25 Molekülen herumzuschlagen die je drei Ortskoordinaten, drei Geschwindigkeitskoordinaten, eine Masse und diverse innere Freiheitsgrade besitzen.
Du kannst aber auch eine Emergenzebene höher gehen. Dann siehst Du nur noch eine Kaffeetasse mit einer bestimmten Temperatur, die langsam abnimmt, während ein Wärmefluss die entsprechende Wärme in die Umgebung verteilt, deren Temperatur langsam ansteigt.
Physikalisch beschäftigst Du dich immer noch mit dem selben Ding. Systemtheoretisch sind es aber zwei ganz verschiedene Systeme. Physikalisch sind es zwei verschiedene Modellierungen bzw. Betrachtungsweisen des selben Objektes.

Deshalb gibt es zwischen beiden Systemen gewisse Beziehungen. Gewisse Prozesse der einen Emergenzebene sind äquivalent zu entsprechenden Prozessen der anderen Ebene. Physikalisch liegt das daran, dass es sich um verschiedene Betrachtungsweisen des selben Vorgangs handelt.
Gerade deshalb kann es aber zwischen diesen Prozessen keine Kausalbeziehungen geben!
Weder bottom->up noch top->down!
Physikalisch findet eine kausale Beziehung nämlich zwischen zwei Ereignissen statt von denen das eine ein zeitlich nachfolgendes Ereignis bewirkt. Da hier die äquivalenten Ereignisse aber nur unterschiedliche Betrachtungsweisen desselben Vorgangs sind, finden sie jedoch gleichzeitig statt, was eine kausale Beziehung verbietet.
Systemtheoretisch sind diese Beziehungen zwischen Prozessen verschiedener Systeme keine Kausalbeziehungen, sondern strukturelle Kopplungen.

Die Komplexitätsreduktion beim Übergang auf höhere Emergenzebenen wird durch zunehmende Schwierigkeiten erkauft, die Kausalbeziehungen innerhalb der jeweiligen Emergenzebenen durch einfache mathematische Beziehungen zu beschreiben. Deshalb gibt es in der Chemie weniger mathematisch formulierte Naturgesetze als in der Physik, in der Biologie weniger als in der Chemie, in der Psychologie weniger als in der Biologie.

Dies bedeutet aber nicht, dass das Naturgeschehen auf den höheren Ebenen beliebiger wird, denn es sind gerade die strukturellen Kopplungen zwischen den Ebenen die verhindern, dass auf einer höheren Ebene Dinge passieren können, die auf einer tieferen Ebene den dortigen Naturgesetzen widersprechen. Andererseits entsprechen aber komplexe, kollektive Wechelwirkungen auf den niedrigen Ebenen, die sich dort kaum überschauen lassen, durch die strukturelle Kopplung den auf den höheren Ebenen beobachtbaren "Regeln". Diese Regeln erlauben also, auf der niedrigeren Ebene aus Komplexitätsgründen nur schwer oder gar nicht modellierbare Wechselwirkungen auf der höheren Ebene übersichtlich zu beschreiben. Eine Kausalbeziehung zwischen den Ebenen bedeutet dies jedoch nicht.

Fuchs' Aussage:
Zitat:
Bewusstsein wirkt demnach selbst als „Attraktor“, der im neuronalen System neue, hochstufige Ordnungen erzeugt. Diese organisieren die elementaren physikalisch-chemischen Prozesse nach übergeordneten teleologischen, intentionalen
und logischen Gesetzmäßigkeiten.

ist damit einfach nur auf einem Kategorienfehler beruhender Unsinn.
Auf der physikalisch-chemischen Ebene gibt es schlicht keine "teleologischen, intentionalen
und logischen Gesetzmäßigkeiten", die die dortigen Prozesse organisieren könnten. Physikalisch-chemische Prozesse werden allein durch physikalisch-chemische Gesetzmäßigkeiten organisiert. Dabei treten allerdings komplexe kollektive Wechselwirkungen auf, die durch strukturelle Kopplung eine Entsprechung zu als teleologisch und intentional
beschreibbaren Prozessen auf der Bewusstseinsebene haben.


Er_Win hat folgendes geschrieben:
Auch das Hypnose Beispiel in dem sogar nachgewiesenerweise eine Beeinflussung über "höhere" Emergenzebenen auf neuronaler Ebene messbar ist, ist für "Normalbegabte" als auch jede Menge anerkannter Systemtheoretiker/Neurobiologen wissenschaftlich nachvollziehbar. Links bringe ich an dieser Stelle nicht schon wieder ...


Beinflussung im Sinne kausaler Beziehungen kann grundsätzlich nicht empirisch gemessen werden!
Gemessen werden immer nur Korrelationen.

Kausale Beziehungen können ausschließlich innerhalb wissenschaftlicher Theorien angenommen werden. Und wissenschaftlich sauber formulierte Theorien enthalten nur kausale Beziehungen auf der selben Emergenzebene. Beziehungen zwischen verschiedenen Emergenzebenen wird eine sauber formulierte Theorie dagegen nur im Sinne struktureller Kopplungen beschreiben. So zum Beispiel so, dass ein bestimmter mentaler Zustand einem bestimmten neuronalen Aktivitätsmuster entspricht, nicht aber dass das eine das andere bewirkt.

#1718:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 07:41
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Die Komplexitätsreduktion beim Übergang auf höhere Emergenzebenen wird durch zunehmende Schwierigkeiten erkauft, die Kausalbeziehungen innerhalb der jeweiligen Emergenzebenen durch einfache mathematische Beziehungen zu beschreiben. Deshalb gibt es in der Chemie weniger mathematisch formulierte Naturgesetze als in der Physik, in der Biologie weniger als in der Chemie, in der Psychologie weniger als in der Biologie.

Dies bedeutet aber nicht, dass das Naturgeschehen auf den höheren Ebenen beliebiger wird, denn es sind gerade die strukturellen Kopplungen zwischen den Ebenen die verhindern, dass auf einer höheren Ebene Dinge passieren können, die auf einer tieferen Ebene den dortigen Naturgesetzen widersprechen.


Widersprechen sicherlich nicht. Dennoch entstehen auf höheren Ebenen neue Gesetze, die es auf tieferen Ebene nicht gibt und - die dort auch grundsätzlich nicht voraussehbar sind, gerade weil es hier nicht bloß um Berechenbarkeiten geht.

Lars hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Auch das Hypnose Beispiel in dem sogar nachgewiesenerweise eine Beeinflussung über "höhere" Emergenzebenen auf neuronaler Ebene messbar ist, ist für "Normalbegabte" als auch jede Menge anerkannter Systemtheoretiker/Neurobiologen wissenschaftlich nachvollziehbar. Links bringe ich an dieser Stelle nicht schon wieder ...


Beinflussung im Sinne kausaler Beziehungen kann grundsätzlich nicht empirisch gemessen werden!
Gemessen werden immer nur Korrelationen.

Kausale Beziehungen können ausschließlich innerhalb wissenschaftlicher Theorien angenommen werden. Und wissenschaftlich sauber formulierte Theorien enthalten nur kausale Beziehungen auf der selben Emergenzebene. Beziehungen zwischen verschiedenen Emergenzebenen wird eine sauber formulierte Theorie dagegen nur im Sinne struktureller Kopplungen beschreiben. So zum Beispiel so, dass ein bestimmter mentaler Zustand einem bestimmten neuronalen Aktivitätsmuster entspricht, nicht aber dass das eine das andere bewirkt.


Stell Dir einen Rennwagen vor, der anfängt, zu beschleunigen. Die Eigenschaft "Geschwindigkeit" wird durch die Struktur und ihrer Funktion erzeugt. Gibt es einen crash, so wirkt die erzeugte Eigenschaft der Struktur auf diese Struktur zurück.

Denken und Bewusstsein sind auch Bewegungen des Gehirns. Auch sie wirken auf dessen struktur zurück. Das Ganze muss dialektisch verstanden werden.

Sicherlich ist die Struktur der Materie immer das Primäre, das Bewusstsein, die Bewegung usw. immer das abgeleitete.

Dennoch gibt es Kausalitäten zwischen den primären und sekundären Eigenschaften.

Skeptiker

#1719:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 12:14
    —
@Lars
In welcher Relation stehen Deiner Meinung nach Begründungszusammenhänge und Kausalzusammenhänge zueinander? Das würde mich noch interessieren.

#1720:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 17:38
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Die Komplexitätsreduktion beim Übergang auf höhere Emergenzebenen wird durch zunehmende Schwierigkeiten erkauft, die Kausalbeziehungen innerhalb der jeweiligen Emergenzebenen durch einfache mathematische Beziehungen zu beschreiben. Deshalb gibt es in der Chemie weniger mathematisch formulierte Naturgesetze als in der Physik, in der Biologie weniger als in der Chemie, in der Psychologie weniger als in der Biologie.

Dies bedeutet aber nicht, dass das Naturgeschehen auf den höheren Ebenen beliebiger wird, denn es sind gerade die strukturellen Kopplungen zwischen den Ebenen die verhindern, dass auf einer höheren Ebene Dinge passieren können, die auf einer tieferen Ebene den dortigen Naturgesetzen widersprechen.


Widersprechen sicherlich nicht. Dennoch entstehen auf höheren Ebenen neue Gesetze, die es auf tieferen Ebene nicht gibt und - die dort auch grundsätzlich nicht voraussehbar sind, gerade weil es hier nicht bloß um Berechenbarkeiten geht.


Zitat:
Widersprechen sicherlich nicht.

Trotzdem ist es aber genau das, was Fuchs und andere implizit behaupten, wenn sie meinen Bewusstsein könne über "teleologisch und intentional beschreibbare Prozesse" "elementare physikalisch-chemischen Prozesse" organisieren.
Denn die Gesetzmäßigkeiten, die "elementare physikalisch-chemischen Prozesse" steuern sind sehr gut bekannt. "Teleologisch und intentional beschreibbare Prozesse" kommen dabei nicht vor! Teleologie und Intentionalität sind emergente Eigenschaften von Vorgängen im Bewußtseinssystem. Im System "Elementarer physikalisch-chemischen Prozesse" sind diese Begriffe schlicht bedeutungslos. Den Bewusstseinsprozess in dieser Weise zu reifizieren und dann wie einen Systembestandteil eines Systems auf viel tieferer Emergenzebene zu verwenden, ist nicht nur ein Kategorienfehler, sondern würde dort eben auch einen Bruch der Naturgesetze bedeuten, da es im Rahmen der dort gültigen Gesetze solche Agenten nicht gibt.

Zitat:
Dennoch entstehen auf höheren Ebenen neue Gesetze, die es auf tieferen Ebene nicht gibt ...

Ja, aber diese Gesetze sind dann auch nur auf diesen Ebenen zur Beschreibung von Naturvorgängen geeignet.
Du kannst Regeln finden, nach denen Dein Bewußtseinssystem, bestimmte Ideen als beleidigend empfindet. Aber weder deine neuronalen Aktivitätsmuster, noch deine Moleküle sind deshalb beleidigt. Im Gegensatz zu deinen Bewustseinsprozessen werden neuronale Aktivitätsmuster oder Moleküle auch nicht durch Ideen beeinflußt. Neuronale Ativitätsmuster werden durch vorangegangene neuronale Aktivitätsmuster und durch Aktivitätsmuster der Sinnesorgane beinflußt. Moleküle durch die Bewegungen benachbarter Moleküle.

Die strukturelle Kopplung erlaubt es lediglich auf der höheren Ebene einfachere, aber eben auch ungenauere Simulationsregeln zu finden. Neue Gesetzmäßigkeiten auf den unteren Ebenen entstehen dadurch jedoch nicht, nur vereinfachte zusammenfassende Beschreibungen hochkomplexer kollektiver Wechselwirkungen, die gemäß den Gesetzmäßigkeiten der unteren Ebene ablaufen.

Zitat:
die dort auch grundsätzlich nicht voraussehbar sind, gerade weil es hier nicht bloß um Berechenbarkeiten geht.


Und eben dies ist ein Mythos, der durch beständiges gläubiges Nachbeten auch nicht wahrer wird.
Nehmen wir zum Beispiel in der Physik die Eigenschaften eines Festkörpers. Er kann Schmelzen oder Verdampfen, er hat eine Farbe, eine Wärmeleitfähigkeit, eine elektrische Leitfähigkeit. All dies sind Eigenschaften, die die einzelnen Atome nicht besitzen. Es sind emergente Eigenschaften des Kollektivs. Zwischen diesen Eigenschaften gibt es wiederum naturgesetzliche Beziehungen, die es auf der unteren Ebene ebenfalls nicht geben kann, weil die zugehörigen Eigenschaften fehlen.
Trotzdem ist des der Festkörperphysik in den letzten Jahren zunehmend gelungen diese emergenten Eigenschaften und Gesetze aus denen der atomaren und molekularen Ebene zu berechnen.
Der Trick besteht einfach darin, die entsprechenden strukturellen Kopplungen zu finden und genügend Rechenstärke zu haben.

Ähnlich, wenn auch viel weniger fortgeschritten, ist die Lage in der Biologie. Hier wird von Leuten, die den Emergenzbegriff nicht verstanden haben, zum Beispiel gerne behauptet, die Struktur des Gehirns ließe sich grundsätzlich nicht aus den Eigenschaften der Gehirnzellen vorhersagen.
Tatsächlich ist bereits seit langem bekannt, das die Struktur des Gehirns im Rahmen der Ontogenese aus embryonalen Stammzellen entsteht. Das Verhalten dieser Zellen beruht gesteuert durch die Gene auf physikalisch-chemischen Wechselwirkungen der Zellen untereinander und mit ihrer gemeinsamen Umgebung. Hier sind die strukturellen Kopplungen allerdings noch teilweise unbekannt. Wir wissen weder genau wie die Nukleotidsequenzen der Gene mit der chemischen Struktur der Zelle wechselwirken, noch wie diese mit ihren äußerlichen Bewegungen korreliert. Dies ist aber kein grundsätzliches Hindernis, sondern Gegenstand aktueller Forschung.
Natürlich sind bei diesem Beispiel aufgrund komplexer Rückkoppelungsmechanismen hier auch chaotische Zufallsprozesse zu erwarten. Zufall bedeutet aber nicht Beliebigkeit. Statistische Aussagen bleiben weiterhin möglich.
Zum Beispiel sind die Fingerbeerenmuster eineiiger Zwillinge zwar verschieden aber trotzden sehr ähnlich.

Neue grundsätzlich nicht vorhersagbare emergente Eigenschaften verhalten sich erfahrungsmäßig wie "Gods of the Gaps". Ihre Resevate werden mit fortschreitender wissenschaftlicher erkenntnis immer kleiner.

Meiner Ansicht nach kann es solche grundsätzlich nicht vorhersagbaren emergenten Eigenschaften auch schon rein logisch nicht geben, da dies voraussetzen würde, dass es zwischen den entsprechenden Strukturen der verschiedenen Betrachtungsebenen keine strukturellen Kopplungen gäbe.
Ohne diese strukturellen Kopplungen wäre das System auf der höheren Ebene aber schlicht nicht mehr nur eine alternative Beschreibungsweise eines entsprechenden Systems auf der niedrigeren Ebene und damit des gleichen Gegenstandes.
Die Systeme wären nicht mehr emergent sondern schlicht verschieden.

Ein Bewusstsein, dass nicht ein an ein Gehirn strukturell gekoppelter Prozess, und damit grundsätzlich nicht mehr vorhersagbar wäre, wäre zwangsläufig ein nur noch dualistisch zu beschreibendes "Gespenst in einer Maschine".
Für die Annahme, dass ein solches "Gespenst" exisistiert, gibt es derzeit aber keierlei empirische Belege. Im Gegenteil, das zunehmende Wissen über das Gehirn spricht zunehmend dagegen.
Auch dieses "Gespenst" muss sich mit fortschreitender Erkenntnis in immer kleiner werdende Wissenslücken zurückziehen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Auch das Hypnose Beispiel in dem sogar nachgewiesenerweise eine Beeinflussung über "höhere" Emergenzebenen auf neuronaler Ebene messbar ist, ...


Beinflussung im Sinne kausaler Beziehungen kann grundsätzlich nicht empirisch gemessen werden!
Gemessen werden immer nur Korrelationen.

Kausale Beziehungen können ausschließlich innerhalb wissenschaftlicher Theorien angenommen werden. Und wissenschaftlich sauber formulierte Theorien enthalten nur kausale Beziehungen auf der selben Emergenzebene. Beziehungen zwischen verschiedenen Emergenzebenen wird eine sauber formulierte Theorie dagegen nur im Sinne struktureller Kopplungen beschreiben. So zum Beispiel so, dass ein bestimmter mentaler Zustand einem bestimmten neuronalen Aktivitätsmuster entspricht, nicht aber dass das eine das andere bewirkt.


Stell Dir einen Rennwagen vor, der anfängt, zu beschleunigen. Die Eigenschaft "Geschwindigkeit" wird durch die Struktur und ihrer Funktion erzeugt. Gibt es einen crash, so wirkt die erzeugte Eigenschaft der Struktur auf diese Struktur zurück.


Zunächst einmal ist die Geschwindigkeit keine emergente Eigenschaft, sie lässt sich dem Auto eben so gut zuschreiben, wie den Atomen, aus denen es besteht. Aber was soll's, dass es die von Dir behauptete kausale Beziehung zwischen Auto und Atomen nicht geben kann, wird dadurch nur noch offensichtlicher.

Zunächst noch einmal zur Erinnerung noch einmal eine Erklärung, was eine kausale Beziehung bedeutet: Ein physikalisches Ereignis bewirkt über naturgesetzliche physikalische Wechselwirkungen ein anderes, zweites Ereignis. Da sich physikalische Wechselwirkungen immer nur mit endlicher Geschwindigkeit ausbreiten, ist das zweite Ereignis immer dem ersten zeitlich nachgeordnet.

Wenn Du also behaupten willst, dass die Beschleunigung des Autos die Beschleunigung der Atome kausal verursachen würde, müsstest Du zunächst behaupten, dass sich dass Auto zunächst unabhängig von seinen Atomen beschleunigt und dadurch zeitlich nachgeordnet die Beschleunigung seiner Atome bewirkt.

Das ist offenkundig Unsinn! Da das Auto aus seinen Atomen besteht (beides sind nur unterschiedliche Beschreibungsebenen der selben Sache!) kann es nicht unabhängig von seinen Atomen beschleunigen! Die Beschleunigung der Atome findet nicht zeitlich nachgeordnet, sondern gleichzeitig statt. Es handelt sich eben nicht um zwei kausal verbundene verschiedene Ereignisse, sondern um zwei verschiedene Betrachtungsweisen des selben Ereignisses.
Das Ereignis bewirkt sich aber nicht selbst!

Betrachtest du dagegen die Vorgänge innerhalb des jeweiligen Systems findest du jeweils nur innerhalb des Systems entsprechend den jeweiligen naturgesetzlichen Regeln des jeweiligen Systems Reihen von Kausalbeziehungen.
Zwischen den verschiedene Systemen lassen sich aber schon deshalb keine Kausalzusammenhänge beschreiben, weil die naturgesetzlichen Regeln, denen sie folgen müssten, nicht die gleichen sind.

Im System des Autos werden die Beschleunigungen bestimmter Teile der Struktur (wie Räder, Motor oder Getriebe) durch mechanische Festkörpereigenschaften auf andere Teile übertragen. Eigenschaften wie Elastizitätsmodul, Reißfestigkeit und Schallgeschwindigkeit spielen dabei eine Rolle. Werden dabei bestimmte Grenzwerte überschritten, wird die Beschleunigung so ungleichmäßig, dass die großräumige Struktur sich verändert - das Auto wird zerrissen oder zerquetscht.

Im System der Atome wird deren Beschleunigung dagegen durch die Beschleunigung benachbarter Atome vermittelt über elektrische Kräfte verursacht. Überschreiten die Relativgeschwindigkeiten dabei entsprechende Fluchtgeschwindigkeiten. Kommt es zu Veränderungen in der großräumigen relativen Anordnung der Atome.

Die beiden Beschreibungen enthalten untereinander strukturelle Kopplungen, sind aber systemisch völlig verschieden. Weder die Strukturelemente noch deren Wechselwirkungen stimmen überein.


Zitat:
Denken und Bewusstsein sind auch Bewegungen des Gehirns. Auch sie wirken auf dessen struktur zurück. Das Ganze muss dialektisch verstanden werden.


Ja, Denken und Bewusstsein sind Bewegungen (besser formuliert Zustandsänderungen) des Gehirns. Genau deshalb können sie eben diese Zustandsänderungen nicht bewirken.
Das Ganze muss dialektisch verstanden werden.

Auf deiner Bewustseinsebene kannst Du zum Beispiel beschließen, dich geistig mit einem bestimmten Problem auseinander zu setzen.
Dies bedeutet aber eben gerade nicht dass du dich bewußt entschließt, bestimmte neuronale Erregungsmuster zu erzeugen.
Im Rahmen des Bewustseinssystems erzeugen mentale Zustände nur andere mentale Zustände. Neuronale Erregungsmuster kommen dort gar nicht vor. Diese sind Bestandteil des Nervensystems und werden dort von anderen neuronalen Erregungsmustern erzeugt.
Beide sind jedoch strukturell gekoppelt in dem Sinne das sie verschiedene Betrachtungsweisen des selben Prozesses sind.

Also für dein dialektisches Verständnis:
These: mentaler Zustand
Antithese: neuronales Erregungsmuster
Synthese: strukturelle Kopplung


Zitat:
Sicherlich ist die Struktur der Materie immer das Primäre, das Bewusstsein, die Bewegung usw. immer das abgeleitete.


Nein. Woher glaubst du dass zu wissen? Was sollen an dieser Stelle überhaupt "primär" und abgeleitet bedeuten?

Tatsächlich kann ich zunächst doch nur von meinem bewussten Erleben, also von der Bewusstseinsebene, ausgehen. von dort aus baue ich mir modellhafte Beschreibungen der äußeren Welt. In wie weit diese jedoch tatsächlich die Realität wiederspiegeln, oder nur brauchbare Simulationsregeln sind, werde ich jedoch nie wissen können. Alles was ich hoffen kann, ist die funktionalen Beziehungen einigermaßen richtig darzustellen.

Zitat:
Dennoch gibt es Kausalitäten zwischen den primären und sekundären Eigenschaften.


Modelle beschreiben je nach Zweck die gleichen Vorgänge auf verschiedenen Emergenzebenen. Da diese Beschreibungen sowohl im Hinblick auf Die Systembestandteile als auch auf die Simulationsregeln (aka Naturgesetze) unterscheiden, können kausale Beziehungen zwischen ihnen nicht aufgestellt werden.

#1721:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 18:11
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
@Lars
In welcher Relation stehen Deiner Meinung nach Begründungszusammenhänge und Kausalzusammenhänge zueinander? Das würde mich noch interessieren.


Zunächst einmal halte ich beide für Bestandteile menschlicher Modellierungen der Welt.
In einer "Natur an sich" gibt es zunächst einmal keine Kausalitäten. Zu sagen, Teilchen A tut dieses, weil Teilchen B zuvor jenes getan hat, wäre so strenggenommen schon eine Unzulässige Anthropomorphisierung.
Die beiden Ereignisse sind zunächst einfach nur da.

Der Kausalzusammenhang ist so gesehen nur Bestandteil einer Simulationsregel in der Form: Ein natürliches Ereignis bewirkt über naturgesetzliche Wechselwirkungen ein anderes, zweites Ereignis.

Ist die Simulationsregel gut etabliert, kann ich den Kausalzusammenhang auch als Begründungszusammenhang verwenden: Weil Ereignis A eingetreten ist, konnte ich auch erwarten, dass Ereignis B eintreten würde.

Umgekehrt Sind Begründungszusammenhänge jedoch algemeiner. Sie müssen nicht die Form von Kausalzusammenhängen haben. Denkbar sind ebenso Die zuvor beschriebenen Strukturellen Kopplungen oder logische Beziehungen.
Sie müssen sich auch nicht direkt auf auf Naturereignisse beziehen, sondern können sich auch auf höhere Metaebenen menschlicher Kommunikation beziehen.

#1722:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 18:50
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
@Lars
In welcher Relation stehen Deiner Meinung nach Begründungszusammenhänge und Kausalzusammenhänge zueinander? Das würde mich noch interessieren.
Zunächst einmal halte ich beide für Bestandteile menschlicher Modellierungen der Welt. ... Die beiden Ereignisse sind zunächst einfach nur da. Der Kausalzusammenhang ist so gesehen nur Bestandteil einer Simulationsregel in der Form: Ein natürliches Ereignis bewirkt über naturgesetzliche Wechselwirkungen ein anderes, zweites Ereignis.

Zudem birgt die Rede vom "Bewirken" die Gefahr, makroskopisch-statistische Effekte überzubewerten und demzufolge Probleme zu bekommen, wenn man z.B. CPT-Invarianz betrachtet. Manche Physiker sagen deshalb, nach Kausalität gefragt, lieber gar nicht "bewirkt", sondern eher sowas: Zwei Raumzeitereignisse mit bestimmten Eigenschaften sind in bezug auf xyz nicht unabhängig, sondern treten immer in dieser Kombination auf.

Lars hat folgendes geschrieben:
... Umgekehrt Sind Begründungszusammenhänge jedoch algemeiner. Sie müssen nicht die Form von Kausalzusammenhängen haben. Denkbar sind ebenso Die zuvor beschriebenen Strukturellen Kopplungen oder logische Beziehungen. ...

Oder teleologische (Zwecke). Letztlich zeigt das aber mE nur, daß wir in der Umgangssprache nicht sauber unterscheiden, was wir meinen, wenn wir etwas "begründen".


Zuletzt bearbeitet von step am 04.12.2009, 22:26, insgesamt einmal bearbeitet

#1723:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 19:36
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Also ich sehe gerade aus einer konsequent monistischen Betrachtung der Welt heraus mentale Zustände nicht als Epiphänomene an. Ich halte sie weder für eine Folge neuronaler Prozesse, noch für deren Ursache. Meiner Ansicht sind beide einfach verschiedene Betrachtungsweisen desselben Vorganges.

Ja natürlich, das sehen sicher die Hirnforscher ebenso, jedenfalls wenn man diejenigen multineuronalen Prozesse insgesamt betrachtet, die z.B. das phänomenale Selbstmodell realisieren / ausmachen, also eben dessen NCC. Deswegen heißt es wohl auch "Korrelat".

Betrachtet man jedoch "atomare" neuronale Prozesse oder gar chemische/physikalische, so kann man schon sagen, daß sie etwa eine weiträumigere synchrone Schwingung "verursachen", die dann selbst wiederum das NCC ist. Entscheidend ist mE aber, daß man "nichts als die neuronalen Prozesse" benötigt.

Lars hat folgendes geschrieben:
... Damit ist weder das "Empfinden der Entscheidung als stimmig" die Ursache für die zeitlich nachfolgende die "Stabilisierung der Erregungsmuster", noch ist es selbst die Folge einer zeitlich vorangehenden "Stabilisierung der Erregungsmuster". Vielmehr sind beide verschiedene Betrachtungsweisen des selben gleichzeitigen Vorgangs, der intern als "Empfinden der Entscheidung als stimmig" erlebt wird, während er von außen als "Stabilisierung der Erregungsmuster" gemessen werden kann.

Soweit mir bekannt, ist aber das reflektierte Bewußtsein der Stimmigkeit (Freiwilligkeit, bewußte Präferenz) tatsächlich der Ausbildung der Erregungsmuster zeitlich nachgeordnet. Und zwar der Erregungsmuster, die die (unbewußte) Entscheidung repräsentieren.

Ansonsten in weitesten Teilen Zustimmung!

#1724:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 20:44
    —
Ich denke nicht, daß normale Menschen hier noch mitkommen, oder ahnen, was das noch mit Determinismus oder Willensfreiheit zu tun hat. Mit oder ohne eure Erlaubnis möchte ich also einen Gang zurückschalten und mir ein paar eigene Gedanken machen, die sicher weder besonders originell noch tiefsinnig sind. Einfach meine 2 Cent.

Es geht um Determinismus. Zum einen die Vorstellung, wir hätten die Illusion, uns frei entscheiden zu können, dabei habe unser Gehirn sich schon Sekunden vorher für uns entschieden, zum anderen die Überzeugung, alle Ereignisse im Universum stünden in einer Kausalkette bis zurück zum Urknall und zwar in der Weise, daß sich alles so und nur so habe entwickeln können. Damit verbunden sind dann die Vorstellung, daß sich in dieser Welt alles auf physikalisch-chemische Prozesse zurückführen lasse, so etwas wie Emergenz also nicht existiert und daß auf menschlicher Ebene Willensfreiheit eine Illusion ist.

Nun haben wir das Problem, daß sich schon physikalische Objekte nicht determiniert verhalten. Man kann versuchen, darum herum zu argumentieren, durch Messergebnisse belegen läßt es sich nicht. Des weiteren ist es bis heute nicht gelungen, die biologische Evolutionstheorie durch physikalisch-chemische Theorien zu ersetzen. Der Kern der biologischen Evolutionstheorie ist aber die Behauptung, die biologische Entwicklung der Arten sei ein selbststeuernder, ergebnisoffener Prozeß. Auch alles Täuschung?

Der Determinismus sei mit der Vorstellung von der Willensfreiheit unvereinbar. Schön. Was heißt das? Daß Menschen sich verhalten, wie sie sich verhalten oder daß unser Bewußtsein nur ein passiver Zuschauer unseres Gehirns sei? Und wenn das so ist, was sind die Folgerungen?

Was denken Deterministen, warum wir ein Bewußtsein haben? Oder ist das reiner Zufall? Aber den gibt es doch eigentlich gar nicht. Hat das Bewußtsein keine Funktion? Nicht sehr glaubwürdig.

Wenn es einen freien Willen nicht gibt, dann, so lautet der attraktive Gedanke, bin ich auch nicht verantwortlich für das, was ich tue. Richtig? Also kann mich auch niemand vor Gericht zerren. Prima! Aber wenn ich nicht verantwortlich für meine Handlungen bin, ist es ein Gesetzgeber oder Polizist oder Richter auch nicht. Die tun auch nur, was sie tun. Oder sind nur manche determiniert?

Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist? Wenn andererseits Handlungen wie Diskussionen einen Unterschied machen, dann ist Determinismus nichts anderes als die Feststellung, daß im Rückblick alles so kommen mußte, wie es gekommen ist, im Hier und Jetzt aber ohne Belang ist.

#1725:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 22:03
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich denke nicht, daß normale Menschen hier noch mitkommen, oder ahnen, was das noch mit Determinismus oder Willensfreiheit zu tun hat.

Och, ich bin noch halbwegs mitgekommen und ich bin ganz normal, finde ich. Lars' ersten Beitrag finde ich sehr gut und kann mich dem anschließen. Wenn man (ontologischer) Monist ist, dann ergibt es schlicht keinen Sinn, Bewusstsein als Epiphänomen aufzufassen oder zu behaupten, mein Gehirn würde mich steuern oder dergleichen - denn das ist eine Vermischung unterschiedlicher Ebenen, ein Kategorienfehler ("Wie das Gehirn unser Verhalten steuert.", "Das Gehirn und seine Wirklichkeit.", "Aus Sicht des Gehirns.", "Das Gehirn und seine Freiheit.", "Verschaltungen legen uns fest." usw. - alles ganz furchtbare Kategorienfehler!) - man könnte jedoch, falls man das damit ausdrücken wollen würde, (was ich annehme), sagen: das Unbewusste steuert das Bewusstsein und ich bin nur das Bewusste, mein Unbewusstes ist kein Teil von mir - das wäre dann zumindest kein Kategorienfehler, wiewohl dennoch mAn falsch - keine Ahnung aber, warum man das dann nicht auch so sagt, sondern immer diesem aus meiner Sicht als Monisten so merkwürdigen Dualismus anhängen muss (hier ich und da mein Gehirn - zwei getrennte Welten also irgendwie).

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist? Wenn andererseits Handlungen wie Diskussionen einen Unterschied machen, dann ist Determinismus nichts anderes als die Feststellung, daß im Rückblick alles so kommen mußte, wie es gekommen ist, im Hier und Jetzt aber ohne Belang ist.

Deinen Ausführungen stimme ich ebenfalls vollumfänglich zu, habe aber dennoch eine kleine Frage: welchen Unterschied würdest Du in folgenden beiden Aussagen sehen: a) "es ist alles so gekommen, wie es gekommen ist und es wird alles so kommen, wie es kommen wird" und b) "es musste alles so kommen, wie es kam und es muss alles so kommen, wie es kommen wird"? Falls es da einen gibt: worin besteht der? Inwiefern ist b) keine banale Tautologie, so wie es a) ist? Spielt dabei eine (wenn auch evtl. rein hypothetische) Berechenbarkeit eine Rolle und wenn ja, wieso?

#1726:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 22:24
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
... so etwas wie Emergenz also nicht existiert ...

Das folgt nicht aus dem Determinismus.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Was denken Deterministen, warum wir ein Bewußtsein haben? Oder ist das reiner Zufall? Aber den gibt es doch eigentlich gar nicht. Hat das Bewußtsein keine Funktion? Nicht sehr glaubwürdig.

Keine Ahnung, wie Du darauf kommst, daß Deterministen weniger gut begründen können, daß wir bewußt sind, als Indeterministen. Ich sehe es eher umgekehrt.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn es einen freien Willen nicht gibt, dann, so lautet der attraktive Gedanke, bin ich auch nicht verantwortlich für das, was ich tue. Richtig?

Nein, nicht richtig. Du fühlst Dich verantwortlich für dies und das, weil Dir dieser "sanfte innnere Zwang" durch die Evolution / Moral / Kultur / Erziehung / Gesetz implementiert wurde. Und zwar, damit Du Dich hinreichend verläßlich (determiniert) vehältst. Verantwortung wird Dir also zugewiesen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Also kann mich auch niemand vor Gericht zerren.

Schon wieder falsch. Man könnte Dich vor Gericht ziehen, um Dein Verhalten positiv zu beeinflussen. Ähnlich wie ein Schüler mglw. nachlernen muß, der schlechte Noten schreibt. Er ist nicht "schuld", aber man erwartet dennoch von ihm, daß er sich Mühe gibt.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist?

Es ist nichts vorherbestimmt, auch nicht im Determinismus. Die fatalistische oder teleologische Deutung ist Dein Privatvergnügen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn andererseits Handlungen wie Diskussionen einen Unterschied machen, dann ist Determinismus nichts anderes als die Feststellung, daß im Rückblick alles so kommen mußte, wie es gekommen ist, im Hier und Jetzt aber ohne Belang ist.

Das sehe ich anders: Die Suche nach und das Verständnis von kausalen Zusammenhängen wird gefördert. Wenn der Unterschied zwischen einer komplexen Prägung und einem akuten inneren Zwang nur noch relativ ist, lenkt man sein Augenmerk, etwa im Strafrecht, auf die Prävention und nicht mehr auf Schuld & Vergeltung.

#1727:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 22:40
    —
step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn es einen freien Willen nicht gibt, dann, so lautet der attraktive Gedanke, bin ich auch nicht verantwortlich für das, was ich tue. Richtig?

Nein, nicht richtig. Du fühlst Dich verantwortlich für dies und das, weil Dir dieser "sanfte innnere Zwang" durch die Evolution / Moral / Kultur / Erziehung / Gesetz implementiert wurde. Und zwar, damit Du Dich hinreichend verläßlich (determiniert) vehältst. Verantwortung wird Dir also zugewiesen.

Was genau genommen bedeutet, dass es in Deiner Sicht nicht möglich sein kann, dass das "sich verantwortlich fühlen" auch auf eigener Einsicht beruhen kann (Disclaimer: was ja keineswegs bedeuten muss, dass sie "einfach so" "aus dem Nichts" hervorploppt), sondern völlig fremdgesteuert ist, richtig? Und die Zuweisung der Verantwortung, ist die dann auch genauso fremdgesteuert oder hängt die von vernünftigen Überlegungen ab?

#1728:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 04.12.2009, 23:17
    —
Und dazu auch noch was:

step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist?

Es ist nichts vorherbestimmt, auch nicht im Determinismus. Die fatalistische oder teleologische Deutung ist Dein Privatvergnügen.

Von Teleologie hat niemand gesprochen. Aber Fatalismus ist nun mal Deiner Ansicht immanent, ein wesentlicher Bestandteil: weil alles so passieren muss, wie es passieren wird, genau deswegen kann niemandem ein Verhalten zur Last gelegt werden. Er konnte ja nicht anders, er musste so handeln und das wurde komplett durch die nicht beeinflussbare Vergangenheit festgelegt. Das ist der Dreh- und Angelpunkt Deiner Argumentation (und auch derjenige gewisser Hirnforscher: "Verschaltungen legen uns fest." - was bedeutet: wir können gar nichts tun - es heißt ja explizit nicht: "Umstände beeinflussen uns" - was sicher wenig strittig wäre) und selbstverständlich ergibt sich daraus notwendigerweise Fatalismus.

Das hat zwar nichts mit Determinismus an sich zu tun, d.h. es folgt mAn nicht aus dem Determinismus, aber mit Deiner Argumentation (und derjenigen gewisser Hirnforscher) sehr wohl. Es ist einfach der Knackpunkt zwischen uns, Deine (Eure - inkl. der gewissen Hirnforscher) Behauptung ist nämlich nun mal genau genommen diejenige, dass man selber nur ein ohnmächtiger Beobachter im Film seines Lebens sei, der nicht eingreifen könne, der nur zuschauen könne und man deswegen keinen Vorwurf für egal was machen dürfe, (eine moralische Forderung übrigens), weil eben alles so passieren müsse, wie es passiere und dieses "müsse" schließe eine Einflussmöglichkeit aus. Dem ist aber nicht so, das ist eine unbegründete Behauptung. Ein Appell an die Intuition, mehr nicht.

#1729:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.12.2009, 12:05
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn es einen freien Willen nicht gibt, dann, so lautet der attraktive Gedanke, bin ich auch nicht verantwortlich für das, was ich tue. Richtig?
Nein, nicht richtig. Du fühlst Dich verantwortlich für dies und das, weil Dir dieser "sanfte innnere Zwang" durch die Evolution / Moral / Kultur / Erziehung / Gesetz implementiert wurde. Und zwar, damit Du Dich hinreichend verläßlich (determiniert) vehältst. Verantwortung wird Dir also zugewiesen.
Was genau genommen bedeutet, dass es in Deiner Sicht nicht möglich sein kann, dass das "sich verantwortlich fühlen" auch auf eigener Einsicht beruhen kann (Disclaimer: was ja keineswegs bedeuten muss, dass sie "einfach so" "aus dem Nichts" hervorploppt), sondern völlig fremdgesteuert ist, richtig? ...

Nein, auch nicht richtig: Was ist denn diese "Einsicht"? Übereinstimmung einer moralischen Forderung mit einer inneren Präferenz. Wobei es Unterschiede in der analytischen Durchdringung gibt ("gutes Gefühl" vs. "komplexe Nutzenkalkulation"). Eine Gesellschaft, in der die Implementation der Interessen der Anderen im Individuum nicht als Zwang, sondern gar als Präferenz empfunden werden, funktioniert möglicherweise besonders gut. (Disclaimer: Diese "Implementation" erfolgt zu weiten Teilen nicht bewußt.)

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist?
Es ist nichts vorherbestimmt, auch nicht im Determinismus. Die fatalistische oder teleologische Deutung ist Dein Privatvergnügen.
Von Teleologie hat niemand gesprochen.

Marcellinus' "vorherbestimmt" kann man fatalistisch oder teleologisch verstehen, je nachdem ob er einen Plan dahinter sieht oder nicht. Ich habe das offengelassen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber Fatalismus ist nun mal Deiner Ansicht immanent, ein wesentlicher Bestandteil: weil alles so passieren muss, wie es passieren wird, genau deswegen kann niemandem ein Verhalten zur Last gelegt werden.

Daraus folgt aber nun mal nicht notwendig eine fatalistische Einstellung, wie ich schon oft erklärt habe. Meine jetzige Entscheidung hat nämlich sehrwohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Ich simuliere ja Zukunften und entscheide dann präferent. Der ganze Vorgang ist also determiniert, aber das Geschehen in der Zukunft hängt (u.a.) davon ab, wie ich mich entscheide.

Die fatalistische Deutung (in dem Sinne, daß man nichts tun kann) kommt mE erst durch Zugabe eines psychologischen Moments zustande: Die Kränkung des Ich, das uns als letzt-autonom vorgegaukelt wird. Ich weiß, das liest Du gar nicht gern.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... weil eben alles so passieren müsse, wie es passiere und dieses "müsse" schließe eine Einflussmöglichkeit aus. Dem ist aber nicht so, das ist eine unbegründete Behauptung. Ein Appell an die Intuition, mehr nicht.

Dein Vorwurf geht ins Leere oder ist falsch formuliert, denn ich habe bereits mehrfach gezeigt, daß ich Einflussmöglichkeiten gar nicht ausschließe, im Gegenteil ergeben sie sich sogar zwangsläufig im Rahmen einer Handlungsentscheidung.

#1730:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.12.2009, 16:02
    —
Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass Determinismus und Fatalismus sich gegenseitig ausschließen!

Fatalismus bedeutet ja die Gleichgültigkeit die sich aus der Idee ergibt: Es kommt alles, wie es kommen muß, egal was ich tue.
Dies bedeutet aber, dass die Zukunft von meinem Handeln völlig unabhängig ist.

In einer deterministischen Sicht ist mein Handeln dagegen Glied in einer Kausalkette, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt. Damit ist die Zukunft von meinem Handeln stark abhängig!
Dass die hypothetischen Zukünfte völlig gleich wären, egal, wie das Glied der Kausalkette, das mein Handeln darstellt, aussähe, erscheint mir dann doch extrem unwahrscheinlich.


Eher sehe ich da ein Problem bei Leuten, die die Naturgesetzlichkeit des Weltgeschehens leugnen. Welche Hoffnung kann ich dann haben, dass das Ergebnis meines Handelns auch nur eine vage Ähnlichkeit mit meinen Intentionen hat?
Selbst, wenn sich diese Leugnung nur auf gewisse Reservate wie das menschliche Bewußtsein erstreckt, wie kann ich dann erwarten, auf andere Menschen Einfluß nehmen zu können?

Fatalismus als Folge solch einer Haltung wäre da durchaus logisch passend.
Eine andere passende Folge wäre, durch Gebete , Opfer, oder sonstige Formen übernatürlicher Einflussnahme eine Art Pseudonaturgesetzlichkeit erreichen zu wollen. Wie die Atzteken, die versuchten durch regelmäßige Menschenopfer zu erreichen, dass die Sonne auf ihrer Bahn bleibt.

#1731:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.12.2009, 16:31
    —
Das ist ja alles schön und gut. Wie passt aber nun eine Aussage wie "Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören von Freiheit zu sprechen (Wolf Singer)" da rein? Ist sie schlichter Unsinn (was ich meine) oder hat sie eine Berechtigung? Wenn ja: inwiefern und wie passt das zu Euren Ausführungen in den letzten Beiträgen?

#1732:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.12.2009, 17:13
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist ja alles schön und gut. Wie passt aber nun eine Aussage wie "Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören von Freiheit zu sprechen (Wolf Singer)" da rein? Ist sie schlichter Unsinn (was ich meine) oder hat sie eine Berechtigung? Wenn ja: inwiefern und wie passt das zu Euren Ausführungen in den letzten Beiträgen?

Der Spruch ist zwar vielleicht etwas unscharf wegen der Ausdrücke "Verschaltungen" und "uns", aber im Prinzip will SInger mE nur ausdrücken, daß dem intuitiven Freiheitsgefühl bei Entscheidungen (also der Abwesenheit merklicher akuter Zwänge) keine "Freiheitsgrade des Wollens" gegenüberstehen, sondern alles Wesentliche bei einer solchen Entscheidung komplett naturgesetzlich determiniert abläuft. Nicht nur "mit den Naturgesetzen kompatibel".

Ich sehe nicht, wieso das nicht mit unseren Beiträgen zusammengehen sollte.

Eine weitere Sache, die man bei Singers Aussage kritisieren könnte, ist natürlich, daß man über den Ausdruck "Freiheit" streiten kann. Denn man könnte die Ansicht vertreten, daß man die eigentliche Unfreiheit dennoch "Freiheit" nennen dürfen sollte, sei es, um das Gefühl / die Illusion abkürzend zu beschreiben, oder sei es, weil man diese Illusion für staatsnotwendig hält.

#1733:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.12.2009, 20:07
    —
"Verschaltungen" finde ich jetzt nicht so unscharf, ich denke, er meint damit schlicht die Vorgänge in einer rein physikalischen Welt.

"Uns", "wir" oder "ich" sind natürlich unscharf, aber das soll für meine weitere Argumentation keine Rolle spielen.

Es ist nun so, dass, wenn man Monist und Materialist ist und dass, falls man, wenn man von "ich" "wir" oder "uns" redet, damit etwas in unserer Welt Existierendes meint, das notwendiger- und logischerweise bedeuten muss, dass auch dieses "ich" "wir" und "uns" ein Teil der physikalischen Welt sein muss.

Wenn wir jetzt statt "physikalische Welt" mal "Verschaltungen" sagen (wie gesagt nehme ich das einfach als Synonym), dann folgt unweigerlich, dass ein Teil der Verschaltungen in der Welt "wir" sein müssen. Eine andere Alternative gibt es bei den angenommenen Prämissen nicht.

Wenn dem aber so ist, dann ergibt der Satz von Singer keinen Sinn mehr, er wird dann völlig banal, weil tautologisch:

- Verschaltungen legen uns fest
- Alles sind in einer physikalischen Welt Verschaltungen
- Also sind auch wir Verschaltungen
- Also bedeutet die Aussage, dass wir von der physikalischen Welt und von uns selber festgelegt werden

Aber so betrachtet und auf den Punkt gebracht hört sich das mE ziemlich merkwürdig, weil so banal, an. Das ist jetzt gemeinhin zustimmungsfähig, keine knackige These mehr, daraus folgt nichts, vor allem nicht, dass man nicht mehr von Freiheit reden sollte.

Warum das mit Euren Ausführungen nicht so richtig zusammen passt, kann ich auch sagen:

step hat folgendes geschrieben:
Meine jetzige Entscheidung hat nämlich sehrwohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Ich simuliere ja Zukunften und entscheide dann präferent.

Hört sich für meinen Geschmack ziemlich nach Freiheit an. Dass nämlich Du etwas entscheidest und festlegst und nicht die "Verschaltungen" außerhalb von Dir.

Lars hat folgendes geschrieben:
In einer deterministischen Sicht ist mein Handeln dagegen Glied in einer Kausalkette, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt.

Und auch aus Lars' Ausführungen ergibt sich mE notwendigerweise, dass er annimmt, er sei ein Teil dieser Kausalketten.

Und dann ergibt es nun mal wenig Sinn, ist nur eine Tautologie, uninteressant, zu sagen, "Verschaltungen (oder 'Kausalketten') legen uns fest".

Es gibt Sachverhalte außerhalb von uns, die wir nicht beeinflussen können und die uns festlegen. Das ist doch weithin unbestritten. Aber dennoch können auch wir etwas beeinflussen und festlegen. Das schließt sich doch nicht aus. Es sei denn, "wir" wären nicht Teil der physikalischen Welt und nur dann, wenn man das annimmt, bekommt der Satz von Singer einen Sinn abseits von Banalität.

#1734:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.12.2009, 20:50
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ist nun so, dass, wenn man Monist und Materialist ist und dass, falls man, wenn man von "ich" "wir" oder "uns" redet, damit etwas in unserer Welt Existierendes meint, das notwendiger- und logischerweise bedeuten muss, dass auch dieses "ich" "wir" und "uns" ein Teil der physikalischen Welt sein muss.

Jein. "Ich" ist mE so etwas wie das Selbstmodell, das der individuelle Körper von sich erzeugt. Als solches ist es natürlich in der Welt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Also bedeutet [Singers] Aussage, dass wir von der physikalischen Welt und von uns selber festgelegt werden.

Nein, mit der genaueren Erklärung oben gilt das nicht mehr. Oder höchstens sehr indirekt, z.B. indem die Neuronen eine Handlung initiieren in Abhängigkeit des Ergebnisses ihrer Simulation. Ähnlich wie auch ein Schachcomputer die Zukunft simuliert und abhängig davon entscheidet. Jetzt stell Dir vor, der Schachcomputer würde zusätzlich auch noch ein Modell von sich selbst erzeugen und sich dabei wiederum modellieren. Er hätte dann ein bewußtes Selbstmodell ausgeprägt, eine personale Illusion, eine "Meinigkeit" und dann auch ein Ich. Vielleicht würde er deshalb sogar andere Züge machen. Aber weder wäre er dadurch frei in seinen Enstcheidungen (auch wenn sie komplexer sind als zuvor), noch sehe ich ein, warum er deswegen plötzlich (ohne Zuweisung) "schuldig" oder "verantwortlich" sein kann. Er wird höchstens empfänglich für internalisierte moralische Agenten, z.B. indem er die Interessen seiner Mitwesen simuliert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Warum das mit Euren Ausführungen nicht so richtig zusammen passt, kann ich auch sagen:
step hat folgendes geschrieben:
Meine jetzige Entscheidung hat nämlich sehrwohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Ich simuliere ja Zukunften und entscheide dann präferent.
Hört sich für meinen Geschmack ziemlich nach Freiheit an. Dass nämlich Du etwas entscheidest und festlegst und nicht die "Verschaltungen" außerhalb von Dir.

Das habe ich oben mit "unscharf gemeint: In der vereinfachenden Umgangssprache verwende ich "ich" ebenfalls intuitionistisch, also als ob ich mindestens zuweilen oder teilweise eine Letztursache wäre. Aber natürlich ist mein phänomenales Selbst niemals eine Letztursache, sondern das ist ein Fehler des Modells, das unsere Körper ausprägen. Ebenso wie andere Fehler, z.B. die "Gummihandillusion" oder OBE's.

Zu Deiner Erklärung: Auf keinen Fall entscheidet das Ich (das phänomenale Selbstmodell), man kann von mir aus darüber streiten, ob die Neuronen, die die Entscheidung realisieren, dieselben sind, die das Selbstmodell ausprägen. Das spielt aber letztlich keine Rolle.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
In einer deterministischen Sicht ist mein Handeln dagegen Glied in einer Kausalkette, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt.
Und auch aus Lars' Ausführungen ergibt sich mE notwendigerweise, dass er annimmt, er sei ein Teil dieser Kausalketten.

Das glaube ich nicht, ich denke, auch Lars hat hier "mein" umgangssprachlich verwendet.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber dennoch können auch wir etwas beeinflussen und festlegen. Das schließt sich doch nicht aus. Es sei denn, "wir" wären nicht Teil der physikalischen Welt und nur dann, wenn man das annimmt, bekommt der Satz von Singer einen Sinn abseits von Banalität.

Nach meinem Verständnis verstehst Du unter "Ich" den Körper, die neuronalen Korrelate Deiner Erinnerungen und Präferenzen usw. - All diese beeinflussen natürlich den Lauf der Welt, indem sie (zur Vereinfachung makroskopisch reifizierte) Teile einer Ursachenkette sind, z.B. bei Handlungsentscheidungen. Sie sind dabei, und auch bei der Ausprägung der personalen Illusion des Selbstmodells, jedoch nicht freier als irgendein anderer Teil irgendeiner anderen Ursachenkette.

#1735:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.12.2009, 23:19
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Lars hat folgendes geschrieben:
In einer deterministischen Sicht ist mein Handeln dagegen Glied in einer Kausalkette, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt.

Und auch aus Lars' Ausführungen ergibt sich mE notwendigerweise, dass er annimmt, er sei ein Teil dieser Kausalketten.

Und dann ergibt es nun mal wenig Sinn, ist nur eine Tautologie, uninteressant, zu sagen, "Verschaltungen (oder 'Kausalketten') legen uns fest".

Es gibt Sachverhalte außerhalb von uns, die wir nicht beeinflussen können und die uns festlegen. Das ist doch weithin unbestritten. Aber dennoch können auch wir etwas beeinflussen und festlegen. Das schließt sich doch nicht aus. Es sei denn, "wir" wären nicht Teil der physikalischen Welt und nur dann, wenn man das annimmt, bekommt der Satz von Singer einen Sinn abseits von Banalität.


Ja einfach so völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist der Satz "Verschaltungen (oder 'Kausalketten') legen uns fest" tatsächlich eine sinnlose Tautologie.

Ganz ähnlich lautet übrigens auch ein bei Kreationisten beliebtes Argument gegen die Evolutionstheorie. Da ist es das Schlagwort "Survival of the Fittest". Für sich allein ist das mindestens ebenso tautologisch, Im Kontext der Evolutionstheorie ist die Argumentation, die durch dieses Schlagwort zusammengefasst wird ber alles andere als tautologisch.

Ebenso ist ein Schlagwort "Verschaltungen (oder 'Kausalketten') legen uns fest" bestenfalls Zusammenfassung einer komplexen Argumentation, von der die Du nach inzwischen fast 60 Threadseiten eigentlich schon einmal etwas bemerkt haben solltest.

Hast du gegen ein konkretes Argument dieser Argumentation etwas vorzubringen, dann lege doch einfach deine Gegenargumente auf den Tisch.

Wenn Du der Argumentation dagegen zustimmst, ja sie sogar für banal und selbstverständlich richtig hältst, wogegen Argumentierst Du dann?

Wenn Du sie für so banal und selbstverständlich richtig hältst, dass sie dich langweilt, warum hältst Du dich nicht einfach raus?


Offensichtlich ist die Tatsache, dass wir auch in unserem Wollen und Entscheiden genauso Teil der Natur sind, wie wir in jeder anderen Beziehung auch, und ebenso wie jedes andere Naturobjekt, für allzu viele Leute alles andere als selbstverständlich.

Anders wären diese ganzen Versuche das Bewusstsein über falsch verstandene Emergenz außerhalb der "normalen Kausalität" oder gar über merkwürdige Reifizierungen außerhalb der physikalischen Welt zu stellen, als ein "Organ", dass aber gleichzeitig nicht lokalisiert ist, kaum zu erklären.

Es geht hier eben nicht um irgendwelche Gefühle von Freiheit, oder um Handlungsfreiheit, sondern um Willensfreiheit im Sinne der Vorstellung unter völlig gleichen Umständen verschiedene Entscheidungen treffen zu können, und zwar nicht aus Zufall sondern "selbstverursacht".
Es geht um ein Selbstbild, das das "Ich" als "unbewegten Beweger" sieht, als permanentes Wunder, das von äußeren Einflüssen allenfals im Sinne von "Entscheidungshilfen", aber niemals im Sinne deterministischer Kausalität beeinflusst wird.

Das diese Haltung durchaus keine Außenseitermeinung irgendwelcher Hinterwäldler ist, sondern, wenn auch vielleicht uneingestanden, auch von Gebildeten und sogar Atheisten eingenommen wird, ist nicht nur wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, sondern insbesondere auch in diesem Thread allzu offensichtlich.

Und diese Frage ist eben auch in ihren praktischen Folgen alles andere als nebensächlich, weil sie über den Begriff der "Schuld" mit ernsten ethischen und psychologischen Problemen verknüpft ist.
Denke nur an das: "Der ist doch selbst schuld, er hatte sich ja auch anders entscheiden können".
Wenn "der" ganz normal Teil der Natur ist, dann hätte er eben nicht anders entscheiden können.
Dann konnte er nur ganz genau so entscheiden, wie er entschieden hat.
Abgesehen natürlich von Zufällen im Entscheidungsprozess, aber wie klingt: "Der ist doch selbst schuld, er hatte sich ja auch durch Zufall anders entscheiden können"

Aber das heißt nicht, dass wir die Welt nicht beeinflussen können. Im Gegenteil, gerade weil die Welt sich naturgesetzlich verhält können wir sie beeinflussen. Aber darin wie wir sie beeinflussen sind wir halt nicht frei, sondern naturgesetzlich festgelegt, weil wir Teil dieser Welt sind.

#1736:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 00:17
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step hat folgendes geschrieben:

Zu Deiner Erklärung: Auf keinen Fall entscheidet das Ich (das phänomenale Selbstmodell), man kann von mir aus darüber streiten, ob die Neuronen, die die Entscheidung realisieren, dieselben sind, die das Selbstmodell ausprägen. Das spielt aber letztlich keine Rolle.


Sicherlich trifft das Selbstmodell selbst keine Entscheidungen. Ich vermute aber doch sehr stark, dass es in bestimmten Fällen vom Entscheidungsapparat als Werkzeug dafür benutzt wird.
Etwa so dass ich manche Entscheidungen nur dadurch treffen kann, dass ich mir vorstelle sie zu treffen.
Dies erscheint mir insbesondere für Entscheidungen plausibel, bei denen ich den Entscheidungsprozess im Bewustsein als gedachten sprachlichen Monolog erlebe. Etwa bei der Entscheidung, wie die Lösung einer Rechenaufgabe lautet, wenn ich diese Entscheidung treffe, indem ich diese Aufgabe in Gedanken löse.

Dies würde auch nicht im Widerspruch zu Experimenten stehen in denen Entscheidungen schon fest stehen, bevor sie bewusst werden. Insbesondere dann nicht, wenn es sich bei der Entscheidung im Experiment um eine solche handelt, bei der ich die Entscheidung bewusst ohnehin nur als Abwarten erlebe, bis ich das Gefühl bekomme, etwas zu wollen. Da ist es eigentlich nicht überaschend, dass diese Entscheidung eigentlich Unbewusst getroffen wird.
Aber selbst wenn es eine Entscheidung ist, die durch bewusste Simulation getroffen wird, könnten ja schon nur wenige unbewusste Teilprozesse in einer Entscheidung ausreichen, um solche Ergebnisse zu erzeugen.

Für die Idee des "Freien Willens" erscheint mir das jedoch ziemlich unerheblich, da der Entscheidungsprozess ja auch dann, wenn er teilweise bewusst stattfindet ein kausal in diese Welt eingebetteter Naturprozess ist.

#1737:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 00:45
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Lars hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Zu Deiner Erklärung: Auf keinen Fall entscheidet das Ich (das phänomenale Selbstmodell), man kann von mir aus darüber streiten, ob die Neuronen, die die Entscheidung realisieren, dieselben sind, die das Selbstmodell ausprägen. Das spielt aber letztlich keine Rolle.
Sicherlich trifft das Selbstmodell selbst keine Entscheidungen. Ich vermute aber doch sehr stark, dass es in bestimmten Fällen vom Entscheidungsapparat als Werkzeug dafür benutzt wird. Etwa so dass ich manche Entscheidungen nur dadurch treffen kann, dass ich mir vorstelle sie zu treffen. Dies erscheint mir insbesondere für Entscheidungen plausibel, bei denen ich den Entscheidungsprozess im Bewustsein als gedachten sprachlichen Monolog erlebe. Etwa bei der Entscheidung, wie die Lösung einer Rechenaufgabe lautet, wenn ich diese Entscheidung treffe, indem ich diese Aufgabe in Gedanken löse.

Ja, möglicherweise. Es gibt auch die These, daß Sprache, Spiegelneuronen und Selbstmodell zusammenhängen. Mir erschiene es trivialerweise natürlich, wenn das Selbstmodell dann eine wesentliche Rolle im Entscheidungsprozeß spielt, wenn die Modellierung des Selbst für die Bewertung der Situation hilfreich ist.

Lars hat folgendes geschrieben:
Dies würde auch nicht im Widerspruch zu Experimenten stehen in denen Entscheidungen schon fest stehen, bevor sie bewusst werden. Insbesondere dann nicht, wenn es sich bei der Entscheidung im Experiment um eine solche handelt, bei der ich die Entscheidung bewusst ohnehin nur als Abwarten erlebe, bis ich das Gefühl bekomme, etwas zu wollen. Da ist es eigentlich nicht überaschend, dass diese Entscheidung eigentlich Unbewusst getroffen wird.
Aber selbst wenn es eine Entscheidung ist, die durch bewusste Simulation getroffen wird, könnten ja schon nur wenige unbewusste Teilprozesse in einer Entscheidung ausreichen, um solche Ergebnisse zu erzeugen.

Für die Idee des "Freien Willens" erscheint mir das jedoch ziemlich unerheblich, da der Entscheidungsprozess ja auch dann, wenn er teilweise bewusst stattfindet ein kausal in diese Welt eingebetteter Naturprozess ist.

Sehe ich ebenso.

#1738:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 01:00
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Ich habe mal eine (vielleicht naive) Frage: In MSSs Buch wird insistiert, dass wir zwar keine Willensfreiheit haben können, jedoch aber eine Handlungsfreiheit. Vielleicht ist dieser Punkt hier (oder anderswo) schon behandelt worden, ich kann mich aber nicht daran erinnern. Wenn mit Handlungsfreiheit gemeint ist, dass uns niemand und nichts daran hindert, das zu tun, was wir (unfreierweise) tun wollen, dann ist dies banal.

Wenn man aber sagen will, dass wir zwar einen determinierten Willen haben, aber die Umsetzung dieses unfreien Willens frei gestalten können, dann sehe ich einen Widerspruch. Wenn ich meinen (unfreien) Willen durch Handlungen A oder B befriedigen kann und ich frei zwischen beiden wählen darf, dann führe ich doch eine freie Willensentscheidung aus. Und wenn ich dies kann, muss ich ebenso befähigt sein, meinen Willen, der dieser Entscheidung vorausgeht, frei zu gestalten.

Ich meine, dass die Logik verlangt, dass entweder der Wille und die Handlung determiniert sind oder das beide frei sind. Was meint Ihr ?

#1739:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 02:22
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ist nun so, dass, wenn man Monist und Materialist ist und dass, falls man, wenn man von "ich" "wir" oder "uns" redet, damit etwas in unserer Welt Existierendes meint, das notwendiger- und logischerweise bedeuten muss, dass auch dieses "ich" "wir" und "uns" ein Teil der physikalischen Welt sein muss.

Jein. "Ich" ist mE so etwas wie das Selbstmodell, das der individuelle Körper von sich erzeugt. Als solches ist es natürlich in der Welt.

Hmm...

Ich nehme also Deinen Satz von oben:

step hat folgendes geschrieben:
Meine jetzige Entscheidung hat nämlich sehrwohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Ich simuliere ja Zukunften und entscheide dann präferent.


und präzisiere ihn wie folgt:

"Die jetzige Entscheidung meines Selbstmodelles, die mein individueller Körper von mir erzeugt, hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Mein Selbstmodell, das mein Körper von mir erzeugt, simuliert ja Zukunften und entscheidet dann präferent."

Soweit korrekt? Hört sich aber so, hm, ein bisschen unlogisch an, findet Ihr nicht?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
In einer deterministischen Sicht ist mein Handeln dagegen Glied in einer Kausalkette, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt.
Und auch aus Lars' Ausführungen ergibt sich mE notwendigerweise, dass er annimmt, er sei ein Teil dieser Kausalketten.

Das glaube ich nicht, ich denke, auch Lars hat hier "mein" umgangssprachlich verwendet.

Wie bitte? Ich (oder Du oder er) seien nicht Teil der Kausalketten? Wie kann das sein in einer materialistischen, monistischen Welt, die nur aus Kausalketten besteht und sonst aus nichts? Ein Wunder?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber dennoch können auch wir etwas beeinflussen und festlegen. Das schließt sich doch nicht aus. Es sei denn, "wir" wären nicht Teil der physikalischen Welt und nur dann, wenn man das annimmt, bekommt der Satz von Singer einen Sinn abseits von Banalität.

Nach meinem Verständnis verstehst Du unter "Ich" den Körper, die neuronalen Korrelate Deiner Erinnerungen und Präferenzen usw. - All diese beeinflussen natürlich den Lauf der Welt, indem sie (zur Vereinfachung makroskopisch reifizierte) Teile einer Ursachenkette sind, z.B. bei Handlungsentscheidungen. Sie sind dabei, und auch bei der Ausprägung der personalen Illusion des Selbstmodells, jedoch nicht freier als irgendein anderer Teil irgendeiner anderen Ursachenkette.

Doch, und ad nauseam: ich bin zwar Teil der physikalischen Welt (und nicht im Geringsten davon losgelöst), aber das hindert mich nicht im Geringsten daran, frei zu sein (zu sein - nicht nur mich so zu fühlen). Wobei Freiheit für mich bedeutet, Entscheidungen treffen zu können aufgrund meiner eigenen Überlegungen. Etwas anderes kann Freiheit nicht bedeuten, ich wüsste jedenfalls nicht, was; wenn es etwas anderes bedeuten soll, dann müsste das dargestellt werden können. Und zwar so, dass es plausibel ist. Und nicht nur in dem Stile: aber die anderen glauben das doch alle. Plausibilität, Konsistenz. Verdammt, das kann doch nicht so schwer sein.

Der einzige Einwand dagegen wäre nun: Du kannst keine eigenen Überlegungen haben, denn Du bist irgendwie ferngesteuert (durch die Vergangenheit, den Determinismus, whatever und wieso auch immer - die Begründung fehlt hier schlicht) - alle Überlegungen sind gar nicht Deine Überlegungen. Aber das impliziert nun mal die Behauptung, ich würde nicht existieren, "in Wirklichkeit" existierten nur neuronale Abläufe und die seinen von mir verschieden. Nur, wenn dem so sein sollte, wer oder was bin dann "ich"? Und wer ist eigentlich der, der diese Behauptung aufstellt?

#1740:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 03:09
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Lars hat folgendes geschrieben:
Ja einfach so völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist der Satz "Verschaltungen (oder 'Kausalketten') legen uns fest" tatsächlich eine sinnlose Tautologie.

Das ist nicht aus dem Zusammenhang gerissen, das ist der Untertitel eines Aufsatzes von Wolf Singer, ein Resümee also.

Lars hat folgendes geschrieben:
Ebenso ist ein Schlagwort "Verschaltungen (oder 'Kausalketten') legen uns fest" bestenfalls Zusammenfassung einer komplexen Argumentation, von der die Du nach inzwischen fast 60 Threadseiten eigentlich schon einmal etwas bemerkt haben solltest.

Hast du gegen ein konkretes Argument dieser Argumentation etwas vorzubringen, dann lege doch einfach deine Gegenargumente auf den Tisch.

Das habe ich getan, auch wenn Du es nicht bemerkt hast. Es ist entweder eine Tautologie, zu sagen, Verschaltungen würden uns festlegen oder aber es soll implizit bedeuten, dass wir etwas anderes als Verschaltungen seien. Was aber weiterhin bedeuten würde, dass "wir" und die Verschaltungen etwas Getrenntes, etwas Gegensätzliches, etwas sich Ausschließendes sein würden. Und dann frage ich mich eben: was sind "wir" denn dann? Ist das nicht eine dualistische Weltsicht, die in der Sicht eines Monisten (der ich bin) etwas seltsam anmuten muss, insbesondere dann, wenn derjenige, der das sagt, auch von sich behauptet eine monistische und materialistische Weltsicht einzunehmen?

Lars hat folgendes geschrieben:
Wenn Du der Argumentation dagegen zustimmst, ja sie sogar für banal und selbstverständlich richtig hältst, wogegen Argumentierst Du dann?

Wenn Du sie für so banal und selbstverständlich richtig hältst, dass sie dich langweilt, warum hältst Du dich nicht einfach raus?

Ich argumentiere gegen die Kategorienfehler ("wir" sind "eigentlich" nur neuronale Vorgänge, die Rede von "uns" ist falsch). Und ich argumentiere gegen die hier vertretene Auffassung, man würde, wenn man "ich" sagte, nur sein Selbstmodell oder sein Bewusstsein meinen. Das ist mE nicht richtig, wenn dem so wäre, dann verlören zum Beispiel die Sätze "ich fahre morgen nach Hamburg", "ich habe gestern zwei Hamburger gegessen", "ich bin der Meinung XY" völlig ihren Sinn. Mein Selbstmodell kann nicht nach Hamburg fahren, das geht nicht. Das ist hoffentlich einzusehen. Und mein Selbstmodell kann auch keine Meinung haben. Mein Selbstmodell ist nur mein Selbstmodell, ist kein handelndes Subjekt, denkt nicht usw. Ebenso übrigens, wie mein Gehirn nicht denkt, ich (als Person, als Subjekt) denke.

Lars hat folgendes geschrieben:
Es geht hier eben nicht um irgendwelche Gefühle von Freiheit, oder um Handlungsfreiheit, sondern um Willensfreiheit im Sinne der Vorstellung unter völlig gleichen Umständen verschiedene Entscheidungen treffen zu können, und zwar nicht aus Zufall sondern "selbstverursacht".
Es geht um ein Selbstbild, das das "Ich" als "unbewegten Beweger" sieht, als permanentes Wunder, das von äußeren Einflüssen allenfals im Sinne von "Entscheidungshilfen", aber niemals im Sinne deterministischer Kausalität beeinflusst wird.

Ist das so? Lies mal ein paar zeitgenössische Philosophen zu dem Thema, überlege mal, was "Freiheit" in Deinem Sinne konkret bedeutet. Inwiefern das plausibel ist, inwiefern mal das anderen klar machen könnte, inwiefern sie zustimmen könnten.

Lars hat folgendes geschrieben:
Wenn "der" ganz normal Teil der Natur ist, dann hätte er eben nicht anders entscheiden können.
Dann konnte er nur ganz genau so entscheiden, wie er entschieden hat.
Abgesehen natürlich von Zufällen im Entscheidungsprozess, aber wie klingt: "Der ist doch selbst schuld, er hatte sich ja auch durch Zufall anders entscheiden können"

Dann mal 'ne Frage dazu an Dich: inwiefern unterscheiden sich die beiden Sätze a) "er hat so gehandelt, wie er gehandelt hat" und b) "er musste so handeln, wie er gehandelt hat"? B) ist nur doch nur dann unterschiedlich zu a), wenn jemand durch äußere Umstände zu einer Handlung gezwungen wurde, oder etwa nicht? Aber wenn nicht: glaubst Du im Ernst, dass jemand die Aussage "X musste gestern ins Kino gehen, weil er ein überzeugter Kinogänger ist und den gezeigten Film schon lange sehen wollte" nicht merkwürdig finden würde, es also eher so sehen würde, dass X ins Kino ging, weil X das wollte und dieses Wollen nicht als Zwang ansehen ("musste") würde? In der allgemeine Auffassung ist "müssen" und "wollen" ein Gegensatz - behaupte ich jetzt einfach mal. Oder etwa nicht?

Lars hat folgendes geschrieben:
Aber das heißt nicht, dass wir die Welt nicht beeinflussen können. Im Gegenteil, gerade weil die Welt sich naturgesetzlich verhält können wir sie beeinflussen. Aber darin wie wir sie beeinflussen sind wir halt nicht frei, sondern naturgesetzlich festgelegt, weil wir Teil dieser Welt sind.

Wenn Du mir jetzt noch Deine Auffassung von Freiheit plausibel machen könntest: frei ist jemand dann, wenn...?

Wieso sollte "naturgesetzlich festgelegt" ein Gegensatz zu Freiheit sein? Ich bin frei, wenn ich etwas festlegen kann. Oder nicht? Was aber sonst?

#1741:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 03:17
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Doch, und ad nauseam: ich bin zwar Teil der physikalischen Welt (und nicht im Geringsten davon losgelöst), aber das hindert mich nicht im Geringsten daran, frei zu sein (zu sein - nicht nur mich so zu fühlen). Wobei Freiheit für mich bedeutet, Entscheidungen treffen zu können aufgrund meiner eigenen Überlegungen. Etwas anderes kann Freiheit nicht bedeuten, ich wüsste jedenfalls nicht, was; wenn es etwas anderes bedeuten soll, dann müsste das dargestellt werden können. Und zwar so, dass es plausibel ist. Und nicht nur in dem Stile: aber die anderen glauben das doch alle. Plausibilität, Konsistenz. Verdammt, das kann doch nicht so schwer sein.


Die Alternative wurde dir ad Nauseam wieder und wieder erklärt, gerade erst in meinem letzten Post.

Und nein, natürlich ist sie nicht Plausibel und Konsistent. Deshalb lehnen wir sie ja ab.

Haben in der Traumwelt in der Du anscheinend lebst, sämtliche oder wenigstens die Mehrheit der Menschen Weltbilder, die rundum plausibel und konsistent sind?
Christen kommen da dann vermutlich auch nicht vor?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der einzige Einwand dagegen wäre nun: Du kannst keine eigenen Überlegungen haben, denn Du bist irgendwie ferngesteuert (durch die Vergangenheit, den Determinismus, whatever und wieso auch immer - die Begründung fehlt hier schlicht) - alle Überlegungen sind gar nicht Deine Überlegungen. Aber das impliziert nun mal die Behauptung, ich würde nicht existieren, "in Wirklichkeit" existierten nur neuronale Abläufe und die seinen von mir verschieden. Nur, wenn dem so sein sollte, wer oder was bin dann "ich"? Und wer ist eigentlich der, der diese Behauptung aufstellt?


Und wieder der gleiche schon hundert mal widerlegte Strohmann. Also noch einmal: Es geht nicht um Fremdsteuerung, sondern darum welcher Ergebnisspielraum für Deine Selbststeuerung existiert!

#1742:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 03:30
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Lars hat folgendes geschrieben:
Haben in der Traumwelt in der Du anscheinend lebst, sämtliche oder wenigstens die Mehrheit der Menschen Weltbilder, die rundum plausibel und konsistent sind?
Christen kommen da dann vermutlich auch nicht vor?

Inwiefern sollten Christen oder das Christentum in diese Diskussion eine Rolle spielen?

Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der einzige Einwand dagegen wäre nun: Du kannst keine eigenen Überlegungen haben, denn Du bist irgendwie ferngesteuert (durch die Vergangenheit, den Determinismus, whatever und wieso auch immer - die Begründung fehlt hier schlicht) - alle Überlegungen sind gar nicht Deine Überlegungen. Aber das impliziert nun mal die Behauptung, ich würde nicht existieren, "in Wirklichkeit" existierten nur neuronale Abläufe und die seinen von mir verschieden. Nur, wenn dem so sein sollte, wer oder was bin dann "ich"? Und wer ist eigentlich der, der diese Behauptung aufstellt?

Und wieder der gleiche schon hundert mal widerlegte Strohmann. Also noch einmal: Es geht nicht um Fremdsteuerung, sondern darum welcher Ergebnisspielraum für Deine Selbststeuerung existiert!

Welcher "Ergebnisspielraum" existiert also für meine Selbststeuerung?

Und inwiefern könnte dieser "Ergebnisspielraum" in einer hypothetischen indeterminierten Welt so erweitert werden, dass mir mehr Freiheit zuteil würde?

Ist der "Ergebnisspielraum" für eigene Entscheidungen in einer determinierten Welt gleich Null? Das ist doch die interessante Frage hier, und wenn ja: warum eigentlich? Mit welcher Begründung, wie lautet die Argumentation?

Edit: und ich erwarte hier natürlich eine Argumentation, die etwas anderes bedeutet als: "es wird alles so kommen, wie es kommen wird (und darauf hat man keine Einfluss)". Ich erwarte eine Argumentation, die schlüssig und plausibel erklärt, wieso in einer determinierten Welt eine Selbststeuerung ausgeschlossen sei. Denn eben das ist doch Deine Behauptung (und auch die der Hirnforscher Singer und Roth) oder etwa nicht?

Dass aber alles so kommen wird, wie es kommen wird, ist einfach nur furchtbar trivial, weil tautologisch. Das gilt ja in jeder Welt, egal, ob die determiniert ist oder nicht. Die spannende Frage hier ist aber, ob man Einfluss auf die Welt hat oder nicht. Und ob man Einfluss auf sich selber hat, ob eine Selbststeuerung also möglich ist oder nicht.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 06.12.2009, 03:53, insgesamt einmal bearbeitet

#1743:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 03:49
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PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal eine (vielleicht naive) Frage: In MSSs Buch wird insistiert, dass wir zwar keine Willensfreiheit haben können, jedoch aber eine Handlungsfreiheit. Vielleicht ist dieser Punkt hier (oder anderswo) schon behandelt worden, ich kann mich aber nicht daran erinnern. Wenn mit Handlungsfreiheit gemeint ist, dass uns niemand und nichts daran hindert, das zu tun, was wir (unfreierweise) tun wollen, dann ist dies banal.


Ja genau das ist gemeint. Und es ist nicht banal, weil es nicht nur eine äußere Handlungsfreiheit gibt, Sondern auch eine innere.
Die äußere ist die, die Dir fehlt wenn Du zwar ins Kino gehen möchtest, aber leider im Gefängnis sitzt.
Die innere ist die, die dir fehlt wenn du zwar eigentlich ins Kino möchtest, aber irgendwelche als innere Zwänge erlebten Hindernisse dich davon abhalten, etwa weil Du dich wegen irgendwelcher Phobien nicht vor die Haustür traust oder eine Depression Dir die Fähigkeit nimmt, dich zum Handeln aufzuraffen.

Nun gibt es einige Menschen die diese innere Handlungsfreiheit als Willensfreiheit bezeichnen. Deshalb muss MSS sie erwähnen um sie von dem, was er meint, abzugrenzen und so Verwirrung zu vermeiden.
Außerdem ist er der Ansicht, dass der Glaube an die Willensfreiheit durch den damit verbundenen Schuldbegriff Schuldgefühle fördern kann, die dann wiederum im Sinne einer psychischen Störung die innere Handlungsfreiheit einschränken konnen.

#1744:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 07:12
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Haben in der Traumwelt in der Du anscheinend lebst, sämtliche oder wenigstens die Mehrheit der Menschen Weltbilder, die rundum plausibel und konsistent sind?
Christen kommen da dann vermutlich auch nicht vor?

Inwiefern sollten Christen oder das Christentum in diese Diskussion eine Rolle spielen?

Insofern als das sie ein Beispiel bilden, bei dem wir uns vermutlich einig sind, dass ihr Weltbild nicht konsistent oder plausibel ist.

Um deiner schwachen Erinnerung etwas aufzuhelfen. Du hattest mich aufgefordert eine Haltung, die ich als nicht plausibel und inkonsistent ablehne, Dir plausibel und konsistent zu erklären, und behauptet, wenn ich das nicht könne, dürfte ich auch nicht behaupten, das es so eine Haltung gäbe.

Nun, das Weltbild von Christen kann ich auch nicht plausibel und konsistent erklären, trotzdem gibt es sie.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und inwiefern könnte dieser "Ergebnisspielraum" in einer hypothetischen indeterminierten Welt so erweitert werden, dass mir mehr Freiheit zuteil würde?


Keine Ahnung. Frage das doch die, die hier im Thread behauptet haben eine angebliche Indeterminiertheit oder besondere Eigenschaften Ihres Bewustseins jenseits normaler Kausalität würde ihnen "Willensfreiheit" verschaffen.

Ich lehne so ein Konzept ab.

Und wieder hast Du von mir verlangt, Dir etwas als sinnvoll zu erklären, das ich nicht für Sinnvoll halte, ja dessen Unsinnigkeit ein wesentlicher Teil meines Argumentes ist.
Merkst Du eigentlich nicht, wie dumm das ist?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ist der "Ergebnisspielraum" für eigene Entscheidungen in einer determinierten Welt gleich Null? Das ist doch die interessante Frage hier, und wenn ja: warum eigentlich? Mit welcher Begründung, wie lautet die Argumentation?


Wenn er Null wäre, gäbe es keine Entscheidung! Offensichtlich ist er also nicht Null. Und natürlich ist eine Derartige Trivialität nicht die interessante Frage hier.

Aber gut, für die intelligenten Mitleser die Antwort auf eine etwas interessantere Frage.
Der Entscheidungsspielraum ist dadurch begrenzt, dass der Enscheidungsmechanismus naturgesetzlich abläuft.
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.
Damit hast du unter den zahlreichen hypothetischen Entscheidungsmöglichkeiten, die Du dir möglicherweise vorstellst, nur eine, die Du unter den gegebenen Umständen tatsächlich realisieren kannst.
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.

Wenn Du also eine hohe Selbststeuerungsfähigkeit und damit einen hohen Einfluss auf die Welt hast, ist dein Ergebnisspielraum auf nur ein mögliches Ergebnis begrenzt.
Wenn dagegen deine Selbststeuerung durch Zufälle überlagert und damit geringer ist ist und Du damit auch einen geringeren Einfluss auf die Welt hast, bleiben mehrere Ergebnisse möglich, wobei die Auswahl, welches Ergebnis eintreten wird nicht mehr deiner Selbststeuerung entspringt, sondern zufällig ist.
Schließlich schließen sich Zufall und Steuerung ja schon per Definition gegenseitig aus.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Edit: und ich erwarte hier natürlich eine Argumentation, die etwas anderes bedeutet als: "es wird alles so kommen, wie es kommen wird (und darauf hat man keine Einfluss)".


Nun Angesichts der Tatsache, dass ich so etwas nie behauptet habe, sondern explizit das Gegenteil (wer Glied einer Kausalkette ist hat selbsverständlich Einfluss!), ist es auch das mindeste was man von Dir erwarten kann, das Du dies erwartest.
Das Du es allerdings extra betonen mußt macht allerdings den Eindruck, dass Du mir diesen Unsinn implizit doch unterschieben möchtest. Eine derartig unredliche Argumentationstaktik wäre für mich allerdings höchst langweilig, da ich es vorziehe mit inellektuell gleichwertigen Gegnern zu diskutieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich erwarte eine Argumentation, die schlüssig und plausibel erklärt, wieso in einer determinierten Welt eine Selbststeuerung ausgeschlossen sei. Denn eben das ist doch Deine Behauptung (und auch die der Hirnforscher Singer und Roth) oder etwa nicht?


Und wieder schiebst du mir eine Behauptung unter, die ich nie gemacht habe. Da ich genau in dem Posting auf das Du hier gerade antwortest, genau das Gegenteil behauptet habe, kann ich eigentlich nur noch annehmen, dass es sich hierbei um eine bewusste Lüge aus argumentationstaktischen Gründen handelt!
Denn wieder geht es darum, dass Du von mir verlangst, etwas schlüssig und plausibel zu begründen, von dem du weist, dass ich es als unschlüssig und unplausibel ablehne, und deinem Verlangen daher gar nicht nachkommen kann.

Offensichtlich bist Du an einer ernsthaften Diskussion überhaupt nicht interessiert!

Für andere vielleicht interessiertere Leser trotzdem noch ein paar Worte:

Ich behaupte nicht nur dass Selbststeuerung in einer determinierten Welt möglich ist, ich behaupte sogar, dass wirksame Selbststeuerung einen möglichst hohen Grad an Determiniertheit voraussetzt.
Wie ich oben begründet habe vergrößert sich allerdings mit zunehmender Selbststeuerungsfähigkeit der Entscheidungsspielraum nicht, sondern er verkleinert sich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die spannende Frage hier ist aber, ob man Einfluss auf die Welt hat oder nicht. Und ob man Einfluss auf sich selber hat, ob eine Selbststeuerung also möglich ist oder nicht.


Nein, Dass Selbststeuerung möglich ist, ist eine triviale Selbstverständlichkeit über die meiner Ansicht nach weithehend Konsens besteht.

Die spannende Frage ist, ob die Selbststeuerung so gestaltet ist, dass sie in irgendeiner bedeutsamen Weise mit Willensfreiheit assoziiert werden kann.

Und da habe ich begründet, warum eine hochwirksame Steuerung unter gegebenen Ausgangsbedingungen nur ein mögliches Ergebnis haben kann, es also keine echte Wahl gibt.
Während eine schwache Steuerung zwar mehrere Ergebnisse haben kann, die Auswahl des tatsächlichen Ergebnisses dann aber nicht gesteuert ist, es also keine eigene Wahl gibt.


Zuletzt bearbeitet von Lars am 06.12.2009, 11:33, insgesamt einmal bearbeitet

#1745:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 10:39
    —
Edit: Doppelpost gelöscht

#1746:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 12:28
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Damit hast du unter den zahlreichen hypothetischen Entscheidungsmöglichkeiten, die Du dir möglicherweise vorstellst, nur eine, die Du unter den gegebenen Umständen tatsächlich realisieren kannst.

Wobei der Ablauf und das Ergebnis der Entscheidung von dem Inhalt der Vorstellungen abhängen kann, z.B. fällt die Entscheidung für die Handlung, den modellierte Zukunft besser zu den Präferenzen zu passen scheint.

Lars hat folgendes geschrieben:
Ich behaupte nicht nur dass Selbststeuerung in einer determinierten Welt möglich ist, ich behaupte sogar, dass wirksame Selbststeuerung einen möglichst hohen Grad an Determiniertheit voraussetzt.

Sehe ich ebenso. Sowohl physische Stabilität als auch soziale und moralische Fähigkeiten erfordern eine wirksame Determination des körperlichen bzw. psychischen Verhaltens. Im sozialen und moralischen Bereich wird das durch Worte wie "Verläßlichkeit", "Rechtstreue", "Gehorsam" usw. auch überdeutlich nahegelegt. Sobald sich dagegen jemand so verhält, daß wir die Determination nicht mehr erkennen (unberechenbar, zufälig oder unverläßlich), bezeichnen wir dies sogar explizit als "willkürlich".

#1747:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 12:45
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich nehme also Deinen Satz von oben:

step hat folgendes geschrieben:
Meine jetzige Entscheidung hat nämlich sehrwohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Ich simuliere ja Zukunften und entscheide dann präferent.


und präzisiere ihn wie folgt:

"Die jetzige Entscheidung meines Selbstmodelles, die mein individueller Körper von mir erzeugt, hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. Mein Selbstmodell, das mein Körper von mir erzeugt, simuliert ja Zukunften und entscheidet dann präferent."

Soweit korrekt? Hört sich aber so, hm, ein bisschen unlogisch an, findet Ihr nicht?

Jetzt stellst Du Dich aber künstlich dumm, glaube ich. "ich" steht umgangssprachlich manchmal für "step" (und auch das franst aus) und manchmal für das Selbstmodell, das step ausprägt.

Etwas exakter ausgedrückt, aber immer noch nicht genau, könnte man also sagen: "step's jetzige Entscheidung hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. step simuliert nämlich Zukunften und entscheidet dann präferent. step bildet auch ein Selbstmodell aus, welches er in bestimmten Kontexten als "ich" bezeichnet. Dieses intuitive Selbstmodell hat (ungenauerweise) u.a. letztursächliche (freie) Eigenschaften, und step misst die Entscheidung diesem Selbstmodell zu, sozusagen als reifiziertem freien Agenten."

Zum Rest hat Lars schon was geschrieben, da schließe ich mich (was die Sache angeht) an.

#1748:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 14:02
    —
Zitat:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.


Naja, so klingt es, wenn "Milchmädchenrechnungen" auf Bewußtsein übertragen werden - insbesonders die abenteuerliche Implikation im letzten Satz zwinkern

Das erwähnte "allgemeine vielfach belegte Merkmal" gilt eben gerade für einen ganz kleinen Bereich der physikalischen Wirklichkeit und ist dort tatsächlich gut nachgewiesen, soweit alles korrekt - manche Physiker - insbesondere solche mit starkem Reduktionismus-GLAUBEN (und ggf. nicht hinreichendem Verständnis STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen) - halten dann diesen empirischen Nachweis in einem im Vergleich zu "der Natur" marginalen Ausschnitt des Seins für hinreichend um die ganze Welt zu "verstehen". Dass sie dabei geflissentlich insbesondere wissenschaftlich gut belegte Ergebnisse anderer Forschungsbereiche ignorieren scheint nicht weiter zu stören wenn mal eben flapsig die Physik (bzw. deren math. Konstrukte) auf neuronale Erregungsmuster übertragen wird - die wie ich auch schon mal betont habe - noch nicht mal ansatzweise - in gängigen (mechanistischen) mehrschichtigen (Regel)Prozessen modellierbare - Wirkzusammenhänge mit Bewußtsein haben.

Um nochmal ein menschlich designtes und statisches, mechanistisches Beispiel zu bringen, das nicht annähernd die komplexe n-schichtige und über nicht scharf abgegrenzte "Ebenen" rückgekoppelten STRUKTUR-bildenden emergenten "Prozesse" im Hirn modelliert: Niemand wird je ein in einer höheren Programmiersprache geschiebenes Anwendungsprogramm verstehen, dadurch dass er RAM-Aktivitäten mißt, selbst wenn auch da gewisse sinnvolle Zusammenhänge beobachtbar sein werden.

Zitat:
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.

Ja genau die gibt es in ganz vielen "neuronalen" Netzen - extern "eingebracht" - damit empirisch besser mit der Wirklichkeit korrelierende Ergebnisse erzielbar sind. Und Bewußtsein, ist sich zufälliger Entscheidungen bewußt - sogar vorbewußt Lebendiges muss schon zufällig entscheiden können - das hat einen wesentlichen Evolutionsvorteil.

Aber ich sehe wirklich keinen Sinn, das an dieser Stelle nochmal auszubreiten, um ein gebetsmühlenartiges Echo wie das o.a. zu erhalten - das ist eher ermüdend - und bringt keiner Seite etwas.

#1749:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 15:04
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen ...

Starke Emergenz nimmt prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" an. Diese ist nicht nachgewiesen. Würde sie nachgewiesen, würde das bedeuten, daß die derzeit bekannte Physik falsch bzw. grob unvollständig ist. Wer STARKE ENERGENZ vertitt, ist Inkompatibilist.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Niemand wird je ein in einer höheren Programmiersprache geschiebenes Anwendungsprogramm verstehen, dadurch dass er RAM-Aktivitäten mißt, selbst wenn auch da gewisse sinnvolle Zusammenhänge beobachtbar sein werden.

Das Beispiel hinkt insofern, als zum Verständnis des Programms auch noch der äußere semantische Kontext nötig ist. Wenn man also nur den Text der höheren Programmiersprache lesen würde, würde man auch nicht viel verstehen. Ebenso bräuchte man beim RAM auch den gesamten Kontext, also auch CPU-Zustände usw.. Aber unabhängig davon: Kannst Du mal exakt begründen, warum man das Programm so nicht verstehen kann? Welche Information genau verschwindet unwiederbringlich bei der Umsetzung auf die Ebene der bits und bytes?

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.
Ja genau die gibt es in ganz vielen "neuronalen" Netzen - extern "eingebracht" - damit empirisch besser mit der Wirklichkeit korrelierende Ergebnisse erzielbar sind. Und Bewußtsein, ist sich zufälliger Entscheidungen bewußt - sogar vorbewußt Lebendiges muss schon zufällig entscheiden können - das hat einen wesentlichen Evolutionsvorteil.

Da gebe ich Dir insofern recht, als ein Schuß "Varianz" oder sogar Unberechenbrkeit oft von Vorteil ist. Zum Beispiel wenn ein fliehendes Tier Haken schlägt. Ähnlich hatten wir hier schon oft das Marmeladenbeispiel ohne starke Präferenz. Das sind allerdings typischerweise gerade nicht die Entscheidungen, die wir als freiwillig bezeichnen. Insbesondere moralische Entscheidungen (bei denen Verläßlichkeit gefragt ist) fallen wohl selten in diese Kategorie. Zudem macht der Pseudozufall, der hier wirkt, das ganze zwar komplexer, aber nicht freier oder weniger determiniert.

#1750:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 18:42
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist? Wenn andererseits Handlungen wie Diskussionen einen Unterschied machen, dann ist Determinismus nichts anderes als die Feststellung, daß im Rückblick alles so kommen mußte, wie es gekommen ist, im Hier und Jetzt aber ohne Belang ist.

Deinen Ausführungen stimme ich ebenfalls vollumfänglich zu, habe aber dennoch eine kleine Frage: welchen Unterschied würdest Du in folgenden beiden Aussagen sehen: a) "es ist alles so gekommen, wie es gekommen ist und es wird alles so kommen, wie es kommen wird" und b) "es musste alles so kommen, wie es kam und es muss alles so kommen, wie es kommen wird"? Falls es da einen gibt: worin besteht der? Inwiefern ist b) keine banale Tautologie, so wie es a) ist? Spielt dabei eine (wenn auch evtl. rein hypothetische) Berechenbarkeit eine Rolle und wenn ja, wieso?

Entschuldigung, ich war ein paar Tage nicht im Forum.
a. ist trivial und b. unbeweisbar, denn wir schaffen es schon bei kleinen Ereignissen nicht, sie exakt zu wiederholen. Man kann natürlich behaupten, daß wir eben nur nicht alle kausalen Zusammenhänge kennen, aber mehr als eine Behauptung ist das nicht. In der Praxis kann man also davon ausgehen, daß Prozesse in diesem Universum zwar keineswegs willkürlich ablaufen, aber mit einer gewissen Unvorhersagbarkeit.

#1751:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 19:24
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass Determinismus und Fatalismus sich gegenseitig ausschließen!

Fatalismus bedeutet ja die Gleichgültigkeit die sich aus der Idee ergibt: Es kommt alles, wie es kommen muß, egal was ich tue.
Dies bedeutet aber, dass die Zukunft von meinem Handeln völlig unabhängig ist.

In einer deterministischen Sicht ist mein Handeln dagegen Glied in einer Kausalkette, die sich aus der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt. Damit ist die Zukunft von meinem Handeln stark abhängig!
Dass die hypothetischen Zukünfte völlig gleich wären, egal, wie das Glied der Kausalkette, das mein Handeln darstellt, aussähe, erscheint mir dann doch extrem unwahrscheinlich.

Einwand! Daß unser Handeln bestimmender Bestandteil der Entwicklung ist, kann man kaum bestreiten und ist auch jedem offensichtlich. Entscheidend aber ist, und das macht einen Unterschied, ob mein Handeln vorherbestimmt ist oder nicht.

Die Frage ist doch: Habe ich in diesem Augenblick einen Handlungsspielraum oder nicht. Ist eigentlich schon klar, wie ich mich entscheiden werde und mein Bewußtsein nur der ohnmächtige Zuschauer dieses Vorgangs, der sich nur einredet, sich selbst zu entscheiden, oder ist dieses Bewußtsein zu etwas nütze. Unbestritten ist, daß es Entscheidungen gibt, die unser ES trifft und unser ICH sich nur einredet (oder eingeredet bekommt), es habe sich entschieden. Wenn das bei allen Entscheidungen so wäre, wäre unser ICH ohne Funktion. Ich halte das nicht für besonders glaubwürdig.

Fest steht, daß im Laufe der biologischen Entwicklung Arten entstanden sind, die einen immer größeren Handlungsspielraum gegenüber ihre Umgebung besessen haben. Während Einzeller noch über kaum einen Handlungsspielraum verfügen, haben z.B. staatenbildende Insekten ein großes Repertoir an Verhaltensweisen, die allerdings nicht erlernt, sondern vererbt werden. Mit der Lernfähigkeit z.B. bei Rabenvögeln kommt ein weiterer Schritt an Autonomie gegenüber der Umgebung dazu, immer mit dem Ziel, die Überlebensfähigkeit der Individuen wie der Art zu verbessern. Wir Menschen sind der bisherige Endpunkt dieser Entwicklung. Unser ICH-Bewußtsein ermöglicht uns, uns selbst und unsere Handlungen in einer zeitlichen Entwicklung zu sehen und damit unsere Handlungen an unsere langfristigen Interessen anzupassen. Daher unsere lange Kindheit, die langen Lernphasen und unsere geringe Festlegung auf bestimmte Handlungen in bestimmten Situationen, und damit unser relativ großer Handlungsspielraum. Wenn ich also handele, dann ist eine solche Handlung nichts esotherisches, sondern das Ergebnis meiner Entwicklungsgeschichte in den konkreten Situationen, in denen ich mich befunden habe und noch befinde. In mir entwickeln ICH und ES miteinander, nicht trennbar aber unterscheidbar, das, was ich als meine Absichten erlebe. Dabei ist ES der ältere Teil, der eine unüberschaubare Menge an Informationen verarbeiten kann, und auch in sehr kurzer Zeit, dafür aber nicht sehr differenziert. ICH ist der jüngere, er besitzt ein Bewustsein, er ist unser Bewußtsein, kennt Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft, ist sich aber nicht immer bewußt, wie sehr er auf ES zurückgreift. Aber ein reiner passiver Zuschauer ist ICH nicht. Ohne ICH waren viele unser Handlungsabläufe nicht erklärlich, und das weiß natürlich auch jeder.

Das alles ist nichts Übernatürliches und jede unserer Handlungen ist Ergebnis der Art, wie wir sind. Ob wir eine Handlungsfreiheit haben. Nun, sicher einen Handlungsspielraum, und unsere Entscheidungen innerhalb dieses Spielraums fallen nicht zufällig. Und unser Handlungsspielraum ist umso größer, je mehr wir das Gefühl haben, wir könnten uns frei entscheiden. Auch das läßt sich beobachten. Wir nutzen also unseren objektiven Handlungsspielraum dann am ehesten aus, verhalten uns am wenigsten traditionalistisch, in gewohnten Bahnen, wenn wir das Gefühl haben, wir könnten, wenn wir nur wollten, unser gewohnten Handlungsroutinen durchbrechen. Daran ist wesentlich unser ICH beteiligt und ohne unser ICH wären wir nicht in der Lage, diese Handlungsspielräume auszunutzen.

#1752:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 20:33
    —
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen ...

Starke Emergenz nimmt prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" an. Diese ist nicht nachgewiesen. Würde sie nachgewiesen, würde das bedeuten, daß die derzeit bekannte Physik falsch bzw. grob unvollständig ist. Wer STARKE ENERGENZ vertitt, ist Inkompatibilist.


Man muss sich das wirklich noch mal auf der Zunge zergehen lassen. Damit man eine prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" hat, müssen die bisherigen Regeln, die die unteren Ebenen beschreiben nicht nur falsch sein, sondern es müssen auf den unteren Ebene Vorgänge stattfinden, für die es dort nachweisbar unmöglich ist, Regeln zu finden.
Man hätte ein System das sich auf der höheren Ebene regelhaft verhält und auf der korrespondierenden tieferen Ebene nachweisbar echt zufällig.
Trotzdem müßte aber noch die strukturelle Kopplung zu dem Regelhaften System auf der höheren Ebene nachweisen lassen, da es sich sonst einfach um zwei verschiedene Systeme handelt.

@Er_Win, kennst Du auch nur ein einziges System, für das solch ein Verhalten nachgewiesen ist? Wenn nicht, hast Du hinreichend klar demonstriert, dass Du Anhänger eines Glaubens bist.


step hat folgendes geschrieben:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Niemand wird je ein in einer höheren Programmiersprache geschiebenes Anwendungsprogramm verstehen, dadurch dass er RAM-Aktivitäten mißt, selbst wenn auch da gewisse sinnvolle Zusammenhänge beobachtbar sein werden.

Das Beispiel hinkt insofern, als zum Verständnis des Programms auch noch der äußere semantische Kontext nötig ist. Wenn man also nur den Text der höheren Programmiersprache lesen würde, würde man auch nicht viel verstehen. Ebenso bräuchte man beim RAM auch den gesamten Kontext, also auch CPU-Zustände usw.. Aber unabhängig davon: Kannst Du mal exakt begründen, warum man das Programm so nicht verstehen kann? Welche Information genau verschwindet unwiederbringlich bei der Umsetzung auf die Ebene der bits und bytes?


Naja, da ein guter Compiler versucht, um die Rechenleistung zu verbessern, Schleifen und Rekursionen wo es geht möglichst aufzulösen, verliert er natürlich die genaue syntaktische Information, wie diese im Quellcode aufgebaut waren.

Aber das ist auch sowieso nebensächlich da es sich bei dem Beispiel ohnehin nicht um ein emergentes System handelt, denn Der Quellcode ist unter anderem aus genau diesem Grund sowieso kein Äquvalent, von dem man sagen kann, dass es auf irgendeiner Betrachtungsebene parallel zum physikalischen Ablauf der Programmausführung des Computers abläuft.
Der Quellcode ist nur eine Anleitung für den Compiler das tatsächliche Programm (in Maschinencode) zu erzeugen.
Und den Maschinencode könnte man natürlich hervorragend den Prozessorzuständen oder dem Ram entnehmen.
Und die Recompilation in eine Hochsprache wäre in Bezug auf die Syntax zwar nicht eindeutig, weil es da redundante Möglichkeiten gäbe, aber immer noch gut genug, dass Lizenzverträge kommerzieller Software das explizit verbieten.

step hat folgendes geschrieben:

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Nur wenn Zufälle im Spiel sind, kann es auch mehrere Ergebnisse geben. Deren Auswahl ist dann aber eben nicht mehr gesteuert sondern zufällig.
Ja genau die gibt es in ganz vielen "neuronalen" Netzen - extern "eingebracht" - damit empirisch besser mit der Wirklichkeit korrelierende Ergebnisse erzielbar sind. Und Bewußtsein, ist sich zufälliger Entscheidungen bewußt - sogar vorbewußt Lebendiges muss schon zufällig entscheiden können - das hat einen wesentlichen Evolutionsvorteil.

Da gebe ich Dir insofern recht, als ein Schuß "Varianz" oder sogar Unberechenbrkeit oft von Vorteil ist. Zum Beispiel wenn ein fliehendes Tier Haken schlägt. Ähnlich hatten wir hier schon oft das Marmeladenbeispiel ohne starke Präferenz. Das sind allerdings typischerweise gerade nicht die Entscheidungen, die wir als freiwillig bezeichnen. Insbesondere moralische Entscheidungen (bei denen Verläßlichkeit gefragt ist) fallen wohl selten in diese Kategorie. Zudem macht der Pseudozufall, der hier wirkt, das ganze zwar komplexer, aber nicht freier oder weniger determiniert.


Ich halte Zufall für das Verhalten von Lebewesen ja sogar noch wichtiger als Du, weil ich vermute, dass er auch für Intelligenz (genauer Kreativität) sehr wesentlich ist. Wir hatten darüber schon vor einiger Zeit eine Diskussion, aus der ich leider vorzeitig verschwinden musste.

Aber auch das ist nur ein Nebenschauplatz, letztlich nicht viel mehr als ein Ablenkungsmanöver. Ich habe nämlich noch nie einen Inkompatibilisten gesehen, der ernsthaft und durchgehend behauptet hätte, sein "Freier Wille" beruhe darauf, dass seine Entscheidungen zufällig seien.

#1753:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 20:52
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Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die spannende Frage hier ist aber, ob man Einfluss auf die Welt hat oder nicht. Und ob man Einfluss auf sich selber hat, ob eine Selbststeuerung also möglich ist oder nicht.

Nein, Dass Selbststeuerung möglich ist, ist eine triviale Selbstverständlichkeit über die meiner Ansicht nach weithehend Konsens besteht.

Die spannende Frage ist, ob die Selbststeuerung so gestaltet ist, dass sie in irgendeiner bedeutsamen Weise mit Willensfreiheit assoziiert werden kann.

Die spannende Frage, die Frage, um die sich diese Diskussion hier dreht, ist mE, ob Menschen überlegungs-, handlungs und entscheidungsfähige Wesen sind oder nicht (was, falls sie es sind, in meinem Sinne Entscheidungsfreiheit bedeuten würde).

Um aber zu beurteilen, ob man das dann in "bedeutsamer" Weise mit Willensfreiheit in Verbindung bringen, müsste man wissen, was Du unter "Willensfreiheit" verstehst.

Lars hat folgendes geschrieben:
Und da habe ich begründet, warum eine hochwirksame Steuerung unter gegebenen Ausgangsbedingungen nur ein mögliches Ergebnis haben kann, es also keine echte Wahl gibt.

Also ist eine "echte Wahl" eine notwendige Bedingung für Willensfreiheit. Richtig?

Falls ja: warum? Es wird immer nur ein Ergebnis meiner Überlegungen geben, das ist doch halbwegs trivial: ich kann mich nun mal nicht gleichzeitig für A und für nicht A entscheiden, in keiner möglichen Welt, die der Logik unterliegt, egal, ob determiniert oder indeterminiert. Und deswegen habe ich keine Willensfreiheit, weil ich etwas Unlogisches nicht tun kann? Mir erscheint das wenig plausibel. Vor allem hat das nichts mit Determinismus zu tun und so argumentierst Du doch: weil unsere Welt determiniert ist, weil alles naturgesetzlich abläuft, deswegen kann es keine Entscheidungsfreiheit geben.

Machen wir mal ein kleines philosphisches Gedankenexperiment. Stellen wir uns mal die hypothetischen Welten A und B vor. A ist eine determinierte, naturgesetztlich ablaufende Welt, in der es keine "echten Möglichkeiten" in Deinem Sinne gibt. B sei eine Welt, in der es "echte Möglichkeiten" gibt, wie auch immer das konkret aussehen könnte, das ist hier egal. Nehmen wir weiterhin an, dass Welt B ansonsten, abseits der Möglichkeiten, in den konkreten, verwirklichten Sachverhalten exakt so aussieht wie Welt A. Alles ist also dort wie in Welt A, auch die Geschichte, wie auch sonst alles, ist exakt gleich. Der einzige Unterschied ist der, dass man weiß, dass es sein könnte, dass Welt B in Zukunft mal anders aussehen könnte wie Welt A, in der alles so kommen wird, wie es kommen muss (was man aber aus prinzipiellen Gründen nicht vorher weiß). Auch in Welt B wird es selbstverständlich immer nur genau einen Ablauf geben.

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Ich meine, das schreit geradezu nach einer Erklärung, wieso Du diesen Unterschied machst. Ich verstehe es jedenfalls nicht.

#1754:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 21:03
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step hat folgendes geschrieben:
Etwas exakter ausgedrückt, aber immer noch nicht genau, könnte man also sagen: "step's jetzige Entscheidung hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. step simuliert nämlich Zukunften und entscheidet dann präferent. step bildet auch ein Selbstmodell aus, welches er in bestimmten Kontexten als "ich" bezeichnet. Dieses intuitive Selbstmodell hat (ungenauerweise) u.a. letztursächliche (freie) Eigenschaften, und step misst die Entscheidung diesem Selbstmodell zu, sozusagen als reifiziertem freien Agenten."

Der Streitpunkt zwischen uns besteht darin, dass Du "frei" mit "(absoluter) Letztursächlichkeit" gleich setzt. Für mich würde "hinreichende Ursächlichkeit" reichen, um eine Handlung einer Person zuzuordnen.

Ist das so korrekt, was Deine Auffassung betrifft?

#1755:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 21:49
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Etwas exakter ausgedrückt, aber immer noch nicht genau, könnte man also sagen: "step's jetzige Entscheidung hat nämlich sehr wohl Einfluss auf das Geschehen der Zukunft. step simuliert nämlich Zukunften und entscheidet dann präferent. step bildet auch ein Selbstmodell aus, welches er in bestimmten Kontexten als "ich" bezeichnet. Dieses intuitive Selbstmodell hat (ungenauerweise) u.a. letztursächliche (freie) Eigenschaften, und step misst die Entscheidung diesem Selbstmodell zu, sozusagen als reifiziertem freien Agenten."
Der Streitpunkt zwischen uns besteht darin, dass Du "frei" mit "(absoluter) Letztursächlichkeit" gleich setzt. Für mich würde "hinreichende Ursächlichkeit" reichen, um eine Handlung einer Person zuzuordnen. Ist das so korrekt, was Deine Auffassung betrifft?

"frei" bedeutet für mich "nicht komplett naturgesetzlich bestimmt", und zwar egal ob emergent oder nicht. Aus meiner Sicht bedeutet das entweder "teilweise echt zufällig" oder oder irgendwas Transzendentes. Letzteres fällt aus, und zum Zufall wurde bereits alles gesagt.

#1756:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 21:55
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AgentProvocateur an Lars hat folgendes geschrieben:
Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Von "problemlos" ist keine Rede. Im Gegenteil wurde bereits aufgezeigt, daß wesentliche Willensfreiheit aufgrund von mangelnder Verhaltensdetermination extrem problematisch wäre.

#1757:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 22:44
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Es wird immer nur ein Ergebnis meiner Überlegungen geben, das ist doch halbwegs trivial: ich kann mich nun mal nicht gleichzeitig für A und für nicht A entscheiden, in keiner möglichen Welt, die der Logik unterliegt, egal, ob determiniert oder indeterminiert. Und deswegen habe ich keine Willensfreiheit, weil ich etwas Unlogisches nicht tun kann?


Nein, die Inkompatibilisten hier im Thread und auch anderswo behaupten nicht, zwei verschiedene Dinge gleichzeitig tun zu können.
Sie behaupten, wenn sie hypothetisch noch einmal in exakt der gleichen Situation sein könnten, sie dann beim zweiten Mal anders handeln könnten und zwar nicht zufällig, sondern selbstgesteuert. Und das nennen Sie dann Willensfreiheit.

Natürlich ist ein solches Konzept schon deshalb unsinnig, weil man so etwas niemals experimentell nachweisen könnte. Aber da es für viele Menschen anscheinend intuitiv sehr ansprechend ist und auch als Begründung für weitrechende ethische Schlußfolgerungen verwendet wird, versuchen sie zu begründen, warum sie eine solche Möglichkeit zumindest theoretisch existieren müsste.

Die Widerlegung dieser theoretischen Begründungen ist Thema dieses Threads.

Wobei ich die am Anfang genannten Forschungsergebnisse gar nicht sooo beeindruckend finde, weshalb ich viel allgemeiner argumentiere. Und ähnlich geht es offensichtlich auch Step.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte. Er_win und andere, die behaupten wir würden in Welt B leben und daraus die Möglichkeit von Willensfreiheit nach obiger Definition ableiten, behaupten das. Aber auf mich wirken ihre Begründungen entweder zu schwammig, oder zu inkohärent, um sie nachvollziehen zu können.
Letztlich ist dies aber auch ziemlich egal, da man meiner Meinung nach recht klar zeigen kann, dass wir in Welt A leben und es in Welt A keine Willensfreiheit im Sinne obiger Definition geben kann.

#1758:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 23:03
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur an Lars hat folgendes geschrieben:
Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Von "problemlos" ist keine Rede. Im Gegenteil wurde bereits aufgezeigt, daß wesentliche Willensfreiheit aufgrund von mangelnder Verhaltensdetermination extrem problematisch wäre.

"Problemlos" ist hier aber überhaupt nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass man in Welt A angeblich nicht von Freiheit sprechen darf (weil es nur genau eine Möglichkeit gibt, wie die Zukunft ablaufen kann - das ist doch die eigentliche Begründung dafür, nicht?), in Welt B aber wäre es nicht so kategorisch ausgeschlossen, von Freiheit zu sprechen. Obgleich Welt B mit Welt A bis zum Zeitpunkt X vollkommen identisch ist. Und da frage ich mich halt, wieso das so sein sollte, wie man das begründen will. Kommt mir unlogisch vor.

Und bei der Annahme, dass Indeterminismus desto mehr Freiheit verhindert, desto mehr er in einer Welt vorhanden ist, haben wir doch gar keinen Dissens. Wir haben nur dabei einen Dissens, dass Determinismus Freiheit ausschließt.

#1759:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.12.2009, 23:42
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Lars hat folgendes geschrieben:
Nein, die Inkompatibilisten hier im Thread und auch anderswo behaupten nicht, zwei verschiedene Dinge gleichzeitig tun zu können.
Sie behaupten, wenn sie hypothetisch noch einmal in exakt der gleichen Situation sein könnten, sie dann beim zweiten Mal anders handeln könnten und zwar nicht zufällig, sondern selbstgesteuert. Und das nennen Sie dann Willensfreiheit.

Natürlich ist ein solches Konzept schon deshalb unsinnig, weil man so etwas niemals experimentell nachweisen könnte.

Hm. Die Aussage: "wenn man ein Konzept nicht experimentell nachweisen kann, dann ist es unsinnig" kommt mir auf den ersten Blick leider auch nicht besonders plausibel vor.

Lars hat folgendes geschrieben:
Aber da es für viele Menschen anscheinend intuitiv sehr ansprechend ist und auch als Begründung für weitrechende ethische Schlußfolgerungen verwendet wird, versuchen sie zu begründen, warum sie eine solche Möglichkeit zumindest theoretisch existieren müsste.

Ja, na gut. Ich behaupte nun aber, dass das nur auf den ersten Blick intuitiv plausibel ist und auf den zweiten Blick nicht mehr und sich auf den dritten Blick gar als gänzlich unplausibel, weil unlogisch, erweist. Mit anderen Worten: ich glaube nicht, dass sich das (umgangssprachliche, intuitive) Freiheitskonzept so darstellen lässt.

Lars hat folgendes geschrieben:
Die Widerlegung dieser theoretischen Begründungen ist Thema dieses Threads.

Nope, jedenfalls nicht ausschließlich. Es gibt kompatibilistische Auffassungen, die keineswegs darauf beruhen. Und es nützt ja nichts, immer nur einfach zu behaupten, die seien aber nicht "bedeutsam". Das sollte schon begründet werden können. Und zwar abseits von "isso, Du bist doof, sieh's einfach ein".

Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte.

Vergiss halt das "problemlos", das ist nur ein überflüssiges Füllwort an der Stelle.

Kann es nun in Welt B Willensfreiheit geben (zur Erinnerung: Welt B ist, was die konkreten Abläufe bisher angeht, mit Welt A identisch)? Kann man es in Welt A kategorisch ausschließen, dass es Willensfreiheit gibt (weil, so wohl das Argument hier: es gibt dort keine "echten Möglichkeiten") und in Welt B nicht, weil es dort ja "echte Möglichkeiten" gibt?

#1760:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 01:47
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Lars hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal eine (vielleicht naive) Frage: In MSSs Buch wird insistiert, dass wir zwar keine Willensfreiheit haben können, jedoch aber eine Handlungsfreiheit. Vielleicht ist dieser Punkt hier (oder anderswo) schon behandelt worden, ich kann mich aber nicht daran erinnern. Wenn mit Handlungsfreiheit gemeint ist, dass uns niemand und nichts daran hindert, das zu tun, was wir (unfreierweise) tun wollen, dann ist dies banal.


Ja genau das ist gemeint. Und es ist nicht banal, weil es nicht nur eine äußere Handlungsfreiheit gibt, Sondern auch eine innere.
Die äußere ist die, die Dir fehlt wenn Du zwar ins Kino gehen möchtest, aber leider im Gefängnis sitzt.
Die innere ist die, die dir fehlt wenn du zwar eigentlich ins Kino möchtest, aber irgendwelche als innere Zwänge erlebten Hindernisse dich davon abhalten, etwa weil Du dich wegen irgendwelcher Phobien nicht vor die Haustür traust oder eine Depression Dir die Fähigkeit nimmt, dich zum Handeln aufzuraffen.
Die "innere" Handlungsfreiheit meinte ich u.a. auch mit "nichts" (daran hindert).
Lars hat folgendes geschrieben:
Nun gibt es einige Menschen die diese innere Handlungsfreiheit als Willensfreiheit bezeichnen. Deshalb muss MSS sie erwähnen um sie von dem, was er meint, abzugrenzen und so Verwirrung zu vermeiden.
Er schrieb aber auch, dass die Handlungsfreiheit alles ist, was wir brauchen. Ich finde dass diese so definierte Handlungsfreiheit notwendig aber nicht hinreichend ist - anders gesagt, banal...
Lars hat folgendes geschrieben:
Außerdem ist er der Ansicht, dass der Glaube an die Willensfreiheit durch den damit verbundenen Schuldbegriff Schuldgefühle fördern kann, die dann wiederum im Sinne einer psychischen Störung die innere Handlungsfreiheit einschränken konnen.
Ja, das habe ich verstanden und mag ja in gewissen Fällen stimmen. Ich meine aber, dass man die (starke Illusion) Willensfreiheit akzeptieren kann und doch keine Schuldgefühle entwickeln muss.

Wie siehst Du mein Beispiel, dass wenn zwei verschiedene Aktionen meinen Willen befriedigen können (und ich für beide die Freiheit habe, sie durchzuführen) ich doch frei zwischen den beiden wählen kann? Blödes Beispiel: Ich will für meine Ferien an den Strand. Ich habe die Wahl zwischen Vietnam, Karibik und x andere Orte. Ich habe somit die Handlungsfreiheit zu wählen, um meinen Willen, an den Strand zu liegen, zu befriedigen.

#1761:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 03:38
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Eine Anmerkung zu einem älteren Thread:
Ich teile die Erfahrungen von Agnost vollständig. Ich kann auch die Wissenschaftler verstehen, die etwas messen und dem dann die naheliegendste Erklärung zuordnen. Sind eben keine Skifahrer. Ich bedaure dass der genaue Link dem Vernehmen nach nicht funktioniert, will aber annehmen, dass tatsächlich anahnd der Gehirnaktivitäten eine 7 Sekunden später getroffene Entscheidung vorhersehbar war.

Das ist nun ein eklatanter Widerspruch zu den Erfahrungen der Sportler, der irgendwie aufgelöst werden muss. Zumindest ein Hinweis darauf, dass die Erklärung der Messergebnisse wohl so einfach wie gedacht nicht sein kann.

Ich erkläre mir diese 7 Sekunden Determiniertheit durch die immer unterschätzte Leistungsfähigkeit des Gehirns. Unbewusst werden viel mehr Daten verarbeitet als wir letztenendes im Bewusstsein merken. Das können Autisten besonders gut zeigen, weil bei denen das bewusste Denken nicht nur gefilterte Informationen erhält sondern fast alles was das Unterbewusstsein verarbeiten kann. Und das ist so fantastisch viel, dass ich dem Unterbewusstsein zutraue, unter gewöhnlichen Umständen alles schon vorauszuberechnen und vorher zu entscheiden, lange bevor das wirkliche Bewusstsein glaubt es hätte noch was zu entscheiden. Ich glaube also nicht an die Determiniertheit, sondern an die Dominiertheit des Bewusstseins durch das Unterbewusstsein, welches die freien Entscheidungen im Voraus trifft. Oder sich abstrakte Entscheidungskriterien im Voraus bereitlegt, nach denen die Entscheidung dann reflexartig getroffen wird. Das Bewusstsein selbst bekommt nur eine schöne Illusion nachgereicht, dass es allein und plötzlich entschieden habe.

Selbst das Unterbewusstsein wird nicht vorhersehen können, wann ein Ski sich löst. In der Wettkampfsituation, die ich vergleiche mit einer Schocksituation, wird das Unterbewusstsein aufhören, dem trägen Bewusstsein etwas vorzugaukeln, sondern es trifft die Entscheidungen einfach selber mittels vorprogrammierter(antrainierter) superschneller Reflexprogramme und übermittelt das instantan mitsamt Begründung und ohne Nachfrage ans Bewusstsein. Das kann sich dann nur wundern, wie es innerhalb einer Hundertstelsekunde alles so toll entscheiden und überdenken konnte. Es sind wohl nur Reflexe mit vorprogrammiertem Ablauf, die je nach Situation ausgeführt werden. Dennoch wurden diese irgendwann einmal durchdacht und eintrainiert.

Wer Ski fährt unterliegt keiner langen Illusion, sondern fährt auf dem Unterbewusstsein ab, das eigentlich das leistungsfähigere Denken wäre, nur nicht so komplex. Es würde ja schon fast eine Sekunde brauchen, bis das was die Augen sehen bewusst wahrgenommen werden kann. Das wird vom Gehirn immer nachträglich zur Illusion dazugemogelt. Wenn alles vorbei ist und alle Entscheidungen längst getroffen sind sieht man überhaupt erst bewusst was los war.
Alles meine Meinung - keine Garantie - die Forschungen sind mir nicht näher bekannt.

#1762:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 10:16
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step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... STARKER Emergenz in KOMPLEXEN Systemen ...

Starke Emergenz nimmt prinzipielle Unerklärbarkeit durch die "darunterliegenden Ebenen" an. Diese ist nicht nachgewiesen. Würde sie nachgewiesen, würde das bedeuten, daß die derzeit bekannte Physik falsch bzw. grob unvollständig ist. Wer STARKE ENERGENZ vertitt, ist Inkompatibilist.


Da ich in komplexen biologischen Systemen von unzähligen Zufälligkeiten ausgehe sind emergente Systemebenen nicht prinzipiell unerklärbar, sondern unberechenbar und in dem Sinne nicht deterministisch bzw. paßt das Konstrukt "durchgängige Kausalkette" nicht. Dass die derzeitige Physik zumindest grob unvollständig ist, erscheint mir ausserdem eine sehr plausible Annahme, wenn man die Wissenschaftsgeschichte betrachtet, als auch da zB. im Mikrokosmos sich bei den momentanen State-of-the-Art Theorien zur Vereinheitlichung von ART/Quantenphysik noch kein wirklicher Durchbruch abzeichnet und makroskopisch ein noch nicht nachgewiesenes "Etwas" (dunkle Materie/Energie) für >70% der Wirklichkeit verantwortlich sein soll.


Zitat:

Das Beispiel hinkt insofern, als zum Verständnis des Programms auch noch der äußere semantische Kontext nötig ist. Wenn man also nur den Text der höheren Programmiersprache lesen würde, würde man auch nicht viel verstehen. Ebenso bräuchte man beim RAM auch den gesamten Kontext, also auch CPU-Zustände usw.. Aber unabhängig davon: Kannst Du mal exakt begründen, warum man das Programm so nicht verstehen kann? Welche Information genau verschwindet unwiederbringlich bei der Umsetzung auf die Ebene der bits und bytes?


Der Vergleich hinkt klarerweise vorne und hinten, eben da es sich dabei um kein emergentes selbstorganisierendes System handelt. Er sollte auch nur aufzeigen, aus welchem Beobachtungskontext "heutige führende Neuro-Wissenschaftler" versuchen das Gesamtsystem zu erklären bzw. zu begreifen.

Und wenn ich ein HLP lese, und eine Ahnung vom "System Computer" habe dann verstehe ich übrigens sehr viel mehr, als würde ich bei demselben HLP zur Laufzeit RAM-Aktivitäten messen.

Wenn ich nun die Idee eines komplexen Softwaredesigns vergleichsweise (ja, hinkt wieder !) mit der evolutionären Hirnentwicklung gleichsetze und am laufenden System dann nur RAM-Aktivitäten messe (das scheint mir der naheliegendste hinkende Vergleich), dann verliere ich einfach jede Menge Information & Struktur(wissen). Selbst wenn ich - was ja bei einem Computersystem möglich wäre - das Gesamtsystem incl. dem Programmsource in Maschinencode vorliegen habe (eine analoge Betrachtung des Hirns müßte dann schon den gesamten funktionalen "Ebenen"aufbau kennen als auch die Bedeutung aller "Strukturmuster" - das ist ja aber das, was man erst erkennen möchte - durch "RAM-Messungen") und diesen disassembliere, bleiben mir trotzdem die Gesamt-Idee und die Strukturüberlegungen eines komplexen Anwendungsprogramms verborgen.

Das "allerhinkendste" an dem Vergleich ist aber die Tatsache, dass das Hirn als Gesamtsystem sich ja ständig selbstorganisierend verändert, also wenn man da den (*imho* unzulässigen, da systemstrukturell eben nicht vergleichbar) Vergleich mit einem Computer zieht, wäre das ein Computer, bei dem sich Hardware, Betriebssystem und Anwendungssoftare beständig weiterentwickeln und ändern.

Wieso "gläubige" Reduktionisten nun (Selbst-)Beobachtungen die dem System Hirn (siehe auch meinen Hinweis bzgl. Lesen eines HLP's) auf "oberster Ebene" (dem bewußten Denken) nun zweifelsohne möglich sind, weniger Evidenz zubilligen, als irgendwelchen "logischen" Folgerungen aus mathematischen Schlüssigkeiten, die im Einklang mit Veränderung bei physikalisch Messbarem stehen, kann ich mir nicht erklären, bzw. eben nur dann, wenn ich starke "Präferenzen" oder Gläubigkeit an Reduktionimus, durchgängige Kausalität etc. voraussetze.

Wie schon mal dargelegt, ist für mich die Möglichkeit der bewußten zufälligen Wahl - nebst dem Erkennen, dass die Wahl zufällig ist - jenes basale Element, auf dem aufbauend auch komplexere freie Willensentscheidungen möglich sind. Wenn für andere da "versteckte unbewußte - von mir qua der fehlenden Definition, was das genau sein soll - schwurbelig genannte Präferenzen" bestimmend wirksam sein müssen, wenn ich mich in einem Experiment für zB. eine von 2 weissen Kugeln entscheide, dann soll's mir auch Recht sein ...

#1763:  Autor: Tapuak BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 13:42
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen. Bekanntlich wäre es ein Kategorienfehler, wenn man ein Beschreibungsweise auf einer Ebene anwendet, wo dies unangebracht ist.

Auf der Ebene des Bewusstseins scheint Unklarheit darüber zu herrschen, welche Beschreibungsweise die angemessene ist. Und deswegen ist es begründungsbedürftig, welchen Sinn es haben sollte, die Sprache und die theoretischen Konstrukte (Determinismus usw.) aus dem Bereich der Physik hier zur Anwendung zu bringen. Vielleicht kann man diese Frage nur beantworten, wenn man sich mal Gedanken darüber macht, welchen Beschreibungszweck man eigentlich jeweils verfolgt.

Wenn ich eine Maschine konstruiere, kann es sinnvoll sein, sie als deterministisches System zu beschreiben, weil ich damit die größtmöglichen Steuerungsmöglichkeiten habe. Ich kann dann in das System eingreifen und seine Funktionen in planvoller Weise verändern. Aber selbstverständlich kann man eine Maschine auch unter völlig anderen Zwecken beschreiben. Wenn ich sie z.B. als ökonomisches Gut beschreibe, ihren Wert bestimme usw. verfolge ich vielleicht den Zweck, sie zu verkaufen. Wenn ich sie auf der ästhetischen Ebene beschreibe, verfolge ich hingegen den Zweck, die Wirkungen zu charakterisieren, die ihr Aussehen und ihre Geräusche phänomenologisch auf mich haben.

Bemerkenswert ist nun, dass all diese Beschreibungen "wahr" sind und sich überhaupt nicht ausschließen. Ich verwende je nach dem Zweck, den ich verfolge, und je nach dem, auf welcher Ebene ich spreche, andere Beschreibungsweisen. Wenn nun aber in der Hirnforschung davon geredet wird, dass bestimmte Phänomene des Bewusstseins "Illusionen" seien, dann wird einer bestimmten Beschreibungsweise - nämlich der physikalischen - absolute Priorität eingeräumt, während sämtliche anderen zur bloßen Farce abgestempelt werden. Das Problem ist nur, dass dies in der Regel nicht begründet wird; stattdessen wird implizit vorausgesetzt wird, dass die "wissenschaftliche" (dabei auch noch scheuklappenmäßig verstanden als "naturwissenschaftliche") Sprechweise irgendwie Vorrang haben müsse, oder dass sie die anderen sogar obsolet macht (da sie ja auf "Illusionen" beruhen).

Anstatt das einfach alles vorauszusetzen, wäre allerdings interessant, worin denn nun eigentlich der Beschreibungszweck besteht, wenn man das Gehirn im Zusammenspiel mit anderen Organen als deterministisches, "bewusstseinserzeugendes" System beschreibt. Vielleicht kann dies ja sogar in bestimmten Fällen sinnvoll sein - z.B., wenn man vorher bestimmte Bewusstseinsfunktionen definiert hat und steuernd in diese eingreifen möchte (z.B. um das Hören oder Sehen wieder zu ermöglichen). Aber falls es solche sinnvollen Anwendungsfälle dieser Sprechweise gibt, folgt daraus eben mitnichten, dass alles "wirklich so ist", wie es dort beschrieben wird, dass diese Sprechweise daher Priorität hätte oder dass alles andere nur Illusionen seien.

Die Frage nach der Adäquatheit bestimmeter Sprechweisen ließe sich also womoglich produktiv lösen, wenn man - anstatt sinnfrei nach der "wahren Beschaffenheit des Bewusstseins" und dergleichen zu suchen - sie relativ zu dem jeweils verfolgten Zweck beurteilt. Jedoch erkenne ich im speziellen Fall des "freien Willens" bislang nicht, dass die philosophierenden Hirnforscher deutlich gemacht hätten, welchen Sinn hier die Investition des physikalischen Sprach- und Konstruktarsenals haben sollte. Solange dies nicht geklärt ist, sehe ich darin schlicht eine unbegründete Verallgemeinerung einer auf anderen Ebenen partiell erfolgreichen Methodik.

#1764:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 14:17
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen.


In dem Punkt gehe ich weiter und sage, dass wegen Erkenntnissen aus Modellen (evolutionärer) Algorithmen, neuronalen Netzwerken o.ä. hinreichend nachgewiesen worden ist, dass jene beschiebene mono-funktionale mathematische (physikalistische) Abstraktion völlig inadäquat ist, genauso inadäquat wie eine stukturelle Abstraktion des Hirns als "Erregungsmuster-Funktions-Maschine".

Erwin

#1765:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 15:36
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Nein, die Inkompatibilisten hier im Thread und auch anderswo behaupten nicht, zwei verschiedene Dinge gleichzeitig tun zu können.
Sie behaupten, wenn sie hypothetisch noch einmal in exakt der gleichen Situation sein könnten, sie dann beim zweiten Mal anders handeln könnten und zwar nicht zufällig, sondern selbstgesteuert. Und das nennen Sie dann Willensfreiheit.

Natürlich ist ein solches Konzept schon deshalb unsinnig, weil man so etwas niemals experimentell nachweisen könnte.

Hm. Die Aussage: "wenn man ein Konzept nicht experimentell nachweisen kann, dann ist es unsinnig" kommt mir auf den ersten Blick leider auch nicht besonders plausibel vor.


Tja, dann wirf doch einfach noch einmal einen zweiten Blick drauf und bemerke, dass da nicht "nicht", sondern "niemals" (aka "grundsätzlich nicht") steht. Wir kommen da einfach ins "Unsichtbares rosa Einhorn"-Gebiet.
Aber egal, ich hatte das ohnehin nur angeführt, weil ich erwartete, dass du es sonst anführen würdest. Da Du es nicht tust, ist es für die weitere Diskussion eh irrelevant.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Aber da es für viele Menschen anscheinend intuitiv sehr ansprechend ist und auch als Begründung für weitrechende ethische Schlußfolgerungen verwendet wird, versuchen sie zu begründen, warum sie eine solche Möglichkeit zumindest theoretisch existieren müsste.

Ja, na gut. Ich behaupte nun aber, dass das nur auf den ersten Blick intuitiv plausibel ist und auf den zweiten Blick nicht mehr und sich auf den dritten Blick gar als gänzlich unplausibel, weil unlogisch, erweist.


Siehst Du, und ich (und auch Step) behaupten ebenfalls dass sich dieses Konzept bei genauer Betrachtung als unplausibel erweist. Da sind wir uns doch schon mit Dir einig.

Im Gegensatz zu Dir haben wir das hier im Thread allerdings nicht nur behauptet, sondern uns auch die Mühe gemacht diese Behauptung auch ausführlich zu begründen.
Das scheint Dich aus irgend einem Gründe zu stören.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mit anderen Worten: ich glaube nicht, dass sich das (umgangssprachliche, intuitive) Freiheitskonzept so darstellen lässt.


Ja und, diese Schlußfolgerung ist einfach absurd.
Sie impliziert als Regel, dass Menschen (zumindest im allgemeinen) keine Anhänger unlogischer Konzepte sein können.
Das steht in dramatischem Widerspruch zur empirischen Realität.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Die Widerlegung dieser theoretischen Begründungen ist Thema dieses Threads.

Nope, jedenfalls nicht ausschließlich. Es gibt kompatibilistische Auffassungen, die keineswegs darauf beruhen. Und es nützt ja nichts, immer nur einfach zu behaupten, die seien aber nicht "bedeutsam". Das sollte schon begründet werden können. Und zwar abseits von "isso, Du bist doof, sieh's einfach ein".


Es geht nicht darum ob kompatibilistische Auffassungen "bedeutsam" sind. Sie beziehen sich einfach auf ein anderes Konzept.
Das, was Kompatibilisten mit dem Namen "Willensfreiheit" belegen ist von dem, auf das sich der Threadtitel bezieht in gleicher Weise verschieden, wie "Steuerbare Ventile" (aka "Hähne") verschieden sind von "männlichen Haushühnern" (aka "Hähne").

Niemand kann oder will Dir verbieten diesen Namen für dein Konzept zu verwenden. Aber wenn Du dich in eine Diskussion über das erste Konzept mit Argumenten einmischst, die sich auf das zweite Konzept beziehen, dann macht das ebensoviel Sinn, wie wenn Du in einer Diskussion über männlichen Haushühner anfängst über die Eigenschaften drehbarer Ventile zu schwadronieren, nur weil dort das Wort "Hähne" gebraucht wird.
Im besten Fall wirkt das zumindest nicht sehr intelligent.

Wenn du dann noch eine Diskussion darüber siehst, ob männlichen Haushühner krähen können, daraufhin ausschließlich diejenigen, die der Ansicht sind dass sie es können mit Argumenten angreifst, die sich darauf beziehen, dass drehbare Ventile nicht krähen können, und dies damit rechtfertigst, dass es die erste Diskussion gar nicht geben könne, obwohl gleichzeitig noch andere Poster aktiv sind, die weiterhin behaupten, dass männlichen Haushühner nicht krähen können, die Du aber einfach ignorierst...

Dann fällt mir zu diesem Verhalten einfach kein Wort mehr ein, das gleichzeitig passend und höflich wäre.


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Und nun ist es so, dass es Deiner Ansicht nach in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte, in Welt A aber nicht.

Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B problemlos Willensfreiheit geben könnte.

Vergiss halt das "problemlos", das ist nur ein überflüssiges Füllwort an der Stelle.

Kann es nun in Welt B Willensfreiheit geben (zur Erinnerung: Welt B ist, was die konkreten Abläufe bisher angeht, mit Welt A identisch)? Kann man es in Welt A kategorisch ausschließen, dass es Willensfreiheit gibt (weil, so wohl das Argument hier: es gibt dort keine "echten Möglichkeiten") und in Welt B nicht, weil es dort ja "echte Möglichkeiten" gibt?


Meine bereits gegebene Antwort ändert sich mit oder ohne "problemlos" nicht:

Lars hat folgendes geschrieben:
Nein, ich habe keine Ahnung ob es in Welt B ... Willensfreiheit geben könnte. Er_win und andere, die behaupten wir würden in Welt B leben und daraus die Möglichkeit von Willensfreiheit nach obiger Definition ableiten, behaupten das. Aber auf mich wirken ihre Begründungen entweder zu schwammig, oder zu inkohärent, um sie nachvollziehen zu können.
Letztlich ist dies aber auch ziemlich egal, da man meiner Meinung nach recht klar zeigen kann, dass wir in Welt A leben und es in Welt A keine Willensfreiheit im Sinne obiger Definition geben kann.


Und nebenbei, schon deine Vorraussetzung, Welt B sei, was die konkreten Abläufe bisher angeht, mit Welt A identisch, erscheint mir extrem unplausibel.
Solche Garbage-In - Garbage-Out Spielchen mache ich aber grundsätzlich nicht mit.

#1766:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 15:58
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Siehst Du, und ich (und auch Step) behaupten ebenfalls dass sich dieses Konzept bei genauer Betrachtung als unplausibel erweist. Da sind wir uns doch schon mit Dir einig.

Im Gegensatz zu Dir haben wir das hier im Thread allerdings nicht nur behauptet, sondern uns auch die Mühe gemacht diese Behauptung auch ausführlich zu begründen.
Das scheint Dich aus irgend einem Gründe zu stören.

Ja, genau, und den Grund habe ich erwähnt. Es ist so, dass dies:

step hat folgendes geschrieben:
"frei" bedeutet für mich "nicht komplett naturgesetzlich bestimmt", und zwar egal ob emergent oder nicht.

begründungsbedürftig ist, plausibel gemacht werden muss. Ist aber wohl anscheinend für Euch ein heiliges Dogma, das nicht hinterfragt werden darf und wer das tut, ist ein Ketzer.

Du legst hier nicht das Thema fest und Du hast keine Definitionshoheit darüber, was das richtige Thema ist und wie man "Willensfreiheit" richtig definiert.

Aber lass' mal, ich habe sowieso keine Lust, weiter mit Dir zu reden. Du bist der ungehobelste Mensch, den ich seit langem getroffen habe. Und Arroganz mag ja manchmal was Feines sein, aber wenn sie so unbegründet ist wie bei Dir, dann ist sie nur peinlich.

#1767:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 16:26
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
Wie siehst Du mein Beispiel, dass wenn zwei verschiedene Aktionen meinen Willen befriedigen können (und ich für beide die Freiheit habe, sie durchzuführen) ich doch frei zwischen den beiden wählen kann? Blödes Beispiel: Ich will für meine Ferien an den Strand. Ich habe die Wahl zwischen Vietnam, Karibik und x andere Orte. Ich habe somit die Handlungsfreiheit zu wählen, um meinen Willen, an den Strand zu liegen, zu befriedigen.


Sowohl der allgemeinen Entscheidung, die Ferien am Strand zu verbringen, als auch der nachfolgenden genaueren Entscheidung, die Ferien in der Karibik am Strand zu verbringen, kann mann jeweils einen (sicherlich nicht "freien") Willen und eine (hoffentlich vorhandene) Handlungsfreiheit zuordnen.

Zur Klärung des threadthemas trägt das Beispiel daher genau gar nichts bei.

#1768:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 18:01
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
... Während Einzeller noch über kaum einen Handlungsspielraum verfügen, ...
Auch Einzeller können lernen - s. das Pantoffeltierchen (Paramecium)...

Sonst über Deinen Beitrag : Coole Sache, das...

#1769:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 18:18
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen. Bekanntlich wäre es ein Kategorienfehler, wenn man ein Beschreibungsweise auf einer Ebene anwendet, wo dies unangebracht ist.

Genaugenommen geht es hier aber gar nicht darum, die Physik tatsächlich zu verwenden, um z.B. Gefühle oder Verantwortung zu beschreiben. Wir stellen gegenüber Er-win, ballancer, zelig usw. nur die (schwächere) Forderung auf, daß die Modelle höherer Ebenen der Physik nicht widersprechen dürfen. Falls ein solcher Widerspruch auftritt - so wie meines Erachtens bei der Willensfreiheit - dann muß man mindestens eins der beiden Modelle verwerfen. Welches man verwirft, sollte von der Kraft seiner empirischen Belege abhängen. Diese ist bei intuitiven und psychologistischen Modellen bekannterweise extrem schlecht, bei der Physik hingegen ziemlich gut.

Bei AP ist es etwas anders, er leugnet (als Konpatibilist) den Widerspruch und versucht das durch eine entsprechend schwache Definition von "Freiheit" zu untermauern, die aber, wie wir z.B. beim Thema Verläßlichkeit vs. Willkür gesehen haben, bei näherer Betrachtung auch zerbröselt.

#1770:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 18:32
    —
step hat folgendes geschrieben:
Bei AP ist es etwas anders, er leugnet (als Konpatibilist) den Widerspruch und versucht das durch eine entsprechend schwache Definition von "Freiheit" zu untermauern, die aber, wie wir z.B. beim Thema Verläßlichkeit vs. Willkür gesehen haben, bei näherer Betrachtung auch zerbröselt.

Hast Du mal einen Link dazu?

#1771:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 18:39
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei AP ist es etwas anders, er leugnet (als Konpatibilist) den Widerspruch und versucht das durch eine entsprechend schwache Definition von "Freiheit" zu untermauern, die aber, wie wir z.B. beim Thema Verläßlichkeit vs. Willkür gesehen haben, bei näherer Betrachtung auch zerbröselt.
Hast Du mal einen Link dazu?

Ne. Aber vielleicht kannst Du ja hier direkt spezifizieren, was genau nun z.B. daran "freier Wille" ist, wenn jemand sich verläßlich verhält (also z.B. gesetzestreu oder loyal) und seiner Verantwortung nachkommt.

#1772:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 19:13
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
... oder dass alles andere nur Illusionen seien ...
Ich bestreite eigentlich nicht, dass der freie Wille eine Illusion ist. Nur - es gibt verschiedene Arten von Illusionen. Das "nur" vor Illusion würde ich eigentlich nicht zulassen. Es gibt gute Hinweise, dass z.B. die Zeit eine Illusion ist - wer möchte aber behaupten, dass sie nur eine Illusion ist ? Vorläufig hat man es noch nicht fertig gebracht, die Zeitillusion aufzulösen, und sie somit zu eliminieren (ausser in Formeln). Ich würde also die Zeit als eine starke Illusion bezeichnen, auf die man nicht ohne weiteres verzichten kann. Ähnlich sehe ich dies für die Willensfreiheit...

#1773:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 19:17
    —
Du hast gar keinen Link, stellst das aber als Tatsache dar? Hm.

Meine Ansicht ist kurzgefasst die:

- die Frage nach dem freien Willen dreht sich mE darum, ob Menschen (oder auch Tiere oder auch Maschinen oder Roboter) ihren Willen und ihre Handlungen selber beeinflussen und somit steuern können
- Handlungsfreiheit ist die Frage, ob man so handeln kann, wie man will
- Willensfreiheit ist die Frage, ob man wollen kann, was man will, ob man also seinen Willen selber bilden kann
- zur Willensfreiheit notwendige Bedingung ist mE eine hinreichende Reflexionsfähigkeit, die Fähigkeit, innezuhalten und verschiedene Optionen durchzuspielen
- eine darauf beruhende Entscheidung würde ich normalerweise als frei ansehen (aber selbstverständlich nicht als "absolut" frei)

Und somit kann ich auch Deine Frage beantworten: es kommt darauf an, nämlich darauf, ob jemand, der gesetzestreu / loyal handelt / seiner Verantwortung nachkommt, dies aus eigener Überlegung und Entscheidung tut oder nicht. Tut er Letzteres, dann würde ich das normalerweise als freie Entscheidung ansehen. Hängt jemand eher in einem Reiz-Reaktionsschema (er tut es, weil man das eben so tut) fest, dann wäre das nach meinem Begriff unfreier.

#1774:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 20:02
    —
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen. Bekanntlich wäre es ein Kategorienfehler, wenn man ein Beschreibungsweise auf einer Ebene anwendet, wo dies unangebracht ist.

Auf der Ebene des Bewusstseins scheint Unklarheit darüber zu herrschen, welche Beschreibungsweise die angemessene ist. Und deswegen ist es begründungsbedürftig, welchen Sinn es haben sollte, die Sprache und die theoretischen Konstrukte (Determinismus usw.) aus dem Bereich der Physik hier zur Anwendung zu bringen.


Ich bin oben (posts #1400168 , #1400363) bereits schon einmal ausführlich auf den Emergenzbegriff eingegangen.
Aber einige Worte über die Entwicklung von Zuständen sind hier vielleicht noch hilfreich:

Wenn man das Bewusstsein als Prozess für emergent gegenüber neuronalen Prozessen, und diese widerum für emergent gegenüber physikalisch-chemischen Prozessen auf der Molekülebene hält, dann folgt daraus, dass es zwischen diesen Ebenen strukturelle Kopplungen, Äquivalenzen gibt.
Dabei haben zwar natürlich immer noch alle Ebenen ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, aber es kann auf keiner Ebene Prozesse geben, deren äquivalente Prozesse auf der anderen Ebene den für sie dort geltende Gesetzmäßigkeiten widersprechen.

Wenn ich also auf der Molekülebene einen bestimmten physikalisch-chemischen Zustand habe, entspricht diesem aufgrund der Emergenz genau ein Bewusstseinszustand.
Entwickelt sich dieser physikalisch-chemische Zustand nun über einen bestimmten Zeitraum weiter, kann er das nur gemäß den auf der Molekülebene gültigen Gesetzen tun. Und dies bedeutet dass der nach einer bestimmten Zeit erreichte Zustand durch den ursprünglichen Zustand deterministisch festgelegt ist.
Aber auch dem neuen physikalisch-chemischen Zustand entspricht nun wiederum aufgrund der Emergenz genau ein Bewusstseinszustand, der damit ebenfalls festgelegt ist.

Ich vermute ein Teil der Verwirrung kommt daher, dass diese Determiniertheit des neuen Bewußtseinszustandes auf der Bewustseinsebene durchaus nicht sichtbar sein muss.
in umgekehrter Richtung erzwingt die Emergenz diese Eindeutigkeit nämlich nicht. Einem Bewusstseinszustand könnten demnach durchaus zahlreiche verschiedene (wenn auch vermutlich ähnliche) physikalisch-chemische Zustände zugeordnet sein.
Aufgrund der Komplexizität des Systems (im schlimmsten Falle chaotisch) könnten sich diese Zustände dann aber drastisch verschieden entwickeln. So verschieden, dass die jeweils wieder korrespondierenden Bewusstseinszustände sich ebenfalls unterscheiden.

Die entsprechenden emergenten psychologischen Regeln für Bewusstseinsprozesse müßten dann aber tatsächlich nichtdeterministisch formuliert werden, weil gleiche Bewustseinszustände gekoppelt an unterschiedliche physikalisch-chemische Zustände auf der Bewusstseinsebene nicht unterscheidbar wären. Die psychologischen Regeln würden also erlauben dass sich ein Bewusstseinzustand ohne auf dieser Ebene erkennbare Ursachen (also nicht determiniert) in verschiedene andere Bewusstseinszustände weiterentwickelt.


Was bedeutet das aber nun für die Frage, ob ein Mensch unter gleichen Umständen hätte verschieden entscheiden können?

Wäre der Mensch ein körperloser Geist, ein reines Bewusstsein in einer Geisterwelt, auf das nur die psychologischen Regeln der Bewusstseinsebene anwendbar sind, müsste man tatsächlich annehmen, dass er verschieden hätte handeln können.

In dieser Welt ist der Mensch aber eine Einheit, die eben auch durch physikalisch-chemische Zustände beschrieben werden kann.
Und auch wenn einem Bewusstseinszustand mehrere physikalisch-chemische Zustände zugeordnet sein könnten, so hat doch ein bestimmter konkreter Mensch in einer bestimmten konkreten Situation zu einem bestimmten konkreten Zeitpunkt nur einen davon.

Und wenn ich von einer Einheit der Welt ausgehe, dann muss "gleiche Umstände" ohne Spezifikation der Emergenzebene auch gleiche physikalisch-chemische Zustände bedeuten.

#1775:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 20:43
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Ansicht ist kurzgefasst die:

- die Frage nach dem freien Willen dreht sich mE darum, ob Menschen (oder auch Tiere oder auch Maschinen oder Roboter) ihren Willen und ihre Handlungen selber beeinflussen und somit steuern können
- Handlungsfreiheit ist die Frage, ob man so handeln kann, wie man will
- Willensfreiheit ist die Frage, ob man wollen kann, was man will, ob man also seinen Willen selber bilden kann
- zur Willensfreiheit notwendige Bedingung ist mE eine hinreichende Reflexionsfähigkeit, die Fähigkeit, innezuhalten und verschiedene Optionen durchzuspielen
- eine darauf beruhende Entscheidung würde ich normalerweise als frei ansehen (aber selbstverständlich nicht als "absolut" frei)

Und somit kann ich auch Deine Frage beantworten: es kommt darauf an, nämlich darauf, ob jemand, der gesetzestreu / loyal handelt / seiner Verantwortung nachkommt, dies aus eigener Überlegung und Entscheidung tut oder nicht. Tut er Letzteres, dann würde ich das normalerweise als freie Entscheidung ansehen. Hängt jemand eher in einem Reiz-Reaktionsschema (er tut es, weil man das eben so tut) fest, dann wäre das nach meinem Begriff unfreier.

Das impliziert aber, selbst wenn man nur die emergente Ebene betrachtet, einige Merkwürdigkeiten: Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? Handelt jemand, der sich seine eigene Moral und Gesetze macht, freier als jemand, der die vorgegebenen Gesetze befolgt? Handelt jemand freier, wenn die durchgespielten Optionen sich weniger eindeutig unterscheiden? ...

#1776:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 21:29
    —
Lars hat folgendes geschrieben:

Und wenn ich von einer Einheit der Welt ausgehe, dann muss "gleiche Umstände" ohne Spezifikation der Emergenzebene auch gleiche physikalisch-chemische Zustände bedeuten.


Dafür brauchst Du exakt gleiche physikalisch-chemische Zustände. Weil schon Abweichungen in den Quantenzuständen ein völlig anderes Verhalten hervorrufen können, das sich im molekularen Bereich noch auswirkt. Damit ist man wieder bei der alten Frage, ob diese bestimmten Zustände überhaupt existieren. Nachweisen kann man das wegen der Heisenbergschen Unschärfe schonmal nicht. Und es sieht wirklich so aus, als ob das nicht nur ein Messhindernis ist, sondern eine grundlegende Unbestimmtheit(Quantenzustände) im subatomaren Bereich. Wenn also die Bestandteile der physikalisch-chemischen Zustände grundlegend unbestimmt sind, dann kann es auch keine exakt bestimmten physikalisch-chemischen Zustände geben die dann exakt gleich sein könnten.

Es erschien mir anfangs ziemlich unlogisch und solange es irgendwie ging folgte ich der Meinung Einsteins, dass sich dahinter doch ein bestimmter Zustand verbergen müsse, den wir aufgrund messtechnischer oder theoretischer Probleme noch nicht erkennen können. Die Fortschritte der modernen Physik haben mir und allen gezeigt, dass ein Quantenzustand wirklich unbestimmt sein dürfte und nichts Bestimmtes dahinterstecken kann. Wir können nur Wahrscheinlichkeitsaussagen darüber machen in welchem Zustand sich ein Teilchen befindet. Demnach postulieren wir bestimmte mehr oder weniger wahrscheinliche Zustände zwar, das sind aber nicht die tatsächlichen Zustände eines Teilchens, sondern die Zustände einer rein mathematischen Wellenfunktion, welche ausschliesslich die Wahrscheinlichkeit beschreibt.

Physikalischer Determinismus wäre also ziemlich ausgeschlossen. Auf Bewusstseinsebene kann es und dürfte es deterministische Vorgänge geben. (Fast) alle Computerprogramme sind deterministisch und Reflexe sind es wohl auch. Von einigen determinierten Vorgängen auf grundlegende Determiniertheit aller Vorgänge zu schliessen wäre nicht logisch. Gibt es nur einen undeterminierten Vorgang, so wird auch alles andere nicht mehr dem ungestörten Determinismus folgen können.

#1777:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 21:41
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Zur Klärung des threadthemas trägt das Beispiel daher genau gar nichts bei.
Ich habe etwas über Arroganz gelesen, was Dich betrifft - ich würde mich da anschliessen...

#1778:  Autor: L.E.N.Wohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 21:59
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Ansicht ist kurzgefasst die:

- die Frage nach dem freien Willen dreht sich mE darum, ob Menschen (oder auch Tiere oder auch Maschinen oder Roboter) ihren Willen und ihre Handlungen selber beeinflussen und somit steuern können
- Handlungsfreiheit ist die Frage, ob man so handeln kann, wie man will
- Willensfreiheit ist die Frage, ob man wollen kann, was man will, ob man also seinen Willen selber bilden kann
- zur Willensfreiheit notwendige Bedingung ist mE eine hinreichende Reflexionsfähigkeit, die Fähigkeit, innezuhalten und verschiedene Optionen durchzuspielen
- eine darauf beruhende Entscheidung würde ich normalerweise als frei ansehen (aber selbstverständlich nicht als "absolut" frei)

Und somit kann ich auch Deine Frage beantworten: es kommt darauf an, nämlich darauf, ob jemand, der gesetzestreu / loyal handelt / seiner Verantwortung nachkommt, dies aus eigener Überlegung und Entscheidung tut oder nicht. Tut er Letzteres, dann würde ich das normalerweise als freie Entscheidung ansehen. Hängt jemand eher in einem Reiz-Reaktionsschema (er tut es, weil man das eben so tut) fest, dann wäre das nach meinem Begriff unfreier.

Das impliziert aber, selbst wenn man nur die emergente Ebene betrachtet, einige Merkwürdigkeiten: Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? Handelt jemand, der sich seine eigene Moral und Gesetze macht, freier als jemand, der die vorgegebenen Gesetze befolgt? Handelt jemand freier, wenn die durchgespielten Optionen sich weniger eindeutig unterscheiden? ...


"Dies habe ich durch Philosophie gewonnen. Dass ich tue, ohne befohlen zu werden, was andere nur aus Furcht vor dem Gesetz tun." - Aristoteles

#1779:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 22:09
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:
... Weil schon Abweichungen in den Quantenzuständen ein völlig anderes Verhalten hervorrufen können, das sich im molekularen Bereich noch auswirkt. ...

Kennst Du Dich da wirklich aus? Welche Bedingungen müssen denn gelten, damit Quantenzustände sich makroskopisch auswirken?

Orbiter hat folgendes geschrieben:
... Wenn also die Bestandteile der physikalisch-chemischen Zustände grundlegend unbestimmt sind, dann kann es auch keine exakt bestimmten physikalisch-chemischen Zustände geben die dann exakt gleich sein könnten.

Jetzt mal Tacheles: Welche Eigenschaft welcher Teilchen, die beim Feuern eines Neuronenverbandes eine Rolle spielen, ist quantenzufallsverteilt?

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Auf Bewusstseinsebene kann es und dürfte es deterministische Vorgänge geben. (Fast) alle Computerprogramme sind deterministisch und Reflexe sind es wohl auch.

Und wie kommt das wohl? Wie kann das sein, wenn doch die Quantenzustände alle immer so unscharf sind?

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Von einigen determinierten Vorgängen auf grundlegende Determiniertheit aller Vorgänge zu schliessen wäre nicht logisch. Gibt es nur einen undeterminierten Vorgang, so wird auch alles andere nicht mehr dem ungestörten Determinismus folgen können.

Non sequitur. Aber abgesehen davon: Willst Du damit andeuten, daß Deine "freiwilligen" Entscheidungen wesenrlich durch Quantenzufall bestimmt werden?

#1780:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 22:47
    —
Uff! Danke Step.
Das war elegant und knapp.

Und ich wollte schon gerade anfangen einen ausführlichen Vortrag über Dekohärenz zu halten.
Den kann ich mir jetzt erst mal sparen. Sehr glücklich

#1781:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:00
    —
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das impliziert aber, selbst wenn man nur die emergente Ebene betrachtet, einige Merkwürdigkeiten: Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? Handelt jemand, der sich seine eigene Moral und Gesetze macht, freier als jemand, der die vorgegebenen Gesetze befolgt? Handelt jemand freier, wenn die durchgespielten Optionen sich weniger eindeutig unterscheiden? ...
"Dies habe ich durch Philosophie gewonnen. Dass ich tue, ohne befohlen zu werden, was andere nur aus Furcht vor dem Gesetz tun." - Aristoteles

Auch ich habe natürlich ein besseres Gefühl, wenn meine Handlung meine Präferenz direkter widerspiegelt, und ich vielleicht meine Präferenz sogar noch rational begründen kann.

Andererseits scheint der Spruch von A. ein wenig nahezulegen, daß "freiwilliges" rechtes Handeln so etwas wie Wissen über eine natürliche Gesetzeswahrheit sei. Abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob dem so sei, würde das ja das freie Handeln auch auf emergenter Ebene determinieren (also selbst dann, wenn der Determinismus falsch wäre). Je "freier" (wissender) man wäre, desto eindeutiger würde, wie man sich zu verhalten hat.

#1782:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:06
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Und ich wollte schon gerade anfangen einen ausführlichen Vortrag über Dekohärenz zu halten. Den kann ich mir jetzt erst mal sparen. Sehr glücklich

Ist nicht der erste unscharfe Eso hier. Mit Patapata (und vielen anderen) haben wir das auch schon durch. Der hat damals gleich ne mail an Penrose geschrieben, war sehr interessant, ehrlich.

#1783:  Autor: L.E.N.Wohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das impliziert aber, selbst wenn man nur die emergente Ebene betrachtet, einige Merkwürdigkeiten: Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? Handelt jemand, der sich seine eigene Moral und Gesetze macht, freier als jemand, der die vorgegebenen Gesetze befolgt? Handelt jemand freier, wenn die durchgespielten Optionen sich weniger eindeutig unterscheiden? ...
"Dies habe ich durch Philosophie gewonnen. Dass ich tue, ohne befohlen zu werden, was andere nur aus Furcht vor dem Gesetz tun." - Aristoteles

Auch ich habe natürlich ein besseres Gefühl, wenn meine Handlung meine Präferenz direkter widerspiegelt, und ich vielleicht meine Präferenz sogar noch rational begründen kann.

Andererseits scheint der Spruch von A. ein wenig nahezulegen, daß "freiwilliges" rechtes Handeln so etwas wie Wissen über eine natürliche Gesetzeswahrheit sei. Abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob dem so sei, würde das ja das freie Handeln auch auf emergenter Ebene determinieren (also selbst dann, wenn der Determinismus falsch wäre). Je "freier" (wissender) man wäre, desto eindeutiger würde, wie man sich zu verhalten hat.


du schreibst "wenn dem (also wissen über eine natürliche gesetzeswahrheit [ich würde von einer intersubjektiv vernünftigen ethik sprechen, die auf der goldenen regel basiert]) so sei":
hältst du eine ethik für legitim, die auf gier, egoismus und ausbeutung beruht?

#1784:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:16
    —
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Je "freier" (wissender) man wäre, desto eindeutiger würde, wie man sich zu verhalten hat.
du schreibst "wenn dem (also wissen über eine natürliche gesetzeswahrheit [ich würde von einer intersubjektiv vernünftigen ethik sprechen, die auf der goldenen regel basiert]) so sei": hältst du eine ethik für legitim, die auf gier, egoismus und ausbeutung beruht?

Ich halte Ausbeutung nicht für legitim. Und meine persönliche Meinung ist, daß in der Tat eine rationale Ethik unter hinreichend ähnlichen Wesen möglich und nützlich wäre. Aber hier ging es ja eher darum, ob man den Zustand, wenn alle sich verläßlich / vorhersehbar nach diesem Wissen richten würden, zurecht als besonders große Freiheit bezeichnen kann.

#1785:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:17
    —
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
hältst du eine ethik für legitim, die auf gier, egoismus und ausbeutung beruht?

Also ich lehne durch Gier und Egoismus motiviert Ausbeutung ab.

#1786:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:18
    —
step hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
... Weil schon Abweichungen in den Quantenzuständen ein völlig anderes Verhalten hervorrufen können, das sich im molekularen Bereich noch auswirkt. ...

Kennst Du Dich da wirklich aus? Welche Bedingungen müssen denn gelten, damit Quantenzustände sich makroskopisch auswirken?

Sie können sich grundsätzlich unter chaotischen Bedingungen makroskopisch auswirken. Im Gehirn (hoffentlich nicht chaotisch) bedarf es des Eintretens eines kleinen aber möglichen Zufalls, um dort merkliche Veränderungen hervorzurufen. Also in der Regel nicht, aber völlig determiniert ist es nicht weil es undeterminierte Störungen geben kann.

step hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
... Wenn also die Bestandteile der physikalisch-chemischen Zustände grundlegend unbestimmt sind, dann kann es auch keine exakt bestimmten physikalisch-chemischen Zustände geben die dann exakt gleich sein könnten.

Jetzt mal Tacheles: Welche Eigenschaft welcher Teilchen, die beim Feuern eines Neuronenverbandes eine Rolle spielen, ist quantenzufallsverteilt?

In der Regel ist nichts daran vom Quantenzufall betroffen weil zu makroskopisch, aber doch sind alle Teilchen(besonders die Elektronen des Gehirnstroms) dem Quantenzufall unterworfen, der in unwahrscheinlichen, aber möglichen Fällen mehrere Teilchen in derselben Weise modifizieren kann, so dass sich die Zufälle nicht wie üblich gegeneinander ungefähr aufheben sondern eine echte makroskopische Veränderung resultiert. Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass sich eine Reihe von Elektronen plötzlich entschliesst, per Tunneleffekt auf eine benachbarte Leiterbahn zu wechseln wo sie nicht hingehören. Wenn das genügend viele gleichzeitig machen, dann gibt es dort ein Signal ohne (mit quantenmechanischer) Ursache.

step hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Auf Bewusstseinsebene kann es und dürfte es deterministische Vorgänge geben. (Fast) alle Computerprogramme sind deterministisch und Reflexe sind es wohl auch.

Und wie kommt das wohl? Wie kann das sein, wenn doch die Quantenzustände alle immer so unscharf sind?

Die Quantenzustände aller Teilchen sind unscharf, dennoch sind alle Teilchen irgendwie da und was sie machen hebt sich in der Regel gegeneinander auf, wenn man genügend viele davon gemeinsam betrachtet. Deshalb können wir in einer verlässlichen realen Welt leben und die Dinge machen nicht was sie wollen, obwohl jedes einzelne Teilchen davon tut was es will. Makroskopisch haben wir ganz klar den zuverlässigen Determinismus newtonscher Mechanik. Gehirnströme gehören noch dazu, können aber schon von Quanteneffekten beeinflusst werden. Bei der Herstellung von Computerchips hat man ebenfalls schon quantenmechanische Einflüsse zu berücksichtigen. Determinismus geht also meistens noch gut aber nicht immer.

step hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Von einigen determinierten Vorgängen auf grundlegende Determiniertheit aller Vorgänge zu schliessen wäre nicht logisch. Gibt es nur einen undeterminierten Vorgang, so wird auch alles andere nicht mehr dem ungestörten Determinismus folgen können.

Non sequitur. Aber abgesehen davon: Willst Du damit andeuten, daß Deine "freiwilligen" Entscheidungen wesenrlich durch Quantenzufall bestimmt werden?

Verlegen Richtig erkannt, ein logischer Fehler: Wenn es einige determinierte Vorgänge gibt, die fortlaufend determiniert sind, so schliesst das Indeterminismus in deren Umgebung natürlich ebenfalls aus. Somit kann man auch die allgemeine Regel nicht mehr bedenkenlos anwenden, dass Einzelfälle zu verallgemeinern unzulässig ist. Ich denke schon dass es sich so ähnlich verhält, kann das aber nicht so simpel herleiten.

Ich will damit sagen, dass es ohne Quantenzufall gar keine freien Entscheidungen geben könnte weil dann wirklich alles determiniert wäre gemäss newtonscher Mechanik. Der Zufall ist nicht die Entscheidung, aber er ermöglicht erst die freie Entscheidung. Wie das Gehirn diese Möglichkeit nutzt ist mir ein Rätsel, da es wohl überwiegend makroskopisch funktioniert.

#1787:  Autor: L.E.N.Wohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:32
    —
step hat folgendes geschrieben:
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Je "freier" (wissender) man wäre, desto eindeutiger würde, wie man sich zu verhalten hat.
du schreibst "wenn dem (also wissen über eine natürliche gesetzeswahrheit [ich würde von einer intersubjektiv vernünftigen ethik sprechen, die auf der goldenen regel basiert]) so sei": hältst du eine ethik für legitim, die auf gier, egoismus und ausbeutung beruht?

Ich halte Ausbeutung nicht für legitim. Und meine persönliche Meinung ist, daß in der Tat eine rationale Ethik unter hinreichend ähnlichen Wesen möglich und nützlich wäre. Aber hier ging es ja eher darum, ob man den Zustand, wenn alle sich verläßlich / vorhersehbar nach diesem Wissen richten würden, zurecht als besonders große Freiheit bezeichnen kann.


völlige unbegrenzte freiheit schließt auch die freiheit auszubeuten ein.
ich halte "besonders große freiheit" für eine, die möglichst allen ein maximum an freiheit bietet ohne die freiheit des individuums zu verletzen.

#1788:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 07.12.2009, 23:51
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Uff! Danke Step.
Das war elegant und knapp.

Und ich wollte schon gerade anfangen einen ausführlichen Vortrag über Dekohärenz zu halten.
Den kann ich mir jetzt erst mal sparen. Sehr glücklich


Da ich nicht von makroskopischen Quantenzuständen rede, sondern von möglichen makroskopischen Auswirkungen mikroskopischer Quantenzustände, braucht es die Dekohärenz wirklich nicht. Meiner Argumentation genügen die normalen quantenmechanischen Effekte wie sie schon tausendfach beobachtet wurden und doch wohl hier nicht ernsthaft bezweifelt werden?

#1789:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 00:51
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Meine Ansicht ist kurzgefasst die:

- die Frage nach dem freien Willen dreht sich mE darum, ob Menschen (oder auch Tiere oder auch Maschinen oder Roboter) ihren Willen und ihre Handlungen selber beeinflussen und somit steuern können
- Handlungsfreiheit ist die Frage, ob man so handeln kann, wie man will
- Willensfreiheit ist die Frage, ob man wollen kann, was man will, ob man also seinen Willen selber bilden kann
- zur Willensfreiheit notwendige Bedingung ist mE eine hinreichende Reflexionsfähigkeit, die Fähigkeit, innezuhalten und verschiedene Optionen durchzuspielen
- eine darauf beruhende Entscheidung würde ich normalerweise als frei ansehen (aber selbstverständlich nicht als "absolut" frei)

Und somit kann ich auch Deine Frage beantworten: es kommt darauf an, nämlich darauf, ob jemand, der gesetzestreu / loyal handelt / seiner Verantwortung nachkommt, dies aus eigener Überlegung und Entscheidung tut oder nicht. Tut er Letzteres, dann würde ich das normalerweise als freie Entscheidung ansehen. Hängt jemand eher in einem Reiz-Reaktionsschema (er tut es, weil man das eben so tut) fest, dann wäre das nach meinem Begriff unfreier.

Das impliziert aber, selbst wenn man nur die emergente Ebene betrachtet, einige Merkwürdigkeiten: a) Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? b) Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? c) Handelt jemand, der sich seine eigene Moral und Gesetze macht, freier als jemand, der die vorgegebenen Gesetze befolgt? d) Handelt jemand freier, wenn die durchgespielten Optionen sich weniger eindeutig unterscheiden? ...

Ich finde das nicht merkwürdig.

a) Derjenige ist in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, jedoch nicht in seiner Entscheidungsfreiheit
b) siehe a)
c) Das kommt darauf an. Jemand, der sich seine eigene Moral und seine eigenen Gesetze machen kann, ist demnach natürlich freier als jemand, der das nicht kann. Aber das bedeutet ja nicht, dass diese Moral und diese Gesetze zwingend anders sein müssten. Er könnte ja zu dem Schluss kommen, dass die geltenden Gesetze sinnvoll sind und sie so zu seinen Gesetzen machen.
d) Nein.

Übrigens wäre es wohl so, dass jemand, der allwissend wäre, keine Entscheidungsfreiheit in meinem Sinne haben könnte (wenn die Allwissenheit das Wissen um seine zukünftigen Handlungen einschließt).

#1790:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 01:35
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:


Da ich nicht von makroskopischen Quantenzuständen rede, sondern von möglichen makroskopischen Auswirkungen mikroskopischer Quantenzustände, braucht es die Dekohärenz wirklich nicht. Meiner Argumentation genügen die normalen quantenmechanischen Effekte wie sie schon tausendfach beobachtet wurden und doch wohl hier nicht ernsthaft bezweifelt werden?


Na gut, fangen wir mal hier an:

Orbiter hat folgendes geschrieben:
...die Elektronen des Gehirnstroms...


Wenn Du ein beliebiges Lehrbuch über Neurophysiologie aufschlägst, wirst Du entdecken, das Gehirnströme nicht von Elektronen getragen werden, sondern von Ionen. Und auch nicht von einzelnen Ionen, sondern im Rahmen eines komplexen kollektiven Phänomens, das sich Aktionspotential nennt.

Aktionspotentiale in der Großhirnrinde haben eine Dauer zwischen 0,5 und 2ms, ihre Geschwindigkeit liegt zwischen 10 und 100m/s. Daraus errechnet sich eine Länge des Aktionspotentials auf dem Axon zwischen 5 und 20cm! (Wenn das Axon denn so lang ist) Ziemich makroskopisch nicht?

Na gut, wie ist es dann mit den molekularen Prozessen, die das Aktionspotentiol konstituieren? Oder mit denen an den Synapsen? Schlage wiederum ein beliebiges Lehrbuch der Medizin Biologie oder Biophysik auf und lies die entsprechenden Kapitel. Du wirst kein Wort über Quantenmechanik finden.
Haben alle diese Mediziner, Biologen und auch Physiker noch nie etwas von den "normalen quantenmechanischen Effekte wie sie schon tausendfach beobachtet wurden" gehört? Oder könnte das vielleicht doch einen anderen Grund haben?

Tja, ich habe ja ganz bewußt über die molekulare und nicht über die atomare oder gar subatomare Ebene gesprochen. Und in dem Zusammenhang denke noch einmal darüber nach, wo die "normalen quantenmechanischen Effekte wie sie schon tausendfach beobachtet wurden" auftreten.
Interferenz von Photonen- (Laser) oder Elektronenstrahlen bekommt man oft sogar in der Schule zu sehen. Aber Informiere dich mal welchen Aufwand man treiben muß, um im Labor Interferenzexperimente mit kohärenten Molekülstrahlen durchzuführen.
Molekülverbände müssen extrem kalt sein um Quanteneffekte zu zeigen.

Dekohärenz entsteht nämlich durch Wechselwirkung mit der Umgebung, gerne durch thermische Stöße oder durch Infrarotphotonen. Sie ist deshalb nicht nur von der Größe der Objekte abhängig, sondern auch von der Temperatur und der Dichte.

Bei Körpertemperatur ist die Dekohärenz im Gehirn deshalb völlig ausreichend, dass das biologisch relevante Verhalten der biologisch relevanten Moleküle dort rein klassisch beschrieben werden kann!


Wenn Du Erkenntnisse über neurophysiologisch relevante Quantenprozesse im Gehirn hast, solltest Du sie in einer anerkannten Fachzeitschrift veröffentlichen, sie sind dann nämlich der Wissenscht mit Sicherheit bisher noch unbekannt.

#1791:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 02:05
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass sich eine Reihe von Elektronen plötzlich entschliesst, per Tunneleffekt auf eine benachbarte Leiterbahn zu wechseln wo sie nicht hingehören. Wenn das genügend viele gleichzeitig machen, dann gibt es dort ein Signal ohne (mit quantenmechanischer) Ursache.


Vorstellbar ist so manches.
Aber Tunnelwahrscheinlichkeiten kann man berechnen. Und kollektives Tunneln von genügend Ionen (nicht Elektronen) um ein Aktionspotential auszulösen? Na ja, ich will nicht ganz ausschließen, dass das in der halben Milliarde Jahren seit es auf der Erde Lebewesen mit Neuronen gibt gelegentlich schon mal passiert ist.

#1792:  Autor: Deus ex Machina BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 02:05
    —
Kurze Frage:

Lars hat folgendes geschrieben:
Es geht nicht darum ob kompatibilistische Auffassungen "bedeutsam" sind. Sie beziehen sich einfach auf ein anderes Konzept.
Das, was Kompatibilisten mit dem Namen "Willensfreiheit" belegen ist von dem, auf das sich der Threadtitel bezieht in gleicher Weise verschieden, wie "Steuerbare Ventile" (aka "Hähne") verschieden sind von "männlichen Haushühnern" (aka "Hähne").


Wenn mit dem Wort "Willensfreiheit" im Thread-Titel das gemeint ist, was Du darunter verstehst, nämlich eben die inkosistente Vorstellung, die wohl jeder Mensch zu Beginn hat und die im Widerspruch zu einer irgendwie verstehbaren Welt steht, dann ist die Thread-Überschrift wenig sinnvoll, da man zur Widerlegung dieser Vorstellung keine "Forscher" sondern nur ein bisschen Reflektion benötigt.

#1793:  Autor: LarsWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 02:34
    —
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben:
Kurze Frage:

Lars hat folgendes geschrieben:
Es geht nicht darum ob kompatibilistische Auffassungen "bedeutsam" sind. Sie beziehen sich einfach auf ein anderes Konzept.
Das, was Kompatibilisten mit dem Namen "Willensfreiheit" belegen ist von dem, auf das sich der Threadtitel bezieht in gleicher Weise verschieden, wie "Steuerbare Ventile" (aka "Hähne") verschieden sind von "männlichen Haushühnern" (aka "Hähne").


Wenn mit dem Wort "Willensfreiheit" im Thread-Titel das gemeint ist, was Du darunter verstehst, nämlich eben die inkosistente Vorstellung, die wohl jeder Mensch zu Beginn hat und die im Widerspruch zu einer irgendwie verstehbaren Welt steht, dann ist die Thread-Überschrift wenig sinnvoll, da man zur Widerlegung dieser Vorstellung keine "Forscher" sondern nur ein bisschen Reflektion benötigt.


Tja, dazu muß man wohl erst einmal einsehen, dass man in einer "irgendwie verstehbaren Welt" lebt.
Und dazu können einem Forscher, die zeigen, dass es Korrelationen zwischen Bewusstseinsprozessen und Hirnprozessen gibt, durchaus helfen.
Guck Dir einfach mal an, wieviele Leute hier im Thread die für ihre Vorstellung von "Willensfreiheit" notwendige "Nichtverstehbarkeit der Welt" mit Zähnen und Klauen Verteidigen.
Und guck Dir auch mal im Detail an, wogegen diese Forscher argumentieren.
Oder benutze Die Suchfunktion und sieh dir auch in anderen Threads, an was der Threaderöffner dieses Threads unter "Willensfreiheit" verstanden hat.

#1794:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 10:07
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Da ich nicht von makroskopischen Quantenzuständen rede, sondern von möglichen makroskopischen Auswirkungen mikroskopischer Quantenzustände, braucht es die Dekohärenz wirklich nicht. Meiner Argumentation genügen die normalen quantenmechanischen Effekte wie sie schon tausendfach beobachtet wurden und doch wohl hier nicht ernsthaft bezweifelt werden?

Es ist anders: Die Bedingungen im Gehirn führen dazu, daß erst gar keine makroskopischen Effekte entstehen können - anders als z.B. in einem Quantencomputer. Ebenso wirst Du auch Schwierigkeiten haben, eine echte Schrödingerkatze herzustellen.

Übrigens ist Deine Behauptung ja nicht neu, sondern wurde bereits von Wissenschaftlern durchgerechnet und verworfen: Die Kohärenzlängen und -zeiten sind um mehrere Größenordnungen zu klein.

#1795:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 10:24
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
...
- Handlungsfreiheit ist die Frage, ob man so handeln kann, wie man will
- Willensfreiheit ist die Frage, ob man wollen kann, was man will, ob man also seinen Willen selber bilden kann ....
... a) Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? b) Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? ...
... a) Derjenige ist in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, jedoch nicht in seiner Entscheidungsfreiheit
b) siehe a)

Du meinst also, nicht ins Gefängnis zu wollen, sei kein Wille, sondern eher ein Zwang?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens wäre es wohl so, dass jemand, der allwissend wäre, keine Entscheidungsfreiheit in meinem Sinne haben könnte (wenn die Allwissenheit das Wissen um seine zukünftigen Handlungen einschließt).

Könnte man verallgemeinernd sagen: Je mehr er weiß, desto unfreier ist er? Bis hin zu dem von Dir genannten Extremfall?

#1796:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 11:33
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben:
Kurze Frage:

Lars hat folgendes geschrieben:
Es geht nicht darum ob kompatibilistische Auffassungen "bedeutsam" sind. Sie beziehen sich einfach auf ein anderes Konzept.
Das, was Kompatibilisten mit dem Namen "Willensfreiheit" belegen ist von dem, auf das sich der Threadtitel bezieht in gleicher Weise verschieden, wie "Steuerbare Ventile" (aka "Hähne") verschieden sind von "männlichen Haushühnern" (aka "Hähne").


Wenn mit dem Wort "Willensfreiheit" im Thread-Titel das gemeint ist, was Du darunter verstehst, nämlich eben die inkosistente Vorstellung, die wohl jeder Mensch zu Beginn hat und die im Widerspruch zu einer irgendwie verstehbaren Welt steht, dann ist die Thread-Überschrift wenig sinnvoll, da man zur Widerlegung dieser Vorstellung keine "Forscher" sondern nur ein bisschen Reflektion benötigt.


Tja, dazu muß man wohl erst einmal einsehen, dass man in einer "irgendwie verstehbaren Welt" lebt.
Und dazu können einem Forscher, die zeigen, dass es Korrelationen zwischen Bewusstseinsprozessen und Hirnprozessen gibt, durchaus helfen.
Guck Dir einfach mal an, wieviele Leute hier im Thread die für ihre Vorstellung von "Willensfreiheit" notwendige "Nichtverstehbarkeit der Welt" mit Zähnen und Klauen Verteidigen.
Und guck Dir auch mal im Detail an, wogegen diese Forscher argumentieren.
Oder benutze Die Suchfunktion und sieh dir auch in anderen Threads, an was der Threaderöffner dieses Threads unter "Willensfreiheit" verstanden hat.


@irgendwie verstehbaren Welt:
da gaukelts bei den Determinsiten aber ganz gehörig, denn die meinen mit Verstehen, wohl eher begründet erklärbar.

Wobei da allein schon ein kleiner Blick auf die Grammatik, einen Hinweis gibt, daß es da mehr als nur formal kausale Sätze gibt.

Nebensatz

* Beifügungssatz = * Attributsatz
* Beziehungssatz = * Relativsatz
* Umstandssatz = * Adverbialsatz
* Bedingungssatz = * Konditionalsatz
* Begründungssatz = * Kausalsatz
* Einräumungssatz = * Konzessivsatz
* Folgesatz = * Konsekutivsatz
* Fragesatz = * Interrogativsatz
* Zwecksatz (Absichtssatz) = * Finalsatz
* Zeitsatz = * Temporalsatz

----

Für die Erklärbarmachung eines Handelnden brauchts aber gar keine kausale Ereignisketten, die lediglich eine Facette der Interpretation der Wirklichkeit darstellen,
ich nenn das jetzt mal: Theorie der Abläufe (=quasi Physik)

Um die psycho-soziale-Interaktion eines Agierenden zu begreifen, benötigt man eine Theorie des Handelns, die ist mit mathematisch-physikalischen Korrelationen allein(!) nicht verstehbar.

#1797:  Autor: Effô TisettiWohnort: 75 BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 13:01
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Um die psycho-soziale-Interaktion eines Agierenden zu begreifen, benötigt man eine Theorie des Handelns, die ist mit mathematisch-physikalischen Korrelationen allein(!) nicht verstehbar.


Das heißt, du hast bereits sämtliche denkbaren und ggf. noch nicht denkbaren "mathematisch-physikalischen Korrelationen" identifiziert (wow!), daraufhin überprüft (fleißig!) und falsifiziert (Chapeau!)? Oder meintest du nur "bislang (noch) nicht (vollständig) verstehbar"?

#1798:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 13:25
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Vorstellbar wäre zum Beispiel, dass sich eine Reihe von Elektronen plötzlich entschliesst, per Tunneleffekt auf eine benachbarte Leiterbahn zu wechseln wo sie nicht hingehören. Wenn das genügend viele gleichzeitig machen, dann gibt es dort ein Signal ohne (mit quantenmechanischer) Ursache.


Vorstellbar ist so manches.
Aber Tunnelwahrscheinlichkeiten kann man berechnen. Und kollektives Tunneln von genügend Ionen (nicht Elektronen) um ein Aktionspotential auszulösen? Na ja, ich will nicht ganz ausschließen, dass das in der halben Milliarde Jahren seit es auf der Erde Lebewesen mit Neuronen gibt gelegentlich schon mal passiert ist.


Nun, von den Synapsen verstehe ich wirklich nicht so viel. Danke für den Hinweis, dass der Gehirnstrom Ionen benutzt. Das vermindert natürlich die durch quantenmechanische Effekte auftretenden Fehler um etliche Zehnerpotenzen und auf diese Weise wird das Denken vor Fehlern besser geschützt. Moleküle im Quantenzustand halte ich ebenfalls für nicht realistisch, kaum möglich. Deinen Ausführungen stimme ich schon zu weil sie nun quantenmechanische Einflüsse erlauben. Selbst wenn das in der halben Milliarde Jahren nur einmal passiert ist, kann man nicht mehr von Determinismus sprechen im physikalischen Sinn. Und darum ging es schliesslich, um makroskopischen Determinismus, nicht um makroskopische Unschärfe. Die Unschärfe bleibt weitgehend im Mikroskopischen, aber der darin verletzte Determinismus setzt sich fort ins Makroskopische.

Lars hat folgendes geschrieben:
Wenn Du Erkenntnisse über neurophysiologisch relevante Quantenprozesse im Gehirn hast, solltest Du sie in einer anerkannten Fachzeitschrift veröffentlichen, sie sind dann nämlich der Wissenscht mit Sicherheit bisher noch unbekannt.

Der Neurologie dürfte noch Vieles unbekannt sein. Die Elektronen waren ein schlechtes Beispiel, es gibt jedoch gewiss Quanteneffekte auch im Gehirn und ob die neurophysiologisch relevant sind oder inwieweit das Denken davor geschützt ist (Vermeidung jeglicher chaotischen Zustände oder Fehlerkorrekturmechanismen) weiss ich nicht. Die Irrelevanz ist aber auch nur Vermutung. Jede Valenzbindung ist nur dem Quantenzustand eines Elektrons zu verdanken, den es ohne Grund ändern kann. Nicht allzu wahrscheinlich, aber möglich. Was ganz sicher nicht mehr klassisch beschreibbar wäre ist zum Beispiel die Entstehung von Biophotonen in den Zellen. Gibt es wohl, Funktion aber ungeklärt. Leider haben Esoteriker schon wieder rechts überholt und bieten eine Menge "Erklärungen" dafür an. Dennoch kann man deren Existenz nicht so einfach ignorieren oder grundsätzlich bestreiten. Was ich sagen will: Es ist falsch zu postulieren, dass es Einflüsse nicht geben könne die noch nicht erforscht sind. Das würde die Erforschung erübrigen und wäre wissenschaftsfeindlich.

Ursprünglich hatte ich die Quantenphänomene nicht auf die Gehirnfunktionen beschränkt gesehen. Es ging um den Determinismus an sich und der wurde an physikalischen Zuständen festgemacht, die eben nicht determiniert sein können. Wegen der längst bekannten, berechenbaren und tausendfach beobachteten Quanteneffekte. (Da gehört das hin, nicht ins Gehirn.) Weil die unterste Ebene unbestimmt ist und sich daher eine Undeterminiertheit(jedoch selten die Unbestimmtheit) natürlich fortsetzt in die höheren Ebenen. Ich spreche allgemein von der Materie, der Umgebung, nicht unbedingt vom Gehirn. Zumindest überall wo es chaotische Verhältnisse gibt setzt sich die Undeterminiertheit in andere (frei definierte) Ebenen fort, nicht die Unbestimmtheit. Ich denke, da es kaum möglich ist sich ein grundlegend determiniertes Gehirn in einer undeterminierten (nicht unscharfen) Umgebung vorzustellen, kann so ein Determinismus nur vorübergehend(irgendwie abgeschirmt) oder künstlich(irgendwie Fremdeinflüsse eliminiert, Fehlerkorrektur) sein.

Eine "irgendwie verstehbare Welt" zu postulieren ist genau der Grund, der Physiker dann zwangsläufig zu metaphysischen Erklärungen treibt. Es gibt jene, die nur rechnen und wissen, dass das was sie rechnen unverstehbar ist. Und es gibt jene, die doch nach dem "Deep Insight" suchen, wie es Einstein verlangt, also nach einer irgendwiegearteten verstehbaren Erklärung. Das geht definitiv nicht ohne die Metaphysik zu bemühen. Es ist ein Mittelweg nötig. Makroskopische Dinge kann man klassisch verstehen, auch mit der Quantenphysik, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass alles was man sieht der ziemlich verlässlich konstante Mittelwert sehr vieler Zufälle ist. So halte ich das für richtig, falsch wäre zu sagen es ist klassisch.

Umfassender physikalischer Determinismus sollte als widerlegt gelten. Daran ändert ein möglicher künstlicher Determinismus des Gehirns nichts. Damit ist auch grundlegende Allwissenheit widerlegt und damit sind freie Entscheidungen zumindest möglich. Fühle mich irgendwie unwohl als Roboter. Wie und inwieweit das Gehirn die mögliche Freiheit nutzt ist damit nicht ausgesagt. Nicht einmal ob es sie nutzt. Die quantenmechanischen Einflüsse sind zunächst nur Fehler, die den Determinismus verletzen. Wirklich freie Entscheidungen tun das ebenfalls, sollten daher eine quantenmechanische Ursache haben, wenn man das freie Denken nicht als zufällig(willkürlich) auftretende Fehler beschreiben will.

#1799:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 14:30
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:
... Damit ist auch grundlegende Allwissenheit widerlegt und damit sind freie Entscheidungen zumindest möglich.

Nur wenn "frei" entweder etwas Determiniertes bedeutet, oder etwas Zufälliges, oder eine Kombination daraus.

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Fühle mich irgendwie unwohl als Roboter.

Ich denke, dieses Gefühl ist Deine entscheidende Motivation in dieser Diskussion. Und das geht nicht nur Dir so.

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Wie und inwieweit das Gehirn die mögliche Freiheit nutzt ist damit nicht ausgesagt. Nicht einmal ob es sie nutzt.

Damit gewinnst Du aber keinen Blumentopf, weder bei den Deterministen noch bei den Freiheitsanhängern. zwinkern

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Die quantenmechanischen Einflüsse sind zunächst nur Fehler, die den Determinismus verletzen.

Es gibt Physiker, die sogar das ganz anders sehen. Mindestens aber ist vermutlich alles Determinierte, das wir beobachten, Folge quantenmechanischer Effekte. Zum Beispiel daß es überhaupt Atome gibt.

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Wirklich freie Entscheidungen tun das [Verletzen] ebenfalls, sollten daher eine quantenmechanische Ursache haben, wenn man das freie Denken nicht als zufällig(willkürlich) auftretende Fehler beschreiben will.

Schöner Zirkelschluss!

#1800:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 14:59
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
es sind gerade die strukturellen Kopplungen zwischen den Ebenen die verhindern, dass auf einer höheren Ebene Dinge passieren können, die auf einer tieferen Ebene den dortigen Naturgesetzen widersprechen.


Widersprechen sicherlich nicht. Dennoch entstehen auf höheren Ebenen neue Gesetze, die es auf tieferen Ebene nicht gibt und - die dort auch grundsätzlich nicht voraussehbar sind, gerade weil es hier nicht bloß um Berechenbarkeiten geht.


Trotzdem ist es aber genau das, was Fuchs und andere implizit behaupten, wenn sie meinen Bewusstsein könne über "teleologisch und intentional beschreibbare Prozesse" "elementare physikalisch-chemischen Prozesse" organisieren.

Denn die Gesetzmäßigkeiten, die "elementare physikalisch-chemischen Prozesse" steuern sind sehr gut bekannt. "Teleologisch und intentional beschreibbare Prozesse" kommen dabei nicht vor! Teleologie und Intentionalität sind emergente Eigenschaften von Vorgängen im Bewußtseinssystem. Im System "Elementarer physikalisch-chemischen Prozesse" sind diese Begriffe schlicht bedeutungslos. Den Bewusstseinsprozess in dieser Weise zu reifizieren und dann wie einen Systembestandteil eines Systems auf viel tieferer Emergenzebene zu verwenden, ist nicht nur ein Kategorienfehler, sondern würde dort eben auch einen Bruch der Naturgesetze bedeuten, da es im Rahmen der dort gültigen Gesetze solche Agenten nicht gibt.


Was Fuchs macht, ist eine Sache. Es geht überhaupt nicht darum, sich bewusstseinsgesteuerte Wellen und Teilchen vorzustellen, weil das den alten Geisterglauben durch die Hintertür wieder herein lassen und auf einer rein idealistischen, antimaterialistischen Grundphilosophie beruhen würde.

Sondern umgekehrt: Das Entstehen neuer Gesetzmäßigkeiten in emergenten Strukturen auf der Basis und im völligen, naturwissenschaftlichen Einklang mit einfacheren Gesetzen der Materie kann von der Mikroperspektive aus nicht hergeleitet werden, etwa so, wie eine eindeutige Integralfunktion nicht von einer bestimmten Differentialfunktion abgeleitet bzw. "aufgeleitet" werden kann.

Lars hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dennoch entstehen auf höheren Ebenen neue Gesetze, die es auf tieferen Ebene nicht gibt ...


Ja, aber diese Gesetze sind dann auch nur auf diesen Ebenen zur Beschreibung von Naturvorgängen geeignet.
Du kannst Regeln finden, nach denen Dein Bewußtseinssystem, bestimmte Ideen als beleidigend empfindet. Aber weder deine neuronalen Aktivitätsmuster, noch deine Moleküle sind deshalb beleidigt. Im Gegensatz zu deinen Bewustseinsprozessen werden neuronale Aktivitätsmuster oder Moleküle auch nicht durch Ideen beeinflußt. Neuronale Ativitätsmuster werden durch vorangegangene neuronale Aktivitätsmuster und durch Aktivitätsmuster der Sinnesorgane beinflußt. Moleküle durch die Bewegungen benachbarter Moleküle.

Die strukturelle Kopplung erlaubt es lediglich auf der höheren Ebene einfachere, aber eben auch ungenauere Simulationsregeln zu finden. Neue Gesetzmäßigkeiten auf den unteren Ebenen entstehen dadurch jedoch nicht, nur vereinfachte zusammenfassende Beschreibungen hochkomplexer kollektiver Wechselwirkungen, die gemäß den Gesetzmäßigkeiten der unteren Ebene ablaufen.


Es entstehen auf unteren Ebenen keine neuen Gesetzmäßigkeiten, aber es entstehen auf höheren Ebenen neue Gesetzmäßigkeiten, welche zuvor als Potenzial in den unterenen Ebenen "geschlummert" haben und von dort aus nicht zu entdecken waren, weil halt die dazu nötige emergente Struktur einfach fehlte.

Deshalb kann man auch emergente Strukturen wie Bewusstseinprozesse oder ökonomische Gesetze nicht durch die Physik beschreiben - und zwar nicht, weil das zu viel Rechenpower brauchen würde, sondern deshalb, weil man gar keine Formeln hätte, mit denen man so etwas anstellen könnte.

Es handelt sich also bei neuen Strukturen um wirklich neue, auf niederen Ebenen nicht vorhandene Gesetze, die auch mit geeigneten Begriffen und Beziehungen klar fassbar gemacht werden können.

Es wäre z.B. möglich, ein höherschichtiges System B' zu haben, welches ganz genau so aufgebaut ist wie ein hier und heute existierendes System B, jedoch auf einer anderen Basis darunter liegender Emergenzschichten.

man denke nur an lebende Systeme, die nicht auf Kohlenstoffbasis aufgebaut sind oder was auch immer, aber trotzdem gleichartige Gehirne und Kulturen haben.

Lars hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
die dort auch grundsätzlich nicht voraussehbar sind, gerade weil es hier nicht bloß um Berechenbarkeiten geht.


Und eben dies ist ein Mythos, der durch beständiges gläubiges Nachbeten auch nicht wahrer wird.


Für diesen angeblichen "Mythos" gibt es allerdings gute Gründe. zwinkern

Lars hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir zum Beispiel in der Physik die Eigenschaften eines Festkörpers. Er kann Schmelzen oder Verdampfen, er hat eine Farbe, eine Wärmeleitfähigkeit, eine elektrische Leitfähigkeit. All dies sind Eigenschaften, die die einzelnen Atome nicht besitzen. Es sind emergente Eigenschaften des Kollektivs. Zwischen diesen Eigenschaften gibt es wiederum naturgesetzliche Beziehungen, die es auf der unteren Ebene ebenfalls nicht geben kann, weil die zugehörigen Eigenschaften fehlen.
Trotzdem ist es der Festkörperphysik in den letzten Jahren zunehmend gelungen diese emergenten Eigenschaften und Gesetze aus denen der atomaren und molekularen Ebene zu berechnen.
Der Trick besteht einfach darin, die entsprechenden strukturellen Kopplungen zu finden und genügend Rechenstärke zu haben.


Das geht so lange ein Stück weit solange es keine neuen Eigenschaften gibt, etwa die Kategorie der Informationsverarbeitung durch Systeme. Die Rolle der Information für die Weiterentwicklung von Strukturen in Wechselwirkung mit ihren Umwelten wird wahrscheinlich derzeit etwas übersehen bzw. unterschätzt. Sicherlich ist alle dies mit der Physik kompatibel. Aber als Qualität von dort her nicht ableitbar. Das ist der Punkt.

Lars hat folgendes geschrieben:
Ähnlich, wenn auch viel weniger fortgeschritten, ist die Lage in der Biologie. Hier wird von Leuten, die den Emergenzbegriff nicht verstanden haben, zum Beispiel gerne behauptet, die Struktur des Gehirns ließe sich grundsätzlich nicht aus den Eigenschaften der Gehirnzellen vorhersagen.
Tatsächlich ist bereits seit langem bekannt, das die Struktur des Gehirns im Rahmen der Ontogenese aus embryonalen Stammzellen entsteht.


Ja, ich weiß.

Lars hat folgendes geschrieben:
Das Verhalten dieser Zellen beruht gesteuert durch die Gene auf physikalisch-chemischen Wechselwirkungen der Zellen untereinander und mit ihrer gemeinsamen Umgebung. Hier sind die strukturellen Kopplungen allerdings noch teilweise unbekannt. Wir wissen weder genau wie die Nukleotidsequenzen der Gene mit der chemischen Struktur der Zelle wechselwirken, noch wie diese mit ihren äußerlichen Bewegungen korreliert. Dies ist aber kein grundsätzliches Hindernis, sondern Gegenstand aktueller Forschung.
Natürlich sind bei diesem Beispiel aufgrund komplexer Rückkoppelungsmechanismen hier auch chaotische Zufallsprozesse zu erwarten. Zufall bedeutet aber nicht Beliebigkeit. Statistische Aussagen bleiben weiterhin möglich.
Zum Beispiel sind die Fingerbeerenmuster eineiiger Zwillinge zwar verschieden aber trotzden sehr ähnlich.


Das stimmt. Wenn aber eine zufällige Abweichung plötzlich einen Entwicklungssprung verursacht, entstehen damit neue Gesetzmäßigkeiten, welche wiederum auf die Entwicklung zurückwirken können - ohne die Bewegungsgesetze niederer Ebenen zu verändern.

Lars hat folgendes geschrieben:
Neue grundsätzlich nicht vorhersagbare emergente Eigenschaften verhalten sich erfahrungsmäßig wie "Gods of the Gaps". Ihre Resevate werden mit fortschreitender wissenschaftlicher erkenntnis immer kleiner.


Dabei muss man aber auch sehen, dass man es hier mit einer retrograden Betrachtung zu tun hat, d.h., man untersucht schon bekannte Strukturen auf ihre "tieferliegenden" Gesetzmäßigkeiten. So herum funktioniert es vielleicht noch, aber auch wie gesagt nur bis zu einer gewissen Schwelle.

Umgekehrt klappt die Bottom-Up-Betrachtung bezüglich aller möglichen und nicht komplett vorstellbaren Entwicklungspfade nicht mehr. Diese sind zudem auch unendlich.

Lars hat folgendes geschrieben:
Meiner Ansicht nach kann es solche grundsätzlich nicht vorhersagbaren emergenten Eigenschaften auch schon rein logisch nicht geben, da dies voraussetzen würde, dass es zwischen den entsprechenden Strukturen der verschiedenen Betrachtungsebenen keine strukturellen Kopplungen gäbe.
Ohne diese strukturellen Kopplungen wäre das System auf der höheren Ebene aber schlicht nicht mehr nur eine alternative Beschreibungsweise eines entsprechenden Systems auf der niedrigeren Ebene und damit des gleichen Gegenstandes.
Die Systeme wären nicht mehr emergent sondern schlicht verschieden.


Also man kann es vielleicht so sagen, dass die Information über emergente Systeme auf der niederen Ebene einfach noch nicht vorliegt, sondern erst vorliegt, wenn die emergente Ebene ins Sein getreten ist. Anders ausgedrückt, ist der Weg von Entwicklung grundsätzlich ein offener.

Lars hat folgendes geschrieben:
Ein Bewusstsein, dass nicht ein an ein Gehirn strukturell gekoppelter Prozess, und damit grundsätzlich nicht mehr vorhersagbar wäre, wäre zwangsläufig ein nur noch dualistisch zu beschreibendes "Gespenst in einer Maschine".
Für die Annahme, dass ein solches "Gespenst" exisistiert, gibt es derzeit aber keierlei empirische Belege. Im Gegenteil, das zunehmende Wissen über das Gehirn spricht zunehmend dagegen.
Auch dieses "Gespenst" muss sich mit fortschreitender Erkenntnis in immer kleiner werdende Wissenslücken zurückziehen.


Ein Bewusstsein ohne Gehirn ist ein Ding der Unmöglichkeit. Aber gleiche Bewusstseine können durch verschiedene Gehirnarten erzeugt werden.

Lars hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Auch das Hypnose Beispiel in dem sogar nachgewiesenerweise eine Beeinflussung über "höhere" Emergenzebenen auf neuronaler Ebene messbar ist, ...


Beinflussung im Sinne kausaler Beziehungen kann grundsätzlich nicht empirisch gemessen werden!
Gemessen werden immer nur Korrelationen.

Kausale Beziehungen können ausschließlich innerhalb wissenschaftlicher Theorien angenommen werden. Und wissenschaftlich sauber formulierte Theorien enthalten nur kausale Beziehungen auf der selben Emergenzebene. Beziehungen zwischen verschiedenen Emergenzebenen wird eine sauber formulierte Theorie dagegen nur im Sinne struktureller Kopplungen beschreiben. So zum Beispiel so, dass ein bestimmter mentaler Zustand einem bestimmten neuronalen Aktivitätsmuster entspricht, nicht aber dass das eine das andere bewirkt.


Na gut, aber Eigenschaften einer Struktur können durchaus auf die Struktur zurückwirken, wie mein Rennwagen-Beispiel veranschaulicht. Aber dazu demnächst mehr.

Fortsetzung folgt ...-

Skeptiker

#1801:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 15:04
    —
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Um die psycho-soziale-Interaktion eines Agierenden zu begreifen, benötigt man eine Theorie des Handelns, die ist mit mathematisch-physikalischen Korrelationen allein(!) nicht verstehbar.


Das heißt, du hast bereits sämtliche denkbaren und ggf. noch nicht denkbaren "mathematisch-physikalischen Korrelationen" identifiziert (wow!), daraufhin überprüft (fleißig!) und falsifiziert (Chapeau!)? Oder meintest du nur "bislang (noch) nicht (vollständig) verstehbar"?


Watt denn,
is scho wieder Karneval am Rhein?

ich sprech ja nicht von mir, sondern dem was fehlt - mMn.
Im übrigen sollten es nicht die Deterministen sein, die vorgeben alle:
"sämtliche denkbaren und ggf. noch nicht denkbaren "mathematisch-physikalischen Korrelationen" identifiziert (wow!), daraufhin überprüft (fleißig!) und falsifiziert (Chapeau!)"

Gehörst du auch zu denen, die so tun so als ob es nur eine stringent kausale Ereigniskette gibt?

Mal anderst betrachtet:
Kausale Ereignisfolgen treffen auf eine Handlungsituation.
Es ist äußerst trügerisch hier einen einzelnen bemerkbaren, weil beobachtbar, also meßbaren
Ereignisstrang als dominat hinzustellen.
Das wird keiner Handlungssituation gerecht.
Denk dir dazu eine Grafik, in der einige Ereignisfolgen (nehmen wir Pfeile) auf eine Handlungssitaution zulaufen, und von der geht dann nur ein Pfeil weiter,
Das problem ist immer, daß dies als Epiphänomen unterschätzte Bewußtsein, hier immer noch einen Black Box Operator darstellt.
In der gängigen deterministischen Interpretation wird einfach der dominanteste Ereignispfeil genannt und andere Möglichkeiten ausgeblendet.

Auch diese Schwurbeloperatoren genannt Präferenzen tragen nichts zur Klärung bei, dienen sie ja doch nur zur Ausgrenzung von Störfaktoren. Zudem sind die "Präferenzen" ja gerade immer situativ neu zusammengestellt - womit ich mal rückspiegeln möchte und kann!
Lars hat folgendes geschrieben:
(...)
Natürlich ist ein solches Konzept schon deshalb unsinnig, weil man so etwas niemals experimentell nachweisen könnte. Aber da es für viele Menschen anscheinend intuitiv sehr ansprechend ist und auch als Begründung für weitrechende ethische Schlußfolgerungen verwendet wird, versuchen sie zu begründen, warum sie eine solche Möglichkeit zumindest theoretisch existieren müsste.
(...)


Eigentlich mein ich eh nur, daß das "Mind over Matter" Konzept des "Freien Willens" sowieso überholt ist, allerdings auch dessen Antithese die sich mit determinsistischen Szenarien so gut darlegen läßt.

Soetwas wie eine Physik des Handelns gibt es nicht, der einzige Bezug der immer wieder bemüht wird, ist der deterministische Kniff - zu sagen, da es keinen FW gibt, muß es ja wohl das Gegenteil davon sein - halte ich für ausgelutscht und vom Ansatz her unbrauchbar.
(vielleicht sogar für einen argumentativen Schneemann)

#1802:  Autor: Deus ex Machina BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 17:44
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Deus ex Machina hat folgendes geschrieben:
Kurze Frage:

Lars hat folgendes geschrieben:
Es geht nicht darum ob kompatibilistische Auffassungen "bedeutsam" sind. Sie beziehen sich einfach auf ein anderes Konzept.
Das, was Kompatibilisten mit dem Namen "Willensfreiheit" belegen ist von dem, auf das sich der Threadtitel bezieht in gleicher Weise verschieden, wie "Steuerbare Ventile" (aka "Hähne") verschieden sind von "männlichen Haushühnern" (aka "Hähne").


Wenn mit dem Wort "Willensfreiheit" im Thread-Titel das gemeint ist, was Du darunter verstehst, nämlich eben die inkosistente Vorstellung, die wohl jeder Mensch zu Beginn hat und die im Widerspruch zu einer irgendwie verstehbaren Welt steht, dann ist die Thread-Überschrift wenig sinnvoll, da man zur Widerlegung dieser Vorstellung keine "Forscher" sondern nur ein bisschen Reflektion benötigt.


Tja, dazu muß man wohl erst einmal einsehen, dass man in einer "irgendwie verstehbaren Welt" lebt.
Und dazu können einem Forscher, die zeigen, dass es Korrelationen zwischen Bewusstseinsprozessen und Hirnprozessen gibt, durchaus helfen.
Guck Dir einfach mal an, wieviele Leute hier im Thread die für ihre Vorstellung von "Willensfreiheit" notwendige "Nichtverstehbarkeit der Welt" mit Zähnen und Klauen Verteidigen.
Und guck Dir auch mal im Detail an, wogegen diese Forscher argumentieren.
Oder benutze Die Suchfunktion und sieh dir auch in anderen Threads, an was der Threaderöffner dieses Threads unter "Willensfreiheit" verstanden hat.


@irgendwie verstehbaren Welt:
da gaukelts bei den Determinsiten aber ganz gehörig, denn die meinen mit Verstehen, wohl eher begründet erklärbar.

Wobei da allein schon ein kleiner Blick auf die Grammatik, einen Hinweis gibt, daß es da mehr als nur formal kausale Sätze gibt.

Nebensatz

* Beifügungssatz = * Attributsatz
* Beziehungssatz = * Relativsatz
* Umstandssatz = * Adverbialsatz
* Bedingungssatz = * Konditionalsatz
* Begründungssatz = * Kausalsatz
* Einräumungssatz = * Konzessivsatz
* Folgesatz = * Konsekutivsatz
* Fragesatz = * Interrogativsatz
* Zwecksatz (Absichtssatz) = * Finalsatz
* Zeitsatz = * Temporalsatz

----

Für die Erklärbarmachung eines Handelnden brauchts aber gar keine kausale Ereignisketten, die lediglich eine Facette der Interpretation der Wirklichkeit darstellen,
ich nenn das jetzt mal: Theorie der Abläufe (=quasi Physik)

Um die psycho-soziale-Interaktion eines Agierenden zu begreifen, benötigt man eine Theorie des Handelns, die ist mit mathematisch-physikalischen Korrelationen allein(!) nicht verstehbar.



Was ich damit gemeint habe ist folgendes:

Wenn man notwendige Bedingungen für einen freien Willen darin sieht, dass man seine Entscheidungen anhand von Gründen trifft und dass man sich in der gleichen Situation so oder anders hätte entscheiden können, dann widersprechen sich diese Bedingungen. In der gleichen Situation sind auch alle Gründe gleich. Wie gesagt, um das einzusehen braucht man keine Hirnforschung. Wenn man die zweite Bedingung jedoch dahingehend abschwächt, dass die Entscheidung in der nach menschlichen Massstäben gleichen Situation (man könnte vielleicht auch sagen: in der lebensweltlich gleichen Situation) anders hätte ausfallen können - und ich halte das für sinnvoll - dann kann man durchaus in einer konsistenten Weise von einem freien Willen sprechen.

#1803:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 18:08
    —
step hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Die quantenmechanischen Einflüsse sind zunächst nur Fehler, die den Determinismus verletzen.

Es gibt Physiker, die sogar das ganz anders sehen. Mindestens aber ist vermutlich alles Determinierte, das wir beobachten, Folge quantenmechanischer Effekte. Zum Beispiel daß es überhaupt Atome gibt.

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Wirklich freie Entscheidungen tun das [Verletzen] ebenfalls, sollten daher eine quantenmechanische Ursache haben, wenn man das freie Denken nicht als zufällig(willkürlich) auftretende Fehler beschreiben will.

Schöner Zirkelschluss!


Deinen übrigen Kommentaren kann ich zustimmen, habe nicht die Absicht Blumentöpfe zu gewinnen usw. Diese beiden sind klärungsbedürftig:

Natürlich ist alles eine Folge quantenmechanischer Effekte. Ich habe das Wort wohl etwas zu einseitig benutzt, um quantenmechanisch bedingte Abweichungen von der klassischen Normalität damit zu beschreiben. Natürlich ist die Normalität ebenfalls auf Quanten aufgebaut.

Das letzte ist kein Zirkelschluss, sondern gar kein Schluss. Da steht "sollten haben" und nicht nur haben. Das heisst es folgt nicht daraus, ist aber die einzige mir derzeit einleuchtende Möglichkeit, wie man echte, bewusst freie(nicht nur zufällige) Entscheidungen in der gegebenen Natur unterbringen könnte. Ich wäre sehr dankbar wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, freie Entscheidungen zu produzieren, die weder determiniert sind wie Computerprogramme noch rein zufällig wie Münzenwerfen. Natürlich kann jeder vor einer Entscheidung eine Münze werfen und sich entsprechend entscheiden. Aber so zufällig denke ich sind unsere Entscheidungen nicht. Dass sie vorherbestimmt sind denke ich auch nicht. Also keine Blumentöpfe.

#1804:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 18:23
    —
Hi Marcellinus!


Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke nicht, daß normale Menschen hier noch mitkommen, oder ahnen, was das noch mit Determinismus oder Willensfreiheit zu tun hat. Mit oder ohne eure Erlaubnis möchte ich also einen Gang zurückschalten und mir ein paar eigene Gedanken machen, die sicher weder besonders originell noch tiefsinnig sind. Einfach meine 2 Cent.


Offenbar gibt es im FGH keine normalen Menschen in Deinem Sinne ... . zwinkern

Aber die Diskussion hier spiegelt ziemlich genau das ab, wie es "draußen" (von religiösen Einwendungen mal abgesehen) auch der Fall ist - samt der üblichen Fehlschlüsse.




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Es geht um Determinismus. Zum einen die Vorstellung, wir hätten die Illusion, uns frei entscheiden zu können, dabei habe unser Gehirn sich schon Sekunden vorher für uns entschieden, [...]


Schöne Formulierung: "Mein Gehirn entscheidet vor mir ...!"

Angenommen, ich schicke von meinem Compi aus einen Druckauftrag in die entsprechende Peripherie und ich erhalte nun nach einer gewissen Zeit die Rückmeldung des Druckmanagers, dass der Vorgang nun erfolgreich erledigt worden sei. Nun steht mein Drucker neben mir und so bemerke ich, dass der Ausdruck einige Planck-Einheiten vor der Rückmeldung in der Druckausgabe liegt. Wann also war der Druckvorgang beendet? Aus der Perspektive des Standard-Proceders erst mit dem Vorliegen der Rückmeldung - erst dann lässt sich innerhalb des Systems prozessual weiter verfahren, etwa mit 'alten Druckauftrag löschen', 'neuen Druckauftrag bereitstellen'. Im Vergleich zum Computer ist es mir hier nur gelungen, den Rückkopplungsprozess der Rückmeldung zeitlich abzukürzen: "Mein Gehirn entscheidet vor meinem Computer ..." - Illusion?




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

[...] zum anderen die Überzeugung, alle Ereignisse im Universum stünden in einer Kausalkette bis zurück zum Urknall und zwar in der Weise, daß sich alles so und nur so habe entwickeln können.


Ich unterscheide zwischen Kausalität und Determinismus. Ein echter Determinismus würde hier einen echten Zufall ausschließen.




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Damit verbunden sind dann die Vorstellung, daß sich in dieser Welt alles auf physikalisch-chemische Prozesse zurückführen lasse, so etwas wie Emergenz also nicht existiert und daß auf menschlicher Ebene Willensfreiheit eine Illusion ist.


Das ist die Basisfrage. Einer Präformationslehre wird hier vermutlich niemand anhängen, dem physikalischen Reduktionismus wohl ebenso nicht. Echte Willensfreiheit ist nur gegeben, wenn im Prozess der Willensbildung Freiheitsgrade vorliegen; d. h. echte Willensfreiheit kann nur auf echtem Zufall basieren. Üblicherweise ist dies nicht gerade dass, was sich Propagandisten der Willensfreiheit darunter vorstellen wollen.


Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Nun haben wir das Problem, daß sich schon physikalische Objekte nicht determiniert verhalten. Man kann versuchen, darum herum zu argumentieren, durch Messergebnisse belegen läßt es sich nicht. Des weiteren ist es bis heute nicht gelungen, die biologische Evolutionstheorie durch physikalisch-chemische Theorien zu ersetzen. Der Kern der biologischen Evolutionstheorie ist aber die Behauptung, die biologische Entwicklung der Arten sei ein selbststeuernder, ergebnisoffener Prozeß. Auch alles Täuschung?


Für physikalische Objekte gilt: Je weniger komplex, desto "deterministischer" (will heißen: Berechenbarkeitsproblem)

Der "Kern" der biologischen Evolutionstheorie ist hier der heuristische Algorithmus von Versuch und Irrtum. Hier wäre in Deinem "Kern" die "Komplexitätsfrage" mit eingeschlossen.




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Der Determinismus sei mit der Vorstellung von der Willensfreiheit unvereinbar. Schön. Was heißt das? Daß Menschen sich verhalten, wie sie sich verhalten oder daß unser Bewußtsein nur ein passiver Zuschauer unseres Gehirns sei? Und wenn das so ist, was sind die Folgerungen?

Was denken Deterministen, warum wir ein Bewußtsein haben? Oder ist das reiner Zufall? Aber den gibt es doch eigentlich gar nicht. Hat das Bewußtsein keine Funktion? Nicht sehr glaubwürdig.

Wenn es einen freien Willen nicht gibt, dann, so lautet der attraktive Gedanke, bin ich auch nicht verantwortlich für das, was ich tue. Richtig? Also kann mich auch niemand vor Gericht zerren. Prima! Aber wenn ich nicht verantwortlich für meine Handlungen bin, ist es ein Gesetzgeber oder Polizist oder Richter auch nicht. Die tun auch nur, was sie tun. Oder sind nur manche determiniert?

Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist? Wenn andererseits Handlungen wie Diskussionen einen Unterschied machen, dann ist Determinismus nichts anderes als die Feststellung, daß im Rückblick alles so kommen mußte, wie es gekommen ist, im Hier und Jetzt aber ohne Belang ist.


Ein Determinist kann gewiss nicht aus reinem Zufall Lachen über ein Bewusstsein verfügen - er ist notwendig bewusstlos ... . Aber richtig:




    Neues kann nur entstehen, wenn es echten Zufall gibt!





Das obige gilt selbstverständlich auch für geistige Prozesse, etwa beim "Auftauchen einer Idee" (genauer ist die Gewinnung einer Idee auch ein evolutiver Prozess im o. g. Sinne).

Der Tenor, der in Deinem letzten Absatz zum Ausdruck kommt, ist unverständlicherweise weit verbreitet: "Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist?"

Eben: Wenn alles vorbestimmt ist, dann diskutierst Du hier, weil es eben vorbestimmt ist. Du hast dann hier nicht die Wahl, zu entscheiden, "ich habe ja doch keine Wahl, somit kann ich es auch lassen". Du hast hier also einen Außenstandpunkt eines entscheidungsbefähigten Agenten eingenommen, der in gewohnter Weise nun Determinismus beobachtet. Hier siehst Du die evolutionäre Nützlichkeit von Illusionen. Dieser Agent, den Du so konstituierst, ist Dein Ich; und Dein Ich kann Dein Ich gar von außen betrachten (Und dies ist wiederum deshalb möglich, weil es hier ansonsten zu Konflikten bezüglich der Russellschen Antinomie kommen würde).


Auch weit verbreitet ist der Gedankengang, bei Nicht-Vorliegen eines freien Willens gäbe es auch keine Verantwortlichkeit für ein Handeln. Sozusagen mildernde Umstände aufgrund Determinismus. Logischerweise würde sich hier aber nicht das Geringste ändern müssen! Es gilt hier wie oben: Wenn Du nicht anders kannst, ein Urteil auszusprechen, wie Du es nun mal aussprechen musst, so kannst Du auch kein hiervon abweichendes Urteil aussprechen.


Falls tatsächlich echter Determinismus vorliegen würde, so müsste es dann auch möglich sein, unter dem Verstoß von Humes Gesetz von einem SEIN auf ein SOLLEN zu schließen (Sein-Sollen-Fehlschluss, hier aber ebenso auch Naturalistischer Fehlschluss). Dies gelingt nicht.

Trotzdem sollte es bsw. möglich sein, eine Maschine zu bauen, die zu Entscheidungen fähig ist. Läge hier also ein Widerspruch zu vorstehendem Satz vor? - Nein. Denn prinzipiell gelänge es schon, das SOLLEN entsprechend aufzudröseln. Allerdings eben nur prinzipiell, da die entsprechenden Lösungen im Unendlichen liegen. Hier greifen Komplexitätsprobleme. - Hierzu der übliche Einstieg: Achilles und die Schildkröte ... .









    Conclusio: Es existiert ein freier Wille - dieser freie Wille ist allerdings nicht das, was allgemein üblich darunter verstanden wird.






Cheers,

Lamarck


Zuletzt bearbeitet von Lamarck am 08.12.2009, 18:32, insgesamt 2-mal bearbeitet

#1805:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 18:24
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
...
- Handlungsfreiheit ist die Frage, ob man so handeln kann, wie man will
- Willensfreiheit ist die Frage, ob man wollen kann, was man will, ob man also seinen Willen selber bilden kann ....
... a) Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? b) Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? ...
... a) Derjenige ist in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, jedoch nicht in seiner Entscheidungsfreiheit
b) siehe a)

Du meinst also, nicht ins Gefängnis zu wollen, sei kein Wille, sondern eher ein Zwang?

Nö, wieso sollte das ein Zwang sein. Es ist eine Präferenz.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens wäre es wohl so, dass jemand, der allwissend wäre, keine Entscheidungsfreiheit in meinem Sinne haben könnte (wenn die Allwissenheit das Wissen um seine zukünftigen Handlungen einschließt).

Könnte man verallgemeinernd sagen: Je mehr er weiß, desto unfreier ist er? Bis hin zu dem von Dir genannten Extremfall?

Nö, ganz genau im Gegenteil: je mehr Informationen jemand hat und um so mehr er dazu fähig ist, diese Informationen in einen (seinen) Zusammenhang zu bringen, desto mehr Entscheidungsfreiheit hat er in meinem Sinne.

Wüsste er jedoch jetzt schon exakt, wie er zukünftig handeln wird, dann gäbe es ja keine zukünftige Entscheidung mehr. Und wenn es gar keine Entscheidungen gibt, wäre es sinnlos, von Entscheidungsfreiheit zu sprechen. Aber das ist hier eigentlich unwichtig, hatte das nur nebenbei erwähnt.

#1806:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 20:58
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
...
- Handlungsfreiheit ist die Frage, ob man so handeln kann, wie man will
- Willensfreiheit ist die Frage, ob man wollen kann, was man will, ob man also seinen Willen selber bilden kann ....
... a) Was ist mit jemand, der Optionen durchspielt und zu dem klaren Ergebnis kommt, lieber nicht zu stehlen, weil er nicht in den Knast will? b) Frei (wegen des Durchspielens von Optionen) oder unfrei (wegen der ihn lenkenden Strafandrohung)? ...
... a) Derjenige ist in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, jedoch nicht in seiner Entscheidungsfreiheit
b) siehe a)
Du meinst also, nicht ins Gefängnis zu wollen, sei kein Wille, sondern eher ein Zwang?
Nö, wieso sollte das ein Zwang sein. Es ist eine Präferenz.

Moment. Du hast geschrieben, wenn jemand aus Angst vor dem Knast nicht klaut, sei er in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, nicht aber in seiner Entscheidungsfreiheit. Handlungsfreiheit ist dE, wenn man handeln kann, wie man will. Daraus folgt, er kann nicht so handeln, wie er will. Das ist ein (äußerer oder innerer) Zwang. Soweit meine Folgerung.

Umgekehrt kann man sagen: Er hat Angst vor dem Gefängnis = er will ungefangen bleiben. Also Wille bzw. Präferenz und Durchspielen von Optionen.

Wie man es auch dreht, Zwang und Willen kommen sich ins Gehege.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens wäre es wohl so, dass jemand, der allwissend wäre, keine Entscheidungsfreiheit in meinem Sinne haben könnte (wenn die Allwissenheit das Wissen um seine zukünftigen Handlungen einschließt).

Könnte man verallgemeinernd sagen: Je mehr er weiß, desto unfreier ist er? Bis hin zu dem von Dir genannten Extremfall?

Nö, ganz genau im Gegenteil: je mehr Informationen jemand hat und um so mehr er dazu fähig ist, diese Informationen in einen (seinen) Zusammenhang zu bringen, desto mehr Entscheidungsfreiheit hat er in meinem Sinne. ...

Wie paßt das zusammen? Je mehr Informationen und Wissen er hat, desto besser weiß er tendenziell auch, wie er sich entscheiden wird. Auch wenn er es vielleicht nie genau weiß.

#1807:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 21:43
    —
@lamarck
Zitat:
Es existiert ein freier Wille - dieser freie Wille ist allerdings nicht das, was allgemein üblich darunter verstanden wird.


Und wie würdest du dann deine Aussage positiv formulieren - sprich - was ist dann deiner Meinung nach ein "freier Wille" ?

#1808:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 22:21
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
@lamarck
Zitat:
Es existiert ein freier Wille - dieser freie Wille ist allerdings nicht das, was allgemein üblich darunter verstanden wird.


Und wie würdest du dann deine Aussage positiv formulieren - sprich - was ist dann deiner Meinung nach ein "freier Wille" ?


Ich denke genau das ist das Problem, die Definition des freien Willens vor dem Hintergrund bekannter Mechanismen, nach denen es diesen nicht gibt.

Wir haben zwar keinen grundlegend physikalischen Determinismus, aber einen Entscheidungsdeterminismus kann es schon geben, wenn die Entscheidungen immer einem irgendwie vordefinierten Schema folgen. Z. B. Egoismus. Wäre das wirklich eine freie Entscheidung? Ein Computer könnte das auch und der ist wohl nicht frei.

Daneben haben wir die Möglichkeit von Zufallsentscheidungen. Die sind wirklich frei aber so zufällig, dass man sie nicht mehr als unsere eigenen Entscheidungen betrachten kann.

Die eigene Intelligenz vermutete man einmal zwischen diesen beiden und stattete Computer mit einer Fuzzy Logik aus, so dass sie meistens taten was sie sollten aber dabei auch zufällige Momente in die Entscheidungslogik integrierten. Das war wohl noch nicht was man suchte, denn solches Verhalten ist in der Regel dümmer als determinierte Logik.

Was machen wir also, wenn wir nicht das Naheliegendste tun, sondern etwas riskieren zum Beispiel? Eine freie unabhängige, trotzdem wissentlich eigene Entscheidung ist in den bisherigen Modellen nicht möglich. Ich würde aber nicht sagen, dass es sie deshalb nicht geben kann.

#1809:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 22:55
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
@lamarck
Zitat:
Es existiert ein freier Wille - dieser freie Wille ist allerdings nicht das, was allgemein üblich darunter verstanden wird.


Und wie würdest du dann deine Aussage positiv formulieren - sprich - was ist dann deiner Meinung nach ein "freier Wille" ?


Ich denke genau das ist das Problem, die Definition des freien Willens vor dem Hintergrund bekannter Mechanismen, nach denen es diesen nicht gibt.


Ich habe damit eigentlich gar kein Problem - weder sehe ich irgendeinen Widerspruch zur "bekannten Physik" noch ist mein Verständnis davon vielleicht das (zT. religiös gefärbte ?) der "Allgemeinheit", sondern eines, gebildet aus gut dokumentierten wissenschaftlichen Ergebnissen aus Modellen der IT/Kognitivforschung, die hier von einigen "zugunsten" physikalistischer *imho* ziemlich unplausibler simplifizierter "logischer" Argumente nicht wahrgenommen werden wollen ...

#1810:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 23:31
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Ergebnissen ..., die hier ... nicht wahrgenommen werden wollen ...

Geschockt Haben Ergebnisse hier auch einen freien Willen? Heiliger St. Emergenz, steh uns bei!

#1811:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 23:33
    —
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Ergebnissen ..., die hier ... nicht wahrgenommen werden wollen ...

Geschockt Haben Ergebnisse hier auch einen freien Willen?


nö - eher die Nicht-Wahrnehmenden starke Präferenzen zynisches Grinsen

Zitat:
Die sind wirklich frei aber so zufällig, dass man sie nicht mehr als unsere eigenen Entscheidungen betrachten kann.


zB. die Präferenz nicht wahrzunehmen, dass ein Zufall, der sich selbst als Zufall erkennt, genau jenes Element der Freiheit in sich birgt ...

#1812:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 23:41
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Ergebnissen ..., die hier ... nicht wahrgenommen werden wollen ...
Geschockt Haben Ergebnisse hier auch einen freien Willen?
nö - eher die Nicht-Wahrnehmenden starke Präferenzen zynisches Grinsen

Ach so, dann kann man die ja dafür gar nicht verantwortlich machen.

#1813:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 23:49
    —
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Ergebnissen ..., die hier ... nicht wahrgenommen werden wollen ...
Geschockt Haben Ergebnisse hier auch einen freien Willen?
nö - eher die Nicht-Wahrnehmenden starke Präferenzen zynisches Grinsen

Ach so, dann kann man die ja dafür gar nicht verantwortlich machen.


"natürlich" nicht ! In dem Fall ist es qua Präferenzen determiniert ... Sehr glücklich

Jeder hat die Freiheit von selbiger keinen Gebrauch zu machen, was sich auch sehr schön in dem Aphorismus ausdrückt: "Wer nicht gerne selber denkt, sollte wenigstens von Zeit zu Zeit seine Vorurteile neu gruppieren" ... Auf den Arm nehmen

#1814:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 08.12.2009, 23:55
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Ergebnissen ..., die hier ... nicht wahrgenommen werden wollen ...
Geschockt Haben Ergebnisse hier auch einen freien Willen?
nö - eher die Nicht-Wahrnehmenden starke Präferenzen zynisches Grinsen
Ach so, dann kann man die ja dafür gar nicht verantwortlich machen.
"natürlich" nicht ! In dem Fall ist es qua Präferenzen determiniert ...

Jungs, Ihr vewirrt mich! Komplett von der Rolle

#1815:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 01:00
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
... Ergebnissen ..., die hier ... nicht wahrgenommen werden wollen ...

Geschockt Haben Ergebnisse hier auch einen freien Willen?


nö - eher die Nicht-Wahrnehmenden starke Präferenzen zynisches Grinsen

Zitat:
Die sind wirklich frei aber so zufällig, dass man sie nicht mehr als unsere eigenen Entscheidungen betrachten kann.


zB. die Präferenz nicht wahrzunehmen, dass ein Zufall, der sich selbst als Zufall erkennt, genau jenes Element der Freiheit in sich birgt ...

Idee Ein Zufall, der sich selbst als Zufall erkennt. Jop, das ist es. Werd ich mir bauen, gibt bestimmt nen Nobelpreis.

#1816:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 01:20
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
(...)
Und schließlich, warum diskutiert man hier, wenn doch alles vorherbestimmt ist? Wenn andererseits Handlungen wie Diskussionen einen Unterschied machen, dann ist Determinismus nichts anderes als die Feststellung, daß im Rückblick alles so kommen mußte, wie es gekommen ist, im Hier und Jetzt aber ohne Belang ist.

+
Er_Win hat folgendes geschrieben:
@lamarck
Zitat:
Es existiert ein freier Wille - dieser freie Wille ist allerdings nicht das, was allgemein üblich darunter verstanden wird.


Und wie würdest du dann deine Aussage positiv formulieren - sprich - was ist dann deiner Meinung nach ein "freier Wille" ?


Dazu einen Gedanken von Metzinger, soweit ich das rekonstruieren kann und mich meine Erinnerung nicht trügt.


Unser Bewußtsein funzt entscheidend anderst, als alle Modelle der Wirklichkeit die es entwickelt hat.

Für das Bewußtsein gilt, bzw. konkret das Gehirn "himself" kalibriert sich immer auf,
- Was ist JETZT
- Wo ist HIER

Niemand ist derselbe wie bspw. vor 10 Augenblicken.
Real ist immer nur "Hier" und "Jetzt", indem man sich also dermaßen zentriert hat, ermöglicht es unser Hirn sich seiner bewußt zu werden in dem was war, bzw. wer und wo man noch vor einem moment gewesen ist.
Und vermag eben auch zu projizieren, wohin man demnächst "will", was man dann da tut.

Modelle über die Wirklichkeit funzen dagegen immer nur in einer Richtung. (Zeitpfeil)
Physikalische Modelle begnügen sich sogar mit der Reihung und schieren Beweiskraft des Faktischen. Oder verkürzt: Fakten "schaffen" Realität.

Am Kopf kratzen Kommt vielleicht noch nicht so rüber - aber mich beeindruckte das sehr.

okay, nehmen wir mal einen Ereignisraum an, der alles enthalten soll, was war, was ist und was sein wird.
Das ideale deterministische Modelle könnte also alles wiedergeben, was war, was ist und (zeitpfeilgemäß) alles was kommt - ist alles aus den Ressourcen des Gewesenen im Ereignisraum abbildbar?

Was ist mit Nichtereignissen? klingt dämlich is aber so.
Unser Hirn kann ohne große Anstrengung Ereignisse projizieren die dann doch nicht stattfinden, die aber dennoch eine Handlungsentscheidung beeinflussen.
Um mein Lieblingsbeispiel einzubringen, vor der Titanic, war unter den Kapitänen die Meinung verbreitet Eisbergzonen möglichst schnell zu queren
- Eine Handlungsanweisung die nur aus einer Vermutung heraus für "sinnvoll" gehalten wurde.
Selbst wenn ein erwartetes Ereignis nicht eintritt, wissen wir wie wir uns verhalten WOLLEN.
Wo bitte kann ein determinsitisches Modell Nichtereignisse abbilden? (und wozu sollte es das?)

@Freunde der Schwerkraft werdest mir ned albern Traurig

#1817:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 12:46
    —
@Roter Ballon
Wirklich sehr interessant. Ich beziehe die Überlegungen zur Existenz eines eigenen freien Willens gern auf die theoretische Herstellbarkeit einer Maschine mit freiem Willen, weil das dann definitiv nicht mehr metaphysisch wäre.

Voraussetzungen sind also

- das eigene Selbst in Form von Bewusstsein, welches sich ständig neu kalibriert auf Hier und Jetzt. Und von diesem Standpunkt aus sein Wissen reflektiert und daraus Neues projiziert. Der Einfachheit wegen nehme ich an es trifft die Entscheidungen und benutzt dafür den irgendwie gewonnenen Willen oder den kalkulierten Zufall. Ist zwar komplex aber ich könnte mir gut vorstellen, dass der Hauptteil eines solchen Computerprogramms irgendwann machbar wäre.

- der Zufall, welcher nicht direkt entscheidet, sondern vom Bewusstsein als solcher erkannt und in unschlüssigen Situationen als zusätzliches Kriterium herangezogen wird. Liesse sich künstlich so machen.

- der Wille, gebildet aus bewährten Reaktionen und Entscheidungskriterien(z.B. Egoismus), also deterministischen Elementen(künstlich machbar) und aus den Projektionen für die erwartete, nicht die tatsächliche Zukunft. Also auch aus Nichtereignissen (aus möglichen Gefahren, Phobien, abstrakten Wünschen?) entsteht ein Wille, der von den entscheidungsdeterminierenden Vorgaben abweichen kann. Die Komplexität versammelt sich wohl hier bei der Entstehung des eigenen Willens (wenn man annimmt die Maschine sei nicht verheiratet). Woher soll man die Wünsche nehmen? Vielleicht sollte eine solche Maschine sich einer Partei anschliessen und den ganzen Tag Werbung hören. Das wäre leichter herstellbar als eigenen Träumen zu folgen, wäre aber wieder entscheidungsdeterminierend.

#1818:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 15:10
    —
Nachtrag @Metzinger,
das ich hier einen Bruch hin zum Subjektivismus gemacht habe ist @al schon bewußt oder?

vgl. auch
Subjektivität hat folgendes geschrieben:
(Lat. "Unterworfenheit") ist im ursprünglichen Sinne diejenige Eigenschaft, die ein Subjekt von einem Gegenstand unterscheidet. Wie diese Eigenschaft genauer zu fassen ist, ist in Philosophie und Wissenschaft seit Beginn der Antike umstritten.

Im abgeleiteten Sinne steht Subjektivität auch für dasjenige Verhältnis eines Subjekts zu seiner Umwelt, das nicht objektiv ist. In diesem Sinne wird Subjektivität in den Naturwissenschaften zumeist als Fehlerquelle angesehen und zu vermeiden versucht. In den Sozialwissenschaften und der Psychologie ist der Erkenntniswert subjektiver und subjektorientierter Qualitativen Forschungsmethoden dagegen weitgehend anerkannt.

Die Soziologen Peter L. Berger und Thomas Luckmann gehen in ihrem Werk „Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“ davon aus, dass die gesellschaftliche Wirklichkeit von den Individuen durch ihre subjektive Wahrnehmung erst konstruiert wird und nicht objektiv (unabhängig) von der Subjektivität existieren kann.

Im Bereich der Sozialpädagogik ist Subjektivität ein Konstrukt des Bewältigungskonzeptes zur Wiederherstellung von Handlungsfähigkeit und Erhalt des Selbstwertes.

#1819:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 15:38
    —
War mir nicht aufgefallen und habe ich zu wenig berücksichtigt. Subjektive Sichtweisen erweitern natürlich die Freiheitsgrade für eigenen Willen, weil sie dessen Entstehung modifizieren und ihn von den meist deterministischen objektiven Vorgaben unabhängiger machen. Da würde ich das unterbringen.

#1820:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 16:47
    —
Zitat:
Ist zwar komplex aber ich könnte mir gut vorstellen, dass der Hauptteil eines solchen Computerprogramms irgendwann machbar wäre.


Das ist dann aber kein "Programm" im herkömmlichen (funktionalen, prozessmässigen) Sinne, sondern das Design einer "richtigen" dafür geeigneten emergenzfähigen Struktur.

Siehe zB.:
http://www.hirnmodell.com/
http://de.wikipedia.org/wiki/Blue_Brain

Erwin

#1821:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 19:52
    —
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ist zwar komplex aber ich könnte mir gut vorstellen, dass der Hauptteil eines solchen Computerprogramms irgendwann machbar wäre.


Das ist dann aber kein "Programm" im herkömmlichen (funktionalen, prozessmässigen) Sinne, sondern das Design einer "richtigen" dafür geeigneten emergenzfähigen Struktur.


Ja richtig. Aus heutiger Sicht liesse sich die Emergenz eventuell simulieren. Ginge vermutlich wenn man die Geduld hat um auf die 42 zu warten. Tatsächlich müsste es wohl ein Rechnerverbund sein, wo viele Prozessoren mit diversen Aufgaben zusammenarbeiten. Oder was heute realistischer aber langsamer wäre: Viele Rechner mit diversen Programmen bearbeiten eine gemeinsame dafür spezialisierte Datenbank (keine relationale wie üblich). Was heute schon geht sind Programme, die bedarfsgerechte weitere Programme schreiben und zur Anwendung bringen können. Das oder Ähnliches braucht man auf jeden Fall für wirkliche, nicht nur simulierte Lernfähigkeit und für wirkliches Wissen, nicht nur das Wissen wo was gespeichert ist. Prinzipielle Unmöglichkeiten sehe ich daher nicht, ausser der Unmöglichkeit so ein Programm zu überblicken oder logisch vorherzusehen was es macht. Man kann nur die einzelnen Bestandteile auf synergetisches Verhalten programmieren und hoffen, dass die alle von selbst zusammenarbeiten und kein Chaos entsteht. Also wenn man Glück hat läuft es und wenn nicht dann hat man vermutlich Pech gehabt.

Danke für die Links, schau ich mir später an. Muss leider arbeiten.

#1822:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 20:05
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn kann ohne große Anstrengung Ereignisse projizieren die dann doch nicht stattfinden, die aber dennoch eine Handlungsentscheidung beeinflussen. ... Wo bitte kann ein determinsitisches Modell Nichtereignisse abbilden? (und wozu sollte es das?) ...

Nimm einen Schachcomputer, der eine Stellungsbewertung macht. Dazu simuliert er alle möglichen Züge des Gegners, obwohl real nur einer davon eintritt. So einfach kann das sein.

#1823:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 20:21
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Marcellinus!
Offenbar gibt es im FGH keine normalen Menschen in Deinem Sinne ... . zwinkern

Aber die Diskussion hier spiegelt ziemlich genau das ab, wie es "draußen" (von religiösen Einwendungen mal abgesehen) auch der Fall ist - samt der üblichen Fehlschlüsse.

Nein, je mehr ich darüber nachdenke, bin ich der, der nicht normal ist im Sinne der Diskussion hier. Das Bewußtsein ein Agent zur Vermeidung der Russellschen Antinomie? Eine Theorie, um mit den Folgerungen aus einer Theorie fertigzuwerden? Nun, wer Spaß an solchen Logeleien hat.

Aber draußen, wenn du damit die Welt der wirklichen Menschen meinst, diskutiert das niemand, abgesehen von gewissen Feuilletons. Wenn deine Argumentation für einen Determinismus sprechen sollte, nun, so haben vor über 30 Jahren Marxisten argumentiert, um zu belegen, der Sieg des Sozialismus sei unvermeidlich und wissenschaftlich erwiesen. Biß sich immer ein bißchen mit ihrer Betonung der Bedeutung des subjektiven Faktors für den Sieg des internationalen Proletariats. Ist bekanntlich etwas anders gekommen.

Aber du hast natürlich Recht, es gibt einige, die Spaß an sowas haben. Da will ich nicht weiter stören. zwinkern

#1824:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 20:25
    —
step hat folgendes geschrieben:
Du hast geschrieben, wenn jemand aus Angst vor dem Knast nicht klaut, sei er in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, nicht aber in seiner Entscheidungsfreiheit. Handlungsfreiheit ist dE, wenn man handeln kann, wie man will. Daraus folgt, er kann nicht so handeln, wie er will. Das ist ein (äußerer oder innerer) Zwang. Soweit meine Folgerung.

Umgekehrt kann man sagen: Er hat Angst vor dem Gefängnis = er will ungefangen bleiben. Also Wille bzw. Präferenz und Durchspielen von Optionen.

Wie man es auch dreht, Zwang und Willen kommen sich ins Gehege.

Ich habe gerade etwas den Faden verloren. Ich habe nochmal hin und her überlegt, aber ich möchte erst mal bei meiner Meinung bleiben, dass eine Knastandrohung die Entscheidungsfreiheit nicht einschränkt, jedoch die Handlungsfreiheit. Insofern ist das Zwang, d.h. ein einschränkender, begrenzender Faktor, das ist richtig und Zwang und Willen kommen sich ins Gehege, ja.

Jedoch würde ich meinen Hang dazu, nicht ins Gefängnis zu wollen, nicht als Zwang ansehen. Ebensowenig, wie ich es als Zwang ansehe, dass ich Lebensmittel A mag und Lebensmittel B nicht.

Aber vielleicht sagst Du einfach, auf was Du eigentlich hinauswillst.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Könnte man verallgemeinernd sagen: Je mehr er weiß, desto unfreier ist er? Bis hin zu dem von Dir genannten Extremfall?

Nö, ganz genau im Gegenteil: je mehr Informationen jemand hat und um so mehr er dazu fähig ist, diese Informationen in einen (seinen) Zusammenhang zu bringen, desto mehr Entscheidungsfreiheit hat er in meinem Sinne. ...

Wie paßt das zusammen? Je mehr Informationen und Wissen er hat, desto besser weiß er tendenziell auch, wie er sich entscheiden wird. Auch wenn er es vielleicht nie genau weiß.

Je mehr Informationen und Wissen und Reflektionsfähigkeit ich habe, die dann in meine Entscheidung einfließen, desto mehr Entscheidungsfreiheit habe ich mE. Ich sehe jetzt den Widerspruch nicht, den Du zu sehen scheinst.

Was ich oben meinte mit der Allwissenheit war einfach nur, dass, wenn man zukünftig keine Entscheidungen mehr treffen wird, es müßig sei, darüber nachzudenken, ob diese nicht getroffenen Entscheidungen frei seien. Oder anders gesagt: entscheiden tut man doch nur dann, wenn etwas Neues geschieht, dass man nicht vorhersah. Wenn nie etwas Neues geschähe, dann könnte man jetzt schon alle seine künftigen Entscheidungen festlegen und bräuchte zukünftig schlicht nicht mehr zu entscheiden.

#1825:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 20:37
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... je mehr Informationen jemand hat und um so mehr er dazu fähig ist, diese Informationen in einen (seinen) Zusammenhang zu bringen, desto mehr Entscheidungsfreiheit hat er in meinem Sinne. ...
Wie paßt das zusammen? Je mehr Informationen und Wissen er hat, desto besser weiß er tendenziell auch, wie er sich entscheiden wird. Auch wenn er es vielleicht nie genau weiß.
Je mehr Informationen und Wissen und Reflektionsfähigkeit ich habe, die dann in meine Entscheidung einfließen, desto mehr Entscheidungsfreiheit habe ich mE. Ich sehe jetzt den Widerspruch nicht, den Du zu sehen scheinst.

Nehmen wir an, ich sei zwar nicht allwissend, aber vielwissend, habe also sehr sehr viele Informationen und eine außergewöhnliche Reflektionsfähigkeit. Ich habe daher schon sehr viel nachgedacht und sehr viele Situationen, Entscheidungen und deren Folgen simuliert, und zwar sehr gut simuliert. Ich weiß also für die meisten Situationen, wie ich mich entscheiden würde und werde. Bin ich dadurch jetzt
- insgesamt freier, weil ich mehr Wissen und Reflektionsfähigkiet habe?
- insgesamt unfreier, weil ich eher vorhersagen kann, wie ich mich verhalte?
- zuerst freier und später unfreier, weil ich mich sozusagen zeitlich versetzt entscheide?
- ???

#1826:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 21:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn kann ohne große Anstrengung Ereignisse projizieren die dann doch nicht stattfinden, die aber dennoch eine Handlungsentscheidung beeinflussen. ... Wo bitte kann ein determinsitisches Modell Nichtereignisse abbilden? (und wozu sollte es das?) ...

Nimm einen Schachcomputer, der eine Stellungsbewertung macht. Dazu simuliert er alle möglichen Züge des Gegners, obwohl real nur einer davon eintritt. So einfach kann das sein.


aha, also 16 x 2 Arbeitshypothesen auf 64 Ereignisplattformen verteilt,
tja wenn das Leben so einfach wär - wäre es in der tat was eigentlich
und wer gewinnt denn nun
... immer !

das Anfangssetting ist bekannt, die Endbedingung eines Spielabbruchs auch.
Quadrier doch mal die Spielfläche und verdoppel die Spielsteine -
geht dem Schachcompi dann die Luft aus?

Und welchen Sinn hat den ein Schachzug - verglichen mit einer sozialen Tat
- wo du eben nicht weißt wie der gegenüber sie bewertet.
Beim Schach ergibt doch jede Spielstellung einen vom agierenden Spieler unabhängigen Wert.
Reale soziale Handlungen sind aber nicht unabhängig zu machen - du bist intendiert
auf Gedeih und verderb, auf schuldig oder unschuldig, auf betroffen oder gleichgültig.

Oder kurz, du tust wieder so als seien alle (Vor-)Bedingungen einer Abfolge von Ereignissen bekannt. Feste Regeln führen natürlich zu einem zufallslosen Endspiel.

Was wär denn wenn im Spielzug 5 der Bauer verschwindet, oder ein Turm anfängt sich wie ein Springer zu verhalten, sich die Dame für die Königin hält?

#1827:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 21:25
    —
step hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn kann ohne große Anstrengung Ereignisse projizieren die dann doch nicht stattfinden, die aber dennoch eine Handlungsentscheidung beeinflussen. ... Wo bitte kann ein determinsitisches Modell Nichtereignisse abbilden? (und wozu sollte es das?) ...

Nimm einen Schachcomputer, der eine Stellungsbewertung macht. Dazu simuliert er alle möglichen Züge des Gegners, obwohl real nur einer davon eintritt. So einfach kann das sein.

So einfach ist es wirklich, nur der Schachcomputer macht keine freie Entscheidung. Er entscheidet sich für den Zug, der seiner Berechnung zufolge am erfolgversprechendsten ist, also völlig deterministisch. Das kann noch etwas mit Zufall gewürzt sein, dass er sich für eine der erfolgversprechendsten Möglichkeiten entscheidet, aber eine freie Entscheidung hat er nicht.

Es ging mir darum, nach einer nicht-metaphysischen Erklärung für die Möglichkeit eines freien Willens zu suchen. Weil mir der Determinismus nicht gefällt, physikalisch gibt es den nicht und ein Entscheidungsdeterminismus in einer nicht deterministischen Welt macht uns zur Marionette äusserer Einflüsse. Schliesslich ist hier das Freigeisterhaus und nicht das Unfreigeisterhaus. Daher suchte ich gezielt nach nicht- deterministischen Einflüssen, die anderen sind natürlich immer wichtig und die gibt es selbstverständlich.

Ein Mensch spielt nun etwas anders Schach als der Computer. Er kann auch gegnerische Züge vorhersehen und deren Wahrscheinlichkeiten schätzen und auch sehen welche eigene Reaktion da am erfolgversprechendsten wäre. Zusätzlich kann ein Mensch seinen Gegner kennen, aus Erfahrung und seinem Gesichtsausdruck vermuten, was er vorhat und schon darauf reagieren, wenn diese Reaktion noch lange nicht die wahrscheinlich beste ist. Das ist dann eine freie Entscheidung, sich für die rechnerisch ungünstigere Variante zu entscheiden und trotzdem einen Vorteil zu holen. Also nicht nur zufällig nicht ganz das Richtige zu tun.

Jetzt sollte ich aber wirklich arbeiten.

#1828:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 21:40
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn kann ohne große Anstrengung Ereignisse projizieren die dann doch nicht stattfinden, die aber dennoch eine Handlungsentscheidung beeinflussen. ... Wo bitte kann ein determinsitisches Modell Nichtereignisse abbilden? (und wozu sollte es das?) ...
Nimm einen Schachcomputer, der eine Stellungsbewertung macht. Dazu simuliert er alle möglichen Züge des Gegners, obwohl real nur einer davon eintritt. So einfach kann das sein.
... das Anfangssetting ist bekannt, die Endbedingung eines Spielabbruchs auch. Quadrier doch mal die Spielfläche und verdoppel die Spielsteine - geht dem Schachcompi dann die Luft aus?

Deine Behauptung war unabahängig von der Komplexität, es ging nur um die Abbildung von Nichtereignissen. Jetzt nachträglich draufsatteln gildet nicht ...

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Und welchen Sinn hat den ein Schachzug - verglichen mit einer sozialen Tat ...

Es ging nur um die Abbildung, nicht um sozialen Sinn. Niemand hat behauptet, ein Schachcomputer könne große Sinnstudien machen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Oder kurz, du tust wieder so als seien alle (Vor-)Bedingungen einer Abfolge von Ereignissen bekannt. Feste Regeln führen natürlich zu einem zufallslosen Endspiel.

Wenn man in der Realität wesentlichen Zufall hat, hat man einfach nur mehr Nichtereignisse.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Was wär denn wenn im Spielzug 5 der Bauer verschwindet, oder ein Turm anfängt sich wie ein Springer zu verhalten, sich die Dame für die Königin hält?

Ich verstehe diesen Einwand zusammen mit der ursprünglichen Behauptung mal so, daß Du ehrfürchtig erstaunt bist darüber, daß trotz all dieser Komplexität Ereignisse vom Gehirn simuliert werden können. Und in der Tat - das ist wirklich erstaunlich! Das Gehrin hat offensichtlich ziemlich viel empirisches Wissen.

#1829:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 21:44
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn kann ohne große Anstrengung Ereignisse projizieren die dann doch nicht stattfinden, die aber dennoch eine Handlungsentscheidung beeinflussen. ... Wo bitte kann ein determinsitisches Modell Nichtereignisse abbilden? (und wozu sollte es das?) ...
Nimm einen Schachcomputer, der eine Stellungsbewertung macht. Dazu simuliert er alle möglichen Züge des Gegners, obwohl real nur einer davon eintritt. So einfach kann das sein.
So einfach ist es wirklich, nur der Schachcomputer macht keine freie Entscheidung. Er entscheidet sich für den Zug, der seiner Berechnung zufolge am erfolgversprechendsten ist, also völlig deterministisch. Das kann noch etwas mit Zufall gewürzt sein, dass er sich für eine der erfolgversprechendsten Möglichkeiten entscheidet, aber eine freie Entscheidung hat er nicht.

Natürlich nicht. Roter Ballon sprach ja auch von einem "deterministischen Modell". So what?

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Es ging mir darum, nach einer nicht-metaphysischen Erklärung für die Möglichkeit eines freien Willens zu suchen.

Viel Spass.

#1830:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 21:45
    —
Fortsetzung von Teil 1:

Lars hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Stell Dir einen Rennwagen vor, der anfängt, zu beschleunigen. Die Eigenschaft "Geschwindigkeit" wird durch die Struktur und ihrer Funktion erzeugt. Gibt es einen crash, so wirkt die erzeugte Eigenschaft der Struktur auf diese Struktur zurück.


Zunächst einmal ist die Geschwindigkeit keine emergente Eigenschaft, sie lässt sich dem Auto eben so gut zuschreiben, wie den Atomen, aus denen es besteht. Aber was soll's, dass es die von Dir behauptete kausale Beziehung zwischen Auto und Atomen nicht geben kann, wird dadurch nur noch offensichtlicher.


Geschwindigkeit ist immer Geschwindigkeit von etwas. Geschwindigkeit von Rennwagen ist etwas anderes als Geschwindigkeit von Atomen.

Physikalisch natürlich nicht. Aber in der Physik bezieht sich Geschwindigkeit ja auch immer auf Punkte. Aber hast Du in der Realität schon mal einen Punkt gesehen? Ich nicht.

Genau so gibt es auch nicht "das Denken", sondern immer das Denken einer denkfähigen Struktur, z.B. einer Großhirnrinde.

Andersherum betrachtet kann man Strukturen benennen, welche Eigenschaften wie "Geschwindigkeit" oder "Denken" hervorbringen, aufgrund der Struktur und der entsprechenden Bedingungen zur Aufrechterhaltung der Struktur.

Lars hat folgendes geschrieben:
Zunächst noch einmal zur Erinnerung noch einmal eine Erklärung, was eine kausale Beziehung bedeutet: Ein physikalisches Ereignis bewirkt über naturgesetzliche physikalische Wechselwirkungen ein anderes, zweites Ereignis. Da sich physikalische Wechselwirkungen immer nur mit endlicher Geschwindigkeit ausbreiten, ist das zweite Ereignis immer dem ersten zeitlich nachgeordnet.

Wenn Du also behaupten willst, dass die Beschleunigung des Autos die Beschleunigung der Atome kausal verursachen würde, müsstest Du zunächst behaupten, dass sich dass Auto zunächst unabhängig von seinen Atomen beschleunigt und dadurch zeitlich nachgeordnet die Beschleunigung seiner Atome bewirkt.

Das ist offenkundig Unsinn! Da das Auto aus seinen Atomen besteht (beides sind nur unterschiedliche Beschreibungsebenen der selben Sache!) kann es nicht unabhängig von seinen Atomen beschleunigen! Die Beschleunigung der Atome findet nicht zeitlich nachgeordnet, sondern gleichzeitig statt. Es handelt sich eben nicht um zwei kausal verbundene verschiedene Ereignisse, sondern um zwei verschiedene Betrachtungsweisen des selben Ereignisses.
Das Ereignis bewirkt sich aber nicht selbst!

Betrachtest du dagegen die Vorgänge innerhalb des jeweiligen Systems findest du jeweils nur innerhalb des Systems entsprechend den jeweiligen naturgesetzlichen Regeln des jeweiligen Systems Reihen von Kausalbeziehungen.
Zwischen den verschiedene Systemen lassen sich aber schon deshalb keine Kausalzusammenhänge beschreiben, weil die naturgesetzlichen Regeln, denen sie folgen müssten, nicht die gleichen sind.

Im System des Autos werden die Beschleunigungen bestimmter Teile der Struktur (wie Räder, Motor oder Getriebe) durch mechanische Festkörpereigenschaften auf andere Teile übertragen. Eigenschaften wie Elastizitätsmodul, Reißfestigkeit und Schallgeschwindigkeit spielen dabei eine Rolle. Werden dabei bestimmte Grenzwerte überschritten, wird die Beschleunigung so ungleichmäßig, dass die großräumige Struktur sich verändert - das Auto wird zerrissen oder zerquetscht.

Im System der Atome wird deren Beschleunigung dagegen durch die Beschleunigung benachbarter Atome vermittelt über elektrische Kräfte verursacht. Überschreiten die Relativgeschwindigkeiten dabei entsprechende Fluchtgeschwindigkeiten. Kommt es zu Veränderungen in der großräumigen relativen Anordnung der Atome.

Die beiden Beschreibungen enthalten untereinander strukturelle Kopplungen, sind aber systemisch völlig verschieden. Weder die Strukturelemente noch deren Wechselwirkungen stimmen überein.


Die Bewegung des Rennwagens ist eine Sache der Makrostruktur des Rennwagens sowie der Straße, des Luftwiderstandes, usw.

Fährt das Auto gegen einen Baum (oder fährt ein fahrbarer Baum gegen das stehende Auto), dann wirkt die Bewegung der Teile des betrachteten Makrosystems zu einer Veränderung der Struktur des Autos, je nach Art des Aufpralls.

Es kann auch in Flammen aufgehen, so dass man es anschließend aufgrund der Oxidation und Reaktionen seiner atomaren und molekularen Bestandteile auch nicht mehr aus den gleichen Bestandteilen restaurieren kann.

Ich setze jetzt mal der Einfachheit halber voraus, dass das betrachtete System Auto-Straße-Wetter-Fahrer-Baum ein emergentes sei, welches allein aus den Atomen der beteiligten Untersysteme eben nicht erklärlich ist.

Der Punkt ist nun, dass die Emergenz auf ihre tieferen Bedingungs- und Entstehungsebenen zurück wirkt, so wie auch ursprünglich diese tieferen Ebenen zur Entstehung der Emergenz geführt haben.

Ich gebe zu, das ist ein schlechtes und verwirrendes Beispiel. Ich hätte lieber die Wechselwirkung zwischen Genen-Individuum-Herde-Umwelt oder so nehmen sollen, um zu veranschaulichen, wie 1. emergente Strukturen entstehen, die prinzipiell nicht vorhersehbar sind und 2. dann ihre eigenen Entstehungs- und Erhaltungsbedingungen modifizieren können und zwar nicht nur im Sinne der Zerstörung, sondern auch der Verstärkung dieser Bedingungen.

So hat das Leben auf der Erde auch den Planeten Erde verändert, der eine Grundlage der Entstehung des Lebens war und ist. Es war vor der Entstehung des Lebens nicht sicher, dass Leben entsteht bzw. in dieser Form entsteht.

Es war nicht berechenbar, weil Struktur ein qualitatives Ding ist. Wenn etwas neues in die Welt tritt, so tritt eine neue Qualität in die Welt - mit neuen Gesetzmäßigkeiten.

Lars hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Denken und Bewusstsein sind auch Bewegungen des Gehirns. Auch sie wirken auf dessen struktur zurück. Das Ganze muss dialektisch verstanden werden.


Ja, Denken und Bewusstsein sind Bewegungen (besser formuliert Zustandsänderungen) des Gehirns. Genau deshalb können sie eben diese Zustandsänderungen nicht bewirken.
Das Ganze muss dialektisch verstanden werden.


Sicher ist alles irgendwie Bewegung. Aber es macht einen qualitativen Unterschied, in welchen Systemen und in welchem Kontext sich Materie bewegt. Es entscheidet über die Gesetzmäßigkeiten der Bewegung von Materie.

Dialektik sehe ich bei Dir nicht, sondern nur Mechanik. Dir fehlt jede Vorstellung von Entwicklung.

Lars hat folgendes geschrieben:
Auf deiner Bewustseinsebene kannst Du zum Beispiel beschließen, dich geistig mit einem bestimmten Problem auseinander zu setzen.
Dies bedeutet aber eben gerade nicht dass du dich bewußt entschließt, bestimmte neuronale Erregungsmuster zu erzeugen.
Im Rahmen des Bewustseinssystems erzeugen mentale Zustände nur andere mentale Zustände. Neuronale Erregungsmuster kommen dort gar nicht vor. Diese sind Bestandteil des Nervensystems und werden dort von anderen neuronalen Erregungsmustern erzeugt.
Beide sind jedoch strukturell gekoppelt in dem Sinne das sie verschiedene Betrachtungsweisen des selben Prozesses sind.


Wenn das Gehirn im luftleeren Raum existieren würde, wenn die Gene ohne Soma existieren würden und es keine Strukturen gäbe, die einmal erreichte Höherentwicklungen sozusagen arretieren, dann könnte man das Prinzip der Dialektik abschaffen und überhaupt die Wechselwirkungen als solche.

Es ist unmöglich, die Eigenschaften emergenter Systemen ohne ihre Wechselwirkungsdynamik mit dem relevanten Gesamtsystem verstehen zu wollen.

Das Gehirn ist ohne den ganzen Menschen nicht zu verstehen. Der ganze Mensch nicht ohne seine natürliche und gesellschaftliche Umwelt. Die Gesellschaft nicht ohne ihre Geschichte.

Lars hat folgendes geschrieben:
Also für dein dialektisches Verständnis:
These: mentaler Zustand
Antithese: neuronales Erregungsmuster
Synthese: strukturelle Kopplung


Das ist keine Dialektik, sondern bestenfalls eine zeitliche Reihung.

Dialektik führt zur Negation, aber auch Aufbewahrung bestimmter Zuständen durch deren Entwicklung zu einem "höheren" Zustand. Was Du beschreibst, sind Regelkreisläufe.

Die gibt es im Menschen und im Gehirn zweifellos.

Jedoch sind lebendige Prozesse etwas qualitativ anderes: Nämlich so etwas wie Such- und Optimierungsprozesse im Zusammenhang mit Informationsverarbeitung (Erkenntnis). Denkt man etwa an die Höherentwicklung der menschlichen Kultur, so ist auch dies eine Art Evolution - mit evolutiven Sprüngen.

Und es ist z.B. so, dass dieselbe Erkenntnis in einem qualitativ anderen Kontext plötzlich zu einer ganz anderen Erkenntnis werden kann, d.h. ihre Bedeutung kann revolutionäre plötzlich eine ganz neue sein.

Lars hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Sicherlich ist die Struktur der Materie immer das Primäre, das Bewusstsein, die Bewegung usw. immer das abgeleitete.


Nein. Woher glaubst du dass zu wissen? Was sollen an dieser Stelle überhaupt "primär" und abgeleitet bedeuten?


Nun, es soll bedeuten, dass der Idealismus falsch und der Materialismus richtig ist. zwinkern

Lars hat folgendes geschrieben:
Tatsächlich kann ich zunächst doch nur von meinem bewussten Erleben, also von der Bewusstseinsebene, ausgehen. von dort aus baue ich mir modellhafte Beschreibungen der äußeren Welt. In wie weit diese jedoch tatsächlich die Realität wiederspiegeln, oder nur brauchbare Simulationsregeln sind, werde ich jedoch nie wissen können. Alles was ich hoffen kann, ist die funktionalen Beziehungen einigermaßen richtig darzustellen.


Na, bevor Du "Modelle" baust, musst Du erst mal einen entsprechenden Körper haben. Dazu einen Planeten oder zumindest ein Raumschiff, und noch so einiges mehr.

Der Mensch geht nicht vom Bewusstsein aus, sondern das Bewusstsein geht vom Menschen aus.

Lars hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dennoch gibt es Kausalitäten zwischen den primären und sekundären Eigenschaften.


Modelle beschreiben je nach Zweck die gleichen Vorgänge auf verschiedenen Emergenzebenen. Da diese Beschreibungen sowohl im Hinblick auf Die Systembestandteile als auch auf die Simulationsregeln (aka Naturgesetze) unterscheiden, können kausale Beziehungen zwischen ihnen nicht aufgestellt werden.


In der Biologie gelingt das. ---> Ernst Mayr.

Dort gibt es seit langem Ansätze, Beziehungen zwischen verschiedenen Emergenzebenen zu verstehen. (z.B. Umwelt-Gene). Auch Monod ist hier ganz hilfreich ...-

Skeptiker

#1831:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 21:53
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dialektik führt zur Negation, aber auch Aufbewahrung bestimmter Zuständen durch deren Entwicklung zu einem "höheren" Zustand.


Mal generell gesprochen: Die Bestimmung einer adäquaten Antithese ist ja meinst schon nicht einfach - aber gibt es überhaupt irgendeine Möglichkeit, die Folgerichtigkeit einer Synthese zu überprüfen?

#1832:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 22:37
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Je mehr Informationen und Wissen und Reflektionsfähigkeit ich habe, die dann in meine Entscheidung einfließen, desto mehr Entscheidungsfreiheit habe ich mE. Ich sehe jetzt den Widerspruch nicht, den Du zu sehen scheinst.

Nehmen wir an, ich sei zwar nicht allwissend, aber vielwissend, habe also sehr sehr viele Informationen und eine außergewöhnliche Reflektionsfähigkeit. Ich habe daher schon sehr viel nachgedacht und sehr viele Situationen, Entscheidungen und deren Folgen simuliert, und zwar sehr gut simuliert. Ich weiß also für die meisten Situationen, wie ich mich entscheiden würde und werde. Bin ich dadurch jetzt
- insgesamt freier, weil ich mehr Wissen und Reflektionsfähigkiet habe?
- insgesamt unfreier, weil ich eher vorhersagen kann, wie ich mich verhalte?
- zuerst freier und später unfreier, weil ich mich sozusagen zeitlich versetzt entscheide?
- ???

Du stellst Fragen. Keine Ahnung, auf was das hinausläuft, das wirst Du aber sicher noch sagen, nicht?

Du redest jetzt nicht mehr von Willens-/Entscheidungs- oder Handlungsfreiheit, sondern von "Freiheit an sich". Na gut. Ich meine nicht, dass, wenn ich jetzt schon eine künftige Entscheidung vorwegnehme und mich auch daran dann halte, wenn es genau so kommt, wie ich es mir vorgestellt habe, das meine "Freiheit an sich" irgendwie einschränken würde. Es wäre mir jedoch, wenn ich alles schon im Vorneherein wüsste, wahrscheinlich irgendwann etwas langweilig werden. Vielleicht aber auch nicht. Jedoch eine Freiheitseinschränkung "an sich" sehe ich durch diese vorwegenommenen Entscheidungen eigentlich nicht.

#1833:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.12.2009, 22:44
    —
step hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Unser Hirn kann ohne große Anstrengung Ereignisse projizieren die dann doch nicht stattfinden, die aber dennoch eine Handlungsentscheidung beeinflussen. ... Wo bitte kann ein determinsitisches Modell Nichtereignisse abbilden? (und wozu sollte es das?) ...
Nimm einen Schachcomputer, der eine Stellungsbewertung macht. Dazu simuliert er alle möglichen Züge des Gegners, obwohl real nur einer davon eintritt. So einfach kann das sein.
... das Anfangssetting ist bekannt, die Endbedingung eines Spielabbruchs auch. Quadrier doch mal die Spielfläche und verdoppel die Spielsteine - geht dem Schachcompi dann die Luft aus?

Deine Behauptung war unabahängig von der Komplexität, es ging nur um die Abbildung von Nichtereignissen. Jetzt nachträglich draufsatteln gildet nicht ...

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Und welchen Sinn hat den ein Schachzug - verglichen mit einer sozialen Tat ...

Es ging nur um die Abbildung, nicht um sozialen Sinn. Niemand hat behauptet, ein Schachcomputer könne große Sinnstudien machen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Oder kurz, du tust wieder so als seien alle (Vor-)Bedingungen einer Abfolge von Ereignissen bekannt. Feste Regeln führen natürlich zu einem zufallslosen Endspiel.

Wenn man in der Realität wesentlichen Zufall hat, hat man einfach nur mehr Nichtereignisse.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Was wär denn wenn im Spielzug 5 der Bauer verschwindet, oder ein Turm anfängt sich wie ein Springer zu verhalten, sich die Dame für die Königin hält?

Ich verstehe diesen Einwand zusammen mit der ursprünglichen Behauptung mal so, daß Du ehrfürchtig erstaunt bist darüber, daß trotz all dieser Komplexität Ereignisse vom Gehirn simuliert werden können. Und in der Tat - das ist wirklich erstaunlich! Das Gehrin hat offensichtlich ziemlich viel empirisches Wissen.


Das nenn ich nun neutralisieren - solltest du nicht eher objektbezogen betrachten?

Im übrigen sind Schachcomputer nur so gut wie ihr VORPROGRMMIERTER Datensatz, auf den sie zurückgreifen können.
Was eben noch nicht mal annhähernd die Projektionsleistung eines durchschnittlich trainierten Großhirns simuliert.
Auch der Kniff mit dem empirischen wissen funzt nicht ... Götter Geister und Dämonen herbeizitierend.
Auch fiktionales Wissen generiert Handlungsspielraum.
Fiktionale Ereignisse oder in meinen Worten Nichtereignisse nicht,
denn ein Schach PC errechnet eine Spielstellung - er antizipiert nicht.
Er spielt sie durch als sei sie real = sie ist damit faktisch als Datensatz abrufbar.
Die Zeitlinie ist dabei fortlaufend = es vergeht Rechenzeit = also auch wenn es nicht an der Schnittstelle geoutputtet wird - ist der Verlauf abgespeichert worden.

Schachspieler erkennen Stellungen einfach so, da wird keine Rechenzeit aufgebraucht

und letztlich sind alle Handlungen tatsächlich nur dann sinnvoll wenn sie gewollt sind -
oder bleib und sei ein fallender Apfel, ein wehendes Blatt, ein rollender Stein.

#1834:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 03:06
    —
Hi step!


step hat folgendes geschrieben:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

step hat folgendes geschrieben:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

... je mehr Informationen jemand hat und um so mehr er dazu fähig ist, diese Informationen in einen (seinen) Zusammenhang zu bringen, desto mehr Entscheidungsfreiheit hat er in meinem Sinne. ...
Wie paßt das zusammen? Je mehr Informationen und Wissen er hat, desto besser weiß er tendenziell auch, wie er sich entscheiden wird. Auch wenn er es vielleicht nie genau weiß.
Je mehr Informationen und Wissen und Reflektionsfähigkeit ich habe, die dann in meine Entscheidung einfließen, desto mehr Entscheidungsfreiheit habe ich mE. Ich sehe jetzt den Widerspruch nicht, den Du zu sehen scheinst.

Nehmen wir an, ich sei zwar nicht allwissend, aber vielwissend, habe also sehr sehr viele Informationen und eine außergewöhnliche Reflektionsfähigkeit. Ich habe daher schon sehr viel nachgedacht und sehr viele Situationen, Entscheidungen und deren Folgen simuliert, und zwar sehr gut simuliert. Ich weiß also für die meisten Situationen, wie ich mich entscheiden würde und werde. Bin ich dadurch jetzt
- insgesamt freier, weil ich mehr Wissen und Reflektionsfähigkiet habe?
- insgesamt unfreier, weil ich eher vorhersagen kann, wie ich mich verhalte?
- zuerst freier und später unfreier, weil ich mich sozusagen zeitlich versetzt entscheide?
- ???



Eine Entscheidungsfreiheit EF ist gegeben, wenn die Anzahl gleichwertiger [sic!] Optionen ≥ 2 Freiheitsgrade FG beträgt. Wenn wir nun trivialerweise 'Entscheidung', bestehend aus EF = FG, mit 'Information' gleichsetzen, so können wir nun EF mit der Größe Bit messen. Mit Zunahme an Information geht also die Entscheidungsfreiheit gegen .


Könnte ein allwissendes Wesen nun über beliebige [sic!] Entscheidungsfreiheit verfügen? Die Antwort lautet: Nein, denn ein allwissendes Wesen hat nichts zu entscheiden, es besteht hierzu ein Mangel an Ungewissheit (Die Zahl der Freiheitsgrade steht natürlich in einem gewissen Zusammenhang mit der Entropie).





Cheers,

Lamarck

#1835:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 11:30
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Eine Entscheidungsfreiheit EF ist gegeben, wenn die Anzahl gleichwertiger [sic!] Optionen ≥ 2 Freiheitsgrade FG beträgt. Wenn wir nun trivialerweise 'Entscheidung', bestehend aus EF = FG, mit 'Information' gleichsetzen, so können wir nun EF mit der Größe Bit messen. Mit Zunahme an Information geht also die Entscheidungsfreiheit gegen .

- Du benutzt den Begriff "Information" hier aber nicht wie AP im Sinne von "Wissen", sondern im Sinne von "Informationsmenge, die man hineinstecken muß, um den Endzustand festzlulegen", aka Freiheitsgrade.

- Die von Dir genannten FG gibt es (für den Deterministen) nicht wirklich, sondern sie entstehen nur virtuell in seiner Zukunftssimulation durch Abhängigkeit des simulierten Entscheidungsinputs. Wir verwechseln das gern, weil wir intuitiv fehlendes Wissen (über Präferenzen, komplexe Zwänge + Kausalitäten usw.) als echte Freiheitsgrade interpretieren.

- was sind denn "gleichwertige Optionen" genau? Optionen, die bei der Bewertung gleichgut auf die Präferenzen passen?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Könnte ein allwissendes Wesen nun über beliebige [sic!] Entscheidungsfreiheit verfügen? Die Antwort lautet: Nein, denn ein allwissendes Wesen hat nichts zu entscheiden, es besteht hierzu ein Mangel an Ungewissheit.

Da sind wir aber sowieso alle einer Meinung.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
(Die Zahl der Freiheitsgrade steht natürlich in einem gewissen Zusammenhang mit der Entropie).

Ein echter FG ist für mich nur im Zshg. mit echtem Zufall denkbar. Die "normale" thermodynamische Entropie ist dagegen ein rein statistischer Effekt.

#1836:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 11:31
    —
step hat folgendes geschrieben:
Natürlich nicht. Roter Ballon sprach ja auch von einem "deterministischen Modell". So what?


Ja darüber wurde gesprochen. Jedoch können auch deterministische Modelle ihren Determinismus verlieren, wenn genügend Freiheitsgrade vorliegen. Das Wetter ist zum Beispiel determiniert durch berechenbare Luftströmungen usw. verhält sich aber chaotisch, also nicht deterministisch.

step hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Es ging mir darum, nach einer nicht-metaphysischen Erklärung für die Möglichkeit eines freien Willens zu suchen.

Viel Spass.


Nun, ich bezweifle nicht, dass es Determinismus gibt, freie Entscheidungen halte ich für sehr selten. Dazu eine Definition aus Wikipedia: "...beschreibt innere Freiheit einen Zustand, in dem der Mensch seine eigenen, „inneren“ ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Anlagen nutzt und sich dabei auch von inneren Zwängen wie z. B. Trieben, Erwartungen, Gewohnheiten, Rollenmustern, Konventionen, Moralvorstellungen u. Ä. befreit und sie stattdessen durch rationale Wahl ersetzt (Souveränität). " Also die persönlich tatsächlich zugelassene Entscheidungsfreiheit. Diese setzt natürlich äussere Freiheit voraus, ohne die man nicht viel frei entscheiden könnte.

Aus Deiner Reaktion lese ich ab, dass Du diese innere Entscheidungsfreiheit nicht für gegeben hältst, vermutlich weil es dafür bislang keine materialistische Herleitung gibt und weil Du sie bislang kaum benutzt. Ich habe da etwas andere Erfahrungen. Selbst wenn ich meistens meinen Überzeugungen treu bin, lasse ich auch andere Gedanken zu und die können auch zu völlig unerwarteten anderen Entscheidungen führen. Das verstehe ich unter wirklicher Freiheit, habe ich oft erlebt und macht mich irgendwie unberechenbar. Das habe ich immer als grossen Vorteil empfunden.

Weitestgehend determiniert sind unfreie Menschen und Fundamentalisten, egal welche Überzeugung es ist, sie folgen ihr ganz gleich was geschieht. Ich würde sagen, das sind sehr berechenbare Leute, alles was sie tun ist vorhersehbar, sie werden den vorhersehbaren Lauf der Welt nicht gross ändern sondern sind eine Konstante, wollte man in die Zukunft schauen. Allwissenheit ist zwar nicht möglich, aber ein hypothetisches Wesen das sehr viel weiss hätte sicher kein Problem, solche Leute zu berechnen und einen weiten Blick in die Zukunft zu werfen. Menschen tun das ebenfalls, blicken nicht allzu weit aber können andere durchaus berechnen und rechtzeitig verhindern, dass sie Erfolg haben. Schon deshalb ist es nötig, dass ein Mensch, der wirklich etwas erreichen will, diese innere Freiheit auch benutzt. Dass sie materialistisch noch nicht herleitbar ist heisst für mich nicht dass sie nicht existieren kann. Ich hielte es für einen grossen Nachteil sie nicht zu nutzen nur weil man sie noch nicht genau kennt. Wer die Zukunft vorhersehen will, der wird mit mir keine grosse Freude haben.

#1837:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 11:40
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dialektik führt zur Negation, aber auch Aufbewahrung bestimmter Zuständen durch deren Entwicklung zu einem "höheren" Zustand.


Mal generell gesprochen: Die Bestimmung einer adäquaten Antithese ist ja meinst schon nicht einfach - aber gibt es überhaupt irgendeine Möglichkeit, die Folgerichtigkeit einer Synthese zu überprüfen?


Nach meinem Verständnis lässt sich eine adäquate Antithese nicht aus der Theorie sondern aus der empirischen Realität bestimmen. Allein daraus lässt sich dann einigermaßen prognostizieren, welche emergenten Neuzustände im Zuge der weiteren Entwicklung folgerichtig, d.h. vereinbar mit der sich sichtbar abzeichnenden Tendenz wären.

Eine exakte Voraussage ist grundsätzlich nicht möglich, wie schon geschrieben. Noch nicht einmal das "ob" einer Entwicklung ist sicher anzugeben. Entwicklungen sind weder so noch so determiniert.

Die Analyse eines Systems ist im übrigen auch stets eine sehr spezifische Sache, zumal die Strukturen, Gesetzmäßigkeiten und Widersprüche verschiedener Systeme und Systemebenen nicht einfach durch Analogien zu anderen Systemen zu beschreiben sind.

Skeptiker

#1838:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 12:51
    —
step hat folgendes geschrieben:
(...)
Wir verwechseln das gern, weil wir intuitiv fehlendes Wissen (über Präferenzen, komplexe Zwänge + Kausalitäten usw.) als echte Freiheitsgrade interpretieren.
(...)


Das ist übrigens genau etwas, das ich als eine Setzung deines Willens bezeichne.
Es gibt keinen Grund die INTERPRTATION nur in der von dir vorgegbenen Richtung zu betrachten.

Pantha Rhei ist kein zwingend kausaler Term, sondern ein tivialer Temporalsatz.
Lediglich deine in Nachbetrachtung gemachten Interprationen legen Kausalitäten für einige sinnvolle Reihungen nahe.

#1839:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 15:20
    —
kann sein, dass das schon jemand verlinkt hat - habe mangels Interesse nicht den ganzen Thread gelesen ...

http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/852357&_z=798884
http://www.gehirn-und-geist.de/page/p_sdwv_cast_datei&article_id=941512&sv%5Bconnect%5D=1&_z=798884

#1840:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 17:02
    —
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Jedoch können auch deterministische Modelle ihren Determinismus verlieren, wenn genügend Freiheitsgrade vorliegen. Das Wetter ist zum Beispiel determiniert durch berechenbare Luftströmungen usw. verhält sich aber chaotisch, also nicht deterministisch.

Es verhält sich deterministisch UND chaotisch. Deshalb nennt man solches Verhalten auch ... Spannung ... "deterministisches Chaos".

Orbiter hat folgendes geschrieben:
... Dazu eine Definition aus Wikipedia: "...beschreibt innere Freiheit einen Zustand, in dem der Mensch seine eigenen, „inneren“ ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Anlagen nutzt und sich dabei auch von inneren Zwängen wie z. B. Trieben, Erwartungen, Gewohnheiten, Rollenmustern, Konventionen, Moralvorstellungen u. Ä. befreit und sie stattdessen durch rationale Wahl ersetzt (Souveränität). " Also die persönlich tatsächlich zugelassene Entscheidungsfreiheit. Diese setzt natürlich äussere Freiheit voraus, ohne die man nicht viel frei entscheiden könnte.

Diese verwendung des Wortes "Freiheit" hat ja z.B. AP hier schon hundertfach erklärt, und wir haben x-mal drüber diskutiert. Für mich bedeutet "Freiheit" idZ so etwas wie die Abwesenheit spürbarer Zwänge, Einschränkuungen und Kausalitäten. Danach zu streben oder das zu genießen finde ich durchaus legitim, würde das allerdings eher "Handlungsfreiheit" nennen (vulgo: tun können was man will).

Orbiter hat folgendes geschrieben:
Aus Deiner Reaktion lese ich ab, dass Du diese innere Entscheidungsfreiheit nicht für gegeben hältst, vermutlich weil es dafür bislang keine materialistische Herleitung gibt ...

Ich halte sie für gegeben im o.g. Sinne, also im Sinne der Abwesenheit bestimmter Sorten von Zwängen. Ich halte sie für nicht gegeben in dem Sinne, daß, würde dieselbe Situation repliziert (inklusive Deines Gehirns), Du indentisch entscheiden würdest, außer bei absichtlich quantenzufallsgenerierten Entscheidungen.

#1841:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 10.12.2009, 17:29
    —
step hat folgendes geschrieben:
Orbiter hat folgendes geschrieben:
Aus Deiner Reaktion lese ich ab, dass Du diese innere Entscheidungsfreiheit nicht für gegeben hältst, vermutlich weil es dafür bislang keine materialistische Herleitung gibt ...

Ich halte sie für gegeben im o.g. Sinne, also im Sinne der Abwesenheit bestimmter Sorten von Zwängen. Ich halte sie für nicht gegeben in dem Sinne, daß, würde dieselbe Situation repliziert (inklusive Deines Gehirns), Du indentisch entscheiden würdest, außer bei absichtlich quantenzufallsgenerierten Entscheidungen.


Danke für die Stellungnahme, eine plausible Meinung. Argumente sehe ich kaum, die das wirklich genau klären könnten. Man wird untersuchen müssen wie es sich verhält bzw. was alles möglich ist.

#1842:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.12.2009, 00:18
    —
step hat folgendes geschrieben:
Für mich bedeutet "Freiheit" idZ so etwas wie die Abwesenheit spürbarer Zwänge, Einschränkuungen und Kausalitäten. Danach zu streben oder das zu genießen finde ich durchaus legitim, würde das allerdings eher "Handlungsfreiheit" nennen (vulgo: tun können was man will).
OK, einfach "Freiheit" so definieren, dass sie nur Handlungsfreiheit zulässt, aber keine Willensfreiheit. Dann können wir ja mit der Diskussion aufhören...

#1843:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.12.2009, 01:32
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Für mich bedeutet "Freiheit" idZ so etwas wie die Abwesenheit spürbarer Zwänge, Einschränkuungen und Kausalitäten. Danach zu streben oder das zu genießen finde ich durchaus legitim, würde das allerdings eher "Handlungsfreiheit" nennen (vulgo: tun können was man will).
OK, einfach "Freiheit" so definieren, dass sie nur Handlungsfreiheit zulässt, aber keine Willensfreiheit. Dann können wir ja mit der Diskussion aufhören...


Das Gefühl von Freiheit war schon immer legitim.

Die Freiheit bis dato noch nie. Die war bisher noch nicht erlaubt.

Sie widerspricht den Gesetzen der Obrigkeit, wenn die Gesetze der Physik nicht mehr ausreichen.

Skeptiker

#1844:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 11.12.2009, 10:18
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Freiheit bis dato noch nie. Die war bisher noch nicht erlaubt.

Sie widerspricht den Gesetzen der Obrigkeit, wenn die Gesetze der Physik nicht mehr ausreichen.


Wo kämen wir denn da hin, wenn uns niemand mehr erklärt, wie (un)frei wir sind ?

"Explaind deterministic freedom": a small step for man, but a giant step for mankind ... zynisches Grinsen

#1845:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.12.2009, 10:54
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Gesetze der Obrigkeit ...
Er-win hat folgendes geschrieben:
... wo kämen wir denn da hin ...

Die Wucht Eurer Argumente ist wieder mal beeindruckend.

#1846:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.12.2009, 10:59
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Für mich bedeutet "Freiheit" idZ so etwas wie die Abwesenheit spürbarer Zwänge, Einschränkuungen und Kausalitäten. Danach zu streben oder das zu genießen finde ich durchaus legitim, würde das allerdings eher "Handlungsfreiheit" nennen (vulgo: tun können was man will).
OK, einfach "Freiheit" so definieren, dass sie nur Handlungsfreiheit zulässt, aber keine Willensfreiheit. Dann können wir ja mit der Diskussion aufhören...

Das ist jetzt aber etwas unfair. Andere habe auch definiert, was sie unter echter Freiheit verstehen würden. Und auch Willensfreiheit wurde hier definiert, wenn auch von jedem unterschiedlich. Mein Job war es zu zeigen, warum ich die so oder so definierte Willensfreiheit für nicht gegeben halte.

#1847:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 11.12.2009, 11:50
    —
step hat folgendes geschrieben:
Mein Job war es zu zeigen ...


Ach JOB Geschockt ... schrieb' ich doch schon mal - klar determiniert - sogar fremd-bestimmte Präferenzen ... Lachen

btw. ganz nett die Aussage auf der Veranstaltung, die ich verlinkt habe, dass die "Forscher widerlegen FW"-Debatte/Zustimmung ein eher lokales deutsches "Problem" ist und selbst da von nur ca. geschätzten 20% der Wissenschaftler ernsthaft betrieben bzw. "geglaubt" wird.

#1848:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 11.12.2009, 15:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Das ist jetzt aber etwas unfair. ...
Die Wahrheit ist nicht immer fair...

#1849:  Autor: Orbiter BeitragVerfasst am: 13.12.2009, 23:58
    —
Merkwürdigkeiten lösen sich auf im Licht der Intelligenz. Es gibt Leute, die ihre Freiheit zu nutzen wissen und deshalb ist Freiheit nicht umsonst. Ich halte Freiheit, oder zumindest das aussichtsreiche Streben danach für die entscheidende Antriebskraft jeglichen Fortschritts. Davon provitieren alle, auch die Obrigkeit.

Es gab ja den alten Versuch, Freiheit herzustellen indem man die Obrigkeit durch etwas Abstraktes ersetzt. Das bleibt natürlich nicht abstrakt, sondern wird regelmässig von Menschen vereinnahmt. Am Ende hat man zwei Obrigkeiten. Das kann immer noch ein Vorteil sein, wenn die beiden alternativ, idealerweise komplementär sind. Sind es nur zwei gleich schlechte Alternativen ist das natürlich doppelt schlecht.

Leider leben wir in einer Zeit, wo reaktionäres Denken mit modernen Mitteln die Einschränkung der Freiheit zum Ziel hat. Erstmals geht es dabei nicht um die äussere, sondern um die innere Freiheit. Den freien Willen kann man durchaus verlieren und für manche Pläne wäre es ganz passend, es würde ihn nie gegeben haben. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Forschungsarbeiten, das Threadthema.

#1850:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 14.12.2009, 01:04
    —
Hi Er_Win!


Er_Win hat folgendes geschrieben:

step hat folgendes geschrieben:

Mein Job war es zu zeigen ...

Ach JOB Geschockt ... schrieb' ich doch schon mal - klar determiniert - sogar fremd-bestimmte Präferenzen ... Lachen

btw. ganz nett die Aussage auf der Veranstaltung, die ich verlinkt habe, dass die "Forscher widerlegen FW"-Debatte/Zustimmung ein eher lokales deutsches "Problem" ist und selbst da von nur ca. geschätzten 20% der Wissenschaftler ernsthaft betrieben bzw. "geglaubt" wird.


Ein "Typisch deutsch!" ist nichts weiter als ein willkürlich [sic!] unterstelltes argumentum ad hominem. Warum Zuflucht zu einem Fehlschluss nehmen, wenn man über ernsthafte Argumente zum thematischen Gegenstand verfügt?





Cheers,

Lamarck

#1851:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 14.12.2009, 01:22
    —
Hi Hornochse!

Hornochse hat folgendes geschrieben:

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Dialektik führt zur Negation, aber auch Aufbewahrung bestimmter Zuständen durch deren Entwicklung zu einem "höheren" Zustand.


Mal generell gesprochen: Die Bestimmung einer adäquaten Antithese ist ja meinst schon nicht einfach - aber gibt es überhaupt irgendeine Möglichkeit, die Folgerichtigkeit einer Synthese zu überprüfen?


DIAMAT ist nur die besondere Form eines Mantras; in rhetorischer Form ist es hier höchstes Ziel, unter keinen Umständen zu denken, gleichzeitig aber durch den rhythmischen Klang bestimmter Symbolausdrücke ein heimeliges Befinden zu schaffen.

Im obigen also soll Dialektik gleichzeitig negieren, dabei bestimmtes konservieren und das konservierte ist dann Ergebnis eines höheren Entwicklungszustandes ... . - Holy Shit!





Cheers,

Lamarck

#1852:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 14.12.2009, 02:06
    —
Hi step!


step hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Eine Entscheidungsfreiheit EF ist gegeben, wenn die Anzahl gleichwertiger [sic!] Optionen ≥ 2 Freiheitsgrade FG beträgt. Wenn wir nun trivialerweise 'Entscheidung', bestehend aus EF = FG, mit 'Information' gleichsetzen, so können wir nun EF mit der Größe Bit messen. Mit Zunahme an Information geht also die Entscheidungsfreiheit gegen .

- Du benutzt den Begriff "Information" hier aber nicht wie AP im Sinne von "Wissen", sondern im Sinne von "Informationsmenge, die man hineinstecken muß, um den Endzustand festzlulegen", aka Freiheitsgrade.

Selbstverständlich ist Wissen etwas anderes als Information; allerdings kann Wissen auf den Shannonschen Informationsbegriff zurückgeführt werden. Wissen selbst erfordert halt dann noch zusätzlich einige Rückkkopplungsschleifen; Wissen ist letztlich Kalkül.




step hat folgendes geschrieben:

- Die von Dir genannten FG gibt es (für den Deterministen) nicht wirklich, [...]


Im Hinblick zum Deterministen natürlich trivial.




step hat folgendes geschrieben:

[...] sondern sie entstehen nur virtuell in seiner Zukunftssimulation durch Abhängigkeit des simulierten Entscheidungsinputs. Wir verwechseln das gern, weil wir intuitiv fehlendes Wissen (über Präferenzen, komplexe Zwänge + Kausalitäten usw.) als echte Freiheitsgrade interpretieren.


Für einen Deterministen gibt es keine Simulationen Ausrufezeichen zwinkern


step hat folgendes geschrieben:

- was sind denn "gleichwertige Optionen" genau? Optionen, die bei der Bewertung gleichgut auf die Präferenzen passen?


Bewertungsfunktion über das Kosten-Nutzen-Kalkül.




step hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Könnte ein allwissendes Wesen nun über beliebige [sic!] Entscheidungsfreiheit verfügen? Die Antwort lautet: Nein, denn ein allwissendes Wesen hat nichts zu entscheiden, es besteht hierzu ein Mangel an Ungewissheit.

Da sind wir aber sowieso alle einer Meinung.


Okay.




step hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

(Die Zahl der Freiheitsgrade steht natürlich in einem gewissen Zusammenhang mit der Entropie).

Ein echter FG ist für mich nur im Zshg. mit echtem Zufall denkbar.


Absolut.




step hat folgendes geschrieben:

Die "normale" thermodynamische Entropie ist dagegen ein rein statistischer Effekt.


Mh, "normale" thermodynamische Entropie ... . Wie sieht es also mit der Thermodynamik irreversibler Prozesse aus ? Oder gar der Shannon-Entropie?





Cheers,

Lamarck

#1853:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 14.12.2009, 20:11
    —
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das ist jetzt aber etwas unfair. ...
Die Wahrheit ist nicht immer fair...

... und nicht alles, was unfair ist, ist wahr.

#1854:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 14.12.2009, 20:14
    —
step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das ist jetzt aber etwas unfair. ...
Die Wahrheit ist nicht immer fair...

... und nicht alles, was unfair ist, ist wahr.
Schon klar... zwinkern

#1855:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 14.12.2009, 22:18
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Eine Entscheidungsfreiheit EF ist gegeben, wenn die Anzahl gleichwertiger [sic!] Optionen ≥ 2 Freiheitsgrade FG beträgt. Wenn wir nun trivialerweise 'Entscheidung', bestehend aus EF = FG, mit 'Information' gleichsetzen, so können wir nun EF mit der Größe Bit messen. Mit Zunahme an Information geht also die Entscheidungsfreiheit gegen .
- Du benutzt den Begriff "Information" hier aber nicht wie AP im Sinne von "Wissen", sondern im Sinne von "Informationsmenge, die man hineinstecken muß, um den Endzustand festzlulegen", aka Freiheitsgrade.
Selbstverständlich ist Wissen etwas anderes als Information; allerdings kann Wissen auf den Shannonschen Informationsbegriff zurückgeführt werden. Wissen selbst erfordert halt dann noch zusätzlich einige Rückkkopplungsschleifen; Wissen ist letztlich Kalkül.

Aber die Menge an Information, die man hineinstecken muß, um den Endzustand festzulegen (also die Stärke der Freiheitsgrade), wird ja erst beim Hineinstecken hineingesteckt ("beseitigte Unsicherheit"). Vorher ist es eher die "Menge an fehlender Information". Daher finde ich Deinen Schluß erstmal unlogisch.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Die von Dir genannten FG gibt es (für den Deterministen) nicht wirklich, [...]
Im Hinblick zum Deterministen natürlich trivial.

Du bist also Inkompatibilist und Indeterminist.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] sondern sie entstehen nur virtuell in seiner Zukunftssimulation durch Abhängigkeit des simulierten Entscheidungsinputs. Wir verwechseln das gern, weil wir intuitiv fehlendes Wissen (über Präferenzen, komplexe Zwänge + Kausalitäten usw.) als echte Freiheitsgrade interpretieren.
Für einen Deterministen gibt es keine Simulationen Ausrufezeichen zwinkern

Habe intensiv auf die Smilies gestarrt, aber den Satz dennoch nicht verstanden. Wieso sollte es in einer deterministischen Welt keine Simualtionen geben?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- was sind denn "gleichwertige Optionen" genau? Optionen, die bei der Bewertung gleichgut auf die Präferenzen passen?
Bewertungsfunktion über das Kosten-Nutzen-Kalkül.

Aha. Das würde aber bedeuten, daß, wenn man sich frei entscheidet, man sich niemals präferent entscheidet.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die "normale" thermodynamische Entropie ist dagegen ein rein statistischer Effekt.
Mh, "normale" thermodynamische Entropie ... . Wie sieht es also mit der Thermodynamik irreversibler Prozesse aus ? Oder gar der Shannon-Entropie?

Bei mikrokanonischen Zuständen im Hilbertraum hätte man echten Zufall und Statistik. Aber das wäre nur relevant, wenn das Gehirn ein Quantencomputer wäre (und selbst dann wohl nicht).

#1856:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 15.12.2009, 00:54
    —
step hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Eine Entscheidungsfreiheit EF ist gegeben, wenn die Anzahl gleichwertiger [sic!] Optionen ≥ 2 Freiheitsgrade FG beträgt. Wenn wir nun trivialerweise 'Entscheidung', bestehend aus EF = FG, mit 'Information' gleichsetzen, so können wir nun EF mit der Größe Bit messen. Mit Zunahme an Information geht also die Entscheidungsfreiheit gegen .
- Du benutzt den Begriff "Information" hier aber nicht wie AP im Sinne von "Wissen", sondern im Sinne von "Informationsmenge, die man hineinstecken muß, um den Endzustand festzlulegen", aka Freiheitsgrade.
Selbstverständlich ist Wissen etwas anderes als Information; allerdings kann Wissen auf den Shannonschen Informationsbegriff zurückgeführt werden. Wissen selbst erfordert halt dann noch zusätzlich einige Rückkkopplungsschleifen; Wissen ist letztlich Kalkül.

Aber die Menge an Information, die man hineinstecken muß, um den Endzustand festzulegen (also die Stärke der Freiheitsgrade), wird ja erst beim Hineinstecken hineingesteckt ("beseitigte Unsicherheit"). Vorher ist es eher die "Menge an fehlender Information". Daher finde ich Deinen Schluß erstmal unlogisch.
(...)

Nyquist-Shannon-Abtasttheorem#Artefakte hat folgendes geschrieben:
Wird die Abtastfrequenz unbedacht zu klein gewählt, treten Artefakte auf. Diese nicht linearen Verzerrungen sind auch unter dem Begriff Alias-Effekt bekannt. Im Bild treten phasenverschobene Schatten oder neue Strukturen auf, die im Original nicht enthalten sind.

#1857:  Autor: Er_Win BeitragVerfasst am: 15.12.2009, 18:19
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Er_Win!

Warum Zuflucht zu einem Fehlschluss nehmen, wenn man über ernsthafte Argumente zum thematischen Gegenstand verfügt?



akute Ironie-Präferenz zwinkern

Ich habe weiters nicht (mehr oft) den Eindruck, daß hier Themen ernsthaft behandelt werden ...

lg, Erwin

#1858:  Autor: Botschafter Kosh BeitragVerfasst am: 16.12.2009, 15:42
    —
"Wir sind Ego-Maschinen, natürliche Informationsverarbeitungssysteme, die im Verlauf der biologischen Evolution auf diesem Planeten entstanden sind. Das Ego ist ein virtuelles Werkzeug: Es hat sich entwickelt, weil wir mit seiner Hilfe unser eigenes Verhalten kontrollieren und vorhersagen und das Verhalten anderer verstehen konnten. Jeder von uns lebt sein bewusstes Leben in seinem eigenen Ego-Tunnel, ohne direkten Kontakt mit der äußeren Wirklichkeit, aber wir besitzen eine innere Erste-Person-Perspektive. Wir alle haben bewusste Selbstmodelle - integrierte Bilder von uns selbst als einer Ganzheit, die fest in Hintergrundgefühlen und Körperempfindungen verankert sind. Aus diesem Grund baut sich die Weltsimulation, die ständig durch unsere Gehirne geschaffen wird, um einen Mittelpunkt herum auf. Wir sind jedoch unfähig, sie als solche zu erleben oder unsere Selbstmodelle als Modelle."
http://www.perlentaucher.de/artikel/5634.html

"Wir sind Genkopierer, Bioroboter, die im Verlauf der Evolution auf einem einsamen Planeten in einem kalten und leeren physikalischen Universum entstanden sind. Wir haben ein Gehirn, aber keine unsterbliche Seele, und nach rund siebzig Jahren fällt der Vorhang. Es wird kein Leben nach dem Tod geben, keine Strafe und keine Belohnung, keine Preisverleihung für gute schauspielerische Leistungen (wie Woody Allen einmal gesagt hat), und letztlich ist jeder von uns allein."
http://www.perlentaucher.de/artikel/5635.html

So ist es.

#1859:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 17.12.2009, 19:29
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MMS hat eine FAQ zu seinem Buch "Jenseits von Gut und Böse" ins Netz gestellt. Die erste Frage geht ins hiesige Thema:
MMS hat folgendes geschrieben:
F: Sie schreiben, wir besäßen keine Willensfreiheit, jedoch Handlungsfreiheit. Wie soll das möglich sein? Wenn mein Wille ursächlich bestimmt ist, dann können meine Handlungen doch auch nicht „frei“ sein!

A: Diesen Einwand höre ich häufig. Er beruht meines Erachtens auf einem Missverständnis, der durch die Doppeldeutigkeit des Wortes „Freiheit“ erzeugt wird. Im Begriff „Willensfreiheit“ meint „Freiheit“ (klassischerweise) „Freiheit von Ursachen“, im Begriff „Handlungsfreiheit“ hingegen „Freiheit von Zwängen“. Unter der Bedingung, dass die Naturgesetze auch für uns Menschen gelten, kann es einen „ursachenfreien Willen“ (Willensfreiheit) nicht geben. Dies spricht jedoch keineswegs gegen Handlungsfreiheit! Wir fühlen uns immer dann „frei“, wenn eine von uns gewünschte Handlung weder durch innere Zwänge (etwa Phobien) noch durch äußere Zwänge (etwa Verbote) verhindert wird. Ursächlich bedingt ist eine solche „freie Handlung“ aber selbstverständlich dennoch. Doch das sollte uns nicht stören! Denn kein Mensch leidet ernsthaft darunter, dass er ausgerechnet das will, was er will, bzw. dass er genau das nicht will, was er aufgrund seiner Erfahrungen gar nicht wollen kann.

Noch einmal: Der Begriff „Freiheit“ meint bezogen auf menschliches Verhalten sinnvollerweise „Freiheit von Zwängen“, nicht „Freiheit von Ursachen“! Als Zwänge empfinden wir nicht alle Ursachen, sonder nur jene, die wir als Hindernis für unsere Handlungsbestrebungen interpretieren! Vielleicht wird dieser Unterschied klarer, wenn wir uns fragen, was wir denn davon hätten, wenn unser Gehirn tatsächlich „ursachenfrei“ agieren würde. Würden wir hierdurch irgendetwas gewinnen? Die Antwort lautet: Nein. Wir wollen doch ganz gewiss kein „ursachenfrei“ agierendes (etwa nach dem bloßen Zufallsprinzip entscheidendes) Gehirn, sondern eines, dass in jedem Moment die ihm vorliegenden (neuronal verankerten) Informationen nutzt, um das Beste für uns herauszuholen. Genau dies tut unser Gehirn auf der Basis der jeweils verfügbaren Daten (neuronal kodierten Informationen) – und das ist auch gut so!
Dies entspricht etwa dem, was ich oben geschrieben habe:
PataPata hat folgendes geschrieben:
OK, einfach "Freiheit" so definieren, dass sie nur Handlungsfreiheit zulässt, aber keine Willensfreiheit. Dann können wir ja mit der Diskussion aufhören...
Er definiert Freiheit für den Willen anders als für die Handlung, dann ist es geritzt...

Die soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich daran bin, das Buch zu verdauen und mich nach und nach seiner Darstellung zu nähern. Er folgert von der Nichtexistenz der Willensfreiheit viel zu viele Dinge, die ich unterschreiben kann, als dass nicht etwas daran läge. Zuerst sagte ich mir, dass es schade ist, dass er diese Dinge aus einem falschen Konzept heraus folgert - jetzt beginne ich aber umgekehrt zu denken - lasst mir noch etwas Zeit...

#1860:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.12.2009, 20:06
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PataPata hat folgendes geschrieben:
Er definiert Freiheit für den Willen anders als für die Handlung, dann ist es geritzt ...

Diese Definition der Handlungsfreiheit hat aber schon eine lange Tradition und ist weithin unumstritten in seiner Bedeutung. MSS gibt das nur wieder. Der Begriff "Willensfreiheit" dagegen ist nicht gut definiert, jeder Philosoph versteht darunter etwas teilweise völlig anderes, oft sogar in sich Widersprüchliches. MSS' Variante "ursachenfreier Wille" ist da nur eine von vielen Varianten, wenn auch eine, die sich immerhin hinreichend von Handlungsfreiheit unterscheidet.

PataPata hat folgendes geschrieben:
... - lasst mir noch etwas Zeit...

Nee, morgen ist letzter Abgabetermin.

#1861:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 11:38
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step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
Er definiert Freiheit für den Willen anders als für die Handlung, dann ist es geritzt ...

Diese Definition der Handlungsfreiheit hat aber schon eine lange Tradition und ist weithin unumstritten in seiner Bedeutung. MSS gibt das nur wieder. Der Begriff "Willensfreiheit" dagegen ist nicht gut definiert, jeder Philosoph versteht darunter etwas teilweise völlig anderes, oft sogar in sich Widersprüchliches. MSS' Variante "ursachenfreier Wille" ist da nur eine von vielen Varianten, wenn auch eine, die sich immerhin hinreichend von Handlungsfreiheit unterscheidet.

PataPata hat folgendes geschrieben:
... - lasst mir noch etwas Zeit...

Nee, morgen ist letzter Abgabetermin.


Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.

Und zweitens ist es wurscht, worauf sich irgendeine "wissenschaftliche Kommune" mehrheitlich geeinigt hat. Auf Merkel und Berlusconi hat man sich schließlich auch mehrheitlich geeinigt. Und? Hat das was Gutes zu bedeuten? Man sehe sich doch diese Gestalten an! Dann weiß man, was eine "lange Tradition" und ein Konsens wert sind.

Nein nein, bei der Suche nach der Wahrheit über die Welt kommt es nicht darauf an, was man meint oder wie viele etwas gemeinsam meinen, sondern stets darauf, was (der Fall) ist - also, was objektiv wahr ist.

Eine Handlungsfreiheit zu definieren, indem man von der Abwesenheit von Zwängen spricht, ist zwar schön und gut. Nur, was heisst das überhaupt? Was heisst denn überhaupt "Zwang"? Dass das Handeln auch frei von Ursachen ist? Schließlich könnte man eine solche doch auch als Zwang ansehen, oder etwa nicht?

Na ja, wie schon des öfteren gesagt: Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, beginnt halt das Unterhaltungsprogramm. Mehr ist das nicht, was das Bürgertum auf diesem Gebiet zu leisten imstande ist. Comedy, comedy ...-! Cool

Skeptiker

#1862:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 14:27
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PataPata hat folgendes geschrieben:
MMS hat eine FAQ zu seinem Buch "Jenseits von Gut und Böse" ins Netz gestellt. Die erste Frage geht ins hiesige Thema:
MMS hat folgendes geschrieben:
[...] Noch einmal: Der Begriff „Freiheit“ meint bezogen auf menschliches Verhalten sinnvollerweise „Freiheit von Zwängen“, nicht „Freiheit von Ursachen“! [...]

Naja, erstens bedeutet "Freiheit" in dem Zusammenhang mE nicht nur "Freiheit von Zwängen", sondern beinhaltet auch eine positive Komponenente: "Freiheit zu".

Und außerdem, wenn man auf den Sinn abhebt, dann muss man mE auch "Willensfreiheit" so betrachten. Wenn man "Willensfreiheit" lediglich als "Freiheit von Ursachen" definiert, dann ist das weder sinnvoll noch bringt das irgendwie bei der Frage, ob es denn nun möglich ist oder nicht, den eigenen Willen zu bilden / zu beeinflussen, weiter. Es blendet diese Frage völlig aus, die aber mE die Kernfrage bei dieser Diskussion ist.

Gäbe es in diesem Sinne keine Willensfreiheit, käme es nur auf die Handlungsfreiheit an, die das einzig Entscheidende sein soll, dann würde z.B. eine Pädagogik, die als Ziel einen selbstbestimmten Menschen, den "mündigen Bürger" hat, ziemlich sinnlos und hinfällig. Es erschiene dann legitim, den Willen des Individuums beliebig zu beeinflussen / zu kontrollieren, denn dann wäre es ja egal, wo der herkommt. Hauptsache nur, das Individuum kann dann den egal wie entstandenen Willen auch ausführen. Könnte es das immer, wäre es demnach komplett frei. Was sich aber mE auf vielfältige Weise merkwürdig anhört. Z.B.: ein Mensch, der in einer Diktatur lebt und der von Geburt an so konditioniert wurde, dass er nichts anderes will, weil er nichts anderes kennt und sich nichts anderes vorstellen kann, als sich für den Diktator aufzuopfern, wäre demnach völlig frei.

#1863:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 17:51
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man "Willensfreiheit" lediglich als "Freiheit von Ursachen" definiert, dann ist das weder sinnvoll noch bringt das irgendwie bei der Frage, ob es denn nun möglich ist oder nicht, den eigenen Willen zu bilden / zu beeinflussen, weiter. Es blendet diese Frage völlig aus, die aber mE die Kernfrage bei dieser Diskussion ist.

Gäbe es in diesem Sinne keine Willensfreiheit, käme es nur auf die Handlungsfreiheit an, die das einzig Entscheidende sein soll, dann würde z.B. eine Pädagogik, die als Ziel einen selbstbestimmten Menschen, den "mündigen Bürger" hat, ziemlich sinnlos und hinfällig. Es erschiene dann legitim, den Willen des Individuums beliebig zu beeinflussen / zu kontrollieren, denn dann wäre es ja egal, wo der herkommt. Hauptsache nur, das Individuum kann dann den egal wie entstandenen Willen auch ausführen. Könnte es das immer, wäre es demnach komplett frei. Was sich aber mE auf vielfältige Weise merkwürdig anhört. Z.B.: ein Mensch, der in einer Diktatur lebt und der von Geburt an so konditioniert wurde, dass er nichts anderes will, weil er nichts anderes kennt und sich nichts anderes vorstellen kann, als sich für den Diktator aufzuopfern, wäre demnach völlig frei.

Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht), aber würde sich selbst als "handlungsfrei" erleben. Jedenfalls wenn er, falls er von seiner Konditionierung erfährt, diese immer noch befürwortet. Letztlich zeigt diese Absurdität aber nicht, daß es Willensfreiheit gibt, sondern nur, daß wir nicht gern verursacht sind, sondern uns lieber als mächtige Ursache erleben. Anders ausgedrückt: Die meisten Menschen empfinden die Erkenntnis einer vollständigen Verursachung unseres Willens selbst wiederum als Zwang.

Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.

#1864:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 18:41
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step hat folgendes geschrieben:

Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.

Könnte es sein, daß das eigentliche Problem darin besteht, die Frage philosophisch zu diskutieren?

#1865:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 19:07
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.
Könnte es sein, daß das eigentliche Problem darin besteht, die Frage philosophisch zu diskutieren?

Wie meinst Du das? Soll man die Frage lieber naturwissenschaftlich diskutieren? Oder gar nicht?

#1866:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 20:06
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Könnte es das immer, wäre es demnach komplett frei. Was sich aber mE auf vielfältige Weise merkwürdig anhört. Z.B.: ein Mensch, der in einer Diktatur lebt und der von Geburt an so konditioniert wurde, dass er nichts anderes will, weil er nichts anderes kennt und sich nichts anderes vorstellen kann, als sich für den Diktator aufzuopfern, wäre demnach völlig frei.

Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht), aber würde sich selbst als "handlungsfrei" erleben.

Natürlich. "Handlungsfreiheit von Y bezüglich der von ihm gewollten Handlung X" = "Y kann Handlung X ausführen".

Nur würde man diesen Menschen nicht als besonders frei ansehen, auch wenn er perfekte Handlungsfreiheit im Sinne dieser Definition hätte. Das ist mein Punkt hier. Ich halte es für unsinnig, menschliche Freiheit auf Handlungsfreiheit begrenzen zu wollen. Das stimmt mE nicht mit dem üblichen Konzept von "Freiheit" überein.

step hat folgendes geschrieben:
Letztlich zeigt diese Absurdität aber nicht, daß es Willensfreiheit gibt, sondern nur, daß wir nicht gern verursacht sind, sondern uns lieber als mächtige Ursache erleben. Anders ausgedrückt: Die meisten Menschen empfinden die Erkenntnis einer vollständigen Verursachung unseres Willens selbst wiederum als Zwang.

Weiß nicht. Glaube nicht. Es kommt mAn darauf an, inwieweit man selber seinen Willen, seine Einstellungen, seine Überzeugungen selber bilden und beeinflussen kann.

Das ist die interessante Frage hier. Nicht die, ob man sich selber komplett aus dem Nichts erschaffen kann. Denn ich glaube auch gar nicht, dass das viele Menschen annehmen. Aber egal, selbst wenn, bliebe die Frage dennoch offen.

step hat folgendes geschrieben:
Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.

Normalerweise wird wohl so definiert: Freiheit (Individuum) = Handlungsfreiheit + Willensfreiheit (bzw. eigentlich könnte man eher sagen: Freiheit (Individuum) = Handlungsfreiheit * Willensfreiheit -> ist eines der beiden gleich Null, dann ist auch das Ergebnis Null).

Und ob alles durch Präferenzen / Ursachen gesteuert ist, ist nun mal nicht die spannende Frage hier. Die spannende Frage ist, wie Präferenzen und Ursachen gesteuert werden, ob es dabei, bei deren Entstehung einen Anteil des Individuums gibt oder nicht (Autonomie, Selbstbestimmung usw.). Und die spannende Frage ist auch, ob Du, wenn Du behauptest, alles sei Zwang was nicht den Naturgesetzen widerspräche, dennoch einen Unterschied zu sehen vermagst zwischen Sachverhalten, die man beeinflussen kann und solchen, die man nicht beeinflussen kann. Falls man nichts beeinflussen kann, dann erübrigt sich natürlich die Frage, dann ist alles gleichermaßen und unterschiedslos Zwang. Wäre dann aber eine, hm, mE ungewöhnliche Auffassung, siehe dazu wieder mein Beispiel.

#1867:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 20:23
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur würde man diesen Menschen nicht als besonders frei ansehen, auch wenn er perfekte Handlungsfreiheit im Sinne dieser Definition hätte.

Und warum würde man ihn nicht als besonders frei ansehen, obwohl er Handlungsfreiheit hat? Weil man von der Konditionierung weiß und diese als Zwang auf das Individuum deutet (in gewisser Weise ja auch zurecht).

Offensichtlich sieht man also intuitiv jemand als freier an, wenn man über die Verursachung seiner Präferenzen nichts weiß.

Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).

#1868:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 20:32
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Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.

Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und zweitens ist es wurscht, worauf sich irgendeine "wissenschaftliche Kommune" mehrheitlich geeinigt hat. Auf Merkel und Berlusconi hat man sich schließlich auch mehrheitlich geeinigt. Und? Hat das was Gutes zu bedeuten? Man sehe sich doch diese Gestalten an! Dann weiß man, was eine "lange Tradition" und ein Konsens wert sind.

Die meisten guten Theorien sind deutlich länger im Amt als Merkel und Berlusconi. Denn sie haben sich bewährt. ;-`)

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Handlungsfreiheit zu definieren, indem man von der Abwesenheit von Zwängen spricht, ist zwar schön und gut. Nur, was heisst das überhaupt? Was heisst denn überhaupt "Zwang"? Dass das Handeln auch frei von Ursachen ist? Schließlich könnte man eine solche doch auch als Zwang ansehen, oder etwa nicht?

Ja, aber die Definition geht ja genauer so, daß freies Handeln präferentes Handeln ist. Also wenn das, was man tut, das ist, für was man entscheidet, und das ist, was man bevorzugt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, wie schon des öfteren gesagt: Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, beginnt halt das Unterhaltungsprogramm. Mehr ist das nicht, was das Bürgertum auf diesem Gebiet zu leisten imstande ist. Comedy, comedy ...-! Cool

Die Prolls wählen dafür Berlusconi und Merkel ...

#1869:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 21:21
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur würde man diesen Menschen nicht als besonders frei ansehen, auch wenn er perfekte Handlungsfreiheit im Sinne dieser Definition hätte.

Und warum würde man ihn nicht als besonders frei ansehen, obwohl er Handlungsfreiheit hat? Weil man von der Konditionierung weiß und diese als Zwang auf das Individuum deutet (in gewisser Weise ja auch zurecht).

Offensichtlich sieht man also intuitiv jemand als freier an, wenn man über die Verursachung seiner Präferenzen nichts weiß.

Nö, ich würde sagen, man unterscheidet zwischen Zwang, der von anderen Individuen ausgeht, weil man dann annimmt, dass dieser hauptsächlich den Interessen dieses anderen Individuums dient. Und ob man etwas, das die eigene Persönlichkeit ausmacht, zum Beispiel eine Vorlieb für Vanilleeis, als Zwang ansehen würde, möchte ich leise bezweifeln. Klar, wenn diese Vorliebe mich total in meinem Leben einschränken würde, wenn ich an nichts anderes mehr denken könnte, dann wäre das Zwang. Wenn es aber schlicht ein kleiner Aspekt meiner Persönlichkeit ist, die ich zwar nicht selber bestimmt habe (und auch gar nicht das Bedürfnis habe, das zu ändern), würde ich das nicht als Zwang ansehen.

step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).

Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben. Man ist ungerne lediglich der Spielball anderer Interessen, auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass man nach einer irgendwie gearteten "Behandlung" das nicht mehr erkennen könnte und evtl. glücklich dabei wäre, dem anderen zu dienen.

Siehst Du das nicht so? Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?

#1870:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 22:02
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step hat folgendes geschrieben:
Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht) ...
Heisst nV nach Vereinbarung ? Seit wann ist die Nichtexistenz der Willensfreiheit eine Vereinbarung ?

#1871:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 22:15
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step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Was aber passiert, wenn jetzt andere Philosophen "Willensfreiheit" ganz anders zu definieren versuchen, also weder als Ursachenfreiheit noch als Handlungsfreiheit? - Nehmen wir jemand als Beispiel, der sinngemäß definiert, Willensfreiheit sei Handlungsfreiheit plus die Bildung des eigenen Willens. Letzteres ist aber selbst wieder entweder etwas durch Präferenzen / Ursachen gesteuertes oder aber wieder etwas Ursachenfreies, oder eine Kombination davon.
Könnte es sein, daß das eigentliche Problem darin besteht, die Frage philosophisch zu diskutieren?

Wie meinst Du das? Soll man die Frage lieber naturwissenschaftlich diskutieren? Oder gar nicht?

Es sind halt immer die gleichen Vokabel. Nach kurzer Zeit tauchen absolute Begriffe auf wie Wahrheit, Determinismus, Freiheit und Zwang. Alles statische Begriffe, die sich einer genauen Definition entziehen, selbst immer wieder Gegenstand weiterer Diskussionen sind, die auch zu keinem Ziel führen. Angewendet werden sollen sie auf lebende Menschen; aber Menschen, die in einer solchen Diskussion selbst wieder als statische Objekte daherkommen, ohne zu berücksichtigen, daß reale Menschen nur in Gesellschaft anderer Menschen vorkommen, daß sie sich über die Zeit hin entwickeln, ebenso wie die Gesellschaften, die sie miteinander bilden.

Statt dessen werden hypothetische Menschen in hypothetischen Situationen betrachtet, wobei man sich klar sein müßte, daß jede dieser Betrachtungen zu völlig willkührlichen Ergebnissen führt, da sie nicht durch Tatsachenbeobachtungen überprüfbar sind. Das Ergebnis sind Diskussionen, die aus dem Austausch von Formeln bestehen, die nicht zu neuen Erkenntnissen führen, sondern einer Gegenüberstellung von Glaubensüberzeugungen.

#1872:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 22:45
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Nochmals aus MMSs FAQ :
MMS hat folgendes geschrieben:
Wer sich nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist, kann weit besser daran arbeiten, der zu werden, der er optimalerweise sein könnte!
Schön. Aber wie kann jemand ohne Willensfreiheit entscheiden, dass er sich "nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist" - und noch mehr "daran zu arbeiten, der zu werden, der er sein könnte" ? Kann dies nur auf Empfehlung MMSs geschehen, damit diesem Willen eine Ursache vorausgesetzt wird ? Und wie ist MMS darauf gekommen ? Haben ihn die Umstände darauf gebracht oder hat er einfach auf die noch sehr ignoranten aber überzeugten Wissenschaftler gehört, die in beeindruckt haben ?

Ich habe den Eindruck, dass ich obige Grundeinstellung schon seit einiger Zeit habe, ohne MMSs Buch gelesen zu haben. Und ich habe den Eindruck, dass ich selbst darauf gekommen bin - ist vielleicht eine Illusion...

#1873:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 22:46
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Nochmals aus MMSs FAQ :
MMS hat folgendes geschrieben:
Wer sich nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist, kann weit besser daran arbeiten, der zu werden, der er optimalerweise sein könnte!
Schön. Aber wie kann jemand ohne Willensfreiheit entscheiden, dass er sich "nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist" - und noch mehr "daran zu arbeiten, der zu werden, der er sein könnte" ? Kann dies nur auf Empfehlung von MMS geschehen, damit diesem Willen eine Ursache vorausgesetzt wird ? Und wie ist MMS darauf gekommen ? Haben ihn die Umstände darauf gebracht oder hat er einfach auf die noch sehr ignoranten aber überzeugten Wissenschaftler gehört, die in beeindruckt haben ?

Ich habe den Eindruck, dass ich obige Grundeinstellung schon seit einiger Zeit habe, ohne MMSs Buch gelesen zu haben. Und ich habe den Eindruck, dass ich selbst darauf gekommen bin - ist vielleicht eine Illusion...

Diese und ähnlich Zweifel haben mich während der ganzen Lektüre des Buches geplagt...

#1874:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 22:56
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PataPata hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er wäre nicht "willensfrei" (gibts ja nV nicht) ...
Heisst nV nach Vereinbarung ? Seit wann ist die Nichtexistenz der Willensfreiheit eine Vereinbarung ?

nV = nach Voraussetzung. Diese Voraussetzung war von AP (in der Fallbetrachtung dieses Abschnitts) gegeben.

#1875:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 23:06
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).

Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben.

Aber für die ist es anscheinend relevant für die Willensfreiheit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man ist ungerne lediglich der Spielball anderer Interessen, auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass man nach einer irgendwie gearteten "Behandlung" das nicht mehr erkennen könnte und evtl. glücklich dabei wäre, dem anderen zu dienen. Siehst Du das nicht so?

Doch, ich bin ja auch ein Mensch.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?

Von der psychologischen Wirkung her natürlich nicht. Wenn man aber diese Unterschiedung als fundamental für die Definition der Willensfreiheit ansieht, macht man diese, ähnlich wie die Handlungsfreiheit, sehr stark an rein interpersonell-rezeptiven Vorlieben fest, die selbst wiederum nur unsere Prägungen widerspiegeln, denn was wir gerade ungern haben, ist von unserer abgestammten Physis und unserer zeitkernigen Kultur abhängig.

#1876:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.12.2009, 23:10
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PataPata hat folgendes geschrieben:
Nochmals aus MMSs FAQ :
MMS hat folgendes geschrieben:
Wer sich nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist, kann weit besser daran arbeiten, der zu werden, der er optimalerweise sein könnte!
Schön. Aber wie kann jemand ohne Willensfreiheit entscheiden, dass er sich "nicht schuldig fühlt, der zu sein, der er ist" ... ?

Wo ist das Problem? Handlungsfreiheit würde hier ausreichen. Auch Tiere treffen Entscheidungen, ja sogar Computerprogramme.

PataPata hat folgendes geschrieben:
Kann dies nur auf Empfehlung von MMS geschehen, damit diesem Willen eine Ursache vorausgesetzt wird ? ...

Wieso sollte dieser Wille nicht auch andere Ursachen haben können?

PataPata hat folgendes geschrieben:
Ich habe den Eindruck, dass ich obige Grundeinstellung schon seit einiger Zeit habe, ohne MMSs Buch gelesen zu haben.

Ja und, wo ist das Problem?

PataPata hat folgendes geschrieben:
Diese und ähnlich Zweifel haben mich während der ganzen Lektüre des Buches geplagt...

Bleib locker!

#1877:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 00:45
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step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.

Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?


Zunächst: Es gibt keine Ereignisse ohne Ursache, weil jeder Zustand A' aus einem Zustand A hervorgeht, welcher die Ursache ist.

Die Entwicklung der Welt geht meiner Ansicht nach so vor sich, dass jeder neue Zustand ein Ausweichen vor einem instabilen Zustand in eine stabil(er)en Zustand ist. Wohin dieses Ausweichen führt, ist nicht so entscheidend bzw. kann zu erneuten Stabilisierungsbewegungen führen.

Die Bewegung der Welt ist also gar nicht ein *hin zu etwas*, sondern ein *weg von etwas*.

Sofern eine solche weg-Bewegung determiniert ist, ist sie aber gleichzeitig nicht nur ein *weg von etwas*, sondern auch ein *hin zu etwas Bestimmten*.

Sofern dies aber nicht so ist, im Falle einer zufälligen Bewegung, bleibt dennoch der Zustand davor die Ursache. Was denn auch sonst? Schließlich gibt es keine Zustände ohne Vor-Zustände.

Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und zweitens ist es wurscht, worauf sich irgendeine "wissenschaftliche Kommune" mehrheitlich geeinigt hat. Auf Merkel und Berlusconi hat man sich schließlich auch mehrheitlich geeinigt. Und? Hat das was Gutes zu bedeuten? Man sehe sich doch diese Gestalten an! Dann weiß man, was eine "lange Tradition" und ein Konsens wert sind.

Die meisten guten Theorien sind deutlich länger im Amt als Merkel und Berlusconi. Denn sie haben sich bewährt. ;-`)


Ja ist klar. Sehr glücklich

Trotzdem warne ich davor, Konsens - und sei er noch so breit und traditionsbehaftet - als Kriterium für die Richtigkeit einer Ansicht anzusehen.

Gerade die von Dir skeptisch gesehenen Geisteswissenschaften zeichnen sich nämlich durch diese Art von "Wahrheitsfindung" aus. Nur ist die herrschende Meinung noch lange nicht die Wahrheit. Die Natur ümmert sich nicht darum, wie viele Leute wie lange an einer Meinung festhalten. Wahrheit ist keine Meinungssache. Dies sollte eigentlich gerade Naturwissenschaftlern klar sein.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Eine Handlungsfreiheit zu definieren, indem man von der Abwesenheit von Zwängen spricht, ist zwar schön und gut. Nur, was heisst das überhaupt? Was heisst denn überhaupt "Zwang"? Dass das Handeln auch frei von Ursachen ist? Schließlich könnte man eine solche doch auch als Zwang ansehen, oder etwa nicht?

Ja, aber die Definition geht ja genauer so, daß freies Handeln präferentes Handeln ist. Also wenn das, was man tut, das ist, für was man entscheidet, und das ist, was man bevorzugt.


Aber das "präferente Handeln" - das klingt so subjektivistisch, das reine Oberflächenbewusstsein betreffend. Was aber ist mit den objektiven Lebensbedürfnissen?

Nicht alles, was Menschen eigentlich bräuchten, streben sie auch an. Gemäß Freud ist Handeln oft geradezu anti-präferent, wenn man so will, weil Bedürfnisse verdrängt werden und verdrängt werden müssen, weil das nackte Überleben in der Gesellschaft im Vordergrund steht (---> Entfremdung).

Das, was Menschen wollen, ist also nicht unbedingt das, was sie brauchen.

Deshalb muss man noch mal in Klausur gehen bezüglich des Präferenz-Begriffes.

Aber: Grundsätzlich ist es schon richtig, dass der Mensch nur dann frei sein kann, wenn er so handeln kann, dass die ihn quasi determinierenden Lebensbedürfnisse befriedigt werden. Da ist also eine Handlungsfreiheit, die gleichzeitig absolut streng gebunden ist an das, was der Mensch benötigt, um zu leben und zu gedeihen. Das kann er sich nicht *frei* aussuchen; das ist vorgegeben.

Die menschliche Freiheit muss deshalb vor allem den Aspekt der Problemlösung bezüglich der menschlichen Lebensbedürfnisse in den Fokus nehmen. Freiheit ist im Grunde die Freiheit, vitale Bedürfnisse befriedigen zu können und die Mittel und Bedingungen dafür vorzufinden und/oder schaffen zu können.

Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!

Sondern Handlungsfreiheit kann nur die Freiheit (=reale Möglichkeit) sein, bestimmte Realitäten herbei zu führen und anderen Möglichkeiten die Realisierung systematisch zu versperren.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, wie schon des öfteren gesagt: Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, beginnt halt das Unterhaltungsprogramm. Mehr ist das nicht, was das Bürgertum auf diesem Gebiet zu leisten imstande ist. Comedy, comedy ...-! Cool

Die Prolls wählen dafür Berlusconi und Merkel ...


Oooh, step! Nicht nur die Prolls, leider leider ...-!

Skeptiker

#1878:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 00:48
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Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Bewegung der Welt ist also gar nicht ein *hin zu etwas*, sondern ein *weg von etwas*.

Sofern eine solche weg-Bewegung determiniert ist, ist sie aber gleichzeitig nicht nur ein *weg von etwas*, sondern auch ein *hin zu etwas Bestimmten*.

Sofern dies aber nicht so ist, im Falle einer zufälligen Bewegung, bleibt dennoch der Zustand davor die Ursache. Was denn auch sonst? Schließlich gibt es keine Zustände ohne Vor-Zustände.


Der Begriff der Ursache verliert seine Bedeutung, wenn damit nicht eine Ursache für etwas gemeint ist. Und eine Ursache für etwas zu sein, beeinhaltet einen bestimmten Zustand, der erzielt wird.

#1879:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 00:56
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).

Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben.

Aber für die ist es anscheinend relevant für die Willensfreiheit.

Ja, es ist mE deswegen relevant, weil ich eine Verursachung (z.B. meine Persönlichkeitsmerkmale, die ich sicherlich nicht gänzlich selber festlegen konnte - das ist mE unmöglich) gar nicht per se als Zwang ansehe (was Du aber zu tun scheinst - was ich aber nicht nachvollziehen kann). Ich fände es auch merkwürdig, das zu tun. Ich bin nun mal so, wie ich bin (allerdings meine ich eben, dass ich meinen Teil dazu beigetragen habe - und, heureka, da sind wir wieder bei der mE grundlegenden Frage dieses Threads - ist das nun möglich oder nicht?) und ich sehe gar keinen Grund dafür, meine Persönlichkeit generell in Frage zu stellen. Dazu wäre auch mE ein bestimmter Standpunkt nötig, aber von welchem Standpunkt aus könnte ich das wohl tun? So ein (allem übergeordneter) Standpunkt existiert mE weder, noch kann er existieren. Er ist mE noch nicht einmal denkbar.

Aber, wie gesagt, das ist mE nicht nur für Kompatibilisten relevant, sondern das kommt dem landläufigen Freiheitsbegriff mAn sehr viel näher als die Behauptung, nur Handlungsfreiheit sei wesentlich für den allgemein gebräuchlichen Freiheitsbegriff. Was ich ziemlich absurd finde. Derjenige ist in meiner Sicht freier, der einen Zugriff auf seine Determinanten hat, diese erkennen, berücksichtigen und justieren kann. Jemand, der das nicht kann, ist in meiner Sicht ziemlich unfrei. Auch wenn er immer das tun kann, was er will, er also perfekte Handlungsfreiheit hat (so wie der Untertan in obigem Beispiel).

Die Frage, wie seine Präferenzen, seine Einstellungen, seine Persönlichkeit zustande gekommen ist, ist mE eine sehr wesentliche Frage dabei. Mir ist immer noch mehr als unklar, wie und wieso man das anders sehen kann. Der Behauptung "sind doch alles nur gleichfalls Ursachen, kein Unterschied, alles dasselbe" stehe ich mehr als unverständig gegenüber, ich sehe keine Begründung dafür.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?

Von der psychologischen Wirkung her natürlich nicht. Wenn man aber diese Unterschiedung als fundamental für die Definition der Willensfreiheit ansieht, macht man diese, ähnlich wie die Handlungsfreiheit, sehr stark an rein interpersonell-rezeptiven Vorlieben fest, die selbst wiederum nur unsere Prägungen widerspiegeln, denn was wir gerade ungern haben, ist von unserer abgestammten Physis und unserer zeitkernigen Kultur abhängig.

Ja, na klar, selbstverständlich, ich verstehe aber nun nicht, wie das irgendwie anders überhaupt auch nur möglich / denkbar sein könnte. Woran also sollte man es dMn festmachen und wieso?

#1880:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 01:00
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Bewegung der Welt ist also gar nicht ein *hin zu etwas*, sondern ein *weg von etwas*.

Sofern eine solche weg-Bewegung determiniert ist, ist sie aber gleichzeitig nicht nur ein *weg von etwas*, sondern auch ein *hin zu etwas Bestimmten*.

Sofern dies aber nicht so ist, im Falle einer zufälligen Bewegung, bleibt dennoch der Zustand davor die Ursache. Was denn auch sonst? Schließlich gibt es keine Zustände ohne Vor-Zustände.


Der Begriff der Ursache verliert seine Bedeutung, wenn damit nicht eine Ursache für etwas gemeint ist. Und eine Ursache für etwas zu sein, beeinhaltet einen bestimmten Zustand, der erzielt wird.


Da möchte ich widersprechen: Man kann sagen, das zufällige Ereignis A' (- anstelle von B, C, usw. -) ist eines der möglichen Ergebnisse des Ausweichens vor dem instabil gewordenen Zustand A.

Auch wenn das Ergebnis A' ex ante nicht sicher war, so war trotzdem der instabil gewordene Zustand A der Grund dafür, dass sich dieser selbst negierte. In welchen Folgezustand, ist dann zweitrangig.

Skeptiker

#1881:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 01:03
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da möchte ich widersprechen: Man kann sagen, das zufällige Ereignis A' (- anstelle von B, C, usw. -) ist eines der möglichen Ergebnisse des Ausweichens vor dem instabil gewordenen Zustand A.

Auch wenn das Ergebnis A' ex ante nicht sicher war, so war trotzdem der instabil gewordene Zustand A der Grund dafür, dass sich dieser selbst negierte. In welchen Folgezustand, ist dann zweitrangig.

Skeptiker


Ich finde, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit Dialektik alles und somit letztlich nichts erklären kann.

#1882:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 01:08
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Da möchte ich widersprechen: Man kann sagen, das zufällige Ereignis A' (- anstelle von B, C, usw. -) ist eines der möglichen Ergebnisse des Ausweichens vor dem instabil gewordenen Zustand A.

Auch wenn das Ergebnis A' ex ante nicht sicher war, so war trotzdem der instabil gewordene Zustand A der Grund dafür, dass sich dieser selbst negierte. In welchen Folgezustand, ist dann zweitrangig.

Skeptiker


Ich finde, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit Dialektik alles und somit letztlich nichts erklären kann.


Na ja, sagen wir mal so: Es ist der alternative Ansatz schlechthin. Heul doch!

Die Negation ist der Beginn jeder Entwicklung und nicht eine determinierte Kettung von Ereignissen.

Skeptiker

#1883:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 01:14
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, sagen wir mal so: Es ist der alternative Ansatz schlechthin.


Mehr als Ex-post-Erklärungen lässt sich damit aber nicht machen. Und angesichts fehlender Kriterien kann man eigentlich nicht einmal hier von einer Erklärung im wissenschaftlichen Sinn sprechen.

#1884:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 01:36
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, sagen wir mal so: Es ist der alternative Ansatz schlechthin.


Mehr als Ex-post-Erklärungen lässt sich damit aber nicht machen. Und angesichts fehlender Kriterien kann man eigentlich nicht einmal hier von einer Erklärung im wissenschaftlichen Sinn sprechen.


Es ist doch ein Unterschied ob man sagt:

"Gleiche Ursachen können verschiedene Folgen haben."

oder:

"Es gibt Folgen ohne Ursachen."

Und letzteres ist einfach absurd.

Dialektik und Wissenschaft sind Geschwister.

Skeptiker

#1885:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 01:47
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist doch ein Unterschied ob man sagt:

"Gleiche Ursachen können verschiedene Folgen haben."

oder:

"Es gibt Folgen ohne Ursachen."

Und letzteres ist einfach absurd.

Dialektik und Wissenschaft sind Geschwister.

Skeptiker


Du bist mit deiner Methode nicht in der Lage, Hypothesen aufzustellen, welche Folge eine Ursache haben wird. Damit ist jede Wissenschaftlichkeit dahin.

#1886:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 02:02
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Es ist doch ein Unterschied ob man sagt:

"Gleiche Ursachen können verschiedene Folgen haben."

oder:

"Es gibt Folgen ohne Ursachen."

Und letzteres ist einfach absurd.

Dialektik und Wissenschaft sind Geschwister.

Skeptiker


Du bist mit deiner Methode nicht in der Lage, Hypothesen aufzustellen, welche Folge eine Ursache haben wird. Damit ist jede Wissenschaftlichkeit dahin.


Die Welt selbst kann keine Hypothesen über ihre Zukunft aufstellen; wie sollte es da die Dialektik tun ohne sich in die Tasche zu lügen? Denn die Entwicklung der Welt ist objektiv unbestimmt und unvorhersehbar. Die materialistische Dialektik trägt diesem Umstand lediglich Rechnung, nicht mehr und nicht weniger.

Jede Folge hat eine Ursache, sonst wäre es keine Folge.

Skeptiker

#1887:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 02:08
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Welt selbst kann keine Hypothesen über ihre Zukunft aufstellen; wie sollte es da die Dialektik tun ohne sich in die Tasche zu lügen?


Die "bürgerliche" Wissenschaft tut dies seit Jahrhunderten mit zunehmendem Erfolg. Vielleicht ist sie ja nicht von dieser Welt.

#1888:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 11:07
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.
Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?
... Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.

Das kann aber nicht den Zufallswert erklären. Nehmen wir an, A1 und A2 sind "gleichwertige" Folgezustände. Wer oder was bestimmt ("verursacht") nun, daß in einer ganz bestimmten Situation A1 und nicht A2 geschieht?

Übrigens ist auch Deine Ausführung über Folgezustände und Verursachung fragwürdig, da man mit Ursache/Wirkung meist nur ganz bestimmte Formen von zeitlichen aufeinaderfolgenden Ereignissen bezeichnet. Aber das ist ein schwieriges Thema und erfordert tiefere physikalische Kenntnisse.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Trotzdem warne ich davor, Konsens - und sei er noch so breit und traditionsbehaftet - als Kriterium für die Richtigkeit einer Ansicht anzusehen.

So allgemein gesagt, kann ich da natürlich zustimmen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Gerade die von Dir skeptisch gesehenen Geisteswissenschaften zeichnen sich nämlich durch diese Art von "Wahrheitsfindung" aus. Nur ist die herrschende Meinung noch lange nicht die Wahrheit.

Was willst Du jetzt mir damit sagen? Weder hänge ich einem geisteswissenschaftlichen Wahrheitsbegriff an, noch vertrete ich einen echten Realismus in den Naturwissenschaften. Im Gegenteil habe ich ein klar relativistisches, bescheidenes Verständnis von Wahrheitsfindung: Wir finden mit der Naturwissenschaft nur gute (d.h. voraussagefähige) Theorien.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!

Das behauptet ja auch niemand hier.

#1889:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 13:55
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Bei einigen Kompatibilisten ist es sogar anscheinend so, daß sie unterscheiden zwischen einer von niemand beabsichtigten bekannten Verursachung (z.B. deterministische Naturgesetze) und einer mit Absicht verbundenen bekannten Verursachung (Konditionierung).
Hm, das unterscheiden aber mE nicht nur Kompatibilisten, siehe oben.
Aber für die ist es anscheinend relevant für die Willensfreiheit.
Ja, es ist mE deswegen relevant, weil ich eine Verursachung (z.B. meine Persönlichkeitsmerkmale, die ich sicherlich nicht gänzlich selber festlegen konnte - das ist mE unmöglich) gar nicht per se als Zwang ansehe (was Du aber zu tun scheinst - was ich aber nicht nachvollziehen kann).

Naja, in den Naturwissenschaften ist es auch durchaus üblich, in solchen Zusammenhängen von "Zwang" zu sprechen, synonym zur naturgesetzlichen Determination. Man formuliert dort allgemein kühler und weniger emotional. In den psychologistisch geprägten Geisteswissenschaften dagegen meint "Zwang" meist "etwas Böses, mit dem jemand Dein Handeln gemäß Deiner Präferenz verhindert".

Aber letztlich ist es egal, ob wir es "Zwang" nennen, sondern die Frage ist, warum solche nichtintentionalen Verursachungen (z.B. Konditionierung durch Evolution) irrelevant für die behauptete Willensfreiheit sein sollten, im Gegensatz zu intentionalen Verursachungen (z.B. absichtliche Konditionierung durch die Mitmenschen, Eltern oder Diktatoren). Für mich stehen dahinter keine Freiheitsgrade, sondern es ist ein reiner Psychologismus der Art, daß es weniger bringt, sich über unerbittliche Naturgesetze aufzuregen, als über unerbittliche Eltern und Diktatoren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Derjenige ist in meiner Sicht freier, der einen Zugriff auf seine Determinanten hat, diese erkennen, berücksichtigen und justieren kann.

Aus meiner Sicht wird dieser Zustand aber durch andere Adjektive besser beschrieben: gebildet, wissend, rational, sozial unabhängig usw.. Und jemand, der optimal wissend, gebildet, rational usw. entscheidet, würde mE letztlich gerade die Eigenschaften verlieren, die seine Mitmenschen an ihm benötigen: Gewohnheiten, Rollenmuster, Verläßlichkeit, Loyalität zur geltenden Moral, intuitive Naivität (z.B. Beeinflußbarkeit über Kindchenschema) undsoweiter:

wikipedia hat folgendes geschrieben:
... beschreibt innere Freiheit einen Zustand, in dem der Mensch [...] sich dabei auch von inneren Zwängen wie z. B. Trieben, Erwartungen, Gewohnheiten, Rollenmustern, Konventionen, Moralvorstellungen u. Ä. befreit und sie stattdessen durch rationale Wahl ersetzt (Souveränität).


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ist für Dich jeder Zwang gleich zu bewerten?
Von der psychologischen Wirkung her natürlich nicht. Wenn man aber diese Unterschiedung als fundamental für die Definition der Willensfreiheit ansieht, macht man diese, ähnlich wie die Handlungsfreiheit, sehr stark an rein interpersonell-rezeptiven Vorlieben fest, die selbst wiederum nur unsere Prägungen widerspiegeln, denn was wir gerade ungern haben, ist von unserer abgestammten Physis und unserer zeitkernigen Kultur abhängig.
Ja, na klar, selbstverständlich, ich verstehe aber nun nicht, wie das irgendwie anders überhaupt auch nur möglich / denkbar sein könnte. Woran also sollte man es dMn festmachen und wieso?

Meiner Meinung nach sollte man es danach benennen, was es wirklich ist. Wenn man z.B. anstrebt, Gewohnheiten und Rollenmuster durch rationale und von sozial-moralischen Zwängen unabhängige Entscheidungen zu ersetzen, dann sollte man das "individualistisch-rational" nennen oder höchstens "frei von Unwissen und sozialen Zwängen".

#1890:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 15:05
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.
Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?
... Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.

Das kann aber nicht den Zufallswert erklären. Nehmen wir an, A1 und A2 sind "gleichwertige" Folgezustände. Wer oder was bestimmt ("verursacht") nun, daß in einer ganz bestimmten Situation A1 und nicht A2 geschieht?


Das lässt sich gar nicht bestimmen und es gibt auch nichts und niemanden, der das bestimmt. Im Gegenteil: Gerade weil niemand das Ergebnis bestimmt, sind beide Ereignisse gleichwertig.

Wichtig ist lediglich, dass der alte Zustand A zugunsten des neuen Zustandes A1 negiert wird. Und weiterhin ist wichtig, dass nicht A1 und A2 gleichzeitig stattfinden können.

Man könnte sich ja in der Fantasie vorstellen, dass die Welt vor der Wahl steht und sich nicht entscheiden kann und deshalb stehenbleibt, weil die Wahlalternativen so gleichwertig sind.

Aber die bekannte Realität widerspricht einer solchen Vorstellung. Zu einem bestimmten Zeitpunkt findet die Wahl einfach statt und die Entwicklung schreitet voran. ex ante ist Entwicklung offen.

Das mag beunruhigen. Aber die Welt besteht eben nicht nur aus Notwendigkeit und Determinismus, sondern auch aus Zufall. Und die Kombination dieser beiden Prinhzipien bewirkt die Entwicklung von Teilen des Univiersums.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Gerade die von Dir skeptisch gesehenen Geisteswissenschaften zeichnen sich nämlich durch diese Art von "Wahrheitsfindung" aus. Nur ist die herrschende Meinung noch lange nicht die Wahrheit.

Was willst Du jetzt mir damit sagen? Weder hänge ich einem geisteswissenschaftlichen Wahrheitsbegriff an, noch vertrete ich einen echten Realismus in den Naturwissenschaften. Im Gegenteil habe ich ein klar relativistisches, bescheidenes Verständnis von Wahrheitsfindung: Wir finden mit der Naturwissenschaft nur gute (d.h. voraussagefähige) Theorien.


Sofern es etwas vorauszusagen gibt. Das ist ja nicht immer der Fall.

In den Bereichen, wo das der Fall ist, hat die Theorie voraussagenden Charakter. Das heisst aber nicht, dass nur voraussagefähige Theorien gut sind. Theorien, die nichts voraussagen können, weil es objektiv nichts vorauszusagen gibt, sind - da sie die Realität genau so gut abbilden können - genau so gut oder genau so schlecht wie voraussagefähige Theorien. Und Prüfen kann man ja beides.

Ich sehe derzeit in Teilen der physikalischen Zunft eine einseitige Sichtweise in dem Sinne, dass gute Theorien nur voraussagefähige Theorien sein können. Das meine ich mit trügerischem Konsens.

Und es zeigt, dass doch die Philosophie hinter der Wissenschaft eine Rolle spielt.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!

Das behauptet ja auch niemand hier.


Das klang mal so, meine ich ...- Pfeifen

Skeptiker

#1891:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 15:09
    —
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Welt selbst kann keine Hypothesen über ihre Zukunft aufstellen; wie sollte es da die Dialektik tun ohne sich in die Tasche zu lügen?


Die "bürgerliche" Wissenschaft tut dies seit Jahrhunderten mit zunehmendem Erfolg. Vielleicht ist sie ja nicht von dieser Welt.


Die Technik schreitet voran. Die Gesellschaft nicht. Das ist die bürgerliche Wissenschaft auf den Punkt gebracht.

Skeptiker

#1892:  Autor: L.E.N.Wohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 15:15
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Technik schreitet voran. Die Gesellschaft nicht. Das ist die bürgerliche Wissenschaft auf den Punkt gebracht.


in der ddr wars vice versa, oder?

#1893:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 15:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
Naja, in den Naturwissenschaften ist es auch durchaus üblich, in solchen Zusammenhängen von "Zwang" zu sprechen, synonym zur naturgesetzlichen Determination. Man formuliert dort allgemein kühler und weniger emotional.

Ach, tatsächlich, ist das so, dass in der Naturwissenschaft "Determinismus" und "Zwang" Synonyme sind? Kommt mir erst mal ziemlich merkwürdig vor, in welchem konkreten Zusammenhang würde man das denn so verwenden? "Der Computer errechnete gezwungenermaßen das Ergebnis von 1+1?" "Die Erde dreht sich gezwungenermaßen um die Sonne?"

step hat folgendes geschrieben:
Aber letztlich ist es egal, ob wir es "Zwang" nennen, sondern die Frage ist, warum solche nichtintentionalen Verursachungen (z.B. Konditionierung durch Evolution) irrelevant für die behauptete Willensfreiheit sein sollten, im Gegensatz zu intentionalen Verursachungen (z.B. absichtliche Konditionierung durch die Mitmenschen, Eltern oder Diktatoren). Für mich stehen dahinter keine Freiheitsgrade, sondern es ist ein reiner Psychologismus der Art, daß es weniger bringt, sich über unerbittliche Naturgesetze aufzuregen, als über unerbittliche Eltern und Diktatoren.

Aus meiner Sicht ergeben sich aber Freiheitsgrade. Jemand, der mehr Handlungsoptionen überhaupt erkennen / sich ausdenken kann, hat mAn mehr Freiheitsgrade, als jemand, der alternativlos einem vorgegeben Weg folgt.

Und dann erscheint es mir eben in meinem Sprachgefühl als höchst merkwürdig, wesentliche Persönlichkeitsmerkmale, Vorlieben, Abneigungen, Bewertungsmaßstäbe und dergleichen unterschiedslos als "Zwang" einzustufen. Das entspricht mE nicht der gebräuchlichen Verwendung von "Zwang". Und überhaupt muss man dazu die Person komplett wegreduzieren, wenn man alle ihre Merkmale von ihr ablöst. Dann bleibt gar nichts mehr, was gezwungen werden könnte.

Und psychologistisch hin oder her, Fakt ist nun mal, dass es in unserer Gesellschaft als wesentlicher Unterschied angesehen wird, ob jemand eine Entscheidung aus sich heraus ("freiwillig") getroffen hat oder ob diese ihm von außen aufgedrückt wurde. Z.B. für das Vertragsrecht ist diese Unterscheidung von wesentlicher Bedeutung. Ob ich mich z.B. selber dafür entscheide, jemanden zu heiraten oder ob ich von Dritten dazu gezwungen werde.

Selbst aber wenn man nun aus irgend einem bisher nicht genannten Gründe alles gleichermaßen "Zwang" nennen möchte, (weil man, wieder aus einem mir unerfindlichen Grunde "Determinismus" und "Zwang" als Synonyme ansieht), selbst dann bedeutet das doch noch lange nicht, dass alle Arten von Zwang gleich zu bewerten seien.

Wäre dem aber doch so, käme man also zu dem Schluss, dass, weil alles determiniert sei, daraus folgen müsse, dass alles unterschiedloser Zwang sei, man also nicht mehr zwischen "freiwillig" und "gezwungen" unterscheiden möchte, dann wäre das schon ein ziemlicher Prämissenwechsel, der so gut wie alle Bereiche der Gesellschaft und der sozialen Beziehungen beträfe.

#1894: LEN widerlegt Willensfreiheit Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 16:07
    —
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Technik schreitet voran. Die Gesellschaft nicht. Das ist die bürgerliche Wissenschaft auf den Punkt gebracht.


in der ddr wars vice versa, oder?


Sag mal, bist Du dressiert? Das sind ja echte Pawlow'sche Reflexe. immer die gleiche Leier

Passt ja so gesehen zum thread ...-

Skeptiker

#1895:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 17:16
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.
Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?
... Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.
Das kann aber nicht den Zufallswert erklären. Nehmen wir an, A1 und A2 sind "gleichwertige" Folgezustände. Wer oder was bestimmt ("verursacht") nun, daß in einer ganz bestimmten Situation A1 und nicht A2 geschieht?
Das lässt sich gar nicht bestimmen und es gibt auch nichts und niemanden, der das bestimmt. Im Gegenteil: Gerade weil niemand das Ergebnis bestimmt, sind beide Ereignisse gleichwertig.

Wenn also nichts und niemand den Zufallswert bestimmt, dann ist er ohne Ursache, und damit Deine ursprüngliche Behauptung widerlegt. Vermutlich hast Du Dich nur ungenau ausgedrückt und meintest eigentlich, daß es eine Ursache hat, daß überhaupt etwas geschieht (nämlich A1 oder A2).

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist lediglich, dass der alte Zustand A zugunsten des neuen Zustandes A1 negiert wird.

Was hast Du immer mit dem "Negieren"? Die Ereignisse A und A liegen doch einfach nur an zeitlich benachbarten Raumzeitpunkten herum und sind durch gewisse Naturgesetze korreliert, wobei im Fall echten Zufalls da ein echter Freiheitsgrad wäre.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und weiterhin ist wichtig, dass nicht A1 und A2 gleichzeitig stattfinden können.

Klassisch gesehen richtig. Mit Blick auf die Quantentheorie sollte man vorsichtiger formulieren, etwa: "... dass wir nie beide beobachten können".

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Man könnte sich ja in der Fantasie vorstellen, dass die Welt vor der Wahl steht und sich nicht entscheiden kann und deshalb stehenbleibt, weil die Wahlalternativen so gleichwertig sind.

Deswegen finden ja viele Physiker die Kopenhagener Interpretation unbefriedigend, denn dort benötigt man eine Art geheimnisvolle Zustandsreduktion, die in etwa der von Dir beschriebenen Phantasie entspricht.

Aber auch ganz ohne Zufall muß ein Folgezustand existieren, da die Schrödingergleichung des Systems eine unitäre Zeitentwicklung beinhaltet. Das könnte sich höchstens ändern, wenn die SG keine gue Beschreibung mehr ist, z.B. in der Nähe von Raumzeitsingularitäten oder auf Skalen kleiner als die Plancklänge. Wie es da aussieht mit Kausalität und Untarität usw., das weiß man einfach noch nicht.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Wir finden mit der Naturwissenschaft nur gute (d.h. voraussagefähige) Theorien.
Sofern es etwas vorauszusagen gibt. Das ist ja nicht immer der Fall.

Wenn es erwiesenermaßen nichts vorauszusagen gibt, ist das echter Zufall.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
In den Bereichen, wo das der Fall ist, hat die Theorie voraussagenden Charakter. Das heisst aber nicht, dass nur voraussagefähige Theorien gut sind. Theorien, die nichts voraussagen können, weil es objektiv nichts vorauszusagen gibt, sind - da sie die Realität genau so gut abbilden können - genau so gut oder genau so schlecht wie voraussagefähige Theorien. Und Prüfen kann man ja beides.

Nein, eine Theorie, die nichts voraussagen kann (sei es, weil sie schlecht ist oder weil es nichts vorauszusagen gibt), ist nicht prüfbar und auch keine Theorie im naturwissenschaftlichen Sinne.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich sehe derzeit in Teilen der physikalischen Zunft eine einseitige Sichtweise in dem Sinne, dass gute Theorien nur voraussagefähige Theorien sein können. Das meine ich mit trügerischem Konsens.

Diese Sichtweise ist sozusagen erzwungen, weil sich gezeigt hat, daß nur voraussagefähige Theorien zu verläßlichen Ergebnissen führen und daß diese Forderung daher nützlich ist.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!
Das behauptet ja auch niemand hier.
Das klang mal so, meine ich ...- Pfeifen

Bei wem und wo?

#1896:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 17:35
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Naja, in den Naturwissenschaften ist es auch durchaus üblich, in solchen Zusammenhängen von "Zwang" zu sprechen, synonym zur naturgesetzlichen Determination. Man formuliert dort allgemein kühler und weniger emotional.

Ach, tatsächlich, ist das so, dass in der Naturwissenschaft "Determinismus" und "Zwang" Synonyme sind? Kommt mir erst mal ziemlich merkwürdig vor, in welchem konkreten Zusammenhang würde man das denn so verwenden? ...


wikipedia hat folgendes geschrieben:
Zwang steht für:
* die nachdrückliche Beeinflussung der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit durch verschiedene Einflüsse, siehe Freiheit
* [...]
* in der Medizin eine Gruppe von Erkrankungen (IDC-10: F42), siehe Zwangsstörung
* [...]
* bei technischen und mathematischen Systemen allgemein eine Randbedingung
* in der Mechanik eine äußere Kraft, siehe Zwangskraft
* in der Chemie zur Beschreibung des Einflusses von Temperatur, Druck und Stoffkonzentration auf ein System im Gleichgewicht, siehe Prinzip vom kleinsten Zwang
* [...]


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der mehr Handlungsoptionen überhaupt erkennen / sich ausdenken kann, hat mAn mehr Freiheitsgrade, als jemand, der alternativlos einem vorgegeben Weg folgt.

Du meinst so wie ein stärkerer Schachcomputer, der tiefer rechnen kann und damit auch Chancen erkennt, die erstmal schlecht aussehen, sich aber nach 10 Zügen auszahlen?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Und psychologistisch hin oder her, Fakt ist nun mal, dass es in unserer Gesellschaft als wesentlicher Unterschied angesehen wird, ob jemand eine Entscheidung aus sich heraus ("freiwillig") getroffen hat oder ob diese ihm von außen aufgedrückt wurde. Z.B. für das Vertragsrecht ist diese Unterscheidung von wesentlicher Bedeutung. Ob ich mich z.B. selber dafür entscheide, jemanden zu heiraten oder ob ich von Dritten dazu gezwungen werde.

Richtig. Wir sind uns einig, daß in der Gesellschaft im wesentlichen so gedacht wird, auch beim Strafrecht hatten wir das schon. Das liegt eben gerade daran, daß wir eine Person intuitiv als Letztverursacher (wichtiger Entscheidungen) einordnen, wenn wir die Ursachen nicht sehen, weil sie unbekannt oder zu komplex sind. Außerdem scheint eine Rolle zu spielen, daß eine solche Sichtweise die Gesellschaft insgesamt traditionell stabilisiert(e), weil die Überzeugung, Letztursache zu sein, die psychologische Macht von Prinzipien wie Schuld und Moral stärkt, was wiederum absurderweise die Determinerbarkeit des Verhaltens fördert. Dafür spricht mE auch, wie oft dieses "wo kämen wir den sonst hin - Verfall der Moral" -Argument hier so regelmäßig kommt, sobald es um Determinismus oder unfreien Willen geht.

#1897:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 18:38
    —
step hat folgendes geschrieben:
.....
Richtig. Wir sind uns einig, daß in der Gesellschaft im wesentlichen so gedacht wird, auch beim Strafrecht hatten wir das schon. Das liegt eben gerade daran, daß wir eine Person intuitiv als Letztverursacher (wichtiger Entscheidungen) einordnen, wenn wir die Ursachen nicht sehen, weil sie unbekannt oder zu komplex sind. Außerdem scheint eine Rolle zu spielen, daß eine solche Sichtweise die Gesellschaft insgesamt traditionell stabilisiert(e), weil die Überzeugung, Letztursache zu sein, die psychologische Macht von Prinzipien wie Schuld und Moral stärkt, was wiederum absurderweise die Determinerbarkeit des Verhaltens fördert. Dafür spricht mE auch, wie oft dieses "wo kämen wir den sonst hin - Verfall der Moral" -Argument hier so regelmäßig kommt, sobald es um Determinismus oder unfreien Willen geht.
fett von mir
Das sollte auch nicht allzusehr verwundern, weil die Information über diesen gesellschaftlichen Usus mit zu den Informationen gehört, die letztlich in den resultierenden Willen im Hintergrund mit einberechnet sind. Da das Rechtswesen in seiner Ausprägung mit zu der Erfahrungswelt des Individuums gehört, das hier betrachtet wird, ist es ziemlich egal, ob wir von einem freien Willen ausgehen oder nicht - eine Rückkopplung findet auf jeden Fall statt.

fwo

#1898:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 18:53
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
.....
Richtig. Wir sind uns einig, daß in der Gesellschaft im wesentlichen so gedacht wird, auch beim Strafrecht hatten wir das schon. Das liegt eben gerade daran, daß wir eine Person intuitiv als Letztverursacher (wichtiger Entscheidungen) einordnen, wenn wir die Ursachen nicht sehen, weil sie unbekannt oder zu komplex sind. Außerdem scheint eine Rolle zu spielen, daß eine solche Sichtweise die Gesellschaft insgesamt traditionell stabilisiert(e), weil die Überzeugung, Letztursache zu sein, die psychologische Macht von Prinzipien wie Schuld und Moral stärkt, was wiederum absurderweise die Determinerbarkeit des Verhaltens fördert. Dafür spricht mE auch, wie oft dieses "wo kämen wir den sonst hin - Verfall der Moral" -Argument hier so regelmäßig kommt, sobald es um Determinismus oder unfreien Willen geht.
fett von mir
Das sollte auch nicht allzusehr verwundern, weil die Information über diesen gesellschaftlichen Usus mit zu den Informationen gehört, die letztlich in den resultierenden Willen im Hintergrund mit einberechnet sind. Da das Rechtswesen in seiner Ausprägung mit zu der Erfahrungswelt des Individuums gehört, das hier betrachtet wird, ist es ziemlich egal, ob wir von einem freien Willen ausgehen oder nicht - eine Rückkopplung findet auf jeden Fall statt.

Ja, für die Rückkopplung reicht unsere Fähigkeit, ein Modell des Anderen auszubilden, also seine Intentionen zu simulieren.

Aber wenn wir zuviel wissen über die Mechanismen der Entscheidungsfindung, der Moral, wie Intentionen zustandekommen usw., dann bemerken wir Inkosistenzen.

#1899:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 19:42
    —
step hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Naja, in den Naturwissenschaften ist es auch durchaus üblich, in solchen Zusammenhängen von "Zwang" zu sprechen, synonym zur naturgesetzlichen Determination.

wikipedia hat folgendes geschrieben:
Zwang steht für:
[...]
* bei technischen und mathematischen Systemen allgemein eine Randbedingung
* in der Mechanik eine äußere Kraft, siehe Zwangskraft
* in der Chemie zur Beschreibung des Einflusses von Temperatur, Druck und Stoffkonzentration auf ein System im Gleichgewicht, siehe Prinzip vom kleinsten Zwang
* [...]

Das belegt Deine Behauptung von oben ja nun gar nicht, im Gegenteil. Es ist nämlich nicht üblich, Determination und Zwang als synonym anzusehen, auch nicht in der Naturwissenschaft. Wenn man von "Zwang" redet, möchte ich mal behaupten, dann spricht man gemeinhin von äußeren Einflüssen auf ein System. Ist auch in den Wikipedia-Beispielen so.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der mehr Handlungsoptionen überhaupt erkennen / sich ausdenken kann, hat mAn mehr Freiheitsgrade, als jemand, der alternativlos einem vorgegeben Weg folgt.

Du meinst so wie ein stärkerer Schachcomputer, der tiefer rechnen kann und damit auch Chancen erkennt, die erstmal schlecht aussehen, sich aber nach 10 Zügen auszahlen?

Ja.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Und psychologistisch hin oder her, Fakt ist nun mal, dass es in unserer Gesellschaft als wesentlicher Unterschied angesehen wird, ob jemand eine Entscheidung aus sich heraus ("freiwillig") getroffen hat oder ob diese ihm von außen aufgedrückt wurde. Z.B. für das Vertragsrecht ist diese Unterscheidung von wesentlicher Bedeutung. Ob ich mich z.B. selber dafür entscheide, jemanden zu heiraten oder ob ich von Dritten dazu gezwungen werde.

Richtig. Wir sind uns einig, daß in der Gesellschaft im wesentlichen so gedacht wird, auch beim Strafrecht hatten wir das schon. Das liegt eben gerade daran, daß wir eine Person intuitiv als Letztverursacher (wichtiger Entscheidungen) einordnen, wenn wir die Ursachen nicht sehen, weil sie unbekannt oder zu komplex sind.

Letztursachen gibt es zwar mE ebensowenig wie Letztbegründungen, dennoch halte ich die Vorgehensweise, Handlungen einer Person zuzuordnen, eine Person als Urheber ihrer Handlungen zu sehen (so sie gewisse Voraussetzungen erfüllt: hat einen gewissen Level der Reflektionsfähigkeit erreicht, stand nicht unter zu großem äußeren oder innerem Zwang), für berechtigt, in keinem Widerspruch zu irgend welchen Erkenntnissen stehend.

Deine implizite Begründung hier, weil es keine Letztursachen gäbe, wäre es falsch, eine Person als Urheber ihrer Handlungen anzusehen, ist mE nicht folgerichtig.

step hat folgendes geschrieben:
Außerdem scheint eine Rolle zu spielen, daß eine solche Sichtweise die Gesellschaft insgesamt traditionell stabilisiert(e), weil die Überzeugung, Letztursache zu sein, die psychologische Macht von Prinzipien wie Schuld und Moral stärkt, was wiederum absurderweise die Determinerbarkeit des Verhaltens fördert.

Was soll daran absurd sein? Schulterzucken

Es spielt doch überhaupt keine Rolle, ob Verhalten wie auch immer determiniert ist. Es spielt hier nur eine Rolle, durch was oder wen es determiniert ist. Ob es a) von außen (äußerer Zwang) oder b) von innen, also durch die Person selber determiniert ist. Das ist für mich der wesentliche Unterschied. Und dann gilt eben für mich: a) = frei, b) = unfrei. Und das scheint mir auch die einzig sinnvolle Betrachtungsweise bei der Frage nach der Willensfreiheit zu sein. Die Behauptung: alles determiniert -> alles Zwang -> alles unfrei halte ich einfach nur für sinnlos in diesem Zusammenhang. Es sei, denn man könnte gute Gründe dafür anführen. Mit den Augen rollen Weia.

#1900:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 21:21
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wenn man von "Zwang" redet, möchte ich mal behaupten, dann spricht man gemeinhin von äußeren Einflüssen auf ein System. ...

Na gut. Man kann jetzt darüber streiten, ob z.B. mikroskopische Randbedingungen eines makroskopischen Systems zu dessen äußeren Einflüssen gehören oder nicht, aber sei's drum. Ich habe ja schon oben darauf hingewiesen, daß es mir nicht darum geht, das Wort "Zwang" unbedingt auch für nichtintentionale oder mikroskopische Determinationen zu verwenden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der mehr Handlungsoptionen überhaupt erkennen / sich ausdenken kann, hat mAn mehr Freiheitsgrade, als jemand, der alternativlos einem vorgegeben Weg folgt.
Du meinst so wie ein stärkerer Schachcomputer, der tiefer rechnen kann und damit auch Chancen erkennt, die erstmal schlecht aussehen, sich aber nach 10 Zügen auszahlen?
Ja.

Bleiben wir mal bei dem Beispiel, um die Frage von dem ganzen Psychodingens zu entkoppeln. Nun ist der Entscheidungsweg des stärkeren Rechners ja eigentlich genauso alternativlos wie der des schwächeren, der Unterschied liegt nur in der Qualität der Zukunftssimulation. Beispielsweise hat der schwächere Rechner nach Zugtiefe 5 aus allen möglichen Zügen drei vermeintlich beste Züge a>b>c, errechnet, und zieht a. Der stärkere Rechner erkennt bei Zugtiefe 7, daß d noch besser ist (d>a>b), und zieht d. Ein noch stärkerer Rechner sieht, daß a (und nur a) zu Matt und Gewinn führt.

Ich verstehe zwar, daß man Unwissen ("Umnachtung") als Unfreiheit verstehen kann, aber für mich ist da eher Handlungsfreiheit gemeint. Der schwache Computer kann zwar seine kurzzeitige Präferenz befriedigen (ziehen, was er für am besten hält), nicht aber seine langfristige (gewinnen). Man könnte ihn daher - langfristig betrachtet - als weniger handlungsfrei bezeichnen, denn er verliert oft, obwohl er das nicht präferiert.

Oder jetzt doch beim Menschen:

Ein gebildeter, intelligenter, rationaler hochverschuldeter Mensch erkennt,
a) daß Raub keine Alternative ist, weil er wahrscheinlich enttarnt wird
b) daß Raub eine Alternative ist, weil er intelligent genug dafür ist

Ein ungebildeter, dummer, an Konventionen gebundener hochverschuldeter Mensch erkennt,
a) daß Raub keine Alternative ist, weil es verboten ist
b) daß Raub eine Alternative ist, weil die Bank ja genug Geld hat

Wie hängen hier Freiheit und Alternativen zusammen?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dennoch halte ich die Vorgehensweise, Handlungen einer Person zuzuordnen, eine Person als Urheber ihrer Handlungen zu sehen (so sie gewisse Voraussetzungen erfüllt: hat einen gewissen Level der Reflektionsfähigkeit erreicht, stand nicht unter zu großem äußeren oder innerem Zwang), für berechtigt, in keinem Widerspruch zu irgend welchen Erkenntnissen stehend.

Erstmal kann ich natürlich eine menschliche Handlung meist einem menschlichen Individuum (Körper mit bestimmten Bewußtseinseigenschaften) zuordnen, da ja die Präferenz, akute Entscheidung und akute Handlungssteuerung offensichtlich komplex und wesentlich "in" diesem Individuum stattfindet (lokal und emergent-funktional). Handlungsfreiheit alleine reicht allerdings für diese Zuordnung.

Darüberhinaus sehe ich eine gewisse Berechtigung für die (mikroskopisch betrachtet eigentlich falsche) Zuweisung einer autonomen Urheberschaft, insofern man die Handlungen eines sozialen Individuums auf diese Weise effizienter determiniert und beeinflusst (z.B. Verantwortung zuweisen, Verläßlichkeit und Kooperation absichern, psychisch stabilisieren usw.) - denn das Individuum ist ja die Stelle, mit der man kommuniziert, an die man appelliert, die auf Schmerzen reagiert usw. - aber das ist aus Deiner Sicht vmtl. eine andere Baustelle.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es spielt doch überhaupt keine Rolle, ob Verhalten wie auch immer determiniert ist. Es spielt hier nur eine Rolle, durch was oder wen es determiniert ist. Ob es a) von außen (äußerer Zwang) oder b) von innen, also durch die Person selber determiniert ist. Das ist für mich der wesentliche Unterschied. Und dann gilt eben für mich: a) = frei, b) = unfrei.

Und für mich ist diese Grenze letztlich künstlich: Ob jemand zum Zeitpunkt c Verhalten C1 oder C2 zeigt, ist (im Fall fehlender "Zwänge") determiniert durch seine Präferenz. Jetzt sagst Du, diese ist nicht einfach selbst wieder determiniert, sondern kann durch sich selbst beeinflußt und gebildet werden, und das mache den wesentlichen Unterschied. Wodurch wird denn aber entschieden, ob die Bildung der Präferenz zum Zeitpunkt b<c in Richtung B1 oder B2 geht? Du sagst, das entscheidet "die Person", die aber auch nur ein Sammelbegriff ist für bei a gebildete Präferenzen A1 und andere Einflüsse zum Zeitpunkt b. Letztlich wird so die "Person", und bilde sie sich auch noch so sehr selbst, zum Selbstbild eines Sammelbeckens von Folgen äußerer und innerer alternativloser Vorgänge.

Die Autonomie einer solchen "Person" besteht daher meines Erachtens nur daraus, daß sie simuliert, entscheidet und handelt, und dabei ein Selbstmodell ausbildet.

#1901:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 22:23
    —
Meine Überzeugung, dass die Willensfreiheit eine starke Illusion ist, ist an wanken - das habe ich schon geschrieben. Ich verfolge immer noch die sehr interessante Diskussion hier und habe immer noch den Eindruck, dass die einfachere Annahme, nämlich dass es keine Willensfreiheit gibt, eine Übersimplifizierung der Realität ist - es ist einfacher für diese Hypothese zu argumentieren als für die Existenz der Willensfreiheit, dessen Natur wir (noch) nicht kennen.

Ich möchte hier einen anderen Aspekt noch aufwerfen, der meines Wissens hier noch nicht diskutiert worden ist. Dass die unbelebte Natur streng deterministisch funktioniert - abgesehen von einigen quantenmechanischen Finessen - bezweifelt wohl niemand. Zuerst kommt die Ursache und dann die Wirkung (ich lasse mal die Möglichkeit einer Synchronizität aus dem Spiel). Ist es nicht so, dass die belebte Natur (ohne jetzt irgendwelche mystischen Argumente hervor holen zu wollen) es fertig bringt, diese Kette umzukehren ? Man handelt "um zu" - d.h. die Ursache des Handelns liegt in der Zukunft. Teleologie ! Ich meine, darin besteht doch einer der wesentlichen Unterschiede zwischen belebter und unbelebter Natur. Daher muss es doch allzu reduktionistisch sein, wenn man physikalische Gesetze, die für die unbelebte Natur formuliert und experimentell überprüft worden sind, unbesehen auf lebende Wesen anwendet.

Ja, ja, mit Sicherheit wird jetzt geantwortet werden, dass in der Zukunft liegende Ursachen eigentlich aus in der Vergangenheit stattgefundenen Ursachen konstruiert werden, und dass die Teleologie eine Illusion ist. Nur zu...

#1902:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 23:08
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PataPata hat folgendes geschrieben:
... es ist einfacher für diese Hypothese zu argumentieren als für die Existenz der Willensfreiheit, dessen Natur wir (noch) nicht kennen.

Naja, AP zum Beispiel argumentiert für die Existenz einer WF, deren Natur (die gebildete Abwägungsfähigkeit) er kennt. Und ich habe das Problem, daß nahezu jeder Anhänger der WF diese anders definiert.

PataPata hat folgendes geschrieben:
... Teleologie ! ... Ja, ja, mit Sicherheit wird jetzt geantwortet werden, dass in der Zukunft liegende Ursachen eigentlich aus in der Vergangenheit stattgefundenen Ursachen konstruiert werden, und dass die Teleologie eine Illusion ist. Nur zu...

Ich drücke es ein wenig anders aus: Das Besondere an zielgerichtetem Handeln ist doch, daß wir dazu zukünftige Entwicklungen simulieren können müssen. Und das geht auch ohne Willensfreiheit oder Kausalitätsumkehr, oder?

#1903:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 19.12.2009, 23:58
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step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... es ist einfacher für diese Hypothese zu argumentieren als für die Existenz der Willensfreiheit, dessen Natur wir (noch) nicht kennen.

Naja, AP zum Beispiel argumentiert für die Existenz einer WF, deren Natur (die gebildete Abwägungsfähigkeit) er kennt. Und ich habe das Problem, daß nahezu jeder Anhänger der WF diese anders definiert.
...was genau zeigt, dass wir diese Natur nicht kennen.

step hat folgendes geschrieben:
PataPata hat folgendes geschrieben:
... Teleologie ! ... Ja, ja, mit Sicherheit wird jetzt geantwortet werden, dass in der Zukunft liegende Ursachen eigentlich aus in der Vergangenheit stattgefundenen Ursachen konstruiert werden, und dass die Teleologie eine Illusion ist. Nur zu...

Ich drücke es ein wenig anders aus: Das Besondere an zielgerichtetem Handeln ist doch, daß wir dazu zukünftige Entwicklungen simulieren können müssen. Und das geht auch ohne Willensfreiheit oder Kausalitätsumkehr, oder?
...ich sagte es ja... Mit den Augen rollen

...lass mir noch etwas Zeit (ist mir Wurst, wenn ich die Abgabefrist verpasse)...

#1904:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 21.12.2009, 17:18
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich verstehe zwar, daß man Unwissen ("Umnachtung") als Unfreiheit verstehen kann, aber für mich ist da eher Handlungsfreiheit gemeint. Der schwache Computer kann zwar seine kurzzeitige Präferenz befriedigen (ziehen, was er für am besten hält), nicht aber seine langfristige (gewinnen). Man könnte ihn daher - langfristig betrachtet - als weniger handlungsfrei bezeichnen, denn er verliert oft, obwohl er das nicht präferiert.

Wenn man hier mal beiseite lässt, dass der Begriff "Handlung" nicht unbedingt so richtig auf die Aktionen eines Schachcomputers passt, könnte man das wohl so sagen, ja.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dennoch halte ich die Vorgehensweise, Handlungen einer Person zuzuordnen, eine Person als Urheber ihrer Handlungen zu sehen (so sie gewisse Voraussetzungen erfüllt: hat einen gewissen Level der Reflektionsfähigkeit erreicht, stand nicht unter zu großem äußeren oder innerem Zwang), für berechtigt, in keinem Widerspruch zu irgend welchen Erkenntnissen stehend.

Erstmal kann ich natürlich eine menschliche Handlung meist einem menschlichen Individuum (Körper mit bestimmten Bewußtseinseigenschaften) zuordnen, da ja die Präferenz, akute Entscheidung und akute Handlungssteuerung offensichtlich komplex und wesentlich "in" diesem Individuum stattfindet (lokal und emergent-funktional). Handlungsfreiheit alleine reicht allerdings für diese Zuordnung.

Nein, das denke ich nicht. Wenn ich ein Subjekt so manipuliere, dass es etwas will, ohne dass es diese Manipulation erkennt und daraufhin dann handelt, würde man dennoch unter bestimmten Umständen die Handlung eher mir zuordnen, d.h. mich als Urheber sehen.

step hat folgendes geschrieben:
Darüberhinaus sehe ich eine gewisse Berechtigung für die (mikroskopisch betrachtet eigentlich falsche) Zuweisung einer autonomen Urheberschaft, insofern man die Handlungen eines sozialen Individuums auf diese Weise effizienter determiniert und beeinflusst (z.B. Verantwortung zuweisen, Verläßlichkeit und Kooperation absichern, psychisch stabilisieren usw.) - denn das Individuum ist ja die Stelle, mit der man kommuniziert, an die man appelliert, die auf Schmerzen reagiert usw. - aber das ist aus Deiner Sicht vmtl. eine andere Baustelle.

"Autonome Urheberschaft" kann natürlich nie bedeuten "völlig autonome Urheberschaft", es kann immer nur bedeuten "hinreichend autonome Urheberschaft". Das muss man schon im Hinterkopf behalten. Und jetzt sehe ich noch nicht, wieso es "mikroskopisch betrachtet eigentlich falsch" sein sollte, jemanden als Urheber seiner Handlungen zu sehen. Wir haben doch gar keine Möglichkeit dazu, die Welt nur mikroskopisch zu betrachten. Wir müssen ordnen und kategorisieren (das ist ein Tisch, das ist Physik, das ist ein Subjekt, das ist seine Handlung), es ist wenig hilfreich und mE letztlich sogar sinnlos, zu behaupten, nur Beschreibungen auf der Mikroebene seien die einzig wahren.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es spielt doch überhaupt keine Rolle, ob Verhalten wie auch immer determiniert ist. Es spielt hier nur eine Rolle, durch was oder wen es determiniert ist. Ob es a) von außen (äußerer Zwang) oder b) von innen, also durch die Person selber determiniert ist. Das ist für mich der wesentliche Unterschied. Und dann gilt eben für mich: a) = frei, b) = unfrei.

Und für mich ist diese Grenze letztlich künstlich: Ob jemand zum Zeitpunkt c Verhalten C1 oder C2 zeigt, ist (im Fall fehlender "Zwänge") determiniert durch seine Präferenz. Jetzt sagst Du, diese ist nicht einfach selbst wieder determiniert, sondern kann durch sich selbst beeinflußt und gebildet werden, und das mache den wesentlichen Unterschied. Wodurch wird denn aber entschieden, ob die Bildung der Präferenz zum Zeitpunkt b<c in Richtung B1 oder B2 geht? Du sagst, das entscheidet "die Person", die aber auch nur ein Sammelbegriff ist für bei a gebildete Präferenzen A1 und andere Einflüsse zum Zeitpunkt b. Letztlich wird so die "Person", und bilde sie sich auch noch so sehr selbst, zum Selbstbild eines Sammelbeckens von Folgen äußerer und innerer alternativloser Vorgänge.

Naturalistisch monistisch gesehen ist eine Person natürlich bestimmte natürliche Zustände / Abläufe (bzw. auf höherer Ebene Wille, Präferenzen etc.) und muss das auch sein, sonst hätte man keine naturalistische Auffassung. Einige dieser Abläufe kann man nun einem Selbstbild zuordnen, gut, aber es erscheint mir wenig sinnvoll, zu sagen, eine Person sei ihr Selbstbild.

step hat folgendes geschrieben:
Die Autonomie einer solchen "Person" besteht daher meines Erachtens nur daraus, daß sie simuliert, entscheidet und handelt, und dabei ein Selbstmodell ausbildet.

Ja, könnte man so sagen. Was ist nun Dein Problem damit ("nur")?

#1905:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.12.2009, 21:01
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich verstehe zwar, daß man Unwissen ("Umnachtung") als Unfreiheit verstehen kann, aber für mich ist da eher Handlungsfreiheit gemeint. Der schwache Computer kann zwar seine kurzzeitige Präferenz befriedigen (ziehen, was er für am besten hält), nicht aber seine langfristige (gewinnen). Man könnte ihn daher - langfristig betrachtet - als weniger handlungsfrei bezeichnen, denn er verliert oft, obwohl er das nicht präferiert.
Wenn man hier mal beiseite lässt, dass der Begriff "Handlung" nicht unbedingt so richtig auf die Aktionen eines Schachcomputers passt, könnte man das wohl so sagen, ja.

Nun hattest Du ja oben geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der mehr Handlungsoptionen überhaupt erkennen / sich ausdenken kann, hat mAn mehr Freiheitsgrade, als jemand, der alternativlos einem vorgegeben Weg folgt.

Meines Erachtens habe ich jetzt für den in diesem Fall analogen Schachcomputer gezeigt, daß

- der Unterschied gar nicht in der Zahl der Alternativen steckt, sondern z.B. in der Simulationstiefe bzw. der Fähigkeit zu längerfristiger Präferenzbefriedigung

- es bei der Auswertung von Alternativen eher um eine Art Handlungsfreiheit, als um Willensfreiheit geht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Erstmal kann ich natürlich eine menschliche Handlung meist einem menschlichen Individuum (Körper mit bestimmten Bewußtseinseigenschaften) zuordnen, da ja die Präferenz, akute Entscheidung und akute Handlungssteuerung offensichtlich komplex und wesentlich "in" diesem Individuum stattfindet (lokal und emergent-funktional). Handlungsfreiheit alleine reicht allerdings für diese Zuordnung.
Nein, das denke ich nicht. Wenn ich ein Subjekt so manipuliere, dass es etwas will, ohne dass es diese Manipulation erkennt und daraufhin dann handelt, würde man dennoch unter bestimmten Umständen die Handlung eher mir zuordnen, d.h. mich als Urheber sehen.

Das widerlegt meine Aussage aber erstmal nicht. In diesem Fall wäre eben auch Deine Handlungsfreiheit beteiligt, also daß Du gemäß Deinen Präferenzen den Anderen manipulierst. Klar kannst Du jetzt den "Schwerpunkt" der Handlungsfreiheit bei Dir sehen, weil - wie beim Computer oben - Du sozusagen mächtiger bist und langfristigere Präferenzen befriedigst als der Manipulierte. Und diesen Schwerpunkt nennst Du jetzt "Urheberschaft". Soweit nachvollziehbar.

Offensichtlich gehst Du aber einen Schritt weiter und weist Personen über ihre Handlungsfreiheit/"Urheberschaft" hinaus eine weitere Eigenschaft zu, die irgendwie damit zu tun hat, daß die Präferenzbildung komplex, rekursiv und bewußt ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir müssen ordnen und kategorisieren (das ist ein Tisch, das ist Physik, das ist ein Subjekt, das ist seine Handlung)...

Das ist sicher schon aus pragmatischen Gründen richtig, ähnlich wie wir auch "massiv", "Rasse" oder "Sonnenaufgang" sagen, obwohl es eigentlich falsch oder zumindest unscharf ist. Es reicht eben aus für den Alltag. Problematisch wird das erst, wenn man daraus Dinge ableitet, bei deren Ableitung solche Ungenauigkeiten wesentlich werden, z.B.

massiv -> mit Materie ausgefüllt
Rasse -> Rassenlehre
Sonnenaufgang -> Geozentrismus

und meines Erachtens eben hier:

entscheidendes Individuum (Subjekt) -> Entscheidungsfreiheit / Willensfreiheit

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... aber es erscheint mir wenig sinnvoll, zu sagen, eine Person sei ihr Selbstbild.

Nein, das Ich ist das Selbstbild des Körpers, und als Person bzw. Subjekt bezeichnen wir Körper/Strukturen, die Selbstbilder ausprägen (etwas grob ausgedrückt).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Autonomie einer solchen "Person" besteht daher meines Erachtens nur daraus, daß sie simuliert, entscheidet und handelt, und dabei ein Selbstmodell ausbildet.
Ja, könnte man so sagen. Was ist nun Dein Problem damit ("nur")?

Na, es geht dabei stehts alternativlos zu, und (graduelle) Handlungsfreiheit reicht als Freiheitskonzept aus.

#1906:  Autor: PataPataWohnort: Toscana BeitragVerfasst am: 21.12.2009, 22:18
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man hier mal beiseite lässt, dass der Begriff "Handlung" nicht unbedingt so richtig auf die Aktionen eines Schachcomputers passt...
Man kann ja einen Roboter mit einem Händchen vom Schachcomputer aus steuern, der die Figuren verschiebt - wäre das dann eher eine "Handlung" ?

#1907:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 00:31
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erstens ist auch ein rein zufälliges Ereignis kein Ereignis ohne Ursache.
Was verursacht denn den Zufallswert eines solchen Ereignisses?
... Was bewirkt den Zufall? Womöglich einfach gleichwertige/gleichstabile Folgezustände.
Das kann aber nicht den Zufallswert erklären. Nehmen wir an, A1 und A2 sind "gleichwertige" Folgezustände. Wer oder was bestimmt ("verursacht") nun, daß in einer ganz bestimmten Situation A1 und nicht A2 geschieht?
Das lässt sich gar nicht bestimmen und es gibt auch nichts und niemanden, der das bestimmt. Im Gegenteil: Gerade weil niemand das Ergebnis bestimmt, sind beide Ereignisse gleichwertig.

Wenn also nichts und niemand den Zufallswert bestimmt, dann ist er ohne Ursache, und damit Deine ursprüngliche Behauptung widerlegt. Vermutlich hast Du Dich nur ungenau ausgedrückt und meintest eigentlich, daß es eine Ursache hat, daß überhaupt etwas geschieht (nämlich A1 oder A2).


Der Zufallswert wird allein empirisch "bestimmt". Es gibt genau genommen gar kein Naturgesetz, welches nicht empirisch bestimmt worden ist. Da macht der Zufall keine Ausnahme.

Wenn Du also fragst, welche Ursache ein Naturgesetz hat - wie etwa eine bestimmte Zufallsverteilung für ein Ereignis oder ein System - dann haben wir darauf prinzipiell keine Antwort.

Wenn Du aber fragst, welche Ursache ein bestimmtes Zufallsereignis hat, so ist die Ursache eben ein bestimmtes Zufallsgesetz. Das ist zwar tautologisch, wenn Du so willst, aber das trifft auf jedes andere Gesetz auch zu.

Der Unterschied zwischen einem determinierten und einem Zufallsereignis ist nur, dass letzteres nicht durch deterministische Gesetze, sondern durch Zufallsgesetze verursacht wird. Dass damit eine genaue Bestimmung oder Voraussage entfällt, liegt in der Sache selbst. Ohne Ursache ist das Zufallsereignis deshalb genau so wenig wie jedes andere Ereignis ebenfalls.

Jedes bestimmte Ereignis hat eine bestimmte, wenn auch nicht unbedingt eine bestimmende Ursache. Umgekehrt können identische Ereignisse natürlich auch durchaus aus verschiedenen Ursachen entstehen. (So dass eine Folge nicht unbedingt retrograd eine bestimmte Ursache bestimmt.)

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist lediglich, dass der alte Zustand A zugunsten des neuen Zustandes A1 negiert wird.

Was hast Du immer mit dem "Negieren"? Die Ereignisse A und A liegen doch einfach nur an zeitlich benachbarten Raumzeitpunkten herum und sind durch gewisse Naturgesetze korreliert, wobei im Fall echten Zufalls da ein echter Freiheitsgrad wäre.


Was hast Du mit Deinen echten Freiheitsgraden?

Dass Zustände sich selbst durch sich selbst negieren, ist womöglich der entscheidende Motor für Entwicklung überhaupt und eben nicht das Ansteuern determinierter Zustände. Während diese insgesamt prinzipiell unvorhersehbar sind, sind die negierten und vergangenen Zustände doch im Prinzip bestimmbar. Hätte also die Welt ein bewusstes Streben, so könnte man ihr unterstellen, dass es ihr egal ist, wo sie hingeht. Ihr ist nur wichtig, dass sie nie dort bleibt, wo sie ist. Die Welt ist etwas, was sich selber immer wieder abschafft, um stets immer wieder Neues zu schaffen. Dieses Neue ist aber völlig unbestimmt und auch unbestimmbar.

Wo die Welt hingeht, lässt sich auch nur empirisch erforschen (siehe meine Antwort an Hornochse).

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und weiterhin ist wichtig, dass nicht A1 und A2 gleichzeitig stattfinden können.

Klassisch gesehen richtig. Mit Blick auf die Quantentheorie sollte man vorsichtiger formulieren, etwa: "... dass wir nie beide beobachten können".


Vorsicht ist also die Mutter der Quantentheorie. Doch die MWT ist eine reine Spekulation. Spekulationen stehen der Wissenschaft nicht gut zu Gesicht.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Man könnte sich ja in der Fantasie vorstellen, dass die Welt vor der Wahl steht und sich nicht entscheiden kann und deshalb stehenbleibt, weil die Wahlalternativen so gleichwertig sind.

Deswegen finden ja viele Physiker die Kopenhagener Interpretation unbefriedigend, denn dort benötigt man eine Art geheimnisvolle Zustandsreduktion, die in etwa der von Dir beschriebenen Phantasie entspricht.


Das ist in der Tat merkwürdig. Die Funktion scheint zusammenzubrechen. Was aber ist die Rolle der Information in der Welt? Ist es nicht so, dass die Physik bislang nicht geschafft hat, die Rolle der Information in ihre Modelle zu integrieren?

step hat folgendes geschrieben:
Aber auch ganz ohne Zufall muß ein Folgezustand existieren, da die Schrödingergleichung des Systems eine unitäre Zeitentwicklung beinhaltet. Das könnte sich höchstens ändern, wenn die SG keine gue Beschreibung mehr ist, z.B. in der Nähe von Raumzeitsingularitäten oder auf Skalen kleiner als die Plancklänge. Wie es da aussieht mit Kausalität und Untarität usw., das weiß man einfach noch nicht.


Die unitäre Zeitentwicklung wird ja durch die Messung beendet. Wie es da mit der Kausalität aussieht, ist die Frage. Welche Kausalität erzeugt die Messung?

Und was die Skalen unterhalb der Plancklänge angeht - da könnte es ja sein dass Materie in diesem superkleinen Maßstab ganz andere Eigenschaften und Formen zeigt, vielleicht ist Materie auch unendlich teilbar und wird in verschiedenen Größendimensionen durch völlig andere Gesetze beschrieben.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Wir finden mit der Naturwissenschaft nur gute (d.h. voraussagefähige) Theorien.
Sofern es etwas vorauszusagen gibt. Das ist ja nicht immer der Fall.

Wenn es erwiesenermaßen nichts vorauszusagen gibt, ist das echter Zufall.


Es gibt noch etwas anderes, was sich nicht voraussagen lässt und aus dem Zusammenspiel von Zufall und Notwendigkeit ergibt: Entwicklung.

Zufall selbst ist keine Freiheit, sondern zunächst einmal Beliebigkeit. Aber der Zufall kann eine Basis für zufällige, dann aber arretierte Ankerpunkte einer Höherentwicklung sein, wodurch dann auch andere mögliche Zufälle rausgeworfen werden aus dem Spiel.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
In den Bereichen, wo das der Fall ist, hat die Theorie voraussagenden Charakter. Das heisst aber nicht, dass nur voraussagefähige Theorien gut sind. Theorien, die nichts voraussagen können, weil es objektiv nichts vorauszusagen gibt, sind - da sie die Realität genau so gut abbilden können - genau so gut oder genau so schlecht wie voraussagefähige Theorien. Und Prüfen kann man ja beides.

Nein, eine Theorie, die nichts voraussagen kann (sei es, weil sie schlecht ist oder weil es nichts vorauszusagen gibt), ist nicht prüfbar und auch keine Theorie im naturwissenschaftlichen Sinne.


Was ich sagte ist:

Die Theorie über die Welt kann nie wahrer sein als die Welt selber. Wenn Teile der Welt real unbestimmt sind, muss eine gute Theorie diese Unbestimmtheit nachzeichnen. Kann sie das nicht, ist sie vielleicht eine pseudogute Theorie, indem sie Vorhersagbarkeit vorgaukelt, aber sie ist in Wirklichkeit eine schlechte Theorie, weil sie falsch ist.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich sehe derzeit in Teilen der physikalischen Zunft eine einseitige Sichtweise in dem Sinne, dass gute Theorien nur voraussagefähige Theorien sein können. Das meine ich mit trügerischem Konsens.

Diese Sichtweise ist sozusagen erzwungen, weil sich gezeigt hat, daß nur voraussagefähige Theorien zu verläßlichen Ergebnissen führen und daß diese Forderung daher nützlich ist.


Auch das Gesetz der großen Zahl ist ein verlässliches Gesamtergebnis, auch wenn es über den Einzelfall nichts aussagt. Im Grunde sagst Du nichts aus. Du setzt eigentlich nur Verlässlichkeit und Voraussagefähigkeit synonym. Dahinter steckt ein Wunsch, nämlich der Wunsch nach der Weltformel und Voraussagbarkeit der Welt, wohinter sich wiederum andere Wünsche verbergen.

Aber die Weltformel ist Illusion. Sie ist prinzipiell unmöglich.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!
Das behauptet ja auch niemand hier.
Das klang mal so, meine ich ...- Pfeifen

Bei wem und wo?


Es ging um die Zahl der Alternativen ("Freiheitsgrade"). Doch es ist paradox: Denn je mehr unerwünschte Alternativen ausgeschaltet werden und somit die Zahl der Alternativen reduziert wird (- ggf. bis auf 0! -), desto erwünschter ist das, was übrig bleibt. Ein gewünschter Zustand ohne Alternative ist im Gegensatz zu zig tausend unerwünschten Zuständen eine freierer Zustand.

Eine Entwicklung zu mehr Freiheit benötigt also wiederum die Negation ...-

Skeptiker

#1908:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 03:02
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man hier mal beiseite lässt, dass der Begriff "Handlung" nicht unbedingt so richtig auf die Aktionen eines Schachcomputers passt, könnte man das wohl so sagen, ja.

Nun hattest Du ja oben geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der mehr Handlungsoptionen überhaupt erkennen / sich ausdenken kann, hat mAn mehr Freiheitsgrade, als jemand, der alternativlos einem vorgegeben Weg folgt.

Meines Erachtens habe ich jetzt für den in diesem Fall analogen Schachcomputer gezeigt, daß

- der Unterschied gar nicht in der Zahl der Alternativen steckt, sondern z.B. in der Simulationstiefe bzw. der Fähigkeit zu längerfristiger Präferenzbefriedigung

- es bei der Auswertung von Alternativen eher um eine Art Handlungsfreiheit, als um Willensfreiheit geht.

Also nochmal:

ich verstehe unter Handlungsfreiheit: X kann tun, was er will

und unter Willensfreiheit:

X kann wollen, was er will (-> kann seinen Willen - in einem bestimmten Maße - selber bilden)

Zur "Freiheit an sich" des Menschen gehört für mich beides gleichermaßen. Fehlt eines ganz, dann fehlt auch die "Freiheit an sich" ganz.

Der Schachcomputer hat meinetwegen Handlungsfreiheit, (wenn man mal unhinterfragt annimmt, dass er gewinnen "will"), und umso mehr davon, als er die Fähigkeit / Berechnungsstärke hat, seinen "Willen" zu realisieren, aber er hat keine Entscheidungsfreiheit.

Dennoch aber kann man auch die beiden Aspekte der Freiheit (so wie ich sie sehe) für sich betrachten und graduell bewerten. Das ist mE kein Widerspruch.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn ich ein Subjekt so manipuliere, dass es etwas will, ohne dass es diese Manipulation erkennt und daraufhin dann handelt, würde man dennoch unter bestimmten Umständen die Handlung eher mir zuordnen, d.h. mich als Urheber sehen.

Das widerlegt meine Aussage aber erstmal nicht. In diesem Fall wäre eben auch Deine Handlungsfreiheit beteiligt, also daß Du gemäß Deinen Präferenzen den Anderen manipulierst. Klar kannst Du jetzt den "Schwerpunkt" der Handlungsfreiheit bei Dir sehen, weil - wie beim Computer oben - Du sozusagen mächtiger bist und langfristigere Präferenzen befriedigst als der Manipulierte. Und diesen Schwerpunkt nennst Du jetzt "Urheberschaft". Soweit nachvollziehbar.

Hm. Es ging mir aber dabei um etwas anderes, nämlich nicht um meine Handlungsfreiheit in dem Falle, sondern um die Einschränkung der Willensfreiheit des anderen, die ich dadurch bewirke (falls ich ein genialer Hirnchirurg wäre oder so). Seine Handlungsfreiheit schränke ich ja nicht ein, wenn ich ihm einen (meinen) Willen induziere, ich ändere nur seinen Willen. Dann kann er immer noch tun, was er dann will (wobei dann sein Wille von mir bestimmt wurde und also mit meinem Willen übereinstimmt). Würde man ihn dann noch als ("an sich") frei ansehen und damit als Urheber seiner (von mir herbeigeführten) Handlung? Doch wohl eher nicht, wenn er in einem bestimmten Grade nur noch meinen Willen ausführen will.

step hat folgendes geschrieben:
Offensichtlich gehst Du aber einen Schritt weiter und weist Personen über ihre Handlungsfreiheit/"Urheberschaft" hinaus eine weitere Eigenschaft zu, die irgendwie damit zu tun hat, daß die Präferenzbildung komplex, rekursiv und bewußt ist.

Ja. Es ist für mich ein entscheidender Unterschied, ob jemand seinen Willen selber bildet oder ob der Wille "von außen" gebildet wurde. Betrachtete man nur Handlungsfreiheit und hält diese für Freiheit "an sich" für hinreichend, (d.h.: ein Mensch ist frei, wenn er Handlungsfreiheit hat), dann spielte diese Frage natürlich überhaupt keine Rolle. Was mir, wie gesagt, sehr merkwürdig und unplausibel vorkommt.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wir müssen ordnen und kategorisieren (das ist ein Tisch, das ist Physik, das ist ein Subjekt, das ist seine Handlung)...

Das ist sicher schon aus pragmatischen Gründen richtig, ähnlich wie wir auch "massiv", "Rasse" oder "Sonnenaufgang" sagen, obwohl es eigentlich falsch oder zumindest unscharf ist. Es reicht eben aus für den Alltag. Problematisch wird das erst, wenn man daraus Dinge ableitet, bei deren Ableitung solche Ungenauigkeiten wesentlich werden, z.B.
[...]
entscheidendes Individuum (Subjekt) -> Entscheidungsfreiheit / Willensfreiheit

Was ist daran nun ungenau, wenn man mein Verständnis von "Willensfreiheit / Entscheidungsfreiheit" zugrunde legt (welches ein graduelles ist - wie gesagt)?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Autonomie einer solchen "Person" besteht daher meines Erachtens nur daraus, daß sie simuliert, entscheidet und handelt, und dabei ein Selbstmodell ausbildet.
Ja, könnte man so sagen. Was ist nun Dein Problem damit ("nur")?

Na, es geht dabei stehts alternativlos zu,

Irgendwie scheinst Du nun "Alternative" nicht im umgangssprachlichen Sinne zu verwenden. Wenn ich mich entscheide zwischen den Alternativen "studiere ich Physik?" oder "studiere ich Mathe?" oder "studiere ich was ganz anderes?" oder "studiere ich gar nicht?" oder "kann ich mich nicht entscheiden und lasse alles auf mich zukommen?", dann sind all das Alternativen (zumindest erst mal hypothetische, wenn man jetzt noch annimt, dass ich Abitur und zusätzlich einen guten Notendurchschnitt habe, dann sind es auch reale). Dass ich mich letztlich aber für etwas aus diesen Alternativen entscheide (und somit auch entscheiden "muss"), ist doch aber banal und stellt doch meine (Entscheidungs-)Freiheit gar nicht in Frage. Oder? Wenn ja: wieso? Wäre jemand dAn freier (oder überhaupt erst "echt" frei), wenn er, wenn man die Zeit zig-mal zurückdrehen würde, sich mal für Mathe, mal für Physik, mal für Psychologie, mal für eine Lehre, mal für eine "Drogenkarriere" und mal für gar nichts entschiede? Wenn ja: wieso?

step hat folgendes geschrieben:
und (graduelle) Handlungsfreiheit reicht als Freiheitskonzept aus.

Nein, meiner Meinung nach nicht. Wie oben versucht zu begründen. MAn ist es keineswegs egal, wie ein Wille / eine Präferenz gebildet wird, es ist mE ein wesentlicher Unterschied, ob dieser / diese selber gebildet wurde (jemand, der die prinzipielle Fähigkeit dazu besitzt, ist ja mE "freier") oder von außen aufgedrückt wurde (wobei es auch noch einen Unterschied macht, ob ich das erkennen kann oder nicht - kann ich es, dann erkenne ich meine Unfreiheit in dem Falle, kann ich es nicht, dann sehe ich noch nicht mal das).

Wie würdest Du denn eigentlich "Handlungsfreiheit" definieren? Mir scheint, wir haben dabei unterschiedliche Definitionen.

#1909:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 10:11
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die unitäre Zeitentwicklung wird ja durch die Messung beendet.

Diese Vorstellung ist falsch und ein Relikt aus der Zeit, als man noch keine Dekohärenztheorie hatte und die Kopenhagener Deutung auf das Meßobjekt isoliert anwandte. Habe ich hier auch schon des öfteren erklärt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und was die Skalen unterhalb der Plancklänge angeht - da könnte es ja sein dass Materie in diesem superkleinen Maßstab ganz andere Eigenschaften und Formen zeigt, vielleicht ist Materie auch unendlich teilbar und wird in verschiedenen Größendimensionen durch völlig andere Gesetze beschrieben.

Du solltest an Deine eigenen Spekulationen strengere Maßstäbe anlegen oder aber wohlfeile Sprüche wie diesen hier unterlassen:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Spekulationen stehen der Wissenschaft nicht gut zu Gesicht.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Wir finden mit der Naturwissenschaft nur gute (d.h. voraussagefähige) Theorien.
Sofern es etwas vorauszusagen gibt. Das ist ja nicht immer der Fall.
Wenn es erwiesenermaßen nichts vorauszusagen gibt, ist das echter Zufall.
Es gibt noch etwas anderes, was sich nicht voraussagen lässt und aus dem Zusammenspiel von Zufall und Notwendigkeit ergibt: Entwicklung.

Wen es Entwicklungen gibt, die so komplex sind, daß man sie nicht vorraussagen kann, dann kann man auch keine gute Theorie darüber aufstellen.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Theorie über die Welt kann nie wahrer sein als die Welt selber. Wenn Teile der Welt real unbestimmt sind, muss eine gute Theorie diese Unbestimmtheit nachzeichnen.

Dann ist es eine Theorie über eine Unbestimmtheit und kann als solche überprüft werden, z.B. indem man einen Zufallsverteilung mißt. Wie Du es auch drehst, die Theorie ist immer genau da gut, wo sie voraussagen kann.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Du setzt eigentlich nur Verlässlichkeit und Voraussagefähigkeit synonym.

So ähnlich: Ich gehe von einer guten Korrelation zwischen den beiden aus.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Dahinter steckt ein Wunsch, nämlich der Wunsch nach der Weltformel und Voraussagbarkeit der Welt, wohinter sich wiederum andere Wünsche verbergen.

So ein Unsinn. Dahinter steckt einfach nur die empirische Erfahrung, daß es so funktioniert und noch niemand effizentere Ansätze vorgezeigt hat.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist somit definitiv nicht die beliebige Wahl einer beliebigen Handlung!!!
Das behauptet ja auch niemand hier.
Das klang mal so, meine ich ...- Pfeifen

Bei wem und wo?
Es ging um die Zahl der Alternativen ("Freiheitsgrade"). Doch es ist paradox: Denn je mehr unerwünschte Alternativen ausgeschaltet werden und somit die Zahl der Alternativen reduziert wird (- ggf. bis auf 0! -), desto erwünschter ist das, was übrig bleibt. Ein gewünschter Zustand ohne Alternative ist im Gegensatz zu zig tausend unerwünschten Zuständen eine freierer Zustand.

Aber die meisten hier sind sich doch einig, daß Handlungsfreiheit (also zu tun was man will) nicht auf einer beliebigen Wahl basiert (sondern auf einer durch die Präferenz gegebenen) und auch nicht zu einer beliebigen Handlung führt (sondern zu einer der Wahl entsprechenden). Also war Deine Behauptung falsch.

#1910:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 12:58
    —
@AP: Ich gehe diesmal nicht auf alles, ein, mangels Zeit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie würdest Du denn eigentlich "Handlungsfreiheit" definieren? Mir scheint, wir haben dabei unterschiedliche Definitionen.

Ich denke, wir stimmen da im wesentlichen überein: "Handlungsfreiheit" = ungehindertes präferenzgemäßes Handeln. Umgangssprachlich: man kann das tun, was man will.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Seine Handlungsfreiheit schränke ich ja nicht ein, wenn ich ihm einen (meinen) Willen induziere, ich ändere nur seinen Willen. Dann kann er immer noch tun, was er dann will (wobei dann sein Wille von mir bestimmt wurde und also mit meinem Willen übereinstimmt). Würde man ihn dann noch als ("an sich") frei ansehen und damit als Urheber seiner (von mir herbeigeführten) Handlung? Doch wohl eher nicht, wenn er in einem bestimmten Grade nur noch meinen Willen ausführen will.

Das finde ich jetzt verwirrend. Ist es nun sein Wille oder nicht? Wenn er immer noch tun kann, was er will, ist er handlungsfrei (**), wenn er "in einem bestimmten Grade nur noch [D]einen Willen ausführt", dann ist er in einem bestimmten Grade nicht mehr handlungsfrei.

(**) Wobei hier offen ist, wie genau man welche Präferenzen für ein Maß der Handlungsfreiheit gewichtet. Man könnte etwa jemandem mehr Handlungsfreiheit zumessen, der längerfristige Präferenzen befriedigen kann, siehe oben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ist für mich ein entscheidender Unterschied, ob jemand seinen Willen selber bildet oder ob der Wille "von außen" gebildet wurde.

Auch ich leugne diesen Unterschied ja nicht, nur glaube ich, daß er überbewertet wird, denn ich denke, daß ein hoher Prozentsatz unserer Präferenzen eher von außen gebildet werden (Biologie/Evolution, Kultur und Tradition, Erziehung, Feedback der Anderen, situative Umstände, ...).

Înteressant finde ich die Frage, warum wir die Selbstbildung und Autonomie dennoch intuitiv so hoch einschätzen (auch ich!). Vielleicht liegt das u.a. einfach daran, daß Präferenz, Entscheidung und Handlungssteuerung lokal im Individuum liegen und dieses zur Vereinfachung ein konsistentes, autonomes Selbstbild ausbildet. Wenn man umgekehrt an die Verantwortung des Individuums appelliert, z.B. sein Wissen und seine Moral zu bilden, so ist das mE auch für die Anderen nützlich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Betrachtete man nur Handlungsfreiheit und hält diese für Freiheit "an sich" für hinreichend, (d.h.: ein Mensch ist frei, wenn er Handlungsfreiheit hat), dann spielte diese Frage natürlich überhaupt keine Rolle. Was mir, wie gesagt, sehr merkwürdig und unplausibel vorkommt.

Das ist aber nicht meine Position. Ich meine, der Mensch hat nun mal nicht mehr als eine mehr oder weniger "nachhaltige" Handlungsfreiheit - und damit eben keine "Freiheit an sich", was immer das außer Zufall/Willkür sein sollte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Autonomie einer solchen "Person" besteht daher meines Erachtens nur daraus, daß sie simuliert, entscheidet und handelt, und dabei ein Selbstmodell ausbildet.
Ja, könnte man so sagen. Was ist nun Dein Problem damit ("nur")?

Na, es geht dabei stehts alternativlos zu, ...
Irgendwie scheinst Du nun "Alternative" nicht im umgangssprachlichen Sinne zu verwenden. Wenn ich mich entscheide zwischen den Alternativen "studiere ich Physik?" oder "studiere ich Mathe?" oder "studiere ich was ganz anderes?" oder "studiere ich gar nicht?" oder "kann ich mich nicht entscheiden und lasse alles auf mich zukommen?", dann sind all das Alternativen (zumindest erst mal hypothetische, wenn man jetzt noch annimt, dass ich Abitur und zusätzlich einen guten Notendurchschnitt habe, dann sind es auch reale).

Die Alternativen sind in jedem Fall hypothetische, denn es sind nur simulierte Zukünfte (was wäre, wenn?). Der Entscheidungsvorgang zwischen simulierten Alternativen erfolgt selbst alternativlos (außer wenn er zufällige Elemente enthält). Daß Du letzteres trivial findest, kann ich nachvollziehen. In der Umgeangssprache verstehen die meisten Leute Alternativen als "echte", also nicht nur simulierte, Alternativen, was mE auch damit zusammenhängt, daß es sich um Fälle handelt, in denen eine bestimmte Stichprobe mangels Unkenntnis irgendwie als vergleichbar angesehener Menschen (oder Situationen) sich erfahrungsgemäß unterschiedlich verhalten kann.

#1911: Freiheit ist Zielerreichungsfreiheit. Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 13:25
    —
step hat folgendes geschrieben:
Aber die meisten hier sind sich doch einig, daß Handlungsfreiheit (also zu tun was man will) nicht auf einer beliebigen Wahl basiert (sondern auf einer durch die Präferenz gegebenen) und auch nicht zu einer beliebigen Handlung führt (sondern zu einer der Wahl entsprechenden). Also war Deine Behauptung falsch.


Die Diskussion um die Handlungsfreiheit ist sowieso eine falsche, weil es zwar um Präferenzen geht, jedoch dann auch durchaus immer wieder um die Frage des Anders-Handeln-Könnens ja oder nein, was dann eben doch die frage nach den Alternativen - und der Zahl der Alternativen ins Spiel bringt.

Das führt deshalb in die Irre, weil es darum gar nicht geht. Denn wenn schon Präferenzen ins Spiel kommen, dann muss man unterscheiden zwischen Mitteln und Zielen. Und eine Handlung ist ein Mittel, das Ziel ist ein zweites.

Deshalb spreche ich nur von Zielerreichungfreiheit. Diese ist selten allein durch Handeln möglich. Da braucht es immer noch einiges mehr: die Umstände, die verfügbaren Mittel, Erkenntnisse, Strategien.

Hier also der Wunsch (die Präferenz), dort das Ziel und dazwischen die Handlung, die Umstände usw.

Losgelöst von Wunsch und Ziel ist eine Handlung sinnlos. Auch die Bewertung unterschiedlicher Handlungsalternativen ist nur möglich unter Einbeziehung dieser beiden Dinge.

Das Handeln ist dann frei, wenn es unter den bestehenden Umständen die "Präferenz" verwirklicht, das Handeln ist also frei, wenn es nicht nur theoretisch, sondern praktisch wirksam ist.

Die Präferenz zum Handeln allein reicht nicht aus, um darin schon Freiheit wiederfinden zu können.

Mein Vorschlag also: Lassen wir das Reden über Handlungsfreiheit und reden wir über Zielerreichungsfreiheit ...-!

Skeptiker

#1912: Re: Freiheit ist Zielerreichungsfreiheit. Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 18:39
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mein Vorschlag also: Lassen wir das Reden über Handlungsfreiheit und reden wir über Zielerreichungsfreiheit ...-!

Ein Ziel ist für mich eine Präferenz über die Zukunft, oder auch eine als zukünftig vorgestellte Präferenz. Daher ist die "Zielerreichungsfreiheit" sehr eng mit der Handlungsfreiheit verwandt:

Handlungsfriheit: Ich tue, was ich bevorzuge.
Zielerreichungsfreiheit: Ich tue, was dabei hilft, was ich für später bevorzuge.

Das hatte ich oben bereits erklärt, bei der Frage, ob der stärkere Schachcomputer längerfristige Präferenzen bedienen kann.

#1913:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 19:40
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Seine Handlungsfreiheit schränke ich ja nicht ein, wenn ich ihm einen (meinen) Willen induziere, ich ändere nur seinen Willen. Dann kann er immer noch tun, was er dann will (wobei dann sein Wille von mir bestimmt wurde und also mit meinem Willen übereinstimmt). Würde man ihn dann noch als ("an sich") frei ansehen und damit als Urheber seiner (von mir herbeigeführten) Handlung? Doch wohl eher nicht, wenn er in einem bestimmten Grade nur noch meinen Willen ausführen will.

Das finde ich jetzt verwirrend. Ist es nun sein Wille oder nicht? Wenn er immer noch tun kann, was er will, ist er handlungsfrei (**), wenn er "in einem bestimmten Grade nur noch [D]einen Willen ausführt", dann ist er in einem bestimmten Grade nicht mehr handlungsfrei.

Wenn ich jemandem einen Willen einpflanze (als genialer Hirnchirurg oder so), dann ist das danach sein Wille. Dass das dann auch mein Wille ist, spielt dabei keine Rolle. Und wieso sollte er dann nicht mehr handlungsfrei sein, wenn das doch, wie Du auch sagst, bedeutet, er kann handeln, wie er will? Er kann dann nicht wollen, was er will, nur noch das, was ich will, aber handeln nach seinem Willen kann er doch noch.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ist für mich ein entscheidender Unterschied, ob jemand seinen Willen selber bildet oder ob der Wille "von außen" gebildet wurde.
[...] Înteressant finde ich die Frage, warum wir die Selbstbildung und Autonomie dennoch intuitiv so hoch einschätzen (auch ich!).

Naja, das hat, denke ich, damit zu tun, dass man ungerne Spielball anderer Interessen ist, denn man kann wohl berechtigterweise davon ausgehen, dass einem das langfristig nicht zum Vorteil gereicht. Man möchte daher lieber selber die Kontrolle behalten und diese nicht abgeben.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Betrachtete man nur Handlungsfreiheit und hält diese für Freiheit "an sich" für hinreichend, (d.h.: ein Mensch ist frei, wenn er Handlungsfreiheit hat), dann spielte diese Frage natürlich überhaupt keine Rolle. Was mir, wie gesagt, sehr merkwürdig und unplausibel vorkommt.

Das ist aber nicht meine Position. Ich meine, der Mensch hat nun mal nicht mehr als eine mehr oder weniger "nachhaltige" Handlungsfreiheit - und damit eben keine "Freiheit an sich", was immer das außer Zufall/Willkür sein sollte.

Hm, ich dachte, das wäre inzwischen klar. In meiner Sicht: Freiheit (des Menschen) = Handlungsfreiheit + Willensfreiheit

und: jemand, der lediglich Handlungsfreiheit besitzt, (also keine Kontrolle über seinen Willen hat), ist unfrei und ebenso ist jemand, der zwar Kontrolle über seinen Willen hat, den aber nie umsetzen kann, (er also keine Handlungsfreiheit hat), unfrei

step hat folgendes geschrieben:
Die Alternativen sind in jedem Fall hypothetische, denn es sind nur simulierte Zukünfte (was wäre, wenn?). Der Entscheidungsvorgang zwischen simulierten Alternativen erfolgt selbst alternativlos (außer wenn er zufällige Elemente enthält). Daß Du letzteres trivial findest, kann ich nachvollziehen. In der Umgeangssprache verstehen die meisten Leute Alternativen als "echte", also nicht nur simulierte, Alternativen, was mE auch damit zusammenhängt, daß es sich um Fälle handelt, in denen eine bestimmte Stichprobe mangels Unkenntnis irgendwie als vergleichbar angesehener Menschen (oder Situationen) sich erfahrungsgemäß unterschiedlich verhalten kann.

Was sind denn "echte, nicht nur simulierte" Alternativen?

Nehmen wir doch mein Beispiel von oben: jemand entscheidet sich für ein bestimmtes Studium (oder kein Studium oder für eine Lehre, egal). Wann wären denn in diesem Beispiel die Alternativen "Mathe oder Physik oder Lehre" "echt"? Wie kann man sich das konkret vorstellen?

MAn sind diese Alternativen ja dann real, wenn man sie durchführen könnte, wenn man das wollte, sich also dafür entschiede. Ich wüsste nicht, inwiefern Alternativen noch "echter" als das sein könnten.

#1914:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.12.2009, 22:02
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
jemand, der lediglich Handlungsfreiheit besitzt, (also keine Kontrolle über seinen Willen hat), ist unfrei ...

Was heißt den "Kontrolle über seinen Willen"? Für mich bedeutet das den (übrigens mE eher seltenen) Fall: Man hat eine Präferenz A (z.B. clean zu werden) und eine Präferenz B (z.B. ständig Lust auf Droge). Ist man handlungsfrei in bezug auf A, handelt man so, daß sich B möglichst ändert. Man bildet/ändert also eine Präferenz durch Handlungen, die von einer anderen Präferenz gesteuert werden. Und für all das reicht Handlungsfreiheit aus.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Alternativen sind in jedem Fall hypothetische, denn es sind nur simulierte Zukünfte (was wäre, wenn?). Der Entscheidungsvorgang zwischen simulierten Alternativen erfolgt selbst alternativlos (außer wenn er zufällige Elemente enthält). Daß Du letzteres trivial findest, kann ich nachvollziehen. In der Umgeangssprache verstehen die meisten Leute Alternativen als "echte", also nicht nur simulierte, Alternativen, was mE auch damit zusammenhängt, daß es sich um Fälle handelt, in denen eine bestimmte Stichprobe mangels Unkenntnis irgendwie als vergleichbar angesehener Menschen (oder Situationen) sich erfahrungsgemäß unterschiedlich verhalten kann.
Was sind denn "echte, nicht nur simulierte" Alternativen?

Das wäre, wenn ein Zustand mehrere Zukünfte hätte, und ein Akteur beeinflussen könnte, welche davon ihn enthält (er müßte damit eine Art Letztursache sein). So etwas gibt es zwar in unserer Welt nicht. Aber wenn man die Leute fragt, ob sie bei einer "freien" Entscheidung, vorausgesetzt dieselbe Situation würde nachgestellt, auch anders entscheiden könnten, dann sagen fast alle ja.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nehmen wir doch mein Beispiel von oben: jemand entscheidet sich für ein bestimmtes Studium (oder kein Studium oder für eine Lehre, egal). Wann wären denn in diesem Beispiel die Alternativen "Mathe oder Physik oder Lehre" "echt"? Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Nein, sie sind nicht echt, die Entscheidung erfolgt determiniert, und hoffentlich meistens präferent (also handlungsfrei). Die Alternativen erscheinen dem Studienanfänger jedoch echt, weil (meine Deutung)
1. die Entscheidung an das Individuum gebunden ist
2. er im Moment keine eindeutige Präferenz (oder Gegenargument) hat
3. er weiß, daß viele Studenten in ähnlicher Situation unterschiedlich entscheiden

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
MAn sind diese Alternativen ja dann real, wenn man sie durchführen könnte, wenn man das wollte, sich also dafür entschiede. Ich wüsste nicht, inwiefern Alternativen noch "echter" als das sein könnten.

Klar, man kann Worte immer so definieren. Was ist schon "real"? Natürlich ist auch die Simulation auf ihre Weise real.

Wir hatten schon den Schachcomputer, auch da spricht man ja tatsächlich von mehreren Zugalternativen in dem Sinne, daß sie alle regulär wären. Dem "diese Züge wären alle regulär" entspricht bei der Handlungsentscheidung "diese simulierten Zukünfte erfüllen alle (2.) und (3.) oben". Jedenfalls soweit die Analogie hier noch reicht.

#1915:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.12.2009, 02:50
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
jemand, der lediglich Handlungsfreiheit besitzt, (also keine Kontrolle über seinen Willen hat), ist unfrei ...

Was heißt den "Kontrolle über seinen Willen"? Für mich bedeutet das den (übrigens mE eher seltenen) Fall: Man hat eine Präferenz A (z.B. clean zu werden) und eine Präferenz B (z.B. ständig Lust auf Droge). Ist man handlungsfrei in bezug auf A, handelt man so, daß sich B möglichst ändert. Man bildet/ändert also eine Präferenz durch Handlungen, die von einer anderen Präferenz gesteuert werden. Und für all das reicht Handlungsfreiheit aus.

Kontrolle über den Willen, die eigene Entscheidung übt man mE z.B. dann aus, wenn man hin und her überlegt, Argumente und Gründe wälzt, diese bewertet und ordnet, vielleicht mal 'ne Nacht darüber schläft und sich dann letztlich zu etwas durchringt (zu einer Handlung oder auch zu einer Meinung / Einstellung). Präferenzen sind ja übrigens nichts Statisches / von außen Vorgegebenes, so wie Du hier immer implizit anzunehmen scheinst. mE bedeutet das alles, dass man sich seine eigenen Ziele setzen kann. Das kann man mE auch nicht einfach unter Handlungsfreiheit subsummieren, das ist schon mehr als das. Es ist die Frage danach, ob man wollen kann, was man will. Und das ist mE eben die Frage nach der Willensfreiheit. Klammert man das einfach aus, dann ist man schnell bei der Schlussfolgerung, es sei doch egal, wer meine Ziele setzte, ob ich das sei oder jemand anders. Aber das ist mir keineswegs egal.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was sind denn "echte, nicht nur simulierte" Alternativen?

Das wäre, wenn ein Zustand mehrere Zukünfte hätte, und ein Akteur beeinflussen könnte, welche davon ihn enthält (er müßte damit eine Art Letztursache sein).

Wenn wir jetzt aber mal betrachten, was eine Entscheidung ist und wie sie abläuft, was wäre dann dadurch gewonnen, wieso und inwiefern wäre man dann freier? Der Akteur würde doch ebenso wie jetzt auch letztlich zu einem bestimmten Entschluss kommen. Er könnte dann ja auch nichts anderes tun als jetzt auch, nämlich verschiedene Optionen durchspielen, das Ganze sozusagen von außen zu betrachten, sich einen Schritt neben sich zu stellen, evtl. sein Bauchgefühl berücksichtigen und dann zu urteilen. Oder? Genau genommen ist es mAn sogar problemlos vorstellbar, dass man eine Welt mit "echten" Alternativen in Deinem Sinne gar nicht von einer Welt mit "unechten" Alternativen unterscheiden könnte (wenn man in beiden Welten die Zeit nicht zurückdrehen könnte). Und dann wäre es doch etwas seltsam, wenn man sich nun zwei vollkommen identisch entscheidende und handelnde Subjekte jeweils in Welt A und in Welt B vorstellte und das eine "frei" nennen würde, das andere aber nicht.

Eine "absolute" Letztursache könnte er jedoch auch in der hypothetischen anderen Welt nicht sein, wenn man voraussetzt, dass wir über seine Entscheidung reden und nicht über etwas Willkürliches ohne Zusammenhang zu ihm, das ihm dann ja nur zustoßen würde. Für das man ihn dann auch wohl nicht als Urheber ansehen würde.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
MAn sind diese Alternativen ja dann real, wenn man sie durchführen könnte, wenn man das wollte, sich also dafür entschiede. Ich wüsste nicht, inwiefern Alternativen noch "echter" als das sein könnten.

Klar, man kann Worte immer so definieren. Was ist schon "real"? Natürlich ist auch die Simulation auf ihre Weise real.

Ach, ich hänge hier nicht an dem Wort "real". Ist mir egal, wie wir das nennen wollen und "echt" war ja schon durch Dich belegt. Es geht mir hier darum, "realistische" von "unmöglichen" Alternativen zu unterscheiden. Bsp.: "Warum bist du gestern nicht gekommen?" "Die S-Bahn ist ausgefallen." "Du hättest aber doch den Bus nehmen können?" (Ja [der Bus fuhr] -> "realistische" Alternative", Nein [der Bus ist auch ausgefallen] -> "unmögliche" Alternative).

Diese Unterscheidung halte ich für durchaus wichtig, („impossibilium nulla obligatio“). Jedoch inwiefern eine Unterscheidung in "echte" und "unechte" Alternativen in diesem Zusammenhang etwas bringen könnte, ist mir unklar.

#1916:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.12.2009, 16:07
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Man bildet/ändert also eine Präferenz durch Handlungen, die von einer anderen Präferenz gesteuert werden. Und für all das reicht Handlungsfreiheit aus.
... und sich dann letztlich zu etwas durchringt (zu einer Handlung oder auch zu einer Meinung / Einstellung).

Ja, aber selbst wenn dieser Vorgang langwierig, komplex und schmerzhaft ist, wird er doch wieder von existierenden Präferenzen entschieden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Präferenzen sind ja übrigens nichts Statisches / von außen Vorgegebenes, so wie Du hier immer implizit anzunehmen scheinst.

Nein, das impliziere ich keineswegs, im Gegenteil habe ich ein einfaches Modell beschrieben, wie sich Präferenzen auch ändern können. Zur Zeit einer bestimten Entscheidung sind natürlich einige Präferenzen dennoch typischerweise statisch, sonst würde unser Entscheidungssystem ja auch gar nicht funktionieren.

Außerdem möchte ich Dich idZ daran erinnern, daß Du eines meiner Hauptargumente noch gar nicht entkräftet hast, nämlich daß eine Willensfreiheit in Deinem Sinne, selbst wenn es sie gäbe, in unerer Gesellschaft keine große Bedeutung hätte, da unser soziales Miteinander sehr stark auf moralischer Determination aufbaut (Verläßlichkeit, Gesetzestreue, Führbarkeit, Loyalität usw.). Das Ganze funktioniert überhaupt nur deshalb eingermaßen, weil Situationen selten sind, in denen eine Entscheidung erst nach ausführlichem Ringen mit sich selbst, und mit für Andere ungewissem Ausgang geschieht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
mE bedeutet das alles, dass man sich seine eigenen Ziele setzen kann. Das kann man mE auch nicht einfach unter Handlungsfreiheit subsummieren, das ist schon mehr als das. Es ist die Frage danach, ob man wollen kann, was man will. Und das ist mE eben die Frage nach der Willensfreiheit. Klammert man das einfach aus, dann ist man schnell bei der Schlussfolgerung, es sei doch egal, wer meine Ziele setzte, ob ich das sei oder jemand anders.

Das ist aber non sequitur. Denn ich kann ja eine naturalistische Begründung angeben, wie es kommt, daß es mir eben nicht egal ist: Aus Erfahrung (evolutionär / kulturell tradiertes und selbst angeeignetes Wissen) meine ich zu wissen, daß meine langfristigen Präferenzen besser zu befriedigen sind, wenn ich weniger zugunsten individuell-egoistischer Interessen Anderer manipuliert werde.

Umgekehrt könnte jemand argumentieren: Wenn man anstrebt, daß sich jeder Mensch möglichst vollständig von der Bildung seiner Präferenzen durch Andere oder durch die Umwelt "emanzipiert", ist eine stabile Gemeinschaft mit effizienter (weil "vorverdrahteter") Kooperation nicht mehr so einfach möglich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was sind denn "echte, nicht nur simulierte" Alternativen?
Das wäre, wenn ein Zustand mehrere Zukünfte hätte, und ein Akteur beeinflussen könnte, welche davon ihn enthält (er müßte damit eine Art Letztursache sein).
Wenn wir jetzt aber mal betrachten, was eine Entscheidung ist und wie sie abläuft, was wäre dann dadurch gewonnen, wieso und inwiefern wäre man dann freier? ... Genau genommen ist es mAn sogar problemlos vorstellbar, dass man eine Welt mit "echten" Alternativen in Deinem Sinne gar nicht von einer Welt mit "unechten" Alternativen unterscheiden könnte (wenn man in beiden Welten die Zeit nicht zurückdrehen könnte). Und dann wäre es doch etwas seltsam, wenn man sich nun zwei vollkommen identisch entscheidende und handelnde Subjekte jeweils in Welt A und in Welt B vorstellte und das eine "frei" nennen würde, das andere aber nicht.

Ja, das wäre wirklich merkwürdig und ist auch reine Spekulation, denn um Deine Fragen aufzulösen, müßte man erstmal Annahmen über die unbekannte Physik dieser spekulativen Welt machen. In unserer Welt kann man nur an einer Stelle von echten Freiheitsgraden reden, und das ist der echte Zufall. Der würde allerdings nicht zu dem Freien Willen führen, den Du Dir wünschst, sondern höchstens zu Unberechenbarkeit und Willkür.

Deshalb würde ich den Begriff "frei" ja auch lieber einschränken, also mit genaueren Definitionen ergänzen. Zum Beispiel "Abwesenheit akuter, äußerer Zwänge" oder "Abwesenheit intentionaler Manipulation" oder "Fähigkeit zur fallunterscheidenden Zukunftssimulation" oder "Reflektion über die eigenen Präferenzen" oder was auch immer. Dann kann man mE sehen, ob man, was Freiheit betrifft, mit Determinismus und Handlungsfreiheit auskommt, und gleichzeitig darüber diskutieren, ob und wie obige Eigenschaften erwünscht sind.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es geht mir hier darum, "realistische" von "unmöglichen" Alternativen zu unterscheiden. Bsp.: "Warum bist du gestern nicht gekommen?" "Die S-Bahn ist ausgefallen." "Du hättest aber doch den Bus nehmen können?" (Ja [der Bus fuhr] -> "realistische" Alternative", Nein [der Bus ist auch ausgefallen] -> "unmögliche" Alternative).

Ich sage ja nicht, daß der Unterschied unwichtig sei. Der Unterschied kommt aber mE nur dadurch zustande, daß wir wissen, daß im einen Fall die Präferenz, im anderen Fall äußere Randbedingungen entscheidend sind. Wenn also ein Bus fährt, hat man Handlungsfreiheit, ansonsten nicht. Du dagegen nennst das (aus meiner Sicht irreführenderweise) "realistische Alternative" und "unmögliche Alternative".

#1917:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.12.2009, 19:55
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Präferenzen sind ja übrigens nichts Statisches / von außen Vorgegebenes, so wie Du hier immer implizit anzunehmen scheinst.

Nein, das impliziere ich keineswegs, im Gegenteil habe ich ein einfaches Modell beschrieben, wie sich Präferenzen auch ändern können.

Gut. Halten wir also einfach mal als Zwischenergebnis fest, dass Präferenzen nichts Statisches sind.

step hat folgendes geschrieben:
Außerdem möchte ich Dich idZ daran erinnern, daß Du eines meiner Hauptargumente noch gar nicht entkräftet hast, nämlich daß eine Willensfreiheit in Deinem Sinne, selbst wenn es sie gäbe, in unerer Gesellschaft keine große Bedeutung hätte, da unser soziales Miteinander sehr stark auf moralischer Determination aufbaut (Verläßlichkeit, Gesetzestreue, Führbarkeit, Loyalität usw.). Das Ganze funktioniert überhaupt nur deshalb eingermaßen, weil Situationen selten sind, in denen eine Entscheidung erst nach ausführlichem Ringen mit sich selbst, und mit für Andere ungewissem Ausgang geschieht.

Inwiefern könnte das ein Argument gegen meine Sichtweise sein? Ich behaupte doch gar nicht, dass sich jemand laufend ad hoc sozusagen selbst neu erfinden kann oder dass totale Unberechenbarkeit etwas Wünschenswertes wäre. Und Willensfreiheit sehe ich nicht nur in langfristigen Entscheidungen, sondern auch in alltäglichen, solange die hinreichend auf dem eigenen Mist gewachsen sind, hinreichend kontrollierbar sind.

Und für unsere Gesellschaft hat diese Sichtweise sehr wohl eine große Bedeutung. Man sieht sich und die anderen als hinreichend autonome, mündige, d.h. freie Bürger. Wozu gehört, dass man ihnen ihre Handlungen zuordnet, bei ihnen eine gewisse Kontrolle über ihr Handeln und ihre Entscheidungen annimmt.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und das ist mE eben die Frage nach der Willensfreiheit. Klammert man das einfach aus, dann ist man schnell bei der Schlussfolgerung, es sei doch egal, wer meine Ziele setzte, ob ich das sei oder jemand anders.

Das ist aber non sequitur. Denn ich kann ja eine naturalistische Begründung angeben, wie es kommt, daß es mir eben nicht egal ist: Aus Erfahrung (evolutionär / kulturell tradiertes und selbst angeeignetes Wissen) meine ich zu wissen, daß meine langfristigen Präferenzen besser zu befriedigen sind, wenn ich weniger zugunsten individuell-egoistischer Interessen Anderer manipuliert werde.

Was daran jetzt besonders "naturalistisch" sein soll, weiß ich zwar nicht und habe ich nicht oben genau dasselbe gesagt? Aber, na gut, wenn wir dabei einer Meinung sind, dann können wir das ja auch erst mal abhaken.

step hat folgendes geschrieben:
In unserer Welt kann man nur an einer Stelle von echten Freiheitsgraden reden, und das ist der echte Zufall. Der würde allerdings nicht zu dem Freien Willen führen, den Du Dir wünschst, sondern höchstens zu Unberechenbarkeit und Willkür.

Ganz richtig. Willkür schränkt Freiheit in meinem Sinne ein, Determinismus nicht.

Was führt nun aber zu dem Freien Willen, so wie Du ihn Dir vorstellst? Was ist Dein Konzept von "echter Willensfreiheit"? Dass die Zukunft "offen" (= nicht determiniert) ist, kann ja nicht hinreichend dafür sein. Es muss also an dem Entscheidungsprozess liegen, dort irgendwie zu finden sein.

"Echt frei" ist dAn eine Entscheidung genau dann, wenn sie wie vonstatten geht...?

step hat folgendes geschrieben:
Deshalb würde ich den Begriff "frei" ja auch lieber einschränken, also mit genaueren Definitionen ergänzen. Zum Beispiel "Abwesenheit akuter, äußerer Zwänge" oder "Abwesenheit intentionaler Manipulation" oder "Fähigkeit zur fallunterscheidenden Zukunftssimulation" oder "Reflektion über die eigenen Präferenzen" oder was auch immer. Dann kann man mE sehen, ob man, was Freiheit betrifft, mit Determinismus und Handlungsfreiheit auskommt, und gleichzeitig darüber diskutieren, ob und wie obige Eigenschaften erwünscht sind.

Gerne. In meiner Sicht würde ich jemanden dann als handlungsfrei ansehen, wenn er tun kann, was er will.

Und als willensfrei, wenn er

- keinen (zu großen) akuten, inneren Zwängen (z.B. einer Sucht oder einer Phobie) unterliegt
- eine hinreichende Fähigkeit zur Selbstreflexion
- und eine hinreichende Fähigkeit zur "fallunterscheidenden Zukunftssimulation" besitzt

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es geht mir hier darum, "realistische" von "unmöglichen" Alternativen zu unterscheiden. Bsp.: "Warum bist du gestern nicht gekommen?" "Die S-Bahn ist ausgefallen." "Du hättest aber doch den Bus nehmen können?" (Ja [der Bus fuhr] -> "realistische" Alternative", Nein [der Bus ist auch ausgefallen] -> "unmögliche" Alternative).

Ich sage ja nicht, daß der Unterschied unwichtig sei. Der Unterschied kommt aber mE nur dadurch zustande, daß wir wissen, daß im einen Fall die Präferenz, im anderen Fall äußere Randbedingungen entscheidend sind. Wenn also ein Bus fährt, hat man Handlungsfreiheit, ansonsten nicht. Du dagegen nennst das (aus meiner Sicht irreführenderweise) "realistische Alternative" und "unmögliche Alternative".

Irreführend? Hm, naja, "realistisch" passt vielleicht tatsächlich nicht so gut. Wie wäre es mit "möglichen Alternativen" und "unmöglichen Alternativen"?

Natürlich ist dieser Unterschied deswegen wichtig, um zu unterscheiden zwischen einer Handlung (oder Nichthandlung), die jemand willentlich und absichtlich durchgeführt (oder nicht durchgeführt) hat und einer (Nicht-)Handlung, die nicht auf ihn und seine Absicht zurückgeführt werden kann, weil sie nicht in seinem für ihn möglichen Handlungsrahmen lag. Falls es absichtlich geschah, kann man nämlich evtl. Schlüsse auf sein künftiges Verhalten ziehen.

Und so verwendet man übrigens mAn auch in der Alltagssprache konditionale Ausdrücke. "Er hätte das tun können", "das und das hätte passieren können". Das hat mE nichts mit Determinismus, bzw. einer "offenen Zukunft" zu tun, daher sind Konditional I und II und auch die Unterscheidung zwischen "Möglichem" und "Unmöglichem" auch in einer determinierten Welt problemlos sinnvoll verwendbar.

#1918:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.12.2009, 21:18
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Außerdem möchte ich Dich idZ daran erinnern, daß Du eines meiner Hauptargumente noch gar nicht entkräftet hast, nämlich daß eine Willensfreiheit in Deinem Sinne, selbst wenn es sie gäbe, in unerer Gesellschaft keine große Bedeutung hätte, da unser soziales Miteinander sehr stark auf moralischer Determination aufbaut (Verläßlichkeit, Gesetzestreue, Führbarkeit, Loyalität usw.). Das Ganze funktioniert überhaupt nur deshalb eingermaßen, weil Situationen selten sind, in denen eine Entscheidung erst nach ausführlichem Ringen mit sich selbst, und mit für Andere ungewissem Ausgang geschieht.

Inwiefern könnte das ein Argument gegen meine Sichtweise sein? Ich behaupte doch gar nicht, dass sich jemand laufend ad hoc sozusagen selbst neu erfinden kann oder dass totale Unberechenbarkeit etwas Wünschenswertes wäre. Und Willensfreiheit sehe ich nicht nur in langfristigen Entscheidungen, sondern auch in alltäglichen, solange die hinreichend auf dem eigenen Mist gewachsen sind, hinreichend kontrollierbar sind.

Nun sind aber wie gesagt die meisten sozial wichtigen Entscheidungen und Verhaltensweisen des Alltags eben nicht auf dem eigenen Mist gewachsen, sonst würden sich nicht alle so extrem ähnlich wie ihre Mitmenschen, Eltern, Lehrer, Nachbar-Arten verhalten. Und Verhaltensweisen, bei denen wir uns stark unterschieden (etwa ob jemand die rote oder grüne Kugel wählt), sind meist eher unwesentlich.

Es bleibt daher mE gegenüber der Handlungsfreiheit höchstens das Plus, sich in unwichtigen Situationen unverläßlich / zufällig / willkürlich zu verhalten (wenn die HF das zuläßt).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und für unsere Gesellschaft hat diese Sichtweise sehr wohl eine große Bedeutung. Man sieht sich und die anderen als hinreichend autonome, mündige, d.h. freie Bürger. Wozu gehört, dass man ihnen ihre Handlungen zuordnet, bei ihnen eine gewisse Kontrolle über ihr Handeln und ihre Entscheidungen annimmt.

Das kann man alles auch nur mit Handlungsfreiheit: Z.B. mündig = gebildet usw., "freier Bürger" = die Gemeinschaft greift nicht in die Umsetzung seiner Präferenzen ein über das nötige Gemeinwohl hinaus, Handlungskontrolle = Fähigkeit zur Simulation und Körperkontrolle usw. - siehe auch Verantwortungszuweisung durch Erwartungshaltung und andere Diskussionen, die wir schon hatten.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was führt nun aber zu dem Freien Willen, so wie Du ihn Dir vorstellst? Was ist Dein Konzept von "echter Willensfreiheit"?

Alle Ansätze, die mir dazu bisher eingefallen sind und tatsächliche Freiheitsgrade des Willens enthalten, sind entweder physikalisch nicht möglich oder befriedigen nicht die moralisch hehren Ansprüche, die FW-Anhänger damit verbinden. Daher macht es mE keinen Sinn bzw. ist irreführend, von WF zu sprechen, da i.a. zuviele falsche (z.B. libertarische) Vorstellungen mitschwingen. Mein Ziel ist ja nicht, um jeden Preis etwas zu finden, das ich notfalls als "Willensfreiheit" bezeichnen könnte. Ebenso wie es ja auch nicht an mir ist, ein schlüssiges Konzept für "Gott" vorzulegen, nur weil ich alle bisherigen Konzepte unschlüssig finde.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In meiner Sicht würde ich jemanden dann als handlungsfrei ansehen, wenn er tun kann, was er will.

Und als willensfrei, wenn er

1.- keinen (zu großen) akuten, inneren Zwängen (z.B. einer Sucht oder einer Phobie) unterliegt
2.- eine hinreichende Fähigkeit zur Selbstreflexion
3.- und eine hinreichende Fähigkeit zur "fallunterscheidenden Zukunftssimulation" besitzt

Aus meiner Sicht sind (1.), (2.) und (3.) Handlungsfreiheit. Zum Beleg schauen wir, was passieren würde, wenn jemand handlungsfrei ist, aber (1.), (2.) oder (3.) nicht erfüllt:

ad (1.) Ein Süchtiger oder Phobiker, der seine Sucht/Phobie loswerden will, aber es nicht schafft, ist nicht Maße handlungsfrei (er kann nicht tun, was er eigentlich will).

ad (2.) ist nmV ein Teil von (3.) oder (1.), je nach Interpretation.

zu (3.): jemand, der nur unzureichende Fähigkeit zur "fallunterscheidenden Zukunftssimulation" besitzt, kann nicht im Sinne längerfristigerer, komplexerer Präferenzen entscheiden/handeln. Er ist also weniger handlungsfrei.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Der Unterschied kommt aber mE nur dadurch zustande, daß wir wissen, daß im einen Fall die Präferenz, im anderen Fall äußere Randbedingungen entscheidend sind. Wenn also ein Bus fährt, hat man Handlungsfreiheit, ansonsten nicht. Du dagegen nennst das (aus meiner Sicht irreführenderweise) "realistische Alternative" und "unmögliche Alternative".
Irreführend? Hm, naja, "realistisch" passt vielleicht tatsächlich nicht so gut. Wie wäre es mit "möglichen Alternativen" und "unmöglichen Alternativen"?

Schon besser. Immerhin wird jetzt nicht mehr so stark suggeriert, daß es mehr als simulierte Alternativen sind. Aber wie wäre es mit "entscheidend beeinflußbar" und "nicht entscheidend beeinflußbar"? Dann haben wir immerhin die individuelle Zuordenbarkeit drin.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Falls es absichtlich geschah, kann man nämlich evtl. Schlüsse auf sein künftiges Verhalten ziehen.

Natürlich ist das wichtig! Aber wenn es nicht absichtlich geschah, war es auch keine Handlungsfreiheit, oder?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und so verwendet man übrigens mAn auch in der Alltagssprache konditionale Ausdrücke. "Er hätte das tun können", "das und das hätte passieren können". Das hat mE nichts mit Determinismus, bzw. einer "offenen Zukunft" zu tun, daher sind Konditional I und II und auch die Unterscheidung zwischen "Möglichem" und "Unmöglichem" auch in einer determinierten Welt problemlos sinnvoll verwendbar.

In der Alltagssprache wird das tatsächlich so verwendet. Wie schon oft geschrieben, liegt das aber mAn an folgender Ursache:

Die meisten Menschen nehmen eine in Entscheidungssituationen tatsächlich offene Zukunft an (sie denken unphysikalisch). Man weiß zudem meist über den Entscheidungsvorgang nicht genügend, außer "wo" akut die Handlungssteuerung stattfindet. Man mittelt empirisch über vergleichbare, im Detail ebenfalls unbekannte Fälle, und interpretiert die nichtsinguläre Ergebnisverteilung (mal wird A, mal B gewählt) als auch im Einzelfall letzt-autonom. Erkent man in Einzelfällen doch die Details des deterministischen Ablaufs, sagt man i.a. auch nicht mehr "das und das hätte passieren können", sondern eher "das mußte ja so kommen".

#1919:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.12.2009, 22:40
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und Willensfreiheit sehe ich nicht nur in langfristigen Entscheidungen, sondern auch in alltäglichen, solange die hinreichend auf dem eigenen Mist gewachsen sind, hinreichend kontrollierbar sind.

Nun sind aber wie gesagt die meisten sozial wichtigen Entscheidungen und Verhaltensweisen des Alltags eben nicht auf dem eigenen Mist gewachsen, sonst würden sich nicht alle so extrem ähnlich wie ihre Mitmenschen, Eltern, Lehrer, Nachbar-Arten verhalten.

Nö, das ist aber mAn jetzt ein schlichtes non sequitur. Jemand kann z.B. absichtlich und willentlich die momentanen Normen einhalten, er kann es aber auch deswegen tun, weil er noch nicht mal auf die Idee kommt, es könnte auch anders gehen. Und das wäre für mich ein wesentlicher Unterschied, ich würde aber nicht aus dem Fakt, dass jemand (oder viele oder alle), die Normen einhält, die Schlussfolgerung ziehen wollen, er hätte deswegen keine eigene Entscheidung getroffen, eine, die nicht auf seinem Mist gewachsen sei.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und für unsere Gesellschaft hat diese Sichtweise sehr wohl eine große Bedeutung. Man sieht sich und die anderen als hinreichend autonome, mündige, d.h. freie Bürger. Wozu gehört, dass man ihnen ihre Handlungen zuordnet, bei ihnen eine gewisse Kontrolle über ihr Handeln und ihre Entscheidungen annimmt.

Das kann man alles auch nur mit Handlungsfreiheit: Z.B. mündig = gebildet usw., "freier Bürger" = die Gemeinschaft greift nicht in die Umsetzung seiner Präferenzen ein über das nötige Gemeinwohl hinaus, Handlungskontrolle = Fähigkeit zur Simulation und Körperkontrolle usw. - siehe auch Verantwortungszuweisung durch Erwartungshaltung und andere Diskussionen, die wir schon hatten.

Klar kann man das auch umschreiben. Wobei ich allerdings Deinen Umschreibungen nicht zustimmen kann. Die Gleichsetzung von mündig und gebildet finde ich erst mal wenig plausibel. Und "freier Bürger" bedeutet nicht lediglich, dass die Gesellschaft nicht eingreift. Es bedeutet in dem Zusammenhang zwingend auch, dass bestimmte Fähigkeiten zur Autonomie angenommen werden.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was führt nun aber zu dem Freien Willen, so wie Du ihn Dir vorstellst? Was ist Dein Konzept von "echter Willensfreiheit"?

Alle Ansätze, die mir dazu bisher eingefallen sind und tatsächliche Freiheitsgrade des Willens enthalten, sind entweder physikalisch nicht möglich oder befriedigen nicht die moralisch hehren Ansprüche, die FW-Anhänger damit verbinden. Daher macht es mE keinen Sinn bzw. ist irreführend, von WF zu sprechen, da i.a. zuviele falsche (z.B. libertarische) Vorstellungen mitschwingen. Mein Ziel ist ja nicht, um jeden Preis etwas zu finden, das ich notfalls als "Willensfreiheit" bezeichnen könnte. Ebenso wie es ja auch nicht an mir ist, ein schlüssiges Konzept für "Gott" vorzulegen, nur weil ich alle bisherigen Konzepte unschlüssig finde.

Wenn Du behauptest, Du hättest ein Konzept, das, wenn das erfüllt sei, erst "echte" Freiheit gewährleisten könne und meinen Begriff von Freiheit daran messen könntest und als "unecht" klassifizieren könntest, dann musst Du dieses Konzept auch darstellen können. Es muss Kriterien geben, an denen man unsere beiden Konzepte messen und vergleichen kann.

Ich zitiere mal Dich von oben:

step hat folgendes geschrieben:
Deshalb würde ich den Begriff "frei" ja auch lieber einschränken, also mit genaueren Definitionen ergänzen. Zum Beispiel "Abwesenheit akuter, äußerer Zwänge" oder "Abwesenheit intentionaler Manipulation" oder "Fähigkeit zur fallunterscheidenden Zukunftssimulation" oder "Reflektion über die eigenen Präferenzen" oder was auch immer. Dann kann man mE sehen, ob man, was Freiheit betrifft, mit Determinismus und Handlungsfreiheit auskommt, und gleichzeitig darüber diskutieren, ob und wie obige Eigenschaften erwünscht sind.


So ist es. Wenn Du Dein Konzept bezüglich "echter" Freiheit nicht näher darstellen kannst als einfach nur zu behaupten, eine notwendige Voraussetzung dafür sei eine nicht-deterministische Welt, wenn Du also nicht die hinreichenden Kriterien nennen kannst, dann kannst Du es auch nicht mit meinem Konzept vergleichen. Und ich kann es erst recht nicht. Und niemand anders. Wie sollte man da entscheiden können, welches Konzept besser (plausibler / zustimmungsfähiger / gemeinhin akzeptabel / wünschenswerter) oder gar erst "echt" sei? Ein Ding der Unmöglichkeit.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In meiner Sicht würde ich jemanden dann als handlungsfrei ansehen, wenn er tun kann, was er will.

Und als willensfrei, wenn er

1.- keinen (zu großen) akuten, inneren Zwängen (z.B. einer Sucht oder einer Phobie) unterliegt
2.- eine hinreichende Fähigkeit zur Selbstreflexion
3.- und eine hinreichende Fähigkeit zur "fallunterscheidenden Zukunftssimulation" besitzt

Aus meiner Sicht sind (1.), (2.) und (3.) Handlungsfreiheit. Zum Beleg schauen wir, was passieren würde, wenn jemand handlungsfrei ist, aber (1.), (2.) oder (3.) nicht erfüllt:

ad (1.) Ein Süchtiger oder Phobiker, der seine Sucht/Phobie loswerden will, aber es nicht schafft, ist nicht Maße handlungsfrei (er kann nicht tun, was er eigentlich will).

ad (2.) ist nmV ein Teil von (3.) oder (1.), je nach Interpretation.

zu (3.): jemand, der nur unzureichende Fähigkeit zur "fallunterscheidenden Zukunftssimulation" besitzt, kann nicht im Sinne längerfristigerer, komplexerer Präferenzen entscheiden/handeln. Er ist also weniger handlungsfrei.

Es geht jetzt nur um Definitionen, also die Unterscheidung, die ich zwischen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit treffe, möchtest Du nicht treffen? Eine solche Diskussion ist mE wenig fruchtbar. Ich möchte gerne bei meiner Unterscheidung bleiben, ich halte sie für sinnvoll, wie oben versucht darzulegen (denn ich halte die Frage danach, ob und inwiefern jemand beeinflussen kann, was er will, für hier durchaus wesentlich). Aber dabei, bei der Definition werden wir uns wahrscheinlich nicht einigen können. Sind eh nur Worte, es ist egal, ob wir was unterschiedlich benennen, wenn wir dasselbe damit meinen. Wichtiger wäre es daher, den Dissens zwischen uns herauszuarbeiten. Dazu gehört es für mich, zu verstehen, warum Du mein Konzept von Freiheit ablehnst, wie Deines genau aussieht und wieso und inwiefern das wünschenswerter wäre als meines oder auch erst wirklich "echt".

Und noch 'ne Frage zu einer obigen Aussage von Dir:

step hat folgendes geschrieben:
[...]nämlich daß eine Willensfreiheit in Deinem Sinne, selbst wenn es sie gäbe[...]


Wolltest Du nun damit sagen, dass es sie nicht gibt? Falls ja, wäre das doch mal ein eindeutiger Dissens, den wir weiterhin behandeln könnten.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Irreführend? Hm, naja, "realistisch" passt vielleicht tatsächlich nicht so gut. Wie wäre es mit "möglichen Alternativen" und "unmöglichen Alternativen"?

Schon besser. Immerhin wird jetzt nicht mehr so stark suggeriert, daß es mehr als simulierte Alternativen sind. Aber wie wäre es mit "entscheidend beeinflußbar" und "nicht entscheidend beeinflußbar"? Dann haben wir immerhin die individuelle Zuordenbarkeit drin.

Was sind noch mal genau "mehr als simulierte Alternativen" (bei einer Entscheidung, die zu einem bestimmten Ergebnis führt)? Wie kann man sich das konkret vorstellen? Zum Beispiel?

"Entscheidend" ist irgendwie missverständlich (ich verstehe das in diesem Zusammenhang nicht). Wenn man von "Alternativen" redet, dann geht es doch dabei um alternative "mögliche" und "unmögliche" Weltabläufe. Oder vielleicht mal anders gesagt: in einer (hypothetischen) Welt, in der die gleichen Naturgesetze gelten wie in unserer, wäre der eine Ablauf problemlos möglich gewesen, der andere nicht (es hätte sein können, dass ich gestern in der Stadt einen Parkplatz gefunden hätte -> "möglich" - aber es hätte nicht sein können, dass ein Stein, den ich einfach loslasse, gen Himmel fliegt und im Weltraum verschwindet -> "unmöglich".)

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Falls es absichtlich geschah, kann man nämlich evtl. Schlüsse auf sein künftiges Verhalten ziehen.

Natürlich ist das wichtig! Aber wenn es nicht absichtlich geschah, war es auch keine Handlungsfreiheit, oder?

Wenn etwas nicht absichtlich geschah, dann war es nicht die Handlung des Subjektes. Die Frage, ob ein Subjekt handlungsfrei gehandelt hat, wenn es nicht gehandelt hat (in keinem Sinne, auch nicht dem der Unterlassung) erscheint mir irgendwie sinnlos. Aber vielleicht wieder eine Definitionsfrage? Einen Reflex z.B., der unkontrolliert einfach geschieht (Hämmerchen aufs Knie), würde ich nicht als "Handlung" bezeichnen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und so verwendet man übrigens mAn auch in der Alltagssprache konditionale Ausdrücke. "Er hätte das tun können", "das und das hätte passieren können". Das hat mE nichts mit Determinismus, bzw. einer "offenen Zukunft" zu tun, daher sind Konditional I und II und auch die Unterscheidung zwischen "Möglichem" und "Unmöglichem" auch in einer determinierten Welt problemlos sinnvoll verwendbar.

In der Alltagssprache wird das tatsächlich so verwendet. Wie schon oft geschrieben, liegt das aber mAn an folgender Ursache:

Die meisten Menschen nehmen eine in Entscheidungssituationen tatsächlich offene Zukunft an (sie denken unphysikalisch). Man weiß zudem meist über den Entscheidungsvorgang nicht genügend, außer "wo" akut die Handlungssteuerung stattfindet. Man mittelt empirisch über vergleichbare, im Detail ebenfalls unbekannte Fälle, und interpretiert die nichtsinguläre Ergebnisverteilung (mal wird A, mal B gewählt) als auch im Einzelfall letzt-autonom. Erkent man in Einzelfällen doch die Details des deterministischen Ablaufs, sagt man i.a. auch nicht mehr "das und das hätte passieren können", sondern eher "das mußte ja so kommen".

Nein, dem kann ich nicht zustimmen. Ich denke, dass Konditionalsätze und auch die Rede von "möglich" und "unmöglich" immer gewisse Voraussetzungen beeinhalten (wenn -> dann) und evtl. auch eine Wahrscheinlichkeit (in ähnlichen Fällen ist es oft passiert, dass A eingetreten ist, daher hätte das auch hier so passieren können). Und in dem Sinne kann man Möglichkeiten auch für vergangene (bereits geschehene Abläufe) sinnvoll feststellen. Davon bleibt unberührt, dass etwas nicht so gekommen ist, wie man annimmt, dass es hätte geschehen können. Jedenfalls wäre es wenig sinnvoll, diese Unterscheidung nicht mehr zu treffen, weil die Welt determiniert ist. Und auch keine Unterscheidung mehr zwischen "wollen" und "müssen" zu treffen (ich will ins Kino gehen == ich muss ins Kino gehen).

#1920:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 24.12.2009, 13:57
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und Willensfreiheit sehe ich nicht nur in langfristigen Entscheidungen, sondern auch in alltäglichen, solange die hinreichend auf dem eigenen Mist gewachsen sind, hinreichend kontrollierbar sind.
Nun sind aber wie gesagt die meisten sozial wichtigen Entscheidungen und Verhaltensweisen des Alltags eben nicht auf dem eigenen Mist gewachsen, sonst würden sich nicht alle so extrem ähnlich wie ihre Mitmenschen, Eltern, Lehrer, Nachbar-Arten verhalten.
Nö, das ist aber mAn jetzt ein schlichtes non sequitur. Jemand kann z.B. absichtlich und willentlich die momentanen Normen einhalten, er kann es aber auch deswegen tun, weil er noch nicht mal auf die Idee kommt, es könnte auch anders gehen.

Tja, das überzeugt mich nicht, weil es mein Argument nicht entkräftet. Das allermeiste moralische Verhalten ist eindeutig überindividuell synchron. Es ist also nicht wirklich auf Deinem Mist gewachsen (sondern eben tradiert/erzogen), und selbst im Fall individuell-tiefsinnig-skeptischer Überprüfung eines moralischen Gebotes kann man das Ergebnis der Entscheidung meist recht gut voraussagen, da es recht determiniert ist. Von mir aus kannst Du es auch so ausdrücken: Die vorgestellten Alternativen sind offensichtlich so unangenehm, daß Andere sich darauf verlassen können, daß Du meist wie erwünscht handelst. Ich behaupte, daß nur äußerst selten jemand absichtlich, nach reiflicher Überlegung, wesentlich gegen sein Gewissen (den moralischen Agenten der Anderen) handelt.

Die einzige mir bekannte Ausnahme sind moralische Dilemmasituationen, weil nämlich da typischerweise keine eindeutige gesellschaftliche Präferenz erkennbar (und damit erziehbar) ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Die Gleichsetzung von mündig und gebildet finde ich erst mal wenig plausibel.

War ja nur ein Beispiel. Plausibel finde ich es übrigens schon, wenn auch sicher nicht vollständig äquivalent.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und "freier Bürger" bedeutet nicht lediglich, dass die Gesellschaft nicht eingreift. Es bedeutet in dem Zusammenhang zwingend auch, dass bestimmte Fähigkeiten zur Autonomie angenommen werden.

Hmm ... für mich bedeutet "freier Bürger" (liberté) primär schon etwas politisches, da geht es um Bürgerrechte und dgl.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wie sollte man da entscheiden können, welches Konzept besser (plausibler / zustimmungsfähiger / gemeinhin akzeptabel / wünschenswerter) ... sei?

Es ist, wie gesagt, ähnlich wie beim Begriff "Gott". A findet ihn sinnlos, B kann darunter verstehen, was er will (kann ihm ja keiner verbieten). B sagt: Du mußt auch ein Konzept für "Gott" vorlegen, wie soll man sonst entscheiden, wer von uns recht hat?

Deshalb muß ich eben auf die konkrete Ebene runter und versuchen rauszukitzeln, wo dieser oder jener Anhänger einer jeweils völlig unterschiedlich definierten Willensfreiheit aus seiner Definition widerlegbare Schlüsse zieht. Und das habe ich hier schon mehrfach praktiziert. Auch wenn Dich das nicht überzeugt hat, wie mir wohl bewußt ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...]nämlich daß eine Willensfreiheit in Deinem Sinne, selbst wenn es sie gäbe[...]
Wolltest Du nun damit sagen, dass es sie nicht gibt? Falls ja, wäre das doch mal ein eindeutiger Dissens, den wir weiterhin behandeln könnten.

Genu, das wäre ein solcher Fall. Ich wollte damit ausdrücken (s.auch der Abschnitt oben), daß mE die meisten moralischen Entscheidungen / Verhaltensweisen nicht auf individuellem Mist gewachsen sind, selbst wenn sie gefühlt absichtlich geschehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Aber wie wäre es mit "entscheidend beeinflußbar" und "nicht entscheidend beeinflußbar"? Dann haben wir immerhin die individuelle Zuordenbarkeit drin.
... "Entscheidend" ist irgendwie missverständlich (ich verstehe das in diesem Zusammenhang nicht).

Ich habe das Wort hier doppeldeutig verwendet, um herauszustellen, daß der Unterschied darin besteht, ob die individuelle Entscheidung für den effektiven Ausgang entscheidend ist oder nicht. Also konkret: Wenn der Bus gar nicht fährt, ist die individuell-präferente Entscheidung, ihn zu nehmen, letztlich nicht entscheidend für die Fortbewegung. Wenn der Bus dagegen fährt, ist die präferente Entscheidung entscheidend.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man von "Alternativen" redet, dann geht es doch dabei um alternative "mögliche" und "unmögliche" Weltabläufe. Oder vielleicht mal anders gesagt: in einer (hypothetischen) Welt, in der die gleichen Naturgesetze gelten wie in unserer, wäre der eine Ablauf problemlos möglich gewesen, der andere nicht (es hätte sein können, dass ich gestern in der Stadt einen Parkplatz gefunden hätte -> "möglich" - aber es hätte nicht sein können, dass ein Stein, den ich einfach loslasse, gen Himmel fliegt und im Weltraum verschwindet -> "unmöglich".)

Ich würde sagen, das ist genaugenommen falsch. In einer hypothetischen Welt mit exakt denselben Natugesetzen wären jeder der beiden Fälle entweder ebenso gegeben oder ebenso unphysikalsich. Wir sagen umgangssprachlich nur deshalb in dem einen Fall "unmöglich", weil er weniger komnplex ist und wir eine gute Theorie (Wissen) über ihn haben. Man sieht das ganz gut bei Grenzfällen, z.B. Wundergläubige.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und so verwendet man übrigens mAn auch in der Alltagssprache konditionale Ausdrücke. "Er hätte das tun können", "das und das hätte passieren können". Das hat mE nichts mit Determinismus, bzw. einer "offenen Zukunft" zu tun, daher sind Konditional I und II und auch die Unterscheidung zwischen "Möglichem" und "Unmöglichem" auch in einer determinierten Welt problemlos sinnvoll verwendbar.
In der Alltagssprache wird das tatsächlich so verwendet. Wie schon oft geschrieben, liegt das aber mAn an folgender Ursache:

Die meisten Menschen nehmen eine in Entscheidungssituationen tatsächlich offene Zukunft an (sie denken unphysikalisch). Man weiß zudem meist über den Entscheidungsvorgang nicht genügend, außer "wo" akut die Handlungssteuerung stattfindet. Man mittelt empirisch über vergleichbare, im Detail ebenfalls unbekannte Fälle, und interpretiert die nichtsinguläre Ergebnisverteilung (mal wird A, mal B gewählt) als auch im Einzelfall letzt-autonom. Erkent man in Einzelfällen doch die Details des deterministischen Ablaufs, sagt man i.a. auch nicht mehr "das und das hätte passieren können", sondern eher "das mußte ja so kommen".

Nein, dem kann ich nicht zustimmen. Ich denke, dass Konditionalsätze und auch die Rede von "möglich" und "unmöglich" immer gewisse Voraussetzungen beeinhalten (wenn -> dann) und evtl. auch eine Wahrscheinlichkeit (in ähnlichen Fällen ist es oft passiert, dass A eingetreten ist, daher hätte das auch hier so passieren können).

Bis hierher ist es noch kein Widerspruch zu meinem Modell.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und in dem Sinne kann man Möglichkeiten auch für vergangene (bereits geschehene Abläufe) sinnvoll feststellen. Davon bleibt unberührt, dass etwas nicht so gekommen ist, wie man annimmt, dass es hätte geschehen können.

Hmm ... viellicht sollte ich oben präzisieren:

"Erkent man in Einzelfällen doch die ursächlichen Zusammenhänge des deterministischen Ablaufs, sagt man i.a. auch nicht mehr "das und das hätte passieren können", sondern eher "das mußte ja so kommen".

Denn wenn man die Ursache nachträglich erkennt, versteht man ja, wieso man zuvor fälschlicherweise annahm, es hätte auch anders kommen können.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jedenfalls wäre es wenig sinnvoll, diese Unterscheidung nicht mehr zu treffen, weil die Welt determiniert ist. Und auch keine Unterscheidung mehr zwischen "wollen" und "müssen" zu treffen (ich will ins Kino gehen == ich muss ins Kino gehen).

Strohmann! Ich treffe die Unterscheidung zwischen "wollen" und "müssen" im Rahmen der Handlungsfreiheit. "Wollen" ist, wenn Handlung und Präferenz übereinstimmen. "Müssen" ist, wenn eine Handlung ungeachtet der Präferenz als erzwungen erlebt wird.

#1921: Welt de Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 24.12.2009, 22:56
    —
Ich habe das mal etwas umsortiert, und zwar nach Wichtigkeit für mich. Das Relevanteste für das Thema zum Schluss.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn man von "Alternativen" redet, dann geht es doch dabei um alternative "mögliche" und "unmögliche" Weltabläufe. Oder vielleicht mal anders gesagt: in einer (hypothetischen) Welt, in der die gleichen Naturgesetze gelten wie in unserer, wäre der eine Ablauf problemlos möglich gewesen, der andere nicht (es hätte sein können, dass ich gestern in der Stadt einen Parkplatz gefunden hätte -> "möglich" - aber es hätte nicht sein können, dass ein Stein, den ich einfach loslasse, gen Himmel fliegt und im Weltraum verschwindet -> "unmöglich".)

Ich würde sagen, das ist genaugenommen falsch. In einer hypothetischen Welt mit exakt denselben Natugesetzen wären jeder der beiden Fälle entweder ebenso gegeben oder ebenso unphysikalsich. Wir sagen umgangssprachlich nur deshalb in dem einen Fall "unmöglich", weil er weniger komnplex ist und wir eine gute Theorie (Wissen) über ihn haben. Man sieht das ganz gut bei Grenzfällen, z.B. Wundergläubige.

Das mit der Naturgesetzlichkeit war natürlich nur ein Beispiel für das "was wäre, wenn" bzw. das "was wäre gewesen, wenn". Aber das ist eine andere Diskussion, die wir auch gerne in einem anderen Thread führen können, jedoch nicht unbedingt hier.

Zur Einstimmung dessen mal ein paar Links:

Möglichkeit
Kontrafaktisches Konditional
Conditionals

Dennoch mal hier eine kleine Anmerkung dazu: selbstverständlich wäre eine Welt, die identisch zu unserer Welt wäre, identisch zu unserer Welt. Aber darum geht es nun mal schlicht nicht, und daher ist es nicht "genau genommen falsch" von anderen Welten (z.B. mit denselben Naturgesetzen) zu sprechen, in denen A naturgesetzlich möglich gewesen wäre, obgleich A in unserer Welt nicht geschehen ist.

Meine These vorab für den eventuellen anderen Thread: Die (eventuelle) Behauptung, es sei sinnlos (oder "genau genommen falsch") in einer determinierten Welt von Möglichkeiten zu sprechen (auch dann, um das mal einzugrenzen, wenn man über vergangene Geschehnisse spricht, deren Ablauf man sicher kennt und den man nicht nachträglich verändern kann) oder den Konditional zu verwenden, ist mAn falsch. ME eine sinnlose und auch dumme Selbsteinschränkung, ein Denkverbot, die und das auch durch nichts begründet werden kann. Schon gar nicht durch Determinismus.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nun sind aber wie gesagt die meisten sozial wichtigen Entscheidungen und Verhaltensweisen des Alltags eben nicht auf dem eigenen Mist gewachsen, sonst würden sich nicht alle so extrem ähnlich wie ihre Mitmenschen, Eltern, Lehrer, Nachbar-Arten verhalten.
Nö, das ist aber mAn jetzt ein schlichtes non sequitur. Jemand kann z.B. absichtlich und willentlich die momentanen Normen einhalten, er kann es aber auch deswegen tun, weil er noch nicht mal auf die Idee kommt, es könnte auch anders gehen.

Tja, das überzeugt mich nicht, weil es mein Argument nicht entkräftet. Das allermeiste moralische Verhalten ist eindeutig überindividuell synchron. Es ist also nicht wirklich auf Deinem Mist gewachsen (sondern eben tradiert/erzogen), und selbst im Fall individuell-tiefsinnig-skeptischer Überprüfung eines moralischen Gebotes kann man das Ergebnis der Entscheidung meist recht gut voraussagen, da es recht determiniert ist. Von mir aus kannst Du es auch so ausdrücken: Die vorgestellten Alternativen sind offensichtlich so unangenehm, daß Andere sich darauf verlassen können, daß Du meist wie erwünscht handelst. Ich behaupte, daß nur äußerst selten jemand absichtlich, nach reiflicher Überlegung, wesentlich gegen sein Gewissen (den moralischen Agenten der Anderen) handelt.

Ich sehe Dein Argument immer noch nicht. Was willst Du damit sagen? Möchtest Du lediglich sagen, es gäbe äußere Einflüsse, die eine Entscheidung beeinflussen? Falls ja: dabei haben wir doch gar keinen Dissens, das widerspräche in keinster Weise meinem Konzept von Willensfreiheit.

Oder möchtest Du etwa tatsächlich behaupten, dass der Fakt, dass sich viele (oder die meisten) Leute an die vorherrschenden Normen halten, bedeuten müsse, dass sie keine eigene Entscheidung diesbezüglich getroffen hätten?

Was logischerweise umgekehrt bedeuten würde, dass, falls sich viele nicht an die Normen hielten, man irgendwie daraus schließen könnte, dass sie irgendwie willensfreier seien? Ist das so? Kommt mir erst mal extremst merkwürdig vor, aber ich kenne ja Dein Konzept von Willensfreiheit auch noch nicht.

Bin daher immer noch der Meinung, dass das ein schlichtes Non Sequitur ist und nichts über die Fähigkeiten der Leute zu eigenen Entscheidungen aussagt. Dein Argument gibt diesbezüglich nichts her. Gar nichts.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wie sollte man da entscheiden können, welches Konzept besser (plausibler / zustimmungsfähiger / gemeinhin akzeptabel / wünschenswerter) ... sei?

Es ist, wie gesagt, ähnlich wie beim Begriff "Gott". A findet ihn sinnlos, B kann darunter verstehen, was er will (kann ihm ja keiner verbieten). B sagt: Du mußt auch ein Konzept für "Gott" vorlegen, wie soll man sonst entscheiden, wer von uns recht hat?

Deshalb muß ich eben auf die konkrete Ebene runter und versuchen rauszukitzeln, wo dieser oder jener Anhänger einer jeweils völlig unterschiedlich definierten Willensfreiheit aus seiner Definition widerlegbare Schlüsse zieht. Und das habe ich hier schon mehrfach praktiziert. Auch wenn Dich das nicht überzeugt hat, wie mir wohl bewußt ist.

Nö. Hat nichts mit Gott zu tun, der Vergleich passt gar nicht. Du kannst Dich meinetwegen als Atheist bequem zurücklehnen und darauf warten, das Dir jemand irgend ein Konzept von "Gott" präsentiert, das Du dann genüsslich zerpflückst.

Aber hier liegt der Fall anders. Du hast einige Behauptungen aufgestellt, (z.B. mein Konzept der Willensfreiheit wäre nicht "echt"), die Du belegen musst. Das mag unbequem und unangenehm sein, sicher, viel einfacher ist es natürlich, einfach zu behaupten, man hätte die Wahrheit gepachtet und zu fordern, andere müssten die eigene Einstellung widerlegen. Und wenn man dann noch nicht einmal darlegt, welchem Konzept man eigentlich genau anhängt, dann ist es noch viel bequemer. Für eine fruchtbare und faire Diskussion wäre es aber mE schon irgendwann mal hilfreich, wenn Du Dein Konzept von "echter" Willensfreiheit darlegst. Einfach nur unbelegte Behauptungen ("isso, weil ich das glaube" - wäre das ein gutes Argument, könnte man damit irgendwann alles und dessen Gegenteil beweisen) reichen auf die Dauer dazu nicht.

Dein einziges Argument bisher war, dass angeblich die meisten anderen Leute Dein (bisher nicht dargestelltes Konzept!!1!eins) unterstützen würden. Das ist aber a) nicht richtig und b) selbst wenn dem so wäre, enthöbe es Dich keinesweges von der Verpflichtung, Dein Konzept darzustellen. Denn nur dann, wenn es bekannt ist, können wir unsere beiden Konzepte vergleichen.

Wenn Du Dich nur bequem zurücklehnen willst und einfach immer nur wartest, was ich für Argumente für meine Sicht präsentiere, aber nicht Deine Sicht einer angeblich "echten" Willensfreiheit einer kritischen Betrachtung unterziehen willst, dann wird diese Diskussion für mich uninteressant. Ist mir letztlich egal, was Du unhinterfragt glaubst, solange Du nicht eine Behauptung der Art aufstellst, es gäbe im Determinismus keine Willensfreiheit. Aber eben das tust Du nun mal. Aber diese Aussage ergibt keinerlei Sinn, wenn "Willensfreiheit" darin undefiniert ist.

Aber da Du mir nicht glaubst und so völlig davon überzeugt bist, dass nur ich in der Beweispflicht wäre und Du gar nichts machen müsstest, noch nicht einmal zu erklären, wie man "echte" von "unechter" Willensfreiheit unterscheiden kann, keine Kriterien dafür nennen willst, möchte ich mal jemand anderes für mich sprechen lassen:

Is incompatilism intuitive? hat folgendes geschrieben:
It is especially important for incompatibilists that their view is supported by ordinary intuitions for the following three reasons. First, incompatibilism about any two concepts is not the default view. [...] Either determinism obviously precludes free will or those who maintain that it does should offer an explanation as to why it does. The philosophical conception of determinism—i.e., that the laws of nature and state of the universe at one time entail the state of the universe at later times—has no obvious conceptual or logical bearing on human freedom and responsibility. So, by claiming that determinism necessarily precludes the existence of free will, incompatibilists thereby assume the argumentative burden.
Second, the arguments that incompatibilists accordingly provide to explain why determinism necessarily precludes free will require conceptions of free will that are more metaphysically demanding than compatibilist alternatives.

Usw. Usf. Lies einfach.

Du schuldest mir nun a) ein Konzept des "echten" freien Willens und b) schuldest Du mir ein Argument (bzw. eine plausible Darstellung) dafür, warum dieses Dein Konzept "echt" sei und meines nicht.

Das ewige "issnunmalsoweilallesehnesdochauchsounddabrauchichjetztkeinweiteresargumentfür" ist auf die Dauer mehr als unbefriedigend.

Klar kann man aber auch immer nur gegen Strohmänner kämpfen, gegen diffuse, immer im nebulösen bleibenden Konzepte, weil man sich beharrlich weigert, die mal (an)-greifbar darzustellen, die kaum jemand vertritt, weil die letztlich nicht greifbar sind. Das beeindruckt aber weder mich noch andere, die dem bekämpften Konzept nicht anhängen.

Die Kernfrage dieses Threads ist immer noch die: ist es möglich, dass Menschen ihren Willen / ihre Entscheidungen hinreichend derart selber bestimmen können, dass man ihnen ihre Handlungen berechtigterweise zuordnen kann, ihnen also eine Verantwortung für gewisse ("ihre", die "selbstbestimmten") Handlungen zuweisen kann? Oder nicht? Oder spricht eine determinierte Welt gegen diese Fähigkeit? Und falls ja: warum? Gibt es gute Argumente gegen die (momentan verbreitete Sichtweise), dass Menschen in obigem Sinne autonom sind? (Was nicht!!! automatisch bedeutet, dass sie als letztverantwortlich == unabhängig von allem anzusehen seien - bzw., falls es das doch bedeuten sollte, müsste das mal begründet werden.)

#1922: Re: Freiheit ist Zielerreichungsfreiheit. Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 26.12.2009, 14:14
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Mein Vorschlag also: Lassen wir das Reden über Handlungsfreiheit und reden wir über Zielerreichungsfreiheit ...-!


Ein Ziel ist für mich eine Präferenz über die Zukunft, oder auch eine als zukünftig vorgestellte Präferenz. Daher ist die "Zielerreichungsfreiheit" sehr eng mit der Handlungsfreiheit verwandt:

Handlungsfriheit: Ich tue, was ich bevorzuge.
Zielerreichungsfreiheit: Ich tue, was dabei hilft, was ich für später bevorzuge.


Ich wollte gerade Deine undifferenzierte Vermischung von Mitteln und Zielen aufdröseln. Eine Handlung ist in der Regel nicht Selbstzweck. Auch dann nicht, wenn sie lustvoll ist und es scheint, dass die Handlung selber das Ziel sei.

Wenn ich esse, dann mit dem Ziel der Ernährung.

Nun kann man sich nicht nur mit der gleichen Handlung ernähren. Verschiedene Wege führen auch hier nach Rom. Das Ziel lässt sich auf verschiedene Weise erreichen.

Da Dein Ausdruck "Präferenz" sich sowohl auf Handlungen als auch auf Ziele bezieht, ist der Begriff so ungeeignet. Auch der Begriff "bevorzugen" ist nur wiederum derselbe Begriff der "Präferenz".

Eine Zielerreichungsfreiheit kann auch dann bestehen, wenn bestimmte, geeignete Handlungen zum Ziel nicht möglich sind. Wenn aber zumindest eine geeignete Handlung möglich plus mindestens die notwendigen Umstände und Mittel vorhanden sind und alles zusammen hinreichend ist für das Ziel, dann habe ich Zielerreichungsfreiheit.

Sitzt jemand in einem Verließ, so kann er sicher dies und das tun, wonach ihm gerade ist. Z.B. mit dem Kopf gegen die Mauern laufen. Wenn ihn das seinem Ziel des Ausbruchs aus dem Verließ kein Jota näher bringt, dann ist seine Handlungsfreiheit wertlos.

Deswegen: Was Menschen (und bewusste Tiere) wirklich anstreben, ist Zielerreichungsfreiheit, welche zusätzlich auch die erforderlichen Mittel und Umstände mit einschließt.

step hat folgendes geschrieben:
Das hatte ich oben bereits erklärt, bei der Frage, ob der stärkere Schachcomputer längerfristige Präferenzen bedienen kann.


Der Schachcomputer ist überhaupt keine Analogie zu bedürftigen und bewussten Lebewesen und ihrer Wechselbeziehung mit ihren Lebens- und Umweltverhältnissen. Denn ein Schachcomputer zeigt nicht das Phänomen der emergenten Weiterentwicklung. Er bleibt in seinem einmal gesetzten Rahmen.

Biologische und andere, sich höherentwickelnde Systeme, die durch ihre Entwicklung völlig neue, auf niederen Ebenen überhaupt nicht vorhersehbare Eigenschaften und Potenziale erzeugen, sind eigentlich sowas wie Such- und Optimierungssysteme, deren Such- und Optimierungsziele sich in ständiger Wechselbeziehung zwischen jenen Systemen und den Verhältnissen dynamisch ändern, bzw. immer wieder neu justieren und anpassen, wobei ständig neue Qualitäten in die Welt kommen.

Skeptiker

#1923:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 03.01.2010, 22:34
    —
Lars hat folgendes geschrieben:
Tapuak hat folgendes geschrieben:
Lars hat folgendes geschrieben:
Da physikalische Naturgesetze, solange kein Zufall im Spiel ist, mathematisch eindeutige Beziehungen beschreiben, kann ein gegebener Zustand nur in genau einen anderen Zustand entwickeln, das heißt die mathematische Funktion, die diese Entwicklung beschreibt hat für jeden gegebenen Anfangszustand nur eine Lösung. Dies ist einfach ein allgemeines vielfach empirisch belegtes Merkmal physikalischer Gesetze, das damit auch für deine neuronalen Erregungsmuster gilt.

Das ist in der Tat ein zentraler Punkt der Diskussion. Während dies für dich offenbar selbstverständlich ist, sehe ich zunehmend weniger, wie eigentlich begründet wird, dass bestimmte Beschreibungsweisen aus dem Bereich der Physik dafür geeignet sein sollen, Phänomene auf völlig anderen Ebenen angemessen zu erfassen. Bekanntlich wäre es ein Kategorienfehler, wenn man ein Beschreibungsweise auf einer Ebene anwendet, wo dies unangebracht ist.

Auf der Ebene des Bewusstseins scheint Unklarheit darüber zu herrschen, welche Beschreibungsweise die angemessene ist. Und deswegen ist es begründungsbedürftig, welchen Sinn es haben sollte, die Sprache und die theoretischen Konstrukte (Determinismus usw.) aus dem Bereich der Physik hier zur Anwendung zu bringen.


Ich bin oben (posts #1400168 , #1400363) bereits schon einmal ausführlich auf den Emergenzbegriff eingegangen.
Aber einige Worte über die Entwicklung von Zuständen sind hier vielleicht noch hilfreich:

Wenn man das Bewusstsein als Prozess für emergent gegenüber neuronalen Prozessen, und diese widerum für emergent gegenüber physikalisch-chemischen Prozessen auf der Molekülebene hält, dann folgt daraus, dass es zwischen diesen Ebenen strukturelle Kopplungen, Äquivalenzen gibt.
Dabei haben zwar natürlich immer noch alle Ebenen ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, aber es kann auf keiner Ebene Prozesse geben, deren äquivalente Prozesse auf der anderen Ebene den für sie dort geltende Gesetzmäßigkeiten widersprechen.

Wenn ich also auf der Molekülebene einen bestimmten physikalisch-chemischen Zustand habe, entspricht diesem aufgrund der Emergenz genau ein Bewusstseinszustand.
...



.

Diesen Punkt kann ich nicht teilen. Ein Molekülzustand entspricht einem Bewußtseinszustand ?
Das wäre aber ein heilloses Durcheinander in meinem Bewußtsein, hihihi.

Das erinnert mich stark an die alte, fehlerhafte Vorstellung von der "ein Gen-ein Protein-Vorstellung".

Ist es nicht eher so (nach aktueller Vorstellung), daß ganze Neuronenverbände (das sind abermilliarden Molekülzustände) im Gleichtakt "feuern" müssen (also eher ein gemeinsamer "Frequenzzustand"), um so etwas wie einen Bewußtseinszustand zu erzeugen ? ( Sorry, falls das schon geklärt wurde, bin aus Zeitgründen nicht so oft im Netz).

Zur angenommenen Reduzibilität des Bewußtseins: M.E. ist das Bewußtsein bereits ein reduzierter Zustand (durch Exformation von Information) der "Außenwelt", eine Art Kompression. Für Deterministen wäre hier vermutlich der Algorithmus o.ä. interessant, der solches bewerkstelligen könnte. Oder ist das Bewußtsein algorithmisch irreduzibel?

()

#1924:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 03.01.2010, 23:22
    —
Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.

Ein Teil der Problem scheinen mir daher zu kommen, daß über die Begriffe nicht Einvernehmen besteht. Ich versuchs mal von meiner Seite:

Ich unterscheide hier wie ihr zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit ist an sich einfach zu verstehen: als die Freiheit, zu tun, was man will. Damit ist auch klar, daß niemand ganz frei ist in seinen Handlungen, und niemand ganz unfrei. Selbst der rücksichtsloseste Despot findet seine Grenzen an den Gegebenheiten dieser Welt und selbst die Insassen eines Gefängnisses haben noch ein Minimum an Handlungsspielraum, wie man an jedem Ausbruch leicht sehen kann. Handlungsfreiheit ist also nie absolut, sondern immer nur ein Maß für real vorhandene Handlungsspielräume.

Unter Willen wird hier das verstanden, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Damit steht fest, wie Schopenhauer sagte, daß die Menschen zwar vielleicht tun können, was sie wollen, aber sicher nicht wollen können, was sie wollen. Willensfreiheit in einem absoluten Sinne, daß man sich seinen Willen frei bilden könnte, ist eine philosphische Fiktion, und zwar unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.

Dabei könnte man es bewenden lassen, und ich verstehe jeden, der sagt, Willensfreiheit gibt es nicht, wenn, ja wenn da nicht die Tatsache wäre, daß es so etwas wie Willensbildung bei Menschen gibt, und unterschiedliche Menschen dabei in unterschiedlichem Maße frei sind. Also müssen wir uns die Menschen etwas genauer ansehen.

Zuerst einmal gibt es Menschen nie allein und sie kommen auch nicht fertig auf diese Welt. Menschen können nur in der Gesellschaft anderer Menschen aufwachsen. Diese Phase des Heranwachsens ist einerseits gekennzeichnet durch ein großes Machtungleichgewicht zugunsten der Erwachsenen, wenn das auch im Prozeß des Heranswachsens immer kleiner wird. Was die Menschenjungen in dieser Phase wollen, wird in hohem Maße von den Erwachsenen bestimmt, wenn es auch immer wieder zu mehr oder weniger erfolgreichen Machtproben kommt. Es ist klar, daß das Maß an Willensfreiheit erheblich von der Art der Erziehung abhängt, in der die jungen Menschen aufwachsen.

Die Pupertät ist dann eine Zeit, in der die jungen Menschen die in der Kindheit vermittelten Vorstellungen einer kritischen Prüfung unterziehen, und auch in dieser Zeit gibt die Entwicklung der Heranwachsenden zu mehr oder weniger Willensfreiheit.

Nun können wir vielleicht auch etwas genauer sagen, was Willensfreiheit ist: das Maß für die innere Freiheit, die einzelne Menschen haben, das zu wollen, was ihren persönlichen Interessen und den realen Umständen entspricht, wobei reale Umstände kein unverrückbar fester objektiver Tatbestand ist, sondern eher die Summe des nachprüfbaren Wissens, das eine Menschengesellschaft in einem konkreten historischen Augenblick besitzt.

Wenn wir Willensfreiheit so verstehen, dann jagen wir nicht mehr einem philosophischen Phantom hinterher, sondern haben beobachtbare soziale Phänomene. Viele von uns haben schon Menschen erlebt, die zum Beispiel in einer Familie von Zeugen Jehovas aufgewachsen sind, und die sehr große Schwierigkeiten haben, eine eigenen Willen zu bilden, der ihren Interessen entspricht, selbst wenn sie die Notwendigkeit dazu einsehen, und den Handlungsspielraum auch hätten.

Ich denke, es läßt sich zeigen, daß eine so verstandenen Willensfreiheit beobachtbar, vielleicht sogar messbar ist, und sicher unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.

#1925:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 04.01.2010, 02:26
    —
Hi Marcellinus!


Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.

Noch einmal: Im Determinismus verhalten sich Ursache und Wirkung vollständig symmetrisch, folglich sind Willensakte verlustfrei [sic!] auf Nicht-Willensakte zurückzuführen (hier könnte bsw. nicht einmal gerechtfertigt von einem physikalischen Reduktionismus gesprochen werden; die Deduktion ist eine vollständige).

Indeterminismus kann - da gewisse Prozesse hier prinzipiell der Beobachtung unzugänglich sind - grundsätzlich nur zufallsbasierend gelingen (am eingänglichsten ist hier wohl die informationstheoretische Betrachtung).

Ein Drittes gibt es nicht.




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ein Teil der Problem scheinen mir daher zu kommen, daß über die Begriffe nicht Einvernehmen besteht. Ich versuchs mal von meiner Seite:

Ich unterscheide hier wie ihr zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit ist an sich einfach zu verstehen: als die Freiheit, zu tun, was man will. Damit ist auch klar, daß niemand ganz frei ist in seinen Handlungen, und niemand ganz unfrei. Selbst der rücksichtsloseste Despot findet seine Grenzen an den Gegebenheiten dieser Welt und selbst die Insassen eines Gefängnisses haben noch ein Minimum an Handlungsspielraum, wie man an jedem Ausbruch leicht sehen kann. Handlungsfreiheit ist also nie absolut, sondern immer nur ein Maß für real vorhandene Handlungsspielräume.


Ich unterscheide zwischen Entscheidungs-, Willens- und Handlungsfreiheit, wobei hier rechts die Untermenge von links besteht: Entscheidungsmöglichkeiten, die ich nicht kenne, kann ich auch nicht wollen. Und ich könnte einen Apfel essen wollen, ich kann es aber nicht tun, wenn ich keinen habe.

Die Differenz zwischen Willens- und Handlungsfreiheit bilden ein notwendiges kreatives Potential. So könnte ich zum Mond fliegen wollen und versuchen, die Probleme, die dem entgegenstehen, auszuräumen. Die Erweiterung meiner Willensfreiheit schaffe ich mit meinen Handlungen, die sich gegebenfalls zufällig eröffnen.




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Unter Willen wird hier das verstanden, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Damit steht fest, wie Schopenhauer sagte, daß die Menschen zwar vielleicht tun können, was sie wollen, aber sicher nicht wollen können, was sie wollen.


Wille ist genauer ein Willensakt, also eine Handlung. Schopenhauers "wollen können" wäre meine Entscheidungsfreiheit (Hätte Schopenhauer von einem "nicht wollen können, was sie tun" gesprochen, wäre dies hier sinniger ... zwinkern ).


Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Willensfreiheit in einem absoluten Sinne, daß man sich seinen Willen frei bilden könnte, ist eine philosphische Fiktion, und zwar unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.


Freiheit gibt es nur in einem absolutem Sinne. Deshalb ist es in philosphischer Sicht auch ein Scheinproblem. Geistig-psychisch liegt hier so etwas wie ein Nullabgleich vor ("Ich kann keinen Apfel essen - was tun?").




Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Dabei könnte man es bewenden lassen, und ich verstehe jeden, der sagt, Willensfreiheit gibt es nicht, wenn, ja wenn da nicht die Tatsache wäre, daß es so etwas wie Willensbildung bei Menschen gibt, und unterschiedliche Menschen dabei in unterschiedlichem Maße frei sind. Also müssen wir uns die Menschen etwas genauer ansehen.

Zuerst einmal gibt es Menschen nie allein und sie kommen auch nicht fertig auf diese Welt. Menschen können nur in der Gesellschaft anderer Menschen aufwachsen. Diese Phase des Heranwachsens ist einerseits gekennzeichnet durch ein großes Machtungleichgewicht zugunsten der Erwachsenen, wenn das auch im Prozeß des Heranswachsens immer kleiner wird. Was die Menschenjungen in dieser Phase wollen, wird in hohem Maße von den Erwachsenen bestimmt, wenn es auch immer wieder zu mehr oder weniger erfolgreichen Machtproben kommt. Es ist klar, daß das Maß an Willensfreiheit erheblich von der Art der Erziehung abhängt, in der die jungen Menschen aufwachsen.

Die Pupertät ist dann eine Zeit, in der die jungen Menschen die in der Kindheit vermittelten Vorstellungen einer kritischen Prüfung unterziehen, und auch in dieser Zeit gibt die Entwicklung der Heranwachsenden zu mehr oder weniger Willensfreiheit.

Nun können wir vielleicht auch etwas genauer sagen, was Willensfreiheit ist: das Maß für die innere Freiheit, die einzelne Menschen haben, das zu wollen, was ihren persönlichen Interessen und den realen Umständen entspricht, wobei reale Umstände kein unverrückbar fester objektiver Tatbestand ist, sondern eher die Summe des nachprüfbaren Wissens, das eine Menschengesellschaft in einem konkreten historischen Augenblick besitzt.

Wenn wir Willensfreiheit so verstehen, dann jagen wir nicht mehr einem philosophischen Phantom hinterher, sondern haben beobachtbare soziale Phänomene. Viele von uns haben schon Menschen erlebt, die zum Beispiel in einer Familie von Zeugen Jehovas aufgewachsen sind, und die sehr große Schwierigkeiten haben, eine eigenen Willen zu bilden, der ihren Interessen entspricht, selbst wenn sie die Notwendigkeit dazu einsehen, und den Handlungsspielraum auch hätten.

Ich denke, es läßt sich zeigen, daß eine so verstandenen Willensfreiheit beobachtbar, vielleicht sogar messbar ist, und sicher unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.


Willensbildung ist abhängig von Zahl, Unterschiedlichkeit und Komplexität von Wünschen. Auch dies ist abhängig von äußeren Umständen wie Müdigkeit, Schlaf, Alkoholeinfluss, Bewusstlosigkeit etc. und auch nicht vom Willensakt trennbar. Da eine deterministische Welt selbstverständlich kompatibel ist mit einer Illusion von einem freien Willen, kann es hier nur darum gehen, zu prüfen, ob nun diesbezüglich eine Illusion vorliegt oder nicht. Für den Alltag im allgemeinen wird sich hier aber so oder so nichts ändern.





Cheers,

Lamarck

#1926:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 05.01.2010, 02:39
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.

#1927:  Autor: LamarckWohnort: Frankfurt am Main BeitragVerfasst am: 06.01.2010, 01:42
    —
Hi Darwin Upheaval!


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.


Nein, "kausalen Löcher" gibt es nicht, es gibt aber "deterministische Löcher", genannt echter Zufall. Welche Anzahl an "Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen" lassen sich "ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren" (Achtung Fangfrage ... Mr. Green )?




Cheers,

Lamarck

#1928:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 06.01.2010, 02:59
    —
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Darwin Upheaval!


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.


Nein, "kausalen Löcher" gibt es nicht, es gibt aber "deterministische Löcher", genannt echter Zufall. Welche Anzahl an "Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen" lassen sich "ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren" (Achtung Fangfrage ... Mr. Green )?




Cheers,

Lamarck


ich auch "NEIN_en tu Auf den Arm nehmen

Es gibt nur keine "temporalen Löcher".
Das Zeit vergehen muß ist trivial, weswegen wirds vernachlässigt - zu unrecht.
Zustand A geht über in A´, hmm deterministisch hlat
Zustand A geht über in B, dann halt zufällig.

Adiabatische Zustandsänderung hat folgendes geschrieben:
Ausgehend von dem Axiom „Es gibt in der Nähe jedes reversibel erreichbaren Zustandes Zustände, welche nicht adiabatisch-reversibel, also nur irreversibel oder überhaupt nicht erreichbar sind“[1] wird die Existenz einer neuen Zustandsgröße Entropie bewiesen. Zustände, zwischen denen nur irreversible Übergänge möglich sind, unterscheiden sich nämlich in ihrer Entropie, so dass kein adiabatisch-reversibler (also isentroper) Übergang zwischen ihnen existieren kann.


physikalisch ja schön und gut, aber und das find ich persönlich sehr lustig, ist, das der Übertrag auf Information oder Wissen oder gar Fiktion oder Illusion scheitert.

Nimmt man einfach das Gehirn als thermodynamischen Apparat ,
dann kann man eigentlich konsequenterweise auch nicht mehr von Illusion sprechen.
Diese "Illusionen" sind ja dann physikalisch real und damit ...
tjo da hauts mir dann das Voggerl raus...

Das Denken über mögliche Zustände schafft diese Möglichkeiten.
Und Ideen und Eingebungen sind dann eben doch sowas wie Zufälle.

Der wirkliche Unterschied liegt nur in der nachträglichen Bewertung ob alles bedacht wurde = deterministisch, oder eben nicht.
Das funzt aber immer nur entgegen der Zeitlinie, die hämmert unbeeindruckt vorwärts.
Determinismus ist daher auch die Illusion des: "früher" mal alles gewußt zu haben, was man dennoch später detektiert(weiß).

#1929:  Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 06.01.2010, 03:47
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Lamarck hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Ich denke, die Frage des Determinismus ist hier nicht das Problem, denn ob es einen freien Willen gibt oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob es echte Zufälle gibt oder nicht.


Freiheit bedeutet immer eine Form von Unabhängigkeit. Und tatsächlich kann diese Unabhängigkeit letztlich nirgendwo anders herkommen als über die Existenz echter Zufälle. Und diese Unabhängigkeit besteht nur dann, wenn Zustände nicht 1 : 1 in andere Zustände überführt werden können.


Das sehe ich etwas anders.

Nicht der Zufall bedingt Entscheidungs- und Willensfreiheit, sondern die Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren zu können. Ob die Entscheidung eines Affen, in diesem Augenblick einen Apfel zu essen oder von seinem Pfleger (z. B. durch Symbolkarten) einen solchen zu verlangen, bereits vor 13,6 Mrd. Jahren feststand oder nicht, spielt für dessen Freiheit keine Rolle, da es ja generell keine "kausalen Löcher" in diesem Universum gibt. Auch bei "echten Zufällen" gilt: keine Wille ohne Ursache! So können z. B. quantenstatistische Ereignisse in der subjektiven Erlebniswelt neuronale "Kippphänomene" herbeiführen, die sich in der subjektiven Erlebniswelt niederschlagen. Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.


Nein, "kausalen Löcher" gibt es nicht, es gibt aber "deterministische Löcher", genannt echter Zufall. Welche Anzahl an "Möglichkeit, Handlungen und Willensbekundungen" lassen sich "ohne äußere Zwänge durchführen bzw. formulieren" (Achtung Fangfrage ... Mr. Green )?


Das kommt auf die Definition von "äußerer Zwang" an. Cum grano salis sind alle externen Faktoren, die das Denken (und "Wollen") mit beeinflussen, äußere Zwänge. Sind diese Einflüsse aber für das Subjekt nicht erkennbar und ko-determinieren sie (neben den systemimmanenten neuronalen Gesetzlichkeiten) lediglich die mentalen Prozesse, die einen bestimmten Willensakt zur Folge haben, würde ich nicht von einer Willensunfreiheit sprechen. Solange ein externer Faktor eine subjektive Entscheidung nicht konterkariert, ist das Subjekt frei in seiner Entscheidung.

Daher noch einmal: Was hat der Zufall mit Willensfreiheit zu tun?

#1930:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.01.2010, 19:27
    —
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Solange der Tierpfleger seinem Affen keinen Apfel aufnötigt, ist die Entscheidung des Affen immer eine freie Entscheidung.

Selbst AgentProvocateur müßte hier einwenden, daß es sich auch ohne Aufnötigung durch den Pfleger nicht um freien Willen handelt, da der Affe vermutlich verabsäumt hat, seinen Willen durch Bildung und Gewissensprüfung langfristig zu bilden. Also keine Willensfreiheit.

Wille und Entscheidung können zwar dem Affen (in seiner Rolle als "Hort einer Präferenz" und "Hort eines Entscheidungsablaufs") funktional zugeordnet werden, aber eben nur in dem Sinne, daß seine akute präferenzgetriebene Entscheidung nicht akut von außen behindert wird. Wobei es unklar ist, ob etwa hormonelle oder andere vegetative Präferenzeinflüsse als "von außen" gelten oder nicht, da sie ja nicht der Beeinflussung durch höhere Gehirnfunktionen unterliegen.

Bleibt also die Handlungsfreiheit, die in beiden beschriebenen Fällen tatsächlich gewährleistet wäre, wenn er den Apfel erreichen kann, denn der Affe kann durchführen, was zur Erreichung seiner (so oder so gegebenen) Präferenz führt.

Abgesehen von der unterschiedlichen Kenntnis kausaler Zusammenhänge besteht der Unterschied zwishen den beiden Fällen mE im wesentlichen darin, daß Aufnötigung (und aufgenötigte Handlung) sozial relevante Handlungsdeterminationen darstellen. Unser soziales Subjektkonzept sieht das Subjekt als hinreichend autonom von der akuten Manipulation durch die Anderen an. Das Subjekt soll sich regelkonform determiniert verhalten, und dabei würde es stören, wenn es akut durch Einzelne manipuliert würde.

#1931:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 07.01.2010, 19:44
    —
step hat folgendes geschrieben:

Unser soziales Subjektkonzept sieht das Subjekt als hinreichend autonom von der akuten Manipulation durch die Anderen an.

Was der Wirklichkeit wohl nicht ganz entspricht, da es mittlerweile zahlreiche psychologische Studien gibt, die zeigen, daß nicht nur Affen sondern auch wir Menschen unsere Meinung über bestimmte Tatbestände nach den Meinungen in unserer Umgebung richten.

So wurde vor kurzem vom Fall einer Frau berichtet, der nach einer Vergewaltigung verschiedene Personen als mögliche Täter präsentiert wurden, und obwohl sie den Täter genau gesehen hatte, ersetzte das Bild einer dieser Personen in ihrer Erinnerung das Bild des Täters. Die Person wurde verurteilt und erst nach vielen Jahren aufgrund von Genanalysen rehabilitiert. Und obwohl sie nur weiß, daß er nicht der Täter war, und beide nun mit einer Aufklärungskampagne durchs Land reisen, gelingt es ihr immer noch nicht, sich an das ursprüngliche Bild zu erinnern. Mit der Autonomie von Subjekten ist das also so eine Sache.

#1932:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.01.2010, 20:00
    —
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

#1933:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.01.2010, 08:45
    —
Hier mal ein Versuch, endlich auf den Punkt zu kommen:

Wir können nicht wollen, was wir wollen. Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

Wollen ist eine Äquivalenzklasse bestimmter innerer Prozesse bestimmter lebender Organismen. Was wir wollen <b>können</b>, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers (insbes. seines neuronalen Systems) entsprechend determiniert. Nur sehr wenig dessen, was wir wollen können, ist überhaupt oder jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar.

Was wir <b>tun</b> können, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers entsprechend determiniert. Nicht alles, was wir tun können, ist jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar. Was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort tun können, ist entsprechend dem konkreten Zustand unseres Körpers einerseits und jenem der mit uns interagierenden Dinge andererseits determiniert.

Wollen und Handeln sind unabhängig voneinander, d.h. wir können tun oder unterlassen, was wir wollen, und wir können tun oder unterlassen, was wir <b>nicht</b> wollen. <b>Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.</b>

#1934:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 08.01.2010, 12:01
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Hier mal ein Versuch, endlich auf den Punkt zu kommen:

Wir können nicht wollen, was wir wollen. Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

Wollen ist eine Äquivalenzklasse bestimmter innerer Prozesse bestimmter lebender Organismen. Was wir wollen <b>können</b>, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers (insbes. seines neuronalen Systems) entsprechend determiniert. Nur sehr wenig dessen, was wir wollen können, ist überhaupt oder jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar.

Was wir <b>tun</b> können, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers entsprechend determiniert. Nicht alles, was wir tun können, ist jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar. Was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort tun können, ist entsprechend dem konkreten Zustand unseres Körpers einerseits und jenem der mit uns interagierenden Dinge andererseits determiniert.

Wollen und Handeln sind unabhängig voneinander, d.h. wir können tun oder unterlassen, was wir wollen, und wir können tun oder unterlassen, was wir <b>nicht</b> wollen. <b>Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.</b>


Ja gäbe es denn nur dein Hirn, beispielsweise.

Von WIR sprechen ist die allergrößte Selbsttäuschung der Deterministen.

Mal abgesehen davon das allein die Verknüpfungs-Möglichkeiten deines Hirnapparates
wiki hat folgendes geschrieben:
Schätzungen zufolge kann das menschliche Gehirn etwa 100 Terabyte an Daten in chemischer Form in den Synapsen halten.

oder nach hörensagen: jeder einzelne Mensch hat mehr Verknüpfungsmöglichkeiten, als es Moleküle im Universum gibt.

und im Moment laufen über 6 Milliarden baugleiche Lebewesen rum.

oder kurz, unsere Vorstellungen von Möglichkeiten beschränkt sich nicht auf unsere eigene Hirnleistung - daher ist es gut darüber zu reden. zwinkern

We go(d) the power

#1935:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 08.01.2010, 13:48
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Sehr interessant und lesenswert. Vielen Dank für den Hinweis! Smilie

#1936:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 08.01.2010, 14:24
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Sehr interessant und lesenswert. Vielen Dank für den Hinweis! Smilie


Finde ich auch, danke AgentProvovateur! Daumen hoch!

Eine kleine Anmerkung zum Determinismus im Gehirn:

Wenn es so ist, dann sind dort bestimmte Abläufe vorherbestimmt, aber man muss aufpassen, hier nicht in eine Denkfalle zu tappen:

Denn wenn dort auch bestimmte Abläufe "verdrahtet" sind, so doch nur in Abhängigkeit von bestimmten inneren und/oder äußeren Zuständen; es handelt sich also um "Wenn-Dann"-Re-Aktionen und nicht um ein autistisches Vor-Sich-Hin-Determinieren des Gehirns.

Und genau darin liegt eben die Möglichkeit, in Abhängigkeit von neu am Horizont auftauchenden Erkenntnissen, bisherige Antriebe und Handlungen zu modifizieren. Falls die Erkenntnisse völlig neue, bisher ungeahnte Möglichkeiten eröffnen, entsteht also hier plötzlich ein Weg des Entscheidens und Handelns, welcher vorher womöglich nicht bestand.

Und plötzlich entsteht Freiheit der Zielerreichung. Ich sprach ja schon vorher von Zielerreichungsfreiheit. Darum geht es.

Denn ein Streben, ein Handeln ist ja als solches leer und bedeutungslos, wenn es nicht gekoppelt ist an Lebensbedürfnisse und davon abgeleitete Wünsche. Freiheit ist nun die Verwirklichung dieser Bedürfnisse, was eben die dazu notwendigen Mittel, Umstände und Handlungsoptionen voraus setzt.

Und nun der Clou: Jene Erkenntnisse selbst sind manchmal prinzipiell unvorhersehbar. Dadurch sind auch Willens- und Handlungsäußerungen unvorhersehbar - sie waren vielleicht als Potenzial vorhanden, aber nun verwirklichen sie sich.

Und da es nicht einfach um Beliebigkeit geht, sondern um sinnhaftes Wollen und Handeln, kann man von der Entstehung von Freiheit sprechen.

Insgesamt ist es also eine Sackgasse, nur das Gehirn zu betrachten und nur von Freiheit des Willens und des Handelns zu sprechen. Bei näherer Betrachtung wird man finden, dass diese Paradigmen antike und religiöse Paradigmen sind. Sie bringen uns in dieser Frage nicht weiter ...-

Skeptiker

#1937:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 08.01.2010, 16:16
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Und da es nicht einfach um Beliebigkeit geht, sondern um sinnhaftes Wollen und Handeln, kann man von der Entstehung von Freiheit sprechen.

Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit? zwinkern

#1938:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 08.01.2010, 17:49
    —
@ Roter Ballon:

Du zitierst zwar meinen kompletten Beitrag, aber Deine Antwort hat kaum etwas mit ihm zu tun. Gibt es vielleicht Verständnisprobleme? Zunächst und mehr oder weniger ins Blaue hinein nur Folgendes:

Menschliche Gehirne bilden eine Klasse realer Objekte mit bestimmten Eigenschaften, aufgrund derer sie menschliche Gehirne (und nicht etwa Lakritzstangen) sind. Wäre dem nicht so, gäbe es keine Erkenntnis, über die wir uns verständigen könnten.

Es ist ein banales Faktum, daß Dinge aufgrund ihrer Eigenschaften sind, was sie sind, und sich verhalten, wie sie sich verhalten. Seine Anerkenntnis macht aus mir noch lange keinen "Deterministen".

Die Menge der Eigenschaften eines <b>bestimmten</b> menschlichen Gehirns ist Teilmenge aller <b>möglichen</b> Eigenschaften menschlicher Gehirne (die wiederum Teilmenge aller möglichen Eigenschaften von <b>Gehirnen</b> ist). Anderenfalls gäbe es keine Erkenntnis, über die wir uns verständigen könnten.

#1939:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 00:15
    —
aber ich habe doch gar keine Antworten.

siehs meinetwegen eher als Trigger der bei mir einen Thoughtloop ausgelöst hat.

Immerhin bist du so weg von dem "WIR" gekommen.
Von dem generaliserten schliessen auf ein neutraleres "menschliche Gehirne" hin.

Somit ist die Einschränkung die deinem vorausgehenden Post zugrunde liegt für mich besser aufgelöst.

und so gefällts mir - runde sache, meint der Ballon in mir.

#1940:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 12:44
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Unser soziales Subjektkonzept sieht das Subjekt als hinreichend autonom von der akuten Manipulation durch die Anderen an.
Was der Wirklichkeit wohl nicht ganz entspricht, da es mittlerweile zahlreiche psychologische Studien gibt, die zeigen, daß nicht nur Affen sondern auch wir Menschen unsere Meinung über bestimmte Tatbestände nach den Meinungen in unserer Umgebung richten. ... Mit der Autonomie von Subjekten ist das also so eine Sache.

Genau, Beispiele dafür habe ich ja weiter oben auch schon gebracht. Eine Restunsicherheit bezüglich individueller, sozial relevanter Entscheidungen ist vermutlich evolutionär nützlich oder unvermeidlich, und diese wiederum läßt sich wohl mit Zufall bzw. "Willkür" ganz gut modellieren.

#1941:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 14:01
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Habe es mal kurz überflogen, bitte korrigiere mich, wenn ich was falsch verstanden habe:

Andreas Müller meint, Willensfreiheit existiere nicht, und stimmt auch sonst in den allermeisten Punkten MSS zu, einschließlich der Definition von Willensfreiheit.

Darüberhinaus hält er die Frage nach der Willensfreiheit für relativ irrelvant für ethische Fragen, da er eine naturalistisch-konsequenzialistische Position vertritt, nach der für Konzepte wie Verantwortung, Strafrecht usw. nur die angestrebten Ziele und Entscheidungskonsequenzen relevant sind.

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, unterstütze ich fast alles, was er schreibt, bis auf ein paar kleinere Sachen wie z.B.
- Verantwortung hat man nicht a priori, sie wird zugewiesen.
- Mißverständlichkeiten z.B. bei der Benutzung von "ich", "wir", Possesiva u.ä.
- ...

Insbesondere finde ich mich in seiner Trennung von Determinismus und Fatalismus wieder, und ich sehe zudem nicht wirklich, wo MSS viel Grundsätzliches zu widersprechen haben sollte.

#1942:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 17:54
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Immerhin bist du so weg von dem "WIR" gekommen.
Von dem generaliserten schliessen auf ein neutraleres "menschliche Gehirne" hin.


Nujaaa, das provokante Wörtchen "wir" kommt immerhin noch zweimal vor. Es soll (und sollte auch im ersten Post) nichts anderes heißen als "wir Menschen" - was kann man daran nur auszusetzen finden?

#1943:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 18:06
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Immerhin bist du so weg von dem "WIR" gekommen.
Von dem generaliserten schliessen auf ein neutraleres "menschliche Gehirne" hin.


Nujaaa, das provokante Wörtchen "wir" kommt immerhin noch zweimal vor. Es soll (und sollte auch im ersten Post) nichts anderes heißen als "wir Menschen" - was kann man daran nur auszusetzen finden?


ersteinmal, ja du schreibst eigentlich am klarsten und korrektesten ...

nur ersteinmal hab ich deine Ausage in mein Codesystem umzuinterpretieren, damit geht zwangsläufig Information verloren und die hol ich mir halt über ein Feedback wieder zurück.

Also:
In Allgemeinen steht ein "WIR" am allermeisten im pluralis majestatis - oder schlicht der Schluß von einem Selber auf Alle andere.
Da müßt ich dich schon kennen um das auszuschliessen - oder eben nachhaken.
Klare Formulierung hin oder her.

Aber was kümmern dich eigentlich "Kleinlichkeiten" Lachen
(ich hab halt ein talent für wunde punkte, eitelkeiten)

#1944:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 19:13
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
ersteinmal, ja du schreibst eigentlich am klarsten und korrektesten ...


Das freut mich sehr, denn darum bemühe ich mich mit geradezu lächerlichem Aufwand.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
nur ersteinmal hab ich deine Ausage in mein Codesystem umzuinterpretieren, damit geht zwangsläufig Information verloren und die hol ich mir halt über ein Feedback wieder zurück.


Das habe ich mittlerweile auch verstanden, nur ist es mir persönlich lieber, es würde im Zweifel zunächst nachgefragt und nicht gleich der Eindruck eines Angriffes erweckt.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Aber was kümmern dich eigentlich "Kleinlichkeiten" Lachen


Wie ein vereister Dichtungsring ein Spaceshuttle zum Absturz bringen kann, so entscheiden oft schon "Kleinigkeiten" darüber, ob ein philosophisches System formal und inhaltlich konsistent ist oder nicht. Deswegen betreibe ich lieber zu viel Korinthenscheißerei als zu wenig - wohl wissend, daß es oft als anstrengend empfunden wird.

#1945: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 20:09
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Hier mal ein Versuch, endlich auf den Punkt zu kommen:

Wir können nicht wollen, was wir wollen. Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

Wollen ist eine Äquivalenzklasse bestimmter innerer Prozesse bestimmter lebender Organismen. Was wir wollen <b>können</b>, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers (insbes. seines neuronalen Systems) entsprechend determiniert. Nur sehr wenig dessen, was wir wollen können, ist überhaupt oder jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar.

Was wir <b>tun</b> können, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers entsprechend determiniert. Nicht alles, was wir tun können, ist jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar. Was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort tun können, ist entsprechend dem konkreten Zustand unseres Körpers einerseits und jenem der mit uns interagierenden Dinge andererseits determiniert.

Wollen und Handeln sind unabhängig voneinander, d.h. wir können tun oder unterlassen, was wir wollen, und wir können tun oder unterlassen, was wir <b>nicht</b> wollen. <b>Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.</b>



.

Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.

Die Freiheit des Nichtwollens (Link) habe ich schon diverse male angesprochen. Dieses Thema ist wohl nicht besonders "aufregend".

()

#1946: Re: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 20:53
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.


Wenn Dich die Klärung des Begriffes "Willensfreiheit" und die philosophische Einordnung seines Bezugsobjektes nicht interessiert, kann Dich auch Analytische Philosophie im Allgemeinen nicht interessieren. Das ist schade, aber ich werde es wohl nicht ändern können.

#1947: Re: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.01.2010, 23:57
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.
Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.

Die Freiheit des Nichtwollens (Link) habe ich schon diverse male angesprochen. Dieses Thema ist wohl nicht besonders "aufregend".

Die Willensfreiheit zu verorten in der Möglichkeit, Nein zu sagen, ist keine prinzipielle Verbesserung gegenüber der "positiven" WF. In beiden Fällen handelt man gemäß determinierten Präferenzen - außer man handelt willkürlich / zufällig. Man hat also auch hier nur Handlungsfreiheit, akut und zuweilen auch in Form nachhaltiger Präferenzbildung.

Du schreibst übrigens dort:

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zu Deiner deterministischen These, bin ich der Auffassung, daß Sozialisation und Physiologie keine starren Systeme sind, die nicht auch umgekehrt von Willensregungen beeinflussbar wären.

Die Beeinflussung von Sozialisation und Physiologie durch Willensregungen (Präferenzen, Abwägungsalgorhithmen usw.) wird jedoch i.a. von Deterministen überhaupt nicht bezweifelt.

#1948:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 14:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Übrigens gibt es zurzeit zu diesem Thema eine (mE) interessante Reihe beim HPD:

Im Labyrinth der Willensfreiheit

Abschied von der Willensfreiheit?

Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater

MSS soll wohl dort demnächst darauf antworten. Bin sehr gespannt.

Habe es mal kurz überflogen, bitte korrigiere mich, wenn ich was falsch verstanden habe:

Andreas Müller meint, Willensfreiheit existiere nicht, und stimmt auch sonst in den allermeisten Punkten MSS zu, einschließlich der Definition von Willensfreiheit.

Darüberhinaus hält er die Frage nach der Willensfreiheit für relativ irrelvant für ethische Fragen, da er eine naturalistisch-konsequenzialistische Position vertritt, nach der für Konzepte wie Verantwortung, Strafrecht usw. nur die angestrebten Ziele und Entscheidungskonsequenzen relevant sind.

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, unterstütze ich fast alles, was er schreibt, bis auf ein paar kleinere Sachen wie z.B.
- Verantwortung hat man nicht a priori, sie wird zugewiesen.
- Mißverständlichkeiten z.B. bei der Benutzung von "ich", "wir", Possesiva u.ä.
- ...

Insbesondere finde ich mich in seiner Trennung von Determinismus und Fatalismus wieder, und ich sehe zudem nicht wirklich, wo MSS viel Grundsätzliches zu widersprechen haben sollte.


Der Andreas Müller bringt ein paar ganz andere Akzente rein. Sein Konsequenzialismus nähert sich anscheinend meinem Paradigma der Zielerreichungsfreiheit an.

Ich meine ja, dass ein Wille zu einer Handlung etwas anderes ist als ein Wille zu einem Ziel. Im ersten Fall ist die Handlung Selbstzweck, im zweiten Fall ist sie das Mittel zu einem Ziel.

HUnd um ein bestimmtes Ziel zu erreichen - und nicht bloß anzustreben! - können verschiedene Handlungen je nach Möglichkeitserkenntnis, Umständen, Zeitpunkt, Verfügbarkeit von Mitteln geeignet sein. Insofern ist die Freiheit, welche mit der Konsequenz (!) diverser Handlungen verbunden ist, immer relativ, situativ sozusagen.

Freiheit auf Handlungen zu beziehen hat also nur Sinn, wenn man Handlungen als Vermittlungen zwischen Willen und Zielen sieht. Und die Freiheit des Willens bezieht ihre Freiheit aus dem erfolgreich erreichten Ziel und sonst aus gar nichts.

Freiheit bedeutet somit nicht, dass da irgendwelche sinnlosen, zusammenhanglosen Handlungsimpulse freien Lauf bekommen, sofern diese nicht ihren Sinn als Mittel erhalten. Auch eine Handlung an der jemand nicht gehindert wird, ist eine unfreie Handlung, sofern sie entweder a) nichts mit dem eigenen Willen (- genauer: den eigenen Lebensbedürfnissen! -) zu tun hat und/oder b) nicht zum gewünschten Ziel führt.

Insofern ist die hier umlaufende Definition der Handlungsfreiheit als ungestörtes Handelnkönnen völlig sinnlos. Es gibt keine Handlungsfreiheit per se. Sondern frei kann ein Handeln nur genannt werden, wenn es zu den hinreichenden Mitteln gehört, das angestrebte Ziel zu erreichen.

Eine Einschränkung des Handelnkönnens ist umgekehrt auch nur dann eine Einschränkung der Freiheit, wenn es keine real mögliche substitituve Handlung gibt, welche an Stelle der verhinderten Handlung das angestrebe Ziel erreicht.

Deshalb ist Zielerreichungsfreiheit eigentlich das, worum es bei der Diskussion um menschliche Freiheit gehen sollte.

Lebenden und evolutiven Systemen ist es außerdem eigen, so etwas wie eine gemeinsame, koordinierte Freiheit über das Einzelsystem hinaus zu erreichen, eine überindividuelle Freiheit. Zu diesem Zweck ändern Lebewesen quasi ihre Körper, indem durch das Ins-Spiel-Bringen des Zufalls ein Pool neuer Körper versuchsweise produziert wird, aus dem sich dann durch die Umwelt die erfolgreichsten Anpassungen heraus filtern. Ähnliches ist auf dem Sektor der Erkenntnishöherentwicklung denkbar, so eine Art Evolutionsvorgang der Erkenntnis, auf der Basis verschiedener Gehirn- aber auch Kommunikationsvorgänge.

Man nehme z.B. an, dass es - vermittelt durch Kommunikation, Kooperation und Auseinandersetzungen - so eine Art von Brainstorm-Überschussproduktion, ein Überschuss an Gedanken-Kreativität gibt, aus der sich dann jene Gedanken heraus filtern, welche erfolgreiche Anpassungen an die Umwelt gewährleisten. Auch hier wäre das Prinzip Gedankenmutation plus Gedankenselektion, wobei die objektive Umwelt der Menschen die Richtschnur ist. Nebenbei würden sich dann die Gedanken im Durchschnitt an die Objektivität weiter annähern, jedenfalls im Idealfall, so dass Erkenntnis und Erfolg sich gegenseitig befördern würden ...-

Skeptiker

#1949:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 15:10
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
a) Wir können nicht wollen, was wir wollen. b) Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.

b) ist zwar richtig, aber daraus folgt nicht a). Es folgt nur: wir können nicht unabhängig von uns wollen, was wir wollen. Es folgt aber nicht, dass wir unser Wollen überhaupt nicht selber bestimmen können.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Deshalb ist Zielerreichungsfreiheit eigentlich das, worum es bei der Diskussion um menschliche Freiheit gehen sollte.

Zielerreichungsfreiheit ist dasselbe wie Handlungsfreiheit.

Die Frage nach der Willensfreiheit dreht sich darum, ob man sich selber Ziele setzen kann oder nicht (Selbstbestimmung). Oder ob die objektiv vorgegeben sind oder ob die jemand anderes vorgibt.

#1950: Re: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 16:13
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.


Wenn Dich die Klärung des Begriffes "Willensfreiheit" und die philosophische Einordnung seines Bezugsobjektes nicht interessiert, kann Dich auch Analytische Philosophie im Allgemeinen nicht interessieren. Das ist schade, aber ich werde es wohl nicht ändern können.


.

Mich interessiert die von Dir angesprochene Freiheit des Nichtwollens schon (sonst hätte ich darüber wohl kaum berichtet), aber andere wohl weniger.

()

#1951:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 19:21
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
a) Wir können nicht wollen, was wir wollen. b) Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.
b) ist zwar richtig, aber daraus folgt nicht a). Es folgt nur: wir können nicht unabhängig von uns wollen, was wir wollen. Es folgt aber nicht, dass wir unser Wollen überhaupt nicht selber bestimmen können.

Offensichtlich verstehst Du unter "a) wir können nicht wollen, was wir wollen" ja nicht die trivial falsche Aussage, daß wir nicht wollen könnten, was wir (gerade) wollen, denn natürlich wollen wir gerade immer das, was wir gerade wollen. (Oder doch nicht? Manchmal wollen wir ja auch gleichzeitig sich Widersprechendes.)

Sondern ob "wir selbst" unsere Präferenzen ändern können, oder noch exakter, ob sich zuweilen unsere Präferenzen unter Beteiligung bewußter Entscheidungen ändern. Wenn das geschieht, so sind es doch wieder die aktuellen Präferenzen und Bewertungsalgorhithmen, die das (nicht "können", sondern) determiniert tun.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Deshalb ist Zielerreichungsfreiheit eigentlich das, worum es bei der Diskussion um menschliche Freiheit gehen sollte.
Zielerreichungsfreiheit ist dasselbe wie Handlungsfreiheit.

Genau.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage nach der Willensfreiheit dreht sich darum, ob man sich selber Ziele setzen kann oder nicht (Selbstbestimmung). Oder ob die objektiv vorgegeben sind oder ob die jemand anderes vorgibt.

Beides ist der Fall: Ziele werden zuweilen individuell bewußt "gesetzt" und sind gleichzeitig komplett objektiv gegeben.

Ist Zielsetzungsfähigkeit dE notwendig oder gar hinreichend für Willensfreiheit? Was ist, wenn nicht die Ziele direkt vorgegeben sind, sondern nur die Mechanismen, mit denen sie gesetzt werden?

#1952:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 19:29
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Deshalb ist Zielerreichungsfreiheit eigentlich das, worum es bei der Diskussion um menschliche Freiheit gehen sollte.

Zielerreichungsfreiheit ist dasselbe wie Handlungsfreiheit.


Du meinst, jede gewünschte und erlaubte Handlung führt auch zum gewünschten Ziel?

Dann wäre es dasselbe, stimmt. Aber das ist ja nur manchmal der Fall. In anderen Fällen, wo das nicht der Fall ist, ist das freie und ungehinderte Handeln eben nicht zielführend und somit nicht frei.

Dort aber, wo die gewünschte und ungestörte Handlung nicht zum erstrebten Ziel fuehrt, gibt es eine entscheidende Differenz zwischen Wille und Ziel trotz Handlungsfreiheit.

Beispiel: Wenn ein Passagierflugzeug die Erlaubnis hat, loszufliegen, während ein Unwetter tobt, so heisst diese Handlungsfreiheit noch lange nicht, dass es auch am Ziel ankommen wird.

Dauert das Unwetter sogar mehrere Wochen an, so wäre eine Schiffsreise für die Passagiere womöglich zielführender. Diese wären auch dann nicht unfrei, wenn man sie am Fliegen hindern würde, sofern eine substitutive Handlungsalternative existiert.

Also: Der Mensch ist frei, wenn er Zielerreichungsfreiheit besitzt. freakteach

Das heisst mehr als nur Handlungsfreiheit. Es meint das Vorhandensein von zielführenden Umständen, Mitteln, Handlungsmöglichkeiten und ggf. auch der bewussten Erkenntnis dafür, sofern Instinkte nicht deren Rolle übernehmen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage nach der Willensfreiheit dreht sich darum, ob man sich selber Ziele setzen kann oder nicht (Selbstbestimmung). Oder ob die objektiv vorgegeben sind oder ob die jemand anderes vorgibt.


Nun leiten sich Ziele ja aus objektiven Lebensbedürfnissen ab. Und die wiederum hängen mit den objektiven Existenz- und Wohlfühlbedingungen des Körpers zusammen. Ob man sich bewusst davon unabhängige Ziele setzen kann, ist zu diskutieren. Das geht dann wohl in die Bereiche Verdrängung, Askese, Opferbereitschaft hinein ...-

Skeptiker

#1953:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 19:43
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Dort aber, wo die gewünschte und ungestörte Handlung nicht zum erstrebten Ziel fuehrt, gibt es eine entscheidende Differenz zwischen Wille und Ziel trotz Handlungsfreiheit.

Beispiel: Wenn ein Passagierflugzeug die Erlaubnis hat, loszufliegen, während ein Unwetter tobt, so heisst diese Handlungsfreiheit noch lange nicht, dass es auch am Ziel ankommen wird.

Was ist die Handlung, nur der Start oder auch das Ankommen? Wenn die Handlung der ganze Flug ist, ist Handlungsfreiheit die Freiheit, diese Handlung durchzuführen, nicht nur die Starterlaubnis.

#1954:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 19:45
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn ein Passagierflugzeug die Erlaubnis hat, loszufliegen, während ein Unwetter tobt, so heisst diese Handlungsfreiheit noch lange nicht, dass es auch am Ziel ankommen wird.

In diesem Fall hat der Pilot 2 Ziele: Loszufliegen und anzukommen. Die sich in diesem Fall nicht beide erreichen lassen. In bezug auf das Ziel "ankommen" hat er also keine Handlungsfreiheit. Das merkt er allerdings erst, wenn es schon zu spät ist, seine kurzfristigen Ziele zugunsten des langfristigen zu ändern - wenn er das übrigens doch noch täte, wäre es ein schönes Beispiel für unfreie Zielsetzungsfreiheit Smilie

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage nach der Willensfreiheit dreht sich darum, ob man sich selber Ziele setzen kann oder nicht (Selbstbestimmung). Oder ob die objektiv vorgegeben sind oder ob die jemand anderes vorgibt.
Nun leiten sich Ziele ja aus objektiven Lebensbedürfnissen ab. Und die wiederum hängen mit den objektiven Existenz- und Wohlfühlbedingungen des Körpers zusammen. Ob man sich bewusst davon unabhängige Ziele setzen kann, ist zu diskutieren. ...

Im Sozialismus ist man zielerreichungsfrei (planerreichungsfrei), aber nicht zielsetzungsfrei.

#1955:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 19:52
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
a) Wir können nicht wollen, was wir wollen. b) Eine von ihren eigenen Voraussetzungen unabhängige Willensfreiheit ist logisch unmöglich.
b) ist zwar richtig, aber daraus folgt nicht a). Es folgt nur: wir können nicht unabhängig von uns wollen, was wir wollen. Es folgt aber nicht, dass wir unser Wollen überhaupt nicht selber bestimmen können.

Offensichtlich verstehst Du unter "a) wir können nicht wollen, was wir wollen" ja nicht die trivial falsche Aussage, daß wir nicht wollen könnten, was wir (gerade) wollen, denn natürlich wollen wir gerade immer das, was wir gerade wollen.

Genau. Meiner Ansicht nach kann der Satz: "Wir können nicht wollen, was wir wollen" nur sinnvoll sein, wenn er sich auf die Zukunft bezieht. Er bedeutet demnach: "Wir können nicht bestimmen, was wir wollen werden" oder "Wir können nicht bestimmen, wie wir uns entscheiden."

step hat folgendes geschrieben:
Sondern ob "wir selbst" unsere Präferenzen ändern können, oder noch exakter, ob sich zuweilen unsere Präferenzen unter Beteiligung bewußter Entscheidungen ändern. Wenn das geschieht, so sind es doch wieder die aktuellen Präferenzen und Bewertungsalgorhithmen, die das (nicht "können", sondern) determiniert tun.

Ich halte es nicht für sinnvoll, eine Unterscheidung zwischen "mir" und "meine Präferenzen und meine Bewertungsalgorithmen" zu treffen (*). Eine Entscheidung muss Grundlagen haben, wenn sie nicht vollkommen willkürlich sein soll. Und wenn die Grundlagen meine Präferenzen und meine Bewertungsmaßstäbe sind, dann ist es eben mAn meine Entscheidung.

(*)Edit: vielleicht präziser ausgedrückt: ich halte es nicht für sinnvoll, meine Präferenzen und meine Bewertungsmaßstäbe als etwas von mir Getrenntes anzusehen. Diese sind ein entscheidender Teil von mir, nähme man sie von mir weg, dann bliebe nicht viel von mir übrig.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage nach der Willensfreiheit dreht sich darum, ob man sich selber Ziele setzen kann oder nicht (Selbstbestimmung). Oder ob die objektiv vorgegeben sind oder ob die jemand anderes vorgibt.

Beides ist der Fall: Ziele werden zuweilen individuell bewußt "gesetzt" und sind gleichzeitig komplett objektiv gegeben.

Hm, das halte ich für widersprüchlich. Wahrscheinlich verstehe ich nicht, was Du mit "objektiv gegeben" genau meinst.

step hat folgendes geschrieben:
Ist Zielsetzungsfähigkeit dE notwendig oder gar hinreichend für Willensfreiheit?

Ja, könnte man so sagen. Willensfreiheit besteht mAn darin, sich aufgrund vernünftiger Überlegungen und nötigenfalls auch gegen starke entgegenstehende Motive für eine Handlung entscheiden zu können.

step hat folgendes geschrieben:
Was ist, wenn nicht die Ziele direkt vorgegeben sind, sondern nur die Mechanismen, mit denen sie gesetzt werden?

Falls die Mechanismen dazu beitragen, rationale und vernünftige Überllegungen durchführen zu können, sie nicht manipulativ insofern sind, als dass sie bestimmte (für das Subjekt ungünstige) Ziele Dritter vorgeben, dann würde ich das Vorgeben der Mechanismen nicht als Freiheitseinschränkung sehen, sondern im Gegenteil als (mE wünschenswerte) Freiheitserweiterung. Mit anderen Worten: eine Erziehung zur Selbstständigkeit halte ich für wünschenswert.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 10.01.2010, 20:12, insgesamt einmal bearbeitet

#1956:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 19:53
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Dort aber, wo die gewünschte und ungestörte Handlung nicht zum erstrebten Ziel fuehrt, gibt es eine entscheidende Differenz zwischen Wille und Ziel trotz Handlungsfreiheit.

Beispiel: Wenn ein Passagierflugzeug die Erlaubnis hat, loszufliegen, während ein Unwetter tobt, so heisst diese Handlungsfreiheit noch lange nicht, dass es auch am Ziel ankommen wird.

Was ist die Handlung, nur der Start oder auch das Ankommen? Wenn die Handlung der ganze Flug ist, ist Handlungsfreiheit die Freiheit, diese Handlung durchzuführen, nicht nur die Starterlaubnis.


Die Handlung ist alles, was die Piloten in der Hand haben. also z.B. nicht das Wetter.

Die Handlung umfasst also nicht nur den Start, sondern durchaus auch das gesamte Fliegen. Aber trotzdem muss die Handlung nicht zum Ziel führen, weil "höhere Mächte" dies verhindern, etwa schwerste Turbulenzen.

Deshalb ist die Freiheit, ein Ziel zu erreichen mehr als nur die Freiheit, das Ziel anzustreben. Der Handelnde braucht zusätzlich auch die hinreichenden Umstände und Mittel, die Erkenntnisse über die geeigneten Strategien, ebenso die Fähigkeiten, die Unterstützung durch andere, etc.

Ansonsten ist Handlungsfreiheit eine Farce, weil sie wahrscheinlich nur sich selbst genügt, aber eben nicht dem angestrebten Ziel.

Wer wird denn schon zufrieden sein mit der Starterlaubnis während eines Tornados? Wer wird sich mit einer solche Handlungsfreiheit schon frei fühlen?

Umgekehrt würde ein Flugverbot zwar die Handlungsfreiheit bezüglich des Fliegens beseitigen, die Zielerreichungsfreiheit (durch geeignetere Handlungen) aber nicht einschränken, eher im Gegenteil ...-!

Skeptiker

#1957:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 19:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
Im Sozialismus ist man zielerreichungsfrei (planerreichungsfrei), aber nicht zielsetzungsfrei.


Mit den Augen rollen

Ist wieder mal Fön?

Skeptiker

#1958:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 20:02
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Deshalb ist die Freiheit, ein Ziel zu erreichen mehr als nur die Freiheit, das Ziel anzustreben. Der Handelnde braucht zusätzlich auch die hinreichenden Umstände und Mittel, die Erkenntnisse über die geeigneten Strategien, ebenso die Fähigkeiten, die Unterstützung durch andere, etc.

Ansonsten ist Handlungsfreiheit eine Farce, weil sie wahrscheinlich nur sich selbst genügt, aber eben nicht dem angestrebten Ziel.

Wer wird denn schon zufrieden sein mit der Starterlaubnis während eines Tornados? Wer wird sich mit einer solche Handlungsfreiheit schon frei fühlen?

Es ist am Ende ein Streit um Worte. Unter Handlungsfreiheit verstehe ich die Freiheit, entsprechend meinem Willen zu handeln. Handeln ist mehr als die Absicht, etwas zu tun, es ist das Tun von der Absicht bis zum Ergebnis. In diesem Beispiel kann die Handlungsfreiheit eingeschränkt sein durch die fehlende Starterlaubnis, aber auch durch schlechte Wetterbedingungen.

#1959:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 20:04
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zielerreichungsfreiheit ist dasselbe wie Handlungsfreiheit.

Du meinst, jede gewünschte und erlaubte Handlung führt auch zum gewünschten Ziel?

Nein, das tut sie (jede) sicher nicht. Na gut, Du redest von langfristigen Zielen, die durch kurzfristige Handlungen konterkariert werden können.

An der Stelle stimme ich Dir zu. Jemand, der fähig ist, seine langfristigen Ziele im Auge zu behalten, wäre auch nach meiner Ansicht freier (von momentanen Stimmungen, die seinem langfristigen Wohl widersprechen können).

Meinetwegen also unterscheiden wir zwischen (kurzfristiger) Handlungsfreiheit und (langfristiger) Zielerreichungsfreiheit.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Also: Der Mensch ist frei, wenn er Zielerreichungsfreiheit besitzt. freakteach

Aber da stimme ich nicht zu, es reicht mE nicht aus, beliebige Ziele langfristig verfolgen zu können, um frei zu sein. Die Ziele selber müssen mE auch der rationalen Erwägung unterliegen und akzeptiert werden.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nun leiten sich Ziele ja aus objektiven Lebensbedürfnissen ab. Und die wiederum hängen mit den objektiven Existenz- und Wohlfühlbedingungen des Körpers zusammen. Ob man sich bewusst davon unabhängige Ziele setzen kann, ist zu diskutieren. Das geht dann wohl in die Bereiche Verdrängung, Askese, Opferbereitschaft hinein ...-

Und an der Stelle unterscheiden wir uns anscheinend wesentlich in unseren (Welt-)Anschauungen. Es gibt mE zwar vorgebene Bedürfnisse (z.B. nach sozialen Kontakten, Sicherheit, Befriedigung materieller Bedürfnisse usw., die wohl alle Menschen mehr oder weniger teilen), aber ich meine nicht, dass daraus objektiv richtige Ziele folgen.

#1960:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 20:16
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
.. der Satz: "Wir können nicht wollen, was wir wollen" ... bedeutet demnach: "Wir können nicht bestimmen, was wir wollen werden" oder "Wir können nicht bestimmen, wie wir uns entscheiden."

... nicht frei bestimmen ... ! Womit wir wieder (eine Ebene höher) bei der Bedeutung von "freier Bestimmung" sind.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn die Grundlagen meine Präferenzen und meine Bewertungsmaßstäbe sind, dann ist es eben mAn meine Entscheidung.

Ja, allerdings begründet das nur die individuelle Zuordnung der Entscheidung, nicht deren Freiheit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Frage nach der Willensfreiheit dreht sich darum, ob man sich selber Ziele setzen kann oder nicht (Selbstbestimmung). Oder ob die objektiv vorgegeben sind oder ob die jemand anderes vorgibt.
Beides ist der Fall: Ziele werden zuweilen individuell bewußt "gesetzt" und sind gleichzeitig komplett objektiv gegeben.
Hm, das halte ich für widersprüchlich. Wahrscheinlich verstehe ich nicht, was Du mit "objektiv gegeben" genau meinst.

Damit meine ich, daß die die bewußte Setzung eines Ziels objektiv komplett unfrei (determiniert) abläuft. Du schlägst aus meiner Sicht gewissermaßen vor, unfreie Entscheidungen (z.B. seine Kinder nicht zu töten) "frei" zu nennen, sofern sie nur im Individuum ablaufen und nicht durch andere Subjekte akut manipuliert sind.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ist Zielsetzungsfähigkeit dE notwendig oder gar hinreichend für Willensfreiheit?
Ja, könnte man so sagen. Willensfreiheit besteht mAn darin, sich aufgrund vernünftiger Überlegungen und nötigenfalls auch gegen starke entgegenstehende Motive für eine Handlung entscheiden zu können.

Wieso müssen die Überlegungen eigentlich vernünftig sein? Je vernünftiger sie sind, desto berechenbarer sind sie doch auch, oder?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... eine Erziehung zur Selbstständigkeit halte ich für wünschenswert.

So allgemein stimmt da natürlich jeder zu. Aber sollte man dE auch daran arbeiten, Kinder und andere Mitmenschen moralisch möglichst wenig zu determinieren, damit sie ihre eigene, ganz individuelle Moral entwickeln und auf diese Weise besonders unmanipuliert und willensfrei sind? Oder sollten wir "aufgrund vernünftiger Überlegungen" Andere doch lieber moralisch hinreichend determinieren?

#1961:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 20:17
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Du meinst, jede gewünschte und erlaubte Handlung führt auch zum gewünschten Ziel?

Nein, das tut sie (jede) sicher nicht. Na gut, Du redest von langfristigen Zielen, die durch kurzfristige Handlungen konterkariert werden können.


An der Stelle stimme ich Dir zu. Jemand, der fähig ist, seine langfristigen Ziele im Auge zu behalten, wäre auch nach meiner Ansicht freier (von momentanen Stimmungen, die seinem langfristigen Wohl widersprechen können).

Meinetwegen also unterscheiden wir zwischen (kurzfristiger) Handlungsfreiheit und (langfristiger) Zielerreichungsfreiheit.

Ist diese Unterscheidung nicht ein wenig künstlich? Wo ist die Grenze zwischen einer kurzfristigen Handlung und einer oder mehreren Handlungen, die zu einem langfristigen Ziel führen? Will ich nicht bei jeder Handlung, die ich ausführe, ein Ziel erreichen? Ist das Erreichen eines Ziels, im Sinne des Abschlusses einer Handlung, nicht immer Teil der Handlung? Damit wären Zielerreichungsfreiheit und Handlungsfreiheit inhaltlich identisch, nur daß ich Handlungsfreiheit das bei weitem aussagekräftigere und elegantere Wort finde.

Edit: Quote repariert


Zuletzt bearbeitet von Marcellinus am 10.01.2010, 20:54, insgesamt einmal bearbeitet

#1962:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 20:36
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
.. der Satz: "Wir können nicht wollen, was wir wollen" ... bedeutet demnach: "Wir können nicht bestimmen, was wir wollen werden" oder "Wir können nicht bestimmen, wie wir uns entscheiden."

... nicht frei bestimmen ... ! Womit wir wieder (eine Ebene höher) bei der Bedeutung von "freier Bestimmung" sind.

Genau. "Frei" ist eine Entscheidung dann, wenn sie selbstbestimmt ist, und zwar basierend auf eigenen Gründe und Überlegungen.

Wann sollte eine Entscheidung auch sonst "frei" sein?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und wenn die Grundlagen meine Präferenzen und meine Bewertungsmaßstäbe sind, dann ist es eben mAn meine Entscheidung.

Ja, allerdings begründet das nur die individuelle Zuordnung der Entscheidung, nicht deren Freiheit.

Freiheit einer Person kann nicht unabhängig ("frei") von der Person (bzw. deren Präferenzen und Bewertungsmaßstäben) sein. Zumindest halte ich einen solchen Freiheitsbegriff für ziemlich merkwürdig, nicht nachvollziehbar und auch nicht für in irgend einem Sinne wünschenswert.

Aber Du schuldest mir eh noch eine explizite Darstellung Deines Freiheitsbegriffes.

step hat folgendes geschrieben:
Damit meine ich, daß die die bewußte Setzung eines Ziels objektiv komplett unfrei (determiniert) abläuft.

Dass Determinismus ein Gegensatz zu Freiheit bedeutet, muss begründet werden. Tut mir leid.

step hat folgendes geschrieben:
Du schlägst aus meiner Sicht gewissermaßen vor, unfreie Entscheidungen (z.B. seine Kinder nicht zu töten) "frei" zu nennen, sofern sie nur im Individuum ablaufen und nicht durch andere Subjekte akut manipuliert sind.

Nein, das schlage ich nicht vor. Eine Entscheidung benötigt zwingend eine Abwägung. Wenn jemand seine Kinder nicht tötet und er nie auf den Gedanken kam, das zu tun, dann gab es keine Entscheidung. Und es ist einfach absurd, zu fragen, ob eine Entscheidung, die es nie gab, "frei" sein könne. Außerdem behaupte ich ja gar nicht, dass alle Leute immer frei handeln würden. Ich behaupte lediglich, dass freie Entscheidungen möglich sind.

Wenn aber ein Individuum denkt: "Boah, die blöden Gören, dafür könnte ich sie an die Wand klatschen" und dann denkt: "Nee, das wäre Quatsch, ich liebe sie doch, das tue ich nicht, das wäre für alle blöd" - ja, das wäre dann mAn eine freie Entscheidung.

step hat folgendes geschrieben:
Wieso müssen die Überlegungen eigentlich vernünftig sein? Je vernünftiger sie sind, desto berechenbarer sind sie doch auch, oder?

Ja, und? Berechenbarkeit und Freiheit sind doch keine Gegensätze. Oder? Wieso?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... eine Erziehung zur Selbstständigkeit halte ich für wünschenswert.

So allgemein stimmt da natürlich jeder zu. Aber sollte man dE auch daran arbeiten, Kinder und andere Mitmenschen moralisch möglichst wenig zu determinieren, damit sie ihre eigene, ganz individuelle Moral entwickeln und auf diese Weise besonders unmanipuliert und willensfrei sind? Oder sollten wir "aufgrund vernünftiger Überlegungen" Andere doch lieber moralisch hinreichend determinieren?

Das kommt darauf an. Ob man das Gregor-Gysi-Argument akzeptiert (wir brauchen Religion, um den Pöbel zu moralischem Handeln zu bringen, für uns aber nicht, weil wir wissen, was richtig ist) oder ob man an die Macht der Vernunft glaubt und auch andere für fähig hält, vernünftig zu handeln.

#1963:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 21:02
    —
Wir haben immer noch nicht die Unterscheidung zwischen Handlungs- und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit ist an sich einfach zu verstehen: als die Freiheit, zu tun, was man will. Damit ist auch klar, daß niemand ganz frei ist in seinen Handlungen, und niemand ganz unfrei. Selbst der rücksichtsloseste Despot findet seine Grenzen an den Gegebenheiten dieser Welt und selbst die Insassen eines Gefängnisses haben noch ein Minimum an Handlungsspielraum, wie man an jedem Ausbruch leicht sehen kann. Handlungsfreiheit ist also nie absolut, sondern immer nur ein Maß für real vorhandene Handlungsspielräume.

Was ist jetzt mit Willensfreiheit? Beginnen wir mal mit den Willen. Willen ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Damit steht fest, wie Schopenhauer sagte, daß die Menschen zwar vielleicht tun können, was sie wollen, aber sicher nicht wollen können, was sie wollen. Willensfreiheit in einem absoluten Sinne, daß man sich seinen Willen frei bilden könnte, ist eine philosphische Fiktion, und zwar unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.

Dabei könnte man es bewenden lassen, und ich verstehe jeden, der sagt, Willensfreiheit gibt es nicht, wenn, ja wenn da nicht die Tatsache wäre, daß es so etwas wie Willensbildung bei Menschen gibt, und unterschiedliche Menschen dabei in unterschiedlichem Maße frei sind. Also müssen wir uns die Menschen etwas genauer ansehen.

Zuerst einmal gibt es Menschen nie allein und sie kommen auch nicht fertig auf diese Welt. Menschen können nur in der Gesellschaft anderer Menschen aufwachsen. Manche nennen das Erziehung, andere Manipulation. Fest steht jedenfalls, daß diese Phase des Heranwachsens gekennzeichnet ist durch ein großes Machtungleichgewicht zugunsten der Erwachsenen, wenn das auch im Prozeß des Heranswachsens immer kleiner wird. Was die Menschenjungen in dieser Phase wollen, wird in hohem Maße von den Erwachsenen bestimmt, wenn es auch immer wieder zu mehr oder weniger erfolgreichen Machtproben kommt. Es ist klar, daß das Maß an Willensfreiheit erheblich von der Art der Erziehung abhängt, in der die jungen Menschen aufwachsen.

Die Pupertät ist dann eine Zeit, in der die jungen Menschen die in der Kindheit vermittelten Vorstellungen einer kritischen Prüfung unterziehen, und auch in dieser Zeit gibt die Entwicklung der Heranwachsenden zu mehr oder weniger Willensfreiheit.

Nun können wir vielleicht auch etwas genauer sagen, was Willensfreiheit ist: das Maß für die innere Freiheit, die einzelne Menschen haben, das zu wollen, was ihren persönlichen Interessen und den realen Umständen entspricht, wobei reale Umstände kein unverrückbar fester objektiver Tatbestand ist, sondern eher die Summe des nachprüfbaren Wissens, das eine Menschengesellschaft in einem konkreten historischen Augenblick besitzt.

Wenn wir Willensfreiheit so verstehen, dann jagen wir nicht mehr einem philosophischen Phantom hinterher, sondern haben beobachtbare soziale Phänomene. Viele von uns haben schon Menschen erlebt, die zum Beispiel in einer Familie von Zeugen Jehovas aufgewachsen sind, und die sehr große Schwierigkeiten haben, eine eigenen Willen zu bilden, der ihren Interessen entspricht, selbst wenn sie die Notwendigkeit dazu einsehen, und den Handlungsspielraum auch hätten.

Ich denke, es läßt sich zeigen, daß eine so verstandenen Willensfreiheit beobachtbar, vielleicht sogar messbar ist, und sicher unabhängig davon, ob diese Welt deterministisch ist oder nicht.

#1964: Re: Die Freiheit des Nichtwollens: Das Vetorecht Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 21:27
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit.
Naja, diesen Punkt interessiert kaum jemanden.

Die Freiheit des Nichtwollens (Link) habe ich schon diverse male angesprochen. Dieses Thema ist wohl nicht besonders "aufregend".

Die Willensfreiheit zu verorten in der Möglichkeit, Nein zu sagen, ist keine prinzipielle Verbesserung gegenüber der "positiven" WF. In beiden Fällen handelt man gemäß determinierten Präferenzen - außer man handelt willkürlich / zufällig. Man hat also auch hier nur Handlungsfreiheit, akut und zuweilen auch in Form nachhaltiger Präferenzbildung.


.

Ich denke nicht, daß Libets Experiment (um den Bogen auf das Eingangsthema zurückzuschlagen) das Ziel hatte, den freien Willen o.ä. zu "verbessern". Er hat einfach experimentiert und seine Ergebnisse präsentiert. Und diese lassen so etwas wie eine "Freiheit des Nichtwollens" zu. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Über eine höhere Macht, einen intelligenten Designer, eine durch einen Algorithmus verschlüsselte "determination of everything" ("Alptraum des physikalistischen Deterministen") o.ä. hat er sich dabei nicht ausgelassen.


Zitat:
Du schreibst übrigens dort:

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zu Deiner deterministischen These, bin ich der Auffassung, daß Sozialisation und Physiologie keine starren Systeme sind, die nicht auch umgekehrt von Willensregungen beeinflussbar wären.

Die Beeinflussung von Sozialisation und Physiologie durch Willensregungen (Präferenzen, Abwägungsalgorhithmen usw.) wird jedoch i.a. von Deterministen überhaupt nicht bezweifelt.


Das war nur ein kleiner Seitenhieb auf Skeptiker's deterministisch anmutende These: "das (Physiologie und Sozialisation) ist beides nichts, was sich jemand frei gewählt hat."

()

#1965:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 22:18
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber Du schuldest mir eh noch eine explizite Darstellung Deines Freiheitsbegriffes.

Hab ich schon mehrfach getan. "Frei" ohne Zusatz bedeutet für mich "undeterminiert" - also etwas, das es in unserer Welt wohl nicht gibt. Es gibt eingeschränkte Bedeutungen, zum Beispiel "frei von Zucker" (im Sinne von "ohne Zucker") oder auch "frei von Manipulation durch Andere".

Mir ist bewußt, daß "frei" je nach Kontext allen Mägliche bedeuten kann, z.B. politische Freiheit. Vielleicht verstehen auch viele Leute "frei" als "ohne Zwang". Mir geht es hier nicht darum, Worte umzudefinieren, sondern eher darum, bestimmte Konnotationen zu vermeiden.

Handlungsfreiheit finde ich als Begriff zwar etwas unglücklich, aber wenigstens sehe ich dahinter eine reale Kategorie, nämlich die bewußt gesteuerte Durchführung einer präferenten Handlung (also ohne hindernde Zwänge).

Willensfreiheit wäre für mich, wenn der Wille nicht (komplett) verursacht, sondern wenigstens zum Teil letztursächlich wäre. Also eine libertarische Vorstellung, die auch bei den meisten Christen vorherrscht, und die, wie wir beide wissen, nicht der Fall ist - und wäre sie der Fall, auch zu merkwürdigen Verhältnissen führte. Einge sagen sogar, sie sei logisch widersprüchlich, aber lassen wir das mal beiseite.

Die Beispiele von "Willensfreiheit", die ich bisher von Kompatibilisten gelesen habe, sind eigentlich immer Varianten der Handlungsfreiheit, z.B. langfristige Handlungsfreiheit, oder beschreiben einfach nur die Tatsache, daß Präferenzen und Bewertungen sehr komplex sind und sich ändern / wechselwirken.

Wie ich schon geschrieben habe, würde ich, um Verwechslungen mit dem intuitiv-libertarischen Konzept zu vermeiden, in diesen Fällen lieber konkret benennen, was wovon frei ist und welche Eigenschaft die Präferenzen haben sollen, also z.B.

- Präferenzen frei von akuter Manipulation durch andere Subjekte
- Präferenzen ausreichend intensiv rational hinterfragt, was durch Intelligenz und Bildung ermöglicht wird
- ...

Wenn man schon einen zusammenfassenden Begriff für diese soziologische Kategorie benötigt, schlage ich vor, das "(individuelle) Willensbildung" oder so ähnlich zu nennen.

Unabhängig von der Benennung ist es mE sowieso nicht weit her mit der individuellen Willensbildung, vor allem bei moralischen Fragen. Hier unterliegen wir einem relativ starken soziologischen Gleichschaltungsdruck. Willensfreiheit in Deinem Sinne würde hier also entweder auf extreme Individualität / Anarchie hinauslaufen, oder aber alle kommen rational zum selben Ergebnis, wir hätten also eine Art Naturrechtsethik. Ich will das gar nicht werten, aber es ist sicher nicht das, was die meisten Anhänger der Willensfreiheit sich darunter vorstellen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wenn aber ein Individuum denkt: "Boah, die blöden Gören, dafür könnte ich sie an die Wand klatschen" und dann denkt: "Nee, das wäre Quatsch, ich liebe sie doch, das tue ich nicht, das wäre für alle blöd" - ja, das wäre dann mAn eine freie Entscheidung.

Und wenn er denkt: "Nee, ich liebe sie doch, das bringe ich einfach nicht über's Herz"?
Oder wenn er denkt: "Nee, das tue ich nicht, da käme ich in den Knast, das wäre für mich blöd" ?

Emotionalität ist eben nicht rational, und Rationalität nicht zwanglos. Sondern, wie man so schön sagt, "zwingend".

#1966:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.01.2010, 22:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
Willensfreiheit wäre für mich, wenn der Wille nicht (komplett) verursacht, sondern wenigstens zum Teil letztursächlich wäre.

Ja, schon klar, das ist so für Dich, aber meine Frage ist: warum? Wie begründest Du das, was sind Deine Argumente dafür?

Ich halte das für völlig unverständlich und ich möchte mal jemand anderen für mich sprechen lassen:

John Locke hat folgendes geschrieben:
"Verdient es den Namen Freiheit, wenn man die Freiheit besitzt, den Narren zu spielen und sich selbst in Schande und Unglück zu stürzen? Wenn Freiheit, wahre Freiheit, darin besteht, daß man sich von der Leitung der Vernunft losreißt und von allen Schranken der Prüfung und des Urteils frei ist, die uns vor dem Erwählen und Tun des Schlechteren bewahren, dann sind Tolle und Narren die einzig Freien; allein ich glaube, keiner, der nicht schon toll ist, wird um einer solchen Freiheit willen wünschen, toll zu werden. Das stete Verlangen nach Glück und der Zwang, den es uns auferlegt, um seinetwillen zu handeln, wird meines Erachtens niemand als eine Schmälerung der Freiheit ansehen oder wenigstens nicht als eine Schmälerung, die zu beklagen wäre."


step hat folgendes geschrieben:
Die Beispiele von "Willensfreiheit", die ich bisher von Kompatibilisten gelesen habe, sind eigentlich immer Varianten der Handlungsfreiheit, z.B. langfristige Handlungsfreiheit, oder beschreiben einfach nur die Tatsache, daß Präferenzen und Bewertungen sehr komplex sind und sich ändern / wechselwirken.

Nein, das denke ich nicht, denn Handlungsfreiheit ist ein philosophischer Begriff, der einfach bedeutet: "Handlungsfreiheit: man kann tun, was man will." Die Frage, woher dieser Wille kommt, ist dabei irrelevant, der kann auch von einem Manipulateur kommen. Daher weigere ich mich, das synonym zu Willensfreiheit zu verwenden, denn das ist mE die Frage, ob wir uns selber bestimmen können, ob wir unsere Ziele und unsere Entscheidungen festlegen können. Und das können wir mE. Nicht in dem Sinne, dass wir zufällig irgendwelche blödsinnigen Entscheidungen treffen, aber in dem Sinne, dass wir rationale Wesen sind, die sich selber hinterfragen können, die sich selber auf den Prüfstand stellen können. Aber das kommt natürlich stark darauf an, was man als Bestandteil von sich selber ansieht. Separiert man die eigenen Präferenzen und Bewertungsmaßstäbe von sich, sieht man sich als kleines Männchen, das merkwürdigerweise ohne Zusammenhang irgendwo im Nichts schwebt, dann gibt es selbstverständlich gar keinen eigenen Entscheidungen, dann gibt es gar keine Entscheidungen und Handlungen, dann gibt es nur Abläufe.

Und zu der Verwechslungsgefahr zum libertarischen freien Willen: warum nennen wir den libertarischen freien Willen (dem Du mir bis jetzt unverständlicherweise auch anhängst) nicht einfach "libertarischer freier Wille" und den kompatibilistischen freien Willen "kompatibilistischen freien Willen"? Das wäre doch schon mal ein gewaltiger Fortschritt zu der ewigen bisher unbegründeten Behauptung, nur der libertarische freie Wille sei der einzig echte freie Wille.

Übrigens bin ich nicht Deiner Ansicht, dass die Vorstellung eines libertarischen freien Willens vorherrschend ist. Ich denke, ein Großteil der Konfusion kommt dadurch, dass zu viele Leute aus einem Determinismus Fatalismus folgern und Fatalismus Freiheit ausschließt.

step hat folgendes geschrieben:
Wie ich schon geschrieben habe, würde ich, um Verwechslungen mit dem intuitiv-libertarischen Konzept zu vermeiden, in diesen Fällen lieber konkret benennen, was wovon frei ist und welche Eigenschaft die Präferenzen haben sollen, also z.B.

- Präferenzen frei von akuter Manipulation durch andere Subjekte
- Präferenzen ausreichend intensiv rational hinterfragt, was durch Intelligenz und Bildung ermöglicht wird
- ...

Wenn man schon einen zusammenfassenden Begriff für diese soziologische Kategorie benötigt, schlage ich vor, das "(individuelle) Willensbildung" oder so ähnlich zu nennen.

Ja, habe ich eigentlich nichts dagegen und Deine Beschreibung dessen, was ich freien Willen nenne, passt schon recht gut. (Edit: wenn wir "Bildung" und "Intelligenz" weglassen.)

Nur, wie gesagt, meine ich ja gar nicht, dass Leute unter "freiem Willen", "Autonomie", "Selbstbestimmung" usw. einen libertarischen freien Willen verstehen und sehe die Gefahr, dass, wenn man sagt: "es gibt keine Willensfreiheit" das so verstanden werden wird: "werde Fatalist, Du kannst eh nix ändern."

step hat folgendes geschrieben:
Unabhängig von der Benennung ist es mE sowieso nicht weit her mit der individuellen Willensbildung, vor allem bei moralischen Fragen. Hier unterliegen wir einem relativ starken soziologischen Gleichschaltungsdruck.

Ja, das denke ich auch. Man ist sicher viel weniger frei, als man denkt und das auch in meinem Sinne.

Nur denke ich, dass Freiheit im libertarischen Sinne a) ein sinnloses, weil logisch inkonsistentes Konzept ist und b) das nichts mit Determinismus zu tun hat und c) dass man durchaus sinnvoll sagen kann, dass Personen ihren Willen (wenn auch viel weniger, als sie vielleicht denken, zugegeben) selber bestimmen können und dass d) man das in einem libertarischen Freiheitskonzept nie sinnvoll sagen kann (in keiner denkbaren Welt, egal, ob determiniert oder indeterminiert).

#1967:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 09:42
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber Du schuldest mir eh noch eine explizite Darstellung Deines Freiheitsbegriffes.

Hab ich schon mehrfach getan. "Frei" ohne Zusatz bedeutet für mich "undeterminiert" - also etwas, das es in unserer Welt wohl nicht gibt.


In unserer Welt gibt es aber - im Gegensatz zu einer unveränderlichen Geisterwelt - so etwas wie unvorhersehbare Höherentwicklungen. Diese verlaufen wahrscheinlich nicht deterministisch.

Inwieweit Emergenz nun Freiheit gebiert, ist eine Frage, die wahrscheinlich beim menschlichen Subjdekt sehr stark mit dem Thema Erkenntnis verknüpft ist.

Nehmen wir mal an, die Erkenntnis des einzelnen Individuums ist zwar relativ beschränkt, aber die Erkenntnis der Menschheit insgesamt über die Zeitläufe macht ungeheure Sprünge und wirkt dann schließlich zurück auf das Denken und Entscheiden der Individuen.

Und nehmen wir mal an, plötzlich kommt einem die Erleuchtung, neue Möglickeiten dringen blitzlichtartig ins Bewusstsein. Plötzlich stellt der Mensch sich neue Aufgaben, weil unterwartbar plötzlich neue Lösungsmöglichkeiten ins Bewusstsein gedrungen sind. Die Möglichkeiten des Handelns, die Handlungsfreiheit also (!) wächst; aber nicht allein durch das individuelle Gehirn, sondern durch vielfältige Wechselbeziehungen mit der Welt.

Das hast Du beim Schachcomputer ja nicht im entferntesten. Der bewegt sich immer in seinem Nähkästelchen. Da gibt es keine Emergenz, keine Entwicklung, keine Evolution der Erkenntnis und auch kein Bewusstsein ...-

Skeptiker

#1968:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 09:47
    —
@ AgentProvocateur & step:

Für sich genommen und aus dem Zusammenhang gerissen ist die Aussage "Wir können nicht wollen, was wir wollen" selbstwidersprüchlich und darum <u>absolut</u> falsch, aber durch meine weiteren Ausführungen sollte doch deutlich geworden sein, was ich damit meine: "Etwas wollen/nicht wollen" ist ein Gefühl ("Äquivalenzklasse bestimmter innerer Prozesse bestimmter lebender Organismen"), auf das wir keinen direkten Einfluß nehmen können, m.a.W.: es ist nicht möglich, den konkreten "Inhalt" unseres Willens (das, "was wir wollen") zu wollen. Glücklicherweise aber können wir unsere Gefühle reflektieren und darüber befinden, ob wir ihnen gemäß handeln oder nicht. Ohne diese Fähigkeit und die ihr zugrundeliegende Unterscheidung wäre neben vielem Anderen auch ethisch orientiertes Verhalten unmöglich.

Re: Verwirrung um Zielerreichungsfreiheit/Handlungsfreiheit etc.: Ist an diesem Abschnitt irgendetwas mißverständlich?:
"Was wir <b>tun</b> können, ist der Menge aller möglichen Zustände unseres Körpers entsprechend determiniert. Nicht alles, was wir tun können, ist jederzeit und/oder an allen Orten realisierbar. Was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort tun können, ist entsprechend dem konkreten Zustand unseres Körpers einerseits und jenem der mit uns interagierenden Dinge andererseits determiniert."
Ich denke, das klärt alles, was Ihr gestern noch so munter diskutiert habt.

@ Tso Wang:

Den Begriff "Freiheit des Nichtwollens" habe ich niemals verwendet, denn ich halte ihn für ebenso irreführend, ja unsinnig wie den Begriff der Willensfreiheit. Die Gründe dafür gehen aus meinem ersten Beitrag in diesem Thread hervor.

#1969:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 10:14
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber Du schuldest mir eh noch eine explizite Darstellung Deines Freiheitsbegriffes.
Hab ich schon mehrfach getan. "Frei" ohne Zusatz bedeutet für mich "undeterminiert" - also etwas, das es in unserer Welt wohl nicht gibt.
In unserer Welt gibt es aber ... so etwas wie unvorhersehbare Höherentwicklungen. Diese verlaufen wahrscheinlich nicht deterministisch.

Wieso höher? Und welche indeterministischen Prozesse konkret bestimmen etwa moralische Entscheidungen?

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Das hast Du beim Schachcomputer ja nicht im entferntesten. Der bewegt sich immer in seinem Nähkästelchen. ...

Ist das menschliche Nähkästelchen bei den meisten wesentlichen, alltäglichen Entscheidungsvorgängen wesentlich größer?

#1970:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 10:45
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Willensfreiheit wäre für mich, wenn der Wille nicht (komplett) verursacht, sondern wenigstens zum Teil letztursächlich wäre.
Ja, schon klar, das ist so für Dich, aber meine Frage ist: warum? Wie begründest Du das, was sind Deine Argumente dafür?

Ich vermute, einige Gründe sind:

- meine christliche Sozialisation: Die meisten Christen (und auch Esoteriker) vertreten erstmal einen libertarischen FW. Wenn ich also sage "Willensfreiheit git es nicht", verstehen die meisten Menschen das richtig, halten es aber für falsch.

- meine Erfahrung in Diskussionen und meine Kenntnis von Untersuchungen intuitiver Ansichten: Die meisten Menschen sind intuitive Inkompatibilisten und entscheiden sich (inkonsistenterweise) je nach genauer Fragestellung entweder für die libertarische oder die deterministische (oder gar fatalistische) Deutung

- eine eigene Kategorie "willensfrei" erschiene mir nur berechtigt, wenn es auch wirklich einen wesentlichen Freiheitsgrad dafür gäbe, der nicht nur eine Umschreibung für komplexere Bewertungsalgorhithmen oder ähnliches ist.

- insbesondere in moralischen Fragen (und die sind in solchen Diskussionen meist relevant) ist die individuelle Unfreiheit offensichtlich, und zwar unabhängig vom mikroskopischen Determinismus. Wer also Willensfreiheit behauptet oder gar mehr davon fordert, muß sich im klaren darüber sein, was das soziobiologisch und spieltheoretisch für Folgen hätte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich halte das für völlig unverständlich und ich möchte mal jemand anderen für mich sprechen lassen:

John Locke hat folgendes geschrieben:
"Verdient es den Namen Freiheit, wenn man die Freiheit besitzt, den Narren zu spielen und sich selbst in Schande und Unglück zu stürzen? Wenn Freiheit, wahre Freiheit, darin besteht, daß man sich von der Leitung der Vernunft losreißt und von allen Schranken der Prüfung und des Urteils frei ist, die uns vor dem Erwählen und Tun des Schlechteren bewahren, dann sind Tolle und Narren die einzig Freien; allein ich glaube, keiner, der nicht schon toll ist, wird um einer solchen Freiheit willen wünschen, toll zu werden. Das stete Verlangen nach Glück und der Zwang, den es uns auferlegt, um seinetwillen zu handeln, wird meines Erachtens niemand als eine Schmälerung der Freiheit ansehen oder wenigstens nicht als eine Schmälerung, die zu beklagen wäre."

Dieses Argument ist ungültig, da es einzig auf der Annahme basiert, Freiheit müsse etwas Gutes, Hehres, Erstrebenswertes sein.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist ein philosophischer Begriff, der einfach bedeutet: "Handlungsfreiheit: man kann tun, was man will." Die Frage, woher dieser Wille kommt, ist dabei irrelevant, der kann auch von einem Manipulateur kommen.

Wenn die Entscheidung zur Bildung von Präferenzen nicht präferent ist, sondern manipuliert, ist man bei der Willensbildung nicht handlungsfrei.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Und zu der Verwechslungsgefahr zum libertarischen freien Willen: warum nennen wir den libertarischen freien Willen (dem Du mir bis jetzt unverständlicherweise auch anhängst) nicht einfach "libertarischer freier Wille" und den kompatibilistischen freien Willen "kompatibilistischen freien Willen"? Das wäre doch schon mal ein gewaltiger Fortschritt zu der ewigen bisher unbegründeten Behauptung, nur der libertarische freie Wille sei der einzig echte freie Wille.

Das finde ich jetzt witzig. Wieso, glaubst Du, heißt der libertarische FW wohl "libertarisch"? Aus meiner Sicht steht beim libertarischen FW im Vordergrund, an echte Freiheitsgrade zu glauben (also daß man in identischer Situation auch anders hätte handeln können), während beim Kompatibilismus im Vordergrund steht, das Wort "Freiheit" irgendwie zu retten. Denn die (deterministische) Willensbildung in Deinem Sinne bezweifelt meines Wissens überhaupt niemand. Wenn wir also schon zwei Begriffe einführen, sollten wir "frei" vermeiden (denn darum geht ja der Streit) und z.B. sagen:

"libertarischer Wille" vs. "kompatibilistischer Wille"

oder

"indeterministische Willensbildung" vs. "deterministische Willensbildung"

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich denke, ein Großteil der Konfusion kommt dadurch, dass zu viele Leute aus einem Determinismus Fatalismus folgern ...

Ja, in dem Punkt sind wir uns einig. Aber hast nicht auch Du in früheren Threads, zu Verantwortung, Strafrecht usw. mir des öfteren vorgeworfen, bei meiner Einstellung wäre ja "alles egal" und die Moral zum Teufel, obwohl Du diesen Vorwurf ja eigentlich nur dann aufstellen dürftest, wenn Dein Gegenüber nicht mal an die deterministisch-individuelle Willensbildung glaubt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur, wie gesagt, meine ich ja gar nicht, dass Leute unter "freiem Willen", "Autonomie", "Selbstbestimmung" usw. einen libertarischen freien Willen verstehen und sehe die Gefahr, dass, wenn man sagt: "es gibt keine Willensfreiheit" das so verstanden werden wird: "werde Fatalist, Du kannst eh nix ändern."

Wieso siehst Du diese Gefahr? Das wäre ja nur dann eine Gefahr, wenn die Mehrheit der Leute nicht mal an Deine "individuelle Willensbildung" glauben würden, oder?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Unabhängig von der Benennung ist es mE sowieso nicht weit her mit der individuellen Willensbildung, vor allem bei moralischen Fragen. Hier unterliegen wir einem relativ starken soziologischen Gleichschaltungsdruck.
Ja, das denke ich auch. Man ist sicher viel weniger frei, als man denkt und das auch in meinem Sinne. ...

Gut, dann haben wir einen weiteren Übereinstimmungspunkt.

#1971:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 11:25
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ AgentProvocateur & step:

.....

@ Tso Wang:

Den Begriff "Freiheit des Nichtwollens" habe ich niemals verwendet, denn ich halte ihn für ebenso irreführend, ja unsinnig wie den Begriff der Willensfreiheit. Die Gründe dafür gehen aus meinem ersten Beitrag in diesem Thread hervor.



.

Sorry, dann habe ich Dich missverstanden, als Du schriebst: "..wir können tun oder unterlassen, was wir nicht wollen."

()

#1972:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 11:40
    —
Wir sind also frei, zu tun, was wir wollen, aber nicht frei, zu wollen, was wir wollen? Ist es das, was wir beobachten können? Es dürfte unbestritten sein, daß Handlungsfreiheit (wir sind frei zu tun, was wir wollen) relativ ist, also von den Umständen abhängt, unter denen die einzelnen Menschen leben.

Wille ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Das hängt in noch größerem Maße ab, von der individuellen Persönlichkeitsentwicklung und den Verhältnissen, unter denen die einzelnen Menschen leben.

Aber man wird nicht sagen können, daß nie ein Mensch aus inneren Gründen seine Ziele, Absichten und persönlichen Einstellungen ändert. Manche tun es nie, wenige grundsätzlich und die allermeisten nur ein bißchen, aber sie tun es, und man kann nicht sagen, daß es ausschließlich von außen erzwungen wäre.

Manche Menschen haben also die Fähigkeit, ihre Ziele und Absichten zu ändern. Was anderes soll das sein, als Willensfreiheit? Willensfreiheit ist also das Maß, in dem wir, jeder einzelne für sich, in der Lage ist, seine Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen zu beeinflussen.

#1973:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 12:08
    —
@ Tso Wang:

Vielleicht wäre die angedachte "umständliche" Variante klarer gewesen: Wir können tun, was wir wollen (z.B. spazieren gehen), oder auch tun, was wir nicht wollen (z.B. eine Steuererklärung machen). Ebenso können wir unterlassen, was wir wollen (z.B. Fleisch essen), oder auch unterlassen, was wir nicht wollen (z.B. einen langweiligen Kinofilm anschauen).

#1974:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 12:25
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wir sind also frei, zu tun, was wir wollen, aber nicht frei, zu wollen, was wir wollen? Ist es das, was wir beobachten können? Es dürfte unbestritten sein, daß Handlungsfreiheit (wir sind frei zu tun, was wir wollen) relativ ist, also von den Umständen abhängt, unter denen die einzelnen Menschen leben.

Wille ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Das hängt in noch größerem Maße ab, von der individuellen Persönlichkeitsentwicklung und den Verhältnissen, unter denen die einzelnen Menschen leben.

Aber man wird nicht sagen können, daß nie ein Mensch aus inneren Gründen seine Ziele, Absichten und persönlichen Einstellungen ändert. Manche tun es nie, wenige grundsätzlich und die allermeisten nur ein bißchen, aber sie tun es, und man kann nicht sagen, daß es ausschließlich von außen erzwungen wäre.

Manche Menschen haben also die Fähigkeit, ihre Ziele und Absichten zu ändern.

Bis hierhin wird Dir wohl fast jeder zustimmen. Auch wenn sich vielleicht einige Komplikationen ergeben, z.B. die Frage, ob eine Person, die die sie definierenden Präferenzen wesentlich ändert, noch dieselbe Person ist. Aber das ist vielleicht OT.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Was anderes soll das sein, als Willensfreiheit?

Das "Willensfreiheit" zu nennen, ist aber eine sehr moderne, ich würde sagen fast defensive Deutung, in der sich insbesondere die Libertarier nicht wiederfinden, jedenfalls nicht, sobald der Kompatibilist erwähnt, daß es sich hierbei ebenfalls um determinierte Prozesse handelt. Interessanterweise wurde diese eher defensive bildungsorientiert-langfristige Deutung erst salonfähig, nachdem zwei andere Deutungen widerlegt waren:

- die intuitiv-libertarische Deutung (*) (wurde durch die Aufklärung widerlegt)
- die Hypothese, der Willensakt gehe bei einer Handlung üblicherweise der Entscheidung voraus (wurde durch die Neurologie zumindest stark angeschossen)

Darüberhinaus gab (und gibt!) es sogar prominente "Nulldefinitionen" von Willensfreiheit, z.B.

Zitat:
Kompatibilisten wie Thomas Hobbes definieren Willensfreiheit so, dass eine Person dann frei handelt, wenn sie eine Handlung wolle und auch anders handeln könnte, wenn sie anders handeln wolle.


Eine wichtige Frage bei der Beurteilung des Ausdrucks "Willensfreiheit" für den von DIr und AP vorgeschlagenen Zusammenhang ist mE, ob das Ändern von Zielen und Absichten eine Handlung darstellt, denn in dem Fall wäre es "nur" ein komplexerer, soziologisch relevanter Spezialfall von Handlungsfreiheit.


(*) Das intuitive Verständnis der meisten Menschen von der Freiheit des Wollens gibt Deine und AP's Deutung nicht her, siehe dazu z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Intuitive_Alltagserfahrung :

Zitat:
Im Alltag erlebt der Mensch seinen Willen als frei. ... Der Punkt dabei ist, dass man die getroffene Entscheidung nur als eine Möglichkeit ansieht und davon ausgeht, dass man sich in derselben Situation auch für etwas anderes ... hätte entscheiden können. Man betrachtet sein Selbst – und nicht eine zwingende kausale Verbindung zwischen den eigenen Motiven und der Entscheidung - als den Erstauslöser des Willens. Er soll also sowohl in der Lage sein, die aus dem Überlegen folgenden Gründe für eine Entscheidung zu akzeptieren, als auch die Gründe entgegen jeder Logik zu verwerfen und sich anderes zu entscheiden. Somit scheint dieses Selbst eine von unserer normalen Vernunft unabhängige Wesenheit zu sein, die stärker ist als die zwingende Kopplung von Bedingungskomplex und daraus resultierenden Handlungen.

#1975:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 13:07
    —
step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wir sind also frei, zu tun, was wir wollen, aber nicht frei, zu wollen, was wir wollen? Ist es das, was wir beobachten können? Es dürfte unbestritten sein, daß Handlungsfreiheit (wir sind frei zu tun, was wir wollen) relativ ist, also von den Umständen abhängt, unter denen die einzelnen Menschen leben.

Wille ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen. Das hängt in noch größerem Maße ab, von der individuellen Persönlichkeitsentwicklung und den Verhältnissen, unter denen die einzelnen Menschen leben.

Aber man wird nicht sagen können, daß nie ein Mensch aus inneren Gründen seine Ziele, Absichten und persönlichen Einstellungen ändert. Manche tun es nie, wenige grundsätzlich und die allermeisten nur ein bißchen, aber sie tun es, und man kann nicht sagen, daß es ausschließlich von außen erzwungen wäre.

Manche Menschen haben also die Fähigkeit, ihre Ziele und Absichten zu ändern.

Bis hierhin wird Dir wohl fast jeder zustimmen. Auch wenn sich vielleicht einige Komplikationen ergeben, z.B. die Frage, ob eine Person, die die sie definierenden Präferenzen wesentlich ändert, noch dieselbe Person ist. Aber das ist vielleicht OT.

Oh, das ist doch schon was. zwinkern
step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Was anderes soll das sein, als Willensfreiheit?

Das "Willensfreiheit" zu nennen, ist aber eine sehr moderne, ich würde sagen fast defensive Deutung, in der sich insbesondere die Libertarier nicht wiederfinden, jedenfalls nicht, sobald der Kompatibilist erwähnt, daß es sich hierbei ebenfalls um determinierte Prozesse handelt. Interessanterweise wurde diese eher defensive bildungsorientiert-langfristige Deutung erst salonfähig, nachdem zwei andere Deutungen widerlegt waren:

- die intuitiv-libertarische Deutung (*) (wurde durch die Aufklärung widerlegt)
- die Hypothese, der Willensakt gehe bei einer Handlung üblicherweise der Entscheidung voraus (wurde durch die Neurologie zumindest stark angeschossen)

Die Probleme von Libertariern sind mir ziemlich egal. Wenn du auf das Experiment von Libet anspielst, hat da AgentProvocateur vor kurzen einen Link gepostet, den ich gern noch mal wiederhole: Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater Die Idee, irgendwas entscheide sich für uns und unsere Vorstellung von Entscheidungsfreiheit sei nur eine nachträgliche Rationalisierung, dürfte sich allgemein kaum belegen lassen. Daß es dagegen nachträgliche Rationalisierung gibt, daß sich jemand für eine Entscheidung, die er getroffen hat, nachträgliche eine Begründung einredet, steht außer Frage, aber das ist eine andere Party.

step hat folgendes geschrieben:

Darüberhinaus gab (und gibt!) es sogar prominente "Nulldefinitionen" von Willensfreiheit, z.B.

Zitat:
Kompatibilisten wie Thomas Hobbes definieren Willensfreiheit so, dass eine Person dann frei handelt, wenn sie eine Handlung wolle und auch anders handeln könnte, wenn sie anders handeln wolle.


Eine wichtige Frage bei der Beurteilung des Ausdrucks "Willensfreiheit" für den von DIr und AP vorgeschlagenen Zusammenhang ist mE, ob das Ändern von Zielen und Absichten eine Handlung darstellt, denn in dem Fall wäre es "nur" ein komplexerer, soziologisch relevanter Spezialfall von Handlungsfreiheit.


(*) Das intuitive Verständnis der meisten Menschen von der Freiheit des Wollens gibt Deine und AP's Deutung nicht her, siehe dazu z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Intuitive_Alltagserfahrung :

Zitat:
Im Alltag erlebt der Mensch seinen Willen als frei. ... Der Punkt dabei ist, dass man die getroffene Entscheidung nur als eine Möglichkeit ansieht und davon ausgeht, dass man sich in derselben Situation auch für etwas anderes ... hätte entscheiden können. Man betrachtet sein Selbst – und nicht eine zwingende kausale Verbindung zwischen den eigenen Motiven und der Entscheidung - als den Erstauslöser des Willens. Er soll also sowohl in der Lage sein, die aus dem Überlegen folgenden Gründe für eine Entscheidung zu akzeptieren, als auch die Gründe entgegen jeder Logik zu verwerfen und sich anderes zu entscheiden. Somit scheint dieses Selbst eine von unserer normalen Vernunft unabhängige Wesenheit zu sein, die stärker ist als die zwingende Kopplung von Bedingungskomplex und daraus resultierenden Handlungen.

Einig sind wir uns, daß es einen akausalen (libertaristischen) freien Willen nicht gibt. Das wäre ja auch ein schönes Chaos, so im Sinne von: Jetzt bin ich mal gespannt, wie ich mich heute entscheide. Ein von uns losgelöstes Selbst ist auch Blödsinn, denn was sollte das sein. Wir bilden unsere Entscheidungen aufgrund unser persönlichen Vorstellungen, Gefühle, Interessen und Absichten, und wenn wir nicht gerade durch äußere oder innere Zwänge daran gehindert werden, können wir uns frei entscheiden, aber natürlich nicht frei von uns selbst.

#1976:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 13:46
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn du auf das Experiment von Libet anspielst, hat da AgentProvocateur vor kurzen einen Link gepostet, den ich gern noch mal wiederhole: Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater Die Idee, irgendwas entscheide sich für uns und unsere Vorstellung von Entscheidungsfreiheit sei nur eine nachträgliche Rationalisierung, dürfte sich allgemein kaum belegen lassen. ...

Habe gerade nochmal den Artikel von A.Müller genauer gelesen, und finde ihn inzwischen ziemlich voller Fehler.

Interessanterweise wird übrigens, ganz bedarfslogisch, auch mal eine (sonst von Kompatibilisten meist geschmähte, weil reduktionistische) epiphänomenale / eliminativ emergentistische Haltung eingenommen, um zu zeigen, daß "wir" nicht vor unserem Bewußtsein entscheiden können, obwohl niemand behauptet hat, daß das Bewußtsein überhaupt entscheide:

Zitat:
'Du' bist das synaptische Muster von Erinnerungen, Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmalen, Gewohnheiten und Veranlagungen, Wünschen und Emotionen und so weiter, aus welchen sich dein Gehirn zusammensetzt."


Zudem werden mal wieder die üblichen fatalistischen Strohmänner abgefackelt, keine Ahnung, warum Ihr das hier immer noch empfehlt:

A.Müller hat folgendes geschrieben:
Der Philosoph Tibor Machan kritisiert ebenfalls die ausufernden Schlussfolgerungen der Willens-Unfreiheits-Fraktion. ... "Niemand ist schuld an irgendetwas, behaupten sie, weil niemand etwas hätte anders tun können, als er oder sie es getan hat. Das ist nur eine Folge der Willens-Unfreiheit im menschlichen Leben. Was sind ein paar andere? Bedauern ist draußen, Stolz auch. Entschuldigungen sind zwecklos, weil es niemand hätte besser tun können, als er oder sie es getan hat. ..."

Natürlich ist etwa Bedauern keineswegs zwecklos, denn es zeigt den Anderen, daß man sich in Zukunft anders verhalten möchte, und mitigiert dadurch den Vertrauensverlust zum Teil. Ich weiß nicht, wie oft ich das noch klarstellen muß.

Damit nehme ich auch meine Aussage von oben zurück, es gäbe nicht viel Wesentliches zu korrigieren. Zumindest für Teil 3 gilt das mE nicht mehr.

Und zu der "neuen Studie": Sie zeigt nmV vielleicht, daß eine Entscheidung nach Eintreffen des ersten Bereitschaftspotenzials getroffen werden kann, nicht aber, daß sie nach der Bewußtwerdung stattfindet. Letztlich ist das auch egal, denn entscheidend für meine Argumentation ist nicht so sehr ein Libet-artiges Experiment, sondern die Verschiebung der Deutung von "Freiwilligkeit" von kurzfristigen willentlichen Entscheidungen hin zu langfristiger philosophischer Willensbildung.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Eine wichtige Frage bei der Beurteilung des Ausdrucks "Willensfreiheit" für den von DIr und AP vorgeschlagenen Zusammenhang ist mE, ob das Ändern von Zielen und Absichten eine Handlung darstellt, denn in dem Fall wäre es "nur" ein komplexerer, soziologisch relevanter Spezialfall von Handlungsfreiheit.
... Wir bilden unsere Entscheidungen aufgrund unser persönlichen Vorstellungen, Gefühle, Interessen und Absichten, und wenn wir nicht gerade durch äußere oder innere Zwänge daran gehindert werden, können wir uns frei entscheiden, aber natürlich nicht frei von uns selbst.

Und wie stehst Du zu meiner Frage?

#1977:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 15:04
    —
step hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Eine wichtige Frage bei der Beurteilung des Ausdrucks "Willensfreiheit" für den von DIr und AP vorgeschlagenen Zusammenhang ist mE, ob das Ändern von Zielen und Absichten eine Handlung darstellt, denn in dem Fall wäre es "nur" ein komplexerer, soziologisch relevanter Spezialfall von Handlungsfreiheit.
... Wir bilden unsere Entscheidungen aufgrund unser persönlichen Vorstellungen, Gefühle, Interessen und Absichten, und wenn wir nicht gerade durch äußere oder innere Zwänge daran gehindert werden, können wir uns frei entscheiden, aber natürlich nicht frei von uns selbst.

Und wie stehst Du zu meiner Frage?

Wenn eine Handlung beruht auf Zielen, Absichten und persönlichen Entscheidungen, eine Handlung also eine äußere Aktion ist, die auf inneren Zuständen beruht, dann ist Willensbildung keine Handlung. Wenn dagegen Willensbildung auch (nur) eine Handlung ist, dann sind nicht nur äußere Aktionen, sondern jede Art von Aktionen Handlungen, und damit beruhen Handlungen eben nur auf anderen Handlungen. Wenn ich also den Unterschied zwischen Handlungen und Zielen und Absichten auflöse, dann gibt es auch keinen mehr zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit, aber das eben nicht, weil es da keinen Unterschied gäbe, sondern aufgrund einer absichtlichen sprachlichen Nivilierung.

#1978:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 15:18
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wille ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen.


So definierst <b>Du</b> den Willensbegriff, aber er ist unklar, weil er allzu Verschiedenes umfaßt. Da die Gleichsetzung unterschiedlicher Begriffe schnell und meist unbemerkt zu Inkonsistenzen führt (s.u.), empfiehlt es sich, <b>äußerst</b> sparsam damit umzugehen. Hinsichtlich der von Dir genannten Begriffe schlage ich also folgende Unterscheidungen vor:

"Wollen" ist ein verstärktes Gefühl des Wünschens, das sich unserem unmittelbaren Einfluß entzieht.
"Ein Ziel haben" ist der Gedanke eines Bestrebens, der eine vorläufige Festlegung im möglichen Widerstreit von Wollen, Können und Sollen trifft. Ein Ziel kann im Einklang mit oder im Widerspruch zu unserem Wollen, Können oder Sollen stehen.
"Eine Absicht haben" bedeutet, ein gestecktes Ziel mit Gedanken zu seiner Verwirklichung zu verbinden und entsprechende Handlungen ins Auge zu fassen.
"Eine Entscheidung treffen" bedeutet, gedanklich konkrete Handlungen zur Erreichung eines bestimmten Zieles festzulegen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
man wird nicht sagen können, daß nie ein Mensch aus inneren Gründen seine Ziele, Absichten und persönlichen Einstellungen ändert.


Was meinst Du mit "inneren Gründen"?

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Manche Menschen haben also die Fähigkeit, ihre Ziele und Absichten zu ändern. Was anderes soll das sein, als Willensfreiheit?


Genau das, was es aussagt: die Fähigkeit, Ziele und Absichten zu ändern! Sie mit der Willensfreiheit gleichzusetzen, impliziert den Selbstwiderspruch, man könne ein konkretes Wollen wollen.

#1979:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 15:28
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wille ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen.


So definierst <b>Du</b> den Willensbegriff, aber er ist unklar, weil er allzu Verschiedenes umfaßt. Da die Gleichsetzung unterschiedlicher Begriffe schnell und meist unbemerkt zu Inkonsistenzen führt (s.u.), empfiehlt es sich, <b>äußerst</b> sparsam damit umzugehen.

Wenn du es so siehst, solltest du das lieber lassen, denn Begriffe wie Willen, Bewußtsein usw. sind Begriffe, die aus Zeiten stammten, in denen es Kenntnisse über neuronale Netzwerke wie unser Gehirn noch nicht gab. Entweder man findet sich damit ab, daß man vereinfacht, oder man kann anfangen, Bücher zu schreiben, die dann allerdings auf belegbaren Fakten beruhen sollten, die zumindest ich nicht habe. Der Versuch, das durch Wort-Akrobatik zu ersetzen, führt zu nichts, denn für jedes Wort, das man erklärt, verwendet man weitere, die man nicht erklärt.

#1980:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 15:34
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Willensfreiheit wäre für mich, wenn der Wille nicht (komplett) verursacht, sondern wenigstens zum Teil letztursächlich wäre.
Ja, schon klar, das ist so für Dich, aber meine Frage ist: warum? Wie begründest Du das, was sind Deine Argumente dafür?

Ich vermute, einige Gründe sind:

- meine christliche Sozialisation: Die meisten Christen (und auch Esoteriker) vertreten erstmal einen libertarischen FW. Wenn ich also sage "Willensfreiheit git es nicht", verstehen die meisten Menschen das richtig, halten es aber für falsch.

Da gibt es aber einige empirische Studien, die das widerlegen oder zumindest stark in Frage stellen. Zum Beispiel diese (Is Incompatibilism intuitive?) oder diese:

Zitat:
One upshot of these findings is that the classic incompatibilist view that determinism poses a threat to morality and responsibility, while seemingly intuitive, may pose a threat only to individuals who do things like read books about free will. The psychological link between ultimate freedom and responsibility appears less strong than many have suggested.


step hat folgendes geschrieben:
- eine eigene Kategorie "willensfrei" erschiene mir nur berechtigt, wenn es auch wirklich einen wesentlichen Freiheitsgrad dafür gäbe, der nicht nur eine Umschreibung für komplexere Bewertungsalgorhithmen oder ähnliches ist.

Wenn es die Freiheit von Menschen geht, darum, ob und inwiefern sie ihre Entscheidungen und ihre Handlungen selber bestimmen können, dann haben dabei akausale Freiheitsgrade nichts zu suchen. Es sei denn, man könnte begründen, wieso. Man kann sehr gut begründen, dass akausale Freiheitsgrade (aka Zufall, Willkür) die Freiheit von Menschen einschränken, denn das bedeutete nun mal, dass etwas geschieht, das jeglicher Kontrolle enthoben ist. Aber wie sie die Freiheit des Menschen erweitern könnten, sehe ich nicht. Es ist ja sinnlos, einfach eine unbegründete Forderung zu stellen: da müssen aber akausale Freiheitsgrade sein. Wieso also?

step hat folgendes geschrieben:
- insbesondere in moralischen Fragen (und die sind in solchen Diskussionen meist relevant) ist die individuelle Unfreiheit offensichtlich, und zwar unabhängig vom mikroskopischen Determinismus. Wer also Willensfreiheit behauptet oder gar mehr davon fordert, muß sich im klaren darüber sein, was das soziobiologisch und spieltheoretisch für Folgen hätte.

Du meinst jetzt Willensfreiheit in meinem Sinne, also Erweiterung der Autonomie, Erweiterung der Fähigkeit zum selbstständigen Denken, richtig? Das hältst Du für gefährlich, verstehe ich das richtig?

step hat folgendes geschrieben:
Dieses Argument ist ungültig, da es einzig auf der Annahme basiert, Freiheit müsse etwas Gutes, Hehres, Erstrebenswertes sein.

Ja, sicher. Ist sie das nicht?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Handlungsfreiheit ist ein philosophischer Begriff, der einfach bedeutet: "Handlungsfreiheit: man kann tun, was man will." Die Frage, woher dieser Wille kommt, ist dabei irrelevant, der kann auch von einem Manipulateur kommen.

Wenn die Entscheidung zur Bildung von Präferenzen nicht präferent ist, sondern manipuliert, ist man bei der Willensbildung nicht handlungsfrei.

Naja, wie gesagt, mir scheint, Du hast hier irgendwie eine Privatdefinition von Handlungsfreiheit. Und zwar eine solche, die das abdeckt, was die meisten Leute unter Willensfreiheit verstehen.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
[...] warum nennen wir den libertarischen freien Willen (dem Du mir bis jetzt unverständlicherweise auch anhängst) nicht einfach "libertarischer freier Wille" und den kompatibilistischen freien Willen "kompatibilistischen freien Willen"? [...]

Das finde ich jetzt witzig. Wieso, glaubst Du, heißt der libertarische FW wohl "libertarisch"? Aus meiner Sicht steht beim libertarischen FW im Vordergrund, an echte Freiheitsgrade zu glauben (also daß man in identischer Situation auch anders hätte handeln können), während beim Kompatibilismus im Vordergrund steht, das Wort "Freiheit" irgendwie zu retten.

Beim libertarischen Freiheitsbegriff stehen völlig unsinnige Behauptungen im Vordergrund, sich widersprechende und daher unlogische Forderungen (echte Freiheitsgrade, in der identischen Situation anders handeln können). Unglücklicherweise ist es bisher noch niemandem gelungen, das irgendwie plausibel zu machen. Man weigert sich sogar, das mal genau darzustellen, geschweige denn, dass man mal beispielhaft eine denkbare Welt mit einer solchen angeblichen Freiheit darstellt, also zu zeigen wie das rein hypothetisch funktionieren könnte. Das wäre ja wohl das Mindeste, was man von einem Inkompatibilisten verlangen könnte. Aber nein, sie behaupten einfach stur, das sei intuitiv plausibel und das würden die meisten Leute glauben. Was aber a) begründet angezweifelt werden kann, siehe verlinkte Studien oben) und b) unabhängig davon die Inkompatibilisten nicht von einer Argumentation enthebt.

Natürlich kann der Inkompatibilist einfach definieren: "Willensfreiheit ist, wenn jemand in einer identischen Situation anders handeln kann", aber solange er nicht zeigen kann, dass das in irgend einer Weise überhaupt einen Sinn ergeben kann, bleibt mir ja nur, das einfach für blödsinnig zu halten.

Kompatibilisten versuchen der Frage auf den Grund zu gehen, ein denkbares Konzept von Willensfreiheit zu entwickeln. Und die Frage dabei ist und bleibt nun mal die, ob und inwiefern individuelle Selbstbestimmung möglich ist.

step hat folgendes geschrieben:
Denn die (deterministische) Willensbildung in Deinem Sinne bezweifelt meines Wissens überhaupt niemand.

Der Streit entzündet sich immer an der Frage, ob und inwieweit Willensbildung und auch Handlungen individuell zuordbar ist / sind. Inkompatibilisten behaupten meist, sie sei es gar nicht, weil sie determiniert sei. Das ist der eigentliche Streitpunkt zwischen Inkompatibilisten und Kompatibilisten.

Inkompatibilisten behaupten meist, man dürfe Handlungen nur dann zuordnen, wenn es irgend etwas Indeterminiertes gäbe. Aber warum dem so sein soll und wie man sich das vorstellen kann, sagen sie nicht.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur, wie gesagt, meine ich ja gar nicht, dass Leute unter "freiem Willen", "Autonomie", "Selbstbestimmung" usw. einen libertarischen freien Willen verstehen und sehe die Gefahr, dass, wenn man sagt: "es gibt keine Willensfreiheit" das so verstanden werden wird: "werde Fatalist, Du kannst eh nix ändern."

Wieso siehst Du diese Gefahr? Das wäre ja nur dann eine Gefahr, wenn die Mehrheit der Leute nicht mal an Deine "individuelle Willensbildung" glauben würden, oder?

Verstehe ich jetzt nicht so recht. Also nochmal: ich denke, dass die meisten Leute genau genommen das unter Willensfreiheit verstehen, was Du unter Handlungsfreiheit verstehst. Wenn Du ihnen also sagst: es gibt keine Willensfreiheit, dann verstehen sie: es gibt keine Handlungsfreiheit. Und dann folgern eben sehr viele Menschen aus Determinismus Fatalismus. Und es wäre mE wenig hilfreich, den Leuten Fatalismus einzureden.

#1981:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 15:38
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Wollen" ist ein verstärktes Gefühl des Wünschens, das sich unserem unmittelbaren Einfluß entzieht.
Und was ist dann Wünschen? Warum entzieht sich Wollen unserem unmittelbaren Einfluß? Ich finden 100 EUR in meiner Tasche, überlege, was ich damit kaufe, und entscheide: Ich will eine Hose. Es hätte aber auch eine Jacke sein können.
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Ein Ziel haben" ist der Gedanke eines Bestrebens, der eine vorläufige Festlegung im möglichen Widerstreit von Wollen, Können und Sollen trifft. Ein Ziel kann im Einklang mit oder im Widerspruch zu unserem Wollen, Können oder Sollen stehen.

Ein Ziel ist erstmal nur eine ferner liegende Absicht. Wenn etwas im Einklang oder Widerspruch zu etwas anderem steht, ist diese Einschränkung nur eine scheinbare, also überflüssig. Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter oder's bleibt wie es ist.
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Absicht haben" bedeutet, ein gestecktes Ziel mit Gedanken zu seiner Verwirklichung zu verbinden und entsprechende Handlungen ins Auge zu fassen.

Ein gestecktes Ziel beinhaltet immer "Gedanken zu seiner Verwirklichung", sonst ist es kein Ziel.
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Entscheidung treffen" bedeutet, gedanklich konkrete Handlungen zur Erreichung eines bestimmten Zieles festzulegen.

Ich treffe die Entscheidung, endlich meinen Dachboden aufzuräumen, habe aber nicht die Spur einer Ahnung, wie ich das machen soll.

#1982:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 15:43
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
"Wollen" ist ein verstärktes Gefühl des Wünschens, das sich unserem unmittelbaren Einfluß entzieht.

Nö, sowas würde ich "Präferenz" nennen. Aber diese Definitionsspielchen bringen in der Tat nix.

Bei der Frage um die Willensfreiheit geht es um Folgendes:

Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.

Auf den Begriff "Willen" kann man dabei verzichten, der ist schwierig zu fassen. Da versteht erfahrungsgemäß jeder etwas anderes darunter. Deine Definition gefällt mir jedenfalls nicht.

#1983:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 16:02
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- meine christliche Sozialisation: Die meisten Christen (und auch Esoteriker) vertreten erstmal einen libertarischen FW. Wenn ich also sage "Willensfreiheit git es nicht", verstehen die meisten Menschen das richtig, halten es aber für falsch.

Da gibt es aber einige empirische Studien, die das widerlegen oder zumindest stark in Frage stellen. Zum Beispiel diese (Is Incompatibilism intuitive?) oder diese:

Zitat:
One upshot of these findings is that the classic incompatibilist view that determinism poses a threat to morality and responsibility, while seemingly intuitive, may pose a threat only to individuals who do things like read books about free will. The psychological link between ultimate freedom and responsibility appears less strong than many have suggested.


Dagegen schreibt http://en.wikipedia.org/wiki/Free_will :

Zitat:
However, the debate about whether people naturally have compatibilist or incompatibilist intuitions has not come out overwhelmingly in favor of one view or the other, but there has been some evidence that people can naturally hold both views. For instance, when people are presented with abstract cases which ask if a person could be morally responsible for an immoral act when they could not have done otherwise, people tend to say no, or give incompatibilist answers, but when presented with a specific immoral act that a specific person committed, people tend to say that that person is morally responsible for their actions, even if they were determined (that is, people also give compatibilist answers).

#1984:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 17:15
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber Du schuldest mir eh noch eine explizite Darstellung Deines Freiheitsbegriffes.
Hab ich schon mehrfach getan. "Frei" ohne Zusatz bedeutet für mich "undeterminiert" - also etwas, das es in unserer Welt wohl nicht gibt.
In unserer Welt gibt es aber ... so etwas wie unvorhersehbare Höherentwicklungen. Diese verlaufen wahrscheinlich nicht deterministisch.

Wieso höher?


Die Empirie zeigt eine Höherentwicklung der Lebewesen, der Erkenntnisgewinnung der Menschen und on the long run auch der menschlichen Gesellschaft.

Wieso also fragst Du?

step hat folgendes geschrieben:
Und welche indeterministischen Prozesse konkret bestimmen etwa moralische Entscheidungen?


Wir sollten nicht den Fehler machen, beim Individuum zu kleben.

Betrachten wir lieber Wechselwirkungen. Es ist aller Wahrscheinlichkeit nach recht zufällig, wie sich Erkenntnis innerhalb der Menschheit bildet, ausbreitet und höher entwickelt, auch was die Zeitpunkte z.B. bedeutsamer Entdeckungen angeht. Mag also dies z.T. zufällig sein. Aber je nach Zeitpunkt, je nach Ort und je nach Breite und Tiefe der Entdeckungen und Erkenntnisse können diese extrem unterschiedliche Auswirkungen haben.

Die Geschichte insgesamt ist wohl kaum determiniert, bzw. vorhersehbar. Allein das schon schließt einen allwissenden "Gott" aus. Oder anders gesagt: Die "Weltformel"="Gott" ist Illusion.

Was das für die Moral und für die Freiheit bedeuten würde?

Womöglich könnte es bedeuten, dass auch diese Dinge sich "höher" entwickeln. So hat z.B. das Christentum immerhin auch das Verdienst, die Diskussion über Moral mit verbreitet zu haben. Das ist durchaus zu würdigen. Und die Freiheit der Menschheit wächst zumindest real partiell und theoretisch sowieso geradezu exponentiell, wenn man Freiheit mal als das Reservoir an revolutionären Lösungskonzepten für die Probleme des Lebens und Zusammenlebens definieren würde. Oder anders gesagt: Das Arsenal an Handlungsoptionen zwecks Lösung jener menschlichen Problemstellungen und damit eine enorme Erweiterung der Handlungsfreiheit, wächst nicht nur quantitativ.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Das hast Du beim Schachcomputer ja nicht im entferntesten. Der bewegt sich immer in seinem Nähkästelchen. ...

Ist das menschliche Nähkästelchen bei den meisten wesentlichen, alltäglichen Entscheidungsvorgängen wesentlich größer?


Das lässt sich allein mit der Betrachtung des Individuums nicht beantworten. Es hängt davon ab, wie das Drumherum ist, in dem sich der Mensch befindet. Kommen ständig erweiterte Willens-, Handlungs- und Zieloptionen vom Drumherum dazu, wächst natürlich die Entscheidungskompetenz des Menschen an und er kann z.B. damit experimentieren. Auf dieser Basis ließen sich Handlungsweisen optimieren, ohne dass sie nur "von innen" kommen würden.

Ein Schachcomputer kann zwar auch nachprogrammiert und mit Datenbanken gefüttert werden. Aber das menschliche Bewusstsein kann sich z.B. völlig neue Aufgaben stellen, die niemand programmiert hat und auch niemand programmieren konnte, weil die neuen Möglichkeiten zuvor unvorhersehbar waren.

Außerdem fehlt einem Schachcomputer Bewusstheit.

Skeptiker

#1985:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 18:04
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Die Empirie zeigt eine Höherentwicklung der Lebewesen, der Erkenntnisgewinnung der Menschen und on the long run auch der menschlichen Gesellschaft.

Woran mißt du das? Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?

#1986:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 11.01.2010, 18:11
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Da gibt es aber einige empirische Studien, die das widerlegen oder zumindest stark in Frage stellen. Zum Beispiel diese (Is Incompatibilism intuitive?) oder diese: [...]

Dagegen schreibt http://en.wikipedia.org/wiki/Free_will :

Zitat:
However, the debate about whether people naturally have compatibilist or incompatibilist intuitions has not come out overwhelmingly in favor of one view or the other, but there has been some evidence that people can naturally hold both views. For instance, when people are presented with abstract cases which ask if a person could be morally responsible for an immoral act when they could not have done otherwise, people tend to say no, or give incompatibilist answers, but when presented with a specific immoral act that a specific person committed, people tend to say that that person is morally responsible for their actions, even if they were determined (that is, people also give compatibilist answers).

Der Punkt ist einfach der: die Behauptung des Inkompatibilisten, Inkompatibilismus sei vorherrschende / überwiegende intuitive Meinung und wenn jemand über "Willensfreiheit" rede, dann meine er damit eine libertarische Willensfreiheit, ist <u>falsch</u>. Das ist mAn durch die empirischen Studien widerlegt, man kann als deren Ergebnis festhalten, dass Inkompatibilismus mitnichten intuitiv plausibler ist als Kompatibilismus.

Hast Du diese Studie gelesen (Is Incompatibilism intuitive?)? Da wird nochmal ausgiebig begründet, wieso auch der Inkompatibilist begründungspflichtig ist, wieso er nicht einfach die Begründungslast auf den Kompatibilisten abwälzen kann.

Das bedeutet mAn nun a) dass dazugesagt werden muss, von was man redet (libertarische oder kompatibilistische Willensfreiheit) - man kann nicht einfach wie selbstverständlich davon ausgehen, dass libertarische Willensfreiheit gemeint sein müsse und b) die Beweislast für die Behauptung, Willensfreiheit sei nicht kompatibel mit Determinismus, beim Inkompatibilisten liegt. Der einfache Verweis auf die angebliche Volksintuition reicht nicht mehr und es reicht auch nicht, sich einfach etwas unbegründet hinzudefinieren (Willensfreiheit: wenn jemand in einer exakt identischen Situation auch anders handeln könne), das muss plausibel gemacht werden, das ist es nicht per se, ganz im Gegenteil sogar.

Wieso und in welchem Sinne sollte auch jemand unfreier sein, der sich zig-Trilliarden-Mal in ein und derselben (exakt identischen) Situation jedesmal mit denselben Gründen für etwas entscheidet, als jemand, der mal so und so entscheidet? Letzteres wäre doch ziemlich unverständlich: wieso würde er anders entscheiden, wenn alles identisch ist, also auch seine Einstellungen, Gründe, Wertmaßstäbe etc., also er? Die Entscheidung wäre dann unabhängig / frei von ihm, aber inwiefern würde das seine Freiheit erhöhen, eine Entscheidung, die gar nicht seine wäre? Und die Frage nach der Willensfreiheit ist natürlich immer die nach seinem Willen, nicht die nach einem merkwürdigen akausalen irgendwo im Nichts schwebenden "Willen" (den man dann "freien" Willen nennt) - das sollte doch hoffentlich unbestritten sein. (Jetzt mal ganz abgesehen davon, dass eine identische Situation immer eine identische Situation ist, es ist eh von Vorneherein vollkommen absurd, zu fragen, ob zwei identische Situationen unterschiedlich sein könnten.)

#1987:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 12:42
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Empirie zeigt eine Höherentwicklung der Lebewesen, der Erkenntnisgewinnung der Menschen und on the long run auch der menschlichen Gesellschaft.

Woran mißt du das?


Daran, dass sich Materie-, Energie- und Informationsflüsse in Richtung immer größerer anti-entropischer Ordnungs- und Komplexitätsgrade entwickeln.

Mit dem Begriff "Höherentwicklung" ist keine (Be-)Wertung verbunden.

Es entstehen dadurch neue Gesetzmäßigkeiten und höhere Funktionen, welche über die reine Reproduktion des Systems immer weiter hinaus reichen (über die reinen Notwendigkeiten hinaus reichen, was rein theoretisch neue Freiheitsgrade ohne Gefahr für das System ermöglichen würde.)

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?


Dass es tendenziell so weiter geht ...-! zwinkern

Skeptiker

#1988:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 12:54
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?


Dass es tendenziell so weiter geht ...-! zwinkern

Das ist eine Fortschrittshoffnung, um das Wort 'Glaube' nicht zu verwenden, und von einer Gesetzmäßigkeit weit entfernt. Beides können wir in der Geschichte menschlicher Gesellschaften beobachten, Zunahme wie Abnahme von Komplexität. Ein paar blöd platzierte Atombomben, und deine Zukunftshoffnung ist perdu.

#1989:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 13:00
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn man das bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt belegen könnte, was würde das für die Zukunft beweisen?


Dass es tendenziell so weiter geht ...-! zwinkern

Das ist eine Fortschrittshoffnung, um das Wort 'Glaube' nicht zu verwenden, und von einer Gesetzmäßigkeit weit entfernt. Beides können wir in der Geschichte menschlicher Gesellschaften beobachten, Zunahme wie Abnahme von Komplexität. Ein paar blöd platzierte Atombomben, und deine Zukunftshoffnung ist perdu.


Das ist eine Hoffnung, stimmt. Sicher ist da nichts. Es kann auch wieder zurückgehen durch Selbstzerstörung der Zivilisation ...- Schulterzucken

Skeptiker

#1990:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 13:45
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Das ist eine Hoffnung, stimmt. Sicher ist da nichts. Es kann auch wieder zurückgehen durch Selbstzerstörung der Zivilisation ...- Schulterzucken

Und auch langsamer Verfall ist möglich. Auch dafür gibt es Beispiele. Aber lieber wäre einem schon Fortschritt. zwinkern

#1991:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 17:26
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich ... möchte mal jemand anderen für mich sprechen lassen:
John Locke hat folgendes geschrieben:
"Verdient es den Namen Freiheit, wenn man die Freiheit besitzt, den Narren zu spielen und sich selbst in Schande und Unglück zu stürzen? Wenn Freiheit, wahre Freiheit, darin besteht, daß man sich von der Leitung der Vernunft losreißt und von allen Schranken der Prüfung und des Urteils frei ist, die uns vor dem Erwählen und Tun des Schlechteren bewahren, dann sind Tolle und Narren die einzig Freien; allein ich glaube, keiner, der nicht schon toll ist, wird um einer solchen Freiheit willen wünschen, toll zu werden. Das stete Verlangen nach Glück und der Zwang, den es uns auferlegt, um seinetwillen zu handeln, wird meines Erachtens niemand als eine Schmälerung der Freiheit ansehen oder wenigstens nicht als eine Schmälerung, die zu beklagen wäre."
step hat folgendes geschrieben:
Dieses Argument ist ungültig, da es einzig auf der Annahme basiert, Freiheit müsse etwas Gutes, Hehres, Erstrebenswertes sein.
Ja, sicher. Ist sie das nicht?

Also ich muß schon bitten. Beachte doch mal Lockes Argumentstruktur:

"Freiheit" soll etwas Hehres, Erstrebenswertes sein

-> daher soll man das, was eigentlich frei wäre, nicht frei nennen, denn es "verdiente den Namen nicht" (weil es unerwünscht wäre)

-> sondern man solle daher lieber etwas Erwünschtes (rationales Geleitetwerden) "frei" nennen, auch wenn es die Freiheit schmälert, weil es nicht zu beklagen sei.

Man ist nur deshalb auf den ersten Blick geneigt, Locke zu folgen, weil man unter "Freiheit" im Alltag etwas Positives versteht, nämlich verschiedene Arten von Handlungsfreiheit, z.B. die Abwesenheit von Zwängen, Repressalien, Leibeigenschaft und dgl. - und dieses etwas unscharf "Freiheit" zu nennen, ist ja auch kein Problem.

#1992:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 18:01
    —
Hier ein paar Anmerkungen zu dem von AP geposteten Papier:

- Die Probanden waren Studenten und somit gebildeter als der Durchschnitt

- es fällt auf, das "freier Wille" gar nicht definiert wird. Im ersten Moment mag man denken, daß das sogar besser ist, weil so jedem Probanden selbst überlassen wird, was er darunter versteht. Allerdings könnte es gut sein, daß viele darunter einfach verstehen, daß die beschiebenen Täter so handeln konnten, wie sie wollten (also Handlungsfreiheit).

- In Anlehnung an objection 4.2.1 würde ich vermuten, daß die meisten Leute, die ich für intuitive Inkompatibilisten halte, eben keine Deterministen sind, vielleicht nicht einmal verstehen, was das bedeutet. Sondern daß sie intuitive Libertarier sind. Um das zu prüfen, sollte man eher fragen, ob sie meinen, daß jemand, würde die Entscheidungssituation exakt kopiert, auch mal anders entscheiden würde.

- Generell ist die Zahl derer, die jemanden verantwortlich für seine Entscheidung machen wollen, signifikant größer als die Zahl derer, die ihn für freiwillig handelnd halten.

- Anders als in dem Papier behauptet wälze ich die Beweislast für den Kompatibilismus auf die Komapatibilisten keineswegs mit dem Argument ab, die Mehrzahl der Leute seien intuitive Inkompatibilisten.

#1993:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 18:38
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich ... möchte mal jemand anderen für mich sprechen lassen:
John Locke hat folgendes geschrieben:
"Verdient es den Namen Freiheit, wenn man die Freiheit besitzt, den Narren zu spielen und sich selbst in Schande und Unglück zu stürzen? Wenn Freiheit, wahre Freiheit, darin besteht, daß man sich von der Leitung der Vernunft losreißt und von allen Schranken der Prüfung und des Urteils frei ist, die uns vor dem Erwählen und Tun des Schlechteren bewahren, dann sind Tolle und Narren die einzig Freien; allein ich glaube, keiner, der nicht schon toll ist, wird um einer solchen Freiheit willen wünschen, toll zu werden. Das stete Verlangen nach Glück und der Zwang, den es uns auferlegt, um seinetwillen zu handeln, wird meines Erachtens niemand als eine Schmälerung der Freiheit ansehen oder wenigstens nicht als eine Schmälerung, die zu beklagen wäre."
step hat folgendes geschrieben:
Dieses Argument ist ungültig, da es einzig auf der Annahme basiert, Freiheit müsse etwas Gutes, Hehres, Erstrebenswertes sein.
Ja, sicher. Ist sie das nicht?

Also ich muß schon bitten. Beachte doch mal Lockes Argumentstruktur:

"Freiheit" soll etwas Hehres, Erstrebenswertes sein

-> daher soll man das, was eigentlich frei wäre, nicht frei nennen, denn es "verdiente den Namen nicht" (weil es unerwünscht wäre)

-> sondern man solle daher lieber etwas Erwünschtes (rationales Geleitetwerden) "frei" nennen, auch wenn es die Freiheit schmälert, weil es nicht zu beklagen sei.

Man ist nur deshalb auf den ersten Blick geneigt, Locke zu folgen, weil man unter "Freiheit" im Alltag etwas Positives versteht, nämlich verschiedene Arten von Handlungsfreiheit, z.B. die Abwesenheit von Zwängen, Repressalien, Leibeigenschaft und dgl. - und dieses etwas unscharf "Freiheit" zu nennen, ist ja auch kein Problem.

Ja, nun. Wenn "wahre Freiheit" bedeutet: "Unabhängigkeit von Allem", was wiederum bedeutet: "Akausaler Zufall", dann kann man das so definieren. Klar, warum auch nicht. Fragt sich nur, wofür das interessant sein könnte. Für eine Willensbildung sicher nicht, denn etwas, was unabhängig von Allem ist, kann kein Wille sein.

Wie man das nennt, um was es hier eigentlich geht, ist auch letztlich wurscht, "Willensfreiheit" ist eh nur ein Label. Dahinter steckt die Frage, ob und inwiefern Subjekte ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen selber bestimmen können.

Wenn der Inkompatibilist also mal schnell definiert, "Freiheit" sei "Unabhängigkeit von Allem" und ein "freier Wille" müsse demnach auch völlig unabhängig von Allem sein, dann ist das ja schön und gut. Das bedeutete dann logischerweise, dass ein solcher Wille nicht existieren kann, weil das selbstwidersprüchlich wäre. Ein Wille muss von der Person (d.h. ihrer Geschichte, ihren Einstellungen, ihren Präferenzen, ihren Überlegungen, ihren Entscheidungen usw.) abhängen, sonst ist es nicht ihr Wille, er kann also nicht von Allem unabhängig sein. Dafür brauche ich keine physikalischen Betrachtungen unserer Welt, z.B. "Determinismus ja / nein?", das ist einfach in jeder logischen Welt von Vorneherein logisch unmöglich, völlig gleichgültig, ob die determiniert ist oder nicht. Das ganze Gerede über Physik, Wellenfunktion, Determinismus etc. ist daher nur ein red herring.

Da zuckt man dann halt müde die Schultern und sagt: "Tolle Sache. Na und?"

Und bei der eigentlichen Frage ist man damit noch keinen Schritt weitergekommen.

Nur reicht es nun dem harten Deterministen normalerweise aber nicht, einfach nur zu sagen: "es gibt keinen libertarischen freien Willen." Wäre dem so, dann gäbe es keine Unterschiede zwischen ihm und Kompatibilisten, denn eben das sagen Kompatibilisten auch.

Ein harter Determinist behauptet nämlich, in einer determinierten Welt seien Autonomie, Selbstkontrolle, überhaupt eigene Handlungen nicht möglich (und das verbindet sie mit den Libertariern, sie sind ebenso Inkompatibilisten). Die meisten harten Deterministen behaupten deswegen auch folgerichtig, dass es in einer determinierten Welt keine Verantwortung geben kann, denn diese ist untrennbar verknüpft mit eigenen, selbstbestimmten Handlungen.

Leider kann er es nicht begründen, das ist sein Problem. Er kann nicht zeigen, was der Zusammenhang zu seiner Definition von "Freiheit" ist, inwiefern die was mit Kontrolle zu tun hat. Im Gegenteil ist es ja so, dass Zunahme von Akausaliät Verlust von Kontrollmöglichkeit bedeutet. Und deswegen ist sein Standpunkt auch so furchtbar unplausibel.

#1994:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 19:26
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wie man das nennt, um was es hier eigentlich geht, ist auch letztlich wurscht, "Willensfreiheit" ist eh nur ein Label. Dahinter steckt die Frage, ob und inwiefern Subjekte ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen selber bestimmen können.

Wenn man "selber bestimmen" so defensiv definiert wie Du, also wenn die Autonomie bereits z.B. in der Tatsache liegen soll, daß man auch Präferenzen rational abwägt, dann ist sozusagen jeder Kompatibilist, da jeder dies für kompatibel mit vollständig naturgesetzlichem Ablauf hält. In Umkehr einer von gewohnten Argumentationswendung könnte ich da einwenden: Das kann nicht Kompatibilismus sein, denn was sollte dann noch Inkompatibilismus sein?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Nur reicht es nun dem harten Deterministen normalerweise aber nicht, einfach nur zu sagen: "es gibt keinen libertarischen freien Willen." ... Ein harter Determinist behauptet nämlich, in einer determinierten Welt seien Autonomie, Selbstkontrolle, überhaupt eigene Handlungen nicht möglich ... Die meisten harten Deterministen behaupten deswegen auch folgerichtig, dass es in einer determinierten Welt keine Verantwortung geben kann, denn diese ist untrennbar verknüpft mit eigenen, selbstbestimmten Handlungen.

Keine Ahnung, was das mit meiner Position zu tun hat. Wie ich schon oft gezeigt habe und wie sogar aus dem von Dir zitierten Papier hervorgeht, ist es ohne weiteres möglich, Verantwortung und dgl. nur mit (deterministischer) Handlungsfreiheit zu begründen. Wie ich ebenfalls begründet habe, schließt diese Handlungsfreiheit (tun können, was man will) z.B. auch ein, daß man eine gewisse gesellschaftlich erwünschte Kontrolle seiner primären Präferenzen ausbildet, sofern dies nicht schon durch direkte Manipulation (Erziehung usw.) geschieht. Wie wir allerdings schon festgestellt haben, ist die Zuweisung von Verantwortung, generell die Moralisierung von Verhalten, oft eher mit einem Verlust an direkten Freiheitsgraden verbunden.

Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.

#1995:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 19:56
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wie man das nennt, um was es hier eigentlich geht, ist auch letztlich wurscht, "Willensfreiheit" ist eh nur ein Label. Dahinter steckt die Frage, ob und inwiefern Subjekte ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen selber bestimmen können.

Wenn man "selber bestimmen" so defensiv definiert wie Du, also wenn die Autonomie bereits z.B. in der Tatsache liegen soll, daß man auch Präferenzen rational abwägt, dann ist sozusagen jeder Kompatibilist, da jeder dies für kompatibel mit vollständig naturgesetzlichem Ablauf hält. In Umkehr einer von gewohnten Argumentationswendung könnte ich da einwenden: Das kann nicht Kompatibilismus sein, denn was sollte dann noch Inkompatibilismus sein?

Weißt Du, das Einzige, was ich von Dir verlange, ist, dass Du Autonomie mal "nicht defensiv" definierst. Darauf warte ich doch schon so lange, das muss doch irgendwann mal möglich sein. Am besten mit einem kleinen Beispiel aus einer beliebigen logisch möglichen Welt. Und schön wäre auch, wenn Indeterminismus dabei eine Rolle spielte, denn Du reitest doch permanent auf dem Determinismus rum, der muss also eine Rolle in deiner Argumentation spielen und ich hoffe ganz stark, dass der der auch jenseitig irgendwelcher vordergründiger Appelle an die Intuition eine Rolle spielt, denn Intuitionen können falsch sein. Ein Appell an Intuitionen, die man selber als falsch ansieht, ist aber ein red herring. Eine zutiefst unredliche Argumentationsstrategie, zumindest dann, wenn man sich ihrer bewusst ist.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Nur reicht es nun dem harten Deterministen normalerweise aber nicht, einfach nur zu sagen: "es gibt keinen libertarischen freien Willen." ... Ein harter Determinist behauptet nämlich, in einer determinierten Welt seien Autonomie, Selbstkontrolle, überhaupt eigene Handlungen nicht möglich ... Die meisten harten Deterministen behaupten deswegen auch folgerichtig, dass es in einer determinierten Welt keine Verantwortung geben kann, denn diese ist untrennbar verknüpft mit eigenen, selbstbestimmten Handlungen.

Keine Ahnung, was das mit meiner Position zu tun hat. Wie ich schon oft gezeigt habe und wie sogar aus dem von Dir zitierten Papier hervorgeht, ist es ohne weiteres möglich, Verantwortung und dgl. nur mit (deterministischer) Handlungsfreiheit zu begründen. Wie ich ebenfalls begründet habe, schließt diese Handlungsfreiheit (tun können, was man will) z.B. auch ein, daß man eine gewisse gesellschaftlich erwünschte Kontrolle seiner primären Präferenzen ausbildet, sofern dies nicht schon durch direkte Manipulation (Erziehung usw.) geschieht. Wie wir allerdings schon festgestellt haben, ist die Zuweisung von Verantwortung, generell die Moralisierung von Verhalten, oft eher mit einem Verlust an direkten Freiheitsgraden verbunden.

Tja, also, was Deine Position angeht, bin ich noch immer unsicher. Ich würde sagen, Du bist Kompatibilist. So wie MSS auch Kompatibilist ist.

Bei Deinem letzten Satz allerdings sind wir wohl gänzlich unterschiedlicher Meinung. Und das hat nichts mit Inkompatibilismus / Kompatbilismus zu tun. Ich denke nämlich keineswegs, dass es ein Beleg für Unfreiheit sei, wenn sich viele Leute an Normen halten. Das kann ebenso bedeuten, dass sie die Normen akzeptieren. Und außerdem halte ich es für wünschenswert, Selbstbestimmung und Selbsterkenntnis zu fördern (den "mündigen Bürger").

step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.

Wie gesagt, ich bin mir nicht sicher, ob Du wirklich harter Determinist bist. Die behaupten nämlich sonst andere Sachen.

Aber mal was anderes: vielleicht liegt unser Dissens auch zum Teil darin, dass ich nicht viel von Sprachkosmetik halte, also in dem Sinne, dass ich nicht glaube, dass es etwas bringen könnte, Wörter durch andere Wörter zu ersetzen, also einen Sprachgebrauch vorzugeben. Ich glaube hingegen, dass sich die Bedeutung von Wörtern über einen längeren Zeitraum ändert. Und ich glaube auch, dass das für die Wörter "Schuld, Vergeltung und Strafe" gilt, ich denke, Du misst diesen Wörtern eine vergangene Bedeutung zu, eine Bedeutung, die sie schlicht heute nicht mehr haben.

Und ebenso wie Dir geht es mAn MSS um Sprachkosmetik (siehe Link oben).

Edit: Ergänzung: es ist mE einfach für mich nicht nachvollziehbar, wie man immer wieder zu der Behauptung gelangt, die einzig "echte Willensfreiheit" sei die libertarische Willensfreiheit und alles andere sei Handlungsfreiheit. Das widerspricht mE den philosophischen Begriffen. Zumindest "Handlungsfreiheit" ist mE ziemlich eindeutig definiert (Willensfreiheit allerdings nicht) und ich weigere mich einfach, Eurem Sprachgebrauch zu folgen. Meiner Ansicht nach gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen "kann tun, was er will" und "kann wollen, was er will". Egal, wie immer man das interpretiert.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 12.01.2010, 20:18, insgesamt einmal bearbeitet

#1996:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 20:04
    —
step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.


Kann irgend ein Subjekt Prävention gegenüber Strafe frei wählen?

Skeptiker

#1997:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.01.2010, 20:43
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn man - wie ich - als harter Determinist bestimmte archaische Konzepte wie Schuld, Vergeltung, Strafe usw. für nicht mehr rational begründbar hält, so könnte man diese natürlich als, wie Du so schön sagst, "Label" aufrechterhalten, aber eben nur soweit sie sich auf weiterhin begründbare Teilaspekte beziehen, z.B. Prävention.
Kann irgend ein Subjekt Prävention gegenüber Strafe frei wählen?

Laut AP würde es ihn frei machen, wenn er eines davon akzeptiert.

Aber Spaß beiseite, ich verstehe nicht, wieso es für die Diskussion relevant sein sollte, ob man sie frei wählen kann. Auch im heutigen Strafrecht, das ja auf dem FreienWillen basiert, kann niemand seine Strafe frei wählen.

#1998:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.01.2010, 12:13
    —
step hat folgendes geschrieben:
[...] im heutigen Strafrecht, das ja auf dem FreienWillen basiert [...]


SCHULZ, Björn. “Willensfreiheit und Strafrecht im
Spannungsfeld zwischen moderner Neurowissenschaft und Philosophie” S. 21-22
hat folgendes geschrieben:
Eine Minderheit in der Strafrechtswissenschaft geht davon aus, dass die strafrechtlichen Grundbegriffe (persönliche Verantwortlichkeit, Schuld, Zurechnungsfähigkeit) notwendig auf der Annahme von Willensfreiheit im Sinne eines „Unter-denselben-physiologischen-Bedingungen-willentlich-andershandeln-Könnens“ (sog. „Libertarianismus“) beruhen.

[...]

In der Strafrechtswissenschaft sind kompatibilistische Theorien vorherrschend. Strafrechtliche Schuld und neurophysiologischer Determinismus sind danach verträglich; strafrechtliche Schuld setzt keine Willensfreiheit im indeterministischen (kontra-kausalen) Sinne voraus.

#1999:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 14.01.2010, 21:24
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] im heutigen Strafrecht, das ja auf dem FreienWillen basiert [...]


SCHULZ, Björn. “Willensfreiheit und Strafrecht im
Spannungsfeld zwischen moderner Neurowissenschaft und Philosophie” S. 21-22
hat folgendes geschrieben:
Eine Minderheit in der Strafrechtswissenschaft geht davon aus, dass die strafrechtlichen Grundbegriffe (persönliche Verantwortlichkeit, Schuld, Zurechnungsfähigkeit) notwendig auf der Annahme von Willensfreiheit im Sinne eines „Unter-denselben-physiologischen-Bedingungen-willentlich-andershandeln-Könnens“ (sog. „Libertarianismus“) beruhen.

[...]

In der Strafrechtswissenschaft sind kompatibilistische Theorien vorherrschend. Strafrechtliche Schuld und neurophysiologischer Determinismus sind danach verträglich; strafrechtliche Schuld setzt keine Willensfreiheit im indeterministischen (kontra-kausalen) Sinne voraus.

Ja, ich sprach ja auch nur von Willensfreiheit. Natürlich hat die Rechtswissenschaft die kompatibilistische Umdeutung irgendwann auch mitgemacht, um die Hülse "Willensfreiheit" zu retten. Das hatten wir schon mal sehr deutlich bei dem Aufsatz von Burkhardt.

Übrigens definiert das deutsche Recht die Willensfreiheit keineswegs wie Du, also als Bildung des Willens unter rationaler Abwägung, sondern beschränkt sich auf die Forderung, nicht durch Zwänge oder Krankheiten gestört zu sein. Willensfreiheit wäre demnach so etwas wie Geschäftsfähigkeit. Auch die Definition mittels "kann das Unrecht der Tat einsehen" ist äußerst zwielichtig, gemeint ist nämlich "könnte, wenn er es denn könnte" oder so.

Zitat:
Der deutsche Gesetzgeber setzt den freien Willen des erwachsenen Menschen voraus: Die freie Willensbestimmung kann nur im Zustand der Bewusstlosigkeit oder „krankhafter [oder vorübergehender] Störung der Geistestätigkeit“ dauerhaft oder vorübergehend unmöglich sein (§ 104 f. BGB) (mit Folge der Geschäftsunfähigkeit).

Auch im Strafrecht gilt das Postulat des freien Willens: Nur „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln“, handelt gem. § 20 StGB nicht vorwerfbar.

[...] Die gängige juristische Sichtweise bezieht sich anders als die kausalwissenschaftliche Analyse auf die Zuschreibung der dem geltenden Recht entsprechenden Verantwortung für ein bestimmtes Ereignis auf einen bestimmten Personenkreis. Im Lichte der empirischen Wissenschaften ist der Appell an die sittliche Verantwortung des sich frei entschließenden Willens eine sprachliche Fiktion, die stellvertretend gedacht werden kann für die mit einer bestimmbaren statistischen Wahrscheinlichkeit eintretende gesellschaftliche Sanktionierung der fraglichen Verhaltensweisen.


http://de.wikipedia.org/wiki/Freier_Wille#Rechtswissenschaft

#2000:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 14.01.2010, 21:50
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ja, ich sprach ja auch nur von Willensfreiheit.

Ich habe Deine Aussage schlicht präzisiert, denn die war mE missverständlich.

step hat folgendes geschrieben:
Natürlich hat die Rechtswissenschaft die kompatibilistische Umdeutung irgendwann auch mitgemacht, um die Hülse "Willensfreiheit" zu retten.

"Hülse + retten" = Appell an die Intuition.

Schulterzucken

#2001:  Autor: AntagonisTWohnort: 2 Meter über dem Boden BeitragVerfasst am: 15.01.2010, 15:23
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
@Lars
In welcher Relation stehen Deiner Meinung nach Begründungszusammenhänge und Kausalzusammenhänge zueinander? Das würde mich noch interessieren.


"auf eigenen Wunsch deaktiviert". Warum? Darf man das erfahren?

#2002:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 10:54
    —
@ Marcellinus & AgentProvocateur:

Offenbar habt Ihr meinen Punkt noch immer nicht verstanden. Daher zunächst Folgendes:

Jeder Philosoph findet eine Sprache vor, die sich formal ziellos im Alltagsgebrauch der Menschen und ohne Rücksicht auf philosophische Belange entwickelt hat. Leider sind etliche ihrer Begriffe mit Bedeutungen beladen, die einer klärenden Systematisierung des Denkens im Wege stehen. Schlechten Philosophen und den meisten Laien ist das nicht bewußt, weshalb sich ihre Diskurse in fruchtlosem Geschwurbel, Geschwätz und Geschwalle verlieren (ein Phänomen, das nicht nur hier sondern z.B. auch in TV-Talkrunden mit kontroversem Thema zu beobachten ist. Regelmäßig entsteht dabei der Eindruck, es gebe keine Lösung, und man müsse sich mit Differenzen "toleranterweise" abfinden. In Wirklichkeit aber hat man - wie einst zu Babel - "nur" aneinander vorbeigeredet.). Gute Philosophen und ihre Freunde hingegen sind immer auch semantische Konstruktivisten, die ihre zentralen Begriffe mit größtmöglicher Exaktheit so definieren, daß sie ihren Zweck als stabile Elemente einer logisch konsistenten Philosophie erfüllen können. Dazu ist es notwendig, bestimmte Begriffe zu meiden, von Mehrdeutigkeiten zu befreien, neu zu definieren oder zu ersetzen - ggf. sogar durch Neologismen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß viele - wenn nicht gar die meisten - philosophischen Probleme Scheinprobleme sind, die in erster Linie auf ungeordneter Semantik beruhen. Das muß nicht sein, denn nur wir selbst entscheiden darüber, welche Begriffe wir auf welche Objekte anwenden wollen. Kein Begriff hat an sich eine bestimmte Bedeutung! Wir sollten das trotz aller Schwierigkeiten als Chance betrachten und zu unserer philosophischen Entwicklung nutzen.

Weiter im Text:

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wille ist das, was Menschen wollen, ihre Ziele, Absichten und persönlichen Entscheidungen.

So definierst <b>Du</b> den Willensbegriff, aber er ist unklar, weil er allzu Verschiedenes umfaßt. Da die Gleichsetzung unterschiedlicher Begriffe schnell und meist unbemerkt zu Inkonsistenzen führt (s.u.), empfiehlt es sich, <b>äußerst</b> sparsam damit umzugehen.

Wenn du es so siehst, solltest du das lieber lassen, denn Begriffe wie Willen, Bewußtsein usw. sind Begriffe, die aus Zeiten stammten, in denen es Kenntnisse über neuronale Netzwerke wie unser Gehirn noch nicht gab.


Genau deshalb muß man sie ja auch meiden, von Mehrdeutigkeiten befreien, neu definieren oder ersetzen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Entweder man findet sich damit ab, daß man vereinfacht, oder man kann anfangen, Bücher zu schreiben, die dann allerdings auf belegbaren Fakten beruhen sollten, die zumindest ich nicht habe.


Das verfügbare Wissen über Fakten wird uns von den Wissenschaften präsentiert, und die Aufgabe analytischer Philosophen besteht darin, dieses Wissen semantisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch zu systematisieren, was seinerseits ordnende Rückwirkungen auf die Wissenschaften haben kann und soll. Beispiel Willensfreiheit: Wenn es sie nicht gibt, weil es sie nicht geben <b>kann</b>, entfallen philosophisch unreflektierte Sensationsmeldungen und mit ihnen weitere Diskussionen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Wollen" ist ein verstärktes Gefühl des Wünschens, das sich unserem unmittelbaren Einfluß entzieht.

Und was ist dann Wünschen?


Ein abgeschwächtes Gefühl des Wollens. Merke: Das Definiendum darf im Definiens nicht vorkommen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Warum entzieht sich Wollen unserem unmittelbaren Einfluß?


Weil der Mensch nun einmal so beschaffen ist. Gefühle - auch jene des Wünschens und Wollens - haben wir einfach (oder auch nicht), aber zum Glück können wir unsere Handlungsentscheidungen unabhängig von ihnen treffen. Wir <b>müssen</b> es sogar, um moralische Subjekte sein zu können. Der traditionelle Begriff der Willensfreiheit ist also nicht nur logisch falsch, sein Bezugsobjekt entbehrt auch empirisch jeder Grundlage.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich finden 100 EUR in meiner Tasche, überlege, was ich damit kaufe, und entscheide: Ich will eine Hose. Es hätte aber auch eine Jacke sein können.


Wenn Du eine Hose willst und sie kaufst, hast Du getan, was Du willst. Wenn Du eine Hose willst, aber eine Jacke kaufst (weil Du sie vielleicht dringender brauchst), hast Du getan, was Du <b>nicht</b> willst. Wie bereits erwähnt: Es gibt keine Willensfreiheit aber eine beschränkte Handlungsfreiheit!

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Ein Ziel haben" ist der Gedanke eines Bestrebens, der eine vorläufige Festlegung im möglichen Widerstreit von Wollen, Können und Sollen trifft. Ein Ziel kann im Einklang mit oder im Widerspruch zu unserem Wollen, Können oder Sollen stehen.

Ein Ziel ist erstmal nur eine ferner liegende Absicht.


Nicht nach meiner Definition!

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Absicht haben" bedeutet, ein gestecktes Ziel mit Gedanken zu seiner Verwirklichung zu verbinden und entsprechende Handlungen ins Auge zu fassen.

Ein gestecktes Ziel beinhaltet immer "Gedanken zu seiner Verwirklichung", sonst ist es kein Ziel.


Nicht nach meiner Definition!

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

"Eine Entscheidung treffen" bedeutet, gedanklich konkrete Handlungen zur Erreichung eines bestimmten Zieles festzulegen.

Ich treffe die Entscheidung, endlich meinen Dachboden aufzuräumen, habe aber nicht die Spur einer Ahnung, wie ich das machen soll.


Dann ist es - nach meiner Definition - auch keine Entscheidung! Bitte versteh doch, daß nicht das Objekt den Begriff bestimmt, sondern umgekehrt, und zwar <b>qua Definition!</b>

Free Will hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage um die Willensfreiheit geht es um Folgendes:


Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.


Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!

#2003:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 13:06
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage um die Willensfreiheit geht es um Folgendes:
Free Will hat folgendes geschrieben:

Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.
Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!

Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".

#2004:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 13:10
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ Marcellinus & AgentProvocateur:
Jeder Philosoph findet eine Sprache vor, die sich formal ziellos im Alltagsgebrauch der Menschen und ohne Rücksicht auf philosophische Belange entwickelt hat. Leider sind etliche ihrer Begriffe mit Bedeutungen beladen, die einer klärenden Systematisierung des Denkens im Wege stehen. Schlechten Philosophen und den meisten Laien ist das nicht bewußt, weshalb sich ihre Diskurse in fruchtlosem Geschwurbel, Geschwätz und Geschwalle verlieren (ein Phänomen, das nicht nur hier sondern z.B. auch in TV-Talkrunden mit kontroversem Thema zu beobachten ist. Regelmäßig entsteht dabei der Eindruck, es gebe keine Lösung, und man müsse sich mit Differenzen "toleranterweise" abfinden. In Wirklichkeit aber hat man - wie einst zu Babel - "nur" aneinander vorbeigeredet.). Gute Philosophen und ihre Freunde hingegen sind immer auch semantische Konstruktivisten, die ihre zentralen Begriffe mit größtmöglicher Exaktheit so definieren, daß sie ihren Zweck als stabile Elemente einer logisch konsistenten Philosophie erfüllen können. Dazu ist es notwendig, bestimmte Begriffe zu meiden, von Mehrdeutigkeiten zu befreien, neu zu definieren oder zu ersetzen - ggf. sogar durch Neologismen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß viele - wenn nicht gar die meisten - philosophischen Probleme Scheinprobleme sind, die in erster Linie auf ungeordneter Semantik beruhen. Das muß nicht sein, denn nur wir selbst entscheiden darüber, welche Begriffe wir auf welche Objekte anwenden wollen. Kein Begriff hat an sich eine bestimmte Bedeutung! Wir sollten das trotz aller Schwierigkeiten als Chance betrachten und zu unserer philosophischen Entwicklung nutzen.
...
Das verfügbare Wissen über Fakten wird uns von den Wissenschaften präsentiert, und die Aufgabe analytischer Philosophen besteht darin, dieses Wissen semantisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch zu systematisieren, was seinerseits ordnende Rückwirkungen auf die Wissenschaften haben kann und soll. Beispiel Willensfreiheit: Wenn es sie nicht gibt, weil es sie nicht geben <b>kann</b>, entfallen philosophisch unreflektierte Sensationsmeldungen und mit ihnen weitere Diskussionen.

Das hättest du wohl gern. Ist dir schon aufgefallen, daß du dir deine Begriffe so strickst, daß die von dir gewünschte Antwort die scheinbar zwangsläufige Folge ist? Ist dir schon aufgefallen, daß die Wissenschaften schon lange nicht mehr der Philosophie ihre Erkenntnisse zur Genehmigung vorlegen? Philosophie ist was für's Feuilleton. Begriffe haben sich nach den Fakten zu richten, nicht umgekehrt. Theorien haben durch Tatsachenbeobachtungen belegbar zu sein, die ihrerseits neue Tatsachenbeobachtungen ermöglichen. Begriffe, die nicht mehr zu dem passen, was damit Begriffen werden soll, gehören auf den Müllhaufen der Wissenschaftsgeschichte.

Scheinbar heilige Kühe der Philosophie liegen heute im Computertomografen. Absolute Begriffe wie 'Freiheit', 'Determinismus' oder 'Freier Wille' lösen sich auf in Zusammenhänge beobachtbarer Fakten und produzieren Wissen, wo Philosophen in Jahrhunderten nur Semantik hervorgebracht haben, statt lieber ihren Vorgarten umzugraben. zwinkern

#2005:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 13:27
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.

Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!

Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".


Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.

#2006:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 13:30
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.
Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!
Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".
Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.

Das sehe ich anders. Der Begriff "Freier Wille" ist zwar insgesamt gesehen nicht wohldefiniert, weil jeder darunter etwas anderes versteht, nämlich immer wie es ihm gerade in den Kram paßt. Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität

#2007:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 14:15
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
Free will raises the question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, choices.
Wohlwollender Kommentar: unverständlich, weil die Definition des Begriffes "free will" fehlt. Weniger wohlwollender Kommentar: der übliche Schwachsinn!
Der zweite Teil der Definition ist ja nicht per se sinnlos, sondern beschreibt einen durchaus wichtigen Aspekt, den man allerdings "Rationalität" (oder von mir aus "rationale Handlungskontrolle") nennen sollte, und nicht als "Freiheit des Willens".
Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.

Das sehe ich anders. Der Begriff "Freier Wille" ist zwar insgesamt gesehen nicht wohldefiniert, weil jeder darunter etwas anderes versteht, nämlich immer wie es ihm gerade in den Kram paßt. Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität


Sind "rationale Agenten" nur gesellschaftliche/institutionelle, aber keine individuellen Subjekte?

Kann man technische, betriebswirtschaftliche, individuelle Rationalität, also zusammengefasst immanente Rationalität als freiheitsstiftende Rationalität ansehen?

Bedeutet es nicht, dass Ziele und Zwecke spätestens mit der Erwähnung von Rationalität ins Spiel kommen und Wille, Entscheiden und Handeln sich automatisch danach auszurichten haben?

Skeptiker

#2008:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 14:45
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität
Sind "rationale Agenten" nur gesellschaftliche/institutionelle, aber keine individuellen Subjekte?

So wie ich die Definition verstehe, sollen es sogar NUR individuele Subjekte sein.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Kann man technische, betriebswirtschaftliche, individuelle Rationalität, also zusammengefasst immanente Rationalität als freiheitsstiftende Rationalität ansehen?

Rationalität stiftet primär Wissen, Klarheit, Effizienz in der Zielerreichung und sowas. Vielleicht wird man dadurch "frei von" dem einen oder anderen Zwang oder Illusion. Vielleicht wird man auch handlungsfreier bzw. politisch freier, da man seinen Willen ja effizienter erreichen kann.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Bedeutet es nicht, dass Ziele und Zwecke spätestens mit der Erwähnung von Rationalität ins Spiel kommen und Wille, Entscheiden und Handeln sich automatisch danach auszurichten haben?

Was heißt schon "zu haben"? Wenn man ein rationaler Mensch ist, tun die Entscheidungen das eben. Sozusagen eine neue Ebene der Determiniertheit.

#2009:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 15:00
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Es handelt sich ja keineswegs um eine Definition sondern nur um eine Behauptung, die nun mal einfach keinen Sinn ergibt, solange der kritische Begriff "free will" undefiniert bleibt.


step hat folgendes geschrieben:
Das sehe ich anders. Der Begriff "Freier Wille" ist zwar insgesamt gesehen nicht wohldefiniert, weil jeder darunter etwas anderes versteht, nämlich immer wie es ihm gerade in den Kram paßt.


Gerade darum müßte er <b>UN-BE-DINGT</b> definiert werden, bevor man ihn verwendet! Wie will man ihm sonst jemals seine Fehlerhaftigkeit und Unbestimmtheit nehmen können?

step hat folgendes geschrieben:
Aber in diesem Fall wird er ja tatsächlich mal definiert, nämlich grob gesagt

"free will" = Rationalität


Erstens ist das eine unbrauchbare Gleichsetzung, zweitens identifiziert sie gleich zwei kritische (d.h. definitionsbedürftige) Begriffe miteinander, und drittens geht sie so aus dem zitierten Satz nicht hervor. Der sagt nämlich nur Folgendes aus:
<b>Es gibt einen freien Willen.</b> <i>Leider bleibt offen, ob damit ein Begriff oder sein Bezugsobjekt gemeint ist. Geht es um sein Bezugsobjekt, muß auch noch dessen ontologischer Status geklärt werden. Der Formulierung nach dürfte es ein Ding (reales/interaktionsfähiges Objekt) sein. Sollen empirisch prüfbare Aussagen darüber getroffen werden, bedarf es natürlich auch noch theoretisch gestützter Daten über seine Existenz.</i> <b>Dieses unzureichend spezifizierte Etwas wirft die Frage auf, ob und in welchem Sinne rational Handelnde Kontrolle über ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen ausüben.</b> <i>Hier wiederum bleibt offen, was "rational Handelnde" sind, bzw. worin ihre "Rationalität" besteht. Dazu würde mich persönlich noch interessieren, wie der Unterschied zwischen "decisions" und "choices" konkret verstanden werden soll.</i>

#2010:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 15:17
    —
@ Marcellinus:

Dein flüchtiger Beitrag ist eine Unverschämtheit! Du könntest Dich wenigstens um den <b>Anschein</b> bemühen, meine Postings durchdenken und verstehen zu wollen!

#2011:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 15:59
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
<b>Dieses unzureichend spezifizierte Etwas wirft die Frage auf, ob und in welchem Sinne rational Handelnde Kontrolle über ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen ausüben.</b> <i>Hier wiederum bleibt offen, was "rational Handelnde" sind, bzw. worin ihre "Rationalität" besteht. Dazu würde mich persönlich noch interessieren, wie der Unterschied zwischen "decisions" und "choices" konkret verstanden werden soll.</i>

Bei dem Thema X geht es darum, ob und in welchem Sinne rational agents Kontrolle über ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen ausüben.

Scheint zumindest mir eine gute Darstellung des Themas X zu sein, zu sagen, um was es überhaupt geht beim Thema X.

Einen Unterschied zwischen "Entscheidung" und "Wahl" könnte man vielleicht so sehen: eine Wahl trifft man zwischen 2 oder mehr feststehenden Optionen, bei einem Entscheidungsvorgang hingegen können (zusätzliche, bisher nicht gesehene) Optionen generiert werden / sich aus den damit verbundenen Überlegungen ergeben.

Das ist hier mE aber nicht wichtig, die beiden Worte können oft synonym verwendet werden. Man kann mE ohne Probleme oben die "Wahlen" weglassen.

#2012:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 17:56
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei dem Thema X geht es darum, ob und in welchem Sinne rational agents Kontrolle über ihre Handlungen, Entscheidungen und Wahlen ausüben.


"A rational agent can be anything that makes decisions, typically a person, firm, machine, or software." - Was mögen wohl die "Entscheidungen" von Personen und unbelebten Gegenständen in ontologischer Hinsicht gemeinsam haben? Wie mag es um die "Willensfreiheit" von Unternehmen, Maschinen und Software bestellt sein? Dieses philosophische Niveau ist einfach GROTTIG!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Scheint zumindest mir eine gute Darstellung des Themas X zu sein, zu sagen, um was es überhaupt geht beim Thema X.


Wenn Thema X nicht spezifiziert zu werden braucht, kann man doch wohl gut auf seine Nennung verzichten (was ich übrigens lebhaft befürworten würde, wie inzwischen deutlich geworden sein sollte). Leider aber ist das Thema X (auch Thema dieses Threads!) nichts anderes als der Begriff der Willensfreiheit (bzw. sein Referenzobjekt). Solange und wann immer er verwendet wird, muß die Aufforderung zur Definition oder die explizite Ablehnung infolge offensichtlicher Inkonsistenzen ergehen! Anders werden sich seine verblödenden Potenziale niemals brechen lassen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einen Unterschied zwischen "Entscheidung" und "Wahl" könnte man vielleicht so sehen: eine Wahl trifft man zwischen 2 oder mehr feststehenden Optionen, bei einem Entscheidungsvorgang hingegen können (zusätzliche, bisher nicht gesehene) Optionen generiert werden / sich aus den damit verbundenen Überlegungen ergeben.


Genug Phantasie zum Interpretieren habe auch ich, aber mir liegt daran zu verstehen, warum der Autor des Satzes genau diese Worte verwendet hat. Allerdings befürchte ich, daß der Auswahl keine besonderen Überlegungen vorangegangen sind.

#2013:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 18:15
    —
Grottig? Mag sein.

Ich kann Dir noch eine andere Beschreibung dessen, um was es geht, liefern:

Free Will hat folgendes geschrieben:
“Free Will” is a philosophical term of art for a particular sort of capacity of rational agents to choose a course of action from among various alternatives. Which sort is the free will sort is what all the fuss is about. (And what a fuss it has been: philosophers have debated this question for over two millenia, and just about every major philosopher has had something to say about it.) Most philosophers suppose that the concept of free will is very closely connected to the concept of moral responsibility. Acting with free will, on such views, is just to satisfy the metaphysical requirement on being responsible for one's action. (Clearly, there will also be epistemic conditions on responsibility as well, such as being aware—or failing that, being culpably unaware—of relevant alternatives to one's action and of the alternatives' moral significance.) But the significance of free will is not exhausted by its connection to moral responsibility. Free will also appears to be a condition on desert for one's accomplishments (why sustained effort and creative work are praiseworthy); on the autonomy and dignity of persons; and on the value we accord to love and friendship.

#2014:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 18:58
    —
Free Will hat folgendes geschrieben:
... Most philosophers suppose that the concept of free will is very closely connected to the concept of moral responsibility. Acting with free will, on such views, is just to satisfy the metaphysical requirement on being responsible for one's action.

Schön gesagt. Das ist genau mein Kritikpunkt.

Man weist dem Inividuum metaphysische Eigenschaften zu (z.B. Identität, Autonomie, Verantwortung, Schuld), weil dies zu einfacheren psychosozialen Konstrukten führt. Dann werden reale Eigenschaften (z.B. Rationalität, Abwesenheit von äußeren Zwängen usw.), die diese Illusion zu stützen scheinen, mit den metaphysischen Eigeschaften assoziiert und mit einem Begriff (free will) belegt, der eigentlich die metaphysische Eigenschaft bezeichnete.

Analog:

1. "Gott" ist ein übernatürlicher Schöpfer, der Begriff bezeichnet etwas Metaphysisches.
2. "Aufgeklärte" Christen identifizieren etwas Reales, z.B. Liebe, und argumentieren fortan "kompatibilistisch": Gott existiert real, denn Gott ist die Liebe.

Und ebenso, wie es ehrlicher wäre zuzugeben, daß Liebe Liebe ist (und nicht der metaphysische "Gott"), sollte man in der FW-Debatte rationale Entscheidungen "rationale Entscheidungen" nennen und nicht "Freier Wille". Dann würde nämlich auch klarer, daß Verantwortung keine metaphysische Eigenschaft des Individuums ist, sondern daß wir "nur" unter Erwartungsdruck unserer Mitmenschen stehen.

Free Will hat folgendes geschrieben:
... Free will also appears to be a condition on desert for one's accomplishments (why sustained effort and creative work are praiseworthy); on the autonomy and dignity of persons; and on the value we accord to love and friendship.

dito.

#2015:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 19:03
    —
Free Will hat folgendes geschrieben:
“Free Will” is a philosophical term of art for a particular sort of capacity of rational agents to choose a course of action from among various alternatives. Which sort is the free will sort is what all the fuss is about. (And what a fuss it has been: philosophers have debated this question for over two millenia, and just about every major philosopher has had something to say about it.) Most philosophers suppose that the concept of free will is very closely connected to the concept of moral responsibility. Acting with free will, on such views, is just to satisfy the metaphysical requirement on being responsible for one's action. (Clearly, there will also be epistemic conditions on responsibility as well, such as being aware—or failing that, being culpably unaware—of relevant alternatives to one's action and of the alternatives' moral significance.) But the significance of free will is not exhausted by its connection to moral responsibility. Free will also appears to be a condition on desert for one's accomplishments (why sustained effort and creative work are praiseworthy); on the autonomy and dignity of persons; and on the value we accord to love and friendship.


@ AgentProvocateur:

Langsam bekomme ich den Eindruck, Du willst mich nerven. Dieser Text ist doch <b>wieder</b> nur ein Haufen unklares Gewäsch mit <b>noch</b> mehr definitionsbedürftigen Begriffen! Was soll er mir vermitteln, das ich nicht längst begründeterweise zurückgewiesen hätte?

#2016:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 19:16
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ AgentProvocateur:

Langsam bekomme ich den Eindruck, Du willst mich nerven. Dieser Text ist doch <b>wieder</b> nur ein Haufen unklares Gewäsch mit <b>noch</b> mehr definitionsbedürftigen Begriffen! Was soll er mir vermitteln, das ich nicht längst begründeterweise zurückgewiesen hätte?

Nö, ich will Dich nicht nerven, ich wollte nur einmal darstellen, um was es beim Thema "Willensfreiheit" eigentlich geht. Wenn Du das ablehnst, wenn Du meinst, es ginge um etwas anderes und müsse auch um etwas anderes gehen, dann redest Du auch letzlich über etwas anderes als das Leute tun, die über "Willensfreiheit" diskutieren. Kannst Du ja auch gerne machen, aber das ist dann schlicht bezüglich "Willensfreiheit" eine Themaverfehlung. Meiner Ansicht nach.

#2017:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 19:18
    —
step hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
... Most philosophers suppose that the concept of free will is very closely connected to the concept of moral responsibility. Acting with free will, on such views, is just to satisfy the metaphysical requirement on being responsible for one's action.

Schön gesagt. Das ist genau mein Kritikpunkt.

Man weist dem Inividuum metaphysische Eigenschaften zu (z.B. Identität, Autonomie, Verantwortung, Schuld), weil dies zu einfacheren psychosozialen Konstrukten führt.

Das steht da nicht.

#2018:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 19:44
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ Marcellinus:
Dein flüchtiger Beitrag ist eine Unverschämtheit! Du könntest Dich wenigstens um den <b>Anschein</b> bemühen, meine Postings durchdenken und verstehen zu wollen!

Nun komm mal runter von deinem hohen Thron! Ich habe versucht, dir meine Ansicht zu deiner Argumentation begreiflich zu machen. Also vielleicht noch mal in Ruhe.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Jeder Philosoph findet eine Sprache vor, die sich formal ziellos im Alltagsgebrauch der Menschen und ohne Rücksicht auf philosophische Belange entwickelt hat. Leider sind etliche ihrer Begriffe mit Bedeutungen beladen, die einer klärenden Systematisierung des Denkens im Wege stehen. Schlechten Philosophen und den meisten Laien ist das nicht bewußt, weshalb sich ihre Diskurse in fruchtlosem Geschwurbel, Geschwätz und Geschwalle verlieren (ein Phänomen, das nicht nur hier sondern z.B. auch in TV-Talkrunden mit kontroversem Thema zu beobachten ist. Regelmäßig entsteht dabei der Eindruck, es gebe keine Lösung, und man müsse sich mit Differenzen "toleranterweise" abfinden. In Wirklichkeit aber hat man - wie einst zu Babel - "nur" aneinander vorbeigeredet.).

Du möchtest also eine Sprache, die deinen philosophischen Belangen dient.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Gute Philosophen und ihre Freunde hingegen sind immer auch semantische Konstruktivisten, die ihre zentralen Begriffe mit größtmöglicher Exaktheit so definieren, daß sie ihren Zweck als stabile Elemente einer logisch konsistenten Philosophie erfüllen können. Dazu ist es notwendig, bestimmte Begriffe zu meiden, von Mehrdeutigkeiten zu befreien, neu zu definieren oder zu ersetzen - ggf. sogar durch Neologismen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß viele - wenn nicht gar die meisten - philosophischen Probleme Scheinprobleme sind, die in erster Linie auf ungeordneter Semantik beruhen. Das muß nicht sein, denn nur wir selbst entscheiden darüber, welche Begriffe wir auf welche Objekte anwenden wollen. Kein Begriff hat an sich eine bestimmte Bedeutung! Wir sollten das trotz aller Schwierigkeiten als Chance betrachten und zu unserer philosophischen Entwicklung nutzen.

Begriffe dienen dir als Bausteine einer logisch konstistenten Philosophie. Welche Begriffe du auf welche Objekte anwendest, entscheidest du danach, wie du sie in deiner Philosophie brauchst. Dazu werden Begriffe umdefiniert, Begriffe weggelassen oder auch neu erfunden.

Ascanius hat folgendes geschrieben:

Das verfügbare Wissen über Fakten wird uns von den Wissenschaften präsentiert, und die Aufgabe analytischer Philosophen besteht darin, dieses Wissen semantisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch zu systematisieren, was seinerseits ordnende Rückwirkungen auf die Wissenschaften haben kann und soll. Beispiel Willensfreiheit: Wenn es sie nicht gibt, weil es sie nicht geben <b>kann</b>, entfallen philosophisch unreflektierte Sensationsmeldungen und mit ihnen weitere Diskussionen.
...
Bitte versteh doch, daß nicht das Objekt den Begriff bestimmt, sondern umgekehrt, und zwar <b>qua Definition!</b>

Überprüfbares Wissen interessiert dich nur in soweit, wie es sich in deine Philosophie einsortieren läßt, und Rückwirkung kann ja nur heißen, daß Wissen, das in dein Begriffsschema nicht paßt, auch von den Wissenschaften möglichst nicht mehr diskutiert werden sollte, jedenfalls nicht, wenn man als Freund der 'guten Philosophie' gelten möchte.

Du schreibst selbst, daß du ein Konstruktivist bist, bei dem sich die Objekte nach den Begriffen, also die Wirklichkeit nach der Philosophie zu richten hat, nicht umgekehrt. Ich hoffe, du bist glücklich in deiner kleinen Kunstwelt, nur mit einem Weltbild, daß mit wissenschaftlichen Tatsachen irgendwie Schritt halten kann, hat das nichts zu tun.


Zuletzt bearbeitet von Marcellinus am 16.01.2010, 20:14, insgesamt einmal bearbeitet

#2019:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 19:56
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
... Most philosophers suppose that the concept of free will is very closely connected to the concept of moral responsibility. Acting with free will, on such views, is just to satisfy the metaphysical requirement on being responsible for one's action.

Schön gesagt. Das ist genau mein Kritikpunkt.

Man weist dem Inividuum metaphysische Eigenschaften zu (z.B. Identität, Autonomie, Verantwortung, Schuld), weil dies zu einfacheren psychosozialen Konstrukten führt.
Das steht da nicht.

Na und?

#2020:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 20:19
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Free Will hat folgendes geschrieben:
... Most philosophers suppose that the concept of free will is very closely connected to the concept of moral responsibility. Acting with free will, on such views, is just to satisfy the metaphysical requirement on being responsible for one's action.

Schön gesagt. Das ist genau mein Kritikpunkt.

Man weist dem Inividuum metaphysische Eigenschaften zu (z.B. Identität, Autonomie, Verantwortung, Schuld), weil dies zu einfacheren psychosozialen Konstrukten führt.
Das steht da nicht.

Na und?

"Acting with free will, on such views, is just to satisfy the metaphysical requirement on being responsible for one's action" verstehe ich so: es gibt bestimmte Voraussetzungen dafür, jemandem Verantwortung zuzuweisen. Und wenn jemand einen Zusammenhang zum freien Willen sieht, dann ist es eben dieser freier Wille, als notwendige Voraussetzung. Mit anderen Worten: wenn es keinen freien Willen gibt, dann ist es auch (in dessen Sicht, der einen Zusammenhang sieht) nicht berechtigt, Verantwortung zuzuweisen, es geht nicht, die einfach umzudefinieren, zum Beispiel so: wir weisen Verantwortung ganz beliebig zu, wenn und nur weil es uns in irgend einem Sinne nützlich erscheint. Gleiches gilt für "blame" und "praise".

#2021:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 21:03
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Mit anderen Worten: wenn es keinen freien Willen gibt, dann ist es auch (in dessen Sicht, der einen Zusammenhang sieht) berechtigt, Verantwortung zuzuweisen.

Damit würde sich für mich die Aussage etwa so darstellen:

Wenn die Zuweisung von Verantwortung eine metaphysische Verantwortlichkeit erfordert (sehe ich anders und wäre zu zeigen),

und wenn wenn wir "freier Wille" definieren als Sammelbegriff für genau die Eigenschaften, von denen wir meinen, daß sie mit "metaphysische Verantwortlichkeit" im Zusammenhang stehen (wie immer das gehen soll),

dann wären wir ohne die Annahme eines FW nicht berechtigt, Verantwortung zuzuweisen.

#2022:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 21:13
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Mit anderen Worten: wenn es keinen freien Willen gibt, dann ist es auch (in dessen Sicht, der einen Zusammenhang sieht) nicht berechtigt, Verantwortung zuzuweisen.

Damit würde sich für mich die Aussage etwa so darstellen:

Wenn die Zuweisung von Verantwortung eine metaphysische Verantwortlichkeit erfordert (sehe ich anders und wäre zu zeigen),

und wenn wenn wir "freier Wille" definieren als Sammelbegriff für genau die Eigenschaften, von denen wir meinen, daß sie mit "metaphysische Verantwortlichkeit" im Zusammenhang stehen (wie immer das gehen soll),

dann wären wir ohne die Annahme eines FW nicht berechtigt, Verantwortung zuzuweisen.

Voraussetzung für die Zuweisung von Verantwortung (und auch Schuld) für eine Handlung oder das Unterlassen einer Handlung ist mE: die Handlung oder Nichthandlung lag im Möglichkeitsbereich dieses Jemanden, bzw.: sie ist berechtigterweise ihm zuzuschreiben.

Ob Du das "metaphysisch" nennen willst oder nicht, ist mir völlig wurscht und spielt hier überhaupt keine Rolle.

Es wäre zum Beispiel eine merkwürdige Anwendung des Veranwortungsbegriffes, wenn man mal eben schnell die ALDI-Brüder für verantwortlich für das Haiti-Erdbeben erklären würde, nur weil das nützlich ist, weil man dann von ihnen Schadensersatz fordern könnte, den sie sicher aufgrund ihres gut gefüllten Kontos locker leisten könnten.

Und hier kommt eben normalerweise der Inkompatibilismus ins Spiel, der behauptet, in einer determinierten Welt wäre gar nichts möglich, alles wäre nur gleichermaßen notwendig, ohne Unterschied. Und deswegen dürfe man keine Verantwortung mehr zuweisen, da diese eigener Handlungen bedürfe. Und notwendige Handlungen seien keine eigenen Handlungen, ja, seien sogar eigentlich gar keine Handlungen, es sei eine Illusion, die für Handlungen zu halten, es seien nur Abläufe, etwas anderes gäbe es gar nicht in einer determinierten Welt.

Edit: Fettes.

#2023:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 22:41
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Mit anderen Worten: wenn es keinen freien Willen gibt, dann ist es auch (in dessen Sicht, der einen Zusammenhang sieht) nicht berechtigt, Verantwortung zuzuweisen.
Damit würde sich für mich die Aussage etwa so darstellen:

Wenn die Zuweisung von Verantwortung eine metaphysische Verantwortlichkeit erfordert (sehe ich anders und wäre zu zeigen),

und wenn wenn wir "freier Wille" definieren als Sammelbegriff für genau die Eigenschaften, von denen wir meinen, daß sie mit "metaphysische Verantwortlichkeit" im Zusammenhang stehen (wie immer das gehen soll),

dann wären wir ohne die Annahme eines FW nicht berechtigt, Verantwortung zuzuweisen.

Voraussetzung für die Zuweisung von Verantwortung (und auch Schuld) für eine Handlung oder das Unterlassen einer Handlung ist mE: die Handlung oder Nichthandlung lag im Möglichkeitsbereich dieses Jemanden, bzw.: sie ist berechtigterweise ihm zuzuschreiben.

Voraussetzung für die Zuweisung von Verantwortung (und zwar nur für die Zukunft) ist, daß
- die Gemeinschaft möchte, daß derjenige so handelt (auch im Hinblick auf allgemeine Regeln)
- die Gemeinschaft meint, daß derjenige das weiß
- die Gemeinschaft meint, daß derjenige sich danach richtet

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob Du das "metaphysisch" nennen willst oder nicht, ist mir völlig wurscht und spielt hier überhaupt keine Rolle.

Es IST metaphysisch, daß man eine "Verantwortlichkeit" (Schuld, Seele usw.) a priori im Subjekt verortet, anstatt dies auf Erwartungen und Handlungen Dritter zurückzuführen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es wäre zum Beispiel eine merkwürdige Anwendung des Veranwortungsbegriffes, wenn man mal eben schnell die ALDI-Brüder für verantwortlich für das Haiti-Erdbeben erklären würde, nur weil das nützlich ist, weil man dann von ihnen Schadensersatz fordern könnte, den sie sicher aufgrund ihres gut gefüllten Kontos locker leisten könnten.

Diese Anwendung erscheint uns deshalb merkwürdig, weil die meisten von uns nicht wollen, daß dieses Vorgehen allgemeine (oder auch nur spezielle) Regel würde.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und hier kommt eben normalerweise der Inkompatibilismus ins Spiel, der behauptet, in einer determinierten Welt wäre gar nichts möglich, alles wäre nur gleichermaßen notwendig, ohne Unterschied.

Im Determinismus IST alls notwendig. Der kompatibilistische Determinist definiert nur "Möglichkeit" anders, nämlich nicht als "naturgesetzlich möglich", sondern (zum Beispiel!) als "Zweig im Entscheidungsalgorhithmus". Im Beispiel eines Computerprogramms:

Person P(1):
If (A)
do (a)
else
do (b)

Kompatibilist: a und b sind mögliche Fortsetzungen der Welt (mögliche Entscheidungen von P(1)).

Inkompatibilist: Nur eine ist naturgesetzlich möglich, denn A ist entweder zutreffend oder nicht. Wenn bei n Personen P(n) eine Verteilung der Voraussetzungen und damit auch der Entscheidungen erwartet wird, bezeichnen wir das umgangssprachlich als "Möglichkeiten" im Sinne unbekannter Erwartungswerte, nicht zu verwechseln mit einem individuellen Freiheitsgrad.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und deswegen dürfe man keine Verantwortung mehr zuweisen, da diese eigener Handlungen bedürfe. Und notwendige Handlungen seien keine eigenen Handlungen, ja, seien sogar eigentlich gar keine Handlungen, es sei eine Illusion, die für Handlungen zu halten, es seien nur Abläufe, etwas anderes gäbe es gar nicht in einer determinierten Welt.

Das ist aber nicht meine Argumentation. Aus meiner Sicht kann man die Handlung und die Verantwortung dem Individuum sehrwohl zuordnen, wenn nämlich das Individuum der Haupthebelpunkt für die Entscheidung und Handlung ist.

#2024: /quote Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 16.01.2010, 23:26
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Voraussetzung für die Zuweisung von Verantwortung (und auch Schuld) für eine Handlung oder das Unterlassen einer Handlung ist mE: die Handlung oder Nichthandlung lag im Möglichkeitsbereich dieses Jemanden, bzw.: sie ist berechtigterweise ihm zuzuschreiben.

Voraussetzung für die Zuweisung von Verantwortung (und zwar nur für die Zukunft) ist, daß
- die Gemeinschaft möchte, daß derjenige so handelt (auch im Hinblick auf allgemeine Regeln)
- die Gemeinschaft meint, daß derjenige das weiß
- die Gemeinschaft meint, daß derjenige sich danach richtet

Ja, darfst Du gerne so ausdrücken. Mit anderen Worten: man hält sich für handlungsfähig, d.h. fähig dazu, durch eigene Überlegungen und Handlungen die Zukunft wunschgemäß zu beeinflussen. Das ist so ziemlich das, was ich unter "freiem Willen" verstehe, nämlich Kontrolle über die Zukunft aufgrund eigener Überlegungen und Entscheidungen. Abwägung von Alternativen und Wahl einer davon.

step hat folgendes geschrieben:
Es IST metaphysisch, daß man eine "Verantwortlichkeit" (Schuld, Seele usw.) a priori im Subjekt verortet, anstatt dies auf Erwartungen und Handlungen Dritter zurückzuführen.

Es WÄRE vielleicht so. Wenn das jemand machen würde. Ich habe noch nie mit jemanden gesprochen, der "Verantwortung" für eine intrinsische Eigenschaft gehalten hätte. Ob ich das dann "metaphysisch" nennen wollen würde, weiß ich zwar nicht, aber für sehr merkwürdig und unsinnig hielte es jedenfalls. Ebenso wie ich es für merkwürdig halten würde, wenn jemand die Eigenschaft "Wert" von Geld für eine intrinsische Eigenschaft hielte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es wäre zum Beispiel eine merkwürdige Anwendung des Veranwortungsbegriffes, wenn man mal eben schnell die ALDI-Brüder für verantwortlich für das Haiti-Erdbeben erklären würde, nur weil das nützlich ist, weil man dann von ihnen Schadensersatz fordern könnte, den sie sicher aufgrund ihres gut gefüllten Kontos locker leisten könnten.

Diese Anwendung erscheint uns deshalb merkwürdig, weil die meisten von uns nicht wollen, daß dieses Vorgehen allgemeine (oder auch nur spezielle) Regel würde.

Nein, das hätte schlicht nichts mit "Verantwortung" im heutigen Sinne mehr zu tun, weil diese eben mE obige Kontrollfähigkeit über eine Handlung / Unterlassung beinhaltet. Die ALDI-Brüder aber hatten diese Kontrollmöglichkeit nicht und daher keine Verantwortung für das Haiti-Erdbeben: sie konnten nichts dafür. Oder man biegt den Begriff "Verantwortung" um und versteht etwas völlig anderes, etwas Beliebiges darunter. Aber das wäre dann nun mal etwas völlig anderes, und völlig anderes sollte man mE auch anders benennen, mal ganz unabhängig von der Frage, ob dieses dann anders Benannte eine sinnvolle Vorgehensweise wäre.

step hat folgendes geschrieben:
Wenn bei n Personen P(n) eine Verteilung der Voraussetzungen und damit auch der Entscheidungen erwartet wird, bezeichnen wir das umgangssprachlich als "Möglichkeiten" im Sinne unbekannter Erwartungswerte, nicht zu verwechseln mit einem individuellen Freiheitsgrad.

Falls Du behaupten solltest, ein "individueller Freiheitsgrad" oder "echte Möglichkeiten" (akausale oder indeterminierte Möglichkeiten) seien notwendige Voraussetzung für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld, dann müsstest Du a) mal konkret sagen, was das eigentlich sein soll und b) darstellen, inwiefern und wieso das eine notwendige Voraussetzung für eben diese Zuweisung sein soll, inwiefern das die Kontrollfähigkeit über die eigenen Entscheidungen und Handlungen erhöhen könnte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und deswegen dürfe man keine Verantwortung mehr zuweisen, da diese eigener Handlungen bedürfe. Und notwendige Handlungen seien keine eigenen Handlungen, ja, seien sogar eigentlich gar keine Handlungen, es sei eine Illusion, die für Handlungen zu halten, es seien nur Abläufe, etwas anderes gäbe es gar nicht in einer determinierten Welt.

Das ist aber nicht meine Argumentation. Aus meiner Sicht kann man die Handlung und die Verantwortung dem Individuum sehrwohl zuordnen, wenn nämlich das Individuum der Haupthebelpunkt für die Entscheidung und Handlung ist.

Dann bist Du entweder kein Inkompatibilist oder Du hast eine andere Vorstellung davon, was Verantwortung sei. Aber wenn ich Deine Ausführungen ganz oben nochmal anschaue, dann siehst Du die Gesellschaft und somit logischerweise auch das Individuum sehr wohl als fähig dazu an, eine begründetete Entscheidung zu treffen und diese umzusetzen (= Kontrolle darüber), daher gehe ich davon aus, dass Du kein Inkompatibilist bist, sondern ein Kompatibilist.

#2025:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 13:29
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mit anderen Worten: man hält sich für handlungsfähig, d.h. fähig dazu, durch eigene Überlegungen und Handlungen die Zukunft wunschgemäß zu beeinflussen.

Wie schon gesagt, ist das für mich eine Art Handlungsfreiheit.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es IST metaphysisch, daß man eine "Verantwortlichkeit" (Schuld, Seele usw.) a priori im Subjekt verortet, anstatt dies auf Erwartungen und Handlungen Dritter zurückzuführen.

Es WÄRE vielleicht so. Wenn das jemand machen würde. Ich habe noch nie mit jemanden gesprochen, der "Verantwortung" für eine intrinsische Eigenschaft gehalten hätte. ...

Geht nicht "unsere" ganze christlich-abendländische Denke in diese Richtung?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es wäre zum Beispiel eine merkwürdige Anwendung des Veranwortungsbegriffes, wenn man mal eben schnell die ALDI-Brüder für verantwortlich für das Haiti-Erdbeben erklären würde, nur weil das nützlich ist, weil man dann von ihnen Schadensersatz fordern könnte, den sie sicher aufgrund ihres gut gefüllten Kontos locker leisten könnten.
Diese Anwendung erscheint uns deshalb merkwürdig, weil die meisten von uns nicht wollen, daß dieses Vorgehen allgemeine (oder auch nur spezielle) Regel würde.
Nein, das hätte schlicht nichts mit "Verantwortung" im heutigen Sinne mehr zu tun, weil diese eben mE obige Kontrollfähigkeit über eine Handlung / Unterlassung beinhaltet. Die ALDI-Brüder aber hatten diese Kontrollmöglichkeit nicht und daher keine Verantwortung für das Haiti-Erdbeben: sie konnten nichts dafür.

Du verwechselst Zuweisung von Verantwortung (für die Zukunft) mit Schuld und Verursachung. Auch das trägt dazu bei, daß man das Szenario merkwürdig findet. Denn natürlich haben die Brüder nicht das Erdbeben verursacht. Aber es finden sich bestimmt sogar hier im Forum Leute, die es legitim fänden, von den reichen Brüdern zu erwarten, daß sie sich finanziell bei der Katastrophenhilfe usw. engagieren, obwohl sie sie nicht verursacht haben. Sie würden ihnen gern diese Verantwortung zuweisen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder man biegt den Begriff "Verantwortung" um und versteht etwas völlig anderes, etwas Beliebiges darunter. Aber das wäre dann nun mal etwas völlig anderes, und völlig anderes sollte man mE auch anders benennen, mal ganz unabhängig von der Frage, ob dieses dann anders Benannte eine sinnvolle Vorgehensweise wäre.

Ein Teil unseres Streits scheint sich tatsächlich darum zu drehen, ob ich "Verantwortung" umdefiniere oder Du "Freier Wille".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn bei n Personen P(n) eine Verteilung der Voraussetzungen und damit auch der Entscheidungen erwartet wird, bezeichnen wir das umgangssprachlich als "Möglichkeiten" im Sinne unbekannter Erwartungswerte, nicht zu verwechseln mit einem individuellen Freiheitsgrad.
Falls Du behaupten solltest, ein "individueller Freiheitsgrad" oder "echte Möglichkeiten" (akausale oder indeterminierte Möglichkeiten) seien notwendige Voraussetzung für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld, ...

Ich wollte mit meinem code-snippet oben zeigen, daß wir im Alltag die Determination des Inputs A vernachlässigen, wenn sein Wert unbekannt oder nur statistisch über vergleichbare Personensituationen verteilt ist, und daher a und b auch individuell als mögliche Fortsetzungen ansehen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht kann man die Handlung und die Verantwortung dem Individuum sehrwohl zuordnen, wenn nämlich das Individuum der Haupthebelpunkt für die Entscheidung und Handlung ist.
Dann bist Du entweder kein Inkompatibilist oder Du hast eine andere Vorstellung davon, was Verantwortung sei. Aber wenn ich Deine Ausführungen ganz oben nochmal anschaue, dann siehst Du die Gesellschaft und somit logischerweise auch das Individuum sehr wohl als fähig dazu an, eine begründetete Entscheidung zu treffen und diese umzusetzen (= Kontrolle darüber), daher gehe ich davon aus, dass Du kein Inkompatibilist bist, sondern ein Kompatibilist.

Ob ich Kompatibilist bin, hängt davon ab, wie man "Freier Wille" definiert. Wenn damit - wie in Deiner Definition - eine Mischung aus Handlungsfreiheit und Rationalität gemeint ist, halte ich das selbstverständlich für mit dem Determinismus kompatibel, würde es aber eben nicht "Freier Wile" nennen, sondern Handlungsfreiheit und Rationalität.

Und ja, den Begriff "Verantwortung" verstehe ich etwas anders als üblich. Aus meiner Sicht sollte man trennen zwischen
- dem Prozeß der Zuweisung einer Erwartung (das nenne ich Zuweisung von Verantwortung)
- einer Rechenschaftspflicht (eher eine pragmatisch zu diskutierende Frage zur Umsetzung)
- den Konzepten von Schuld und vergeltender Strafe (diese Kategorie macht aus meiner Sicht keinen Sinn mehr)

Das folgende trifft es ganz gut:

Zitat:
Die Inkompatibilisten argumentieren, die deterministische Lehre bejahe zwar die Möglichkeit, Täter zur Verantwortung zu ziehen - dies lässt sich zum Beispiel auf einen Gesellschaftsvertrag gründen, der die Vereinbarung enthält, sich gegenseitig als frei und verantwortlich zu behandeln und behandeln zu lassen - sei aber mit der Willensfreiheit unvereinbar. Daher verneinen sie ein Recht der Gesellschaft auf Bestrafung (Übelzufügung) und halten nur eine Behandlung des Täters und eine Sicherung der Gesellschaft vor solchen Personen (zum Beispiel durch Sicherungshaft) für angebracht.


http://de.wikipedia.org/wiki/Schuld_%28Ethik%29

Demgemäß wäre ich Inkompatibilist.

#2026:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 14:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Die Inkompatibilisten argumentieren, die deterministische Lehre bejahe zwar die Möglichkeit, Täter zur Verantwortung zu ziehen - dies lässt sich zum Beispiel auf einen Gesellschaftsvertrag gründen, der die Vereinbarung enthält, sich gegenseitig als frei und verantwortlich zu behandeln und behandeln zu lassen - sei aber mit der Willensfreiheit unvereinbar. Daher verneinen sie ein Recht der Gesellschaft auf Bestrafung (Übelzufügung) und halten nur eine Behandlung des Täters und eine Sicherung der Gesellschaft vor solchen Personen (zum Beispiel durch Sicherungshaft) für angebracht.


http://de.wikipedia.org/wiki/Schuld_%28Ethik%29

Demgemäß wäre ich Inkompatibilist.


Auf die obigen, von mir noch unbeantworteten Beiträge von Dir möchte ich später im Zusammenhang eingehen.

Aber was doch nicht zusammenpasst an dieser Definition auf wikipedia, ist, dass Begriffe wie "Möglichkeit" oder "Gesellschaftsvertrag" nur dann passen, wenn kein vollständiger Determinismus des Handelns existiert.

Ein alles umfassender Determinismus macht jede Entscheidung notwendig. Und entweder die Kriminellen werden bestraft, dann ist das eben so oder sie werden nur sicherheitsverwahrt, dann ist das eben so.

Hierüber Abwägungen anzustellen, so als hätte "die Gesellschaft" als eine Art "freies Subjekt" die Chance, das eine oder das andere frei zu wählen, das ist unlogisch.

Denn wäre "die Gesellschaft" so ein freies, rationales Subjekt mit einer gelingenden Mittel-Zweck-Abwägung, die dann auch noch zum Ziel führte, dann wäre es kaum zu erklären, wieso ausgerchnet das einzelne Individuum eine solche erfolgreiche (!) Zweck-Mittel-Ziel-Abwägung nicht vollziehen und umsetzen könnte.

Man kann doch nicht auf der einen Seite einem Kunstsubjekt namens "die Gesellschaft" eine Zielerreichungsfreiheit zugestehen, die beim Individuum nicht bestehen soll.

Wer ist vernünftiger, das einzelne Individuum oder "die Gesellschaft"?

Ich hatte das schon damals angesprochen, weil mit auffiel, dass immer "die Gesellschaft" bei Dir das aktive, zielgerecht entscheidende, erfolgreich handelnde und das Individuum behandelnde Subjekt ist, jedoch das Individuum immer behandeltes Objekt.

Wieso kann es nicht umgekehrt sein, dass also "der Gesellschaft" vom Indivuum Erwartungen zugewiesen werden und bei Nichterfüllung hat das Invididuum das Recht und die Freiheit (!), sich gegen "die Gesellschaft" zu sichern und diese in ihre Schranken zu verweisen und zwar so, dass "die Gesellschaft" am weiteren Fehl-Handeln vollständig gehindert wird?

Ich wittere also in diesem merkwürdigen zitierten Konstrukt ein erzkonservatives und antidemokratisches Denken, weil immer nur das Individuum aus der Perspektive "der Gesellschaft" betrachtet wird, nie aus der eigenen Individuums-Perspektive und dass eben jene Gesellschaft sich darin offenbar die heilige (- göttliche? -) Selbstabsolution erteilt.

Wieso kommt es zu dieser merkwürdigen Vermischung von Determinismusglaube und kontrollpolitischen Vorstellungen, die sich doch nur gegen die Bevölkerung richten, wie es mein Eindruck ist ...-?

Skeptiker

#2027:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 14:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Man kann doch nicht auf der einen Seite einem Kunstsubjekt namens "die Gesellschaft" eine Zielerreichungsfreiheit zugestehen, die beim Individuum nicht bestehen soll.

Ganz deiner Meinung, vor allem, wenn man bedenkt, daß die 'Gesellschaft' doch ausschließlich aus Menschen und ihren Beziehungen untereinander besteht.

Die Frage 'Determinismus' oder nicht scheint eher eine Frage der Metaphysik als der Physik zu sein. Wenn man aber von einem deterministische Weltbild ausgeht, so folgt daraus noch nicht zwingend, daß den einzelnen Menschen verantwortliches Handeln nicht möglich sei. Wenn man aber darauf besteht, daß Individuen für ihre Handlungen nicht verantwortlich gemacht werden können, gilt dies eben nicht nur für Täter, sondern auch für alle anderen Menschen. Dann sind die Täter nicht für ihre Tat verantwortlich und die Richter nicht für ihr Urteil.

#2028:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 15:06
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Man kann doch nicht auf der einen Seite einem Kunstsubjekt namens "die Gesellschaft" eine Zielerreichungsfreiheit zugestehen, die beim Individuum nicht bestehen soll.

Ganz deiner Meinung, vor allem, wenn man bedenkt, daß die 'Gesellschaft' doch ausschließlich aus Menschen und ihren Beziehungen untereinander besteht.

Die Frage 'Determinismus' oder nicht scheint eher eine Frage der Metaphysik als der Physik zu sein. Wenn man aber von einem deterministische Weltbild ausgeht, so folgt daraus noch nicht zwingend, daß den einzelnen Menschen verantwortliches Handeln nicht möglich sei. Wenn man aber darauf besteht, daß Individuen für ihre Handlungen nicht verantwortlich gemacht werden können, gilt dies eben nicht nur für Täter, sondern auch für alle anderen Menschen. Dann sind die Täter nicht für ihre Tat verantwortlich und die Richter nicht für ihr Urteil.


Richtig. Es sind alles Zwangshandelnde und das eine ist nicht legitimer oder rechtlicher als das andere.

So entleert man übrigens auch das Recht von jedem Inhalt. Recht ist halt 1. immer das was da ist (Rechtspositivismus), egal, wie es aussieht und 2. Recht ist das, was der Staat vollzieht und in "Verantwortungszuweisungen" an seine Untertanen einfordert, während diese lediglich zu vollziehen haben, was ihnen da "zugewiesen" wird. Sie können dagegen den Zuweiser in seinem Handeln nicht kontrollieren oder gar stoppen.

So kann man mit Physik (!) einen totalen Kontrollstaat rechtfertigen und liefert ultrakonservativen Juristen auch noch das ideologische Kanonenfutter.

Und man hindert die determinierten Individuen an einem nicht-staatskonformen Verhalten, welches nicht hinterfragt werden darf.

Wenn man statt verantwortlich Schuldiger nur noch Zwangshandelnde kennt (- außer den Staatsangewalten, weil die wägen ja, ganz freie Philosophen, in ihrer höheren Weisheit ab! -), dann kann man daraus sogar noch ein diskriminierendes Konstrukt machen. Motto: der/die konnte/kann ja nicht anders. Der/die ist so, also ...-!

Deshalb vorsichtig mit der allzu simplen Übertragung vermeintlicher Erkenntnisse aus dem Bereich der Physik oder gar der Hirnfoschung in die Jurisprudenz! Weil letzten Endes handelt es sich um Ideologie und Philosophie, vielleicht sogar um verkappte Theologie und nicht um Wissenschaft.

Skeptiker

P.S.: und im übrigen nervt mich diese ganze Herumdefiniererei. Es geht hier nicht um Begriffe, sondern um das, was ist. Alles andere ist Sophisterei.

#2029:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 15:25
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

P.S.: und im übrigen nervt mich diese ganze Herumdefiniererei. Es geht hier nicht um Begriffe, sondern um das, was ist. Alles andere ist Sophisterei.

Du sprichst mir aus dem Herzen! bravo

#2030:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 16:10
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mit anderen Worten: man hält sich für handlungsfähig, d.h. fähig dazu, durch eigene Überlegungen und Handlungen die Zukunft wunschgemäß zu beeinflussen.

Wie schon gesagt, ist das für mich eine Art Handlungsfreiheit.

Darfst Du nennen, wie Du willst, Hauptsache, wir können uns darauf einigen, dass die Gesellschaft und somit auch die Individuen, aus denen die Gesellschaft besteht, Kontrolle über ihre Entscheidungen und Handlungen haben, man sie also ihnen berechtigterweise zuordnen kann, sie als ihre Entscheidungen und Handlungen ansehen kann, sofern diese bestimmten Kriterien genügen, wozu aber nicht irgend eine Akausalität oder Indeterminiertheit gehört.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es wäre zum Beispiel eine merkwürdige Anwendung des Veranwortungsbegriffes, wenn man mal eben schnell die ALDI-Brüder für verantwortlich für das Haiti-Erdbeben erklären würde, nur weil das nützlich ist, weil man dann von ihnen Schadensersatz fordern könnte, den sie sicher aufgrund ihres gut gefüllten Kontos locker leisten könnten.
Diese Anwendung erscheint uns deshalb merkwürdig, weil die meisten von uns nicht wollen, daß dieses Vorgehen allgemeine (oder auch nur spezielle) Regel würde.
Nein, das hätte schlicht nichts mit "Verantwortung" im heutigen Sinne mehr zu tun, weil diese eben mE obige Kontrollfähigkeit über eine Handlung / Unterlassung beinhaltet. Die ALDI-Brüder aber hatten diese Kontrollmöglichkeit nicht und daher keine Verantwortung für das Haiti-Erdbeben: sie konnten nichts dafür.

Du verwechselst Zuweisung von Verantwortung (für die Zukunft) mit Schuld und Verursachung. Auch das trägt dazu bei, daß man das Szenario merkwürdig findet. Denn natürlich haben die Brüder nicht das Erdbeben verursacht. Aber es finden sich bestimmt sogar hier im Forum Leute, die es legitim fänden, von den reichen Brüdern zu erwarten, daß sie sich finanziell bei der Katastrophenhilfe usw. engagieren, obwohl sie sie nicht verursacht haben. Sie würden ihnen gern diese Verantwortung zuweisen.

Ja, sicher, es gibt einige Leute, die dem St.-Florians-Prinzip anhängen, aber das geht nun mal so nicht, weil dem der verfassungsmäßig verankerte Gleichheitsgrundsatz entgegensteht. Man kann daher nicht lediglich die ALDI-Brüder für das Erdbeben zur Verantwortung ziehen. Man könnte jedoch sagen: wir alle sind dafür verantwortlich, in dem Sinne, dass wir alle helfen müssen.

step hat folgendes geschrieben:
Ich wollte mit meinem code-snippet oben zeigen, daß wir im Alltag die Determination des Inputs A vernachlässigen, wenn sein Wert unbekannt oder nur statistisch über vergleichbare Personensituationen verteilt ist, und daher a und b auch individuell als mögliche Fortsetzungen ansehen.

Die Zukunft ist für uns epistemologisch indeterminiert, wir wissen nicht, ob a oder b passieren wird. Daher sind sie jetzt gleichwertige Möglichkeiten und daher lohnt es sich, zu überlegen, was besser wäre und wieso und daraufhin eine Entscheidung zu treffen. Das ist schlichter Fakt und nicht zu ändern. Ob die Zukunft aber ontologisch determiniert ist oder nicht, spielt keine Rolle bei der Frage nach Verantwortung, Schuld und Strafe, jedenfalls wüsste ich nicht, welche.

Wenn der Inkompatibilist behauptet, das spielte doch eine Rolle, dann muss er sagen, wieso.

step hat folgendes geschrieben:
Und ja, den Begriff "Verantwortung" verstehe ich etwas anders als üblich. Aus meiner Sicht sollte man trennen zwischen
- dem Prozeß der Zuweisung einer Erwartung (das nenne ich Zuweisung von Verantwortung)
- einer Rechenschaftspflicht (eher eine pragmatisch zu diskutierende Frage zur Umsetzung)
- den Konzepten von Schuld und vergeltender Strafe (diese Kategorie macht aus meiner Sicht keinen Sinn mehr)

- Eine Zuweisung von Verantwortung muss bestimmten Kriterien genügen, wie oben schon gesagt, es ist nicht einfach die Zuweisung einer beliebigen Erwartung
- eine Rechenschaftspflicht ergibt nur Sinn für eigene Handlungen, also solche, die unter der Kontrolle des Handelnden lagen
- was hat das Konzept von Schuld mit Determinismus zu tun, bzw. wieso folgt aus dem Inkompatibilismus, dass die Konzepte Schuld und vergeltende Strafe nicht sinnvoll seien und wieso gehst Du eigentlich davon aus, dass, wenn es einen libertarischen freien Willen gäbe, die Konzepte sinnvoll seien?

step hat folgendes geschrieben:
Das folgende trifft es ganz gut:

Zitat:
Die Inkompatibilisten argumentieren, die deterministische Lehre bejahe zwar die Möglichkeit, Täter zur Verantwortung zu ziehen - dies lässt sich zum Beispiel auf einen Gesellschaftsvertrag gründen, der die Vereinbarung enthält, sich gegenseitig als frei und verantwortlich zu behandeln und behandeln zu lassen - sei aber mit der Willensfreiheit unvereinbar. Daher verneinen sie ein Recht der Gesellschaft auf Bestrafung (Übelzufügung) und halten nur eine Behandlung des Täters und eine Sicherung der Gesellschaft vor solchen Personen (zum Beispiel durch Sicherungshaft) für angebracht.


http://de.wikipedia.org/wiki/Schuld_%28Ethik%29

Demgemäß wäre ich Inkompatibilist.

Die Inkompatibilisten argumentieren aber nicht, das ist doch das Problem. Sie behaupten nur Zusammenhänge, ohne diese zu zeigen. Auch in Deinem Zitat ist für mich kein einziges Argument zu entdecken. Ersetze dort "argumentieren" durch "behaupten", dann trifft es das ja wohl sehr viel besser.

#2031:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 16:16
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hierüber Abwägungen anzustellen, so als hätte "die Gesellschaft" als eine Art "freies Subjekt" die Chance, das eine oder das andere frei zu wählen, das ist unlogisch.

Denn wäre "die Gesellschaft" so ein freies, rationales Subjekt mit einer gelingenden Mittel-Zweck-Abwägung, die dann auch noch zum Ziel führte, dann wäre es kaum zu erklären, wieso ausgerchnet das einzelne Individuum eine solche erfolgreiche (!) Zweck-Mittel-Ziel-Abwägung nicht vollziehen und umsetzen könnte.

Erstens vollzieht auch für Inkompatibilisten das Individuum sehr wohl Zweck-Mittel-Ziel-Abwägungen, zuweilen auch "erfolgreich". Zweitens behaupte ich nicht, daß die Gesellschaft ein freies, rationales Subjekt sei. Von der Allgemeinheit an den Einzelnen gestellte Erwartungen, oder auch Gesetze und Moral, entsthen immer aus einer Menge individueller Partikularinteressen, die sich meist allerdings ähneln.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wer ist vernünftiger, das einzelne Individuum oder "die Gesellschaft"?

Ich denke, "die Gesellschaft" hat insgesamt das größere Potenzial an geballter Vernunft, wie auch an geballter Unvernunft.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wieso kommt es zu dieser merkwürdigen Vermischung von Determinismusglaube und kontrollpolitischen Vorstellungen, die sich doch nur gegen die Bevölkerung richten, wie es mein Eindruck ist ...-?

Keine Ahnung, was Du mir hier unterschiebst.

#2032:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 19:30
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Denn natürlich haben die Brüder nicht das Erdbeben verursacht. Aber es finden sich bestimmt sogar hier im Forum Leute, die es legitim fänden, von den reichen Brüdern zu erwarten, daß sie sich finanziell bei der Katastrophenhilfe usw. engagieren, obwohl sie sie nicht verursacht haben. Sie würden ihnen gern diese Verantwortung zuweisen.
Ja, sicher, es gibt einige Leute, die dem St.-Florians-Prinzip anhängen, aber das geht nun mal so nicht, weil dem der verfassungsmäßig verankerte Gleichheitsgrundsatz entgegensteht.

... mit anderen Worte es geht nicht, weil die meisten von uns es so nicht wollen. Genau wie ich anfangs schrieb.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man kann daher nicht lediglich die ALDI-Brüder für das Erdbeben zur Verantwortung ziehen.

Nach Deinem Verantwortungsbegriff haben sie eben nur Verantwortung für das, an dem sie auch schuld sind. Daher war Dein Beispiel offensichtlich ungeeignet, um zu zeigen, auf welch "merkwürdigen" Verantwortungsbegriff "man" kommen könnte, jedenfalls wenn Du mich damit meinst.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man könnte jedoch sagen: wir alle sind dafür verantwortlich, in dem Sinne, dass wir alle helfen müssen.

Genau, das wäre ein Beispiel für die Zuweisung von Verantwortung, ohne daß der Einzelne etwas verursacht oder sich schuldig gemacht haben muß.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich wollte mit meinem code-snippet oben zeigen, daß wir im Alltag die Determination des Inputs A vernachlässigen, wenn sein Wert unbekannt oder nur statistisch über vergleichbare Personensituationen verteilt ist, und daher a und b auch individuell als mögliche Fortsetzungen ansehen.
Die Zukunft ist für uns epistemologisch indeterminiert, wir wissen nicht, ob a oder b passieren wird. Daher sind sie jetzt gleichwertige Möglichkeiten und daher lohnt es sich, zu überlegen, was besser wäre und wieso und daraufhin eine Entscheidung zu treffen.
Ich vermute, Du meinst hier die Entscheidung des Einzelnen, oder? Ja, das sehe ich bis dahin durchaus ähnlich, wobei das Überlegen ja zur determinierten Entscheidung dazugehört, und ebenso, ob wir es lohnenswert finden oder nicht.

Es ist also so ähnlich, wie wenn wir den Taschenrechner die Wurzel aus 13 berechnen lassen und argumentieren: Wir kennen das Ergebnis nicht, also lohnt es sich, die Eingabe zu machen und es berechnen zu lassen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob die Zukunft aber ontologisch determiniert ist oder nicht, spielt keine Rolle bei der Frage nach Verantwortung, Schuld und Strafe, jedenfalls wüsste ich nicht, welche.

Würdest Du mir wenigstens zustimmen, daß es keinen Sinn macht, einen nicht verläßlich entscheidenden Taschenrechner schuldig zu sprechen und ihm strafendes Übel zuzufügen, außer vielleicht falls das zur Prävention etwas brächte? Falls ja: Welche empirische Eigenschaft des Menschen macht demgegenüber strafende, nichtpräventive Übelzufügung sinnvoll?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... und wieso gehst Du eigentlich davon aus, dass, wenn es einen libertarischen freien Willen gäbe, die Konzepte [Schuld, Strafe] sinnvoll seien?

Das mußt Du schon die Libertarier fragen, z.B. ballancer, Skeptiker. Nach meinem Verständnis ist das eine Art "ex falso quodlibet".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Inkompatibilisten argumentieren aber nicht ... behaupten nur Zusammenhänge, ohne diese zu zeigen ... kein einziges Argument zu entdecken ...

Das möchte ich die Mitleser - wenn es denn noch welche gibt - "frei" beurteilen lassen, wir beide sind da wohl befangen.

#2033:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 17.01.2010, 21:20
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, sicher, es gibt einige Leute, die dem St.-Florians-Prinzip anhängen, aber das geht nun mal so nicht, weil dem der verfassungsmäßig verankerte Gleichheitsgrundsatz entgegensteht.

... mit anderen Worte es geht nicht, weil die meisten von uns es so nicht wollen. Genau wie ich anfangs schrieb.

Bin mir nicht so sicher, wie eine Abstimmung ablaufen würde, die darauf hinausläuft, andere (einen bestimmten anderen) willkürlich für etwas verantwortlich zu machen, wenn man selber (also alle anderen) dabei ungeschoren bleibt / bleiben.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man könnte jedoch sagen: wir alle sind dafür verantwortlich, in dem Sinne, dass wir alle helfen müssen.

Genau, das wäre ein Beispiel für die Zuweisung von Verantwortung, ohne daß der Einzelne etwas verursacht oder sich schuldig gemacht haben muß.

Ja, diese Art von Verantwortung gibt es auch, (eine, die alle haben), aber das ist etwas anderes als persönliche Verantwortung für ein Geschehen.

Wenn A für etwas verantwortlich gemacht wird und B nicht, dann muss es bestimmte Kriterien dafür geben, warum man das tut.

Und die Kriterien beruhen mE nicht einfach nur auf beliebiger Nützlichkeit, sondern sie beruhen darauf, dass das Geschehen der Kontrolle des zur Verantwortung Gezogenen unterlegen haben muss.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Zukunft ist für uns epistemologisch indeterminiert, wir wissen nicht, ob a oder b passieren wird. Daher sind sie jetzt gleichwertige Möglichkeiten und daher lohnt es sich, zu überlegen, was besser wäre und wieso und daraufhin eine Entscheidung zu treffen.

Ich vermute, Du meinst hier die Entscheidung des Einzelnen, oder? Ja, das sehe ich bis dahin durchaus ähnlich, wobei das Überlegen ja zur determinierten Entscheidung dazugehört, und ebenso, ob wir es lohnenswert finden oder nicht.

Was wäre aber nun der Vorteil eines "echten Freiheitsgrades", einer "echten" Möglichkeit?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ob die Zukunft aber ontologisch determiniert ist oder nicht, spielt keine Rolle bei der Frage nach Verantwortung, Schuld und Strafe, jedenfalls wüsste ich nicht, welche.

Würdest Du mir wenigstens zustimmen, daß es keinen Sinn macht, einen nicht verläßlich entscheidenden Taschenrechner schuldig zu sprechen und ihm strafendes Übel zuzufügen, außer vielleicht falls das zur Prävention etwas brächte? Falls ja: Welche empirische Eigenschaft des Menschen macht demgegenüber strafende, nichtpräventive Übelzufügung sinnvoll?

Ja, einen Taschenrechner zu bestrafen erscheint erst mal ziemlich sinnlos. Aber vielleicht fühlt sich jemand besser dadurch, wenn er ihn zerstört, das wäre schon mal was (obgleich das dem Taschenrechner sicher völlig gleichgültig sein wird). Ein Taschenrechner, der falsch rechnet, ist eh zu nix nutze, dann kann man ihn auch genußvoll zerstören.

Und jetzt kommt also noch "nichtpräventiv" hinzu. Keine Ahnung, was staatlicherseits eine "strafende, nichtpräventive Übelzufügung" rechtfertigen könnte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... und wieso gehst Du eigentlich davon aus, dass, wenn es einen libertarischen freien Willen gäbe, die Konzepte [Schuld, Strafe] sinnvoll seien?

Das mußt Du schon die Libertarier fragen, z.B. ballancer, Skeptiker. Nach meinem Verständnis ist das eine Art "ex falso quodlibet".

Nö, ich muss das genau Dich fragen. Du kannst doch nicht einfach sagen, Libertarier hätten per se recht damit, was sie sagen. Darauf beruht aber Deine ganze Argumentation:

Zitat:
Und ja, den Begriff "Verantwortung" verstehe ich etwas anders als üblich. Aus meiner Sicht sollte man trennen zwischen
[...]
- den Konzepten von Schuld und vergeltender Strafe (diese Kategorie macht aus meiner Sicht keinen Sinn mehr)


Macht keinen Sinn mehr, weil es keine libertarische Willensfreiheit gibt.

Und natürlich bist Du nun verpflichtet, das zu begründen. Du kannst nicht einfach sagen: Libertarier sehen das doch auch so und die haben recht.

Und wenn Du meinst, die Konzepte von Schuld und vergeltender Strafe machten nie Sinn, dann ist Deine ganze Argumentation hier mehr als merkwürdig, denn Du behauptest doch permanent diesen Zusammenhang. Den Du aber darstellen und begründen musst.

#2034:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.01.2010, 08:06
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
..., ich will Dich nicht nerven, ich wollte nur einmal darstellen, um was es beim Thema "Willensfreiheit" eigentlich geht. Wenn Du das ablehnst, wenn Du meinst, es ginge um etwas anderes und müsse auch um etwas anderes gehen, dann redest Du auch letzlich über etwas anderes als das Leute tun, die über "Willensfreiheit" diskutieren. Kannst Du ja auch gerne machen, aber das ist dann schlicht bezüglich "Willensfreiheit" eine Themaverfehlung. Meiner Ansicht nach.


Die "Themaverfehlung" wird von denen begangen, die in ihrer sprachlichen Verwirrtheit einen sinnlosen weil undefinierten, bzw. selbstwidersprüchlichen Begriff diskutieren und so seit Jahrtausenden einfach nicht zu Potte kommen! Das lehne ich in der Tat ab, denn es ist erbärmlich und krasse Zeitverschwendung!

"Which sort is the free will sort is what all the fuss is about. (And what a fuss it has been: philosophers have debated this question for over two millenia, and just about every major philosopher has had something to say about it.)" - Dieser "fuss" ist ein Problem <b>begrifflichen</b> Ursprungs, das sich <b>begrifflich</b> lösen läßt, was "ganz nebenbei" auch seine <b>inhaltliche</b> Klärung herbeiführt! Genau das habe ich getan, und so mag fortfahren, sich in Schwafelwolken zu hüllen, wer nichts Produktiveres zu tun findet.

#2035:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.01.2010, 08:13
    —
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Nun komm mal runter von deinem hohen Thron!


Es hat nichts mit feudalen Sitzmöbeln zu tun, wenn ich gedankenlos hingeschnodderte Antworten auf meine unter enormem Aufwand an Zeit und Sorgfalt entstandenen Beiträge als Unverschämtheit auffasse, aber möglicherweise ist das für jemanden mit einem täglichen Ausstoß von gut 5 Postings nur schwer nachvollziehbar.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Jeder Philosoph findet eine Sprache vor, die sich formal ziellos im Alltagsgebrauch der Menschen und ohne Rücksicht auf philosophische Belange entwickelt hat. Leider sind etliche ihrer Begriffe mit Bedeutungen beladen, die einer klärenden Systematisierung des Denkens im Wege stehen. Schlechten Philosophen und den meisten Laien ist das nicht bewußt, weshalb sich ihre Diskurse in fruchtlosem Geschwurbel, Geschwätz und Geschwalle verlieren.


Du möchtest also eine Sprache, die deinen philosophischen Belangen dient.


Nein, ich möchte eine Sprache, mit der lösungsorientierte philosophische Diskurse überhaupt <b>möglich</b> werden. Die Alltagssprache ist für diesen Zweck aus dem genannten Grunde untauglich.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Gute Philosophen und ihre Freunde hingegen sind immer auch semantische Konstruktivisten, die ihre zentralen Begriffe mit größtmöglicher Exaktheit so definieren, daß sie ihren Zweck als stabile Elemente einer logisch konsistenten Philosophie erfüllen können. Dazu ist es notwendig, bestimmte Begriffe zu meiden, von Mehrdeutigkeiten zu befreien, neu zu definieren oder zu ersetzen - ggf. sogar durch Neologismen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß viele - wenn nicht gar die meisten - philosophischen Probleme Scheinprobleme sind, die in erster Linie auf ungeordneter Semantik beruhen.


Begriffe dienen dir als Bausteine einer logisch konstistenten Philosophie.


Was denn sonst?

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Welche Begriffe du auf welche Objekte anwendest, entscheidest du danach, wie du sie in deiner Philosophie brauchst. Dazu werden Begriffe umdefiniert, Begriffe weggelassen oder auch neu erfunden.


Genau, allerdings nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den zentralen Begriffen des jeweiligen Themenkreises, weil sie die tragenden Elemente einer (hier im Wesentlichen seiner und nicht meiner) Philosophie bilden.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Das verfügbare Wissen über Fakten wird uns von den Wissenschaften präsentiert, und die Aufgabe analytischer Philosophen besteht darin, dieses Wissen semantisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch zu systematisieren, was seinerseits ordnende Rückwirkungen auf die Wissenschaften haben kann und soll. Beispiel Willensfreiheit: Wenn es sie nicht gibt, weil es sie nicht geben <b>kann</b>, entfallen philosophisch unreflektierte Sensationsmeldungen und mit ihnen weitere Diskussionen.
...
Bitte versteh doch, daß nicht das Objekt den Begriff bestimmt, sondern umgekehrt, und zwar <b>qua Definition!</b>


Überprüfbares Wissen interessiert dich nur in soweit, wie es sich in deine Philosophie einsortieren läßt,


Falsch. Eine gute Philosophie vermag die <b>Gesamtheit</b> geprüften und wohlbestätigten Wissens über die Welt zu einem systemischen Ganzen zu integrieren.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
und Rückwirkung kann ja nur heißen, daß Wissen, das in dein Begriffsschema nicht paßt, auch von den Wissenschaften möglichst nicht mehr diskutiert werden sollte, jedenfalls nicht, wenn man als Freund der 'guten Philosophie' gelten möchte.


Auch falsch. "Wissen semantisch, erkenntnistheoretisch und ontologisch zu systematisieren", ist ein weitestgehend formaler Vorgang. Er soll helfen, wissenschaftliche Arbeit immer genauer zu fokussieren und faktischen Irrtümern formalen Ursprungs immer effektiver vorzubeugen.

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Du schreibst selbst, daß du ein Konstruktivist bist, bei dem sich die Objekte nach den Begriffen, also die Wirklichkeit nach der Philosophie zu richten hat, nicht umgekehrt.


Träfe das zu, hätte ich mich als Volltrottel geoutet! Wenn Du das für möglich hältst, kannst Du nichts von alledem verstanden haben, was in diesem Thread von mir zu lesen ist. Ich bin <b>semantischer</b> - also weder ontologischer noch erkenntnistheoretischer - Konstruktivist und vor allem: <b><u>Materialist</u></b>. Das Universum schert sich einen feuchten Dreck um Begriffe, aber wir Menschen brauchen sie, um über die Welt nachzudenken und unser Wissen über sie ausbauen und teilen zu können. Das funktioniert umso besser, je präziser und stabiler die von uns hergestellten Verbindungen zwischen Begriffen und ihren Bezugsobjekten sind. In besonderem Maße angewiesen auf solche Verbindungen ist die Analytische Philosophie, denn sie bemüht sich um eine formal und inhaltlich maximal adäquate (wahre) Repräsentation der Welt. Begriffsklärungen sind dafür so unentbehrlich, wie es die Wahl geeigneter Baustoffe für die Errichtung eines Wolkenkratzers ist.

#2036:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 18.01.2010, 14:47
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
(...) Ich bin <b>semantischer</b> - also weder ontologischer noch erkenntnistheoretischer - Konstruktivist und vor allem: <b><u>Materialist</u></b>. Das Universum schert sich einen feuchten Dreck um Begriffe, aber wir Menschen brauchen sie, um über die Welt nachzudenken und unser Wissen über sie ausbauen und teilen zu können. Das funktioniert umso besser, je präziser und stabiler die von uns hergestellten Verbindungen zwischen Begriffen und ihren Bezugsobjekten sind. In besonderem Maße angewiesen auf solche Verbindungen ist die Analytische Philosophie, denn sie bemüht sich um eine formal und inhaltlich maximal adäquate (wahre) Repräsentation der Welt. Begriffsklärungen sind dafür so unentbehrlich, wie es die Wahl geeigneter Baustoffe für die Errichtung eines Wolkenkratzers ist.


Also läufts auf eine sprachliche Rekonstruktion der Wirklichkeit hinaus, oder?

Dazu gibts dann wohl aber den einfachen Einwand, das Sprache - und sei sie auch noch so fein gefaßt, an der eigenen Vielfalt bricht (also quasi prismengleich).

a) Ai Wei Wei meint das es im chinesischem keine Entsprechung für IDEE gibt.
In einem smalltalk mit einem bekannten darüber kamen wir zu dem Schluß, das es wohl an den Schriftzeichen liegt - da dort jedem Objekt ein Symbol zugeordnet wird - es ist also qua Sprache feste Form, wohingegen die Idee über etwas erst in Form gebracht werden muß.

b) es gibt wohl keine Universalsprache auf die sich eine analytische Philosophie zurückziehen kann,
wenngleich es wohl so einen Spruch von Heidegger geben soll, worin es heißt: "richtig denken kann man nur in deutsch".

c) die Translationen der Begriffe in lebendige Sprache verändern die Betrachtung darüber, was im hinblick auf den "Freien Willen", sehr interessant ist, weil wie in diesm epischen Thread bewiesen die Vorstellung darüber, ein ewig fließender Strom neuer Interpretationen ist.
Ein "So ist es!" kann allein schon wegen der Lebendigkeit der Sprache nicht bestehen.
und das ist mMn der Grund warum die Philosophie seit ewig Themen begrifflich nie vollständig, also als "wahre" Repräsentation der Welt zu fassen vermag.

#2037:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.01.2010, 15:14
    —
A: "Was ist das Thema hier?"

B: "Wir reden über das Bruttosozialprodukt."

A: "Aber das könnt Ihr nicht! Ihr müsst erst mal genau und präzise definieren, was 'Brutto', 'Sozial' und 'Produkt' für sich genommen eigentlich bedeutet. Ihr könnt doch nicht einfach so ins Blaue hinein diskutieren, Ihr müsst erst mal die enthaltenen Begriffe sorgfältig klären, sonst ergibt das doch überhaupt keinen Sinn! Ich definiere mal in meiner großzügigen Art für Euch, weil ich das ja ganz präzise, unter enormem Aufwand von Zeit und Energie, mit meiner üblichen Sorgfalt machen kann: 'Brutto' kommt aus dem Italienischen und bedeutet 'hässlich', 'Sozial' ist etwas dann, wenn es allen gleichermaßen zugute kommt, ein 'Produkt' ist das Ergebnis einer Multiplikation. Man sieht jetzt also, dass es kein Bruttosozialprodukt geben kann, das ist ja ein sinnloser, undefinierter und selbstwidersprüchlicher Begriff. Also hört auf, über etwas nicht Existierendes zu reden, das ist erbärmlich und krasse Zeitverschwendung."

B: "Aha. Ja, nee, is' klar, Du."

#2038:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.01.2010, 17:24
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
(...) Ich bin <b>semantischer</b> - also weder ontologischer noch erkenntnistheoretischer - Konstruktivist und vor allem: <b><u>Materialist</u></b>. Das Universum schert sich einen feuchten Dreck um Begriffe, aber wir Menschen brauchen sie, um über die Welt nachzudenken und unser Wissen über sie ausbauen und teilen zu können. Das funktioniert umso besser, je präziser und stabiler die von uns hergestellten Verbindungen zwischen Begriffen und ihren Bezugsobjekten sind. In besonderem Maße angewiesen auf solche Verbindungen ist die Analytische Philosophie, denn sie bemüht sich um eine formal und inhaltlich maximal adäquate (wahre) Repräsentation der Welt. Begriffsklärungen sind dafür so unentbehrlich, wie es die Wahl geeigneter Baustoffe für die Errichtung eines Wolkenkratzers ist.


Also läufts auf eine sprachliche Rekonstruktion der Wirklichkeit hinaus, oder?


Eigentlich nicht. Sprache ist ein fiktives, und die Wirklichkeit (im Sinne von Welt/Universum) ist ein reales Objekt. Über die Grenzen ontologischer Kategorien hinweg kann weder Konstruktion noch Rekonstruktion stattfinden. Weil er genau das meint, was er aussagt, war der Begriff "Repräsentation" sehr bewußt gewählt.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Dazu gibts dann wohl aber den einfachen Einwand, das Sprache - und sei sie auch noch so fein gefaßt, an der eigenen Vielfalt bricht (also quasi prismengleich).


Das läßt sich durch den Verzicht auf blumige Ausdrucksweisen im Allgemeinen und sorgfältiges Definieren im Besonderen eindämmen. Übrigens vertrete ich mit Bunge ja "nur" den korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen. Wer mehr will, findet sich sowieso umgehend in Schwafelwolken wieder.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
a) Ai Wei Wei meint das es im chinesischem keine Entsprechung für IDEE gibt.
In einem smalltalk mit einem bekannten darüber kamen wir zu dem Schluß, das es wohl an den Schriftzeichen liegt - da dort jedem Objekt ein Symbol zugeordnet wird -


Vom Prinzip her ist das bei uns ja nicht anders.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es ist also qua Sprache feste Form, wohingegen die Idee über etwas erst in Form gebracht werden muß.


Mir ist nicht recht klar, worauf Du hinaus willst. Darf ich erstmal um eine möglichst genaue Definition des Begriffes "Idee" bitten?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
b) es gibt wohl keine Universalsprache auf die sich eine analytische Philosophie zurückziehen kann,
wenngleich es wohl so einen Spruch von Heidegger geben soll, worin es heißt: "richtig denken kann man nur in deutsch".


Ach ja, die braune Labertasche...

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
c) die Translationen der Begriffe in lebendige Sprache


Was meinst Du mit "lebendige Sprache"? Hast Du Beispiele für "Translationen" von Begriffen in "lebendige Sprache"?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
verändern die Betrachtung darüber, was im hinblick auf den "Freien Willen", sehr interessant ist, weil wie in diesm epischen Thread bewiesen die Vorstellung darüber, ein ewig fließender Strom neuer Interpretationen ist.


Dieser Thread beweist nur, daß Sprachsalat keine philosophischen Probleme löst - schon gar nicht solche, die selbst aus Sprachsalat erwachsen sind!

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ein "So ist es!" kann allein schon wegen der Lebendigkeit der Sprache nicht bestehen.
und das ist mMn der Grund warum die Philosophie seit ewig Themen begrifflich nie vollständig, also als "wahre" Repräsentation der Welt zu fassen vermag.


Diesen Pessimismus kann ich nicht teilen, denn im Emergentistischen Materialismus erblicke ich einen "geistigen Klarspüler", wie es ihn noch nie gegeben hat. Es wäre ihm bedeutend mehr universitäre Aufmerksamkeit zu wünschen, damit er endlich eine gewisse Breitenwirkung entfalten kann.

#2039:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 18.01.2010, 17:27
    —
@ AgentProvocateur:

Wenn zusammengesetzte Substantive eine klare Bedeutung haben, muß man sie nicht in ihre Einzelteile zerlegen. Das wüßtest Du auch, wenn Du geruht hättest, gelegentlich über das Wesen des semantischen Konstruktivismus nachzudenken.

So, und nun darfst Du gern wieder etwas mehr Niveau auflegen.

#2040:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 18.01.2010, 20:13
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Man könnte jedoch sagen: wir alle sind dafür verantwortlich, in dem Sinne, dass wir alle helfen müssen.
Genau, das wäre ein Beispiel für die Zuweisung von Verantwortung, ohne daß der Einzelne etwas verursacht oder sich schuldig gemacht haben muß.
Ja, diese Art von Verantwortung gibt es auch, (eine, die alle haben), aber das ist etwas anderes als persönliche Verantwortung für ein Geschehen.

Es spielt hier keine Rolle, wievielen Leuten diese Art Verantwortung zugewiesen wird, sondern nur, daß sie im Voraus, also ohne Verursachung/Schuld zugewiesen wird. Sie wird trotzdem der einzelnen Person zugewiesen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn A für etwas verantwortlich gemacht wird und B nicht, dann muss es bestimmte Kriterien dafür geben, warum man das tut.

Da schwingt ja schon wieder die Rechenschafts-/Schuldkiste mit. Korrekter wäre aus meiner Sicht: Wenn A eine Verantwortung zugewiesen wird (von A etwas erwartet wird) und B nicht, dann muss es bestimmte Kriterien dafür geben, warum man das tut. Und diese Kriterien habe ich ja oben (grob) genannt, sie haben etwas mit unserer Einschätzung des zukünftigen Verhaltens von A und B zu tun.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und die Kriterien beruhen mE nicht einfach nur auf beliebiger Nützlichkeit, sondern sie beruhen darauf, dass das Geschehen der Kontrolle des zur Verantwortung Gezogenen unterlegen haben muss.

Abgesehen davon, daß hier schon wieder über Vergangenes und Schuld geredet wird: Kannst Du

- näher definieren, was "zur Verantwortung ziehen" bei Dir bedeutet? Befragen? Übel zufügen? ...

- begründen, warum jemand nachträglich "zur Verantwortung gezogen" werden sollte, mal angenommen das Geschehen "unterlag seiner Kontrolle"?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die Zukunft ist für uns epistemologisch indeterminiert, wir wissen nicht, ob a oder b passieren wird. Daher sind sie jetzt gleichwertige Möglichkeiten und daher lohnt es sich, zu überlegen, was besser wäre und wieso und daraufhin eine Entscheidung zu treffen.
Ich vermute, Du meinst hier die Entscheidung des Einzelnen, oder? Ja, das sehe ich bis dahin durchaus ähnlich, wobei das Überlegen ja zur determinierten Entscheidung dazugehört, und ebenso, ob wir es lohnenswert finden oder nicht.
Was wäre aber nun der Vorteil eines "echten Freiheitsgrades", einer "echten" Möglichkeit?

Keiner, das wäre wohl eher ein Nachteil. Ich verstehe aber nicht, was für eine Rolle es in dieser Diskussion spielt, ob der Determinismus vorteilhaft ist oder nachteilig.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Würdest Du mir wenigstens zustimmen, daß es keinen Sinn macht, einen nicht verläßlich entscheidenden Taschenrechner schuldig zu sprechen und ihm strafendes Übel zuzufügen, außer vielleicht falls das zur Prävention etwas brächte? Falls ja: Welche empirische Eigenschaft des Menschen macht demgegenüber strafende, nichtpräventive Übelzufügung sinnvoll?
Ja, einen Taschenrechner zu bestrafen erscheint erst mal ziemlich sinnlos. Aber vielleicht fühlt sich jemand besser dadurch, wenn er ihn zerstört, das wäre schon mal was (obgleich das dem Taschenrechner sicher völlig gleichgültig sein wird).

Dieses "obwohl" suggeriert, daß vergeltende Übelzufügung besonders sinnvoll sei, wenn sie dem Opfer nicht gleichgültig ist. Und das gilt ja vermutlich für den Menschen i.a. in vergleichbar hohem Maße, oder?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Taschenrechner, der falsch rechnet, ist eh zu nix nutze, dann kann man ihn auch genußvoll zerstören.

Welchen wesentlichen Unterschied siehst Du diesbezüglich zu einem Menschen, der sich falsch verhält, z.B. einem Verbrecher?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und jetzt kommt also noch "nichtpräventiv" hinzu. Keine Ahnung, was staatlicherseits eine "strafende, nichtpräventive Übelzufügung" rechtfertigen könnte.

Daraus schließe ich jetzt mal, daß Du wie ich für die Abschaffung aller nichtpräventiven Elemente des Strafrechts plädierst. Korrekt?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Du kannst doch nicht einfach sagen, Libertarier hätten per se recht damit, was sie sagen.

Geschockt

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... wenn Du meinst, die Konzepte von Schuld und vergeltender Strafe machten nie Sinn, dann ist Deine ganze Argumentation hier mehr als merkwürdig, denn Du behauptest doch permanent diesen Zusammenhang.

Das sehe ich etwas anders: Mit einer metaphysischen und in sich unlogischen Haltung wie dem Libertarismus habe ich nichts in der Hand, um überhaupt für oder gegen diese (im Falle von "Schuld" übrigens selbst metaphysischen) Konzepte zu argumentieren. Mit dem Determinismus habe ich ein konsistentes, wenn auch grobes, Modell des Entscheidenden /Handelnden, so daß ich argumentieren kann, daß diese Konzepte nutzlos (für das Modell) oder gar kontraproduktiv (z.B. für ein bestimmtes utilitaristisches Ziel) sind. Gegner könnten argumentieren, daß sie andere Ziele haben, oder daß diese Konzepte eben doch nützlich seien (z.B. zur Abschreckung oder Manipulation oder was auch immer).

#2041:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 00:22
    —
zwinkern das könnte spaßig werden
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
(...) Ich bin <b>semantischer</b> - also weder ontologischer noch erkenntnistheoretischer - Konstruktivist und vor allem: <b><u>Materialist</u></b>. Das Universum schert sich einen feuchten Dreck um Begriffe, aber wir Menschen brauchen sie, um über die Welt nachzudenken und unser Wissen über sie ausbauen und teilen zu können. Das funktioniert umso besser, je präziser und stabiler die von uns hergestellten Verbindungen zwischen Begriffen und ihren Bezugsobjekten sind. In besonderem Maße angewiesen auf solche Verbindungen ist die Analytische Philosophie, denn sie bemüht sich um eine formal und inhaltlich maximal adäquate (wahre) Repräsentation der Welt. Begriffsklärungen sind dafür so unentbehrlich, wie es die Wahl geeigneter Baustoffe für die Errichtung eines Wolkenkratzers ist.


Also läufts auf eine sprachliche Rekonstruktion der Wirklichkeit hinaus, oder?


Eigentlich nicht. Sprache ist ein fiktives, und die Wirklichkeit (im Sinne von Welt/Universum) ist ein reales Objekt. Über die Grenzen ontologischer Kategorien hinweg kann weder Konstruktion noch Rekonstruktion stattfinden. Weil er genau das meint, was er aussagt, war der Begriff "Repräsentation" sehr bewußt gewählt.

Sprache ist das erste Werkzeug des Menschen,
Sprache repräsentiert nichts, es bildet ab, es erlaubt uns zu unterscheiden und als Bonus hat Sprache es erst ermöglicht sich der Dinge bewußt zu werden.
Das Subjekt das aus den Objekten hervortreten kann und sich so ICH nennt.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Dazu gibts dann wohl aber den einfachen Einwand, das Sprache - und sei sie auch noch so fein gefaßt, an der eigenen Vielfalt bricht (also quasi prismengleich).


Das läßt sich durch den Verzicht auf blumige Ausdrucksweisen im Allgemeinen und sorgfältiges Definieren im Besonderen eindämmen. Übrigens vertrete ich mit Bunge ja "nur" den korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen. Wer mehr will, findet sich sowieso umgehend in Schwafelwolken wieder.

Nur mal angenommen alles was du sagst erweist sich als Schlußstein einer Wahrheitsfindung, warum setzt sich das dann nicht durch?
Wie kann man sich einer "offengelegten" Wahrheit überhaupt widersetzen?
gescheitert an der Banalität des Alltäglichen, mein ich.
Wenn Wahrheit nun aber nur einem elitären Kreis überhaupt zugänglich ist - wem nutzt das denn?
Natürlich ist es wunderschön, wenn etwas auf den Punkt gebracht werden kann.
Aber warum zum Dübel, kann dann so wenig dauerhaft festgemacht werden.
Was sagen die Soziologen so gern: "Paradigmenwechsel"


Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
a) Ai Wei Wei meint das es im chinesischem keine Entsprechung für IDEE gibt.
In einem smalltalk mit einem bekannten darüber kamen wir zu dem Schluß, das es wohl an den Schriftzeichen liegt - da dort jedem Objekt ein Symbol zugeordnet wird -


Vom Prinzip her ist das bei uns ja nicht anders.


Seh ich anders, im asiatischen wird Symbol gegenüber Symbol gestellt. ähm Ranggleich Am Kopf kratzen
Nach westlicher Tradition ist es immer eine Art "Prädikatenlogik". ähm Subjekt -> Prädikat -> Objekt.

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es ist also qua Sprache feste Form, wohingegen die Idee über etwas erst in Form gebracht werden muß.


Mir ist nicht recht klar, worauf Du hinaus willst. Darf ich erstmal um eine möglichst genaue Definition des Begriffes "Idee" bitten?

Da wende dich bitte an Ai WeiWei, ich vermute ja nur den Knaktus in dem verwendeten Symbolsystem. (nächste Ausstellung sicher bald auch in ihrer Nähe - Katalog kaufen nicht vergessen)


Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
b) es gibt wohl keine Universalsprache auf die sich eine analytische Philosophie zurückziehen kann,
wenngleich es wohl so einen Spruch von Heidegger geben soll, worin es heißt: "richtig denken kann man nur in deutsch".


Ach ja, die braune Labertasche...

das ist nicht der Punkt, ansonsten wär ja Babelfisch ein hervoragendes Translationwerkzeug

Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
c) die Translationen der Begriffe in lebendige Sprache


Was meinst Du mit "lebendige Sprache"? Hast Du Beispiele für "Translationen" von Begriffen in "lebendige Sprache"?

dem Pöbel aufs Maul geschaut - Bedeutungen ändern sich nicht nur beim Übnertrag von bspw. Anglizismmen ins deutsche: Handy, oder public viewing bspw.
sondern auch dynamisch innerhalb und entlag einer Zeitskala.
Oder spricht noch wer mittelalterlich?


Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
verändern die Betrachtung darüber, was im hinblick auf den "Freien Willen", sehr interessant ist, weil wie in diesm epischen Thread bewiesen die Vorstellung darüber, ein ewig fließender Strom neuer Interpretationen ist.


Dieser Thread beweist nur, daß Sprachsalat keine philosophischen Probleme löst - schon gar nicht solche, die selbst aus Sprachsalat erwachsen sind!

Und welche "Meisterschaft" benötigt man?
bin halt ein Amateur, na und - aber der Punkt ist: Wieso überzeugst du nicht(!)?



Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ein "So ist es!" kann allein schon wegen der Lebendigkeit der Sprache nicht bestehen.
und das ist mMn der Grund warum die Philosophie seit ewig Themen begrifflich nie vollständig, also als "wahre" Repräsentation der Welt zu fassen vermag.


Diesen Pessimismus kann ich nicht teilen, denn im Emergentistischen Materialismus erblicke ich einen "geistigen Klarspüler", wie es ihn noch nie gegeben hat. Es wäre ihm bedeutend mehr universitäre Aufmerksamkeit zu wünschen, damit er endlich eine gewisse Breitenwirkung entfalten kann.

Einer Legende (ich glaub talmudisch) nach, kommt der jüngste Tag, sobald alle Permutationen des Namen Gottes gefunden sind.
Also ich mags ja leider bunt und wild und chaotisch.
Im übrigen sind Permutationen dann eben doch das was die DNA so unvergleichlich "anpassungsfähig" macht und da bin ich wieder beim Wandel.
Den du gerne auf ein ziel zulaufen sehen möchtest - was übrigens mMn genau das ist was die Grundidee des Monotheismus ist, am Ende findet sich alles bei Gott.
Eine moderneres zulaufen ist hier bspw. die Grand Unifying Theorie
oder scifi-sprech wohl die technologische Singularität.
Unterm strich bleibt dieselbe Idee, ein wahres Ding aus dem sich alles andere heraus exemplifizieren ließe.

Es tut mir nicht leid, wenn alle begriffliche Klarheit verwischt wird - finde das hat was poetisches.
Lol, Poesie ist die metaphysische Qualität der Idee.

Nun? hast du die Muse meinen Sprachsalat zu entwirren?
Gerade die Eindeutigkeit, die hier von dir entgegengestellt werden könnte verträgt sich mMn mit der Dynamik die Denken ausmacht.
Denken ist größtenteils unscharf - bei mir auf jeden Fall unbestritten.

#2042: " Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 01:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Du kannst doch nicht einfach sagen, Libertarier hätten per se recht damit, was sie sagen.

Geschockt
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... wenn Du meinst, die Konzepte von Schuld und vergeltender Strafe machten nie Sinn, dann ist Deine ganze Argumentation hier mehr als merkwürdig, denn Du behauptest doch permanent diesen Zusammenhang.

Das sehe ich etwas anders: Mit einer metaphysischen und in sich unlogischen Haltung wie dem Libertarismus habe ich nichts in der Hand, um überhaupt für oder gegen diese (im Falle von "Schuld" übrigens selbst metaphysischen) Konzepte zu argumentieren.

Hm, Libertarier und harte Deterministen haben gemeinsam, dass sie Inkompatibilisten sind, d.h. sie sehen einen Gegensatz zwischen Freiheit und Determinismus. Soweit erst mal uninteressant, kommt dann nur darauf an, was man unter "Freiheit" versteht, die kann man sich irgendwie hindefinieren, (z.B. "echte" Freiheit müsse akausal oder zumindest indeterminiert sein); interessant wird es mE aber dann, wie sie dann noch eine Verbindung zu moralischer Verantwortung und / oder dem Schuldkonzept behaupten, nämlich insofern, als Determinismus diese Konzepte hinfällig erscheinen lassen würde, Indeterminismus aber nicht.

Das ist mein Punkt hier und ich möchte nochmal fragen: wieso? Wie wird das begründet?

step hat folgendes geschrieben:
Mit dem Determinismus habe ich ein konsistentes, wenn auch grobes, Modell des Entscheidenden /Handelnden, so daß ich argumentieren kann, daß diese Konzepte nutzlos (für das Modell) oder gar kontraproduktiv (z.B. für ein bestimmtes utilitaristisches Ziel) sind. Gegner könnten argumentieren, daß sie andere Ziele haben, oder daß diese Konzepte eben doch nützlich seien (z.B. zur Abschreckung oder Manipulation oder was auch immer).

Über Strafzwecktheorien zu diskutieren ist hier mE aber nicht angesagt: die Frage ist erst mal schlicht: was für einen wesentlichen Unterschied hinsichtlich dieser Konzepte gibt es zwischen einer determinierten und einer (teilweise) indeterminierten Welt, so dass man z.B. berechtigterweise sagen kann: der Determinismus schließt das Schuldkonzept aus, der Indeterminismus aber nicht?

Das würde ich gerne mal wissen wollen. Wenn es da keinen Zusammenhang gibt, die Frage "Determinismus / Indeterminismus ja / nein" keine Rolle dabei spielt, sondern es nur einfach eine Differenz in unterschiedlichen Standpunkten für eine Ethik gibt, dann hat das mit dem Thema hier nichts zu tun, dann ist das schlicht ein anderes Thema. Das wir ja auch schon woanders besprochen haben.

#2043: Re: " Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 09:41
    —
Kleine Anmerkung am Rande:

Ich sprach nicht von Determinismus oder Nicht-Determinismus, sondern von Determinismus und Nicht-Determinismus im Zusammenspiel.

Man sollte doch mal überlegen, was es bedeutet, dass Erkenntnisse sich zufällig ausbreiten und die Möglichkeiten der Menschheit stetig steigern bzw. höher entwickeln.

Das gibt dann parziell immer wieder determinierte Folgen, aber immer wieder gebreakt durch zufällige Abbiegungen auf andere unvorhersehbare Pfade ...-

Skeptiker

#2044: Re: " Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 19:59
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Über Strafzwecktheorien zu diskutieren ist hier mE aber nicht angesagt ... Wenn es ... nur einfach eine Differenz in unterschiedlichen Standpunkten für eine Ethik gibt, dann hat das mit dem Thema hier nichts zu tun, dann ist das schlicht ein anderes Thema.

Hmmm ... wenn das zwei unterschiedliche Themen sind, wieso muß ich dann bei der Diskussion über den "Freien Willen" so häufig lesen, Determinismus oder die Leugnung des Freien Willens liefe auf einen Kontrollstaat hinaus? Selbst von Dir habe ich - wenn ich mich recht entsinne - schon den folgenden sehr beliebten Strohmann gelesen: "wenn alles vorherbestimmt ist, ist ja vollkommen egal, was ich mache". Der wäre ja dann nicht nur ein Strohmann, sondern ebenfalls ein ganz anderes Thema.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Du kannst doch nicht einfach sagen, Libertarier hätten per se recht damit, was sie sagen.

Geschockt
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... wenn Du meinst, die Konzepte von Schuld und vergeltender Strafe machten nie Sinn, dann ist Deine ganze Argumentation hier mehr als merkwürdig, denn Du behauptest doch permanent diesen Zusammenhang.

Das sehe ich etwas anders: Mit einer metaphysischen und in sich unlogischen Haltung wie dem Libertarismus habe ich nichts in der Hand, um überhaupt für oder gegen diese (im Falle von "Schuld" übrigens selbst metaphysischen) Konzepte zu argumentieren.

Hm, Libertarier und harte Deterministen haben gemeinsam, dass sie Inkompatibilisten sind, d.h. sie sehen einen Gegensatz zwischen Freiheit und Determinismus. Soweit erst mal uninteressant, kommt dann nur darauf an, was man unter "Freiheit" versteht, ...

Genau.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... die kann man sich irgendwie hindefinieren, (z.B. "echte" Freiheit müsse akausal oder zumindest indeterminiert sein);

Ja, oder "gerade in der Determination liege die echte Freiheit, denn wo soll sie sonst liegen".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... interessant wird es mE aber dann, wie sie dann noch eine Verbindung zu moralischer Verantwortung und / oder dem Schuldkonzept behaupten, nämlich insofern, als Determinismus diese Konzepte hinfällig erscheinen lassen würde, Indeterminismus aber nicht. Das ist mein Punkt hier und ich möchte nochmal fragen: wieso? Wie wird das begründet?

Ich glaube, das hängt eher damit zusammen, daß man ein Modell der Welt hat, also daß diese entmystifiziert wird. Determinismus ist nur ein (wenn auch typisches) Phänomen dieser Sorte.

Ich mache mal einen Versuch, ist aber nicht völlig durchdacht, also leg nicht jedes Wort aus.

Aus meiner Sicht fällt, wie bereits mehrfach geschrieben, durch eine deterministische Erklärung der Präferenzbildung und Entscheidung, durch eine deterministische Modellierung der Welt insgesamt, jeglicher Freiraum weg, um Epiphänomenen apriori-Eigenschaften zuzuweisen. Alle Kategorien oder Konzepte, die ich fortan (aus pragmatischen Gründen) auf psychologischer, sozialer, straftheoretischer usw. Ebene verwende, muß ich - genaugenommen jedenfalls - empirisch absichern. Wenn ich also z.B. Verantwortung zuweisen will, muß ich einen deterministischen Prozeß benennen, der diese Zuweisung modelliert, und der auf empirischen Entitäten beruht.

So hatten früher vielleicht die Aussagen

1. A hat Masern.
2. A hat Verantwortung.
3. A hat Schuld.
4. A hat Willensfreiheit.

einen sehr ähnlichen "attributiven" Bedeutungskontext, aber jetzt muß man (zumindest wenn es drauf ankommt) genauer formulieren, z.B.:

1. A ist von Masernviren befallen.
2. Von A wird erwartet, daß er sich (determiniert) erwünscht verhält.
3. A hat (determiniert) präferent unerwünscht gehandelt.
4. A entscheidet (determiniert) rational.

Genaugenommen stellt sich auch noch ein Identitätsproblem (was genau ist "A"?).

Ähnlich wie bei "Freiheit" oben kann man sich natürlich darauf einigen, genau letzteres (3) "Schuld" zu nennen. Man wird dann aber sozusagen mit der Nase darauf gestoßen, daß man, will man z.B. aus (3.) eine Konsequenz ableiten, dies auf Basis der real fundierten Kategorien in (3.) begründen sollte, etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. Man kann nicht mehr einfach sagen: "Weil A schuldig ist, muß er bestraft werden." - weil "Schuld" und "Strafe" jetzt plötzlich nicht mehr zu derselben intuitiv-metaphysischen Soße gehören. Es muß jetzt ein expliziter, rational nachvollziehbarer Begründungszusammenhang hergestellt werden.

Was genau man folgert, ist natürlich eine ethische Frage (wie Du selbst oben argumentierst) und hängt u.a. mit Wünschen und Zielen zusammen, deshalb ist das nur als Beispiel zu verstehen.

Jetzt kannst Du natürlich fragen: Und was ist beim Indeterminismus anders? In der Tat ist nicht viel anders, wenn man NUR Indeterminismus annimmt und unter diesem eine echte Zufallskomponente versteht.

#2045: Re: " Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 21:08
    —
step hat folgendes geschrieben:
[...] etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. [...]

Das ist wohl der Knackpunkt zwischen uns. Wieso kann A nichts für eine Handlung, wenn er sie willentlich und wissentlich, also absichtlich ausgeführt hat, er die dagegen sprechende Norm sehr wohl kannte, ihm das aber anscheinend egal war? Es war seine Handlung, auf seinem Mist gewachsen, er konnte überlegen, was er tun wollte, das Für und Wieder abwägen und sich daraufhin für etwas entscheiden. (Hier mal einen normalen, durchschnittlichen Menschen angenommen, der nicht unter ungewöhnlichen Zwängen stand oder einen Hirndefekt hatte, der eine solche Überlegung unterminieren könnte.)

Meiner Ansicht nach kann er dann sehr wohl etwas dafür (für seine Handlung, nicht für seine Präferenzen). Ich sehe keinen Grund dafür, wieso ich das anders sehen sollte.

Was ist ein "echtes" Dafür-Können in Deinem Sinne und inwiefern könnte ein irgendwie gearteter Indeterminismus das "Dafür-Können" irgendwie steigern, bzw. überhaupt erst gewährleisten?

#2046:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 21:54
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. [...]
Das ist wohl der Knackpunkt zwischen uns. Wieso kann A nichts für eine Handlung, ...?

Die Handlung ist durch die Präferenzen verursacht, und die können nichts für sich selber, sie sind verursacht oder notfalls im emergentistischen Sinne kontingent. Um das zu durchbrechen, hattest Du übrigens mal vorgeschlagen, die Präferenzen zum Zeitpunkt t1 "könnten etwas für" (verursachten) die Präferenzen zum Zeitpunkt t2.

Man könnte auch so sagen:

A kann nichts für seine Präferenzen, in dem Sinne, daß "er", also sein Selbst, den Präferenzen nachgeordnet ist: Die Präferenzen sind etwas Reales (haben ein NCC), die Person ist ein Sammelbegriff für diese Präferenzen, den Körper, dessen zeitliche Vorgänger usw. Fügt man also einer "Person" vergeltendes Übel zu, so verschafft man - ich übertreibe mal etwas - sich Genugtuung dadurch, daß man einen empfindsamen Körper quält, der unter anderem die verursachenden Präferenzen ausgebildet hat.

Natürlich kann man dieses "kann etwas dafür" immer irgendwie retten, etwa indem man es einfach mit der wesentlichen Rolle in der Handlungsverursachungskette identifiziert und die "Person" als "soziales Atom" betrachtet.

Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob das der Knackpunkt ist zwischen uns.

#2047:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 23:20
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] etwa indem man einsieht, daß A nichts für seine Präferenzen kann, sondern seine Präferenzen ist, und man daher nicht A bestrafen, sondern höchstens A ändern sollte. [...]
Das ist wohl der Knackpunkt zwischen uns. Wieso kann A nichts für eine Handlung, ...?

Die Handlung ist durch die Präferenzen verursacht, und die können nichts für sich selber, sie sind verursacht oder notfalls im emergentistischen Sinne kontingent. Um das zu durchbrechen, hattest Du übrigens mal vorgeschlagen, die Präferenzen zum Zeitpunkt t1 "könnten etwas für" (verursachten) die Präferenzen zum Zeitpunkt t2.

Es gibt mAn Präferenzen, die man beeinflussen kann und welche, die man gar nicht oder nur sehr schwer mit Hilfe von außen beeinflussen kann. Aber die Behauptung, Präferenzen seien generell etwas Statisches, Vorgegebenes, etwas, das man selber nicht ändern könne, halte ich für falsch, ja.

Eine Handlung ist übrigens mE nicht durch Präferenzen verursacht, sondern durch eine Überlegung, eine Entscheidung, die der Handlung vorausging.

step hat folgendes geschrieben:
Man könnte auch so sagen:

A kann nichts für seine Präferenzen, in dem Sinne, daß "er", also sein Selbst, den Präferenzen nachgeordnet ist: Die Präferenzen sind etwas Reales (haben ein NCC), die Person ist ein Sammelbegriff für diese Präferenzen, den Körper, dessen zeitliche Vorgänger usw. Fügt man also einer "Person" vergeltendes Übel zu, so verschafft man - ich übertreibe mal etwas - sich Genugtuung dadurch, daß man einen empfindsamen Körper quält, der unter anderem die verursachenden Präferenzen ausgebildet hat.

Aber dann kann "man" ja auch nichts dafür, weil "man" dann nur der Ausführende seiner Präferenzen ist, ein Nichts, nur ein Zuschauer seiner Präferenzen, die unbeeinflussbar handeln.

Entweder siehst Du Menschen als selbstbestimmte Wesen an, die rationalen Argumenten zugänglich sind und darauf basierend handeln können oder Du tust es nicht. Da musst Du Dich schon mal entscheiden, entweder das eine oder das andere, aber bitte nicht mal so und mal so (für eine Normverletzung kann niemand was, aber für Rache und das Bedürfnis nach Genugtuung kann jemand was).

step hat folgendes geschrieben:
Natürlich kann man dieses "kann etwas dafür" immer irgendwie retten, etwa indem man es einfach mit der wesentlichen Rolle in der Handlungsverursachungskette identifiziert und die "Person" als "soziales Atom" betrachtet.

Es gibt mE gar keine andere gute Möglichkeit, als sich und die anderen als selbstbestimmte Wesen zu sehen und daraus ergibt sich, dass man eine Ethik / Normen aushandeln / vereinbaren muss. Diese Ethik / diese Normen ergibt sich aber nicht aus dem Urknall oder aus irgendwelchen undurchschaubaren vergangenen Umständen, sondern sie ergibt sich aus der Auseinandersetzung mit als gleichwertig angesehenen Personen.

Die einzig andere Möglichkeit wäre die, man behauptete einfach, die einzig wahre Wahrheit zu besitzen und die dann gewaltsam durchzudrücken, weil die anderen das sicher nicht einsehen werden.

step hat folgendes geschrieben:
Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob das der Knackpunkt ist zwischen uns.

Sondern?

Der Knackpunkt ist vielleicht, dass ich meine, dass das vorherrschende Menschenbild des selbstbestimmten Menschen, der seine Handlungen selber bestimmt und der deswegen als frei angesehen wird und dem Rechte zustehen und der Pflichten einhalten muss keine wünschenswerte Alternative hat.

Und du scheinst das irgendwie anders zu sehen, aber mir ist immer noch unklar, wie und wieso.

#2048:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 22:10
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Knackpunkt ist vielleicht, dass ich meine, dass das vorherrschende Menschenbild des selbstbestimmten Menschen, der seine Handlungen selber bestimmt und der deswegen als frei angesehen wird und dem Rechte zustehen und der Pflichten einhalten muss keine wünschenswerte Alternative hat.

Ja, das kommt der Sache vielleicht schon näher. Ich würde es anders ausdrücken: Du verteidigst ein Menschenbild, weil es wünschenswert ist. Ich versuche zu einem Menschenbild zu kommen, das der Realität möglichst genau entspricht.

"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.

#2049:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 23:21
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Knackpunkt ist vielleicht, dass ich meine, dass das vorherrschende Menschenbild des selbstbestimmten Menschen, der seine Handlungen selber bestimmt und der deswegen als frei angesehen wird und dem Rechte zustehen und der Pflichten einhalten muss keine wünschenswerte Alternative hat.

Ja, das kommt der Sache vielleicht schon näher. Ich würde es anders ausdrücken: Du verteidigst ein Menschenbild, weil es wünschenswert ist. Ich versuche zu einem Menschenbild zu kommen, das der Realität möglichst genau entspricht.

Ja, aber leider hast Du kein Argument dafür, inwiefern Dein Menschenbild der Realität näher käme als meines. Ich habe jedenfalls noch kein einziges gesehen. Du wechselst, wie es Dir gerade gut in den Kram passt, zwischen einem Menschenbild des für rationale Argumente empfänglichen Menschen und dem eines Menschen, der durch nicht beeinflussbare Präferenzen hilflos gesteuert wird, der nur Beobachter des für ihn unbeeinflussbaren Geschehens ist. Das ist leider nicht kohärent und daher auch wenig überzeugend.

Und was das nun mit Determinismus zu tun hat, mit dem Du doch so gerne argumentierst, kannst Du auch nicht darstellen. Inwiefern Determinismus die Kontrolle über die eigenen Handlungen behindert und und inwiefern Indeterminismus diese Kontrolle erhöhen könnte (bzw. erst gewährleisten könnte, als notwendige Voraussetzung).

step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.

"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."

#2050:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.01.2010, 11:39
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Du verteidigst ein Menschenbild, weil es wünschenswert ist. Ich versuche zu einem Menschenbild zu kommen, das der Realität möglichst genau entspricht.

Ja, aber leider hast Du kein Argument dafür, inwiefern Dein Menschenbild der Realität näher käme als meines. Ich habe jedenfalls noch kein einziges gesehen.

Diese Ansicht kann ich Dir nicht verbieten, bin aber anderer Meinung. So habe ich beispielsweise gezeigt, daß die Willensfreiheit, wie Du sie definierst (wohlabgewogene, rationale, unmanipulierte Entscheidungsfindung) im täglichen Leben kaum eine Rolle spielt, weil gerade die Entscheidungen, die uns traditionell wichtig scheinen (z.B. moralisch konformes Verhalten), deutlicher Manipulation unterliegen und stark gleichgeschaltet sind (durch Erziehung, Biologie, Empathie usw.).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Inwiefern Determinismus die Kontrolle über die eigenen Handlungen behindert und und inwiefern Indeterminismus diese Kontrolle erhöhen könnte (bzw. erst gewährleisten könnte, als notwendige Voraussetzung).

Nagut, diesmal ein Beispiel, das ohne mikroskopische Determination auskomt, denn darauf springst Du ja nicht an. Wäre ich weniger moralisch manipuliert / determiniert, hätte ich einen zusätzlichen "moralischen Freiheitsgrad", da ich mich "willkürlicher" verhalten könnte. Ich könnte zwischen gut und böse wählen wie zwischen Aprikose und Erdbeerkonfitüre.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.
"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."

Schon viel besser! Ich würde noch ein bißchen abspecken, um zusätzliche, begründungsbedürftige Annahmen vorerst zu vermeiden:

"Dem Rechte von anderen [] Wesen [] zugestanden werden"

#2051:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 21.01.2010, 21:20
    —
step hat folgendes geschrieben:
So habe ich beispielsweise gezeigt, daß die Willensfreiheit, wie Du sie definierst (wohlabgewogene, rationale, unmanipulierte Entscheidungsfindung) im täglichen Leben kaum eine Rolle spielt, weil gerade die Entscheidungen, die uns traditionell wichtig scheinen (z.B. moralisch konformes Verhalten), deutlicher Manipulation unterliegen und stark gleichgeschaltet sind (durch Erziehung, Biologie, Empathie usw.).

Du hast gar nichts "gezeigt".

Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.

Und dass es notwendigerweise Bedingungen / Umstände gibt, habe ich ja wohl noch nirgends bestritten. Ohne Umstände gibt es gar nix.

Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten. Das ist schlichter Unsinn, denn das bedeutete nun mal logischerweise, dass man aus vermehrter Neigung auf Nicht-Einhaltung von Normen, (z.B. in einem gescheiterten Staat wie Somalia), auf Freiheit, (solche, die für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld ausschlaggebend sein soll), schließen könnte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Inwiefern Determinismus die Kontrolle über die eigenen Handlungen behindert und und inwiefern Indeterminismus diese Kontrolle erhöhen könnte (bzw. erst gewährleisten könnte, als notwendige Voraussetzung).

Nagut, diesmal ein Beispiel, das ohne mikroskopische Determination auskomt, denn darauf springst Du ja nicht an. Wäre ich weniger moralisch manipuliert / determiniert, hätte ich einen zusätzlichen "moralischen Freiheitsgrad", da ich mich "willkürlicher" verhalten könnte. Ich könnte zwischen gut und böse wählen wie zwischen Aprikose und Erdbeerkonfitüre.

Ja, aber wo ist jetzt das Problem, (mal abgesehen davon, dass Du "manipuliert" und "determiniert" hier falsch verwendest)? Wenn Dich das so sehr stört, wenn Du meinst, das schränke Deine Freiheit zu sehr ein, dann musst Du eben dagegen angehen, und wenn das alleine nicht klappt, dann eben mit professioneller Hilfe.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.
"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."

Schon viel besser! Ich würde noch ein bißchen abspecken, um zusätzliche, begründungsbedürftige Annahmen vorerst zu vermeiden:

"Dem Rechte von anderen [] Wesen [] zugestanden werden"

Ach, viel besser, aber so passt es Dir auch nicht?

Das ist jetzt zu sehr abgespeckt. Wesentlich dabei ist das mindestens das "wechselseitig". Wozu aber notwendigerweise auch die eigenen Überlegungen und das "sinnvoll" gehören.

Wieso und wie sonst werden denn auch Rechte zugestanden? Einfach so, wegen des Urknalls, wegen der Kausalketten, die niemand kennt?

Das ist doch mein Punkt hier. Du kannst doch nicht einfach sagen, Rechte werden halt zugestanden, weil der Urknall das eben so festgelegt hat.

#2052:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 21.01.2010, 22:03
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dann eben mit professioneller Hilfe.

Daß Du Dich zu solchen Ausrutschern hinreißen läst ...

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... weil gerade die Entscheidungen, die uns traditionell wichtig scheinen (z.B. moralisch konformes Verhalten), deutlicher Manipulation unterliegen und stark gleichgeschaltet sind (durch Erziehung, Biologie, Empathie usw.).
... Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.

Dabei hast Du gerade da wirklich ein wenig Freiheit ... egal ob Du Dich lang oder kurz damit aufhältst.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.

Erstaunlich - ich auch Smilie

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist schlichter Unsinn, denn das bedeutete nun mal logischerweise, dass man aus vermehrter Neigung auf Nicht-Einhaltung von Normen ... auf Freiheit schließen könnte.

Ich verstehe zwar nicht, wie das logischerweise aus obigem folgen sollte, aber in der Tat, wenn man schon moralisch bewertbarem Verhalten eine Freiheit zugesteht, dann doch da, wo man frei ist von moralischen Zwängen, also wo man nicht durch die Erwartung der Anderen gebunden ist. Ein klassischer Outlaw, wär das nix?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
..., (solche [Freiheit], die für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld ausschlaggebend sein soll), ...

Wieso soll? Es ging doch jetzt um das realistische Menschenbild, nicht um Deine rechtspolitischen Wünsche. Realistisch betrachtet hängt die Zuweisung von Schuld vor allem davon ab, ob man "böse" war, also intentional und wissend gegen die Erwartungen der Anderen gehandelt hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
"dem Rechte zustehen" beispielsweise finde ich eine irreführende Formulierung.
"Dem Rechte von anderen gleich gestellten, als gleichwertig angesehene Wesen wechselseitig zugestanden werden, da man sich gegenseitig für fähig hält, die vereinbarten Regeln aus eigener Einsicht, aufgrund eigener Überlegungen für sinnvoll zu erachten und deswegen einzuhalten."

Schon viel besser! Ich würde noch ein bißchen abspecken, um zusätzliche, begründungsbedürftige Annahmen vorerst zu vermeiden:

"Dem Rechte von anderen [] Wesen [] zugestanden werden"
Ach, viel besser, aber so passt es Dir auch nicht?

Besser fand ich vor allem, daß die Rechte jetzt keine Eigenschaft des Einzelnen mehr zu sein scheinen. Was ich noch nicht so gut fand, habe ich abgespeckt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist jetzt zu sehr abgespeckt. Wesentlich dabei ist das mindestens das "wechselseitig". Wozu aber notwendigerweise auch die eigenen Überlegungen und das "sinnvoll" gehören. Wieso und wie sonst werden denn auch Rechte zugestanden?

Naja, Tieren zum Beispiel, obwohl es da nicht wechselseitig und auch nicht gleichberechtigt ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Einfach so, wegen des Urknalls, wegen der Kausalketten, die niemand kennt? Das ist doch mein Punkt hier. Du kannst doch nicht einfach sagen, Rechte werden halt zugestanden, weil der Urknall das eben so festgelegt hat.

Doch, letztlich ja: Rechte werden zugestanden, weil sich das Zugestehen von Rechten so entwickelt hat. Es ist evolutionär hinreichend stabil usw. Als rationale und ethische Wesen fragen wir natürlich auch nach dem Zweck und den Folgen, die das Zuweisen von Rechten für uns und Andere hat. Und weisen dann ggf. mehr oder eben weniger Rechte zu.

#2053:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 21.01.2010, 22:43
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dann eben mit professioneller Hilfe.

Daß Du Dich zu solchen Ausrutschern hinreißen läst ...

Häh, was denn für'n Ausrutscher? Deine Behauptung, man werde durch seine Präferenzen gesteuert und man könne nichts dagegen machen, halte ich für falsch. Es ist lediglich richtig, da habe ich zugestimmt, dass man einige Präferenzen leicht ändern kann und andere sehr schwer (nur mit professioneller Hilfe eventuell) und manche vielleicht gar nicht.

Aber wieso man überhaupt Präferenzen ändern wollen sollte, die man völlig akzeptiert, die man als wesentlichen Bestandteil seiner selbst ansieht, hast Du nicht gesagt. Dein Beispiel lief aber genau darauf hinaus, da kann ich ebenso fragen: dass Du Dich zu sowas hinreißen lässt?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.

Dabei hast Du gerade da wirklich ein wenig Freiheit ... egal ob Du Dich lang oder kurz damit aufhältst.

Ja, schon klar, dass Du das unter Freiheit verstehst. Aber was hat das mit der Zuweisung von Schuld zu tun? Das ist doch die Frage.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.

Erstaunlich - ich auch Smilie

Ja, ich meinte "Unfreiheit".

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das ist schlichter Unsinn, denn das bedeutete nun mal logischerweise, dass man aus vermehrter Neigung auf Nicht-Einhaltung von Normen ... auf Freiheit schließen könnte.

Ich verstehe zwar nicht, wie das logischerweise aus obigem folgen sollte, aber in der Tat, wenn man schon moralisch bewertbarem Verhalten eine Freiheit zugesteht, dann doch da, wo man frei ist von moralischen Zwängen, also wo man nicht durch die Erwartung der Anderen gebunden ist. Ein klassischer Outlaw, wär das nix?

Wenn Einhaltung von Normen auf Unfreiheit schließen lässt, dann lässt Nicht-Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen. Ist doch logisch, das siehst Du doch anscheinend als Gegensatz.

Und die Frage wäre dann eben: wenn jemand ein Outlaw ist, würde man ihm dann mehr Verantwortung und Schuld zuweisen, als jemandem, der Normen einhält? Wenn ja: wieso denn? Dürfte man denjenigen, der Normen einhält, dann deswegen nicht loben, aber den Outlaw verurteilen, weil er freier ist?

Und die Antwort darauf ist: nein, würde man natürlich nicht deswegen (Nichteinhaltung von Normen == freier -> verantwortlicher -> schuldiger) tun, es käme darauf an, inwiefern man die Handlungen als seine, als unter seiner Kontrolle befindlich ansehen würde. Und dasselbe gilt auch für denjenigen, der die Normen einhält, man würde nicht, nur weil jemand (oder viele, oder alle) die Normen einhält, vermuten können, dass er das unhinterfagt / manipuliert / determiniert tut.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
..., (solche [Freiheit], die für die Zuweisung von Verantwortung und Schuld ausschlaggebend sein soll), ...

Wieso soll? Es ging doch jetzt um das realistische Menschenbild, nicht um Deine rechtspolitischen Wünsche. Realistisch betrachtet hängt die Zuweisung von Schuld vor allem davon ab, ob man "böse" war, also intentional und wissend gegen die Erwartungen der Anderen gehandelt hat.

Damit hast Du genau das bestätigt, was ich gesagt habe, bzw. sagen wollte.

Schuld zuweisen tut man genau dann, wenn jemand intentional und wissentlich gegen eine Norm verstoßen hat. Ganz genau und nichts anderes, nichts mit Determinismus oder Zufall.

step hat folgendes geschrieben:
Doch, letztlich ja: Rechte werden zugestanden, weil sich das Zugestehen von Rechten so entwickelt hat. Es ist evolutionär hinreichend stabil usw. Als rationale und ethische Wesen fragen wir natürlich auch nach dem Zweck und den Folgen, die das Zuweisen von Rechten für uns und Andere hat. Und weisen dann ggf. mehr oder eben weniger Rechte zu.

Nö, Rechte werden zugestanden, weil jemand das für sinnvoll erachtet. Und dass jemand das für sinnvoll erachtet hängt selbstverständlich auch von der Evolution, Geschichte, den Umständen ab, niemand kann völlig unabhängig davon sein, sozusagen im Nichts existieren, das ist selbstverständlich.

Und dass wir Wesen sind, die nach dem Sinn fragen können, macht genau unsere Freiheit aus. Und dass wir letztlich theoretisch alle gegebene Umstände hinterfragen können. Nicht mehr und nicht weniger. Nicht Indeterminismus, ich wüsste jedenfalls nicht, inwiefern der dabei helfen könnte.

Aber Du behauptest das doch ständig. Also begründe es auch.

#2054:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 22.01.2010, 10:58
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber wieso man überhaupt Präferenzen ändern wollen sollte, die man völlig akzeptiert, die man als wesentlichen Bestandteil seiner selbst ansieht, hast Du nicht gesagt.

Stimmt. Du allerdings auch nicht. Und das ist ja auch eine schwierige Frage, schließlich kann man nicht wollen, was man will, bzw. nur das. Meist wollen ja die Anderen, daß man seine Präferenzen ändert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Die Willensfreiheit, die ich meine, nämlich die Fähigkeit zur eigenen Entscheidung, die man auch berechtigt als eigene Entscheidung ansehen kann, spielt auch im täglichen Leben eine Rolle. Natürlich ist es wenig relevant, ob ich mich dafür entscheide, Brötchen oder Brot zum Frühstück zu essen, daher werde ich mich nicht lange bei dieser Frage aufhalten.
Dabei hast Du gerade da wirklich ein wenig Freiheit ... egal ob Du Dich lang oder kurz damit aufhältst.
Ja, schon klar, dass Du das unter Freiheit verstehst. Aber was hat das mit der Zuweisung von Schuld zu tun? Das ist doch die Frage.

Nichts, würde ich sagen. Ich vertrete ja zum einen selbst kein Schuldkonzept, und beklage beim "geltenden" Schuldkonzept ja auch keineswegs, daß es etwas mit Freiheit zu tun hätte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.
Erstaunlich - ich auch Smilie
Ja, ich meinte "Unfreiheit".

In dem Fall bin ich natürlich anderer Meinung: Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... wenn man schon moralisch bewertbarem Verhalten eine Freiheit zugesteht, dann doch da, wo man frei ist von moralischen Zwängen, also wo man nicht durch die Erwartung der Anderen gebunden ist. Ein klassischer Outlaw, wär das nix?
... wenn jemand ein Outlaw ist, würde man ihm dann mehr Verantwortung und Schuld zuweisen, als jemandem, der Normen einhält?

Nein, nach meinem Konzept würde man einem Outlaw natürlich weniger Verantwortung zuweisen (ihm also z.B. kein wichtiges Amt anvertrauen), weil man von ihm weniger moralisch determiniertes, mehr unerwünschtes Verhalten erwartet. Nach geltendem Schuldkonzept würde man aber gerade ihm (nachträglich) Schuld zuweisen, weil er sich absichtlich "böse" verhalten hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Dürfte man denjenigen, der Normen einhält, dann deswegen nicht loben, aber den Outlaw verurteilen, weil er freier ist?

In meinem Konzept kann man den Einhalter loben, weil das seine Einhaltung bestärkt. Den Outlaw kann man nicht verurteilen, höchstens kann man ihm Verantwortung wegnehmen, z.B. die Aufsicht über die staatliche Schatulle oder das Wahlrecht. Im schlimmsten Fall, also wenn er ständig Andere gefährdet, könnte man ihn unter Aufsicht stellen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und die Antwort darauf ist: nein, würde man natürlich nicht deswegen (Nichteinhaltung von Normen == freier -> verantwortlicher -> schuldiger) tun, es käme darauf an, inwiefern man die Handlungen als seine, als unter seiner Kontrolle befindlich ansehen würde.

Die Zusatzbedingung "Absicht" ist geschenkt und war auch in meinem Argument bereits eingepreist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und dasselbe gilt auch für denjenigen, der die Normen einhält, man würde nicht, nur weil jemand (oder viele, oder alle) die Normen einhält, vermuten können, dass er das unhinterfagt / manipuliert / determiniert tut.

Ob er das hinterfragt, ändert nicht viel, wenn das Hinterfragen mittels selbst wiederum "gleichgeschalteter" Bewertungskriterien geschieht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Realistisch betrachtet hängt die Zuweisung von Schuld vor allem davon ab, ob man "böse" war, also intentional und wissend gegen die Erwartungen der Anderen gehandelt hat.
Damit hast Du genau das bestätigt, was ich gesagt habe, bzw. sagen wollte. Schuld zuweisen tut man genau dann, wenn jemand intentional und wissentlich gegen eine Norm verstoßen hat. ...

Eben. Demnach ist es also (für das klassische Schuldkonzept) irrelevant, ob seine Entscheidung unfrei (anerzogen, determiniert ...) war. Einzige entscheidend ist, ob die Handlung seiner Präferenz entspricht und ob sie der allgemeinen Präferenz entspricht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Und dass wir Wesen sind, die nach dem Sinn fragen können, macht genau unsere Freiheit aus. Und dass wir letztlich theoretisch alle gegebene Umstände hinterfragen können.

Also die genannten Werte (Sinn = Nutzenabwägung, Umstände hinterfragen, verstehen) in allen Ehren, aber wo da die Freiheit ist, leuchtet mir nach wie vor ncht ein. Zudem würde mich mal interessieren, wie hoch bei "Unschuldigen" und "Schuldigen" jeweils der Grad der Hinterfragung und Nutzenanalyse gewesen ist.

#2055:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 22.01.2010, 23:46
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Jedoch dass man von einer Neigung zur Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen kann, habe ich schon mehrfach bestritten.

Erstaunlich - ich auch Smilie

Ja, ich meinte "Unfreiheit".

In dem Fall bin ich natürlich anderer Meinung: Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).

Eigene Überlegungen und eigene Einsicht gibt es hier in dieser Darstellung nicht, da gibt es nur Mechanismen.

Meinen oben schon oft genannten Einwand: "Wenn Einhaltung von Normen auf Unfreiheit schließen lässt, dann lässt Nicht-Einhaltung von Normen auf Freiheit schließen. Ist doch logisch, das siehst Du doch anscheinend als Gegensatz." hast Du einfach nicht beantwortet, Du behauptest statt dessen stur, Du habest etwas "gezeigt". Was aber völliger Quark ist, denn auch der Outlaw wird ja wohl Deiner Ansicht nach lediglich von den "Mechanismen" gesteuert, so wie alle, der kann auch in Deinem Sinne nicht freier sein, denn "echt" frei ist man nach Deiner Ansicht nur dann, wenn es keine Umstände gibt, die jemanden beeinflussen. Und man dürfte keine Präferenzen haben, jedenfalls keine, die von gegebenen Umständen abhängen. Also jemand, der keine Präferenzen hätte und es keine sonstigen Umstände gäbe, die sein Handeln in irgendeiner Weise beeinflussen könnten, dem also alles gleichgültig wäre und der einfach irgendwas machen würde, völlig egal, was, der wäre "echt" frei in Deinem Sinne.

Auf der einen Seite nun das Menschenbild des rationalen und ethischen Wesens, das nach dem Zweck und den Folgen seines Tuns fragen und sein Tun danach ausrichten kann, auf der anderen Seite das Menschenbild des Fähnleins im Winde, lediglich durch vorgegebene Mechanismen gesteuert. Mal so und mal so, wie's gerade passt. Das ist einfach nur inkonsequent.

Ich geb's auf, da ja auch das heutige Konzept von Schuld auf einmal nichts mehr mit Freiheit zu tun hat, dann verstehe ich eh nicht, was das dann hier zu suchen hat. Eine Freiheit, die nicht mit moralischer Verantwortung, als Teil einer sozialen Gemeinschaft, die fähig dazu ist, gemeinsam Regeln auszuhandeln, in Verbindung steht, ist für mich uninteressant. Keine Ahnung, wofür die interessant sein könnte, wie "echt" man die auch immer nennen möchte.

Keine Ahnung auch, ob Du jetzt irgendwie sagen willst, es gäbe zwei Sorten von Menschen, solche, die nach dem Zweck und den Folgen fragen können und ihre Handlungen danach ausrichten können (Du zum Beispiel) und solche (die meisten anderen), die das nicht können. Falls ja, dann sehe ich das auch anders.

#2056:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 23.01.2010, 11:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
In meinem Konzept kann man den Einhalter loben, weil das seine Einhaltung bestärkt.


Geht es um Hundedressur?

Skeptiker

#2057:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.01.2010, 17:02
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Was aber völliger Quark ist, denn auch der Outlaw wird ja wohl Deiner Ansicht nach lediglich von den "Mechanismen" gesteuert, so wie alle, der kann auch in Deinem Sinne nicht freier sein, denn "echt" frei ist man nach Deiner Ansicht nur dann, wenn es keine Umstände gibt, die jemanden beeinflussen.

Da hast Du was verwechselt: Den Outlaw hatte ich als Beispiel dafür vorgeschlagen, daß jemand zumindest frei von einigen typischen Determinanten / Manipulationen ist.

#2058:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.01.2010, 21:12
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Was aber völliger Quark ist, denn auch der Outlaw wird ja wohl Deiner Ansicht nach lediglich von den "Mechanismen" gesteuert, so wie alle, der kann auch in Deinem Sinne nicht freier sein, denn "echt" frei ist man nach Deiner Ansicht nur dann, wenn es keine Umstände gibt, die jemanden beeinflussen.

Da hast Du was verwechselt: Den Outlaw hatte ich als Beispiel dafür vorgeschlagen, daß jemand zumindest frei von einigen typischen Determinanten / Manipulationen ist.

In Südafrika gibt es sehr viel mehr Vergewaltigungen als in Deutschland, weniger Normeinhaltung diesbezüglich. Das bedeutet für Freiheit also Deiner Ansicht nach was? Was schließt Du daraus?

#2059:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 23.01.2010, 22:48
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Den Outlaw hatte ich als Beispiel dafür vorgeschlagen, daß jemand zumindest frei von einigen typischen Determinanten / Manipulationen ist.
In Südafrika gibt es sehr viel mehr Vergewaltigungen als in Deutschland, weniger Normeinhaltung diesbezüglich. Das bedeutet für Freiheit also Deiner Ansicht nach was? Was schließt Du daraus?

Lassen wir zuerst Bischof Tutu, sicher ein Freier-Wille-Anhänger, sprechen:

Zitat:
Viele Südafrikaner haben ihren moralischen Kompass verloren ...

Ihnen fehlt demnach die Steuerung, sie sind nicht hinreichend in ihrer Richtung eingeschränkt.

Jetzt zu den Ursachen:

Zitat:
Die Opfer haben Angst oder keinerlei Vertrauen in ein Rechtssystem, das mit dem Problem völlig überfordert ist.

Für die Täter bedeutet das, daß sie nicht hinreichend durch Strafandrohung oder Verwahrung in ihrer Entscheidungs- und Handlungsfreiheit eingeschränkt werden.

Zitat:
Für Jewkes liegt der Schlüssel in den zerrütteten Familien, die Südafrikas Gesellschaft kennzeichnen.

Es fehlt moralisch determinierende Erziehung.

Zitat:
Weil das Leben vielen Männern oft gar keine Möglichkeit eröffnet, Erfolg und Stärke zu demonstrieren, versuchen sie, ihre Dominanz beim anderen Geschlecht durchzusetzen. Weil sie sich in der Gesellschaft ohnmächtig fühlen, unterdrücken sie Frauen, um sich wenigstens für einen Moment als der große Boss zu fühlen. Gefühle der Ohnmacht provozieren Aggressionen. ... "Du kriegst, was du willst", sagt Jewkes, "das zeigt, was für ein Kerl du bist."

In diesem Punkt haben die Vergewaltiger also mehr Handlungsfreiheit, haben ökonomische weniger Freieitsgrade, dafür sozuagen moralisch mehr. So zynisch das ist.

Zitate aus: http://www.sueddeutsche.de/panorama/278/472800/text/

Natürlich hast Du ein gar böses Beispiel gewählt, damit ich mich mehr anstrengen muß. Aber selbst in diesem Beispiel (das ja keinen klassischen selbstgewählten Outlaw beschreibt) scheint es mir insgesamt, daß es den besagten Männern an moralischer Determination mangelt und ihnen zuviele Freiheiten gelassen werden. Ich vermute auch, daß die meisten Vorschläge, das zu ändern, auf eine Freiheitseinschränkung oder Manipulation hinauslaufen, z.B.
- Verfolgung von Tätern und Gefängnis
- Strafandrohung
- moralische Einnordung (z.B. Erziehung)

Einzig bei der Verbesserung der ökonomischen Situation wäre ein neuer Freiheitsgrad da, allerdings liest man ja, daß auch Oberschichtsangehörige vergewaltigen.

#2060:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 23.01.2010, 23:33
    —
Was Du nur immer mit Deinem "böse" hast. Ich habe irgendein Beispiel gewählt, um Deine Behauptung ad absurdum zu führen, denn Deine Behauptung muss ja wohl überall gelten, es gibt keinen Grund, warum die ausgerechnet in Südafrika nicht gelten sollte.

Jemand, der Freiheit / Rechte von anderen für sich beansprucht, muss die auch im Gegenzug anderen gleichfalls gewähren, sonst misst er mit zweierlei Maß.

Und wer das nicht einsieht, wer keine Pflichten einhalten will, aber Rechte beansprucht, der kann das schlicht nicht begründen. Die anderen wären ja total bescheuert, wenn sie das akzeptieren würden.

So einfach ist das.

Aber: wenn jemand das nicht einsieht, folgt daraus keineswegs, dass er freier in seinen Entscheidungen ist. Und im Umkehrschluss folgt nicht, dass jemand, der das einsieht, der sich an Normen hält, weil er meint, dass ihm das letztlich selber zugute kommt, weil ihm das was nutzt, in seiner Entscheidung eingeschränkt wäre, denn jemand, der das tut, was ihm nutzt, weil es ihm nutzt, ist deswegen nicht unfrei. Sonst müsste im Umkehrschluss jemand freier sein, der das tut, was ihm nicht nutzt. Und das wäre ja wohl schlichter Bullshit.

Dein Schluss / Deine Behauptung von oben ("Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).") ist ein Fehlschluss, der gälte nur dann, wenn es keine eigene Einsicht gäbe, es nur äußere "Mechanismen" gäbe, die alles schicksalhaft und unabwendbar steuerten. Aber eigene Einsicht gibt es nun mal und auch Du appellierst laufend daran, also kannst Du sie schlecht leugnen.

Tja, und wie geht man nun mit den Vergewaltigern um? Man sagt ihnen wohl einfach, dass sie nichts dafür können, weil die Welt determiniert ist und weil dann niemand etwas kann dafür, was er tut. Ist ja auch geschehen und vorbei. Egal, Schwamm drüber. Man bittet ihn nur höflich, das nicht mehr zu tun, weil man das nicht so gut findet, dass er vergewaltigt.

Und natürlich werden sie es daraufhin weiter tun, mit offizieller Genehmigung auch, weil es einfach ihre Präferenz ist, die aus der Vergangenheit entstanden ist und Präferenzen kann man nicht ändern, wie offiziell bestätigt wurde. Die sind halt so, wie sie sind. Vergewaltigung ist auch nicht böse, passiert halt unweigerlich. Böse wäre nur, jemanden dafür zur Verantwortung zu ziehen, das geht gar nicht, wegen des Determinismusses, da kann auf einmal und plötzlich jemand etwas dafür, wenn er Rachegefühle und Genugtuung beim Leid des Vergewaltigers hat.

Was natürlich bollocks und bullshit ist, denn die Präferenz zu Vergewaltigung ist ebenso eine Präferenz wie die zu Rache und Genugtuung beim Leiden von jemandem, der einen verletzt hat. Und wenn man alles nicht ändern kann, alles nur vorgegeben ist, wir nur Ausführende unserer Präferenzen sind, wenn Selbstbestimmung und Kultur und die Ansicht, wir könnten unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen alles nur Illusionen sind, dann gilt das eben logischerweise auch für alles. Ent- oder weder, da musst Du Dich nun entscheiden.

#2061:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 24.01.2010, 11:02
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was Du nur immer mit Deinem "böse" hast. Ich habe irgendein Beispiel gewählt, ...

Nein, Du bist von einem Outlaw, der für sich beschlossen hat, geltende Gesetze nicht mehr zu beachten, übergegangen zu einem brutalen, frauenverachtenden Vergewaltiger. Aber egal, lassen wir das.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jemand, der Freiheit / Rechte von anderen für sich beansprucht, muss die auch im Gegenzug anderen gleichfalls gewähren, sonst misst er mit zweierlei Maß. Und wer das nicht einsieht, wer keine Pflichten einhalten will, aber Rechte beansprucht, der kann das schlicht nicht begründen. Die anderen wären ja total bescheuert, wenn sie das akzeptieren würden.

Kein Problem. Aber auch da geht es darum, unter welchen Bedingungen man Anderen Handlungsfreiheit zugesteht oder sie eben einschränkt, wenn man in einer Gemeinschaft lebt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Aber: wenn jemand das nicht einsieht, folgt daraus keineswegs, dass er freier in seinen Entscheidungen ist. Und im Umkehrschluss folgt nicht, dass jemand, der das einsieht, der sich an Normen hält, weil er meint, dass ihm das letztlich selber zugute kommt, weil ihm das was nutzt, in seiner Entscheidung eingeschränkt wäre, denn jemand, der das tut, was ihm nutzt, weil es ihm nutzt, ist deswegen nicht unfrei. Sonst müsste im Umkehrschluss jemand freier sein, der das tut, was ihm nicht nutzt.

Ganz schön viele Umkehrschlüsse ... das kann ich auch: Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier. Denn sonst würde der Vergewaltiger ja dadurch freier, daß er glaubt, eine Vergewaltigung nütze ihm mehr als das Bravsein. Zum Beispiel weil er rational analysiert hat, daß die Polizei ihn doch nicht kriegt.

Ich vermute, daß es Dir unausgesprochen gar nicht so sehr um die Nutzenanalyse als solche geht, sondern um eine weitere Bedingung: sich rational mit der eigenen Gleichschaltung abzufinden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dein Schluss / Deine Behauptung von oben ("Aus einer weitverbreiteten und überwiegenden Neigung zur Einhaltung derselben Normen kann man sehrwohl darauf schließen, daß es einen oder mehrere Mechanismen gibt, die die entsprechenden Freiheitsgrade wesentlich einschränken, insbesondere wenn man diese Mechanismen sogar kennt (Evolution, Soziobiologie, Empathie, Erziehung, evtl. auch Abschreckung und weitere).") ist ein Fehlschluss, der gälte nur dann, wenn es keine eigene Einsicht gäbe, es nur äußere "Mechanismen" gäbe, die alles schicksalhaft und unabwendbar steuerten. Aber eigene Einsicht gibt es nun mal und auch Du appellierst laufend daran, also kannst Du sie schlecht leugnen.

Ich leugne nirgends die Einsichtsfähigkeit, aber Du begründest nicht, warum die Einsicht in das, was die Anderen wollen, "frei" ist, aber nicht die Einsicht darin, daß die Anderen nicht das Recht/die Macht haben, mir ihren Willen aufzuzwingen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tja, und wie geht man nun mit den Vergewaltigern um? Man sagt ihnen wohl einfach, dass sie nichts dafür können, weil die Welt determiniert ist ...

Der alte Strohmann schon wieder, so ein Quatsch.

#2062:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 24.01.2010, 17:51
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ganz schön viele Umkehrschlüsse ... das kann ich auch: Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier.

Doch, wenn man nur das einzelne Individuum betrachtet, dann ist das mAn sehr wohl so, (wenn man den Fall, dass es sich dabei irrt, mal beiseite lässt). Das einzelne Individuum ist um so (handlungs-)freier, um so mehr es tun kann, was es will. Was aber in bestimmten Fällen bedeutet, dass andere Individuen dadurch (handlungs-)unfreier werden.

step hat folgendes geschrieben:
Ich vermute, daß es Dir unausgesprochen gar nicht so sehr um die Nutzenanalyse als solche geht, sondern um eine weitere Bedingung: sich rational mit der eigenen Gleichschaltung abzufinden.

Diese "Gleichschaltung" ergibt sich eben automatisch durch die "Mechanismen". Ich will nicht verhungern, also muss ich essen, (obgleich man sich selbst darüber hinwegsetzen kann, auch das ist keine absolute Determination). Und den meisten anderen geht es auch so. Insofern, als dass wir alle (die allermeisten) einen starken Überlebenstrieb haben, sind wir also biologisch "gleichgeschaltet". Und wenn ich in einer Gesellschaft leben will und soziale Kontakte wünsche, dann muss ich gewisse Regeln einhalten, von denen ich im Gegenzuge von den Anderen erwarte, dass sie sie einhalten. Und die Anderen, die das gleichfalls tun, sind dann eben auch gleichgeschaltet in Deinem Sinne.

Wo ist aber nun das Problem bei dieser Art von Gleichschaltung? Es liegt ja mE kein Wert per se darin, nur deswegen anders zu handeln als Andere, um aus denen hervorzustechen und sich dadurch "freier", weil weniger "gleichgeschaltet", zu fühlen.

Zwischen einer von Dritten erzwungenen Gleichschaltung und einer, die man selber für sich mit guten Gründen akzeptiert, sehe ich allerdings einen großen und entscheidenden Unterschied, falls Du darauf hinauswolltest.

step hat folgendes geschrieben:
Ich leugne nirgends die Einsichtsfähigkeit, aber Du begründest nicht, warum die Einsicht in das, was die Anderen wollen, "frei" ist, aber nicht die Einsicht darin, daß die Anderen nicht das Recht/die Macht haben, mir ihren Willen aufzuzwingen.

Hm, den Satz verstehe ich nicht so recht.

Handlungsfrei ist jemand mAn dann, wenn er nach seinen Gründen, seiner Entscheidung handeln kann und willensfrei, wenn er hinreichend dazu fähig ist, die Folgen seiner gewünschten Handlungen abzuwägen und seine Entscheidungen danach auszurichten.

Wenn die Anderen also das wollen, was ich auch will, dann schränkt das meine Freiheit nicht ein. Wenn aber nicht, dann natürlich schon. Nur kann eben eine allgemeine Freiheitseinschränkung meine Freiheit erhöhen, auch wenn sich das paradox anhören mag. Wenn es verboten ist, andere zu verletzen, dann ist das eine Freiheitseinschränkung, aber es erhöht dennoch mE gesamt meine Freiheit, da ich dann auch nicht von anderen verletzt werden darf.

#2063:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 24.01.2010, 20:57
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier.
Doch, wenn man nur das einzelne Individuum betrachtet, dann ist das mAn sehr wohl so, (wenn man den Fall, dass es sich dabei irrt, mal beiseite lässt). Das einzelne Individuum ist um so (handlungs-)freier, um so mehr es tun kann, was es will. Was aber in bestimmten Fällen bedeutet, dass andere Individuen dadurch (handlungs-)unfreier werden.

Den letzten beiden Sätzen stimme ich zu. Für diesen Gewinn an Handlungsfreiheit reicht aber, daß man tun kann, was man will, egal ob man es einfach nur will, oder ob man meint, es sei unter Berücksichtigung der Interessen der Anderen nützlich, und es deshalb will.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich vermute, daß es Dir unausgesprochen gar nicht so sehr um die Nutzenanalyse als solche geht, sondern um eine weitere Bedingung: sich rational mit der eigenen Gleichschaltung abzufinden.

Diese "Gleichschaltung" ergibt sich eben automatisch durch die "Mechanismen". Ich will nicht verhungern, also muss ich essen, (obgleich man sich selbst darüber hinwegsetzen kann, auch das ist keine absolute Determination).

Ich würde es aber dnnoch als eine Art Determination bezeichnen, eine Art Zwang. Hätten nicht die meisten unserer Vorfahren diesem Zwang nachgegeben, gäbe es uns nicht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... sind wir also biologisch "gleichgeschaltet". Und wenn ich in einer Gesellschaft leben will und soziale Kontakte wünsche, dann muss ich gewisse Regeln einhalten, von denen ich im Gegenzuge von den Anderen erwarte, dass sie sie einhalten. Und die Anderen, die das gleichfalls tun, sind dann eben auch gleichgeschaltet in Deinem Sinne.

Genau.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wo ist aber nun das Problem bei dieser Art von Gleichschaltung? Es liegt ja mE kein Wert per se darin, nur deswegen anders zu handeln als Andere, um aus denen hervorzustechen und sich dadurch "freier", weil weniger "gleichgeschaltet", zu fühlen.

Da gebe ich Dir absolut recht, darin liegt kein Wert per se. Es bin ja auch nicht ich, der behauptet, in Freiheit müsse ein Wert per se liegen. Auch bei der mikroskopoischen Freiheit, dem Indeterminismus, aka Zufall, hatten wir das schon ähnlich.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Zwischen einer von Dritten erzwungenen Gleichschaltung und einer, die man selber für sich mit guten Gründen akzeptiert, sehe ich allerdings einen großen und entscheidenden Unterschied, falls Du darauf hinauswolltest.

Ich denke, in den meisten Fällen wird nicht wirklich darüber reflektiert und dann akzeptiert. Und selbst in diesen wenigen Fällen leigen die "guten Gründe" oft slbst wiederum in der Gleichschaltung. Etwa bei der Angst vor Bestrafung bzw. Ausgrenzung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich leugne nirgends die Einsichtsfähigkeit, aber Du begründest nicht, warum die Einsicht in das, was die Anderen wollen, "frei" ist, aber nicht die Einsicht darin, daß die Anderen nicht das Recht/die Macht haben, mir ihren Willen aufzuzwingen.
Hm, den Satz verstehe ich nicht so recht.

Ich drücke es anders aus: Wenn der Vergewaltiger einsieht, daß ihn wahrscheinlich niemand belangen wird und daß er nur durch die Tat den großen Macker markieren kann, weil er ansonsten eine arme Sau ist, liegt in dieser Einsicht weniger Freiheit?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Handlungsfrei ist jemand mAn dann, wenn er nach seinen Gründen, seiner Entscheidung handeln kann und willensfrei, wenn er hinreichend dazu fähig ist, die Folgen seiner gewünschten Handlungen abzuwägen und seine Entscheidungen danach auszurichten.

Demnach wäre also der Vergewaltiger in Südafrika handlungsfrei und "willensfrei". Und das ganz ohne "moralischen Kompaß" (Tutu) und fest im Griff der ökonomischen Demütigung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Nur kann eben eine allgemeine Freiheitseinschränkung meine Freiheit erhöhen, auch wenn sich das paradox anhören mag. Wenn es verboten ist, andere zu verletzen, dann ist das eine Freiheitseinschränkung, aber es erhöht dennoch mE gesamt meine Freiheit, da ich dann auch nicht von anderen verletzt werden darf.

Abgesehen mal davon, daß es sich hier um Handlungsfreiheit handelt: Ja, eine Freiheitseinschränkung an der einen Stelle kann sich in mehr Handlungsfreiheit an anderer Stelle auswirken. So streiten ja z.B. ökonomische / politische Schulen darüber, ob der Wohlstand insgesamt eher durch Privatisierung oder durch Verstaatlichung, eher durch Nivellierung oder eher durch Anreiz wächst. Und ob dieses Mehr an Handlungsfreiheit für die Gesamtheit eher nützlich oder schädlich ist.

#2064:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 24.01.2010, 21:20
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn also jemand nicht unfreier wird, nur indem er tut, wovon er glaubt, daß es ihm nutzt, dann wird er dadurch aber auch nicht freier.
Doch, wenn man nur das einzelne Individuum betrachtet, dann ist das mAn sehr wohl so, (wenn man den Fall, dass es sich dabei irrt, mal beiseite lässt). Das einzelne Individuum ist um so (handlungs-)freier, um so mehr es tun kann, was es will. Was aber in bestimmten Fällen bedeutet, dass andere Individuen dadurch (handlungs-)unfreier werden.

Den letzten beiden Sätzen stimme ich zu. Für diesen Gewinn an Handlungsfreiheit reicht aber, daß man tun kann, was man will, egal ob man es einfach nur will, oder ob man meint, es sei unter Berücksichtigung der Interessen der Anderen nützlich, und es deshalb will.

Verstehe ich jetzt zwar nicht, warum Du meinem ersten Satz nicht zustimmen willst, aber sei's drum.

Ansonsten: genau, ich habe ja wohl nichts anderes behauptet.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Diese "Gleichschaltung" ergibt sich eben automatisch durch die "Mechanismen". Ich will nicht verhungern, also muss ich essen, (obgleich man sich selbst darüber hinwegsetzen kann, auch das ist keine absolute Determination).

Ich würde es aber dnnoch als eine Art Determination bezeichnen, eine Art Zwang. Hätten nicht die meisten unserer Vorfahren diesem Zwang nachgegeben, gäbe es uns nicht.

Wenn Du das als eine Art Zwang bezeichnen möchtest, was man ja meinetwegen tun kann, dann wird es mE aber notwendig, zwischen zweierlei Arten von Zwang zu unterscheiden: solchem, der gegen das gerichtet ist, was ich will, (oder vielleicht allgemeiner gesagt, das, was ich wollen würde, wenn ich mich selber von einem höheren Standpunkt betrachten würde) und solchem Zwang, der dem nicht entgegensteht. Das ist mE ein ganz wesentlicher Unterschied, es ist nicht alles gleichermaßen und unterschiedslos Zwang.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wo ist aber nun das Problem bei dieser Art von Gleichschaltung? Es liegt ja mE kein Wert per se darin, nur deswegen anders zu handeln als Andere, um aus denen hervorzustechen und sich dadurch "freier", weil weniger "gleichgeschaltet", zu fühlen.

Da gebe ich Dir absolut recht, darin liegt kein Wert per se. Es bin ja auch nicht ich, der behauptet, in Freiheit müsse ein Wert per se liegen. Auch bei der mikroskopoischen Freiheit, dem Indeterminismus, aka Zufall, hatten wir das schon ähnlich.

Ja, in der mikroskopischen Freiheit (aka Zufall) liegt für mich keinerlei Wert und ich werde wahrscheinlich auch nie verstehen können, wieso das für einige Leute so wichtig ist.

Jedoch Freiheit im Sinne von Selbstbestimmung ist für mich wertvoll, ziemlich sogar.

step hat folgendes geschrieben:
Ich denke, in den meisten Fällen wird nicht wirklich darüber reflektiert und dann akzeptiert. Und selbst in diesen wenigen Fällen leigen die "guten Gründe" oft slbst wiederum in der Gleichschaltung. Etwa bei der Angst vor Bestrafung bzw. Ausgrenzung.

Das sehe ich nicht so.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Handlungsfrei ist jemand mAn dann, wenn er nach seinen Gründen, seiner Entscheidung handeln kann und willensfrei, wenn er hinreichend dazu fähig ist, die Folgen seiner gewünschten Handlungen abzuwägen und seine Entscheidungen danach auszurichten.

Demnach wäre also der Vergewaltiger in Südafrika handlungsfrei und "willensfrei".

Ja, selbstverständlich, wenn er die genannten Voraussetzungen erfüllt, dann ist er das. Wann auch sonst?

#2065: Babylonische Sprachverwirrung Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 24.01.2010, 23:28
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
@ Tso Wang:

Vielleicht wäre die angedachte "umständliche" Variante klarer gewesen: Wir können tun, was wir wollen (z.B. spazieren gehen), oder auch tun, was wir nicht wollen (z.B. eine Steuererklärung machen).



.

Wenn Du Dich selbst nicht nur als "bewußtes Ich", sondern auch Deine unbewußten Prozesse als Dir zugehörig betrachtest, hast Du recht. Dann ist das alles möglich.

Wenn Du Dich jedoch nur als "bewußtes Ich" betrachtest, hast Du in diesem Falle unrecht, da die Willensregungen bereits unbewußt initiiert sind.

Und genau hier liegt die von mir mehrfach kritisierte "babylonische Sprachverwirrung". Wir ordnen Begriffe wie "Ich", "Selbst", "freier Wille", "Bewußtsein" etc. unterschiedlich zu und schon kommt es zum Streit.

Darüber hinaus tauscht die Wissenschaft alte philosophische und religiöse Begriffe durch neue aus oder übernimmt sie samt Sprachhoheit (wenn beispielweise früher jemand von "Bewußtsein als Schwingung" gesprochen hat, wurde er als esoterischer Esel beschimpft. Heutzutage ist das "40-Hertz-Neuronenfeuer" der Nervenzell-Ensembles ein ganz gewöhnlicher Ausdruck in den Neurowissenschaften. Da gibt's noch zahlreiche weitere Beispiele)

Zitat:
Ebenso können wir unterlassen, was wir wollen (z.B. Fleisch essen), oder auch unterlassen, was wir nicht wollen (z.B. einen langweiligen Kinofilm anschauen).


Dann bist Du bei Libets "Freiheit des Nichtwollens". Eine unbewußt initiierte Willensregung kann bewußt wieder abgebrochen werden. Recht interessant, wie Libet hier den "freien Willen" zu retten versucht - mit ebenso interessanten Konsequenzen für die jüdische und die christliche Ethik.

()

#2066:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 25.01.2010, 10:53
    —
off topic

@ Tso Wang
hab hier im Thread AjWeiWei erwähnt,
evtl hast du ja den ethnischen Hintergrund um die Sach mit der "Idee" und der Semantik in Symbolsprachen zu erläutern ...
gerne auch pm bin ja nur neugierig, wie Nah-weit meine Vermutungen beim Schwarzen liegen.

#2067:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.01.2010, 20:38
    —
nochmal @AP:

Nach Deiner Definition kann der Vergewaltiger einerseits nur dann "Schuld" auf sich laden, wenn er "freiwillig" handelt, wenn er seine Präferenzen also langfristig hinterfragt hat, wenn er sie einer rationalen Abwägung unterworfen hat usw.

Des weiteren behauptest Du, daß der wesentliche Nutzen des moralisch konformen Verhaltens sei, daß man insgesamt Freiheit gewinne, wenn man den von der Gesellschaft aufgestellten Regeln gehorche.

Aus meiner Sicht würde daraus folgen, daß man Vergewaltiger, die obiges nicht einsehen, nicht schuldig sprechen kann, während diejenigen, die es einsehen, "frei" sind, aber niemals vergewaltigen.

#2068:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 00:46
    —
step hat folgendes geschrieben:
Nach Deiner Definition kann der Vergewaltiger einerseits nur dann "Schuld" auf sich laden, wenn er "freiwillig" handelt, wenn er seine Präferenzen also langfristig hinterfragt hat, wenn er sie einer rationalen Abwägung unterworfen hat usw.

Freiwillig handelt er mE, wenn er weiß, was er tut, was das für den anderen bedeutet. Und das werden ja wohl die meisten wissen, niemand vergewaltigt aus Versehen und nur die Wenigsten tun das aus einem von ihnen nicht kontrollierbaren Trieb heraus. Sie wissen sehr wohl, dass das gegen den Willen des Anderen ist.

Zu einer absichtlichen Handlung gehört nicht unbedingt langfristige Hinterfragung; aktuelles Verständnis dessen, was man tut, (bzw. was man vorhat, zu tun), reicht dazu locker. Und das kann man mE jedem normalen Erwachsenen unterstellen, wenn es keine psychologischen Erkenntnisse gibt, die eine Selbststeuerung ausschließen.

step hat folgendes geschrieben:
Des weiteren behauptest Du, daß der wesentliche Nutzen des moralisch konformen Verhaltens sei, daß man insgesamt Freiheit gewinne, wenn man den von der Gesellschaft aufgestellten Regeln gehorche.

Idealerweise ja.

step hat folgendes geschrieben:
Aus meiner Sicht würde daraus folgen, daß man Vergewaltiger, die obiges nicht einsehen, nicht schuldig sprechen kann, während diejenigen, die es einsehen, "frei" sind, aber niemals vergewaltigen.

Diesen Schluss verstehe ich jedoch nicht.

Woher sollte sein Recht überhaupt kommen, nicht schuldig gesprochen, nicht belangt zu werden, wie sollte sowas aussehen und wie könnte man es begründen?

"Wer Rechte anderer nicht respektiert, hat automatisch deswegen das Recht dazu, in Ruhe gelassen zu werden und zu tun, was er will"?

Wie will er sich verteidigen?

"Ich akzeptiere die Selbstbestimmung anderer nicht, die geht mir am Arsch vorbei, aber ich erwarte dringend, dass Ihr die meinige respektiert; ich erwarte, dass Ihr mich akzeptiert, weil ich Euch nicht akzeptiere"?

Klingt reichlich absurd, mE. Und selbstwidersprüchlich.

#2069: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: Karlchen BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 01:22
    —
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun, die Überschrift ist vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber die neuesten Hinweise gegen einen freien Willen sind wirklich sensationell:

"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wForscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat. vofür sich ein Mensch entschieden hat.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,547074,00.html"

Das traditionelle Konzept "Willensfreiheit" bröckelt...

Unabhängig davon, dass ich diese "Forchungsergebnisse" sehr stark anzweifle:
Man nehme mal an, es gäbe keine Willensfreiheit. Dann wäre jedes Handeln dadurch entschuldbar, dass man nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann. Liege ich da falsch?

#2070:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 06:27
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Sprache ist ein fiktives, und die Wirklichkeit (im Sinne von Welt/Universum) ist ein reales Objekt. Über die Grenzen ontologischer Kategorien hinweg kann weder Konstruktion noch Rekonstruktion stattfinden. Weil er genau das meint, was er aussagt, war der Begriff "Repräsentation" sehr bewußt gewählt.


Sprache ist das erste Werkzeug des Menschen,


Was soll das konkret heißen?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Sprache repräsentiert nichts,


"Repräsentieren" bedeutet "für etwas stehen". Begriffe <b>stehen für</b> jene Objekte, die sie repräsentieren sollen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es bildet ab,


<u>Fotos</u> "bilden ab". Sprache kann nur <u>symbolisieren</u> (z.B. Auto, car, voiture, coche, vettura).

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es erlaubt uns zu unterscheiden und als Bonus hat Sprache es erst ermöglicht sich der Dinge bewußt zu werden.


Natürlich geht das Repräsentationsobjekt (Bewußtgewordenes und Unterschiedenes) seiner Repräsentation (Sprache) voraus und nicht umgekehrt!

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Das Subjekt das aus den Objekten hervortreten kann und sich so ICH nennt.


Schwafelwolke?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Übrigens vertrete ich mit Bunge ja "nur" den korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen. Wer mehr will, findet sich sowieso umgehend in Schwafelwolken wieder.


Nur mal angenommen alles was du sagst erweist sich als Schlußstein einer Wahrheitsfindung,


Wie wäre das möglich? Wer kann schon wissen, ob eine Aussage - habe sie auch noch so lange als maximal adäquat gegolten - nicht doch irgendwann korrigiert werden muß? Wie wäre der "Schlußstein einer Wahrheitsfindung" mit dem <i>korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen</i> vereinbar?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Wie kann man sich einer "offengelegten" Wahrheit überhaupt widersetzen?


Es gibt keine "offengelegte Wahrheit", aber zum jeweiligen Zeitpunkt in wissenschaftlichen Fachkreisen als wahr geltenden Aussagen kann man sich tatsächlich nur "widersetzen", indem man die Ergebnisse neuer empirischer und/oder logischer Prüfungen vorlegt. Einfach irgendwas behaupten ist jedenfalls nicht genug.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
gescheitert an der Banalität des Alltäglichen, mein ich.


Was mag <b>das</b> nun wieder heißen?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Wenn Wahrheit nun aber nur einem elitären Kreis überhaupt zugänglich ist - wem nutzt das denn?


Warum sollte das zu einem bestimmten Zeitpunkt am besten bestätigte Wissen nur einem "elitären Kreis" zugänglich sein? Immerhin steht die Wissenschaft jedem offen, der ausreichend Interesse dafür mitbringt.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Natürlich ist es wunderschön, wenn etwas auf den Punkt gebracht werden kann.
Aber warum zum Dübel, kann dann so wenig dauerhaft festgemacht werden.
Was sagen die Soziologen so gern: "Paradigmenwechsel"


Auch hier ist mir nicht klar, was Du eigentlich sagen willst.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
a) Ai Wei Wei meint das es im chinesischem keine Entsprechung für IDEE gibt.
In einem smalltalk mit einem bekannten darüber kamen wir zu dem Schluß, das es wohl an den Schriftzeichen liegt - da dort jedem Objekt ein Symbol zugeordnet wird -


Vom Prinzip her ist das bei uns ja nicht anders.


Seh ich anders, im asiatischen wird Symbol gegenüber Symbol gestellt. ähm Ranggleich Am Kopf kratzen
Nach westlicher Tradition ist es immer eine Art "Prädikatenlogik". ähm Subjekt -> Prädikat -> Objekt.


Du sagst es: "ähm". Ich kann nur wiederholen: Jede Sprache ist ein System aus Symbolen und ihren Verbindungen zu symbolisierten Objekten. In dieser Hinsicht besteht kein Unterschied zwischen westlichen und chinesischen Schriftzeichen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
es ist also qua Sprache feste Form, wohingegen die Idee über etwas erst in Form gebracht werden muß.


Mir ist nicht recht klar, worauf Du hinaus willst. Darf ich erstmal um eine möglichst genaue Definition des Begriffes "Idee" bitten?


Da wende dich bitte an Ai WeiWei,


Es geht mir darum zu verstehen, was <b>Du</b> über "Objekt", "Symbol", "Form" und "Idee" aussagen willst. Auch möchte ich noch einmal daran erinnern, daß die Menschen selbst bestimmen, welche Objekte sie mit welchen Symbolen repräsentieren. Es sollte also nicht schwierig sein, einen Begriff für das fiktive Objekt "Idee" ins Chinesische einzuführen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
b) es gibt wohl keine Universalsprache auf die sich eine analytische Philosophie zurückziehen kann,


Wozu sollte sie das überhaupt wollen? Adäquate Repräsentationen der Wirklichkeit sind in <b>allen</b> Sprachen möglich!

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
wenngleich es wohl so einen Spruch von Heidegger geben soll, worin es heißt: "richtig denken kann man nur in deutsch".


Ach ja, die braune Labertasche...


das ist nicht der Punkt, ansonsten wär ja Babelfisch ein hervoragendes Translationwerkzeug


In meiner Reaktion steckt Folgendes: Heidegger hat sich im 3. Reich "beschmutzt" und wie kein anderer (mir bekannter) Philosoph die deutsche Sprache zu einer Groteske deformiert -> braune Labertasche.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Was meinst Du mit "lebendige Sprache"? Hast Du Beispiele für "Translationen" von Begriffen in "lebendige Sprache"?


dem Pöbel aufs Maul geschaut - Bedeutungen ändern sich nicht nur beim Übnertrag von bspw. Anglizismmen ins deutsche: Handy, oder public viewing bspw.
sondern auch dynamisch innerhalb und entlag einer Zeitskala.


Ja, und? Um sie sprach- und zeitunabhängig nachvollziehbar zu halten, muß man Philosophien eben begrifflich genau explizieren.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Dieser Thread beweist nur, daß Sprachsalat keine philosophischen Probleme löst - schon gar nicht solche, die selbst aus Sprachsalat erwachsen sind!


Und welche "Meisterschaft" benötigt man?


Die (erlernbare) Fähigkeit, begrifflich auf den Punkt zu kommen!

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
bin halt ein Amateur, na und - aber der Punkt ist: Wieso überzeugst du nicht(!)?


Du meinst, wieso überzeuge ich <b>Dich</b> nicht? Ganz einfach: Du hast keine Erfahrung mit analytisch-philosophischen Vorgehensweisen und insofern auch keine Möglichkeit, deren Ergebnisse in ihrer Systemizität zu erfassen oder gar zu beurteilen. Es kostet viel Zeit, Konzentration und gute Nerven, diesen Zustand zu beheben - besonders, wenn man das bisherige Denken nahezu komplett über den Haufen werfen muß (und glaub mir: ich weiß, wovon ich rede).

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Einer Legende (ich glaub talmudisch) nach, kommt der jüngste Tag, sobald alle Permutationen des Namen Gottes gefunden sind.


Also niemals, denn der Möglichkeiten, ein Objekt begrifflich zu fassen, sind unendlich viele.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Im übrigen sind Permutationen dann eben doch das was die DNA so unvergleichlich "anpassungsfähig" macht und da bin ich wieder beim Wandel.
Den du gerne auf ein ziel zulaufen sehen möchtest - was übrigens mMn genau das ist was die Grundidee des Monotheismus ist, am Ende findet sich alles bei Gott.


Bedeutender Unterschied: Wissenschaft und Analytische Philosophie kennen kein "Ende" - schon gar keines, das mit einem unklaren Symbol für ein nicht erkennbares Objekt repräsentiert wird.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Es tut mir nicht leid, wenn alle begriffliche Klarheit verwischt wird - finde das hat was poetisches.


Tja, nun ist Poesie aber so ziemlich das Gegenteil von Analytischer Philosophie: das eine soll Emotionen hervorrufen, das andere strebt nach einer Klärung des Denkens. So unterschiedlich die Zielstellungen, so unterschiedlich auch die sprachlichen Mittel. Wer Poesie und Philosophie nicht sorgfältig auseinanderhält, wird beide ruinieren.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Poesie ist die metaphysische Qualität der Idee.


<b>Noch</b> ne Schwafelwolke?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Denken ist größtenteils unscharf - bei mir auf jeden Fall unbestritten.


<b>Al-ler-dings!</b> Nur sehe ich keinen Grund, darauf auch noch stolz zu sein. Unscharfes Denken führt zu ebenso unscharfen Äußerungen, und die sind eine Zumutung für jeden, der die Welt <b>verstehen</b> will und sich mit dem Ungefähren nicht zufriedengeben kann.

#2071:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 06:28
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Vielleicht wäre die angedachte "umständliche" Variante klarer gewesen: Wir können tun, was wir wollen (z.B. spazieren gehen), oder auch tun, was wir nicht wollen (z.B. eine Steuererklärung machen).


Wenn Du Dich selbst nicht nur als "bewußtes Ich", sondern auch Deine unbewußten Prozesse als Dir zugehörig betrachtest, hast Du recht. Dann ist das alles möglich.


Prozesse sind Zustandsänderungen von Dingen, und "meine unbewußten Prozesse" sind Zustandsänderungen meines Körpers - wie könnte ich sie <b>nicht</b> als "mir zugehörig" betrachen, ohne sofort mein Köfferchen für einen längeren Klapsenaufenthalt packen zu müssen?

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wenn Du Dich jedoch nur als "bewußtes Ich" betrachtest, hast Du in diesem Falle unrecht, da die Willensregungen bereits unbewußt initiiert sind.


Was soll denn das "bewußte Ich" überhaupt sein? "Ich" bin mein Körper! Einige meiner Zustandsänderungen werden mir bewußt, andere nicht.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wir ordnen Begriffe wie "Ich", "Selbst", "freier Wille", "Bewußtsein" etc. unterschiedlich zu und schon kommt es zum Streit.


Nur, wenn man es versäumt, sie rechtzeitig zu klären. Sollte das nicht gelingen oder kein Einvernehmen herzustellen sein, kann man sich jede Diskussion gleich ganz sparen.

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus tauscht die Wissenschaft alte philosophische und religiöse Begriffe durch neue aus oder übernimmt sie samt Sprachhoheit (wenn beispielweise früher jemand von "Bewußtsein als Schwingung" gesprochen hat, wurde er als esoterischer Esel beschimpft.


Wer solchen Quatsch von sich gibt, wird auch heute noch zurecht als esoterischer Esel beschimpft! "Bewußtsein" ist nämlich kein Ding sondern eine Äquivalenzklasse von Zustandsänderungen eines Dinges, und "Schwingungen" sind immer die Schwingungen von Dingen. "Bewußtsein als Schwingung" ist also nicht nur eine "metaphysische Mißformulierung" (Bunge), sondern ein echter ontologischer Kategorienfehler ("Reifikation").

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Heutzutage ist das "40-Hertz-Neuronenfeuer" der Nervenzell-Ensembles ein ganz gewöhnlicher Ausdruck in den Neurowissenschaften.


Siehst Du wohl, hier geht es um <u>Dinge</u> wie Neuronen/Nervenzellen.

#2072:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 12:49
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
(...)

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Poesie ist die metaphysische Qualität der Idee.


<b>Noch</b> ne Schwafelwolke?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Denken ist größtenteils unscharf - bei mir auf jeden Fall unbestritten.


<b>Al-ler-dings!</b> Nur sehe ich keinen Grund, darauf auch noch stolz zu sein. Unscharfes Denken führt zu ebenso unscharfen Äußerungen, und die sind eine Zumutung für jeden, der die Welt <b>verstehen</b> will und sich mit dem Ungefähren nicht zufriedengeben kann.


nur mal die zwei Aussagen abgenommen ... den rest kniffel ich mir später zu recht.

Denken sollte schon auch Spaß machen, oder genauer die bei der neuronalen Aktivierung freigesetzten Botenstoffe erzeugen ja genau das Hochgefühl.
Dabei ist es unerheblich ob "das denken" scharf oder unscharf bleibt. für den Bedenkenden ist eher der Reiz ausschlaggebend als das evtl. logische Ergebnis.

und grober grober denkfehler der Philosophie, wir interagieren sprachlich und gedanklich nicht mit der WELT, sondern mit ANDEREN.
Du konzentrierst dich also auf "feedbacklose Aussagequalitäten".
Dein Widerspruch zielt daher auf objektivierte Repräsentationen
Wie willst du den von der Warte aus das Sprachspiel des anderen verstehen?
Du, muß zuerst den Menschen verstehen, bevor du die Welt verstehen willst.

oder poetischer gesagt,
wer den Focus verengt, verliert den Blick fürs Ganze
oder mittlealterlicher:
der Teufel liegt im Detail.

#2073:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 13:18
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:

<b>Al-ler-dings!</b> Nur sehe ich keinen Grund, darauf auch noch stolz zu sein. Unscharfes Denken führt zu ebenso unscharfen Äußerungen, und die sind eine Zumutung für jeden, der die Welt <b>verstehen</b> will und sich mit dem Ungefähren nicht zufriedengeben kann.

Wer sich mit dem Vorläufigen nicht zufrieden geben kann, ersetzt die Vermutung durch den Irrtum.
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:

oder poetischer gesagt,
wer den Focus verengt, verliert den Blick fürs Ganze
oder mittlealterlicher:
der Teufel liegt im Detail.

Oder modern: Der Teufel ist ein Eichhörnchen. zwinkern

#2074:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 19:45
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nach Deiner Definition kann der Vergewaltiger einerseits nur dann "Schuld" auf sich laden, wenn er "freiwillig" handelt, wenn er seine Präferenzen also langfristig hinterfragt hat, wenn er sie einer rationalen Abwägung unterworfen hat usw.

Freiwillig handelt er mE, wenn er weiß, was er tut, was das für den anderen bedeutet. Und das werden ja wohl die meisten wissen, niemand vergewaltigt aus Versehen und nur die Wenigsten tun das aus einem von ihnen nicht kontrollierbaren Trieb heraus. Sie wissen sehr wohl, dass das gegen den Willen des Anderen ist.

Zu einer absichtlichen Handlung gehört nicht unbedingt langfristige Hinterfragung; aktuelles Verständnis dessen, was man tut, (bzw. was man vorhat, zu tun), reicht dazu locker. ...

Naja, für eine einfach absichtliche Handlung reicht sogar Handlungsfreiheit aus (tun können, was man will). Du hattest die höhere Latte (mit rationaler Durchdringung, Arbeit an den eigenen Präferenzen und so) ja extra aufgelegt, um Dich gegen mein Argument zu wehren, Deine WF sei in Wirklichkeit nicht mehr als HF.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Woher sollte sein Recht überhaupt kommen, nicht schuldig gesprochen, nicht belangt zu werden, wie sollte sowas aussehen und wie könnte man es begründen?

Er könnte argumentieren, daß er nicht einsah, daß er durch konformes Verhalten langfristig an Freiheit gewinnt, und nicht anders als (aus seiner Sicht) rational handeln konnte. Oder er könnte einwenden, daß Schuldspruch und Strafe den Anderen nichts bringen, und stattdessen darum ersuchen, nochmal unter anderen Umständen determiniert zu werden.

Die Begründungslage für den Schuldspruch ist viel dünner: weil es so im Strafgesetzbuch steht.

#2075:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 20:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nach Deiner Definition kann der Vergewaltiger einerseits nur dann "Schuld" auf sich laden, wenn er "freiwillig" handelt, wenn er seine Präferenzen also langfristig hinterfragt hat, wenn er sie einer rationalen Abwägung unterworfen hat usw.

Freiwillig handelt er mE, wenn er weiß, was er tut, was das für den anderen bedeutet. Und das werden ja wohl die meisten wissen, niemand vergewaltigt aus Versehen und nur die Wenigsten tun das aus einem von ihnen nicht kontrollierbaren Trieb heraus. Sie wissen sehr wohl, dass das gegen den Willen des Anderen ist.

Zu einer absichtlichen Handlung gehört nicht unbedingt langfristige Hinterfragung; aktuelles Verständnis dessen, was man tut, (bzw. was man vorhat, zu tun), reicht dazu locker. ...

Naja, für eine einfach absichtliche Handlung reicht sogar Handlungsfreiheit aus (tun können, was man will). Du hattest die höhere Latte (mit rationaler Durchdringung, Arbeit an den eigenen Präferenzen und so) ja extra aufgelegt, um Dich gegen mein Argument zu wehren, Deine WF sei in Wirklichkeit nicht mehr als HF.

Ich verstehe unter Handlungsfreiheit etwas anderes als unter Willensfreiheit, ja. Das habe ich nun doch schon oft genug dargelegt:

Handlungsfreiheit: tun können, was man will
Willensfreiheit: das, was man tun will, auf seine Auswirkungen hin prüfen und daraufhin justieren zu können

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Woher sollte sein Recht überhaupt kommen, nicht schuldig gesprochen, nicht belangt zu werden, wie sollte sowas aussehen und wie könnte man es begründen?

Er könnte argumentieren, daß er nicht einsah, daß er durch konformes Verhalten langfristig an Freiheit gewinnt, und nicht anders als (aus seiner Sicht) rational handeln konnte. Oder er könnte einwenden, daß Schuldspruch und Strafe den Anderen nichts bringen, und stattdessen darum ersuchen, nochmal unter anderen Umständen determiniert zu werden.

Die Begründungslage für den Schuldspruch ist viel dünner: weil es so im Strafgesetzbuch steht.

Nö, ist sie mAn keineswegs. Ein Recht existiert nur als gegenseitige Zuweisung und mit gegenseitiger Akzeptanz und ein Recht beinhaltet auch immer Pflichten, gegenseitige.

Niemand kann sich auf ein Recht berufen, wenn er keine reziproke Pflicht daraus akzeptieren will, es ist unlogisch, ein Recht nur für sich zu beanspruchen, dem anderen aber nicht gewähren zu wollen, wenn es dafür keinen Grund gibt.

A akzeptiert B's Recht nicht, dann braucht B A's Recht auch nicht zu akzeptieren. Wieso sollte er auch, was ist der Grund dafür dAn?

A argumentiert, er habe nicht anders handeln können, als B's Recht zu missachten, weil alle immer so handeln müssen, wie sie es tun und es keine Alternative dazu gäbe. Dann kann B das ganz genauso sagen, es gibt ja keinen Grund, warum B anders als A sein sollte.

#2076:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 21:06
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Recht existiert nur als gegenseitige Zuweisung und mit gegenseitiger Akzeptanz und ein Recht beinhaltet auch immer Pflichten, gegenseitige.

Das stimmt so nicht. Recht existiert auch als einseitige Zuweisung, z.B. Grundrechte gelten als gegenleistungslos, ebenso Tierrechte oder Rechte von "Personen", die keine mehr sind.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Niemand kann sich auf ein Recht berufen, wenn er keine reziproke Pflicht daraus akzeptieren will, es ist unlogisch, ein Recht nur für sich zu beanspruchen, dem anderen aber nicht gewähren zu wollen, wenn es dafür keinen Grund gibt.

Auf welcher Basis argumentiert Du hier? Naturgesetz? Gleichheitsgrundsatz? Wieso ist es unlogisch, wenn z.B. jemand, der mehr Macht hat, mehr Rechte beansprucht? Rechte sind oft sogar verhandelbar.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
A argumentiert, er habe nicht anders handeln können, als B's Recht zu missachten, weil alle immer so handeln müssen, wie sie es tun und es keine Alternative dazu gäbe. Dann kann B das ganz genauso sagen, es gibt ja keinen Grund, warum B anders als A sein sollte.

Sagen kann man viel. In dem Fall (Verbrechen und Rache) handeln beide aus meiner Sicht unerwünscht (fügen anderen Leid zu, ohne daß die Gemeinschaft einen großen Vorteil davon hat). Das heißt, bei beiden muß man sich überlegen, wie man sie dazu bringt, sich in Zukunft anders zu verhalten. Die entsprechenden Maßnahmen für A und B sind vermutlich unterschiedlich.

#2077:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 21:45
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Recht existiert nur als gegenseitige Zuweisung und mit gegenseitiger Akzeptanz und ein Recht beinhaltet auch immer Pflichten, gegenseitige.

Das stimmt so nicht. Recht existiert auch als einseitige Zuweisung, z.B. Grundrechte gelten als gegenleistungslos, ebenso Tierrechte oder Rechte von "Personen", die keine mehr sind.

Nope. Rechte beinhalten immer Pflichten. Es gibt kein Recht ohne Pflicht, das ist mein Punkt hier. Ohne Pflicht existiert überhaupt kein Recht.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Niemand kann sich auf ein Recht berufen, wenn er keine reziproke Pflicht daraus akzeptieren will, es ist unlogisch, ein Recht nur für sich zu beanspruchen, dem anderen aber nicht gewähren zu wollen, wenn es dafür keinen Grund gibt.

Auf welcher Basis argumentiert Du hier? Naturgesetz? Gleichheitsgrundsatz? Wieso ist es unlogisch, wenn z.B. jemand, der mehr Macht hat, mehr Rechte beansprucht? Rechte sind oft sogar verhandelbar.

Es ist unlogisch, dass, nachdem A B vergewaltigt hat, er dann von ihm fordert, sein Selbstbestimmungsrecht zu akzeptieren. Dazu hat er jedoch keine, aber auch gar keine Grundlage, kein Argument, gar nichts. Wenn A das Sebstbestimmungsrecht für unwesentlich hält, gut, dann wird es ihm ja wohl auch egal sein können, dass B ihn auseinandernimmt. Wenn es aber ihm für sich selber wichtig ist, er es aber B nicht zugestehen will: wieso?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
A argumentiert, er habe nicht anders handeln können, als B's Recht zu missachten, weil alle immer so handeln müssen, wie sie es tun und es keine Alternative dazu gäbe. Dann kann B das ganz genauso sagen, es gibt ja keinen Grund, warum B anders als A sein sollte.

Sagen kann man viel. In dem Fall (Verbrechen und Rache) handeln beide aus meiner Sicht unerwünscht (fügen anderen Leid zu, ohne daß die Gemeinschaft einen großen Vorteil davon hat). Das heißt, bei beiden muß man sich überlegen, wie man sie dazu bringt, sich in Zukunft anders zu verhalten. Die entsprechenden Maßnahmen für A und B sind vermutlich unterschiedlich.

Der Punkt ist der: wenn jemand das Selbstbestimmungsrecht anderer mit Füßen tritt, wie kann er dann fordern, sein Selbstbestimmungsrecht anzuerkennen?

Eben das hast Du aber oben behauptet:

"Aus meiner Sicht würde daraus folgen, daß man Vergewaltiger, die obiges nicht einsehen, nicht schuldig sprechen kann, während diejenigen, die es einsehen, "frei" sind, aber niemals vergewaltigen." -> der Vergewaltiger hat ein Recht - aber wieso?

"Er könnte argumentieren, daß er nicht einsah, daß er durch konformes Verhalten langfristig an Freiheit gewinnt, und nicht anders als (aus seiner Sicht) rational handeln konnte."

Du unterscheidest anscheinend zwei Sorten von Menschen: die, die willensfrei nach meiner Definition sind, die also ansprechbar für Gründe und Argumente sind, die abschätzen können, was ihre Handlungen bewirken und solche, die das nicht können und Du stellst unterschiedliche moralische Anforderungen an die beiden Sorten Menschen.

Aber wieso tust Du das eigentlich, worauf beruht das?

#2078:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 26.01.2010, 22:19
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du unterscheidest anscheinend zwei Sorten von Menschen: die, die willensfrei nach meiner Definition sind, die also ansprechbar für Gründe und Argumente sind, die abschätzen können, was ihre Handlungen bewirken und solche, die das nicht können und Du stellst unterschiedliche moralische Anforderungen an die beiden Sorten Menschen. Aber wieso tust Du das eigentlich, worauf beruht das?

Naja, in dem Punkt waren wir uns eigentlich einig: Moralische Apelle / Anforderungen machen nur bei Wesen Sinn, die das auch nachvollziehen können.

Wenn ein Vergewaltiger moralisch nicht ansprechbar oder auch nur nicht überzeugbar ist, muß ich die Vergewaltigung auf andere Weise verhindern.

Das ist auch so ein Punkt: Unser intuitives Schuldkonzept geht etwa so: je brutaler das Verbrechen, desto höher die Schuld. Intuitiv bewerten wir nämlich den Schaden, das Leiden der Opfer u.ä.

Unser rechtliches und vor allem Dein auf Tätereinsicht basierendes Schuldkonzept dagegen führen dazu, daß gerade die besonders brutalen, gefühllosen, perversen Verbrechen tendenziell weniger Schuld beinhalten.

Und jede Wette: Auch wenn der Vergewaltiger beteuert, er habe sich das Leiden des Opfers nicht vorgestellt, wird er trotzdem schuldig gesprochen.

#2079:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 00:29
    —
Es gibt (einige wenige) Menschen, die ihre Handlungen nicht kontrollieren können, die nicht ansprechbar für Gründe und Argumente sind. Aber das sind eben nur einige, es gibt daher keinen Grund, alle Kriminellen so zu behandeln, als ob sie moralische Objekte wären.

Wenn der Vergewaltiger einfach so mal behauptet, er habe ja gar nicht gewusst, dass seine Vergewaltigung gegen den Willen seines Opfers geschah, dann ist ist das erst mal wenig glaubwürdig, man wird das als Schutzbehauptung, als Lüge, ansehen. Die ihm aber selbst dann nicht viel nutzen würde, wenn das akzeptiert würde, denn wenn er erst mal als moralisches Objekt und nicht mehr als moralisches Subjekt, das seine Handlungen kontrollieren kann, eingestuft wird, dann erlischt jede Empathie, jedes Verständnis, er ist dann nur noch eine Gefahr, so wie eine Naturkatastrophe, die verhindert werden muss, kein Mitglied der moralischen Gemeinschaft mehr.

Es ist mE furchtbar falsch, zu fordern, man müsse die meisten Menschen zu moralischen Objekten erklären und das würde dann eine viel humanere Vorgehensweise im Strafrecht hervorrufen. Genau das Gegenteil wäre mE der Fall. Ein moralisches Subjekt hat Anspruch auf Endlichkeit seiner Strafe, ein moralisches Objekt wird nur nach seiner Gefährlichkeit beurteilt. Ein moralisches Subjekt hat Einfluss darauf, mit seinen eigenen Handlungen, (keine Strafe ohne Schuld), was mit ihm geschieht und das weiß es im Vorneherein, (keine Strafe ohne Gesetz), ein moralisches Objekt hat keinerlei Einfluss auf seine Behandlung. Es ist egal, was es sagt oder meint, das spielt keine Rolle. Vielleicht gefährlich? Dann weg mit ihm und zwar für immer. So läuft das, auch heute schon und es wird immer schlimmer mit der fortwährenden Ausweitung der Sicherungsverwahrung.

Und es gibt ja auch kein Argument dafür, diese Zweiteilung von Menschen vorzunehmen, eine, die über die unbestrittenenen Ausnahmefälle hinausgeht, die ihre Handlungen tatsächlich nicht kontrollieren können.

Wenn aber jemand zwar seine Handlungen kontrollieren kann, er aber es schlicht nicht einsehen will, wieso er das sollte, dann kann er auch keine besonderen, ausschließlich für sich geltenden Rechte beanspruchen, ich wüsste jedenfalls nicht, wie und mit welcher Argumentation.

All diese Ausführungen hindern natürlich nicht daran, über das Strafrecht zu diskutieren und mit guten Argumenten Änderungen zu verlangen. Aber einen Zusammenhang zu Willensfreiheit gibt es dabei mE schlicht nicht, denn ich halte Menschen grundsätzlich für fähig, ihre Handlungen zu kontrollieren und daher halte ich es auch für berechtigt, ihnen Normverletzungen zuzuschreiben und vorzuhalten und mir konnte noch niemals jemand auch nur im Ansatz zeigen, dass dies nicht der Fall ist oder was dagegen spräche und was libertarische Willensfreiheit damit zu tun haben sollte. Könnten sie das generell nicht, dann könnte man überhaupt kein Recht mehr proklamieren, das ist schlicht die Voraussetzung für jedes Recht, das nämlich immer Forderungen an moralische Subjekte beinhaltet. Ohne moralische Subjekte kein Recht, ganz einfach.

Und es wäre geradezu absurd, aberwitzig, zu sagen, nur die normtreuen Bürger seien rechtsfähig, die Normverletzer aber nicht, denen stünde ein besonderes Recht zu, ein Recht auf Nichtbestrafung, das nicht angetastet werden dürfe, die dürften also tun, was sie wollten, die anderen aber nicht. Denn dann wäre es schlicht total bescheuert, rechtstreu zu sein. Dann würde eben einfach jeder aus guten Gründen zum Normverletzer, dann hätten wir wieder Auge um Auge und Zahn um Zahn. Wenn es gut liefe.

#2080:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 06:18
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Denken sollte schon auch Spaß machen, oder genauer die bei der neuronalen Aktivierung freigesetzten Botenstoffe erzeugen ja genau das Hochgefühl.
Dabei ist es unerheblich ob "das denken" scharf oder unscharf bleibt.


Dann ist es aber keine Philosophie, sondern ein zielloses Durcheinander von Gedanken.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
für den Bedenkenden ist eher der Reiz ausschlaggebend als das evtl. logische Ergebnis.


Das ist doch ein recht egoistisches Motiv und obendrein dem Ernst philosophischen Erwägens angesichts der Folgenschwere seiner Resultate gänzlich unangemessen. Es geht um nichts weniger als ein "geistiges Betriebssystem" für die Menschen. Je zusammenhangloser und fehlerhafter es ist, umso weniger tragfähig werden die Fundamente einer aus ihm entwickelten Ethik sein. Letztlich ist philosophische Sorgfalt also eine Frage des Verantwortungsbewußtseins.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
und grober grober denkfehler der Philosophie, wir interagieren sprachlich und gedanklich nicht mit der WELT, sondern mit ANDEREN.


Wer ist "die Philosophie"? Ich zumindest kenne keinen einzigen Philosophen, der die von Dir beanstandete Behauptung aufstellt.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Du konzentrierst dich also auf "feedbacklose Aussagequalitäten".


Meine Begriffe und Aussagen beziehen sich auf die Welt (Dinge) und Äquivalenzklassen von Gehirnprozessen (Konstrukte) - was ist daran "feedbacklos"?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Dein Widerspruch zielt daher auf objektivierte Repräsentationen


Was sind "objektivierte Repräsentationen"?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Du, muß zuerst den Menschen verstehen, bevor du die Welt verstehen willst.


Der Mensch ist <b>Teil der Welt</b> und insofern nichts Besonderes. Allerdings bedarf seine Funktion als erkennendes Subjekt eingehender Untersuchung. Dafür ist eine philosophische Disziplin namens Erkenntnistheorie zuständig.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
oder poetischer gesagt,
wer den Focus verengt, verliert den Blick fürs Ganze


Erfreulicherweise muß ich mich nicht angesprochen fühlen, denn der Emergentistische/Wissenschaftliche Materialismus <b>ist</b> ein <u>"Blick fürs Ganze"</u>.

#2081:  Autor: AscaniusWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 06:19
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Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

Unscharfes Denken führt zu ebenso unscharfen Äußerungen, und die sind eine Zumutung für jeden, der die Welt <b>verstehen</b> will und sich mit dem Ungefähren nicht zufriedengeben kann.


Wer sich mit dem Vorläufigen nicht zufrieden geben kann, ersetzt die Vermutung durch den Irrtum.


Bitte genauer hinsehen und Gehirn einschalten!: Es geht um das Ungefähre und nicht das Vorläufige.

#2082:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 10:12
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:

Unscharfes Denken führt zu ebenso unscharfen Äußerungen, und die sind eine Zumutung für jeden, der die Welt <b>verstehen</b> will und sich mit dem Ungefähren nicht zufriedengeben kann.


Wer sich mit dem Vorläufigen nicht zufrieden geben kann, ersetzt die Vermutung durch den Irrtum.


Bitte genauer hinsehen und Gehirn einschalten!: Es geht um das Ungefähre und nicht das Vorläufige.

Denk einfach noch einmal drüber nach. Dann wirst du schon verstehen, was ich meine.

#2083:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 15:29
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es gibt (einige wenige) Menschen, die ihre Handlungen nicht kontrollieren können, die nicht ansprechbar für Gründe und Argumente sind. Aber das sind eben nur einige, es gibt daher keinen Grund, alle Kriminellen so zu behandeln, als ob sie moralische Objekte wären.

Es ging nicht um das Kontrollieren von Handlungen, sondern um das Kontrollieren eigener Präferenzen durch Analyse der Folgen und des gesellschaftlichen Gesamtzusammenhangs.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn der Vergewaltiger einfach so mal behauptet, er habe ja gar nicht gewusst, dass seine Vergewaltigung gegen den Willen seines Opfers geschah, ...

In dem von mir genannten Fall war das aber gar nicht der Fall, sondern der V. behauptet, er wisse natürlich, daß dies gegen den Willen des Opfers geschah, er könne aber einfach nicht einsehen, warum sein Wille weniger zähle als der des Opfers.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... dann ist ist das erst mal wenig glaubwürdig, man wird das als Schutzbehauptung, als Lüge, ansehen. Die ihm aber selbst dann nicht viel nutzen würde, wenn das akzeptiert würde, denn wenn er erst mal als moralisches Objekt und nicht mehr als moralisches Subjekt, das seine Handlungen kontrollieren kann, eingestuft wird, dann erlischt jede Empathie, jedes Verständnis, er ist dann nur noch eine Gefahr, so wie eine Naturkatastrophe, die verhindert werden muss, kein Mitglied der moralischen Gemeinschaft mehr. ...

Das ist Schwarzweißmalerei. Es wäre noch immer einen Versuch wert, seine "moralische Antenne" wieder aufzubauen. Wir alle sind auch Egoisten und stellen unseren Willen oft über den Anderer, nur eben in unterschiedlichem Maße und unterschiedlich verboten. Deine hehre Vorstellung eines moralischen Subjekts ist eine Idealisierung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wenn aber jemand zwar seine Handlungen kontrollieren kann, er aber es schlicht nicht einsehen will, wieso er das sollte, dann kann er auch keine besonderen, ausschließlich für sich geltenden Rechte beanspruchen ...

Der V. in meinem Fall beansprucht aber gerade keine Extrarechte: Er weiß, daß ihm von den Anderen das Recht zu vergewaltigen überhaupt nicht zugestanden wird. Er sieht vmtl. sogar ein, daß die Anderen zu verhindern versuchen, daß er vergewaltigt.


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ich halte Menschen grundsätzlich für fähig, ihre Handlungen zu kontrollieren und daher halte ich es auch für berechtigt, ihnen Normverletzungen zuzuschreiben und vorzuhalten ...

- Nochmal: Du meinst nicht nur "ihre Handlungen zu kontrollieren", sondern "ihre Präferenzen zu kontrollieren"
- Normverletzungen (= unerwünschtes Verhalten) zuschreiben: klar, bei Handlungsfreiheit kein Problem.
- Normverletzungen vorhalten: ja, wenn das was bringt zur Prävention (z.B. Aufklärung, Appell an das Gewissen usw.)

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Und es wäre geradezu absurd, aberwitzig, zu sagen, nur die normtreuen Bürger seien rechtsfähig, ...

Du sagst, ein normtreuer Mensch sei i.a. nicht deswegen normtreu, weil er so erzogen/manipuliert wurde, sondern weil er in "freier" Betrachtung den mittelfristigen Nutzen der Normtreue für sich erkennt. Daraus ergeben sich folgende Einwände:

1. Es ist zweifelhaft, ob das mit dem Nutzen überhaupt der Fall ist:

- Es gibt Untersuchungen, daß einzelne Normverletzer die allgemeine Kooperation stärken (unklar ist, ob dies ein Argument für vergeltende Bestrafung sein könnte), und daß Normverletzungen Fortschritt befördern.

- Es könnte sein, daß Deine Behauptung nur für bestimmte Normen gilt, nicht aber für alle (Bsp.: "die Frau soll in der Öffentlichkeit den Mund halten", "Abtreibung ist böse", ...)

2. Im Umkehrschluß wäre jemand nicht normtreu, weil er den mittelfristigen Nutzen der Normtreue für sich nicht erkennt oder als relativ gering einschätzt. Soll man nun von ihm irrationales (aka unfreies) Verhalten fordern?

#2084:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 15:32
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Denken sollte schon auch Spaß machen, oder genauer die bei der neuronalen Aktivierung freigesetzten Botenstoffe erzeugen ja genau das Hochgefühl.
Dabei ist es unerheblich ob "das denken" scharf oder unscharf bleibt.


Dann ist es aber keine Philosophie, sondern ein zielloses Durcheinander von Gedanken.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
für den Bedenkenden ist eher der Reiz ausschlaggebend als das evtl. logische Ergebnis.


Das ist doch ein recht egoistisches Motiv und obendrein dem Ernst philosophischen Erwägens angesichts der Folgenschwere seiner Resultate gänzlich unangemessen. Es geht um nichts weniger als ein "geistiges Betriebssystem" für die Menschen. Je zusammenhangloser und fehlerhafter es ist, umso weniger tragfähig werden die Fundamente einer aus ihm entwickelten Ethik sein. Letztlich ist philosophische Sorgfalt also eine Frage des Verantwortungsbewußtseins.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
und grober grober denkfehler der Philosophie, wir interagieren sprachlich und gedanklich nicht mit der WELT, sondern mit ANDEREN.


Wer ist "die Philosophie"? Ich zumindest kenne keinen einzigen Philosophen, der die von Dir beanstandete Behauptung aufstellt.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Du konzentrierst dich also auf "feedbacklose Aussagequalitäten".


Meine Begriffe und Aussagen beziehen sich auf die Welt (Dinge) und Äquivalenzklassen von Gehirnprozessen (Konstrukte) - was ist daran "feedbacklos"?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Dein Widerspruch zielt daher auf objektivierte Repräsentationen


Was sind "objektivierte Repräsentationen"?

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Du, muß zuerst den Menschen verstehen, bevor du die Welt verstehen willst.


Der Mensch ist <b>Teil der Welt</b> und insofern nichts Besonderes. Allerdings bedarf seine Funktion als erkennendes Subjekt eingehender Untersuchung. Dafür ist eine philosophische Disziplin namens Erkenntnistheorie zuständig.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
oder poetischer gesagt,
wer den Focus verengt, verliert den Blick fürs Ganze


Erfreulicherweise muß ich mich nicht angesprochen fühlen, denn der Emergentistische/Wissenschaftliche Materialismus <b>ist</b> ein <u>"Blick fürs Ganze"</u>.


Oh wie ich es hasse wenn meine Gedanken zerfasert werden ... Lachen

@Philosophie
Platon charakterisiert den Philosophen in seinem Symposion als jemand, der die Wahrheit, das Schöne und das Gute liebt und begehrt.
ist deine analytische Vorgehensweise ... schön oder gar gut?

mMn startet philosophischer Diskurs mit Leukipp: „Kein Ding entsteht planlos, sondern aus Sinn und unter Notwendigkeit.“
bzw. Demokrit: „Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome und leeren Raum.“

jaja, olle Kamellen für dich.
Im Vergleich zu den etwa zur selben Zeit entstehenden asiatischen(also babylonisch, bzw. biblisch adaptiert) Welterklärungsmodelle die alles unter ein großes ganzen stellen.
also in etwa atomistisch vs. theistisch.
Was so ziemlich auch die Bandbreite menschliches Denkens wiedergibt.

bzw, wie sehr sich unser Denkansatz unterscheidet,
dazu hier ein bezeichnender Ausriß aus deinem früheren Posting (... ich hoffe du gestehst mir folgerichtiges denken zu, mal so nebenbei dahergesagt):
Ascanius hat folgendes geschrieben:
(...)
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Einer Legende (ich glaub talmudisch) nach, kommt der jüngste Tag, sobald alle Permutationen des Namen Gottes gefunden sind.


Also niemals, denn der Möglichkeiten, ein Objekt begrifflich zu fassen, sind unendlich viele.
(...)

seltsamerweise, würde ich daran natürlicherweise die Frage anschliessen:
Was ist wenn es nichts Neues mehr gibt?
(oder die soziologische These von Fukujamas "The End of History and the Last Man, 1992")

In der Mathematik gibt es den wohldefinierten Begriff: "kleinster gemeinsamer Nenner"
was als Redewendung:... kann kritisch einen Kompromiss auf niedrigstem Niveau, einen fragwürdigen Konsens ansprechen.
Das "schöne" in der Mathe ist, das die das kleinste mit dem größten ganz elegant verbinden kann:
Zusammenhang zwischen kgV und dem größten gemeinsamen Teiler


Ich seh (noch) nicht, wie du die Brandbreite menschlichen Denkens unter den Hut einer analytischen Philosophie bringen kannst.

was ich eigentlich damit sagen will ist:
dein Bemühen um konkretisieren ist toll
-> toll duden
-> toll synonym

es bereitet mir eine große Freude deinen Wunsch nach systematisierter Ordnung (der Gedankenwelt) mit dem Chaos des Beliebigen zu stören.
und ich find es ehrlich großartig wie du in der Spur bleibst.

Nur was ist denn dein Ziel?
Ascanius hat folgendes geschrieben:
a) die [tragfähigen] Fundamente einer ... entwickelten Ethik
b) philosophische Sorgfalt [ist]... eine Frage des Verantwortungsbewußtseins.

c) korrespondenztheoretischen Begriff der approximativen Wahrheit als einem Attribut von Aussagen
d)Um sie sprach- und zeitunabhängig nachvollziehbar zu halten, muß man Philosophien eben begrifflich genau explizieren.


Und gerade wenn du "das verstehen der Welt" erwähnst, was hat das mit einer entwickelten, bzw. zu entwickelten Ethik zu tun?
Setzt Verantwortungsbewußtsein nicht einen freien Willen voraus?
Was denn nun?
"genau" oder "approximativ", und gilt das auch für Ethik und/oder Verantwortungsbewußtsein?
btw.
Warum lügen Menschen?
Die Philosophie kennt das nur als Paradoxon, nicht aber als fundamentale Eigenschaft des menschseins - Theosophien haben da immerhin Handlungs und Strafanweisungen dagegen
Lügen ... erklären tut es aber niemand richtig, - warum eigentlich?

...

und wenn ich nicht so viel vergessen hätt, ist die Sprechakttheorie eigentlich anti Bung(e)isch?
(i am so sorry, das ich so wenig Zeit hab mich wieder einzulesen)
btw, mMn ist das meiste am unscharf werden beim denken, das vergessen.
Jede Art der Philosophie spiegelt auch nur die Leitmotife des momentanen Zeitgeistes wieder.
Daher, hast du wohl eher recht mit deiner Meinung zu den "Permutationen",
um wenigstens ein bisschen zum Thema zurück zu kommen.
Ich postuliere mal:
Denken ist ein Akt des Wollens.
So es eine Art des "richtigen" Denkens gibt, ist diese nun vorgezeichnet
a) die Grenzen neuronaler Vernetzungsmöglichkeiten
oder ist das denken "frei"
b) ein approximativer Weg, der "freien" Bedeutungswechsel
Frage

#2085:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 18:02
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wenn aber jemand zwar seine Handlungen kontrollieren kann, er aber es schlicht nicht einsehen will, wieso er das sollte, dann kann er auch keine besonderen, ausschließlich für sich geltenden Rechte beanspruchen ...

Der V. in meinem Fall beansprucht aber gerade keine Extrarechte: Er weiß, daß ihm von den Anderen das Recht zu vergewaltigen überhaupt nicht zugestanden wird. Er sieht vmtl. sogar ein, daß die Anderen zu verhindern versuchen, daß er vergewaltigt.

Solange er daraufhin keine Extrarechte beansprucht und solange auch Du keine Extrarechte für ihn verlangst, die auf einem Recht zur Selbstbestimmung oder einem Recht auf Leidfreiheit beruhen, die er für andere offensichtlich nicht akzeptiert, ist doch alles in Ordnung. Dann gibt es überhaupt kein Problem.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ich halte Menschen grundsätzlich für fähig, ihre Handlungen zu kontrollieren und daher halte ich es auch für berechtigt, ihnen Normverletzungen zuzuschreiben und vorzuhalten ...

- Nochmal: Du meinst nicht nur "ihre Handlungen zu kontrollieren", sondern "ihre Präferenzen zu kontrollieren"

Ja, eine Präferenz ist ja keine Determination. Wenn jemand die Präferenz dazu hat, zu vergewaltigen, muss er das deswegen noch lange nicht tun. Er kann diese Präferenz kontrollieren, ja, genau, das meine ich.

step hat folgendes geschrieben:
[...] den mittelfristigen Nutzen der Normtreue [...]. Daraus ergeben sich folgende Einwände:

1. Es ist zweifelhaft, ob das mit dem Nutzen überhaupt der Fall ist:

- Es gibt Untersuchungen, daß einzelne Normverletzer die allgemeine Kooperation stärken (unklar ist, ob dies ein Argument für vergeltende Bestrafung sein könnte), und daß Normverletzungen Fortschritt befördern.

Merkwürdiger Einwand. Was sollte daraus folgen? Vergewaltigung ist gut, wenn es lange keine mehr gab, weil die dann Kooperation fördert? Aber klar, wenn das dem Fortschritt dient, dann ist das natürlich super, da kann man dann nichts gegen sagen.

step hat folgendes geschrieben:
- Es könnte sein, daß Deine Behauptung nur für bestimmte Normen gilt, nicht aber für alle (Bsp.: "die Frau soll in der Öffentlichkeit den Mund halten", "Abtreibung ist böse", ...)

Mit "Normen" habe ich hier solche im Sinn, die in einer Gesellschaft allgemeingültig festgelegt sind, z.B. im Grundgesetz, BGB, StGB.

step hat folgendes geschrieben:
2. Im Umkehrschluß wäre jemand nicht normtreu, weil er den mittelfristigen Nutzen der Normtreue für sich nicht erkennt oder als relativ gering einschätzt. Soll man nun von ihm irrationales (aka unfreies) Verhalten fordern?

Nö, lediglich normgerechtes Verhalten. Es ist ja letztlich auch seine Sache, ob er die Normen anerkennt und befolgt oder nicht. Er darf sich dann nur später nicht beklagen, wenn er so behandelt wird, wie er andere behandelt. Das ist alles.

#2086:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 19:57
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Wenn aber jemand zwar seine Handlungen kontrollieren kann, er aber es schlicht nicht einsehen will, wieso er das sollte, dann kann er auch keine besonderen, ausschließlich für sich geltenden Rechte beanspruchen ...

Der V. in meinem Fall beansprucht aber gerade keine Extrarechte: Er weiß, daß ihm von den Anderen das Recht zu vergewaltigen überhaupt nicht zugestanden wird. Er sieht vmtl. sogar ein, daß die Anderen zu verhindern versuchen, daß er vergewaltigt.

Solange er daraufhin keine Extrarechte beansprucht und solange auch Du keine Extrarechte für ihn verlangst, die auf einem Recht zur Selbstbestimmung oder einem Recht auf Leidfreiheit beruhen, die er für andere offensichtlich nicht akzeptiert, ist doch alles in Ordnung. Dann gibt es überhaupt kein Problem.

Ich fordere keinerlei "Extrarechte", denn in meinem Modell stehen dem Verbrecher primär dieselben Grundrechte zu wie vor der Tat und wie allen anderen Menschen auch. Eine Einschränkung dieser Rechte (z.B. durch Auspeitschen oder Einsperren) müßte gesondert begründet werden, und zwar mindestens in bezug auf einen allgemeinen Nutzen. Du aber scheinst implizit eine Art Recht auf Vergeltung (gar von Gleichem mit Gleichem) der "Schuld" vorauszusetzen oder zu fordern, das Du aber noch nie vernünftig begründet hast. Siehe unten.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... ich halte Menschen grundsätzlich für fähig, ihre Handlungen zu kontrollieren und daher halte ich es auch für berechtigt, ihnen Normverletzungen zuzuschreiben und vorzuhalten ...

- Nochmal: Du meinst nicht nur "ihre Handlungen zu kontrollieren", sondern "ihre Präferenzen zu kontrollieren"

Ja, eine Präferenz ist ja keine Determination. Wenn jemand die Präferenz dazu hat, zu vergewaltigen, muss er das deswegen noch lange nicht tun. Er kann diese Präferenz kontrollieren, ja, genau, das meine ich.

Das kann er nur, wenn er eine noch stärkere Präferenz dagegen hat (z.B. seinen Eltern zu gefallen, Angst vor Strafe, oder auch wenn er einen Nutzen für sich darin sieht).

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] den mittelfristigen Nutzen der Normtreue [...]. Daraus ergeben sich folgende Einwände:

1. Es ist zweifelhaft, ob das mit dem Nutzen überhaupt der Fall ist.

- Es gibt Untersuchungen, daß einzelne Normverletzer die allgemeine Kooperation stärken (unklar ist, ob dies ein Argument für vergeltende Bestrafung sein könnte), und daß Normverletzungen Fortschritt befördern.
Merkwürdiger Einwand. Was sollte daraus folgen? Vergewaltigung ist gut, wenn es lange keine mehr gab, weil die dann Kooperation fördert? Aber klar, wenn das dem Fortschritt dient, dann ist das natürlich super, da kann man dann nichts gegen sagen.

Ich hoffe, die Mitleser erkennen die billige Hetze.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Es könnte sein, daß Deine Behauptung nur für bestimmte Normen gilt, nicht aber für alle (Bsp.: "die Frau soll in der Öffentlichkeit den Mund halten", "Abtreibung ist böse", ...)
Mit "Normen" habe ich hier solche im Sinn, die in einer Gesellschaft allgemeingültig festgelegt sind, z.B. im Grundgesetz, BGB, StGB.

Das ändert nicht viel am Prinzip: Ob es z.B. für einen Hartz-IV-Empfänger mittelfristig nützlich ist, daß unsere Bundesregierung durch eine Volksvertretung aus Parteikarrieristen und Lobbyisten gewählt wird? Da gibt es unterschiedlichste Ansichten, aber nur eine Norm. Oder die Förderung von Ehen. Oder die Normen nationalen Eigeninteresses ... worauf ich hinauswill: Meines Erachtens ist die Beachtung der Normen höchstens für die Gemeinschaft nützlich, und wenn überhaupt daher nur im Mittel für den Einzelnen, oft aber nicht für das konkrete Individuum. Um also einsichtig zu sein, muß das Individuum bereits eine gewisse "Eichung" auf das Gesamtwohl mitbringen, es soll sich auch dann an Normen halten, wenn es auch mittelfristig keinen persönlichen Nutzen davon hat.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
2. Im Umkehrschluß wäre jemand nicht normtreu, weil er den mittelfristigen Nutzen der Normtreue für sich nicht erkennt oder als relativ gering einschätzt. Soll man nun von ihm irrationales (aka unfreies) Verhalten fordern?
Nö, lediglich normgerechtes Verhalten.

Eben. Es ist Dir nämlich letztlich doch primär egal, ob er so handelt, weil er es rational und "frei" entschieden hat, oder ob er einfach nur "spurt".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ist ja letztlich auch seine Sache, ob er die Normen anerkennt und befolgt oder nicht.

Das sehe ich genau gegenteilig: Es ist von Beginn an eher die Sache der Gemeinschaft, daß er die Normen befolgt. Tut er es nicht, muß die Gemeinschaft in diese Richtung korrigierend, präventiv tätig werden. Seine Sache dagegen ist, ob er Erdbeer oder Aprikose drauftut.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er darf sich dann nur später nicht beklagen, wenn er so behandelt wird, wie er andere behandelt.

Es geht aber überhaupt nicht darum, ob er sich beklagen darf (abgesehen davon darf er es mE sogar), sondern ob die Gemeinschaft eine Begründung (einen Nutzen für ein allgemeinses Ziel) dafür angeben kann, dasselbe Fehlverhalten zur Vergeltung noch einmal auszuüben.

#2087:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 27.01.2010, 21:40
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Der V. in meinem Fall beansprucht aber gerade keine Extrarechte: Er weiß, daß ihm von den Anderen das Recht zu vergewaltigen überhaupt nicht zugestanden wird. Er sieht vmtl. sogar ein, daß die Anderen zu verhindern versuchen, daß er vergewaltigt.

Solange er daraufhin keine Extrarechte beansprucht und solange auch Du keine Extrarechte für ihn verlangst, die auf einem Recht zur Selbstbestimmung oder einem Recht auf Leidfreiheit beruhen, die er für andere offensichtlich nicht akzeptiert, ist doch alles in Ordnung. Dann gibt es überhaupt kein Problem.

Ich fordere keinerlei "Extrarechte", denn in meinem Modell stehen dem Verbrecher primär dieselben Grundrechte zu wie vor der Tat und wie allen anderen Menschen auch. Eine Einschränkung dieser Rechte (z.B. durch Auspeitschen oder Einsperren) müßte gesondert begründet werden, und zwar mindestens in bezug auf einen allgemeinen Nutzen. Du aber scheinst implizit eine Art Recht auf Vergeltung (gar von Gleichem mit Gleichem) der "Schuld" vorauszusetzen oder zu fordern, das Du aber noch nie vernünftig begründet hast. Siehe unten.

Ach ja, "Dein Modell".

Niemandem steht "per se", einfach so, etwas zu. Es sei denn, man würde sich in einer Gesellschaft darauf einigen, als Selbstverpflichtung. Und eine solche halte ich bezüglich der unantastbaren Menschenwürde für sehr, sehr sinnvoll und gut begründbar, ja, aber dennoch ändert das nichts daran, dass das nicht per se "zusteht", einfach so. Herrje, Du müsstest doch der erste Mensch auf dieser Welt sein, der da zustimmt, Du legst doch immer so einen gewaltigen Wert darauf, dass Rechte zugewiesen werden und nicht "einfach so" existieren.

Oder mal anders gesagt: wenn ein Recht zusteht, dann bedeutet das, dass dieses Recht auch durchgesetzt werden muss. Wird es das nicht, existiert es nicht. Es wäre zum Beispiel sinnlos, zu sagen, wir gestehen ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zu, dann aber Vergewaltigung nicht zu ahnden. Dieses Recht existierte dann schlicht nicht, wäre nur wohlfeiles Geschwätz auf einem Blatt Papier, mehr nicht.

Und gänzlich absurd wird es doch dann, falls jemand das nicht akzeptiert und Selbstjustiz an dem Vergewaltiger übt, wenn man dann sagte: das darfst Du jetzt aber nicht, das ist böse, dafür bestrafen wir dich jetzt. Die Botschaft wäre: vergewaltigen ist nicht böse, da kann keiner was dafür, aber Selbstjustiz ist es, da kann man was dafür.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Nochmal: Du meinst nicht nur "ihre Handlungen zu kontrollieren", sondern "ihre Präferenzen zu kontrollieren"

Ja, eine Präferenz ist ja keine Determination. Wenn jemand die Präferenz dazu hat, zu vergewaltigen, muss er das deswegen noch lange nicht tun. Er kann diese Präferenz kontrollieren, ja, genau, das meine ich.

Das kann er nur, wenn er eine noch stärkere Präferenz dagegen hat (z.B. seinen Eltern zu gefallen, Angst vor Strafe, oder auch wenn er einen Nutzen für sich darin sieht).

Irgendwelche Gründe muss es dafür schon geben, sicher, wenn jemand etwas nur einfach so wegen zufälliger Umstände machen würde, dann würde das sicherlich nicht seiner Kontrolle unterliegen können.

Er kann es, wenn er in der Lage dazu ist, halbwegs vernüftige Überlegungen anzustellen. Und das kann jeder durchschnittliche erwachsene Mensch, ich wüsste jedenfalls nichts, was dagegen spricht. Determination jedenfalls nicht, die ist notwendige Voraussetzung. Oder es gibt endlich, endlich mal einen plausiblen Grund dafür, wieso Determination Selbstkontrolle einschränken könnte und wie Indetermination Kontrolle erhöhen könnte. Das wäre wirklich mal ganz zauberhaft.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] den mittelfristigen Nutzen der Normtreue [...]. Daraus ergeben sich folgende Einwände:

1. Es ist zweifelhaft, ob das mit dem Nutzen überhaupt der Fall ist.

- Es gibt Untersuchungen, daß einzelne Normverletzer die allgemeine Kooperation stärken (unklar ist, ob dies ein Argument für vergeltende Bestrafung sein könnte), und daß Normverletzungen Fortschritt befördern.
Merkwürdiger Einwand. Was sollte daraus folgen? Vergewaltigung ist gut, wenn es lange keine mehr gab, weil die dann Kooperation fördert? Aber klar, wenn das dem Fortschritt dient, dann ist das natürlich super, da kann man dann nichts gegen sagen.

Ich hoffe, die Mitleser erkennen die billige Hetze.

Sehr witzig. Das ist einfach die logische Folgerung aus Deinem Einwand. Eine Vergewaltigung ist eine Normverletzung. Und wenn Normverletzungen die allgemeine Kooperation fördern und Fortschritt befördern, dann tut das auch eine Vergewaltigung. Wenn sie denn eine Normverletzung ist und wenn sie "einzeln" vorkommt. Du wirst Dich doch wohl hoffentlich nicht der Logik entziehen wollen, nur weil ich Deinen Satz konkretisiert habe.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Es könnte sein, daß Deine Behauptung nur für bestimmte Normen gilt, nicht aber für alle (Bsp.: "die Frau soll in der Öffentlichkeit den Mund halten", "Abtreibung ist böse", ...)
Mit "Normen" habe ich hier solche im Sinn, die in einer Gesellschaft allgemeingültig festgelegt sind, z.B. im Grundgesetz, BGB, StGB.

Das ändert nicht viel am Prinzip: Ob es z.B. für einen Hartz-IV-Empfänger mittelfristig nützlich ist, daß unsere Bundesregierung durch eine Volksvertretung aus Parteikarrieristen und Lobbyisten gewählt wird? Da gibt es unterschiedlichste Ansichten, aber nur eine Norm. Oder die Förderung von Ehen. Oder die Normen nationalen Eigeninteresses ... worauf ich hinauswill: Meines Erachtens ist die Beachtung der Normen höchstens für die Gemeinschaft nützlich, und wenn überhaupt daher nur im Mittel für den Einzelnen, oft aber nicht für das konkrete Individuum. Um also einsichtig zu sein, muß das Individuum bereits eine gewisse "Eichung" auf das Gesamtwohl mitbringen, es soll sich auch dann an Normen halten, wenn es auch mittelfristig keinen persönlichen Nutzen davon hat.

Ja, genau, es ist im Mittel für den Einzelnen nützlich, nicht immer, nicht in jedem Einzelfall. Das ist unvermeidbar in einer pluralistischen Gesellschaft. Nur gibt es Normen nun mal nur im Paket, es kann natürlich nicht erlaubt werden, dass sich jeder die ihm genehmen herauspickt. Denn dann hätte keine Norm Bestand, dann wäre es besser, gleich darauf zu verzichten, überhaupt Normen aufzustellen, dann wäre eine Gesellschaft ohne Gesetze besser, eine Gesellschaft, in der sich niemand an Regeln hält und das auch nicht verlangt wird.

Solche Normen sind aber keineswegs ewig gültig, die können geändert werden, durch Übereinkunft der Individuen, die die Gesellschaft letztlich ja ausmachen.

Und natürlich würde sich ein Individuum letztlich irrational verhalten, wenn es in den Normen in der Summe einen Nachteil für sich sähe und die dennoch akzeptieren würde und nicht alles dafür tun würde, dass die Normen in seinem Sinne geändert würden. Oder auswandern, in eine Gesellschaft, in der seine von ihm gewünschten Normen verwirklicht sind.

Würde ich ja auch so machen, wenn z.B. der für mich wichtige Wert "Selbstbestimmung" für irrelevant erklärt werden würde.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
2. Im Umkehrschluß wäre jemand nicht normtreu, weil er den mittelfristigen Nutzen der Normtreue für sich nicht erkennt oder als relativ gering einschätzt. Soll man nun von ihm irrationales (aka unfreies) Verhalten fordern?
Nö, lediglich normgerechtes Verhalten.

Eben. Es ist Dir nämlich letztlich doch primär egal, ob er so handelt, weil er es rational und "frei" entschieden hat, oder ob er einfach nur "spurt".

Nö, mir ist Selbstbestimmung sehr wichtig und ich befürworte jede Maßnahme, die die steigert und ich lehne jede Maßnahme ab, die die einschränkt.

Es wäre ja auch wenig konsistent, wenn ich die nur für mich wichtig hielte und sie anderen vorenthalten wollte.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es ist ja letztlich auch seine Sache, ob er die Normen anerkennt und befolgt oder nicht.

Das sehe ich genau gegenteilig: Es ist von Beginn an eher die Sache der Gemeinschaft, daß er die Normen befolgt. Tut er es nicht, muß die Gemeinschaft in diese Richtung korrigierend, präventiv tätig werden. Seine Sache dagegen ist, ob er Erdbeer oder Aprikose drauftut.

Du hältst einen persönlichen Vorwurf also immer für falsch, Du hältst immer die Gesellschaft / Gemeinschaft für Normverstöße für verantwortlich? Es gibt keine persönliche Verantwortung für das, was man tut? Aber besteht eine Gemeinschaft nicht aus Individuen, an wen richtet sich dann überhaupt Deine Anforderung? An eine gesichtslose Masse, nie an einen Einzelnen?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er darf sich dann nur später nicht beklagen, wenn er so behandelt wird, wie er andere behandelt.

Es geht aber überhaupt nicht darum, ob er sich beklagen darf (abgesehen davon darf er es mE sogar), sondern ob die Gemeinschaft eine Begründung (einen Nutzen für ein allgemeinses Ziel) dafür angeben kann, dasselbe Fehlverhalten zur Vergeltung noch einmal auszuüben.

Woraus folgt das? Aus einer Selbstverpflichtung moralischer Subjekte? Wenn ja: dann stimme ich zu. Aber ich stimme nicht zu, wenn Du das als einfach so gegeben, als Naturmäßig oder wie auch immer proklamierst.

Es gibt eine Selbstverpflichtung unserer Gesellschaft bezüglich der Menschenwürde und die finde ich gut, ich wäre der Allerletzte, der die anzweifeln würde.

Jemand vergewaltigt, das bedeutet, er verletzt eine ganz grundlegende Norm in unserer Gesellschaft: das Recht auf Selbstbestimmung. Dafür darf er mE bestraft werden, die Normverletzung muss nicht einfach so hingenommen werden, nur weil er sie nicht einsieht. Und er hat kein Argument dafür, warum er nicht bestraft werden darf, er kann nicht an die Selbstverpflichtung zur Einhaltung der Menschenwürde appellieren, denn die beinhaltet nun mal nicht das Recht auf Nichtbestrafung. Dürfte er nicht bestraft werden, mit der Begründung, sein Selbstbestimmungsrecht sei wichtiger als das des Opfers, dann existierte jedoch die Norm "Selbstbestimmung ist wichtig" nicht mehr.

#2088:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 28.01.2010, 22:41
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Niemandem steht "per se", einfach so, etwas zu.

Stimmt, ich habe aus Versehen Deinen falschen Ausdruck wiederverwendet.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es wäre zum Beispiel sinnlos, zu sagen, wir gestehen ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zu, dann aber Vergewaltigung nicht zu ahnden.

Das sehe ich wirklich anders. Das Zugestehen eines Rechtes müßte einfach bedeuten, daß wir uns anstrengen, seinen Bruch zu verhindern. Ob eine Ahndung (Bestrafung) eines in der Vergangenheit geschehenen Verbrechens der Realisierung zugestandener Rechte förderlich ist, ist begründungspflichtig und mE oft nicht gegeben.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[...] den mittelfristigen Nutzen der Normtreue [...]. Daraus ergeben sich folgende Einwände:

1. Es ist zweifelhaft, ob das mit dem Nutzen überhaupt der Fall ist.

- Es gibt Untersuchungen, daß einzelne Normverletzer die allgemeine Kooperation stärken (unklar ist, ob dies ein Argument für vergeltende Bestrafung sein könnte), und daß Normverletzungen Fortschritt befördern.
Merkwürdiger Einwand. Was sollte daraus folgen? Vergewaltigung ist gut, wenn es lange keine mehr gab, weil die dann Kooperation fördert? Aber klar, wenn das dem Fortschritt dient, dann ist das natürlich super, da kann man dann nichts gegen sagen.

Ich hoffe, die Mitleser erkennen die billige Hetze.

Sehr witzig. Das ist einfach die logische Folgerung aus Deinem Einwand. Eine Vergewaltigung ist eine Normverletzung. Und wenn Normverletzungen die allgemeine Kooperation fördern und Fortschritt befördern, dann tut das auch eine Vergewaltigung. Wenn sie denn eine Normverletzung ist und wenn sie "einzeln" vorkommt. Du wirst Dich doch wohl hoffentlich nicht der Logik entziehen wollen, nur weil ich Deinen Satz konkretisiert habe.

Keineswegs. Dabei habe ich nur einen Umstand genannt, der Deine langfristige Nutzenbewertung infragestellt. Aber Du hast mir unterstellt, ich würde dem Fortschritt oder der evolutionären Stabilität zuliebe Vergewaltigungen gut finden, wie Du überhaupt oft sehr tendenziös formulierst.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... es ist im Mittel für den Einzelnen nützlich, nicht immer, nicht in jedem Einzelfall. Das ist unvermeidbar in einer pluralistischen Gesellschaft. ... Und natürlich würde sich ein Individuum letztlich irrational verhalten, wenn es in den Normen in der Summe einen Nachteil für sich sähe und die dennoch akzeptieren würde und nicht alles dafür tun würde, dass die Normen in seinem Sinne geändert würden. Oder auswandern, in eine Gesellschaft, in der seine von ihm gewünschten Normen verwirklicht sind.

Schon richtig. Aber meine Kritik gilt darüberhinaus selbst der Behauptung, es gebe immer einen mittelfristigen Nutzen für die Allgemeinheit, wenn der Einzelne Normen einhält. Mehr Beispiele für Probleme mit der Behauptung des mittelfristigen Nutzens der Normtreue:

- Überbevölkerung: Haben die ersten Verletzer der Vermehrungsnorm mittelfristig nützlich oder schädlich gehandelt?

- Lüge: Eine Kulturtugend, ohne die es nach Ansicht vieler Forscher gar nicht funktionieren würde.

- Steuerhinterziehung: Es bleibt etwas mehr übrig, das für einen guten Zweck gespendet wird: mittelfristig nützlich oder schädlich?

- Diktatorenmord?

Es ist oft nicht leicht zu sagen, was überhaupt "mittelfristiger Nutzen" sein soll, und für wen. Konsequent zuende gedacht, bleibt letztlich nichts übrig von Deinem Kriterium, man müsse den konkreten Nutzen der Normtreue einsehen und handele dann trotz Manipulation "freiwillig".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
2. Im Umkehrschluß wäre jemand nicht normtreu, weil er den mittelfristigen Nutzen der Normtreue für sich nicht erkennt oder als relativ gering einschätzt. Soll man nun von ihm irrationales (aka unfreies) Verhalten fordern?
Nö, lediglich normgerechtes Verhalten.
Eben. Es ist Dir nämlich letztlich doch primär egal, ob er so handelt, weil er es rational und "frei" entschieden hat, oder ob er einfach nur "spurt".
Nö, mir ist Selbstbestimmung sehr wichtig und ich befürworte jede Maßnahme, die die steigert und ich lehne jede Maßnahme ab, die die einschränkt.

Inzwischen bist Du allerdings bei einer "Selbstbestimmung" angelangt, die nur noch darin besteht, einzusehen, daß man Normen per se folgen soll, weil sie eben Normen sind.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es ist von Beginn an eher die Sache der Gemeinschaft, daß er die Normen befolgt. Tut er es nicht, muß die Gemeinschaft in diese Richtung korrigierend, präventiv tätig werden. Seine Sache dagegen ist, ob er Erdbeer oder Aprikose drauftut.
Du hältst einen persönlichen Vorwurf also immer für falsch, ...

Kommt drauf an, was Du unter "persönlichem Vorwurf" verstehst. Es kann z.B. nützlich sein, dem Täter die Unerwünschtheit der Folgen seiner Tat vor Augen zu führen, wenn zu erwarten ist, daß diese Maßnahme sein Verhalten bessert, etwa indem er darüber nachdenkt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Du hältst immer die Gesellschaft / Gemeinschaft für Normverstöße für verantwortlich?

Häh? Nein, die Gesellschaft ist verantwortlich für (interessiert an) Verhinderung von Normverstößen. Du verwechselst ständig Aufgaben in Hinblick auf die Zukunft (etwa Prävention) mit irgendeinem mysteriösen nachträglichen Beschuldigungs- und Bestrafungsritual.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Aber besteht eine Gemeinschaft nicht aus Individuen, an wen richtet sich dann überhaupt Deine Anforderung? An eine gesichtslose Masse, nie an einen Einzelnen?

Eine Gemeinschaft besteht aus Individuen, gibt sich aber Strukturen und beauftragt "Organe" (heißen auch so) z.B. mit präventiven Aufgaben. Und wie schon x-mal geschrieben, ja, sie weist einzelnen Personen Verantwortung zu, in dem Sinne, daß sie von diesen Personen konformes Verhalten erwartet.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Er darf sich dann nur später nicht beklagen, wenn er so behandelt wird, wie er andere behandelt.
Es geht aber überhaupt nicht darum, ob er sich beklagen darf (abgesehen davon darf er es mE sogar), sondern ob die Gemeinschaft eine Begründung (einen Nutzen für ein allgemeinses Ziel) dafür angeben kann, dasselbe Fehlverhalten zur Vergeltung noch einmal auszuüben.
Woraus folgt das? Aus einer Selbstverpflichtung moralischer Subjekte? Wenn ja: dann stimme ich zu. Aber ich stimme nicht zu, wenn Du das als einfach so gegeben, als Naturmäßig oder wie auch immer proklamierst.

Weder noch. Es folgt aus einer Bedingung, von der ich dachte, daß Du sie für ebenso sinnvoll wie ich hältst: Der rationalen Nachvollziehbarkeit. Natürlich ist auch das kein Absolutum, sondern eher eine Art "Grundwert der Aufklärung". Man könnte diese Basis hinterfragen und etwa fordern, sich einer intuitiveren Ethik (auch mit Rache und so) hinzugeben.

#2089:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 28.01.2010, 22:58
    —
Ich fasse mal Deine Argumentation, so wie ich sie verstehe, zusammen:

1. Definition: 'frei' = unabhängig = indeterminiert.
2. Unsere Welt ist determiniert (zumindest im Mesokosmos).
3. Daraus folgt: es gibt in unserer Welt keine Freiheit.
4. Um jemandem berechtigt eine Entscheidung und eine Handlung vorwerfen zu dürfen, muss derjenige dafür etwas können und das kann er nur, wenn er frei ist im Sinne von 1.
5. Die Auffassung, es gäbe Subjekte, die ihre Entscheidungen und Handlungen kontrollieren könnten, ist falsch, eine Illusion; in Wirklichkeit laufen nur Kausalketten ab und das steht aus irgend einem unerfindlichen Grunde in einem Gegensatz zu der Auffassung der Selbstkontrolle.

So weit, so gut erst mal. Betrachten wir nur diese 5 Punkte, dann ergibt sich daraus folgerichtig und unausweichlich Fatalismus: alles ist so, wie es ist; kam, wie es kam; kommt, wie es kommen wird und wir haben keine Einflussmöglichkeit, wir sind irgendwie geheimnisvolle von der Welt getrennte Homunkuli, die nur beobachten können, mehr nicht.

Nun gefällt Dir Fatalismus aber gar nicht, Du möchtest ja Forderungen nach einem Sollen stellen. Und solche Forderungen benötigen dringend einen Ansprechpartner, einen, der die Forderungen verstehen und umsetzen kann, einen, der handlungsfähig ist. Denn Sollen impliziert Können.

Also geht es noch weiter:

6. Individuen als Einzelne sind zwar nicht frei, aber es gibt dennoch ein Subjekt, das seine Handlungen kontrollieren und die Zukunft in seinem Sinne beeinflussen kann, das Adressat für Deinen Appell ist: die Gesellschaft. Die Gesellschaft ist an allem schuld, was Menschen tun; diese selber als Individuen jedoch nie, bei ihnen läuft alles nur ab, wie in einem Uhrwerk, mit sich selber als Beobachter.


Und da springt nun ein kleines logisches Problem sofort ins Auge, meine ich: wenn 1 - 4 richtig sind, dann kann 6 nicht richtig sein. Das ist ein Widerspruch. Und umgekehrt: wenn 6 richtig ist, dann können nicht 1 - 4 richtig sein, aber dann hast Du kein Argument mehr dafür, warum man einem Individuum nichts vorwerfen darf und darauf basiert doch Dein ganzes Modell.

#2090:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.01.2010, 18:55
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Betrachten wir nur diese 5 Punkte, dann ergibt sich daraus folgerichtig und unausweichlich Fatalismus ...

Nein, daraus folgt nicht Fatalismus, allerhöchstens erlaubt es Fatalismus.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nun gefällt Dir Fatalismus aber gar nicht, Du möchtest ja Forderungen nach einem Sollen stellen. Und solche Forderungen benötigen dringend einen Ansprechpartner, einen, der die Forderungen verstehen und umsetzen kann, einen, der handlungsfähig ist.

Genau, so isses.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Also geht es noch weiter:

6. Individuen als Einzelne sind zwar nicht frei, aber es gibt dennoch ein Subjekt, das seine Handlungen kontrollieren und die Zukunft in seinem Sinne beeinflussen kann, das Adressat für Deinen Appell ist: die Gesellschaft. Die Gesellschaft ist an allem schuld, was Menschen tun; diese selber als Individuen jedoch nie, bei ihnen läuft alles nur ab, wie in einem Uhrwerk, mit sich selber als Beobachter.

Nö, da hast Du was falsch verstanden:

- Auch Individuen können andere Individuen beeinflussen bzw. an sie appellieren.

- Die Gesellschaft ist genausowenig "schuld" wie die Individuen, sie repräsentiert und realisiert nur die moralischen Forderungen (Zuweisung von Verantwortung für die Zukunft) an das Individuum. Sie ist selbst kein Subjekt (jedenfalls die menschliche Ges. nicht), weil sie kein Selbstmodell ausbildet, aber sie ist ein abstrakter Akteur, dessen Aktionen sich durch gesellschaftliche Organe konkretisieren, z.B. Schulen oder Polizei.

Die Gesellschaft habe ich überhaupt nur erwähnt, weil ich diejenige Entität benennen wollte, die bei uns üblicherweise präventive und gesetzgebende Aufgaben übernimmt.

#2091:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.01.2010, 20:23
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Betrachten wir nur diese 5 Punkte, dann ergibt sich daraus folgerichtig und unausweichlich Fatalismus ...

Nein, daraus folgt nicht Fatalismus, allerhöchstens erlaubt es Fatalismus.

Nein, wenn man die Punkte 1 - 5 oben so akzeptiert, dann folgt daraus mAn unabwendbar Fatalismus (-> man kann selber beabsichtigt / geplant den Lauf der Welt nicht ändern, weder für sich, noch für andere, alles wird unbeeinflussbar so kommen, wie es kommen wird).

Wie genau würdest Du die Punkte umformulieren (war ja nur ein vorläufiger Vorschlag, so wie ich meine, dass Du das siehst)?

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nun gefällt Dir Fatalismus aber gar nicht, Du möchtest ja Forderungen nach einem Sollen stellen. Und solche Forderungen benötigen dringend einen Ansprechpartner, einen, der die Forderungen verstehen und umsetzen kann, einen, der handlungsfähig ist.

Genau, so isses.

Ja, und zwar einen, der Anweisungen nicht nur als unabwendbare Programmierung ausführt (Knöpfchen drücken und die Anweisung gleich ausgeführt), sondern der es versteht und mit seinen Zielen in Übereinstimmung bringen kann und daraufhin die Gründe akzeptiert oder nicht, die Forderung anerkennt oder nicht.

step hat folgendes geschrieben:
- Auch Individuen können andere Individuen beeinflussen bzw. an sie appellieren.

Auch bewusst, gezielt und absichtlich? Wenn ja: warum kann man dann nicht sich selber beeinflussen? Wenn nein: wie sonst, wie kommt's, wie entsteht die Beeinflussung, was genau ist die Ursache dafür? Kann man nun Ursachen / Beeinflussungen erkennen und daraufhin ändern / justieren oder nicht? Kann man Normen bewerten oder nicht?

step hat folgendes geschrieben:
- Die Gesellschaft ist genausowenig "schuld" wie die Individuen, sie repräsentiert und realisiert nur die moralischen Forderungen (Zuweisung von Verantwortung für die Zukunft) an das Individuum. Sie ist selbst kein Subjekt (jedenfalls die menschliche Ges. nicht), weil sie kein Selbstmodell ausbildet, aber sie ist ein abstrakter Akteur, dessen Aktionen sich durch gesellschaftliche Organe konkretisieren, z.B. Schulen oder Polizei.

Sind moralische Forderungen und Rechtsnormen begründbar, auf ihren Nutzen hinterfragbar und somit gestaltbar? Wenn ja: das kann nicht die Gesellschaft als abstrakter Akteur leisten, das können nur solche Akteure, die ein Selbstmodell ausbilden können und sich daraufhin selber und alles andere auch (theoretisch unendlich weit) hinterfragen können, aufgrund dieser Fähigkeiten, oder?

Ist mir immer noch ziemlich unklar, auf was Du eigentlich hinauswillst, sorry. Im Prinzip (von Ausnahmen in beide Richtungen abgesehen) sind doch Menschen gleich in ihren Fähigkeiten zur Bewertung und Erkenntnis, oder?

Ich hatte Dich ja schon mal gefragt, ob Du meinst, es gäbe da einige Wenige, die viel besser alles erkennen und durchblicken könnten, weil nur sie den eigentlichen Durchblick haben. Aber da hattest Du mir zugestimmt, dass dem nicht so sei. Wie aber dann? Oder willst Du das wieder zurücknehmen und plädierst für eine Regierung durch eine kleine Elite? Oder meinst Du immer noch, dass Rechtsnormen objektiv, rein naturwissenschaftlich, ohne Beteiligung von Subjekten herausgefunden werden könnten?

#2092:  Autor: Mario HahnaWohnort: München BeitragVerfasst am: 29.01.2010, 20:55
    —
Bitte mehr Strohmänner!

#2093:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.01.2010, 21:25
    —
Wie bitte?

#2094:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.01.2010, 21:45
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... Betrachten wir nur diese 5 Punkte, dann ergibt sich daraus folgerichtig und unausweichlich Fatalismus ...

Nein, daraus folgt nicht Fatalismus, allerhöchstens erlaubt es Fatalismus.
Nein, wenn man die Punkte 1 - 5 oben so akzeptiert, dann folgt daraus mAn unabwendbar Fatalismus .

Nö. Das ist ein intuitiver Fehlschluss Deinerseits, vielleicht weil Du selbst Deine Motivation aus dem Glauben an den FreienWillen beziehst.

wikipedia hat folgendes geschrieben:
Unter Fatalismus versteht man eine Weltanschauung, die davon ausgeht, dass das Geschehen in Natur und Gesellschaft durch das Schicksal ... oder eine übergeordnete Macht ... unabänderlich bestimmt wird. Die Fügungen des Schicksals seien unausweichlich, der Wille des Menschen könne ihnen nichts entgegensetzen. ... Dieses Akzeptieren des für unvermeidlich gehaltenen Schicksals kann verschiedene Formen annehmen, von einem resignierten Hinnehmen des Unabänderlichen bis hin zur enthusiastischen Verherrlichung des Schicksals. ... Fatalismus, der ein vom menschlichen Handeln unbeeinflussbares Verhängnis annimmt.

Daß sämtliche Vorgänge, auch der menschliche Wille, komplett naturgesetzlich bestimmt sind, hat weder notwendig zur Folge, daß das menschliche Handeln den Lauf der Dinge nicht beinflusse, noch, daß man darüber resignieren oder enthusiastisch werden müsse.

Das menschliche Handeln beeinflußt den "Lauf" der Welt letztlich ebenso wie auch das tierische Handeln oder wie ein Vulkanausbruch. Es ist nur eben selbst wieder komplett verursacht.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie genau würdest Du die Punkte umformulieren (war ja nur ein vorläufiger Vorschlag, so wie ich meine, dass Du das siehst)?

Würde ich ungern machen, 5. müßte ich z.B. ganz weglassen. Und was Du immer mit Deiner Selbstkontrolle hast ... wir haben doch herausgearbeitet, daß Selbstkontrolle nichts anderes ist als erwünschte Präferenzen, die stärker sind als die unerwünschten. Eine Selbstkontrolle in diesem Sinne muß ich gar nicht ablehnen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nun gefällt Dir Fatalismus aber gar nicht, Du möchtest ja Forderungen nach einem Sollen stellen. Und solche Forderungen benötigen dringend einen Ansprechpartner, einen, der die Forderungen verstehen und umsetzen kann, einen, der handlungsfähig ist.
Genau, so isses.
Ja, und zwar einen, der Anweisungen nicht nur als unabwendbare Programmierung ausführt (Knöpfchen drücken und die Anweisung gleich ausgeführt), sondern der es versteht und mit seinen Zielen in Übereinstimmung bringen kann und daraufhin die Gründe akzeptiert oder nicht, die Forderung anerkennt oder nicht.

Na, das ist zwar ganz nett und vielleicht auch nützlich, aber nicht unbedingt logisch erforderlich. Tiere zum Beispiel sind ja auch keine Fatalisten, obwohl sie selten über Gründe nachdenken.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Auch Individuen können andere Individuen beeinflussen bzw. an sie appellieren.
Auch bewusst, gezielt und absichtlich? Wenn ja: warum kann man dann nicht sich selber beeinflussen? Wenn nein: wie sonst, wie kommt's, wie entsteht die Beeinflussung, was genau ist die Ursache dafür? Kann man nun Ursachen / Beeinflussungen erkennen und daraufhin ändern / justieren oder nicht? Kann man Normen bewerten oder nicht?

Hab ich doch längst geschrieben: Natürlich kann z.B. eine Präferenz A eine Entscheidung (oder einen Gedankengang) auslösen, in dessen kausaler Folge die Präferenz B geschwächt oder umgekehrt wird. Wenn Du das eine Selbstbeeinflussung nennen willst (da ja die Summe der Präferenzen als Blackbox das Selbst sein soll), dann habe ich nichts dagegen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
- Die Gesellschaft ist genausowenig "schuld" wie die Individuen, sie repräsentiert und realisiert nur die moralischen Forderungen (Zuweisung von Verantwortung für die Zukunft) an das Individuum. Sie ist selbst kein Subjekt (jedenfalls die menschliche Ges. nicht), weil sie kein Selbstmodell ausbildet, aber sie ist ein abstrakter Akteur, dessen Aktionen sich durch gesellschaftliche Organe konkretisieren, z.B. Schulen oder Polizei.
Sind moralische Forderungen und Rechtsnormen begründbar, auf ihren Nutzen hinterfragbar und somit gestaltbar?

Natürlich sind sie das. Wobei die Begründung aus spieltheoretischen Gründen letztlich bei einer "profanen" konsenten Präferenz endet. Jedenfalls in einer offenen Gesellschaft.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wenn ja: das kann nicht die Gesellschaft als abstrakter Akteur leisten, das können nur solche Akteure, die ein Selbstmodell ausbilden können und sich daraufhin selber und alles andere auch (theoretisch unendlich weit) hinterfragen können, aufgrund dieser Fähigkeiten, oder?

Natürlich, die (menschl.) "Gesellschaft" ist nur ein abstrakter Akteur und auch nur ein abstrakter Gesetzgeber und Philosoph. Sie steht in moralischen Zusammenhängen für einen Präferenzkonsens von Individuen. Oder so.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Im Prinzip (von Ausnahmen in beide Richtungen abgesehen) sind doch Menschen gleich in ihren Fähigkeiten zur Bewertung und Erkenntnis, oder?

Die Fähigkeiten folgen in etwa einer Normalverteilung, würde ich sagen. Also graduelle Unterschiede.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich hatte Dich ja schon mal gefragt, ob Du meinst, es gäbe da einige Wenige, die viel besser alles erkennen und durchblicken könnten, weil nur sie den eigentlichen Durchblick haben. Aber da hattest Du mir zugestimmt, dass dem nicht so sei.

Ja, sehe ich nach wie vor so.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wie aber dann? Oder willst Du das wieder zurücknehmen und plädierst für eine Regierung durch eine kleine Elite?

Geht es Dir jetzt nicht mehr um die Begründung von Bestrafung, sondern um den Prozeß der Normfindung? Wo ist das Problem, die Leute könnten doch alle handlungsfrei sein, an der Aushandlung ihrer Interessen mitzuwirken.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder meinst Du immer noch, dass Rechtsnormen objektiv, rein naturwissenschaftlich, ohne Beteiligung von Subjekten herausgefunden werden könnten?

Einige Rechtsnormen könnte man bereits aus den Voraussetzungen ableiten, daß es Wesen sind, die intelligent, ressourcenabhängig, begrenzt lebensfähig und auf Kooperation angewiesen sind. Andere wiederum spiegeln spezielle Präferenzen im Sinne des Zeitgeistes wider und könnnen deshalb von bewußten, intentionalen, kulturellen Subjekten relativ unvorhersagbar gewählt werden.

#2095:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 29.01.2010, 21:52
    —
Keine Ahnung, was Du willst, wie Du Dein Modell begründest und wo unsere Differenzen eigentlich liegen. Du weichst immer nur aus.

Ist mir aber auch jetzt egal.

Unterhalte Dich doch mit Mario Hahna, dann müsst Ihr auch keine Strohmänner austauschen. Dann könnt Ihr vom Urknall verursacht und dennoch konsent die wahre Wahrheit festlegen und Euch gegenseitig auf die Schulter klopfen.

#2096: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 30.01.2010, 12:10
    —
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Ascanius hat folgendes geschrieben:
Vielleicht wäre die angedachte "umständliche" Variante klarer gewesen: Wir können tun, was wir wollen (z.B. spazieren gehen), oder auch tun, was wir nicht wollen (z.B. eine Steuererklärung machen).


Wenn Du Dich selbst nicht nur als "bewußtes Ich", sondern auch Deine unbewußten Prozesse als Dir zugehörig betrachtest, hast Du recht. Dann ist das alles möglich.


Prozesse sind Zustandsänderungen von Dingen, und "meine unbewußten Prozesse" sind Zustandsänderungen meines Körpers - wie könnte ich sie <b>nicht</b> als "mir zugehörig" betrachen, ohne sofort mein Köfferchen für einen längeren Klapsenaufenthalt packen zu müssen?


.

Das können viele. Es gibt nicht wenige, die das Unbewußte für esoterischen Schwachsinn halten. Früher war die Anzahl derer noch größer.

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wenn Du Dich jedoch nur als "bewußtes Ich" betrachtest, hast Du in diesem Falle unrecht, da die Willensregungen bereits unbewußt initiiert sind.


Was soll denn das "bewußte Ich" überhaupt sein? "Ich" bin mein Körper! Einige meiner Zustandsänderungen werden mir bewußt, andere nicht.


Nein. Dein bewußtes Ich ist nur Teil Deines Körpers. Deine unbewußten Prozesse gehören zu Deinem Selbst. Manche sprechen auch vom "höheren Selbst" Gerade dieser Unterschied zwischen dem Bewußten (dem Ich/ Ego) und dem Unbewußten (dem Selbst) wird oft durcheinandergewürfelt, sodaß es zu Mißverständnissen kommt. Das Ich-Bewußtsein mit seiner geringen Informationsverarbeitungs-Bandbreite (von etwa 10-50 Bits pro Sekunde) ist gar nicht in der Lage die Prozesse des Unbewußten (Bandbreite von etwa 10 Milliarden Bits pro Sekunde) zu überschauen, gewchweige denn zu koordinieren.

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Wir ordnen Begriffe wie "Ich", "Selbst", "freier Wille", "Bewußtsein" etc. unterschiedlich zu und schon kommt es zum Streit.


Nur, wenn man es versäumt, sie rechtzeitig zu klären. Sollte das nicht gelingen oder kein Einvernehmen herzustellen sein, kann man sich jede Diskussion gleich ganz sparen.


Genau. Deshalb auch meine Erläuterung z.B. zu dem Unterschied Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes.

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Darüber hinaus tauscht die Wissenschaft alte philosophische und religiöse Begriffe durch neue aus oder übernimmt sie samt Sprachhoheit (wenn beispielweise früher jemand von "Bewußtsein als Schwingung" gesprochen hat, wurde er als esoterischer Esel beschimpft.


Wer solchen Quatsch von sich gibt, wird auch heute noch zurecht als esoterischer Esel beschimpft! "Bewußtsein" ist nämlich kein Ding sondern eine Äquivalenzklasse von Zustandsänderungen eines Dinges, und "Schwingungen" sind immer die Schwingungen von Dingen. "Bewußtsein als Schwingung" ist also nicht nur eine "metaphysische Mißformulierung" (Bunge), sondern ein echter ontologischer Kategorienfehler ("Reifikation").


Das sehe ich völlig anders. Philosophen, religiös Suchende, Poeten, Naturforschende etc. der Vergangenheit waren gar nicht in der Lage sich anders auszudrücken, weil die heutige Technik noch gar nicht vorhanden war. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse von heute sind m.E. viel zu wertvoll als sie auf dem Tablett der Arroganz und vermeintlicher Besserwisserei vor sich herzutragen.

Der gute Bunge scheint in naturwissenschaftlichen Fächern und in den Altsprachen an manchen Stellen nicht besonders aufmerksam gewesen zu sein. Wenn er schon so hehre Ausdrücke wie "metaphysische Mißformulierung" oder "ontologische Kategoriienfehler" gebraucht, sollte er sie wenigsten auch verstehen..

Allein die Tatsache, daß das "Seiende" sowohl als Wellenfunktion als auch als Teilchen betrachtet werden kann (Licht hat je nach Betrachtungsweise mal Wellen mal Teilcheneigenschaften, Materie hat je nach Betrachtungsweise ebenfalls beide Eigenschaften, von der String-Theorie und deren potentiellen Nachfolgern mal ganz abgesehen), sollte diesen guten Herrn aus seinem ontologischen Kategoriengefängnis, das er selbst geschaffen hat, befreien helfen.

Zitat:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Heutzutage ist das "40-Hertz-Neuronenfeuer" der Nervenzell-Ensembles ein ganz gewöhnlicher Ausdruck in den Neurowissenschaften.


Siehst Du wohl, hier geht es um <u>Dinge</u> wie Neuronen/Nervenzellen.


Nein es geht um deren gemeinsamen Schwingungszustand (vermutlich 40 Hertz), der aus den Neuronen erst das hervorbringt, was man Bewußtsein nennt (vielleicht so ähnlich wie ein Fernseher erst zu dem wird, was er ist, wenn die atomaren Bestandteile seines Bildgebungsverfahrens bestimmte Schwingungszustände einnehmen).

()

#2097: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.01.2010, 12:23
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
... Dein bewußtes Ich ist nur Teil Deines Körpers. Deine unbewußten Prozesse gehören zu Deinem Selbst. Manche sprechen auch vom "höheren Selbst" Gerade dieser Unterschied zwischen dem Bewußten (dem Ich/ Ego) und dem Unbewußten (dem Selbst) wird oft durcheinandergewürfelt, sodaß es zu Mißverständnissen kommt. Das Ich-Bewußtsein mit seiner geringen Informationsverarbeitungs-Bandbreite (von etwa 10-50 Bits pro Sekunde) ist gar nicht in der Lage die Prozesse des Unbewußten (Bandbreite von etwa 10 Milliarden Bits pro Sekunde) zu überschauen, gewchweige denn zu koordinieren.

Die Mißverständnisse kommen teilweise daher, daß "Selbst" und "Ich" in der Psychologie spezifisch besetzte Begriffe sind, während insbesondere "Selbst" in der Naturwissenschaft auch allgemeiner verwendet wird, wenn von einem selbstreferentiellen Zusammenhang die Rede ist. Aus kognitivwissenschaftlicher Sicht scheint es eher so:

- Der Körper prägt mittels des Gehirns ein Selbstmodell aus. Das bedeutet erstmal nur, daß im Gehirn ein Modell des Körpers von sich selbst existiert. Dieses ist zu großen Teilen unbewußt, und auch bei Tieren vorhanden.

- Wenn das Selbstmodell bewußt ist und außerdem auch ein Modell der Modellbildung beinhaltet (aka "man weiß, daß man auf sich selbst referenziert"), dann bildet sich als Teil des Selbstmodells eine personale Illusion, ein "Ich".

#2098: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.01.2010, 22:10
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
... Dein bewußtes Ich ist nur Teil Deines Körpers. Deine unbewußten Prozesse gehören zu Deinem Selbst. Manche sprechen auch vom "höheren Selbst" Gerade dieser Unterschied zwischen dem Bewußten (dem Ich/ Ego) und dem Unbewußten (dem Selbst) wird oft durcheinandergewürfelt, sodaß es zu Mißverständnissen kommt. Das Ich-Bewußtsein mit seiner geringen Informationsverarbeitungs-Bandbreite (von etwa 10-50 Bits pro Sekunde) ist gar nicht in der Lage die Prozesse des Unbewußten (Bandbreite von etwa 10 Milliarden Bits pro Sekunde) zu überschauen, gewchweige denn zu koordinieren.

Die Mißverständnisse kommen teilweise daher, daß "Selbst" und "Ich" in der Psychologie spezifisch besetzte Begriffe sind, während insbesondere "Selbst" in der Naturwissenschaft auch allgemeiner verwendet wird, wenn von einem selbstreferentiellen Zusammenhang die Rede ist. Aus kognitivwissenschaftlicher Sicht scheint es eher so:

- Der Körper prägt mittels des Gehirns ein Selbstmodell aus. Das bedeutet erstmal nur, daß im Gehirn ein Modell des Körpers von sich selbst existiert. Dieses ist zu großen Teilen unbewußt, und auch bei Tieren vorhanden.

- Wenn das Selbstmodell bewußt ist und außerdem auch ein Modell der Modellbildung beinhaltet (aka "man weiß, daß man auf sich selbst referenziert"), dann bildet sich als Teil des Selbstmodells eine personale Illusion, ein "Ich".


Nur ein weiterer kleiner Hinweis: Der Begriff "Selbst" stammt nicht aus den Naturwissenschaften. Auch nicht in *allgemeiner* Form.

Und der Rest, den Du bringst, ist nichts als Philosophie, gemixt mit Psychologie (Freud?) und hat mit Wissenschaft gar nichts mehr zu tun.

Mach' du lieber Deine Physik. Das ist das, was Du kannst und ansonsten gilt speziell für Dich der Spruch:

Schuster, bleib' bei Deinen Leisten! zwinkern


Skeptiker

#2099: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 30.01.2010, 22:58
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Nur ein weiterer kleiner Hinweis: Der Begriff "Selbst" stammt nicht aus den Naturwissenschaften. Auch nicht in *allgemeiner* Form.

Das hat auch niemand behauptet.

Vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Der Begriff "selbst" wird in der Sprache für alles mögliche verwendet, insbesondere auch in "auf sich selbst" weisenden Zusammenhängen, ähnlich wie auch "αὐτο" im Altgriechischen.

In dieser Bedeutung wird "selbst" (oder auch "eigen") in der Wissenschaft häufig verwendet, zum Beispiel "selbstorganisierende Netze", "selbstheilende Oberflächen", "selbstreferentielle Systeme", "->self" in Programmiersprachen usw.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... Mach' du lieber Deine Physik. Das ist das, was Du kannst ...

Danke. Immerhin.

#2100: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 30.01.2010, 23:31
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wenn das Selbstmodell bewußt ist und außerdem auch ein Modell der Modellbildung beinhaltet (aka "man weiß, daß man auf sich selbst referenziert"), dann bildet sich als Teil des Selbstmodells eine personale Illusion, ein "Ich".

Wenn man weiß, dass man auf sich selber referenziert, bedeutet das, dass man eine Illusion, d.h. eine Selbsttäuschung, ein Selbstbetrug, ist.

"Ich denke, also bin ich eine Illusion, also existiere ich nicht."

Ist klar. Klingt voll logisch.

#2101: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.01.2010, 00:00
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn das Selbstmodell bewußt ist und außerdem auch ein Modell der Modellbildung beinhaltet (aka "man weiß, daß man auf sich selbst referenziert"), dann bildet sich als Teil des Selbstmodells eine personale Illusion, ein "Ich".
Wenn man weiß, dass man auf sich selber referenziert, bedeutet das, dass man eine Illusion, d.h. eine Selbsttäuschung, ein Selbstbetrug, ist. "Ich denke, also bin ich eine Illusion, also existiere ich nicht." Ist klar. Klingt voll logisch.

Du hast meine umgangssprachliche Übersetzung ("man") und ein paar intuitive Begriffe genommen und daraus einen Strohmann und ein non-sequitur konstruiert. "Voll logisch" würde ich das nicht gerade nennen.

#2102: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 31.01.2010, 01:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Wenn das Selbstmodell bewußt ist und außerdem auch ein Modell der Modellbildung beinhaltet (aka "man weiß, daß man auf sich selbst referenziert"), dann bildet sich als Teil des Selbstmodells eine personale Illusion, ein "Ich".
Wenn man weiß, dass man auf sich selber referenziert, bedeutet das, dass man eine Illusion, d.h. eine Selbsttäuschung, ein Selbstbetrug, ist. "Ich denke, also bin ich eine Illusion, also existiere ich nicht." Ist klar. Klingt voll logisch.

Du hast meine umgangssprachliche Übersetzung ("man") und ein paar intuitive Begriffe genommen und daraus einen Strohmann und ein non-sequitur konstruiert. "Voll logisch" würde ich das nicht gerade nennen.

Eine 'Illusion' ist immer etwas, was nicht existiert, was man fälschlich für existierend ansieht.

Nun gut, ich weiß nicht, was für Dich "Ich" bedeutet, wie Du Dich selber siehst, vielleicht existiert das ja nicht, vielleicht unterliegst ja Du einer Illusion über Dich selber.

Nur kannst Du daraus schlicht keine Schlüsse auf andere ziehen, Du weißt gar nicht, was sie unter ihrem "Ich" verstehen.

Oder Du beziehst das überhaupt gar nicht auf Dich, sondern nur auf das, was Du meinst, was die anderen über sich meinen. Aber das kannst Du nicht tun, das hat keine Grundlage.

Du weißt nicht, wie die anderen sich sehen. Ganz einfach. Strohmann. Rede nur von Dir, dann passt es vielleicht.

#2103: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.01.2010, 10:36
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine 'Illusion' ist immer etwas, was nicht existiert, was man fälschlich für existierend ansieht.

Ja, oder eine bestimmte phänomenale Eigenschaft ist nicht wirklich, z.B. Filmbilder als solche sind zwar wirklich, aber die suggerierte Situativität ist eine Illusion.

Und ähnlich ist es mE mit dem "Selbst". "Wir" (also eigentlich die individuellen Ego-Maschinen) verwechseln uns ständig mit unserem Selbstmodell. Ähnlich wie Metzinger bin ich der Ansicht, daß man das neurokomputional verstehen wird und bereits jetzt empirisch belegen kann, z.B. durch Störungen des Selbstmodells. Ein Beispiel für letzteres ist die sog. Gummihandillusion, bei der das Gefühl der "Meinigkeit" auf ein fremdes Objekt umgelenkt wird.

#2104: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 31.01.2010, 11:43
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine 'Illusion' ist immer etwas, was nicht existiert, was man fälschlich für existierend ansieht.

Ja, oder eine bestimmte phänomenale Eigenschaft ist nicht wirklich, z.B. Filmbilder als solche sind zwar wirklich, aber die suggerierte Situativität ist eine Illusion.

Und ähnlich ist es mE mit dem "Selbst". "Wir" (also eigentlich die individuellen Ego-Maschinen) verwechseln uns ständig mit unserem Selbstmodell. Ähnlich wie Metzinger bin ich der Ansicht, daß man das neurokomputional verstehen wird und bereits jetzt empirisch belegen kann, z.B. durch Störungen des Selbstmodells. Ein Beispiel für letzteres ist die sog. Gummihandillusion, bei der das Gefühl der "Meinigkeit" auf ein fremdes Objekt umgelenkt wird.


Das ist irrelevant!
auch massive Störungen des "Selbstmodells" - ich denk mal ab Neurosen beinhalten reale also echtes Verhalten - die dann lediglich als "gestört" gegenüber den für "normal" beschriebenem Verhalten auffällig werden.

Es gibt auch bei den Selbstmodellen keine exclusiven Zugang zu dem was jedes Individuum als Wirklichkeit interpretiert.

oder kurz,
Illusionen sind echte Möglichkeiten ... also Freiheitsgrade dessen was gedacht werden kann.
Die fatalen oder sinnlosen Möglichkeiten sollten sich dann eh von alleine "darwinieren" ( Lachen )

#2105: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 31.01.2010, 12:39
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine 'Illusion' ist immer etwas, was nicht existiert, was man fälschlich für existierend ansieht.
Ja, oder eine bestimmte phänomenale Eigenschaft ist nicht wirklich, z.B. Filmbilder als solche sind zwar wirklich, aber die suggerierte Situativität ist eine Illusion.

Und ähnlich ist es mE mit dem "Selbst". "Wir" (also eigentlich die individuellen Ego-Maschinen) verwechseln uns ständig mit unserem Selbstmodell. Ähnlich wie Metzinger bin ich der Ansicht, daß man das neurokomputional verstehen wird und bereits jetzt empirisch belegen kann, z.B. durch Störungen des Selbstmodells. Ein Beispiel für letzteres ist die sog. Gummihandillusion, bei der das Gefühl der "Meinigkeit" auf ein fremdes Objekt umgelenkt wird.
Das ist irrelevant! auch massive Störungen des "Selbstmodells" - ich denk mal ab Neurosen beinhalten reale also echtes Verhalten - die dann lediglich als "gestört" gegenüber den für "normal" beschriebenem Verhalten auffällig werden.

Letzteres ist richtig, macht meine Aussage aber nicht irrelevant. Das Verständnis von Störungen ist gut geeignet, um ein Licht auf den "nomalen" Mechanismus zu werfen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Es gibt auch bei den Selbstmodellen keine exclusiven Zugang zu dem was jedes Individuum als Wirklichkeit interpretiert.

Diesen Einwand von AP in Richtung Qualiaproblem habe ich bewußt ignoriert, da ich ihn für eine philosophische Ausrede halte. Die Irrelevanz des Qualiaproblems kann man zudem besser an weniger komplexen Wahrnehmungen zeigen, anstatt sie mit den komplexen Fragen nach der Natur des Selbstmodells zu vermischen.

Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
oder kurz, Illusionen sind echte Möglichkeiten ... also Freiheitsgrade dessen was gedacht werden kann. Die fatalen oder sinnlosen Möglichkeiten sollten sich dann eh von alleine "darwinieren" ( Lachen )

Wenn ich Dich richtig verstehe, stellt Du hier die Frage, warum die personale Illusion noch nicht wegoptimiert wurde bzw. welchen Nutzen sie hat, wenn es doch eine Illusion ist. Diese Frage stellt sich natürlich auch Metzinger und versucht eine Antwort.

#2106: Re: Ich/Selbst bzw. Bewußtes/Unbewußtes Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 31.01.2010, 13:28
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Eine 'Illusion' ist immer etwas, was nicht existiert, was man fälschlich für existierend ansieht.

Ja, oder eine bestimmte phänomenale Eigenschaft ist nicht wirklich, z.B. Filmbilder als solche sind zwar wirklich, aber die suggerierte Situativität ist eine Illusion.

Und ähnlich ist es mE mit dem "Selbst". "Wir" (also eigentlich die individuellen Ego-Maschinen) verwechseln uns ständig mit unserem Selbstmodell. Ähnlich wie Metzinger bin ich der Ansicht, daß man das neurokomputional verstehen wird und bereits jetzt empirisch belegen kann, z.B. durch Störungen des Selbstmodells. Ein Beispiel für letzteres ist die sog. Gummihandillusion, bei der das Gefühl der "Meinigkeit" auf ein fremdes Objekt umgelenkt wird.

Ein Film ist eine Abbildung eines realen oder eines erdachten Geschehens. So wie ein Foto oder eine Landkarte. Eine Abbildung verweist auf etwas anderes, aber Illusionen sind sie deswegen noch lange nicht. Wären sie nur dann, falls jemand glauben würde, die jeweilige Abbildung sei identisch mit dem, was es abbildet.

Weder verwechseln "wir" uns mit unserem Selbstmodell, noch sind "wir" lediglich unser Selbstmodell, "wir" sind vollständige, erkennende, verstehende und handelnde Personen.

Diese Sichtweise ist unabänderbar und unhintergehbar und auch Du bist natürlich auf sie angewiesen. Sieht man in Deinem "'man' wird verstehen". Da muss es jemanden geben, der versteht und das sind "wir", keineswegs unser Selbstmodell, ein Modell kann nichts verstehen.

#2107:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 01.02.2010, 13:13
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
off topic

@ Tso Wang
hab hier im Thread AjWeiWei erwähnt,
evtl hast du ja den ethnischen Hintergrund um die Sach mit der "Idee" und der Semantik in Symbolsprachen zu erläutern ...
gerne auch pm bin ja nur neugierig, wie Nah-weit meine Vermutungen beim Schwarzen liegen.



.

Zu AjWeiWei kann ich nicht viel sagen. Falls Dich das altchinesische Denken und seine Sprache interessiert, kann ich Dir z.B. Alan Watts "Der Lauf des Wassers" empfehlen, wo er auf die ideographische Sprache des Chinesischen zu Sprechen kommt, die der Natur des zu Beschreibenden etwas näher kommt als eine lineare, streng alphabetische.

Aber man muss ja nicht in die Ferne schweifen. An modernen Flughäfen und Bahnhöfen begegnen wir bereits einer "neuen Symbolsprache", die fast jeder Reisende versteht (es gibt nur noch keine gemeinsame Aussprache, hihihi).

Wenn Du näheres über die Zeichentheorie bzw. Semiotik des Altchinesischen (Präsens/ Repräsentation) wissen möchtest, ist Hans-Georg Möllers "In der Mitte des Kreises" lesenswert, besonders das Kapitel "Eine Semiotik der Präsens - oder: Der Unterschied zwischen Dao und Gott."

()

#2108: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 01.02.2010, 13:19
    —
Karlchen hat folgendes geschrieben:
Heiner hat folgendes geschrieben:
Nun, die Überschrift ist vielleicht etwas zugespitzt formuliert, aber die neuesten Hinweise gegen einen freien Willen sind wirklich sensationell:

"Forscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wForscher haben anhand der Hirnaktivitäten sieben Sekunden vor der vermeintlich bewussten Wahl vorhergesagt, wofür sich ein Mensch entschieden hat. vofür sich ein Mensch entschieden hat.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,547074,00.html"

Das traditionelle Konzept "Willensfreiheit" bröckelt...

Unabhängig davon, dass ich diese "Forchungsergebnisse" sehr stark anzweifle:
Man nehme mal an, es gäbe keine Willensfreiheit. Dann wäre jedes Handeln dadurch entschuldbar, dass man nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann. Liege ich da falsch?



.

Da liegst Du falsch. Ich habe bereits mehrfach erwähnt, daß das Experiment von Libet ein sogenanntes "Vetorecht" (wie er es selbst nennt) zuläßt. Das Bewußtsein besitzt eine "Freiheit des Nichtwollens"; es kann sozusagen aus der "Speisekarte", die sein "unbewußter Kellner" ihm präsentiert, die Serviervorschläge ablehnen oder annehmen.

Der "unbewußte Kellner" wiederum ist eng mit der Umwelt (Küche) verbunden (um ein vielfaches enger als das Bewußtsein). Sorry, ich rede gern in Bildern.

Die Serviervorschläge wären in diesem Bild nichts anderes als neurologische Korrelate (oder auch Engramme) der Umwelt, die um eine "Aufführung" auf der "Bühne des 40-Hertz-Bewußtseins" konkurrieren. Die "fittesten Korrelate" erreichen diesen Platz, die "schwächeren" dümpeln weiterhin im "Trüben des Unbewußten" ihr Dasein. Das ist bisher alles nur Theorie, aber recht elegant, meine ich.

Was das moralische Handeln anbelangt, ergeben sich aus Libets Experiment diverse Konsequenzen für das Geflecht "Ich/:Bewußtes und Selbst/Unbewußtes" (nach Nörretranders) :

Rechtsphilosophie: "Ich übernehme die Verantwortung für mein Selbst."
Therapie: "Ich akzeptiere mein Selbst."
Soziale Beziehungen: "Ich akzeptiere dein Selbst."
Private Beziehungen: "Mein Selbst akzeptiert dein Selbst."
Spiritualität: "Ich kenne mein Selbst."
Zivilcourage: "Ich vertraue auf mein Selbst."

()

#2109:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 01.02.2010, 14:56
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
off topic

@ Tso Wang
hab hier im Thread AjWeiWei erwähnt,
evtl hast du ja den ethnischen Hintergrund um die Sach mit der "Idee" und der Semantik in Symbolsprachen zu erläutern ...
gerne auch pm bin ja nur neugierig, wie Nah-weit meine Vermutungen beim Schwarzen liegen.



.

Zu AjWeiWei kann ich nicht viel sagen. Falls Dich das altchinesische Denken und seine Sprache interessiert, kann ich Dir z.B. Alan Watts "Der Lauf des Wassers" empfehlen, wo er auf die ideographische Sprache des Chinesischen zu Sprechen kommt, die der Natur des zu Beschreibenden etwas näher kommt als eine lineare, streng alphabetische.

Aber man muss ja nicht in die Ferne schweifen. An modernen Flughäfen und Bahnhöfen begegnen wir bereits einer "neuen Symbolsprache", die fast jeder Reisende versteht (es gibt nur noch keine gemeinsame Aussprache, hihihi).

Wenn Du näheres über die Zeichentheorie bzw. Semiotik des Altchinesischen (Präsens/ Repräsentation) wissen möchtest, ist Hans-Georg Möllers "In der Mitte des Kreises" lesenswert, besonders das Kapitel "Eine Semiotik der Präsens - oder: Der Unterschied zwischen Dao und Gott."

()


DANKE!

#2110: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.02.2010, 15:11
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Bewußtsein besitzt eine "Freiheit des Nichtwollens"; es kann sozusagen aus der "Speisekarte", die sein "unbewußter Kellner" ihm präsentiert, die Serviervorschläge ablehnen oder annehmen.

Nach welchen Kriterien wählt das Bewußtsein denn eigentlich in Deinem Modell zwischen den Serviervorschlägen? Es ist ja wohl kein "kleines Männchen", das letztlich wiederum einen infragestehenden Entscheidungsprozeß beinhaltet, oder?

#2111: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: Rudi@Banane BeitragVerfasst am: 01.02.2010, 20:48
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Bewußtsein besitzt eine "Freiheit des Nichtwollens"; es kann sozusagen aus der "Speisekarte", die sein "unbewußter Kellner" ihm präsentiert, die Serviervorschläge ablehnen oder annehmen.

Nach welchen Kriterien wählt das Bewußtsein denn eigentlich in Deinem Modell zwischen den Serviervorschlägen? Es ist ja wohl kein "kleines Männchen", das letztlich wiederum einen infragestehenden Entscheidungsprozeß beinhaltet, oder?


frage ich mich auch...es ist nämlich der unbewußte kellner, der dein bewußtsein ausmacht. Man nimmt es nur so wahr, als könnte man sich entscheiden.

#2112: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.02.2010, 00:28
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Bewußtsein besitzt eine "Freiheit des Nichtwollens"; es kann sozusagen aus der "Speisekarte", die sein "unbewußter Kellner" ihm präsentiert, die Serviervorschläge ablehnen oder annehmen.

Nach welchen Kriterien wählt das Bewußtsein denn eigentlich in Deinem Modell zwischen den Serviervorschlägen? Es ist ja wohl kein "kleines Männchen", das letztlich wiederum einen infragestehenden Entscheidungsprozeß beinhaltet, oder?


kleiner Beisspielkatalog gefällig?
Bewältigungsstrategie

Stressmodell von Lazarus

Theorie der Ressourcenerhaltung

Resilienz

Persönlichkeitstests

oder sag halt gleich "Präferenzen"
Direkte Präferenzmessung
Indirekte Präferenzmessung
Zitat:
eine Vorgehensweise zur Messung der Bewertung eines (ggf. fiktiven) Gutes


jaja heilige präferenz aber auch... Mit den Augen rollen

#2113:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.02.2010, 11:10
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Bewußtsein besitzt eine "Freiheit des Nichtwollens"; es kann sozusagen aus der "Speisekarte", die sein "unbewußter Kellner" ihm präsentiert, die Serviervorschläge ablehnen oder annehmen.
Nach welchen Kriterien wählt das Bewußtsein denn eigentlich in Deinem Modell zwischen den Serviervorschlägen? Es ist ja wohl kein "kleines Männchen", das letztlich wiederum einen infragestehenden Entscheidungsprozeß beinhaltet, oder?
... oder sag halt gleich "Präferenzen"
Direkte Präferenzmessung
Indirekte Präferenzmessung
Zitat:
eine Vorgehensweise zur Messung der Bewertung eines (ggf. fiktiven) Gutes


jaja heilige präferenz aber auch... Mit den Augen rollen

Dachte ich's mir doch ...

#2114: Re: Forscher widerlegen Willensfreiheit Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 02.02.2010, 20:03
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Bewußtsein besitzt eine "Freiheit des Nichtwollens"; es kann sozusagen aus der "Speisekarte", die sein "unbewußter Kellner" ihm präsentiert, die Serviervorschläge ablehnen oder annehmen.

Nach welchen Kriterien wählt das Bewußtsein denn eigentlich in Deinem Modell zwischen den Serviervorschlägen? Es ist ja wohl kein "kleines Männchen", das letztlich wiederum einen infragestehenden Entscheidungsprozeß beinhaltet, oder?



.

Nein, hihihi. Obwohl der "Stille Beobachter" auch ein interessantes Thema wäre.

Es wären vielmehr diejenigen Nervenzellensembles (neurologische Korrelate / Muster von Nervenzellverbänden), die im Gleichtakt von 40 Hertz feuern, die zur Bewußtwerdung eines Prozesses führen, welche wiederum unbewußt initiert wurden (da hat Rudi@Banane recht).

Und diese "Zellensembles der Aufmerksamkeit" hätten die Möglichkeit rückzuwirken auf den Ausführungsprozess, also ggf. ein Veto einzulegen. Dies gilt - um das immer wieder zu betonen - nur für Prozesse, bei den wir Zeit haben! Bei "schnellen" Prozessen wie dem Hochschrecken aus einem Sessel, auf dem eine Heftzwecke liegt, wird der bewußte Steuerungsprozess sowieso "über Bord geworfen" und wir handeln unbewußt. Wir sind schneller in der Luft als der Schmerz unser Bewußtsein erreicht, hihihi.

()

#2115:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 02.02.2010, 20:29
    —
immer wieder gut:

Sphexishness

Free Will v. Determinism




Christopher von Bulow hat folgendes geschrieben:

Willensfreiheit und Sphexishness
PDF: http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Philosophie/philosophie/files/freiheit.pdf
Menschen können zwar hinters Licht
geführt werden, aber weder auf so einfache Weise, noch uber so lange Zeitraume
(bzw. so viele Wiederholungen) hinweg wie Sphex.
(...)
Vergleicht man jedoch Individuen derselben Spezies miteinander, findet man
diesen Zusammenhang kaum. Zum Beispiel sch ¨ utzt Intelligenz offenbar nicht vor
Zw¨angen, Phobien und S ¨ uchten.Wenn Menschen ’lokal‘ sphexisch sind, dann muss
die Ursache anderswo als beim IQ liegen. Das macht menschliche Sphexishness interessant,
im Gegensatz zu der von Sphex. Die kognitive Ausstattung von Sphex
erlaubt Lernen nur in sehr geringem Maße, die von Menschen hingegen ist auf
fortw¨ahrendes vielseitiges Lernen ausgerichtet. Sphex ist sozusagen sphexisch mangels
Intelligenz, wir sind sphexisch trotz Intelligenz: Wir sind lokal sphexisch trotz
globaler Intelligenz.


Zitat:
Dennetts Position
(...)Wann haben wir einen freien Willen? Dennett nennt dafür vor allem zwei Bedingungen: (1) Rationalität und (2) die Fähigkeit zu Selbstkontrolle und Selbstreflexion (vgl. Dennett 1984, 168). Genauer: Genug Rationalität, und eine hinreichend ausgeprägte Fähigkeit zu Selbstkontrolle und Selbstreflexion. Wer diese beiden Bedingungen erfüllt, kann nach Dennett als Besitzer eines "freien Willens" angesehen werden. Doch was heißt "genug" und "hinreichend" in diesem Zusammenhang? Wie rational beispielsweise muss ich sein, um einen freien Willen besitzen zu können?(...)

#2116:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 02.02.2010, 21:29
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
immer wieder gut:

Sphexishness

Free Will v. Determinism




Christopher von Bulow hat folgendes geschrieben:

Willensfreiheit und Sphexishness
PDF: http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Philosophie/philosophie/files/freiheit.pdf
Menschen können zwar hinters Licht
geführt werden, aber weder auf so einfache Weise, noch uber so lange Zeitraume
(bzw. so viele Wiederholungen) hinweg wie Sphex.
(...)
(...)



.

Zitat:

"Könnte es dann nicht womöglich Wesen geben, die uns mit derselben Leichtigkeit manipulieren wie die menschliche Biologie der Wespe? In Elbow Room (Dennet 1984) argumentiert Daniel Dennett dafür, dass dieses Schreckensbild unbegründet ist....."

Da habe ich eine etwas andere Meinung als Dennet. Ich denke da nicht an den Determinismus, sondern eher an solche Dinge wie Priming oder auch Subliminale Perzeption und Manipulation ("Die Atombombe der Psychologie").

()

#2117: Neurologische Korrelate im Gleichtakt Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 03.02.2010, 17:39
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
Das Bewußtsein besitzt eine "Freiheit des Nichtwollens"; es kann sozusagen aus der "Speisekarte", die sein "unbewußter Kellner" ihm präsentiert, die Serviervorschläge ablehnen oder annehmen.

Nach welchen Kriterien wählt das Bewußtsein denn eigentlich in Deinem Modell zwischen den Serviervorschlägen? Es ist ja wohl kein "kleines Männchen", das letztlich wiederum einen infragestehenden Entscheidungsprozeß beinhaltet, oder?



.

Nein, hihihi. Obwohl der "Stille Beobachter" auch ein interessantes Thema wäre.

Es wären vielmehr diejenigen Nervenzellensembles (neurologische Korrelate / Muster von Nervenzellverbänden), die im Gleichtakt von 40 Hertz feuern, die zur Bewußtwerdung eines Prozesses führen, welche wiederum unbewußt initiert wurden (da hat Rudi@Banane recht).

Und diese "Zellensembles der Aufmerksamkeit" hätten die Möglichkeit rückzuwirken auf den Ausführungsprozess, also ggf. ein Veto einzulegen. Dies gilt - um das immer wieder zu betonen - nur für Prozesse, bei den wir Zeit haben! Bei "schnellen" Prozessen wie dem Hochschrecken aus einem Sessel, auf dem eine Heftzwecke liegt, wird der bewußte Steuerungsprozess sowieso "über Bord geworfen" und wir handeln unbewußt. Wir sind schneller in der Luft als der Schmerz unser Bewußtsein erreicht, hihihi.

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.

P.S.:

Diese Theorie der "Neuronen im Gleichtakt" wurde erstmals von Christoph Koch und Francis Crick (1989/90) angedacht, um eine Lösung für das Kohärenzproblem (das Erkennen und Differenzieren von Objekten und Vorgängen der Außenwelt) vorzuschlagen.

Wolf Singer lieferte dazu wichtige Forschungsergebnisse. In einem sehr interessanten Artikel ("Ein Spiel von Spiegeln") geht er darauf näher ein. Auch Gerhard Roth hat dazu einen sehr interessanten Artikel geschrieben ("Gleichtakt im Neuronennetz").

Demgemäß wären alle wahrgenommenen (bewußt oder unbewußt) Dinge oder Vorgänge durch neurologische Korrelate (Nervenzellensembles/ Engrammierungen) hinterlegt, die einen gemeinsamen "Schwingungszustand" besitzen und für ein äußeres Objekt oder einen Vorgang codieren. Wir besitzen Milliarden von Hirnzellen und jede Einzelne ist mit mehreren Tausend anderen sogar über weite Abstände "verdrahtet". Das läßt nahezu unerschöpfliche Kombinationsmöglichkeiten zu. Diese Korrelate wären nichts anderes als Repräsentationen/ Simulationen der Außenwelt, ähnlich wie geschriebene Worte oder Bilder ebenfalls ein zu beschreibendes Objekt repräsentieren können.

Bewußt würden nur diejenigen Objekte bzw. Korrelate, die im Gleichtakt von etwa 40 Hertz feuern. Darüber hinaus muss das Feuern eine Mindestzeit andauern, damit es bewußt wird. Reize, die eine Dauer von etwa 0,3 Sekunden unterschreiten werden unbewußt verarbeitet (subliminale Wahrnehmung). Der weitaus überwiegende Teil wird unbewußt verarbeitet (das hängt mit der "Rechenleistung" von Bewußtem und Unbewußtem zusammen).

Das Bewußtsein (wobei es dort sicherlich noch Abstufungen gibt) wäre m.E. demgemäß mit dem Spot einer Taschenlampe vergleichbar, der ein riesiges Stadion einer Bildergalerie ableuchtet. Bewußt würden nur diejenigen Bilder, die sich gerade im Spot befinden, die anderen würden ihre Wirkungen im "Dunkel des Unbewußten" ausführen. Vielleicht werden durch die Vorstellung dieser Korrelate/ Zellensembles bzw. "Spiegel der Außenwelt" bestimmte Verhaltensmuster dadurch irgendwann besser verstehbar (multiple Persönlichkeiten etc.) oder auch "bewußtseinserweiternde" Drogenerlebnisse wie sie beispielsweise Aldous Huxley in seinen Buch "Pforten der Wahrnehmung" nach Einnahme von Meskalin beschrieb. Vielleicht feuern bei solchen Erlebnissen (Drogenkonsum, Nahtoderlebnisse, Erleuchtungserlebnisse etc...) ja nahezu alle Zellensemles wie in einem Feuermeer, sodaß die Grenzen Bewußtes/ Unbewußtes aufgehoben werden. Bei Gedächtnisverlust durch Stürze oder andere Traumata wäre das Gegenteil der Fall (Auflösung der Ensembles)..

Derzeit fehlen uns aber noch die dazu erforderlichen Meßmethoden, um solche Korrelate direkt "bei der Arbeit" zu beobachten.

()

#2118:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 03.02.2010, 19:37
    —
@Tso Wang: Du beschreibst ein Modell, wie etwas bewußt wird. Aber meine Frage ging eigentlich eher dahin, nach welchen Kriterien eine bewußte Auswahl oder ein Veto geschieht.

Ich denke, auch hinter einem Auswahl- oder Vetovorgang steht wieder eine unbewußte Ebene der Präferenzen bzw. Bewertungsalgorithmen.

#2119:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 04.02.2010, 17:06
    —
step hat folgendes geschrieben:
@Tso Wang: Du beschreibst ein Modell, wie etwas bewußt wird. Aber meine Frage ging eigentlich eher dahin, nach welchen Kriterien eine bewußte Auswahl oder ein Veto geschieht.

Ich denke, auch hinter einem Auswahl- oder Vetovorgang steht wieder eine unbewußte Ebene der Präferenzen bzw. Bewertungsalgorithmen.



.

Da laß ich doch mal meine Phantasie spielen.....

Ein grünes Männchen, das eingreift, schließen wir mal aus. Das Orchester der neuronalen Engrammierungen (im Gleichtakt feuernde Zellensembles) benötigt sicherlich keinen Dirigenten, ebensowenig wie eine kommunizierende oder in Formation fliegende Vogelschar einen Dirigenten benötigt.

Ein Veto wird sicherlich auch auf ein oder mehrere neuronal hinterlegte Korrelate zurückzuführen sein. Aber wo kommen diese Korrelate her ? Es sind Repräsentationen von Dingen oder Vorgängen der Außenwelt (Gesetze, Moralvorstellungen,.....), die entweder bewußt oder unbewußt Spuren (in Form von im Gleichtakt schwingenden Zellensembles) in uns hinterlassen haben.

Das Veto wird sicherlich das "Rechenergebnis" aus einem komplexen Vorgang miteinander in Wechselwirkung stehender Neuronenverbände sein. Wenn ich beispielsweise wütend bin, kommt mir vielleicht der Impuls, die Tür zuzuschlagen. Abgebrochen werden könnte dieser bereits initiierte Vorgang durch ein Veto, das die Folgen dieses Vorgangs duchgespielt hat (kaputte Tür, Ärger mit der Ehefrau.....).

Das würde aber bedeuten, daß wir dem Ganzen nicht hilflos ausgeliefert sind, denn wir sind durch unser Bewußtsein in der Lage, die Korrelate des Unbewußten durch Einflussnahme auf die Umweltfaktoren mitzugestalten. Insofern würde ich nicht unterschreiben wollen, daß das Ganze determiniert sei. Es ist eben ein komplexes Wechselspiel aus Bewußtsein ("Benutzerillusion"), Unbewußtem und Umwelt.

Unbewußt kommt mir vielleicht die Idee, Neurowissenschaften zu studieren (durch unbewußte Reize z.B. einer interessanten Sendung, die einige Engrammierungen bei mir hinterläßt). Bewußt lerne ich während des Studiums, daß diese unbewußten Engrammierungen auch bewußt erzeugt werden können (subliminale Implantate.....).

Ich halte die sog. Benutzerillusion von uns und der Welt für sehr wertvoll. Es ist die "Karte von uns selbst und der Welt und die Möglichkeit, auf einen Teil der Welt einzuwirken". Auch wenn dieser Teil nicht besonders groß ist.

Darüber hinaus halte ich den Ausdruck "Benutzerillusion" für etwas irreführend, da er impliziert, das Beschriebene sei weniger wirklich als das zu Beschreibende (z.B. das "Wort" Buch und das "Ding" Buch). Dieses Wirklichkeits- bzw. Gültigkeitsgefälle zwischen Signifikant und Signifikat ist aus unserer christlich-westlichen Tradition entstanden (die Repräsentationsphilosophie des Dionysios Areopagita). Im Altdaoismus gab es dieses Gefälle nicht. "Es hat einen Namen und es hat eine Sache (shi), darin hat ein Ding seinen Bestand".

Die neuronalen Korrelate sind m.E. nicht weniger wirklich als das, was sie "simulieren". (off topic)

()

#2120:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 04.02.2010, 18:32
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
@Tso Wang: Du beschreibst ein Modell, wie etwas bewußt wird. Aber meine Frage ging eigentlich eher dahin, nach welchen Kriterien eine bewußte Auswahl oder ein Veto geschieht.

Ich denke, auch hinter einem Auswahl- oder Vetovorgang steht wieder eine unbewußte Ebene der Präferenzen bzw. Bewertungsalgorithmen.



.

Da laß ich doch mal meine Phantasie spielen.....

Ein grünes Männchen, das eingreift, schließen wir mal aus. Das Orchester der neuronalen Engrammierungen (im Gleichtakt feuernde Zellensembles) benötigt sicherlich keinen Dirigenten, ebensowenig wie eine kommunizierende oder in Formation fliegende Vogelschar einen Dirigenten benötigt.

Ein Veto wird sicherlich auch auf ein oder mehrere neuronal hinterlegte Korrelate zurückzuführen sein. Aber wo kommen diese Korrelate her ? Es sind Repräsentationen von Dingen oder Vorgängen der Außenwelt (Gesetze, Moralvorstellungen,.....), die entweder bewußt oder unbewußt Spuren (in Form von im Gleichtakt schwingenden Zellensembles) in uns hinterlassen haben.

Das Veto wird sicherlich das "Rechenergebnis" aus einem komplexen Vorgang miteinander in Wechselwirkung stehender Neuronenverbände sein. Wenn ich beispielsweise wütend bin, kommt mir vielleicht der Impuls, die Tür zuzuschlagen. Abgebrochen werden könnte dieser bereits initiierte Vorgang durch ein Veto, das die Folgen dieses Vorgangs duchgespielt hat (kaputte Tür, Ärger mit der Ehefrau.....).

Das würde aber bedeuten, daß wir dem Ganzen nicht hilflos ausgeliefert sind, denn wir sind durch unser Bewußtsein in der Lage, die Korrelate des Unbewußten durch Einflussnahme auf die Umweltfaktoren mitzugestalten. Insofern würde ich nicht unterschreiben wollen, daß das Ganze determiniert sei. Es ist eben ein komplexes Wechselspiel aus Bewußtsein ("Benutzerillusion"), Unbewußtem und Umwelt.

Unbewußt kommt mir vielleicht die Idee, Neurowissenschaften zu studieren (durch unbewußte Reize z.B. einer interessanten Sendung, die einige Engrammierungen bei mir hinterläßt). Bewußt lerne ich während des Studiums, daß diese unbewußten Engrammierungen auch bewußt erzeugt werden können (subliminale Implantate.....).

Ich halte die sog. Benutzerillusion von uns und der Welt für sehr wertvoll. Es ist die "Karte von uns selbst und der Welt und die Möglichkeit, auf einen Teil der Welt einzuwirken". Auch wenn dieser Teil nicht besonders groß ist.

Darüber hinaus halte ich den Ausdruck "Benutzerillusion" für etwas irreführend, da er impliziert, das Beschriebene sei weniger wirklich als das zu Beschreibende (z.B. das "Wort" Buch und das "Ding" Buch). Dieses Wirklichkeits- bzw. Gültigkeitsgefälle zwischen Signifikant und Signifikat ist aus unserer christlich-westlichen Tradition entstanden (die Repräsentationsphilosophie des Dionysios Areopagita). Im Altdaoismus gab es dieses Gefälle nicht. "Es hat einen Namen und es hat eine Sache (shi), darin hat ein Ding seinen Bestand".

Die neuronalen Korrelate sind m.E. nicht weniger wirklich als das, was sie "simulieren". (off topic)

()


Sorry aber wir sind keine impulsiven Abreaktionsautomaten mit "Benutzerillusion".

Es gibt Ideen, die eben ganz und gar nicht und nirgends vorher als Korrelat eines existierendes Dingens vorhanden sind ...

bspw.: mit dem Faustkeil und der Nutzung des Feuers von Anbeginn an.
bis hin zum Menschheitstraum vom Fliegen.
Spatzen und Jumbo-Jets haben deutlich eigene Flugeigenschaften.

Man setzt sich ein Ziel und da WILL man dann hin.
und einige dieser ZIELE sind ohne WILLEN da hin zu kommen einfach nicht Teil von Ontologien.

Es ist absurd, das Universum sich zum Vorhandensein von Dosenöffnern, hin determinieren zu lassen.

#2121:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 04.02.2010, 20:21
    —
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
... Das Veto wird sicherlich das "Rechenergebnis" aus einem komplexen Vorgang miteinander in Wechselwirkung stehender Neuronenverbände sein. Wenn ich beispielsweise wütend bin, kommt mir vielleicht der Impuls, die Tür zuzuschlagen. Abgebrochen werden könnte dieser bereits initiierte Vorgang durch ein Veto, das die Folgen dieses Vorgangs duchgespielt hat (kaputte Tür, Ärger mit der Ehefrau.....).

Das würde aber bedeuten, daß wir dem Ganzen nicht hilflos ausgeliefert sind, denn wir sind durch unser Bewußtsein in der Lage, die Korrelate des Unbewußten durch Einflussnahme auf die Umweltfaktoren mitzugestalten.

Die letzte Folgerung leuchtet mir nicht ein. Es könnte doch sein, daß das Durchspielen der Folgen, die Vetoentscheidung usw. zwar ins Bewußtsein gespiegelt werden, aber dennoch ebenfalls primär unbewußt ablaufen. Das Bewußtsein bestünde also sozusagen nur darin, uns beim Rationalsein zu beobachten und ein "Meinigkeitsgefühl" der Entscheidung zu erzeugen.

#2122:  Autor: Roter BallonWohnort: München BeitragVerfasst am: 05.02.2010, 11:11
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
... Das Veto wird sicherlich das "Rechenergebnis" aus einem komplexen Vorgang miteinander in Wechselwirkung stehender Neuronenverbände sein. Wenn ich beispielsweise wütend bin, kommt mir vielleicht der Impuls, die Tür zuzuschlagen. Abgebrochen werden könnte dieser bereits initiierte Vorgang durch ein Veto, das die Folgen dieses Vorgangs duchgespielt hat (kaputte Tür, Ärger mit der Ehefrau.....).

Das würde aber bedeuten, daß wir dem Ganzen nicht hilflos ausgeliefert sind, denn wir sind durch unser Bewußtsein in der Lage, die Korrelate des Unbewußten durch Einflussnahme auf die Umweltfaktoren mitzugestalten.

Die letzte Folgerung leuchtet mir nicht ein. Es könnte doch sein, daß das Durchspielen der Folgen, die Vetoentscheidung usw. zwar ins Bewußtsein gespiegelt werden, aber dennoch ebenfalls primär unbewußt ablaufen. Das Bewußtsein bestünde also sozusagen nur darin, uns beim Rationalsein zu beobachten und ein "Meinigkeitsgefühl" der Entscheidung zu erzeugen.


Sogar ein "Beobachterbewußtsein" hat einen Einfluß auf zukünftige noch nicht realisierte Handlungen.
Es ist ja nicht so, daß der Bereich im Hirn der ein "Meinungsgefühl" oder eine "Benutzerillusion" erzeugt vom Rest des Neuronenfeuers abgekoppelt ist.

Für die Aktualität von Ereignissen ist "bewußt werden", wohl am ehesten mit der Kommentarspur bei einem Spielfilm vergleichbar.
je entfernter ein Ereignis vom "Hier und Jetzt"-Empfinden des Bewußten ist, desto größer wird der Anteil den bewußte, reflektierte Entscheidungsmöglichkeiten dazudichten.

#2123:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.02.2010, 20:17
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es könnte doch sein, daß das Durchspielen der Folgen, die Vetoentscheidung usw. zwar ins Bewußtsein gespiegelt werden, aber dennoch ebenfalls primär unbewußt ablaufen. Das Bewußtsein bestünde also sozusagen nur darin, uns beim Rationalsein zu beobachten und ein "Meinigkeitsgefühl" der Entscheidung zu erzeugen.
Sogar ein "Beobachterbewußtsein" hat einen Einfluß auf zukünftige noch nicht realisierte Handlungen. ...

Selbstverständlich! Triviales Beispiel: Das Bewußt-sein lenkt mich ab ... und ich verpasse deswegen den Bus.

#2124:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 06.02.2010, 21:00
    —
Roter Ballon hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
@Tso Wang: Du beschreibst ein Modell, wie etwas bewußt wird. Aber meine Frage ging eigentlich eher dahin, nach welchen Kriterien eine bewußte Auswahl oder ein Veto geschieht.

Ich denke, auch hinter einem Auswahl- oder Vetovorgang steht wieder eine unbewußte Ebene der Präferenzen bzw. Bewertungsalgorithmen.



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Da laß ich doch mal meine Phantasie spielen.....

Ein grünes Männchen, das eingreift, schließen wir mal aus. Das Orchester der neuronalen Engrammierungen (im Gleichtakt feuernde Zellensembles) benötigt sicherlich keinen Dirigenten, ebensowenig wie eine kommunizierende oder in Formation fliegende Vogelschar einen Dirigenten benötigt.

Ein Veto wird sicherlich auch auf ein oder mehrere neuronal hinterlegte Korrelate zurückzuführen sein. Aber wo kommen diese Korrelate her ? Es sind Repräsentationen von Dingen oder Vorgängen der Außenwelt (Gesetze, Moralvorstellungen,.....), die entweder bewußt oder unbewußt Spuren (in Form von im Gleichtakt schwingenden Zellensembles) in uns hinterlassen haben.

Das Veto wird sicherlich das "Rechenergebnis" aus einem komplexen Vorgang miteinander in Wechselwirkung stehender Neuronenverbände sein. Wenn ich beispielsweise wütend bin, kommt mir vielleicht der Impuls, die Tür zuzuschlagen. Abgebrochen werden könnte dieser bereits initiierte Vorgang durch ein Veto, das die Folgen dieses Vorgangs duchgespielt hat (kaputte Tür, Ärger mit der Ehefrau.....).

Das würde aber bedeuten, daß wir dem Ganzen nicht hilflos ausgeliefert sind, denn wir sind durch unser Bewußtsein in der Lage, die Korrelate des Unbewußten durch Einflussnahme auf die Umweltfaktoren mitzugestalten. Insofern würde ich nicht unterschreiben wollen, daß das Ganze determiniert sei. Es ist eben ein komplexes Wechselspiel aus Bewußtsein ("Benutzerillusion"), Unbewußtem und Umwelt.

Unbewußt kommt mir vielleicht die Idee, Neurowissenschaften zu studieren (durch unbewußte Reize z.B. einer interessanten Sendung, die einige Engrammierungen bei mir hinterläßt). Bewußt lerne ich während des Studiums, daß diese unbewußten Engrammierungen auch bewußt erzeugt werden können (subliminale Implantate.....).

Ich halte die sog. Benutzerillusion von uns und der Welt für sehr wertvoll. Es ist die "Karte von uns selbst und der Welt und die Möglichkeit, auf einen Teil der Welt einzuwirken". Auch wenn dieser Teil nicht besonders groß ist.

Darüber hinaus halte ich den Ausdruck "Benutzerillusion" für etwas irreführend, da er impliziert, das Beschriebene sei weniger wirklich als das zu Beschreibende (z.B. das "Wort" Buch und das "Ding" Buch). Dieses Wirklichkeits- bzw. Gültigkeitsgefälle zwischen Signifikant und Signifikat ist aus unserer christlich-westlichen Tradition entstanden (die Repräsentationsphilosophie des Dionysios Areopagita). Im Altdaoismus gab es dieses Gefälle nicht. "Es hat einen Namen und es hat eine Sache (shi), darin hat ein Ding seinen Bestand".

Die neuronalen Korrelate sind m.E. nicht weniger wirklich als das, was sie "simulieren". (off topic)

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Sorry aber wir sind keine impulsiven Abreaktionsautomaten mit "Benutzerillusion".




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Dann liest Du das Gegenteil aus meinem Text heraus. Wir sind ja auch keine Automaten. Unsere Persönlichkeit besteht nicht nur aus einem bewußten Ich, sondern vor allem aus unserem unbewußten Selbst, das viel enger mit der Welt verbunden ist als das bewußte Ich. Hier zeichnet sich wieder mal ab, daß sich viele wohl eher nur mit ersterem (dem bewußten Ich) identifizieren können. Die ganze Problematik in der "Freier Wille" - Diskussion beruht offenbar lediglich auf einem Identifikationsproblem bzw. auf einem Selbstbildnis-Streit.

"Ich habe einen freien Willen, aber nicht ich habe ihn, sondern mein Selbst."

Dazu gehört (Selbst-) Vertrauen.

Zitat:
Es gibt Ideen,


Ich würde eher sagen "Geistesblitze" (Fulgurationen), denn Ideen (Bilder) sind nunmal vorher vorhanden.

Zitat:
.., die eben ganz und gar nicht vorher als Korrelat eines existierenden Dinges vorhanden sind...


Der Rechenprozess meines Selbst, so vermute ich, ist bestimmt in der Lage, bereits vorhandene "Bilder" (neuronal hinterlegte Korrelate) miteinander zu kombinieren und zu neuen Schlußfolgerungen zu kommen ("Kombinatorik", "Assoziationen"...). Darüber hinaus geschieht der überwiegende Teil unserer Wahrnehmung unbewußt. Wir wissen also gar nicht, welche Dinge "unbemerkt" in uns hinterlegt sind (Stichwort "Priming"). Unser unbewußtes Selbst nimmt diese Dinge schon wahr! Manchmal meinen wir, Dinge schon mal gesehen zu haben, ohne zu wissen wo (Deja vu). Unser Selbst verrät uns dann mehr, von dem, was wir irgendwann einmal am Bewußtsein vorbei wahrgenommen haben (ähnliches gilt wohl auch für's Träumen)..

Zitat:
bspw. : mit dem Faustkeil und der Nutzung des Feuers von Anbeginn an,
bis hin zum Menschheitstraum vom Fliegen.
Spatzen und Jumbo-Jets haben deutlich eigen Flugeigenschaften.


Der Traum vom Fliegen. Exakt !

Zitat:
Man setzt sich ein Ziel und da WILL man dann hin.


Ja, so funktioniert Lernen. "Das will ich auch können."

Zitat:
Und einige dieser ZIELE sind ohne WILLEN da hin zu kommen einfach nicht Teil von Ontologien.


Ziele sind schon Teil des Seienden. Man kann sie schriftlich hinterlegen oder auch geistig "engrammieren". Was allerdings manchmal dabei in der Umsetzung rauskommt, wissen wir vorher nicht, hihihi.

Zitat:
Es ist absurd, das Universum sich zum Vorhandensein von Dosenöffnern, hin determinieren zu lassen.


Ich hab den Satz mehrmals gelesen. Ich gebe zu, ich versteh ihn einfach nicht.....
Worauf willst Du hinaus? Auf den Determinismus ?
Ich denke nicht, daß alles determiniert ist. Ist wohl eher Geschmackssache: Beweisen läßt sich ein Algorithmus, dem alles zugrunde liegt, jedenfalls nicht (siehe Gödel, Turing, Popper...). Aber auch nicht das Gegenteil. Vielleicht gibt es ihn, vielleicht nicht. Wissen können wir das nicht. Deshalb hab ich auch kein Problem mit dem Determinismus.

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#2125:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 06.02.2010, 21:07
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step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
... Das Veto wird sicherlich das "Rechenergebnis" aus einem komplexen Vorgang miteinander in Wechselwirkung stehender Neuronenverbände sein. Wenn ich beispielsweise wütend bin, kommt mir vielleicht der Impuls, die Tür zuzuschlagen. Abgebrochen werden könnte dieser bereits initiierte Vorgang durch ein Veto, das die Folgen dieses Vorgangs duchgespielt hat (kaputte Tür, Ärger mit der Ehefrau.....).

Das würde aber bedeuten, daß wir dem Ganzen nicht hilflos ausgeliefert sind, denn wir sind durch unser Bewußtsein in der Lage, die Korrelate des Unbewußten durch Einflussnahme auf die Umweltfaktoren mitzugestalten.

Die letzte Folgerung leuchtet mir nicht ein. Es könnte doch sein, daß das Durchspielen der Folgen, die Vetoentscheidung usw. zwar ins Bewußtsein gespiegelt werden, aber dennoch ebenfalls primär unbewußt ablaufen.



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Wie ich bereits oben schrieb, werden sie sicherlich unbewußt initiiert, laufen aber nicht unbewußt ab (bewußt werden sie erst nach etwa 0,5 Sekunden). Das wäre ja auch paradox, wenn sie unbewußt abliefen, denn dann könnte man ja nicht mehr von Bewußtsein sprechen.

Zitat:
Das Bewußtsein bestünde also sozusagen nur darin, uns beim Rationalsein zu beobachten und ein "Meinigkeitsgefühl" der Entscheidung zu erzeugen.


Dann wäre das Bewußtsein lediglich ein passiver Bestandteil unserer Persönlichkeit. Warum sollte sich die Natur so einen "Luxus" leisten? Ich denke nicht, daß die Natur eine "von Oben verordnete Einbahnstrasse ohne Rückkopplungsprozesse" ist. Ich halte das Bewußtsein für ein sehr wichtiges und wertvolles Werkzeug, rückkoppelnd handeln zu können.

Das Bewußtsein jedoch braucht Zeit. Das ist nunmal seine Natur. Bewußt werden uns nur Dinge oder Vorgänge, deren Reiz mindestens 0,5 Sekunden andauert (weiter oben schrieb ich versehentlich 0,3 Sekunden, sorry!). Warum leistet sich die Natur einen "Apparat", der den Ereignissen zeitlich hinterherhinkt? Bewußtes Denken, Reflektieren und Planen brauchen Zeit. Zeit braucht das Bewußtsein, weil es eine Art "Rechenprozess" ist, an deren Ende unwesentliche Informationen aus einer riesigen Datenmenge unbewußter Informationen aussortiert werden ("Exformation") müssen, um am Ende eine brauchbare Simulation des für uns Wesentlichen zu präsentieren. Und mit diesen Simulationen können wir sehr gut planen und vorausschauen, was uns gegenüber den Zeiten des Augeliefertseins gegenüber der Natur (Kälte, Hunger;...) einen (Wettbewerbs-) Vorteil verschafft hat.

Ein bewußtes Veto gegenüber einer Handlung kann nur eingelegt werden, wenn wir Zeit haben. Bei schnellen Entscheidungen handelt nicht unser Bewußtsein, sondern unser unbewußtes Selbst (das ist z.B.juristisch relevant bei sog. "Affekthandlungen"). Aber auch hier hat unser Bewußtsein durch langfristige Trainingspläne die Möglichkeit, auf "engrammierte" Verhaltensmuster rückkoppelnd einzuwirken. Man könnte beispielsweise die unbewußte Reaktion des oben beschriebenen unbewußten Hochschnellens aus einem Sessel, auf dem ein Heftzwecke liegt, wegtrainieren (was unter normalen Umständen natürlich physiologisch keinen Sinn machen würde, es sei denn über dem Sessel kreiste ein Hammer, hihihi).

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#2126:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.02.2010, 12:37
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Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es könnte doch sein, daß das Durchspielen der Folgen, die Vetoentscheidung usw. zwar ins Bewußtsein gespiegelt werden, aber dennoch ebenfalls primär unbewußt ablaufen.
Wie ich bereits oben schrieb, werden sie sicherlich unbewußt initiiert, laufen aber nicht unbewußt ab (bewußt werden sie erst nach etwa 0,5 Sekunden). Das wäre ja auch paradox, wenn sie unbewußt abliefen, denn dann könnte man ja nicht mehr von Bewußtsein sprechen.

Aber die wesentlichen Vorgänge, also z.B das Berechnen und Bewerten der Folgen, könnten unbewußt ablaufen. Würdest Du mir zustimmen, daß für rationales Abwägen, für das Simulieren von Folgen und dgl. Bewußtsein nicht unbedingt nötig ist?

Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das Bewußtsein bestünde also sozusagen nur darin, uns beim Rationalsein zu beobachten und ein "Meinigkeitsgefühl" der Entscheidung zu erzeugen.
Dann wäre das Bewußtsein lediglich ein passiver Bestandteil unserer Persönlichkeit. Warum sollte sich die Natur so einen "Luxus" leisten?

Das kann ich nicht zweifelsfrei beantworten. Aber vielleicht ist Bewußtsein eine kausal notwendige (oder wahrscheinliche) Begleiterscheinung, wenn ein Selbstmodell so komplex ist, daß es auch ein Modell des Modellierens beinhaltet. Ich kann mir auch durchaus vorstellen (nur damit das klar ist), daß diese Tatsache Rückwirkungen auf die Entwicklung unserer Präferenzen und damit auf spätere Entscheidungen hat.

#2127:  Autor: Tso Wang BeitragVerfasst am: 07.02.2010, 20:06
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step hat folgendes geschrieben:
Tso Wang hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es könnte doch sein, daß das Durchspielen der Folgen, die Vetoentscheidung usw. zwar ins Bewußtsein gespiegelt werden, aber dennoch ebenfalls primär unbewußt ablaufen.
Wie ich bereits oben schrieb, werden sie sicherlich unbewußt initiiert, laufen aber nicht unbewußt ab (bewußt werden sie erst nach etwa 0,5 Sekunden). Das wäre ja auch paradox, wenn sie unbewußt abliefen, denn dann könnte man ja nicht mehr von Bewußtsein sprechen.

Aber die wesentlichen Vorgänge, also z.B das Berechnen und Bewerten der Folgen, könnten unbewußt ablaufen. Würdest Du mir zustimmen, daß für rationales Abwägen, für das Simulieren von Folgen und dgl. Bewußtsein nicht unbedingt nötig ist?




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Schwierig zu sagen, da wir ja eigentlich rationales Denken, Abwägen, Reflektieren und Planen mit Bewußtsein verknüpfen. Die Problematik besteht darin, daß Bewußtsein Zeit benötigt, um in Existenz zu treten (etwa 0,5 Sekunden).

Ich stimme Dir zu, daß die meisten Prozesse unbewußt ablaufen. Wir begleiten ja auch nicht bewußt diese "Rechenprozesse". Wir sehen nicht, wie neuronale Zellverbände im Gleichtakt "feuern" oder sich mit anderen Verbänden "kurzschließen" oder können die genauso wichtigen Gliazellen beeinflussen, haben auf dieser Ebene also keine bewußte Kontrolle (in Ansätzen schon). Inwieweit man diesen Prozessen Rationalität zuordnen kann, ist deshalb schwierig zu sagen, weil man zu dieser Beurteilung wiederum Bewußtsein benötigt, das diesen Prozessen "Qualitäten" zuordnet. Ich persönlich halte das Unbewußte für rational, was die individuelle Überlebensstrategie anbelangt. Es kann allerdings auch von viel Murcks durchsetzt sein (Zwangsneurosen, Phobien etc. ), die durch Verdrängungsmechanismen des Bewußtseins, das manche "Qualitäten/ Qualia" nicht erträgt, zustande kommen können (man braucht Zeit, um etwas zu verdrängen).

Am wohlsten fühlen wir uns übrigens, wenn das Bewußtsein in gewisse Prozesse nicht eingreift (die Abwesenheit von sog. "Ego-Meta-Programmierungen"). Wenn ich bewußt Klavier spiele, verhaspele ich mich, wenn ich zu viel Zeit beim Torschuß habe und anfange nachzudenken, veschieße ich (gilt auch beim Sex, hihihi) ..... Das Bewußtsein ist wichtig bei der Einübung von Fertigkeiten, bei der Aufführung derselben sollte es sich aber besser zurückhalten (Training und Kür). Reflektiere ich zuviel, werde ich unsicher, wirke steif und unbeholfen.

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